Maddrax 312 - Oliver Fröhlich - E-Book

Maddrax 312 E-Book

Oliver Fröhlich

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Beschreibung

Was der Streiter allein durch seine Annäherung auf dem Mars angerichtet hat, wird auch - und das noch viel schlimmer - auf der Erde geschehen. Verzweifelt ringt man um Zeit und Abwehrmaßnahmen, doch beim Flächenräumer gibt es neue Probleme. Während die AKINA dem Streiter entgegenfliegt, um eine Forschungssonde abzusetzen, streckt der Streiter bereits seine Fühler aus - und findet Echos über die Erde verteilt, die die Signatur des Wandlers aufweisen. Grao'sil'aana ist eines dieser Echos ...

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EPUB
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Seitenzahl: 151

Veröffentlichungsjahr: 2012

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Inhalt

Cover

Impressum

Was bisher geschah

Die dunkelste Stunde

Leserseite

Datenblatt Risszeichnung

Zeittafel

Cartoon

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige E-Book-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2015 by Bastei Lübbe AG, Köln

Verlagsleiter Romanhefte: Dr. Florian Marzin

Verantwortlich für den Inhalt

Lektorat: Michael Schönenbröcher

Titelbild: Arndt Drechsler

Autor: Oliver Fröhlich

E-Book-Produktion: César Satz & Grafik GmbH, Köln

ISBN 978-3-8387-1488-2

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Am 8. Februar 2012 trifft der Komet „Christopher-Floyd“ die Erde. In der Folge verschiebt sich die Erdachse und ein Leichentuch aus Staub legt sich für Jahrhunderte um den Planeten. Nach der Eiszeit bevölkern Mutationen die Länder und die Menschheit ist – bis auf die Bunkerbewohner – auf rätselhafte Weise degeneriert. In dieses Szenario verschlägt es den Piloten Matthew Drax, dessen Staffel beim Einschlag durch ein Zeitphänomen ins Jahr 2516 gerät. Nach dem Absturz wird er von Barbaren gerettet, die ihn „Maddrax“ nennen. Zusammen mit der telepathisch begabten Kriegerin Aruula findet er heraus, dass Außerirdische mit dem Kometen – dem Wandler – zur Erde gelangt sind und schuld an der veränderten Flora und Fauna sind. Nach langen Kämpfen mit den Daa’muren und Matts Abstecher zum Mars entpuppt sich der Wandler als lebendes Wesen, das jetzt erwacht, sein Dienervolk in die Schranken weist und weiterzieht. Es flieht vor einem kosmischen Jäger, dem Streiter, der bereits seine Spur zur Erde aufgenommen hat!

Matt und seine Gefährten können verhindern, dass ein aus Erdtiefen gefördertes Steinwesen zu unendlicher Macht gelangt und die Erde bedroht. Alle von dem Stein Beeinflussten erwachen aus seinem Bann. Doch bei dem Kampf stirbt Jennys und Matts gemeinsame Tochter Ann – durch Aruulas Hand. Es war ein Unfall, aber Matt ist fertig mit der Welt. Als alle anderen aufbrechen, bleiben er und Xij allein zurück. Xij, die in sich die Geister unzähliger früherer Leben trägt, ist todkrank. Matt setzt er seine ganze Hoffnung auf seine Hydritenfreunde Quart’ol und Gilam’esh. Auf der Suche nach ihnen bedient er sich eines Kampfanzugs und wütet von ihm beeinflusst unter friedlichen Hydriten. Mit einer Transportqualle erreichen sie Gilam’esh’gad, wo Matt von dem Anzug getrennt werden kann – und Xij sich an ihr erstes Leben als Manil’bud erinnert, Gilam’eshs Gefährtin. Trotzdem entscheidet sie sich für ein Leben als Mensch, in einem identischen Klonkörper, in den ihr Geist überwechselt.

Inzwischen wird die Burg von Matts Blutsbruder Rulfan von Exekutoren belagert. Meister Chan, der die Macht in Britana an sich reißen will, hilft ihm gegen die angeblichen Renegaten, die er selbst beauftragt hat, und gewinnt so Rulfans Vertrauen. Doch er hat nicht mit Xij gerechnet, die Rache nimmt für eine Vergewaltigung, die Chan einer ihrer früheren Existenzen antat.

Da entdecken die Marsianer, dass der Neptun am Rande des Sonnensystems an Masse verliert! Bedeutet das die Ankunft des Streiters? Man stellt den Magnetfeld-Konverter fertig und schickt ein Raumschiff zur Erde. Dort kontaktiert man Matt und richtet den Flächenräumer ein. Doch dann gibt es Probleme und man zieht Gilam’esh und Quar’tol sowie den Androiden Miki Takeo hinzu. Anschließend will Matt Aruula darum bitten, mit einem Telepathenzirkel Kontakt zum Streiter aufzunehmen, doch sie erweist sich als erbitterter Feind. Matt ahnt nicht, dass es der Daa’mure Grao ist, der sich als Aruula zur Königin der 13 Inseln aufgeschwungen hat …

Die dunkelste Stunde

von Oliver Fröhlich

Er scherte sich nicht darum, welche Wellenlängen Planeten absorbierten und welche sie reflektierten. Es kümmerte ihn nicht, dass der letzte, den er passiert hatte, rötlich gefärbt war, und der, auf den er zusteuerte, vorwiegend blau. Ihn interessierte nur, dass dort Beute wartete. Noch trennte sie eine gewaltige Distanz voneinander, aber das spielte keine Rolle. Er verringerte weiter die Geschwindigkeit, streckte seine Sinne nach dem Wandler aus, tastete den Planeten ab – und fühlte nichts! Die Beute verbarg sich vor ihm, wie schon so oft. Doch das würde ihr nichts nützen, denn sie versteckte sich nicht gut genug. Vereinzelt erspürte er winzige, dem Wandler verwandte Signaturen.

Der Streiter wählte eine davon aus und nahm Kontakt auf.

Las Vegas

Das SEESAWS PALLAS platzte aus allen Nähten. Davy Cooper, der Boss des Ladens, hatte sogar noch zusätzliche Tische aufstellen lassen, um dem Besucherandrang gerecht zu werden.

„Die Zufriedenheit meiner Gäste ist mein Lebenselixier!“, rief er stets ins Publikum, bevor er die Bühne für den Künstler freigab, begleitet von dem Gejohle der Menschen. Dabei strahlten die dunklen Augen unter seinen buschigen, zusammengewachsenen Brauen vor Begeisterung, als würde er jedes Wort auch so meinen.

Ozzy glaubte, dass Davy sich in Wirklichkeit viel mehr für die Tzipps interessierte, die ihm die Besucher in die Kasse spülten. Und er hätte sicher noch etliche Tische mehr aufgestellt, doch dafür reichte selbst im SEASAWS PALLAS der Platz nicht aus.

Das Gebäude hatte Ozzy als Kind stets an eine Mauer mit Wachhäuschen darauf erinnert – so gigantisch, dass die Götter sie errichtet haben mussten. Jeden zweiten Abend traten Künstler auf, die an die legendären Zeiten vor Kristofluu erinnern sollten. Tchair, Frenksy Natra, Rotz Tjuart – und wie sie alle hießen. Doch keiner von ihnen wies auch nur die geringste Ähnlichkeit mit den Originalen auf, die man in der Galerie des Collosiums bewundern konnte.

Doch dann war plötzlich Seliin erschienen. Die göttliche Seliin. Und sie hatte die Leute verzaubert.

Man erzählte sich, dass sie dem Original wie aus dem Gesicht geschnitten war. Ozzy hatte das stets für übertrieben gehalten. Bis heute, da er sie das erste Mal sah!

Hinter ihr auf der Bühne hing ein riesiges Bild, das die Künstlerin aus der Zeit vor dem Kometen zeigte. Ozzy musste sich eingestehen, dass er sich geirrt hatte. Seliin sah dieser Frau nicht nur ähnlich, sie war diese Frau!

Niemand wusste, woher sie gekommen war. Jede Show begann sie mit der Erklärung, dass sie hier gestrandet sei, zurückgelassen von ihrem Gott. „Was bleibt mir also, als mich selbst vergöttern zu lassen?“

Auch wenn keiner verstand, was sie damit sagen wollte, jubelte das Publikum voller Inbrunst, verstummte aber schlagartig, sobald sie den ersten Ton sang.

Der Stern namens Seliin überstrahlte alle anderen Künstler, und ihre Shows wurden so bekannt, dass Davy Cooper horrende Eintrittspreise verlangen konnte. Auch Ozzy hatte eisern gespart, bis er endlich die nötigen Tzipps beisammen hatte.

Während er nun an seinem Tisch saß, sich an einem Butt festhielt und mit dem Fuß den Takt auf dem von Sägespänen bedeckten Boden mittippte, musste er zugeben, dass es das wert war. Seliin stellte jeden in den Schatten, der je in Vegas aufgetreten war.

Ozzy sah Davy Cooper an einer Säule neben der Bühne lehnen und zufrieden grinsen. Vermutlich zählte er im Geist die Einnahmen.

Seliin wirkte, als würde sie gleich in Tränen ausbrechen, so viel Gefühl legte sie in ihre Lieder.

„Far across the distance“, sang sie.

„And spaces between us

you have come

to show you go on.“

Doch plötzlich brach sie ab.

Im ersten Augenblick glaubte das Publikum, der Aussetzer gehöre zur Show, und sang die folgenden Zeilen einfach selbst. Aber als es den verwirrten Ausdruck in Seliins Gesicht bemerkte, begriff es, dass etwas nicht in Ordnung war.

Ihre Züge … zerflossen.

Ozzy fiel kein besseres Wort für das ein, was sich auf der Bühne abspielte. Die Sängerin wirkte wie eine schmelzende Kerze. Ihre Miene verwandelte sich in eine ebene Fläche, in der es aber weiter arbeitete. Die Kleidung verwuchs mit ihrem Körper, veränderte sich wie ihr Gesicht.

Und dann stand da oben nicht mehr Seliin, sondern ein … grünblau schimmerndes Echsenwesen mit Brüsten!

Ozzy wurde bewusst, dass gleich etwas Schreckliches geschehen würde. Er wollte aufspringen und hinausrennen, aber er konnte sich nicht rühren. Der Schock hatte ihn versteinert.

Nach und nach verstummten die Zuschauer. Einen absurden Augenblick lang sang nur noch ein einzelner Mann; falsch, laut und im Alkoholüberschwang. Als endlich auch er begriff, stürzte seine Stimme ab und verendete in einem kläglichen Krächzen.

Dann herrschte Ruhe. Sekundenlang war nicht einmal mehr ein Räuspern oder Füßescharren zu hören. Bis Davy Cooper brüllte: „Wer bist du und was hast du mit Seliin gemacht?“

Ozzy erschien die Fragestellung reichlich dämlich. Besser hätte sie lauten müssen: Was bist du?

„Der Oqualun1) ist nicht hier!“, brüllte das Ding, das einst Seliin gewesen war, mit veränderter Stimme ins Publikum. Dann stieß es sich ab und flog auf Davy Cooper zu. Der war so perplex, dass er nicht ausweichen konnte. Die Kreatur begrub den Chef des SEESAWS PALLAS unter sich, packte seinen Kopf mit beiden Händen und drehte ihm das Gesicht ohne erkennbare Anstrengung auf den Rücken.

Im nächsten Augenblick brach Panik aus! Alle schrien, sprangen auf, liefen ungeordnet durcheinander.

Renn!, brüllte sich Ozzy innerlich zu, doch er vermochte die Augen nicht von dem Gestaltwandler zu lösen, der von Coopers Leiche aufsprang und nun wieder die Erscheinung Seliins annahm. Sie wühlte sich mit unmenschlicher Kraft durch die Tischreihen. Stühle und Gläser flogen umher, genauso wie menschliche Körper.

Von hinten kam ein Mann angerannt. Er hielt ein langes Messer erhoben. Hätte er kurz vor dem Zustoßen nicht einen Kampfschrei ausgestoßen, hätte der Gestaltwandler ihn vielleicht nicht bemerkt. So jedoch fuhr er herum und packte den Messerarm des Angreifers am Handgelenk.

Dennoch konnte er nicht verhindern, dass ihm die Klinge in die Schulter drang. Augenblicklich zerfloss Selinns Gestalt wieder zu der des Echsenwesens.

Es quoll kein Blut aus der Wunde. Stattdessen schoss eine Dampfwolke wie unter hohem Druck hervor! Der Dampf hüllte die Kämpfenden für einen Augenblick ein. Als er sich verzog, sah Ozzy Blut. Viel Blut. Die Kreatur hatte dem Mann das Messer bis zum Heft in die Brust gerammt.

Trotz all der Schrecken war Ozzy immer noch zu keiner Bewegung fähig. Selbst als der grünblau geschuppte Körper der Echse auf ihn zustapfte, verweigerten ihm seine Glieder den Dienst.

Doch dann blieb das Ding stehen. Zwei Meter entfernt, höchstens drei. Inmitten von zertrümmerten Tischen, Scherben und verdrehten Menschenleibern verharrte es, als müsse es überlegen, wie es hierher gekommen sei.

„Nein! Ich weiß es doch nicht!“, brüllte es. Und verwandelte sich zurück in Seliin; diesmal aber nur teilweise! Der Gesichtsausdruck des schönen Frauenkopfes auf dem schuppigen Echsenkörper zeigte Verwirrung. Und Schmerz.

Krallenbewehrte Pranken legten sich auf die Schläfen, während die Augen hervorzuquellen schienen. „Neiiiin!“, ließ ein Schrei die Luft erzittern. „Lass mich! Verschwinde aus meinem …“

Und damit explodierte der bizarre Körper und ließ vom SEESAWS PALLAS nichts übrig als einen tiefen Krater.

Antarktis, Flächenräumer

„So, Leute, der Sensor funktioniert wieder!“ Meinhart Steintrieb wuchtete seinen massigen Körper unter der Konsole des Mars-Shuttles hervor und stemmte sich hoch. „Jetzt kommt kein Arschbeißer …“

„Barschbeißer“, korrigierte Matthew Drax.

Xij grinste.

„Jetzt kommt keins von den dämlichen Viechern mehr unbemerkt an uns ran“, beendete Steintrieb den Satz. Er hüllte sich in eine dicke Winterjacke und schlug die Kapuze hoch. Glücklicherweise hatte er sie von Canduly Castle mitgebracht, denn die Thermokleidung an Bord des Shuttles war für den Körperbau der Marsianer ausgerichtet. „Dann will ich mal unten nachem Rechten seh’n. Der Miki braucht sicher meine Hilfe!“

Ein Schwall kalter Luft schwappte in das Shuttle, als Meinhart aus dem Schott sprang. Sie beobachteten, wie er zu der Röhre aus bionetischem Material ging, die in die Eisspalte führte, an deren Grund sich der Eingang zum Flächenräumer befand. Er winkte ihnen noch einmal zu, dann trat er in die Öffnung und ließ sich mittels Kontraktion des Röhrengewebes nach unten transportieren. Quart’ol und Gilam’esh hatten diese bizarre Abart eines Fahrstuhls installiert. Einmal mehr hoffte Matt, dass der massige Retrologe darin nicht stecken blieb.

Natürlich war das Ding gemütlicher, als an einer Strickleiter rauf und runter klettern zu müssen. Dennoch kam sich Matt jedes Mal so vor, als würde er verschluckt und durch eine Speiseröhre transportiert, wenn er es benutzte.

„Armer Miki Takeo“, sagte Xij, als Steintrieb verschwunden war.

Matthew Drax nickte nur mitfühlend. Steintrieb hatte an dem Androiden einen Narren gefressen. Ständig suchte er dessen Nähe und bombardierte ihn mit Fragen. Hätte Takeo nicht aus äußerst robustem Material bestanden, hätte Meinhart ihm sicher längst einige Löcher in den Bauch gefragt: Ob er fähig wäre, Hunger, Durst, Liebe, Schmerzen oder Kälte zu empfinden. Ob er sich eher als Mensch oder als Roboter fühlte. Ob er über eine Verdauung verfügte. Und so weiter, und so fort …

„Miki ist hart im Nehmen“, antwortete Matt. „Und das, obwohl er ihm nicht entkommen kann.“

Sie hatten den Androiden gemeinsam mit Steintrieb und den Hydriten zum Flächenräumer gebracht, um diesen wieder funktionsfähig zu machen und gegen den Streiter einsetzen zu können.

Obwohl inzwischen einige Wochen vergangen waren, seit Vogler, Clarice, Sinosi Gonzales und Mariann Braxton bei Canduly Castle aufgetaucht waren und ihm die schreckliche Nachricht überbracht hatten, saß der Schock noch immer tief in Matts Knochen.

Der Streiter kommt!

Drei Wörter nur. Doch sie konnten das Ende der Welt bedeuten.

Jahrelang hatte die Angst vor diesem Augenblick den Mann aus der Vergangenheit belastet, doch im Hinterkopf hatte ihm stets ein kleines Stimmchen namens Optimismus zugeflüstert, dass bis dahin genauso gut Jahrhunderte oder Jahrtausende vergehen konnten.

Nun war das Stimmchen verstummt.

Matt ließ den Blick über die Eiswüste gleiten. Kaum etwas deutete darauf hin, dass sich an diesem trostlosen Ort ihre größte – ihre einzige! – Hoffnung befand, den nahenden kosmischen Feind zu besiegen. Nur das Shuttle und der kuppelförmige Magnetfeldkonverter ließen erahnen, dass unter dem Eis eine gewaltige hydritische Waffe ruhte. Jahrtausende alt und leider nicht in dem erhofften Zustand, in dem sie dem Streiter gefährlich werden könnte.

Das größte Problem war, dass Matt vor gut drei Jahren unter Zwang einen Schuss ausgelöst und die Waffe damit entladen hatte.

Es war in der Geschichte des Flächenräumers erst der zweite Einsatz überhaupt gewesen. Der erste Probeschuss der Anlage vor zehntausend Jahren hatte ganz in der Nähe eine Hohlwelt in den Erdmantel gestanzt – und den Hydriten vor Augen geführt, welch furchtbare Waffe sie da entwickelt hatten.

Das Sanktuarium. Mit einem leichten Schaudern dachte Matt an diese Biosphäre aus einer weit entfernten Zukunft, in der sich bis heute die bizarrsten Lebewesen tummelten. Als die Clarkisten vor einigen Jahrhunderten den Hohlraum im Fels der Antarktis anbohrten, waren einige dieser Geschöpfe daraus entkommen.2) Wie zum Beispiel die Barschbeißer.

Zwar lud sich der Flächenräumer an den Magnetfeldlinien der Erde selbständig wieder auf; da sie sich durch den Kometeneinschlag vor über fünfhundert Jahren jedoch verschoben hatten, dauerte das inzwischen Ewigkeiten! Der auf dem Mars entwickelte und gebaute Konverter sollte die Magnetfelder umleiten und in die Energiewaben einspeisen. Doch das würde ihnen nichts nutzen, wenn sich die Anlage nicht steuern ließ.

„Worüber grübelst du?“, fragte Xij Hamlet.

„Über die Ironie des Schicksals. Wäre der Wandler damals nicht auf die Erde gestürzt und hätte damit nicht ihre Achse verschoben, würden wir heute über eine funktionierende Waffe verfügen, um seinen Verfolger zu vernichten – der gar nicht auf dem Weg zur Erde wäre, wenn der Wandler hier nicht gelandet wäre.“

Xij brummte zustimmend und fügte dann hinzu: „Und das, obwohl der Wandler schon längst nicht mehr hier ist und der Streiter sich den Weg eigentlich sparen könnte … Wer denkt sich solche kosmischen Scherze eigentlich aus?“

Das Problem der verlangsamten Aufladung hatten sie mit dem Magnetfeldkonverter inzwischen gelöst, doch die Zieloptik des Flächenräumers war ohne das bionetische Wesen, das ihn bis vor kurzem noch bedient hatte, nutzlos. Es war Miki Takeos Job, den Koordinator möglichst vollständig zu ersetzen. Die marsianischen Computer waren zuvor daran gescheitert und durchgebrannt. Ihre ganze Hoffnung ruhte nun auf dem Androiden, dessen neuronales Netz Quart’ol und Gilam’esh an die Steuerung der Anlage angeschlossen hatten.

Trotzdem und bei allem Optimismus: Wie lange es letztlich dauern würde, den Flächenräumer schussbereit zu machen, stand in den Sternen. Ohne den Koordinator arbeitete er nicht annähernd so störungsfrei wie erhofft.

Der Anblick des Androiden mit dem bionetischen Verbindungskabel an einer Schnittstelle im Nacken rief bei Matt jedes Mal unangenehme Erinnerungen wach: So hatte der Koordinator einst auch ihn und General Arthur Crow assimilieren wollen.

Matt fiel ein, dass er mit Takeo noch wegen einer anderen Sache hatte reden wollen, die ihm nun schon so lange auf der Seele lag. Er zog einen Speicherkristall aus der Tasche und betrachtete ihn versonnen. Eine Bewusstseinskopie war darauf abgelegt – das Gedächtnis von Miki Takeos leiblichem Sohn Aiko; gezeugt mit Naoki Tsuyoshi zu einer Zeit, in der er noch über einen großteils menschlichen Körper verfügt hatte.

Matt hatte den Kristall jahrelang bei sich getragen in der Hoffnung, Aiko irgendwann einen neuen, mechanischen Körper geben zu können und ihn damit wieder zum Leben zu erwecken. Nun ergab sich die Möglichkeit, seinem Vater die Kopie zu übergeben. Aber dies war weder der passende Ort noch die rechte Zeit dafür. Takeo musste sich auf die Steuerung des Flächenräumers konzentrieren; jede Ablenkung wäre kontraproduktiv.

Wenn alles vorbei ist, dachte Matt, und eine kleine böse Stimme in seinen Gedanken fügte hinzu: Falls es ein Danach gibt …

„Denkst du an Aruula?“, fragte Xij.

Nicht, bevor du sie erwähnt hast. Danke sehr! „Nein.“

Xij nickte und studierte hingebungsvoll den Bildschirm mit den Sensoranzeigen. Offenbar glaubte sie ihm nicht. Oder sie war sich des Fettnäpfchens bewusst geworden, in das sie gerade mit beiden Beinen gesprungen war.

Aber was hatte er auch anderes erwartet, als sie mit dem Shuttle zu den Dreizehn Inseln geflogen waren, um Aruula zur Einberufung eines Telepathenzirkels zu bewegen, der dem Streiter vermitteln sollte, dass der Wandler nicht mehr auf der Erde weilte? Eine Frau, die sich ihm an den Hals warf? Wiedersehensfreude? Nach dem harschen Ton, in dem er ihre Beziehung beendet hatte?

Dennoch hatte er auf etwas mehr Vernunft gehofft und auf weit weniger Hass. Schließlich ging es um die Zukunft der Erde, da mussten persönliche Animositäten zurückstehen.

Doch Aruula hatte ihn eiskalt abblitzen lassen. Und nicht nur das: Sie hatte ihm unmissverständlich klargemacht, dass sie ihn töten würde, wenn er sich nicht von ihr fernhielt. Das hatte ihn am allermeisten getroffen.

Wenigstens konnte er ihr Schwert an sich bringen, in dessen Knauf sie Aikos Speicherkristall hatten einfassen lassen. Er hatte den Kristall herausgelöst und das Schwert in einem Lagerbehälter hinten im Shuttle deponiert. Nun diente es nur noch als Erinnerungsstück; er würde wohl keine Chance mehr erhalten, es Aruula persönlich zurückzugeben.

Auch Matt beugte sich im Pilotensessel vor und betrachtete die Sensoranzeigen. „Was Neues?“

Xij Hamlet schüttelte den Kopf. „Die Barschbeißer halten sich heute zurück. Vielleicht haben sie auch keine Lust mehr, von Blitzstäben vertrieben zu werden. Oder sie haben eingesehen, dass sie an ihren Imbiss nicht herankommen.“