MAD MICK - BRUTALES GESCHÄFT - Franklin Horton - E-Book
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MAD MICK - BRUTALES GESCHÄFT E-Book

Franklin Horton

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Beschreibung

Neuankömmlinge in Conor Maguires Territorium berichten von Feinden, die sich aus Richtung Norden nähern. Sie tragen Militäruniformen, militärische Waffen und fahren Militärfahrzeuge. Wie eine Heuschreckenplage fallen sie über jede Stadt auf ihrem Weg her und lassen nur Asche zurück. Conor muss eine Armee aufstellen, um sie aufzuhalten. Doch das Verhalten seiner Tochter hat die noch junge Gemeinschaft gespalten und stellt ihre Allianz auf die Probe. Nun ist es Conors Aufgabe, sie auf den weit überlegenen Feind vorzubereiten und das zu tun, was er am besten kann: Chaos und Zerstörung über seine Gegner bringen. Denn nicht umsonst nennt man ihn »Mad Mick«.  »Grundsolide Charaktere, knallharte Action und Hintergrundgeschichten, die eigene Bücher verdient hätten. Grandios …«  Amazon.com 

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Mad Mick

Brutales Geschäft

Band 3

Franklin Horton

This Translation is published by arrangement with Franklin Horton Title: BRUTAL BUSINESS. All rights reserved.

Impressum

Überarbeitete Ausgabe Originaltitel: BRUTAL BUSINESS Copyright Gesamtausgabe © 2024 LUZIFER Verlag Cyprus Ltd. Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.

Cover: Michael Schubert Übersetzung: Nicole Lischewski Lektorat: Manfred Enderle

Dieses Buch wurde nach Dudenempfehlung (Stand 2024) lektoriert.

ISBN E-Book: 978-3-95835-736-5

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Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Inhaltsverzeichnis

Brutales Geschäft
Impressum
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Kapitel 21
Kapitel 22
Kapitel 23
Kapitel 24
Kapitel 25
Kapitel 26
Kapitel 27
Kapitel 28
Kapitel 29
Kapitel 30
Kapitel 31
Kapitel 32
Kapitel 33
Kapitel 34
Kapitel 35
Kapitel 36
Kapitel 37
Kapitel 38
Kapitel 39
Kapitel 40
Kapitel 41
Kapitel 42
Kapitel 43
Kapitel 44
Kapitel 45
Kapitel 46
Kapitel 47
Kapitel 48
Kapitel 49
Kapitel 50
Kapitel 51
Kapitel 52
Kapitel 53
Kapitel 54
Kapitel 55
Kapitel 56
Kapitel 57
Kapitel 58
Kapitel 59
Kapitel 60
Kapitel 61
Kapitel 62
Kapitel 63
Kapitel 64
Kapitel 65
Kapitel 66
Kapitel 67
Kapitel 68
Kapitel 69
Kapitel 70
Kapitel 71
Kapitel 72
Über den Autor

Kapitel 1

Ross County, Ohio

Ein kleines Stück nördlich von Chillicothe, Ohio, fuhr Thomas mit seinen Lastwagen an das Tor im Maschendrahtzaun heran und grinste. Auf einem unheilverkündenden Schild stand: Plünderer werden erschossen.

»Das werden wir ja sehen.« Er stellte den Motor ab, drückte seine Tür auf und stieg aus. Als seine Stiefel den Boden berührten, fuhren hinter ihm bereits weitere Lastwagen wie der, den er fuhr, heran. Es handelte sich hauptsächlich um ausgemusterte M54A2-Militärlastwagen und ein paar M35A2s. Alle waren mit Motoren ausgestattet, die Diesel, Kerosin, Heizöl und notfalls auch Benzin verbrannten.

Der Kraftstoffmangel hatte diesen Sonderkonvoi an das Tor von Buckeye Farm Supply geführt. Gerüchten nach hatte der Händler für Landwirtschaftsbedarf immer noch einen guten Vorrat an Heizöl für den Fall eingelagert, dass die Lage sich weiter verschlimmerte. Natürlich war ihnen dieses Gerücht nur unter Zwang – manche hätten es auch Folter genannt – zu Ohren gekommen, aber Thomas setzte solche Methoden bedenkenlos ein. Irgendjemand musste es tun. Irgendjemand musste die Gruppe anführen. Irgendjemand musste das nächste Treibstofflager ausfindig machen und den Konvoi am Laufen halten. Dieser Jemand war er.

Mit einem Grinsen im Gesicht trat Thomas aus der Lastwagenreihe heraus und ging auf das hohe Rolltor zu. Er musterte die stabile Kette und das wuchtige Vorhängeschloss. Zwischen seinen Füßen fielen ihm Blutflecken auf dem trockenen Kies auf. Statt davon Angst zu bekommen, sah er sie als ein vielversprechendes Zeichen an: Jemand besaß hier etwas, das sie meinten, beschützen zu müssen.

»Immer schön weiterfahren, Soldat!«, brüllte eine Stimme irgendwo in dem Gebäude.

Thomas suchte die Fenster und Türen der Lagerhalle ab. Er konnte nichts entdecken, das offenstand, und sah nirgendwo einen herausgestreckten Kopf. Er entschied, dass er ein Gespräch führen musste, um festzustellen, wo die Person sich befand.

»Wir sind nur auf der Suche nach Sprit«, sagte Thomas. Er versuchte, gleichzeitig offiziell und unschuldig zu klingen; wie ein armer, gestrandeter Soldat, ein Menschenretter, der Recht und Ordnung aufrechterhält.

»Sie haben wohl noch nicht davon gehört, aber es herrscht Versorgungsmangel«, antwortete die Stimme.

Der Mann war ein Klugscheißer und Thomas hasste Klugscheißer. Respektlosigkeit war etwas, das er nicht tolerierte. Er hatte hart dafür gearbeitet, sich den Respekt, der ihm gezollt wurde, zu verdienen, und er würde niemandem erlauben, so mit ihm zu reden, ohne einen Preis dafür zu bezahlen.

»Ja, wir haben von der Versorgungsnot gehört. Wir wollten uns nur mal umsehen. Ich bin mir sicher, dass Sie da drinnen irgendwas haben, das unsere Motoren verbrennen. Wie wär’s, wenn Sie rauskommen und das Tor aufmachen?«

»Sind Sie offiziell hier?«, fragte die Stimme.

Thomas fiel ein leiser Ton von Besorgnis in der Stimme auf. Dieser Typ war ein gesetzestreuer Bürger, der nichts tun wollte, was ihm Ärger einhandeln würde. »Offiziell?«, hakte Thomas nach. »Was genau meinen Sie damit?«

»Ob Sie offiziell als Teil der Armee unterwegs sind? Für die Regierung?«, fragte die Stimme. »Sie haben Militärlastwagen und tragen Armeekleidung. Deshalb dachte ich, dass Sie auf einem Militäreinsatz sind.«

»Macht es einen Unterschied, ob wir uns auf einem offiziellen Einsatz befinden?«, fragte Thomas. »Hilft Ihnen das dabei, sich zu entscheiden?«

»Eigentlich nicht«, antwortete die Stimme. »Ich weiß nur lieber, wen wir umbringen. Dann wissen wir, wie tief wir die Leichen verscharren müssen.«

Darüber musste Thomas lachen. Dieser Typ war dreist. Er hoffte, dass der Mann seinen Spaß dabei hatte, denn es würde mit Sicherheit sein letztes Lachen sein. Während Thomas lachte, versuchte er gleichzeitig den Mann zu finden, mit dem er redete. Und dann entdeckte er ihn: Hinter einem riesigen runden Heuballen bewegte sich etwas. Jemand hatte mehrere Heuballen wie gigantische Suppendosen auf die flachen Enden gestellt und sie auf dem Gelände verteilt, vermutlich um in Situationen wie diesen Deckung zu haben. In den meisten Fällen hätte der Ballen den versteckten Mann geschützt. Zumindest eine Weile lang. Thomas sprach in sein Funkgerät. »Mingo, hörst du mich?«

»Klar, T«, kam die Antwort.

»Siehst du den Heuballen mit der weißen Plastikabdeckung? Den beim Gabelstapler?«

»Ja, sehe ich.«

»Zeit für den Granatwerfer. Leg das Arschloch um«, flüsterte Thomas.

Mingo richtete sich auf der Ladefläche von Thomas‘ Lkw auf und feuerte einen Schuss mit seinem M203-Granatwerfer ab. Für den Fall, dass Splitter zu ihm herüberfliegen würden, duckte Thomas sich hinter seine Kühlerhaube. Die Granate bohrte sich in den Heuballen hinein, bevor sie explodierte. Brennendes Heu schwebte wie in einem Schneesturm in der Hölle auf sie hinunter. Die aufsteigende Rauchwolke gab Thomas einen leichten taktischen Vorteil, den er nicht ungenutzt verstreichen lassen wollte. Er musste seine Leute in Bewegung setzen, bevor der Rauch sich verzog.

»Team eins, auf geht’s!«

Thomas rannte mit einem Bolzenschneider, der am Trittbrett seines Lastwagens befestigt war, zum Tor und kappte die Kette. Mingo gab ihnen Deckung, indem er ihnen über die Köpfe schoss. Sie wussten nicht, ob sich auf dem Gelände noch eine lebende Person befand, mussten aber davon ausgehen und bereit sein, zurückzuschießen.

Als die Kette durchtrennt war, drückte Thomas mit der Schulter gegen das schwere Stahltor und schob es mithilfe der Räder auf. Team eins, sein Sprengkommando, rannte durch die Öffnung, die er geschaffen hatte. In der großen Verkaufshalle brach jemand ein Fenster heraus und gab ein paar wilde Schüsse auf sie ab. Mingo feuerte mit einigen Männern aus Team eins auf das Fenster, und die Schüsse versiegten schon bald. Sie hatten die Bedrohung eliminiert.

Als Team eins mit den Stiefeln gegen die Ladenfront ausholte, krachte es, und mit dem Geräusch von berstendem Holz zersplitterte die alte Eingangstür.

»Los! Los! Los!«, schrie der Kommandoleiter und scheuchte seine Männer hinein. Er schloss sich ihnen hinten an und sie machten sich daran, das Gebäude zu sichern.

»Team zwei, auf geht’s!«, sagte Thomas in sein Mikrofon. In seiner Stimme lag keinerlei Anspannung. Keine Hektik. Für sie war dies etwas Alltägliches. Routine.

Ein zweites bewaffnetes Team sprintete mit den Gewehren im Anschlag durch das Tor. Die Männer rannten hinten um das Gebäude herum auf den Hof, wo Güter gelagert waren. Hier lagen Tore, Futtertröge, Wassertanks und die verschiedensten Viehzäune aufgestapelt. Das Team teilte sich auf und machte sich daran, die diversen anderen Gebäude auf dem Gelände zu sichern. Aus dem Ladengebäude erklangen weitere Schüsse. Es waren einzelne, präzise Todesschüsse – ein Anzeichen, dass das Team Menschen gefunden hatte, die sich versteckten, und sich um sie kümmerte.

Es waren Hinrichtungen.

Thomas zog einen Feuerlöscher aus der Halterung an der Seite seines Lastwagens heraus. Er schlenderte auf die rauchenden Überreste des Heuballens zu und besprühte sie mit einem langen, pudrigen Strahl aus dem Feuerlöscher. Als nichts mehr aus dem Behälter herauskam, warf er ihn beiseite. Das dicht gebündelte Heu hatte die Explosion der Granate auf seltsame Weise beeinflusst. Er entdeckte die Überreste des Mannes, mit dem er sich durch das Tor hindurch unterhalten hatte. Er sah aus, als wäre eine riesige Eiscremekelle aus dem Himmel gekommen und hätte die obere Hälfte seines Körpers geschröpft. Wie die abartige Version eines gefüllten Krapfens mit Puderzucker bestand er nur noch aus Heu, Blut und Feuerlöschpulver.

»Scheiße auch, Alter«, brummte Thomas und schüttelte der Leiche gegenüber den Kopf. »Du hättest weglaufen sollen.«

»Drinnen ist alles gesichert«, kam der Funkspruch vom Anführer des ersten Teams.

»Team zwei?«, fragte Thomas.

»Das Gelände ist gesichert.«

Thomas wandte sich von dem zerstörten Körper ab und winkte den Männern, die noch in den Lastwagen saßen. Der Passagier in seinem Wagen rutschte auf den Fahrersitz, ließ den Motor an und fuhr langsam durch das Tor auf das Gebäude zu. Der Rest des Konvois bestand aus ähnlichen Lastwagen, wobei einige davon Anhänger zogen. Das letzte Fahrzeug war ein M49A2C-Tankwagen und vielleicht ihr wichtigstes Stück Ausrüstung.

Nachdem der letzte Lastwagen an ihm vorbeigefahren war, zog Thomas das Tor zu und hängte wieder die Kette vor. Mit den vom Gebäude verdeckten Fahrzeugen und dem verschlossenen Tor würde das Gelände von der Straße aus unverändert wirken. Sie mussten nicht unbedingt unentdeckt bleiben, aber warum sollten sie sich Ärger einhandeln? Falls sie allerdings Ärger bekamen, waren sie mehr als fähig, damit fertigzuwerden.

Thomas marschierte um das Gebäude herum auf den Hof zu und begutachtete das restliche Inventar um ihn herum. Der Großteil dieser landwirtschaftlichen Scheiße war ihm egal. So wie er das sah, waren Kühe zum Essen und nicht zum Verhätscheln da. Ihm war es scheißegal, wie man sie hielt, einzäunte oder tierärztlich versorgte. Das Einzige, was ihn interessierte war, wie man sie zubereitete. Am besten außen leicht verbrannt und innen fast roh.

Er sprach in sein Funkgerät. »Team zwei, das Tor ist geschlossen. Stellt vorn ein paar versteckte Wachposten auf und seht zu, dass niemand auf das Gelände kommt. Lawdog? Mundo? Hört ihr?«

»Ja, T?«, antwortete Lawdog.

»Untersucht jemand die Tanks?«

»Verstanden, T. Schon dabei.«

»Dann gehst du jetzt mit Mundo rein und ihr nehmt euch die Buchhaltung vor. Stellt mir eine Liste von allen Großkunden zusammen, die Treibstoff gekauft haben, sowie den dazugehörigen Adressen. Wir fahren nicht weiter, ehe die Lastwagen und der Tanker voll sind.«

»Kümmere mich drum«, antwortete Lawdog.

Lawdog und Mundo kannten sich von seinen Männern am besten mit Computern aus. Sie hatten einen kleinen Honda-Stromerzeuger und ein langes Verlängerungskabel dabei. Falls die Unterlagen auf Computern gespeichert waren, würden sie die Computer hochfahren und einen Zugang finden. Falls es in dieser Gegend irgendwelche auf Petroleum basierenden Kraftstoffe gab, würden sie sie finden.

»Wo ist mein Taco Truck?«, rief Thomas.

Ein Mann zeigte mit einer einen Meter langen Rohrzange auf einen der Lastwagen im Heer von ähnlich aussehenden Fahrzeugen. Thomas erwiderte die Geste mit nichts, lief aber in die angezeigte Richtung. Shootah und Buddha Boy waren für das Essen verantwortlich und suchten nach einer Stelle, an der sie die Küche ihres Lagers aufbauen konnten.

»Sucht nach was Gutem zum Grillen«, sagte Thomas. »Ich könnte einen Reifen von unseren Lastern verschlingen.«

»Als wir da am Tor gewartet haben, sind uns ein paar Kühe aufgefallen«, sagte Buddha Boy. »Die haben sich wie früher in den alten Zeichentrickfilmen vor meinen Augen in Steaks und Burger verwandelt.«

»Dann seht zu, dass sie sich verwandeln«, sagte Thomas. »Uns läuft das Tageslicht davon.«

Jemand hatte an der großen Halle eine Hintertür geöffnet und Thomas marschierte darauf zu. Dort befanden sich eine überdachte Veranda sowie eine Ladezone, in der noch mehr Bauernhofscheiße herumstand. Während Thomas dort stehen blieb und die diversen in Plastik eingeschweißten Paletten betrachtete, rasselte an der Laderampe ein Rolltor auf. Männer von Team eins begannen, Leichen von der Laderampe hinunter auf die Erde zu werfen.

Thomas sah gleichgültig zu. Es interessierte ihn nicht sonderlich, wen sie töteten oder wie viele. Was ihn interessierte, war, wie die Opfer angezogen waren. Er versuchte herauszufinden, ob die Männer, die sie umbrachten, die Geschäftsinhaber und Angestellten waren oder Männer, die das Gelände einfach besetzt hatten. Den Latzhosen und albernen Lkw-Fahrer-Kappen nach zu urteilen nahm er an, dass das Geschäft diesen Männern gehörte. Zumindest kamen sie aus der Gegend.

»He, Jawbone«, rief Thomas einem kleinen, muskulösen Mann zu. Er trug dieselbe Kleidung wie Thomas, die Uniform, die ihnen von der Armee ausgestellt worden war.

»Was ist?«

»Es muss hier doch irgendwo ein paar Schubkarren oder Sackkarren geben. Such dir ein paar Jungs zusammen und schaff diese toten Typen hier weg.«

»Und wohin, T?«

»Ist mir scheißegal, solange ich sie nicht sehen oder riechen muss.«

Jawbone kratzte sich den Kopf und sah sich auf dem Hof um.

Thomas entdeckte in einem offenen Schuppen einen Stapel Schubkarren. »Da«, sagte er.

Jawbone warf einen Blick darauf, sah sie aber nicht sofort.

»Da«, wiederholte Thomas. »Da. Drüben. Blindfisch.« Er stieß mit dem Zeigefinger in die Luft.

»Oh ja«, sagte Jawbone und marschierte in die Richtung davon.

»Blödes Arschloch«, murmelte Thomas. Er hörte, dass sich Männer näherten, und sah, dass es Lawdog und Mundo mit ihrem winzigen roten Stromerzeuger waren.

Lawdog blieb vor einer Palette mit einem Stapel gefüllter Plastiksäcke stehen. Er riss einen Teil der Plastikverpackung auf und sah auf das Schild, fuhr mit dem Finger darüber, bis ein Lächeln sein Gesicht zerschnitt.

»Was?«, fragte Thomas.

»Das ist das gute Zeug«, sagte Lawdog. »Der Dünger, mit dem man was hochjagen kann. So gut wie bei der Attacke in Oklahoma City.«

Thomas starrte den Sack an. »Echt?«

Lawdog nickte.

»Weißt du, wie man das macht?«

»Oh, Scheiße, ja.«

»Gut zu wissen«, antwortete Thomas. »Aber im Moment brauchen wir dringender Benzin oder so was, also beweg deinen Arsch in die Halle rein und finde uns welches.«

»Alles klar, T«, sagte Lawdog und folgte Mundo nach drinnen.

Thomas ging ihnen nach und betrat die dunkle, weite Verkaufsfläche des Agrarbedarfshandels. Während die meisten alten Läden auf dem Land in Vergessenheit geraten waren und von hell beleuchteten Supermärkten ersetzt worden waren, die alle gleich aussahen, hatten die vom Agrarhandel die Aura von vergangenen Zeiten beibehalten. Drinnen knarzten die schmalen Eichendielen des Fußbodens unter Thomas‘ Schritten. Die Decke war mit dünnen Blechplatten verkleidet, deren eingestanzte Verzierungen unter mehreren Schichten schmutziger Farbe verborgen lagen. Es roch nach einer Mischung von Scheune und Baumarkt, nach Öl, Holz, Rauch und Getreide.

»Ganz schön groß«, sagte Thomas zu niemandem im Besonderen. Außer Lawdog und Mundo durchkämmten mehrere andere Männer, die ihr eigenes Spezialgebiet hatten, die Gänge zwischen den Regalen nach Versorgungsmitteln.

»Wenn wir einen Teil von dem ganzen Scheiß beiseite rücken, können wir hier drinnen schlafen.«

»Es gibt auch einen Holzofen«, rief Flaco von der anderen Seite der Halle. »Es brennt sogar schon ein Feuer drin.«

»Sehen wir zu, dass wir es in Gang halten«, sagte Thomas. »Mit den ganzen offenen Türen wird’s hier drinnen schnell kalt werden. Wäre schön, wenn wir zur Abwechslung mal im Warmen schlafen könnten.« Er ging ans Schaufenster. Die einfach verglaste Scheibe hatte keinerlei Isolierwert und war so kalt wie die Luft draußen. Thomas konnte die Kälte auf seinem Gesicht spüren.

»Haben wir heute Abend Gäste?«, fragte Flaco. Sein Ton vermittelte den Eindruck, dass er es definitiv hoffte.

»Nein«, gab Thomas zurück. Er hatte genauso gern Gäste wie jeder andere, aber ihnen stand Arbeit bevor. »Wir müssen erst mal sehen, wie es hier zugeht. Könnte sein, dass diese Farmer Nachbarn haben, die uns einen Besuch abstatten wollen, weil wir ihre Kumpel ins Jenseits befördert haben. Morgen vielleicht.«

»Alles klar, T.« Flaco nahm eine grüne Dose aus einem der Regale heraus und hielt sie hoch, damit Thomas sie sehen konnte. »Schau dir mal den Scheiß hier an. Euterbalsam. Wer kauft denn so was?«

»Keine Ahnung. Wozu soll das gut sein?«

Flaco las das Etikett. »Mann, ich glaube, das ist für deine Euter.«

Thomas schüttelte den Kopf. »Bauern. Echt jetzt.«

Kapitel 2

Als Thomas aufwachte, roch es nach bratendem Schinken und Bauchspeck, den Resten eines Schweins, das Buddha Boy zwei Tage zuvor geschlachtet hatte. Der Farmer, dem das Schwein gehörte, protestierte und Buddha Boy tötete ihn auf dieselbe Art wie das Schwein: mit einem einzigen Schuss zwischen die Augen.

Thomas hoffte, dass sie Biskuits und Bratensoße machten. Nichts machte einem den Tag schmackhafter als Biskuits und Bratensoße. Eier wären auch was Schönes. Die einzigen Eier, die sie hatten, waren in Pulverform, aber das war auf jeden Fall immer noch besser als gar keine Eier.

Er hatte die Wunder eines guten Frühstücks erst spät im Leben entdeckt. Erst als er älter wurde, war ihm klargeworden, was er sein ganzes Leben lang verpasst hatte. Er konnte sich nicht erinnern, jemals in seiner Kindheit ein zu Hause zubereitetes Frühstück gegessen zu haben. Er war mit der »Such dir selbst irgendwas«-Methode aufgewachsen; so ähnlich wie bei einem Buffet, nur ohne das Essen. Meistens bekam er sein Frühstück in der Schule. Später, als er sich auf der Straße Geld verdiente, konnte er sich etwas zum Frühstück kaufen. Das war der Zeitpunkt, an dem er das Waffle House Restaurant entdeckte und erfuhr, was Frühstück war.

Am Abend zuvor hatte er sich aus einem halben Dutzend Säcken Ziegenfutter ein Bett gebaut. Seine Männer hatten über ihn gelacht, als er Säcke mit Grassamen, Hühnerfutter und Purina-Fischfutter auf Komfort hin getestet hatte. Das Ziegenfutter gefiel ihm am besten. Es war fest und verrutschte kaum, wenn er sich bewegte. Und es roch nach Melasse, was ihn an Kekse erinnerte.

Vier von ihnen hatten die ganze Nacht mit Nachtsichtgeräten, Körperschutz und M4-Schnellfeuergewehren ausgestattet die Grundstücksgrenze patrouilliert. Es war ruhig geblieben. Manchmal lockte die Art von Schüssen, mit denen sie die Vorbewohner bei der Räumung bedacht hatten, Besucher an, die entweder Rache üben oder die Toten ausplündern wollten. Thomas hatte fest damit gerechnet, dass in der Nacht Schüsse fallen würden – entweder tödliche oder zur Warnung -, aber das war nicht der Fall gewesen.

Er kroch aus seinem Schlafsack und setzte sich auf, gähnte und griff nach seinen Stiefeln. Die Armee hatte ihm beigebracht, sich an Gewohnheiten zu halten; seine eigenen Praktiken zu entwickeln, die ihm erlaubten, in allem so effizient wie nur möglich zu sein. Er schlief immer mit dem Gewehr links neben sich. Auch die Stiefel standen links neben ihm, auf Brusthöhe. In einem Stiefel lag seine Beretta M9 und im anderen ein Cold-Steel-Kampfmesser. Sowohl die Pistole als auch das Messer waren sofort greifbar und einsetzbar, wenn es sein musste.

Draußen war es grau und trübes Licht filterte in den Raum. Manche Männer schliefen. Andere wachten durch das anbrechende Tageslicht oder die Macht der Gewohnheit auf. Es gab keinen Grund zur Eile. Sie mussten nirgendwo hinfahren, mussten nichts anderes als das tun, was sie wollten. Es gab keine Befehle, kein Training und kein Gelaber.

Einer der Männer legte noch ein Stück Holz aufs Feuer. Es war kühl im Raum, aber wesentlich wärmer als in einem Zelt. Auf jeden Fall wärmer, als unter dem Lastwagen zu schlafen – etwas, das sie manchmal tun mussten. Thomas nahm die Waffen aus seinen Stiefeln heraus und zog die Schuhe an. Sie hatten Reißverschlüsse an den Seiten, was zeitsparender als Schuhbänder war. Er stand auf und ging zum Ofen, davon angezogen wie eine Katze von einem Sonnenstrahl. In solchen Momenten war die Vorstellung verlockend, ein permanentes Lager aufzuschlagen. Das Leben unterwegs war ohne Annehmlichkeiten. Man war immer angespannt, erwartete ständig die nächste Schwierigkeit, den nächsten Angriff.

Aber so war er aufgewachsen und kannte es nicht anders. Er hatte es nie gemütlich gehabt, hatte ein Haus nie als einen warmen, sicheren Ort verstanden, wo man sich mit den Menschen, die man mochte, an den Kamin setzen konnte. Das war ein Märchen für die Weicheier und Schafe, von denen sie sich ernährten. Er hatte nicht vor, weich zu werden. Hatte nicht vor, der Verlockung nachzugeben, sich jeden Abend in ein bequemes Bett legen zu können. Er würde hart, aufmerksam und frei bleiben. Das war sein Leben.

Thomas hatte seine Familie, seine Brüder auf der Straße gefunden. Als er erwachsen geworden war, hatte ihn dieselbe Familie gedrängt, der Armee beizutreten. Die Gang wollte, dass ihre Mitglieder wie richtige Soldaten ausgebildet waren. Sie wollten Schützen haben, die wirklich schießen konnten. Sie wollten Kämpfer haben, die auf der Straße mit den Fähigkeiten von Kriegern fochten. Thomas hatte getan, worum sie ihn gebeten hatten.

Zuerst hatte er das Militär gehasst. Er mochte es nicht, wenn ihm gesagt wurde, was er tun sollte. Für alles gab es Regeln – und Strafen, wenn man sie nicht befolgte. Oft war er versucht, Männer für die Art, wie sie mit ihm redeten, umzubringen. Er hätte sie sich außerhalb des Militärgeländes schnappen oder einen Manöverunfall vortäuschen können. Er hatte Männer aus genau demselben Grund auf der Straße getötet und keine Angst, es wieder zu tun. Aber falls er festgenommen oder unehrenhaft aus der Armee entlassen wurde, hätte er nicht mehr zu seiner Straßenbandenfamilie zurückkehren können. Sie hatte große Pläne. Große Pläne für ihn und andere wie ihn, die sich unter den Soldaten versteckten. Er hatte sich auf die Zunge gebissen, Disziplin gelernt und irgendwann erkannt, dass ihn seine neu erworbene Selbstdisziplin wesentlich gefährlicher machte, als er je zuvor gewesen war.

Keiner der großen Pläne, die die Gang gehabt hatte, würde ausgeführt werden. Nach dem Zusammenbruch der USA war seine Gang von einer rivalisierenden Bande vernichtet worden. Jetzt hatte er nur noch andere Männer, die ihm ähnlich waren. Männer, die er in der Armee an ihren Tätowierungen und der Art, auf die sie sich begrüßten, erkannt hatte. Bevor die Angriffe kamen, hatte er über einhundert andere gefunden, die wie er waren. Sie hatten einen ähnlichen Hintergrund und ein ähnliches Elternhaus gehabt. Sie teilten ein Gefühl der Verbundenheit miteinander, das sogar noch über das von der Armee eingeimpfte hinausging. Thomas leitete davon den Namen ab, mit dem sie sich identifizierten: Der Verbund.

Der Name gab sie nicht sofort als Gangmitglieder zu erkennen. Jeder, der zufällig hörte, wie sie ihn benutzten, hätte aufgrund ihrer Uniformen annehmen können, dass er lediglich von ihrem Zusammenhalt als Soldaten kam. Obwohl manche von ihnen aus verschiedenen Banden stammten, waren keine von ihnen direkt verfeindet gewesen. Sonst hätten Thomas‘ Bemühungen, aus diesen Männern ein Team zu machen, nicht funktioniert. Aber es hatte geklappt. Sie hatten alle eine ähnliche Vergangenheit, sie kannten alle dasselbe Leben und sie hatten dieselben Wertvorstellungen.

Als die Welt um sie herum zusammenbrach, zerfiel die Armee. Es gab keine klar umrissene Mission mehr und die Desertationsrate schoss in die Höhe. Die Kommandanten der Zurückgebliebenen klammerten sich an ihre Parteiangehörigkeit oder andere, weniger offensichtliche Anhängerschaften. Militärstützpunkte führten ihr eigenes, separates Dasein. Washington war schon vorher derartig gespalten gewesen, dass es schien, als hätten die Kommandanten auf eine derartige Gelegenheit nur gewartet.

Die Männer des Verbunds blieben über eine verschlüsselte Chat-App in Kontakt, bis sie nicht mehr funktionierte. Dann fielen sie auf den Plan zurück, den sie in den letzten Wochen ausgearbeitet hatten. Sie stahlen auf ihrem Stützpunkt einen ganzen Fuhrpark von ausgemusterten Lastwagen mit Mehrstoffmotoren und danach die Waffen und Versorgungsgüter, zu denen die Mitglieder des Verbunds Zugang hatten. Das Komische war, dass sich auf ihrem Stützpunkt niemand darüber aufregte, weil alles so chaotisch war. Soldaten plünderten die Bestände und verkauften sie an Zivilisten oder schmuggelten sie ihren Familien zu. Jede Nacht verschwanden Soldaten. Schon bald würden nur noch die übrig bleiben, die nichts anderes als das Leben in der Armee kannten.

Thomas hielt jeden Morgen eine Versammlung ab. Die einzigen Männer, die abwesend sein durften, waren die, die gerade ihren Wachpostendienst beendet hatten und Schlaf brauchten. Alle anderen mussten anwesend sein. An diesem Morgen versammelten die Männer sich mit Papptellern, auf denen das Essen dampfte, im Hauptraum des Agrarhandels. Thomas fand, dass man mit Essen nicht geizen sollte. Wenn man den Männern gutes Essen bot, folgten sie einem. Zum Frühstück hatten sie Speck, gebratenen Schinken, aufbereitetes Eipulver und Biskuits mit kleinen Marmeladenpäckchen, die sie in einem Schnellrestaurant gefunden hatten. Es wurde ein bisschen gegrummelt, weil es keine Bratensoße gab.

»Ich hab euch Arschlöcher zu sehr verwöhnt«, sagte Buddha Boy. »Wenn ihr mal einen Tag keine Soße kriegt, ist das für euch gleich das Ende der Welt.«

»Ja, so ziemlich«, stimmte Lawdog ihm zu.

»Du hast doch gutes Essen, oder nicht?«, fragte Buddha Boy. »Kein Grund zum Meckern.«

»Er hat recht«, mischte Thomas sich ein. »Vermutlich hat im Moment kein Schwein in meilenweitem Umkreis so ein gutes Frühstück vor sich, also haltet jetzt alle die Schnauze und hört zu.«

Die Männer wurden still. Die Versammlungen liefen freundschaftlich und locker ab, aber wenn Thomas ihnen sagte, still zu sein, dann meinte er es auch. Das allen klarzumachen, hatte mehrere Männer ihr Leben gekostet und es war in allen Köpfen kristallklar verankert. Er war der Boss und was er sagte, war Gesetz.

Thomas nahm ein Stück Schinken und biss davon ab. »Wie sieht die Treibstoffsituation aus?«

»Wir haben genügend Heizöl und Bootsdiesel gefunden, um die Lastwagen vollzutanken, aber für den Tanker ist nichts übrig«, sagte Mundo.

»Habt ihr in den Unterlagen Informationen über Großkunden finden können?«

»Wir mussten nicht mal im Computer nachsehen. Sie hatten jede Menge Papiere – Quittungen, wie viele Gallonen geliefert wurden und auf welches Geschäftskonto es ging. Es gibt mehrere Großbetriebsadressen, an die jeweils tausend Gallonen geliefert wurden. Wohl für welche von diesen riesigen Traktoren und Mähdreschern. Falls diese Leute ihre Felder nicht bestellen und nicht groß in der Gegend rumfahren, können die nicht viel Benzin verbrennen. Ich schätze, dass wir bei einem oder zwei von diesen Großbetrieben vorbeischauen könnten und den Tanker damit vollkriegen.«

Thomas kaute und überlegte. »Den Tanker zu füllen, ist unsere wichtigste Priorität. Unser nächster Halt ist Chillicothe, und ich wette, dass es da nichts mehr gibt. Zu viele Leute. Nicht genügend Essen und Benzin für alle. Das werden ziemlich verzweifelte Arschlöcher sein.«

»Verzweifelt find ich gut«, sagte Shootah. »Verzweifelte Weiber machen so ziemlich alles, was ein Mann will.«

»Außer verzweifelten Weibern wird sich auch keine Frau mit Typen wie euch abgeben«, spottete Thomas. »Aber vergesst die Weiber. Wir haben hier jetzt Geschäftliches zu bereden. Lawdog, finde du mit Mundo raus, welche von diesen großen Treibstoffkunden hier in der Nähe sind. Sucht euch drei davon aus und schickt zu jedem ein Erkundungsteam von zwei Männern. Ihr werdet zu Fuß gehen und berichten, was ihr gesehen habt. Schaut selbst nach, ob die noch Treibstoff haben und wie viel. Versucht, Auseinandersetzungen zu vermeiden. Ihr wisst ja, dass es uns immer um Friede, Freude, Eierkuchen geht.«

Er konnte es nicht mal sagen, ohne zu grinsen. Seine Männer stimmten ihm zu und fingen an zu lachen.

»Ja, Mann, ich überleg schon lange, meine Camo-Klamotten gegen Batiksachen einzutauschen«, sagte Mundo. »Ich hab angefangen, mir Phish reinzuziehen.«

»Fisch?«, fragte Buddha Boy. »Wie Karpfen und Forelle?«

»Das ist ‘ne Band, du Blödmann«, sagte Mundo. »Hippiescheiße. Wie Grateful Dead. Woodstock. Der ganze Kram.«

»Was zum Teufel kenn ich mich denn damit aus?«, fragte Buddha Boy. »Ich bin Soldat. Ich bin kein Hippie-Experte, Alter.«

»Du bist ein Soldat des Verbunds, nicht der Vereinigten Staaten«, erinnerte Thomas ihn. »Vergiss das nicht. Keiner von uns arbeitet noch für die Regierung. Wir arbeiten für uns selbst. Wir arbeiten füreinander.«

Lawdog schob sich den Rest seines Specks, Schinkens und den Marmeladenbiskuit in den Mund und warf seinen Teller auf den Boden. »Wo wir gerade von arbeiten sprechen – was soll der Rest von uns tun?«

»Stellt den Laden hier auf den Kopf«, sagte Thomas. »Ich bin mir nicht sicher, ob Bauern irgendwelche Sachen benutzen, die wir brauchen können, aber ich glaube, ich habe draußen Propangasflaschen gesehen. Buddha Boy braucht welche für den Herd, also seht zu, dass wir reichlich davon haben. Sonst wird’s statt Biskuits kalte Pop-Tarts zu essen geben. Sucht nach Werkzeugen, Eisenwaren, Seilen, Ketten, Autozubehör, alles, das aussieht, als ob wir es gebrauchen könnten. Wenn ihr was Besseres findet, als das, was wir dabeihaben, werft ihr den alten Kram weg und nehmt das neue Zeug mit. Und tagsüber sind mehr Leute unterwegs, das heißt, wir werden Wachposten um das Grundstück herum brauchen.«

»Werden wir den Treibstoff als Team abholen, wenn wir diese Großkunden gefunden haben?«, fragte Mundo.

Thomas nickte. »Sobald wir genügend Sprit für den Tanker gefunden haben, stellen wir den Treibstoff sicher. Wir machen weiter, bis der Tanker voll ist.«

»Alles klar«, antwortete Mundo.

»Gibt’s noch Fragen?«, wollte Thomas wissen.

Gab es nicht.

»Jeder weiß, was er zu tun hat?«, fragte er.

Im ganzen Raum wurde genickt.

»Dann mal los. Packen wir’s.«

Kapitel 3

Die Familie Ashford war fast so weit, sich zu ihrem Wildgulasch hinzusetzen. Mr. Ashford hatte in der Scheune einen Hirsch hängen, und der daraus zubereitete Eintopf kochte schon den ganzen Tag auf dem Holzofen vor sich hin und folterte die sechsköpfige Familie mit seinem Aroma.

Mrs. Ashford buk in der Pfanne auf dem Ofen Maisbrot. Sie nannte es Johnny Cakes und ihre Kinder waren davon fasziniert. Sie fanden, dass die kleinen runden Fladen wie Pfannkuchen aussahen, die mit Ahornsirup und nicht Gulasch gegessen werden sollten, und verschlangen sie fast so schnell, wie sie sie backen konnte. In Anbetracht der aktuellen Lage hatten sie einen guten Tag gehabt. Die Familie hatte es warm und sie besaßen etwas zu essen. Sie waren zuversichtlich, dass sie das, was im Land vor sich ging, überleben würden. Dann hörten sie eine Hupe.

Mr. Ashford saß neben dem Holzofen in einem Liegesessel und las eine alte Landwirtschaftszeitschrift. Er sprang von seinem Sessel auf und lief ans Fenster. Vorsichtig zog er die Gardine beiseite und spähte hinaus. Er drehte sich wieder zu seiner Familie um und sah, dass sie ihn großäugig anstarrte. »Da ist jemand am Tor. Sieht wie ein Militärfahrzeug aus. Los, alle in den Keller – sofort!«

Die Familie wusste, dass es keine Widerrede gab. Sie hatten dies schon oft gemacht, sowohl als Übung als auch wenn unerwarteter Besuch kam. Mrs. Ashford rannte in die Küche und riss die Kellertür auf. Sie schnappte sich eine Schrotflinte, die neben einem Besen in der Ecke stand. Die Kinder stiegen bereits die dunkle Treppe hinunter. Eins von ihnen trug eine Taschenlampe. Sie warf ihrem Mann einen nervösen Blick zu und er lächelte sie an.

»Wird schon in Ordnung sein«, sagte er.

Sie versuchte, zurückzulächeln, schaffte es aber nicht. Dann folgte sie ihren Kindern und schloss die Kellertür hinter ihnen ab.

Mr. Ashford nahm sein Jagdgewehr und stieß seine Füße in die Gummistiefel. Er wollte gerade auf die Veranda gehen und seine Besucher begrüßen, als die Hintertür eingetreten wurde. Der Rahmen zersplitterte und die Tür flog auf, prallte von der Wand ab. Ein Mann in Camouflage-Kampfanzug kam mit umgeschnallten Waffen durch die Tür. Er bewegte sich mit geübter Geschmeidigkeit und hielt ein Gewehr im Anschlag, das seinem Blick folgte, als er das Zimmer absuchte.

Mr. Ashford hob ungeschickt sein Gewehr, war aber zu langsam, zu ungeschickt. Schüsse prasselten in der Enge des Hauses nieder, drangen in Mr. Ashfords Brustkorb ein. Er fiel nach hinten gegen das Fenster und schlug mit seinem zuckenden Arm die Scheibe nach außen kaputt, bevor er auf dem Boden zusammensank.

Der Schütze marschierte ins Wohnzimmer, dicht gefolgt von einem zweiten Mann. Es war Mundo, der voranging. Body Bag kam hinter ihm.

»Der Keller!«, schnauzte Mundo. »Ich hab gesehen, wie die Tür zuging, als ich durchs Fenster reingesehen hab!«

Body Bag ging an die geschlossene Kellertür und rüttelte am Griff. Abgeschlossen. Statt neben der Tür zu stehen, wie man ihm beigebracht hatte, stand Body Bag direkt davor.

Mrs. Ashford im Keller wusste, was die Schüsse und der rasselnde Türgriff bedeuteten. Jetzt lag alles an ihr. Sie gab mit ihrer Flinte einen Schuss ab und ein Geschwader von Schrotkugeln riss ein faustgroßes Loch in die Tür. Dieselben Schrotkörner rissen ein Stück von Body Bags Gesicht und Hals weg. Er taumelte nach hinten, hielt sich den Hals und stürzte blutsprühend gegen den Küchentisch. Der Tisch fiel um und er stürzte zu Boden.

»Scheiße!«, schrie Mundo und drückte sich an die Wohnzimmerwand.

Ein zweiter Schuss kam von der Schrotflinte, diesmal tiefer gezielt. Wer immer auch dort unten war, spielte auf Nummer sicher. Der Schuss riss die Tür weiter auf, traf aber niemanden.

»Hörst du mich, Body?«, brüllte Mundo. Als keine Antwort kam, spähte er um die Ecke und sah, dass sein Freund tot auf dem Küchenfußboden lag. Ein Auge und ein Großteil seiner rechten Gesichtshälfte fehlten.

»Arschlöcher!«, schrie Mundo. »Verdammte Arschlöcher!« Er zerrte eine Handgranate aus seiner Ausrüstung und zog die Nadel. Er rannte auf die Kellertür zu und warf die Granate durch das zersplitterte Loch, als würde er Abfall in einen Mülleimer werfen.

Die Ashfords hatten unten im Keller keine Ahnung, was gleich passieren würde. Mrs. Ashford versuchte, die Schrotflinte zu halten, während eins ihrer Kinder von einer sicheren Stelle aus mit der Taschenlampe leuchtete. Sie hörte lediglich etwas Schweres die Kellerstufen hinunterklappern. Es klang wie eine Suppendose. Sie hatte nicht die Zeit, sich zusammenzureimen, was es war.

Mundo rannte in Höchstgeschwindigkeit aus der Hintertür hinaus und sprang von der Veranda. Die Granate explodierte und die Kellerfenster zersplitterten in einem Regen aus Glas. Die Druckwelle war zu groß für einen so kleinen Raum. Mundo versuchte, das Haus im Auge zu behalten, und rannte mitten in eine Schaukel hinein. In letzter Sekunde versuchte er, über eine der baumelnden Schaukeln zu springen, blieb aber mit den Füßen am Sitz hängen und fiel mit dem Gesicht in den Mulch.

Ein lauter Knall kam aus einer anderen Richtung und Mundo stemmte sich hoch, versuchte, sich zusammenzureimen, was vor sich ging. Es waren jedoch seine eigenen Leute. Der Tanker hatte das Tor durchbrochen und schleifte es rasselnd wie einen verlorenen Auspuff hinter sich her.

»Mundo! Was ist los, Mann?«, schrie es aus seinem Funkgerät. »Was ist passiert?«

Mundo hörte ein Windgeräusch, gefolgt von einem einzigen hohen Schrei. Er warf einen Blick zurück auf das Haus und sah Rauch aus den Fenstern quellen. Die Granate musste irgendetwas in Brand gesetzt haben, vielleicht einen Heizöltank im Keller. Das Haus brannte, Rauch und Flammen strömten aus den Kellerfenstern.

»Sie haben Body Bag erwischt!«, brüllte Mungo in sein Funkgerät. »Die hatten sich im Keller verschanzt und ich musste sie schreddern.«

»Ganz toll gemacht«, sagte Lawdog sarkastisch. »Den Qualm werden die Leute meilenweit sehen und wissen wollen, was zum Teufel hier los ist. Du hättest genauso gut eine Signalrakete abschießen können.«

Mundo stand auf und winkte dem Tanker zu. Er lief zu einem in der Nähe stehenden Baum, wollte etwas zwischen sich und dem Haus haben, für den Fall, dass im Obergeschoss noch jemand am Leben war. Er hatte nicht die Zeit gehabt, das Haus zu durchsuchen, bevor alles schiefging, aber falls noch jemand lebte, dann nicht mehr lange. Das Haus stand lichterloh in Flammen.

Der Tanker kam über den Rasen auf ihn zu und verlangsamte seine Fahrt, als er sich ihm näherte. Lawdog rollte das Fenster herunter und stellte den Motor ab. Es war schwierig, sich über den Lärm hinweg zu verständigen. »Wohin?«

Mundo hatte das Grundstück zuvor mit Body Bag ausgekundschaftet. Sie waren das Team gewesen, das es gefunden und den Benzintank mit dem restlichen Kraftstoff ausfindig gemacht hatte. Er zeigte auf eine Art Wellblechschuppen, der ein Stück von der größeren Garage entfernt stand. »Das ist der Benzinschuppen. Eine 12-V-Pumpe läuft da über ein Solaraggregat. Wir können direkt daneben parken und tanken. Kann allerdings sein, dass deren Pumpe zu langsam ist.«

»Das werden wir ja sehen. Steig ein. Wir sputen uns besser. Das Feuer schickt Rauchsignale und vielleicht tauchen bald die Nachbarn auf.«

Mundo wusste, dass er recht hatte, aber er hatte getan, was getan werden musste. Er stieg auf das Trittbrett, wechselte sein Gewehr in die andere Hand und hakte einen Arm durch das offene Fenster. Lawdog ließ den Motor wieder an. Gerade, als er langsam Gas gab, kam das Geräusch von Schüssen vom Haus.

»Scheiße!«, schrie Lawdog und trat aufs Gaspedal. Sie brauchten diesen Tankwagen und er wollte auf keinen Fall, dass der Motor zerschossen wurde.

Mundo fühlte sich an der Seite des Lasters verwundbar und sprang ab. Er rollte sich ab und ging hinter einem Baum in Deckung. Er riss sein Gewehr in den Anschlag und feuerte Schüsse auf das Haus ab, arbeitete sich von Fenster zu Fenster durch, da er annahm, dass die Schüsse von dort kommen mussten. Er schoss sein Magazin leer, klickte es heraus und hatte bereits einen guten Teil seines zweiten verschossen, als ihm jemand gegen das Bein trat.

Er rollte sich auf den Rücken und begann, sein Gewehr auf diese neue Bedrohung zu richten, doch eine Hand packte es. Sie gehörte Lawdog.

»Dir wird gleich der Arsch abgeschossen!«, schrie Mundo. »Duck dich!«

»Das sind nur brutzelnde Patronen, du Blödmann«, sagte Lawdog. »Niemand schießt auf dich.«

»Was?«

»Munition. Das Haus brennt. Patronen explodieren«, wiederholte Lawdog so langsam, als versuchte er, einem sehr kleinen Kind etwas sehr Kompliziertes zu erklären.

Mundo sicherte sein Gewehr und streckte Lawdog seine Hand hin. »Hilf mir hoch, du Sack. Ich mühe mich hier ab, um deinen Arsch zu retten und geb dir Deckung, und du nennst mich Blödmann.«

»Ich sag’s, wie’s ist.«

Der Tank war rund, auf einer hohen Plattform befestigt und fasste zweitausend Liter. An einem Haken hing ein schmutziger Messstab, mit dem der Benzinpegel im Tank gemessen werden konnte. Während Lawdog den Tankwagen zum Vollpumpen bereitmachte, klappte Mundo den Fülldeckel des runden Tanks auf und steckte den Messstab hinein. Er zog ihn wieder heraus und hielt ihn an die Außenwand des Tanks, um zu sehen, wie voll er war.

»Etwas mehr als halbvoll«, sagte Mundo.

»Besser als nichts«, antwortete Lawdog.

»Willst du deren Zapfpistole benutzen?«

»Das dauert zu lange. Ich hab dir doch gesagt, dass hier vermutlich bald die ersten Leute auflaufen. Wir werden uns wahrscheinlich den Weg freischießen müssen.«

Lawdog zog einen schweren, aufgewickelten Schlauch vom Laster herunter und sie hängten ein Ende davon in den aufgebockten Tank. Lawdog ließ den Motor an und schaltete eine Pumpe an, die das Benzin schnell auf den Lastwagen zu pumpen begann. Sie konnten es im Tanker spritzen hören, aber es war keine schnelle Prozedur, besonders nicht, da sie jeden Moment Gesellschaft erwarteten.

Die Pumpe ihres Tankwagens konnte einhundert Liter Benzin pro Minute umpumpen. Nach ungefähr einer Viertelstunde begann sie, Luft anzusaugen, und die Pumpleistung verlangsamte sich. Mundo bewegte das Schlauchende im runden Tank hin und her, um sicherzugehen, dass sie das gesamte Benzin bekamen.

»Drück den nicht auf den Boden vom Tank«, warnte Lawdog. »Da setzt sich aller Dreck ab. Und dann verstopft was.«

»Das weiß ich«, knurrte Mundo.

Lawdog schaltete die Pumpe ab. »Roll den Schlauch zusammen. Ich hab ein ungutes Gefühl. Ich hole kurz das Fernglas und checke, ob alles sicher ist, bevor wir losfahren.«

Mundo hasste es, Befehle entgegenzunehmen – sie hassten es alle –, aber Lawdog hatte Autorität. Er war in ihrer Organisation so etwas wie ein Leutnant. Lawdog holte ein Fernglas aus der Fahrerkabine und stieg auf die Stoßstange, um ihre Umgebung abzusuchen.

Mundo rollte den Rest des Schlauchs auf und befestigte ihn für die Abfahrt. »Durchsuchen wir noch diese Scheunen oder sonst irgendwas?«

»Äh, nein. Wir kriegen Gesellschaft.«

Mundo ging an die Vorderseite des Tankwagens. Er spähte mit zusammengekniffenen Augen in die Ferne, konnte ohne Fernglas aber nichts erkennen. »Was ist los?«

»Männer mit Gewehren kommen die Straße runter. Ich hab dir doch gesagt, dass der Brand Leute anlocken wird.« Lawdog sprang von der Stoßstange herunter.

»Und ich hab dir gesagt, dass mir keine andere Wahl blieb. Die hatten sich im Keller verschanzt. Außerdem sind wir eine Menge Leute. Wir können die umlegen.«

»Wir haben anderes zu tun. Wir müssen los«, sagte Lawdog. Er ging an die Fahrerseite des Tankwagens und steckte das Fernglas weg. »Steig ein.«

Mundo kletterte auf den Beifahrersitz. »Was ist der Plan?«

»Ich sehe im Osten Leute kommen. Wir fahren nach Westen, hier auf dem Weg durchs Feld. Sobald wir genügend Abstand zu den Typen haben, fahren wir wieder auf die Straße.«

»Was willst du, dass ich mache?«, fragte Mundo.

»Leute erschießen, falls sie zu nahe kommen.«

Mundo lächelte. »Verstanden.«

Nach den zwei Exkursionen zur Kraftstoffbeschaffung an diesem Tag verfügte der Verbund über vollgetankte Lastwagen und einen vollgepumpten Tankwagen. Die zweite Exkursion verlief ähnlich wie die erste, nur, dass keine Handgranate geworfen wurde und es keinen Brand gab. Trotzdem war danach eine Bauernfamilie tot und der Treibstoff für ihre Farm gestohlen. Den Mitgliedern des Verbunds machte das nichts aus. Eine Spur von Leichen zu hinterlassen, war ihnen nichts Neues. Es war etwas Alltägliches.

Hatte ein Tornado Skrupel wegen der Häuser, die er zerstörte? Hatten Heuschrecken ein schlechtes Gewissen, weil sie Ernten dezimierten? Hatten Kojoten Schuldgefühle wegen der Kälber, die sie fraßen? Der Verbund sah sich nicht viel anders. Raubtiere entwickelten sich ganz natürlich aus den gegebenen Umständen heraus. Sie waren so unvermeidlich wie Regen. Eine so unausweichliche Naturgewalt wie der Tod selbst.

»Ihr habt eure Sache alle gutgemacht«, sagte Thomas. »Wir haben Lebensmittel, Kraftstoff und für ein paar Nächte einen warmen Ort zum Schlafen. Ihr habt euch ein bisschen Spaß verdient.«

Die Männer jubelten. Ihre Anstrengungen wurden immer belohnt, und das war etwas, das ihnen an ihrem Anführer gefiel. Auf diese Art sicherte Thomas sich die Loyalität und den Gehorsam des Verbunds.

»Morgen schicken wir ein Team los. Es wird in Chillicothe auf die Jagd gehen und Geschenke besorgen. Drei Laster. Wir ziehen wieder Streichhölzer. Wer ein abgeknicktes zieht, bleibt hier und hält Wache.«

»Warum können wir nicht alle fahren?«, fragte Mundo. »Wir könnten einfach weiterfahren und unser Lager in Chillicothe aufschlagen. Wir können tun, wozu wir Bock haben, bis uns die Stadt zum Hals raushängt. Wir sahnen sie ab und fahren dann weiter. Warum müssen wir hier am Arsch der Welt bleiben?«

»Du denkst nicht nach«, stellte Thomas fest. »In Städten gibt’s Versorgungsmittel. Aber was gibt es da außerdem?«

»Menschen«, sagte Lawdog und warf Mundo einen selbstzufriedenen Blick zu.

Thomas zeigte bestätigend auf Lawdog wie ein Lehrer auf einen klugen Schüler. »Ganz genau. Die werden wie verhungernde Hunde hinter uns her sein und versuchen, unsere Sachen zu stehlen. Wir würden andauernd aufpassen müssen, dass uns niemand einen Hinterhalt legt oder dass uns kein Scharfschütze aus einem Fenster abknallt. Außerdem gibt’s da wahrscheinlich auch andere Gangs – Bullen, Biker und Zuhälter.«

»Es gibt keine härtere Gang als unsere«, sagte ein Mann. »Der Verbund ist allen überlegen.«

Thomas lächelte. »Da stimme ich dir zu, Nudel, aber falls die uns im falschen Augenblick erwischen, könnten wir Leute verlieren. Das will niemand. Der Verbund ist cleverer als alle anderen. Deshalb bleiben wir bestehen und die anderen nicht.«

»Welche Priorität hat die Mission morgen?«, fragte Lawdog. »Brauchen wir außer Geschenken noch irgendwas Bestimmtes?«

»Unsere Erste-Hilfe-Sachen haben wir hier aufstocken können«, sagte Thomas. »Ich hatte Landwirtschaftsbedarf nie für eine Apotheke gehalten, aber das ist es, nur für Tiere. Eine Pferdebandage funktioniert genauso gut an einem Menschen. Einige von den Antibiotika sind dieselben. Die antibakteriellen Salben sind die gleichen. Davon haben wir also genug. Munition können wir immer gebrauchen. Haltbare Lebensmittel. Hygieneartikel. Ersatzreifen für die Laster.«

Ein Mann, den sie Cold Case nannten, meldete sich zu Wort. Er war einer der zwei Mechaniker unter ihnen. »Die Wagen werden immer schwerer. Das ist was, das wir im Auge behalten müssen. Es wäre hilfreich, wenn wir das Gewicht in Grenzen halten könnten.«

»Hast du irgendwelche Vorschläge?«, fragte Thomas.

»Haltet nach leichten Werkzeugen wie Wagenhebern und Spannern aus Aluminium Ausschau. Überlegt es euch zweimal, ehe ihr irgendwelchen schweren Scheiß anschleppt, den ihr nicht wirklich braucht. Vielleicht wäre es eine gute Idee, noch ein paar Anhänger zu organisieren. Wir sind jetzt so weit, dass wir Gewicht leichter ziehen als auf den Lastern transportieren können.«

»Ihr habt ihn gehört«, sagte Thomas. »Haltet Ausschau nach Anhängern. Ein paar von diesen geschlossenen Anhängern, wie Baufirmen sie benutzen, wären ideal.«

»Oder diese geschlossenen Anhänger, in denen die Leute Rennwagen transportieren«, schlug Lawdog vor. »Ich werde es auf unsere Liste setzen.«

Mundo grinste. »Die Dinger wären ideal, um die Geschenke herzubringen.«

»Also du möchtest wirklich, dass wir Geschenke mitbringen?«, fragte Lawdog. Ohne eine klare Aussage vom Boss nahm er nichts als gegeben an.

»Ihr habt es euch verdient«, sagte Thomas. »Nicht mehr als eine Frau pro Mann. Wir wollen uns nicht mit einem Aufstand herumschlagen müssen.«

»Und keine Schafe, Mundo«, sagte Lawdog grinsend.

Mundo schnappte sich einen Sack Grassamen von einer Palette und warf ihn auf Lawdog. Er fing ihn, wurde von dem Gewicht aber umgerissen. Die anderen Männer lachten. Diese zwei teilten ständig Seitenhiebe gegeneinander aus, aber das war nicht ernst gemeint.

»Immer mit der Ruhe«, sagte Thomas. »Ihr werdet eure Kraft für morgen brauchen. Spart euch alles andere für den Feind auf.«

Lawdog stieß den Sack von sich herunter und setzte sich hin. Er zeigte Mundo den Stinkefinger.

»Sucht euch drei Laster aus und räumt alles raus, das nicht unbedingt mit muss. Ich will, dass das noch vor dem Abendessen geschieht, weil das Team vor der Morgendämmerung aufbrechen muss. Es wird früh dunkel, und ich will, dass ihr vor der Dunkelheit wieder aus der Stadt raus seid.«

»Was ist mit Alkohol, T?«, fragte Mundo.

»Was soll damit sein?«

»Können wir ihn herbringen, falls wir welchen finden?«

Thomas antwortete geduldig. »Mann, das haben wir schon zigmal besprochen und ich dachte, ich hätte mich klar ausgedrückt. Ihr könnt so viel kiffen, wie ihr wollt – ist mir vollkommen egal. Seid den ganzen Tag lang high, wenn ihr wollt, aber in meinem Lager wird es keinen Alk geben.«

»Man kann auch was trinken, ohne sich zu besaufen«, stellte Mundo fest.

»Ja, aber wie oft sagt einer, der was trinkt: Ach, ein Drink mehr geht noch?«, sagte Thomas. »Und dann trinkt er noch einen und noch einen, bis er besoffen umkippt. Ein Mann trinkt auch nicht gern allein, weshalb er immer mit seinen Kumpeln säuft. Und dann hat man das ganze Lager voll mit besoffenen Kerlen, die sich nicht verteidigen können. Ich komme euch immer zu Hilfe und ihr mir besser auch. Wenn du betrunken bist, kannst du das nicht. Wenn dir das Trinken derartig wichtig ist, ist hier kein Platz für dich.«

Mundo seufzte laut und sah zurechtgewiesen zu Boden. Es war jedes Mal er, der das Thema anschnitt, weil er das Trinken mehr als alles andere aus dem alten Alltag vermisste. Einige der Männer beschwerten sich, weil ihnen bestimmtes Essen fehlte, Videospiele oder in die Bar zu gehen. Mundo war das egal. Mundo fehlte das Trinken und Thomas gab keinerlei Anzeichen von sich, dass er seinen Standpunkt ändern würde.

Da Thomas merkte, dass Mundo zwar nichts mehr erwiderte, sich aber nicht klar geschlagen gab, wandte er sich noch mal an ihn. »Alles in Ordnung, Mundo? Du verstehst die Regeln doch, oder?«

»Ja, T.«

»Das hoffe ich. Welche Strafe steht auf das Betrunkensein?« Thomas wusste, dass alle die Antwort kannten, aber er wollte es sie sagen hören. Er wollte, dass Mundo es noch mal hörte.

»Man wird totgeprügelt«, sagten mehrere Männer.

»Von wem?«, fragte Thomas.

»Von allen«, sagte Lawdog. »Weil man alle in Gefahr gebracht hat.«

Thomas lächelte. »Genau. Und ich muss ja nicht extra erwähnen, dass wir in diesem Raum ein paar ziemlich starke Kerle haben. Von dieser Gruppe totgeprügelt zu werden, wird ziemlich wehtun. Habt ihr mich verstanden?«

Thomas freute sich, dass selbst Mundo jetzt kapiert hatte und mit den anderen nickte. »Prima. Und was gibt’s heute Abend zu essen?«

»Schisch Kebab, Backkartoffeln, gegrilltes Gemüse und Makkaroni mit Käsesoße«, verkündete Buddha Boy.

»Verdammt.« Thomas grinste. »Das klingt saugut. Ihr macht euch jetzt besser an die Arbeit. Je eher ihr fertig seid, desto eher können wir alle essen.«

Thomas’ Strategie zu verkünden, was es zum Abendessen gab, hatte den gewünschten Erfolg. Hunger motivierte die Männer und sie stürzten sich auf ihre Aufgaben. Hätte er ihnen erlaubt, ihre Arbeiten bis nach dem Essen zu verschieben, hätte alles doppelt so lange gedauert. Er stellte auch amüsiert fest, dass diese Taktik bei ihm selbst funktionierte. Nachdem Thomas gehört hatte, was auf sie wartete, wenn die Lastwagen ausgeräumt waren, half er seinen Männern beim Entladen.

Kapitel 4

Die Strategie, die sie in Chillicothe anwandten, war dieselbe, die sie in Columbus und mehreren kleinen Städten entlang ihrer Route verwendet hatten. Die drei Lastwagen fuhren in dichtem Konvoi und nicht schneller als 50 km/h, nachdem sie die bewohnten Gebiete der Stadt erreicht hatten. In jedem Fahrzeug saßen sechs Männer; ein Fahrer und ein Navigator vorn in der Kabine, und vier bewaffnete Männer auf der Ladefläche. Die khakifarbenen Planen, die normalerweise die Ladefläche schützten, waren abgenommen worden, damit die Schützen die Umgebung im Visier hatten. Einer der Lastwagen zog einen Viehanhänger – ein neues Fundstück, das sie auf dem Weg in die Stadt mitgenommen hatten.

In Toledo hatten sie eine andere Strategie verfolgt und aus der Erfahrung gelernt. Dort hatten sie sich dafür entschieden, den Einwohnern keine Angst einzujagen. Sie waren durch die Stadt gefahren und hatten nach den Gütern gesucht, die sie brauchten. Sie wirkten nicht bedrohlich und vermieden es, zu schießen. Diese »nette und sanfte« Taktik hatte sie fast umgebracht. Mitglieder von Gangs hatten ihre Fahrzeuge bemerkt und korrekt angenommen, dass sich darin alle möglichen guten Sachen befanden. Vielleicht vermuteten sie sogar, dass die Verbundsoldaten ein Hilfskonvoi waren und den Menschen helfen wollten. Jedenfalls hatten die Einwohner den Konvoi umzingelt und sie dazu gezwungen, sich aus der Stadt herauszukämpfen.

Sie hatten zwei Lastwagen verloren, die sie seitdem wieder ersetzt hatten. Sie hatten drei Männer verloren, die sie nicht hatten ersetzen können. Der Verbund konnte nicht einfach jedem erlauben, der Organisation beizutreten. Man musste mit den richtigen Empfehlungen kommen – beim Militär und in einer Gang gewesen sein –, und es war nicht gerade so, dass sie Bewerbungsschreiben annahmen.

Dort hatten sie eine Lektion gelernt. Sie begriffen, dass es besser war, eine kleine bewegliche Truppe Kämpfer loszuschicken, als ihren gesamten Konvoi der Mission zu verschreiben. Die kleinen Teams suchten nach Versorgungsmitteln, plünderten und brachten manchmal Frauen zur Unterhaltung mit zurück. Der Großteil des Konvois fuhr jetzt nicht mehr durch die Städte hindurch. Sie schlugen ihr Lager am Stadtrand auf und überfielen die Ortschaften von dort aus. Wenn sie weiterfuhren, hielten sie sich an die Umgehungsstraßen oder nahmen Nebenstraßen, die um die Stadt herumführten.

Außerdem hatten sie gelernt, dass es nichts Gutes mit sich brachte, wenn sie versuchten, ein friedfertiges Image zu projizieren. Sie fanden keinen Vorteil in dem Versuch, sich nicht bedrohlich zu geben. Wenn sie in die Stadt einfuhren, betonten sie ihre Gefährlichkeit, sosehr sie konnten. Sie verschwendeten keine Munition daran, auf Fenster, Autos und Schilder zu schießen. Sie setzten sie gegen Menschen ein. Wenn man das Pech hatte, gerade unterwegs zu sein, wenn der Verbund die Stadt erreichte, starb man wahrscheinlich, nur um als abschreckendes Beispiel zu dienen.

Die einzige Ausnahme war, wenn man eine attraktive Frau war, die es wert war, zur After-Show-Party eingeladen zu werden. Diese Einladung bis zum Ende des Einsatzes per Handfesseln und einem Sack über dem Kopf ausgeteilt. Jeder andere, der auf der Straße war, im Garten arbeitete, nach etwas Essen suchte oder sich sonst um seine eigenen Angelegenheiten kümmerte, wurde meist erschossen.

Dies hatte sich nach Toledo als vernünftige Taktik etabliert. Wenn sie in die Stadt einfuhren, waren sie die Schlimmsten der Schlimmen. Sie waren niemand, mit dem man sich anlegen wollte. Sie waren keine Durchreisenden, die man ausrauben, deren Fahrzeuge man stehlen oder die man beschießen sollte. Das Sicherste, was man tun konnte, war wegzurennen. Wenn man nicht weglaufen konnte, vergrub man sich besser in einem tiefen Loch und blieb dort sitzen, bis sie weg waren.

In Chillicothe fuhren sie zuerst zu einem Einkaufszentrum am Stadtrand. In jeder Stadt herrschten andere Umstände, aber sie hatten gemerkt, dass die Einkaufszentren, die weiter von den Wohngegenden entfernt lagen, nicht so stark ausgeplündert waren wie die in den dichter besiedelten Gegenden. In diesem gab es weder einen Supermarkt noch eine Tankstelle – die Geschäfte, die die Menschen jetzt am meisten interessierten. Sie fuhren mit ihren Lastwagen auf einen zentral gelegenen Parkplatz und stellten sie nebeneinander ab. Ein einziger Mann wurde dazu abbestellt, die Fahrzeuge zu bewachen.

»Du kennst das Spielchen ja«, sagte Lawdog. »Wenn du uns brauchst, gibst du einen Schuss ab. Lass die Laster unter keinen Umständen unbewacht.«

»Oh Mann, wieso muss ich hierbleiben und die bewachen?«, beschwerte Joker sich.

»Weil du für nichts anderes gut bist«, stichelte Mundo.

»Ja, fick dich«, sagte Joker.

»Maul halten und zuhören«, knurrte Lawdog. »Wir teilen uns den Lastwagen-Teams entsprechend auf. Haltet euch dicht bei eurem Team. Mein Team wird sich die Restaurants vornehmen und sehen, ob wir was Essbares zusammenkratzen können. Skitzo führt das zweite Team an. Ihr seht euch in dem Sportgeschäft und dem Kaufhaus daneben um. Das dritte Team ist Droopys. Ihr Jungs nehmt euch die Drogerie vor. Falls die schon ausgeräumt ist, geht ihr zu dem Baumarkt. Wir brauchen große, wasserdichte Spinde, in denen wir Sachen verstauen können. Wir können nicht damit weitermachen, alles in die Wagen zu schmeißen, als wären die Schränke. Wir brauchen ein bisschen Ordnung. Hat noch jemand Fragen?«

»Und wir sollen das alles hierher zu den Lastern zurückschleppen?«, fragte Droopy. »Warum können wir nicht einfach mit unseren Wagen vorfahren?«

»Weil wir das nicht auf die Art machen«, sagte Lawdog. »Wir lassen die verdammten Trucks hier stehen. Wenn ihr jede Menge Zeug findet, das wir brauchen, dann stellt das vorn raus und einen Wachposten daneben. Wir sammeln alles ein, wenn wir fertig sind.«

»Er hat nur keinen Bock, so weit zu gehen«, sagte Mundo. »Jetzt im hohen Alter wird er faul.«

»Ich zeig dir, wie’s im hohen Alter ist, wenn ich deinen Arsch quer über den Parkplatz trete«, warnte Droopy.

Mundo lachte und Droopy stürzte sich auf ihn. Mundo wand sich aus seinem Griff heraus und wich ihm aus.

»Bewegt euch«, sagte Lawdog. »Ihr Idioten verschwendet Zeit.«

Die Teams zogen los. Die Männer zupften die Ausrüstung und Kleidung zurecht, die sich während der Fahrt verschoben hatte. Lawdog und Mundo waren im selben Team. Mundo ging so energiegeladen, wie sich keiner der anderen Männer fühlte, als würde er einen halben Meter über dem Boden schweben. Er benahm sich immer, als hätte er Aufputschmittel genommen, aber so war er einfach.

»Pass bloß auf, wie du mit Droopy umspringst«, warnte Lawdog. »Irgendwann schnappt er dich und mischt dich auf. Er wird dich wie eine Zahnpastatube ausdrücken und dir alles Gedärm rausquetschen.«

»Ach, wir haben nur Spaß gemacht«, sagte Mundo.

»Du hast nur Spaß gemacht. Typen wie Droopy machen nie Spaß. Er nimmt immer alles ernst. Wenn er dich in die Finger kriegt, bist du vielleicht tot.«

»Wenn er mich in die Finger kriegt, hofft er besser, dass ich schon tot bin.«

Lawdog lachte. Mundo würde es nie lernen. Eines Tages würde er sich den Falschen aussuchen und den Preis dafür zahlen. Da Joker, der die Wagen bewachte, zu ihrem Team gehörte, bestand Lawdogs Gruppe im Gegensatz zu den anderen sechsköpfigen Teams nur aus fünf Männern. Sie würden sich ein paar der Schnellrestaurants vornehmen und sehen, was sie finden konnten. Sie erwarteten nicht, eine noch funktionierende Gefriertruhe voller Steaks oder einen dampfenden Teller mit Mozzarella überbackenem Brot zu finden, aber vielleicht gab es anderes, das sie brauchen konnten.

Die meisten Menschen, die Restaurants plünderten, hatten es auf Konservenbüchsen abgesehen, aber es gab andere Dinge, die eine so große Gruppe wie der Verbund brauchen konnte. Sie fanden Packungen mit Tortillas und Kartoffelchips, Senf und Ketchup, Gläser mit Oliven und sauren Gurken und sonnengetrockneten Tomaten. Manchmal standen in Lagerräumen noch Kartons voller Pasta und Minutennudeln. Wenn dem Restaurant eine Bar angeschlossen war, fanden sie oft etwas, das Bier und Alkohol plündernde Leute übersehen hatten – beispielsweise diese winzigen Saftdosen, mit denen Cocktails gemacht wurden. Das waren keine Lebensmittel, von denen die Männer sich ernähren konnten, aber das Essen ließ sich damit würzen.

Sie machten sich auf den Weg zur Eingangstür eines etwas besseren Kettenrestaurants. Die Männer waren zuerst sehr vorsichtig gewesen, aber alles war wie ausgestorben. Sie hatten niemanden gesehen und nichts gehört. Der Parkplatz war einigermaßen sauber und es gab nicht viele eingeschlagene Fenster. Es war wie an einem frühen Sonntagmorgen in der alten Zeit, in den stillen Stunden, bevor die Geschäfte aufmachten und die Kunden hereinströmten.

»Hast du in einem von diesen mal gegessen?«, fragte Mundo.

»Von meinem Gehalt bei der Armee?«, schnaubte Lawdog. »Das meinst du nicht ernst.«

»Nee«, sagte Mundo. Er kam als Erster bei der Tür an und streckte die Hand aus. Er zog am Türgriff und war nicht überrascht, dass sie abgeschlossen war. Mundo entging dabei allerdings etwas: Ein leichtes Rasseln, das Lawdog auffiel.

Lawdog drückte sein Gesicht an die Glastür und sah nach unten. Er machte einen großen Schritt zurück und schubste Mundo zur Seite, von der Tür weg. Er drehte sich armschwenkend zu seinen Männern um. »Geht in Deckung«, zischte er.

He-Man, Wolfie und Jawbone verstanden und drückten sich an die breiten Steinpfosten, die die Gehwegüberdachung stützten.

»Was ist?«, wollte Mundo wissen.

Lawdog sah ihn missbilligend an und bedeutete ihm mit einer Handbewegung, dass er nicht so laut sprechen sollte.

»Was ist?«, fragte Mundo ein bisschen leiser.

»Die Tür ist von innen mit einer Kette gesichert. Es könnten Leute drin sein.«

»Wolfie, He-Man – lauft ihr nach hinten. Sucht den Hintereingang und behaltet ihn im Auge. Ich schau mal, ob ich die raustreiben kann«, sagte Mundo.

Die beiden Männer liefen los. Das Geräusch ihrer Stiefel hallte von den harten Wänden wider.

»Du hast also anscheinend einen Plan?«, fragte Lawdog.

»Hab ich«, antwortete Mundo.

»Und du bist von diesem Plan so überzeugt, dass du es nicht für notwendig hältst, ihn mir zumindest mitzuteilen?«

»Ich hab das im Griff.«

Lawdog musterte ihn zweifelnd. »Ich gibt es in einem Team nicht.«

Mundo musste über die abfällige Bemerkung grinsen.

»Wir haben Position bezogen, Mundo«, kam eine Stimme aus dem Funkgerät.

»Was ist dein Plan?«, fragte Lawdog.

»Sieh zu und lerne, Jungchen«, antwortete Mundo. »Sieh zu und lerne.« Mundo ließ sein Gewehr am Trageriemen baumeln und ging in ein paar Schritten zu einem schweren Mülleimer aus Stahl hinüber. Er kippelte ihn hin und her, bis er eine Hand darunterschieben konnte, hob ihn über seinen Kopf und rannte auf das Restaurant zu. Mit einem angestrengten Grunzen warf er den Abfalleimer durch das Schaufenster.

Lawdog hielt sich schützend den Unterarm vors Gesicht, aber das war unnötig. Das Sicherheitsglas zerfiel in einen Regen aus winzigen Glaskrümeln und der Mülleimer rollte laut über die Bodenfliesen des Restaurants.

Mundo grinste seinen Kumpel an. »Bist du beeindruckt?«

Lawdog verdrehte die Augen. »Das nennst du einen Plan? Jeder Idiot hätte das machen können.«

Mundo tippte sich an die Stirn. »Strategisch denken, Mann. Ist dir aufgefallen, wie viel Lärm das gemacht hat?«

»Ja, wie hätte ich es verpassen können?«

Hinter dem Restaurant ertönte ein Schuss, dann noch einer. Die mussten von ihren Männern kommen. Sie konnten die Schüsse sowohl durch das zerbrochene Fenster, wie auch von den Gebäuden des Einkaufszentrums widerhallen hören.

Droopys tiefe Stimme drang aus dem Funkgerät. »Alles in Ordnung bei euch?« Sein Team musste die Schüsse gehört haben.

Grinsend hob Mundo sein Funkgerät an den Mund. »Hier ist alles super, glaube ich, Droopy. Wolfie? He-Man? Alles okay?«

»Hier ist alles gut«, antwortete He-Man. »Wir halten drei Frauen fest. Haben einen Mann außer Gefecht gesetzt. Sie kamen aus dem Hintereingang raus.«

»Verdammt, ihr seid uns voraus. Wir haben noch niemanden gefunden. Ende«, sagte Droopy.

Mundo nickte Lawdog zu. »Hörst du das? Hab dir doch gesagt, dass ich einen Plan hatte. Ich hab diese Arschlöcher zur Hintertür raus und in unsere Falle getrieben. Hab sie alle rausgescheucht.«

»Ganz toll«, sagte Lawdog. Er stieg durchs Fenster. Unter seinen Stiefelsohlen knirschten die Scherben.