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Die junge Anna Schmitt hat Diplom Journalistik studiert und hat nur ein einziges Ziel: Karriere machen beim Fernsehen. Sie bekommt einen Job bei einem Öffentlich Rechtlichen Sender in Köln und tut alles dafür so schnell wie möglich nach oben zu kommen und Macht zu erhalten. Sie schreckt auch nicht davor zurück unlautere Mittel anzuwenden. Dabei erlebt sie in dem Sender ebenfalls Intrigen und Männer, die ihrerseits ihre Macht mißbrauchen. Dies ist der erste Teil einer Romanreihe, die die Medienwelt beschreibt und berichtet wie sich diese Welt nach und nach verändert. Der Illustrator: Chad Lieber ist Music Producer, Artist und Tech Nerd. Er lebt in New York. Unter seinem Künstlernamen Pimptronot produziert er Mix Medium Kunst.
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Seitenzahl: 66
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By By München
Der Weg nach oben
Wer zurückbleibt hat Pech
Annas Plan geht auf
Der Hofstaat
Problemlösung
Miese Tricks
Die Spinne baut ihr Netz aus
„Was haben sie jetzt vor?“ Dr. Bernd Falke sitzt an seinem übergroßen, mit Zeitungen und Papieren vollbeladenen Schreibtisch und schaut mich durch seine breite, dunkle Hornbrille eindringlich an. Lässig stehe ich im Türrahmen. Trage schon meinen gefütterten Trenchcoat, bin fertig angezogen um hinaus zu gehen in die Kälte des Münchner Nachmittags. Ich möchte nur noch kurz Tschüss sagen, ohne viele Worte. Betont beiläufig antworte ich meinem langjährigen Chef: „Ich habe mich beworben bei DOR, als Fernsehjournalistin. Bin wohl in die engere Auswahl gekommen. Nächste Woche habe ich ein letztes Bewerbungsgespräch.“ Dr. Bernd Falke lächelt freundlich, aber ohne seine, von hunderten Zigarren, gelb gewordenen Zähne zu zeigen. „Sie werden es weit bringen. So perfekt wie sie hat noch Niemand die Spalten der Programmzeitschriften gefüllt. Sie waren immer pünktlich, haben als freie Mitarbeiterin viele Überstunden gemacht, obwohl sie studierten. Ein Einser Diplom an der Ludwig Maximilians Universität. Diplom Journalistin.“ Er schüttelt seinen fast kahlen Kopf. „Haben sie gut gemacht Mädchen.“ „Danke, Herr Dr. Falke, auch für ihr Vertrauen. Ich werde die wunderbare Zeit mit Ihnen nicht vergessen. Es hat viel Spaß gemacht für sie und mit Ihnen zu arbeiten.“ Mein Chef steht auf. Der baumlange kräftige Mann schüttelt mir die Hand, lässt sie kaum los. Er räuspert sich: „Ich werde sie wirklich vermissen.“ Dann dreht er sich ganz plötzlich um und geht zurück an seinen Schreibtisch. Erleichtert gehe ich den Redaktionsflur entlang, schnell auf die Straße. Der Pförtner lässt mich raus, denn die Türen sind bereits abgeschlossen. Um diese Uhrzeit sind fast alle Mitarbeiter schon nach Hause gegangen. Nie mehr muss ich diese Menschen sehen. Hoffe ich. Mein Gott, was für ein Leben. Begraben hinter seinem Schreibtisch in einer Redaktion, die sich seit gefühlten hundert Jahren nicht verändert hat. Er glaubt, er habe Einfluss. Er hätte der Welt etwas mitzuteilen. Dr. Falke kommt sich so wichtig vor als Chefredakteur. Er ist glücklich mit seiner bayrischen Frau und seinen zwei Kindern im Eigenheim in Solln. Wochenenden am Starnberger See auf seiner schicken Yacht. Zwei Mal im Jahr Urlaub am Gardasee. Im Winter in die Berge zum Skilaufen. Jahr für Jahr, immer das gleiche. Was für ein stupides, langweiliges Leben. No way für mich. Ich habe daran geschnuppert, festgestellt, dass ich dieses Leben nicht führen möchte. In einer Sache hat er Recht. Ich werde es weit bringen, sehr, sehr weit sogar, dafür werde ich schon sorgen. Ich komme nicht aus einer einflussreichen Familie mit guten Verbindungen zur Politik und zur Machtelite. Ich stamme aus einer stinknormalen Mittelschichtfamilie, so eine wie die von Dr. Bernd Falke, er könnte mein Vater sein. So wie bei Dr. Bernd Falke wurden in meiner Familie Bildung und Benehmen großgeschrieben. Disziplin und Rücksicht. Argumente und Informationen anhören, nachdenken und sich danach erst ein Urteil bilden. Rede nur wenn Du wirklich wichtiges zu sagen hast, das habe ich mir ins Ohr geknüpft. Ich bin da, höre zu und sauge auf. Falle nicht auf. Schon als kleines Kind musste ich mich durchsetzen und heute weiß ich sehr genau, welche Mittel ich einsetzen muss, damit ich Macht erlange, auch wenn meine Familie nicht zur Machtelite gehört. Übung macht den Meister. In meinen Münchener Jahren habe ich mich umgeschaut und umgehört und hin und wieder auch mitgemischt. München ist die perfekte Lehrschule. Intrigen, Klatsch und Tratsch, Sex, Drogen, heiße Geschichten, wilde Partys: daran ergötzt sich die High Society im Süden des Landes. Die Schönen und Reichen. Wer jung ist, intelligent und gut aussieht, so wie ich, der bekommt Zugang und darf lernen. Ich habe einen achtzigjährigen Milliardär bei einer Flasche Champagner getröstet und seine Tränen getrocknet, weil sein 20 jähriger Ehemann im Badezimmer mit einem jungen bildschönen Gast seiner Geburtstagsparty rummachte. In seinem eigenen Bett hat der alte Mann die ganze Nacht in meinem Schoß geweint, vor allem, weil ihm klar wurde, wie schnell sein Leben an ihm vorbeigerauscht ist. Er hat immer hart gearbeitet und mitgespielt und dann hat er festgestellt, dass er zwar Milliarden hat aber alt ist, zu alt um wirklich genießen zu können. Er hat geredet und ich habe zugehört, dabei hätte ich viel lieber mit seinem jungen Freund weitergefeiert. Der alte Mann aber hat mir seine Lebensgeschichte und viele Weisheiten erzählt und etwas ist hängen geblieben. Ich will Macht, alles andere interessiert mich nicht und ich habe für mich entschieden, dass ich diese Macht bekommen werde und zwar sehr schnell. Zeit darf ich nicht verlieren. Deshalb werde ich den Job als Fernsehjournalistin in Köln bekommen, das steht für mich fest. Dafür werde ich alles tun. Macht ist mein Ziel, mein einziges Ziel.
Tatsächlich. Drei Wochen später habe ich sämtliche 800 Mitbewerber abgehängt, alle psychologischen Tests bestanden und die nervigen Fragensteller aus den Chefetagen mit ihren eigenen psychologischen Tricks geschlagen. In meinem vollbeladenen kleinen BMW fahre ich nach Köln. By, by München. Eine neue Etappe meines Lebens beginnt. In der Nachrichtenredaktion des größten öffentlich rechtlichen deutschen Senders DOR. Deutscher Öffentlich Rechtlicher Rundfunk, kurz DOR genannt. Here I come.
Öffentlich rechtliches Fernsehen und Hörfunk stecken in einer Krise. Die Führung der jetzigen Anstalten befindet sich in einem Vakuum der Macht und hat die Realität längst aus den Augen verloren. So zumindest empfindet es der Zuschauer. Der öffentlich rechtliche Rundfunk müsste sich der Diskussion stellen, tut er aber nicht, im Gegenteil. Die Kommunikation mit den Zuschauern und Hörern ist längst verschwunden. So steht es in den Fachzeitschriften. Lachhaft, aber wahr. Wer schaut sich diesen Blödsinn an? Nur die, die ihren Fernseher nicht mehr selbst ein- oder ausschalten können und auch sonst keine Schalter mehr bedienen können. Ich muss lachen. Herrlich. Das ist meine Chance. Diese Situation der Ratlosigkeit werde ich für mich nutzen und Karriere machen. Wo kann man schneller was erreichen als dort, wo Unsicherheit und Verzweiflung vorherrschen. Ich werde die Medienlandschaft verändern. Zuerst die Macht an mich heranziehen und dann werde ich dieses einschläfernde Programm verändern. Das ist mein Ziel. Geschichte schreiben. Liebe Anna Schmitt, ja das wirst Du. Ich schreie es laut in meinem Auto aus mich raus und trommle mir auf die Brust, so gut es geht, ohne die Gewalt über das Steuer zu verlieren. Eine Stunde später fahre ich in die Friesenstraße in Köln hinein und parke meinen metallic schwarzen BMW - bezahlt von meiner Arbeit bei der Fernsehzeitschrift – direkt vor der Türe. Bevor ich meine vielen Sachen aus München auspacke brauche ich dringend etwas zu essen. Ich steige aus dem Auto aus, strecke meine schlanken, langen Beine. Meine Jeans klebt, mein dunkelblauer Kaschmirpulli stinkt nach Schweiß, zumindest empfinde ich dies so. Ich sprühe ein wenig Parfum auf. Fracas von Robert Piquet befindet sich immer in meinem Handschuhfach, direkt neben dem Eiskratzerhandschuh, dem Schuhputzset und der Parkscheibe. Duftende Notfallwäsche. Kurz nach 22 Uhr schlendre ich durch die ziemlich leeren Straßen Kölns, suche ein Etablissement welches noch geöffnet hat, wo ich noch eine Kleinigkeit essen kann. In einer winzigen Seitenstraße entdecke ich einen Mini-Imbiss. Döner! Ich liebe Döner und für mich ist das ein Häppchen, denn ich esse gerne und viel. In dem Lokal mit grellgrün gestrichenen Wänden gibt es nur zwei Sitzplätze an einem wackligen Holztisch ganz hinten in der Ecke. Der Besitzer sieht türkisch aus. Müsste nach seinen Falten zu urteilen, schon längst in Rente sein. Ich gehe hinein: „Machen sie mir noch einen Döner? Und einen großen Salat? „Ja, selbstverständlich junge Dame.“ Er spricht akzentfrei deutsch. Zehn Minuten später beiße ich hinein, in den köstlichen Döner. Fettiger Fleischsaft und Tzatziki mit viel Knoblauch laufen aus meinen Mundwinkeln raus. Es ist der beste Döner den ich je gegessen habe. Das wird sicher nicht mein letzter Döner sein, den ich hier esse. „Der ist sehr fein.“ „Ja, ich weiß, ich mache gute Döner, denn