Maddrax 484 - Manfred Weinland - E-Book

Maddrax 484 E-Book

Manfred Weinland

0,0
1,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Es MUSS einen Ausweg aus der Sphäre geben, davon ist Matthew Drax überzeugt. Die Pläne, die er mit der Drohne des Propheten erbeutet hat, weisen ihm nun diesen Weg - mitten hinein in die Sonne der abgeschotteten Hohlwelt. Doch den Ausweg kennen und ihn nutzen können sind zwei verschiedene Dinge; vor allem, wenn man der Fahndungsliste der Sphärenerbauer steht. Matt und Aruula müssen sich mit den Gefangenen der Hohlwelt verbünden, und das bedeutet, die Völker zu einen. Nach allem, was sie bislang hier erlebt haben, ein Ding der Unmöglichkeit!

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB

Seitenzahl: 145

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Inhalt

Cover

Impressum

Was bisher geschah …

Die kalte Sonne

Leserseite

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2018 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Lektorat: Michael Schönenbröcher

Titelbild: Arndt Drechsler

Autor: Manfred Weinland

eBook-Produktion: César Satz & Grafik GmbH, Köln

ISBN 978-3-7325-6826-0

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Am 8. Februar 2012 trifft der Komet „Christopher-Floyd“ – in Wahrheit eine Arche Außerirdischer – die Erde. Ein Leichentuch aus Staub legt sich für Jahrhunderte um den Planeten. Nach der Eiszeit bevölkern Mutationen die Länder und die Menschheit ist degeneriert. In dieses Szenario verschlägt es den Piloten Matthew Drax, „Maddrax“ genannt, dessen Staffel ins Jahr 2516 versetzt wird. Zusammen mit der telepathisch begabten Kriegerin Aruula erkundet er diese für ihn fremde Erde. Bis sie durch ein Wurmloch, das sich im Forschungszentrum CERN auftut, in ein Ringplanetensystem versetzt werden, während der Mond auf die Erde zu stürzen droht.

Auf dem Ringplaneten herrschen die Initiatoren, die Spezies aus allen Teilen der Galaxis durch das Wurmloch entführen, um sie Kompatibilitäts-Tests zu unterziehen. So geraten auch Matthew Drax, Aruula und Matts Tochter Xaana in das fremde Sonnensystem, stoßen jedoch durch die Einmischung der Kontras auf das dunkle Geheimnis der Systemherren: Man will einen Teil der Menschheit auf den Mond Novis umsiedeln, um deren Gehirne für eine Art Superrechner zu nutzen! Doch die Gefährten werden ihrer Erinnerungen beraubt; so helfen sie in gutem Glauben den Initiatoren.

Während Aruula und Xaana auf Novis bleiben, reisen Matt und der Initiator Hordelab zur Erde, um hochstehende Zivilisationen zu verteilen, damit sie später evakuiert werden können. Begleitet von Xij, der Mutter Xaanas, und deren Mann Tom Ericson besucht Matt auch die Kolonie Colonel Kormaks, erkennt aber dessen Machtgier und verweigert ihm den Peilsender. So überfällt Kormak die benachbarte Community und eignet sich deren Sender an.

In Agartha wurde nach den Plänen der Initiatoren eine Transportplattform gebaut, mit der Hordelab das Wurmloch an jeden Ort der Erde versetzen kann. Die Evakuierung beginnt. Dann jedoch zerstören die fanatischen Rev’rends die Plattform. Dabei gerät das Wurmloch außer Kontrolle und Hordelab wird ohne Erinnerung von den anderen getrennt. Die durchqueren das Wurmloch mit einem Gleiter und landen auf Novis, wo sie von Aruula erfahren, dass die Offerte der Initiatoren eine Falle sein könnte. Sie suchen Hilfe bei den Kontras. One befreit drei von ihnen vom Ringplaneten und bringt sie nach Novis, wo Matt & Co. einen Widerstand gegen Colonel Kormak aufbauen.

Matts schlimmste Befürchtungen werden bestätigt, als er auf Terminus die Geschichte der Initiatoren erfährt: Einst kristallisierte ihr Planet Kasyn und zwang sie, auf einen der Monde umzuziehen. Um sich vor der Kristallstrahlung zu schützen, entwarfen sie einen Mentalschild, der mit lebenden Gehirnen betrieben wird! Doch gleichzeitig erfährt Matt von einer Möglichkeit, die Erde zu retten! Dazu muss er Kontakt zu den Pancinowa auf Cancriss aufnehmen – jenseits des Wurmlochs. Zusammen mit einer Kontra wagen er und Aruula die Reise … und stranden in einer Hohlwelt, in die alle, die Cancriss anfliegen, umgeleitet werden. Bei der Bruchlandung werden sie getrennt und müssen in einer feindlichen, von etlichen Spezies bevölkerten Umgebung überleben. Auf der Suche nach einem Ausweg stoßen sie auf das Erbe eines Propheten, der herausgefunden hat, dass die Sonne der Sphäre künstlich ist und ein Wurmloch beherbergt. Doch wie kann man es erreichen …?

Headline

von Manfred Weinland

Bis in die Enge des Regenerators hinein waren die Erschütterungen zu spüren. Ein Angriff? Koltron zwängte sich aus dem Tank, der perfekt an einen Qoor angepasst war, genau wie die Tech-Mulde, in die er sich fallen ließ. Der Hautkontakt genügte, um das Sensorium zu starten, das den zerebralen Cortex mit Informationen fütterte.

Der Bio-Scanner entlarvte blitzschnell die Identität des Aggressors: Shaxx! Die halbintelligenten Reptilien rückten wie berauscht vor, eroberten Gang um Gang. Keine der Schutzeinrichtungen hielt ihnen stand.

Schließlich blieb Koltron nur noch ein Ausweg: Er kam den Plünderern zuvor und ließ ein gepanzertes Schott vor ihnen aufgleiten. Sie missverstanden es als Zeichen seiner Kapitulation. Und bezahlten den Preis.

Im Palast der Wisperer

„Vielleicht solltest du besser allein zu Ihrer Hoheit gehen“, sagte Aruula. „An ihrer Aversion gegen mich wird sich seit deinem letzten Besuch nichts geändert haben.“

Matthew Drax schnitt eine Grimasse. „Ich denke, jetzt geht um so viel mehr als persönliche Animositäten. Immerhin haben wir Pläne erbeutet, die die Zukunft für alle Völker in der Sphäre verändern können. Die Königin der Wisperer wird über ihren Schatten springen müssen.“

„Ich hatte nicht den Eindruck, dass diese biestige Zwergin –“

„Schscht!“, unterbrach Matthew sie. „So solltest du nicht mal von ihr denken, geschweige denn es hinausposaunen“, übte er sich in Schadensbegrenzung und sah sich dabei nervös um. Zwar waren sie noch nicht in den Audienzsaal vorgelassen worden, sondern befanden sich in einem ihm vorgelagerten Raum, aber die Wände mochten auch hier Ohren haben.

Informationsbeschaffung und Handel mit eben diesem Wissen war das Geschäft der Wisperer, das sie über Generationen perfektioniert hatten. Wenn sie Pech hatten, wurde jedes Wort, das sie in dieser Umgebung wechselten, der Wisperer-Königin zugetragen. Es war nicht einmal auszuschließen, dass man sie bei ihrer Ankunft nur deshalb hier zwischengeparkt hatte, um sie auszuspionieren.

Die Kriegerin von den Dreizehn Inseln rollte mit den Augen. „Dann mach mal. Du hattest schon immer das größere diplomatische Geschick von uns beiden.“

„Und das aus deinem Munde!“ Matt lachte auf, wollte es aber nicht vertiefen. Zumal die Tür aufglitt, durch die sie zuvor gekommen waren, und ein ganzer Schwarm der faustgroßen Käfer mit den verstörend menschlich wirkenden Gesichtern hereinsirrte.

Das „Fußvolk“ erreichte nicht annähernd die Größe der Königin; über eine Länge von zwölf Zentimetern kamen die einzelnen Exemplare selten hinaus. „Ihre Majestät“ hingegen reichte Matt und Aruula stehend immerhin bis zum Nabel.

Aber ihre mangelnde Imposanz machten die Arbeiter durch ihre Zahl mehr als wett. Im Palast summte es wie in einem Bienenstock. Den lieben langen Tag herrschte hier Hochbetrieb; die Sammler kamen und gingen und versorgten die Königin mit Neuigkeiten aus allen Teilen der Sphäre.

Das so angehäufte Wissen diente den Wisperern als Währung, die sie gegen Sachgüter eintauschten. Und dafür mussten sie ihr Refugium nicht einmal verlassen, weil die Bittsteller keinen noch so weiten Weg scheuten, um zu ihnen zu kommen. Die Schlangen vor den Eingängen erinnerten Matt an Verhältnisse auf der guten alten Erde, wenn ein Computerhersteller das neueste Modell seines Telefons herausbrachte. Oder – eine weit unschönere Erinnerung – an die Hamsterkäufe kurz vor dem Einschlag des Kometen „Christopher-Floyd“.

Er drängte die Erinnerung zurück.

In Sachen Wissensanhäufung waren die Wisperer innerhalb der Sphäre konkurrenzlos. Matt traute ihnen zu, dass sie bei der Verteidigung ihres Kerngeschäfts nicht gerade zimperlich zu Werke gingen. Und hätte er Aruula nach ihrer Meinung gefragt, hätte sie sich wahrscheinlich endgültig um Kopf und Kragen geredet.

Er wandte sich den Schwärmern zu, die im Formationsflug vor ihnen stoppten, so schnell mit ihren Hautflügeln schlagend, dass sie in der Luft standen.

„Die Königin ist nun bereit, euch zu empfangen – beide“, erklärte der Wisperer an der Spitze der Keilformation. Sein Gesichtchen vereinte männliche und weibliche Attribute in sich, wobei der feminine Anteil leicht überwog. „Ich muss allerdings darauf hinweisen, dass ihr im Falle eines abermaligen Informationsdiebstahls …“, der Blick seiner wässrig blauen Augen heftete sich auf Aruula, „… mit drakonischen Strafen zu rechnen habt.“

Das war sowohl Matt als auch Aruula klar. Letztere hatte sich während der ersten Audienz dazu hinreißen lassen, ihren Lauschsinn einzusetzen. Doch der Versuch, auf telepathische Weise Details über Scypranas Verbleib zu erringen, war nicht unbemerkt geblieben. Wie genau die Königin Aruula auf die Schliche gekommen war, wussten sie bis heute nicht. Aber auch die Wisperer schienen noch nicht gänzlich durchschaut zu haben, wie genau Aruulas Gabe funktionierte.

Das hatten sie schon bei einigen Gelegenheiten bemerkt: Innerhalb der Sphäre schien Telepathie weitgehend unbekannt zu sein.

Wie auch immer: Nach ihrem Vorstoß waren Matt und Aruula aus dem Palast geworfen worden. Später hatte Matt es allein noch einmal versucht, und nach einer Prüfung, bei der sie eine verschollene „Krone“ der Wisperer – eigentlich ein gestohlener Datenhelm mit den Erinnerungen einer früheren Königin – wiedergeschafft hatten, Hinweise auf einen ominösen Propheten erhalten, der mehr über Scypranas Verbleib wissen könnte. Diese geheimnisumwitterte Persönlichkeit genoss innerhalb der Sphäre allgemeine Hochachtung. Viele Bewohner hatten Rat bei ihm gesucht und in den allermeisten Fällen auch erhalten. Doch seit einiger Zeit galt er als vermisst.1)

Sie hatten den Propheten namens Iaspar, dessen Weisheit von so vielen schmerzhaft vermisst wurde, nicht mehr aufspüren können. Er war nicht einfach nur untergetaucht, wie auch Matt und Aruula es sich erhofft hatten, sondern tot; ermordet von den Herren der Sphäre, die er zuvor bespitzelt hatte. Sein Vermächtnis aber konnte einen Weg aus der Hohlwelt hinaus weisen – sofern sie die Daten auf seinem Speicherstab entschlüsseln konnten.

Aus diesem Grund waren sie hier, denn weder Matt und schon gar nicht Aruula hatten das technische Knowhow dazu. Hilfe erhofften sie sich von der Königin – zu der sie nun endlich vorgelassen wurden.

Der vertrocknete Kokon, dem die Herrscherin einst entschlüpft war, diente ihr immer noch als Thron, von dem aus sie ihre Audienzen gewährte.

Einmal mehr wurde Matt bei dem Anblick daran erinnert, wie wenig sie über die Biologie und Gepflogenheiten im Grunde jeder ansässigen Spezies gelernt hatten, seit sie selbst hier gestrandet waren. Von irdischen Insekten war bekannt, dass sie unterschiedliche Entwicklungsstadien durchliefen, vom Ei über die Larve zur Puppe und schließlich zur letztendlichen physischen Vollendung, die keinerlei Ähnlichkeit mehr mit den Zwischenformen hatte.

Welche anderen Stadien mochten die Wisperer durchleben, bevor die Natur ihnen diese pseudomenschlichen Gesichter auf einen ansonsten käferartigen Körper verpasste?

„Ihr bringt Neuigkeiten? Konntet ihr den Propheten ausfindig machen?“ Die autoritäre Stimme der Königin riss ihn aus seinen Gedanken.

Umschwirrt von ihren Untertanen trat er noch einen Schritt näher an sie heran. Der sofort aufbrausende Protest wurde jedoch von der Herrscherin im Keim erstickt.

„Es ist gut“, zeigte sie sich großmütig. „Lasst ihn. Ich glaube, er hat mir etwas mitgebracht, das ein Übertreten der Etikette entschuldigt. Hast du doch, oder?“

Natürlich hatte sie den Speicherstab längst gesehen und wohl auch als solchen erkennt. Dumm war sie nicht.

„Danke, dass du uns erneut empfängst“, machte Matt zunächst einmal auf „gut Kind“, „auch meine Gefährtin Aruula. Ich versichere, dass es zu keinem weiteren … Zwischenfall kommen wird.“ Dann zog er den Stab unter dem Gürtel hervor, händigte ihn aber noch nicht aus, sondern fuhr fort: „Wir bringen gute und schlechte Nachrichten.“ Er hatte sich vorgenommen, nicht lange um den heißen Brei herumzureden. Niemand wusste, wie viel Zeit ihnen noch blieb, um die Daten zu knacken und auszuwerten. Schließlich waren sie im Versteck des Propheten von den Pancinowa überrascht worden und hatten nur mit knapper Not fliehen können. „Die schlechte zuerst: Der Prophet Iaspar starb eines gewaltsamen Todes. Aber er hinterließ ein Vermächtnis. Und damit wären wir bei der guten Nachricht.“

„… eines gewaltsamen Todes“, echote die Königin. Sie wirkte für einen Augenblick ehrlich betrübt, bevor ein Reflex, der wahrscheinlich ihrer Position geschuldet war, sie einwenden ließ: „Woher weiß ich, dass das stimmt? Vielleicht habt ihr ihn umgebracht, um sein Vermächtnis an uns zu verkaufen?“

„Dagegen verwahre ich mich entschieden“, widersprach Matt vehement, „und um deinen Verdacht zu entkräften …“ Er griff in seine Jacke und holte den Diskus heraus, der einmal den Datenstab des Propheten gekrönt hatte. Es handelte sich dabei um keinen dekorativen Schmuck – für den ihn wohl alle gehalten hatten –, sondern um eine fliegende Protokolleinheit, eine Art robotisches Tagebuch.

„Das hier“, fuhr Matthew fort und hielt ihr das handtellergroße Gerät entgegen, „ist Iaspars persönliche Drohne, die seine Aufzeichnungen abspielen kann. Ihr könnt euch gern anhören, was ihm widerfahren ist, aber das wird einige Stunden dauern. Darum das Wichtigste vorweg: In diesem Speicherstab“, er hielt ihr den schwarzen, etwa einen Meter langen Stock entgegen, „sind Pläne abgespeichert, die uns allen den Weg aus diesem Kerker weisen können!“

„Dem Kerker?“

„Der Sphäre!“, präzisierte Matt. „Diese Daten kosteten Iaspar letztlich das Leben, denn sie sollen alle Informationen über die kalte Sonne im Zentrum der Sphäre enthalten. Als die Pancinowa den Diebstahl bemerkten, töteten sie ihn. Doch Iaspar konnte die Drohne mitsamt der Daten vorher verstecken.“

Nun zeigte sich die Königin verwirrt, obwohl Informationen ihr tägliches Metier waren. „Kalte Sonne? Pancinowa?“, wiederholte sie. „Erkläre mir das!“

Matt räusperte sich. „Das werde ich gern tun, Majestät, wenn es unserer Zusammenarbeit dienlich ist. Denn wir benötigen die Hilfe der Wisperer.“

Im ersten Moment schien die Königin konsterniert; es kam wohl nicht oft vor, dass Forderungen an sie gestellt wurden. Doch Matts Andeutungen zeigten Wirkung. Huldvoll nickte sie. „Nun, wenn ihr uns tatsächlich einen Weg aus der Sphäre weisen könnt, ist wohl kein Preis zu hoch dafür“, sagte sie. „Lass also hören!“

Mehr als zwei Stunden brachten sie damit zu, der Wisperer-Königin Einblicke in die Hintergründe zu geben, die der Prophet Iaspar auch mithilfe seiner Gabe – denn auch er war, wie Aruula, ein Telepath gewesen – aufgedeckt hatte. Anders wäre er dem Geheimnis der kalten Sonne wohl nie auf die Spur gekommen. Und auch nicht zum Propheten avanciert, der die Wünsche und Nöte der Sphärenbewohner hatte erlauschen können.

P1, so lautete die Bezeichnung der Protokolldrohne, übernahm dabei den wichtigsten Part der Überzeugungsarbeit, indem Matt sie Passagen aus Iaspars Aufzeichnungen abspielen ließ. Keinen Zugriff hatte sie allerdings auf die Pläne der kalten Sonne im Speicherstab. Die Pancinowa hatten die brisanten Daten verschlüsselt.

Die Königin wirkte zunehmend perplex, je mehr die Zusammenhänge zwischen den Herren der Sphäre und ihrer aller Schicksal deutlich wurden. Wie so oft erwies es sich als gewaltiger Unterschied, ob jemand sich eines Umstands insgeheim bewusst war – oder ob er mit dem Finger darauf gestoßen wurde.

„Dass wir uns als Gefangene in einer künstlichen Blase befinden, war uns allen schon lange klar“, sagte sie, als Matt seinen „Vortrag“ beendete. „In der Vergangenheit gab es auch immer wieder Versuche, sie zu durchstoßen, um in den freien Raum vorzudringen. Aber allein die stetig zunehmende Schwerkraft, je näher man der Außenhülle kommt, ist ein Hindernis, das alle Bemühungen schon im Keim erstickt. Irgendwann stößt jede Spezies an ihre Grenze.“

„Laut Iaspars Erkenntnissen führt der Weg auch nicht durch die Sphärenhülle, sondern im Gegenteil durch das Zentrum. Durch ein Wurmloch in der Sonne, die keine echte ist!“

Der Prophet hatte die Sphärensonne als eine Art Raumstation entlarvt, als ein gewaltiges künstliches Objekt, dessen scheinbare Sonnenaktivität mithilfe von unbekannten Aggregaten erzeugt wurde. Die Licht- und Wärmestrahlung, die die Außenhülle dieses eigentlich „kalten“ Objekts emittierte, diente dem Zweck, für alle Bewohner erträgliche Lebensbedingungen zu schaffen. Aber natürlich auch, um sie vom Ausgang fernzuhalten. Keine logisch denkende Spezies wäre je auf die Idee gekommen, im Herzen einer Sonne danach zu suchen.

Darüber hinaus gab es wahrscheinlich Vorrichtungen, mit denen Maschinen gesteuert wurden, die in der Sphärenschale untergebracht waren: die Projektoren für die künstliche Schwerkraft etwa; oder Generatoren, die verschiedene Atmosphären für die hier Gestrandeten erzeugten, die durch Kraftfelder voneinander getrennt waren.

„Innerhalb der Sonne … der Station, die sich als Sonne tarnt, existiert also das Wurmloch, durch das wir alle hierher kamen“, resümierte die Königin.

Matt nickte zustimmend. „Und wahrscheinlich gibt es auch nur diesen einen Zu- und Ausgang. Auf ihn müssen wir all unsere Anstrengungen konzentrieren.“

„Aber müssen wir nicht davon ausgehen, dass die Station bemannt ist?“, warf die Königin ein.

„Es würde mich wundern, wenn es nicht so wäre“, sagte Matt. „Aber all diese Details stecken verschlüsselt in dem Speicherstab. Sie zu decodieren muss unser erstes Ziel sein; erst dann können wir einen Plan ausarbeiten, der uns in die Sonne bringt. Und hier kommt ihr Wisperer ins Spiel …“

Die Königin unterbrach ihn mit einem lauten Summen.

„Ich muss dich enttäuschen, Mensch“, sagte sie dann. „Wir handeln mit Informationen, aber wir entschlüsseln sie nicht. Was das angeht, fragst du die Falschen …“

Matt Drax erinnerte sich nicht, so von einem Extrem ins andere geschleudert worden zu sein. Gerade noch hatte sich beinahe Euphorie in ihm ausgebreitet, weil die Enträtselung der Sonnenstation in Aussicht stand – und nun die eiskalte Dusche.

Die Enttäuschung innerhalb des Audienzsaales war fast greifbar und machte auch vor der Königin nicht Halt. Erstaunlicherweise war sie aber auch die Erste, die ihre Fassung wiederfand.

„Wir selbst mögen nicht in der Lage sein, die Daten zu entschlüsseln“, relativierte sie, „aber natürlich haben wir Informationen über jemanden, der dazu befähigt sein könnte. – Habt ihr schon einmal vom Eremiten gehört?“

„Wer soll das sein?“

„Jemand, der uns noch nie enttäuscht hat – der aber selbst entscheidet, ob er bereit ist zu helfen. Er ist ein wenig … eigenwillig. Aber mit den passenden Argumenten könnte er zu überzeugen sein.“

„Was wäre ein besserer Anreiz als die Möglichkeit, aus der Sphäre zu entkommen?“, fragte Matt.

Ein schwer deutbares Lächeln umspielte die Lippen der Königin. „Ich sagte schon, dass er eigenwillig wäre“, antwortete sie. „Für den Eremiten gibt es nur die Technik, die Probleme, die sie bereiten kann, und der Weg, diese Probleme zu lösen. Er ist glücklich hier in der Sphäre mit all den Raumschiffwracks und deren fast täglich kollabierenden Computersystemen. Ihr werdet also Überzeugungsarbeit leisten müssen, damit er euch hilft.

„Warum wir?“, meldete sich nun auch Aruula zu Wort, die bislang geschwiegen und Matt das Feld überlassen hatte. „Wenn Ihr ihn so gut kennt und so große Stücke auf ihn haltet, Majestät, überzeugt ihn doch selbst.“

Matthew hielt unwillkürlich den Atem an. Aruula schien nicht aus ihrer Haut zu können und formulierte … grenzwertig. Aber glücklicherweise hatte die Königin wohl eingesehen, dass es hier um größere Dinge ging und man die gerade gewonnenen Verbündeten nicht verprellen durfte.