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Der Roswell-Zwischenfall
von Manfred Weinland
Im diesem Band enthüllen wir eines der großen UFO-Geheimnisse: den ersten Grey-Kontakt. Vergesst alle Theorien, hier kommt die Wahrheit - und sie hat mit einem Kasynari aus dem Ringplanetensystem zu tun, der schon vor Monaten ohne Erinnerung im postapokalyptischen Städtchen Roswell landete. Von den Einwohnern angesichts der Mondkatastrophe als Heilsbringer verehrt, weiß Hordelab, dass er niemanden retten kann, nicht einmal sich selbst. Er flieht mit einem selbstgebauten Fluggerät - und gerät in ein Abenteuer, das Geschichte wird...
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Seitenzahl: 136
Cover
Impressum
Was bisher geschah …
Der Roswell-Zwischenfall
Leserseite
Auflösung des Wortsuchspiels aus Band 500
Checkliste aller MADDRAX-Publikationen
Vorschau
BASTEI ENTERTAINMENT
Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe
Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG
© 2019 by Bastei Lübbe AG, Köln
Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller
Verantwortlich für den Inhalt
Lektorat: Michael Schönenbröcher
Titelbild: cosmin4000, efks/iStockphoto
Autor: Manfred Weinland
Datenkonvertierung eBook: César Satz & Grafik GmbH, Köln
ISBN 978-3-7325-7962-4
www.bastei-entertainment.de
www.lesejury.de
www.bastei.de
Am 8. Februar 2012 trifft der Komet „Christopher-Floyd“ – in Wahrheit eine Arche Außerirdischer – die Erde. Ein Leichentuch aus Staub legt sich für Jahrhunderte um den Planeten. Nach der Eiszeit bevölkern Mutationen die Länder und die Menschheit ist degeneriert. In dieses Szenario verschlägt es den Piloten Matthew Drax, „Maddrax“ genannt, dessen Staffel ins Jahr 2516 versetzt wird. Zusammen mit der telepathisch begabten Kriegerin Aruula erkundet er diese ihm fremde Erde. Bis sie durch ein Wurmloch in ein Ringplanetensystem versetzt werden, während der Mond auf die Erde zu stürzen droht. Matt findet Hilfe und Verbündete, und die Rettung gelingt in letzter Sekunde – aber sie hinterlässt Spuren: Areale aus verschiedenen Parallelwelten tauchen plötzlich auf der Erde auf ...
Ein Rückblick auf MADDRAX Band 473 „Die UFO-Sekte“, an den dieser Roman anschließt:
Bei der Explosion eines Sprungfeldgenerators – eine Art tragbarer Teleporter – werden die vier Gefährten Matt Drax, Tom Ericson, Xij Hamlet und der Kasynari Hordelab unkontrolliert an verschiedene Ort der postapokalyptischen USA versetzt und temporal ihrer Erinnerung beraubt. Die drei Menschen finden zu ihrem Ausgangspunkt zurück – doch den Außerirdischen trifft es härter: Hordelab irrt ohne Gedächtnis durch das ehemalige Roswell und gerät an eine UFO-Sekte, die den „Greys“, wie man sie aus alten Büchern und Filmen kennt und denen Hordelab verblüffend ähnlich sieht, huldigt. Aber es gibt auch eine Gegenbewegung: die „Majestics“, die in den Aliens Invasoren sehen und ihn töten wollen. Nur knapp entkommt Hordelab, den sie „Grey“ nennen, weil er sich an seinen wahren Namen nicht erinnert, ihrer Verfolgung.
Als er dann aber ein Kind vor dem sicheren Tod rettet, gibt man ihm eine Chance. Die Erde dreht sich dem Untergang entgegen, denn der aus seinem Orbit geworfene Mond droht auf sie zu stürzen. Die Bewohner von Roswell, das jetzt „Last Remember“ heißt, hoffen darauf, mit der Hilfe von Greys Rasse evakuiert zu werden. Um sein Volk zu erreichen, soll er eine fliegende Untertasse instandsetzen – doch die ist nur eine Werbe-Attrappe. Hordelab willigt ein, um die Menschen nicht zu verärgern, und beginnt mit dem Umbau. Zwar erlangt er das Wissen um seine Identität nicht zurück, wohl aber die Erinnerung an seine Fähigkeiten als Ingenieur. Ein einziger Freund steht ihm dabei zur Seite: Hoke Nevermore, ein Einzelgänger in der Gemeinschaft. Doch Hordelab weiß, dass es ein riskantes Spiel ist. Irgendwann wird sein Schwindel auffliegen – und was dann mit ihm geschieht, kann er sich ausrechnen ...
Der Roswell-Zwischenfall
von Manfred Weinland
Der Mond hing wie das monströse Auge eines Zyklopen über der einsamen Wüstenstadt und wurde mit jedem Tag, jeder Nacht größer.
Hoke Nevermore hatte gelesen, dass der Mond dereinst durch die Kollision mit einem anderen Himmelskörper entstanden war. Darum war es reine Ironie, dass er die Erde nun vernichten würde. Von Tag zu Tag rückte er näher heran, und wenn in den Alten Tagen schon Kristofluu den Untergang der Zivilisation herbeiführt hatte, was blühte dem Leben auf der Erde dann jetzt?
Dass es passieren würde, daran zweifelte inzwischen niemand mehr. Nur ein wahrhaftiges Wunder vermochte die Erde noch zu retten. Und dafür wiederum war Hokes Freund Grey zuständig, einer der legendären Beschützer …
„Reichst du mir den Schraubenschlüssel? Den Dreizehner. Zweite Schublade …“
Josh Strong machte sich mit Feuereifer in dem Kasten, der ihm fast bis zum Brustkorb reichte, auf die Suche. Schon beim ersten Griff erwischte er das richtige Werkzeug, wie ein Kontrollblick auf die Zahl zeigte, die in den Griff eingestanzt war.
„Prima, danke“, sagte der Beschützer und zog die Schraube, die er zuvor mit den Fingern eingedreht hatte, fest an. Es folgten noch sieben weitere, dann war das montierte Gerät sicher fixiert.
„Und wofür is’ das genau?“, fragte Josh.
Innerlich seufzte Grey, denn diese Frage stellte der Sechsjährige bei fast jedem Bauteil – und das seit fast vier Monaten. Aber er fühlte sich dem Jungen verbunden und ihm gegenüber irgendwie verantwortlich, seit er ihn mit Hilfe eines antiken Defibrillators ins Leben zurückgeholt hatte.
Vier Monate, wiederholte er in Gedanken. Wie die Zeit vergeht.1)
Was diese Zeitspanne für ihn bedeutete, legte sich als Schatten über sein Gemüt. Aber bevor das Unbehagen Gelegenheit fand, sich bei ihm einzunisten, erklangen Geräusche an der Einstiegsluke und ein weiterer Junge streckte den Kopf durch die Öffnung.
„Ah, du hast bereits Hilfe – ich hätte mich also gar nicht beeilen müssen!“, rief Hoke Nevermore und grinste von einem Ohr zum anderen.
Im Gegensatz zu Josh war Hoke schon fünfundzwanzig und verstand vieles von dem, was er in Greys Auftrag tat. Auch er wurde nicht müde, ihn in seinem „Raumschiff“ zu besuchen, das am Rande von Last Remember stand.
Die Bevölkerung des Orts war in zwei Fraktionen gespalten. Die einen verehrten seit jeher die Außerirdischen, denen Grey dem äußeren Anschein nach angehörte. Die anderen, die Majestics, betrachteten sie als diejenigen, die schuld waren am Niedergang der Menschheit. Sie vermuteten sogar, dass der Komet „Christopher-Floyd“, der die Erde vor über fünfhundert Jahren ins Chaos gestürzt hatte, von Greys Volk geschickt worden war.
Hoke hatte die Überlieferungen über den Hergang der Katastrophe wieder und wieder von den Alten gehört. Viel Widersprüchliches war dabei gewesen. Trotzdem war bis vor kurzem noch jeder der festen Überzeugung gewesen, dass die Außerirdischen alles getan hätten, um die Erde vor dem Einschlag zu bewahren – und dass sie zur Rettung herbeieilen würden, bevor der Mond auf die Erde stürzte. Immerhin waren sie schon Jahrzehnte vor Kristofluu willkommene Gäste gewesen. Das belegten historische Filmaufnahmen, die allsonntäglich fester Bestandteil von Father Riverdales Predigten waren.
Doch dann hatte Rudger Dawson ein Bilddokument entdeckt, das von einem Tag zum anderen die Spaltung der Gemeinde herbeigeführt hatte: Filmaufnahmen, die die Außerirdischen nicht als Freunde und Gönner der Menschen zeigten, sondern als kriegerische Invasoren!
Auf der Dose, die die Filmrolle enthielt, war die Bezeichnung „Majestic-12“ vermerkt. So nannte sich auch die Gruppierung, die Rudger Dawson gegründet hatte und anführte.
Als Grey dann eines Tages in Last Remember auftauchte, machten die Majestics Jagd auf ihn. Die Ereignisse um Josh Strongs „Auferstehung“ und die Abwehr einer Bande von Marodeuren, die Last Remember plündern und brandschatzen wollten, hatte die Majestics aber dahingehend umgestimmt, dass sie zumindest nicht alle Außerirdischen über einen Kamm scherten.
Grey wurde aufgrund seiner unstrittig guten Taten ein Sonderstatus zugebilligt. Denn ebenso wie die Majestics erwarteten auch die Anhänger des Beschützer-Kults, dass Grey sie vor dem Jüngsten Gericht bewahrte: dem Absturz des Mondes. Die Erde bot keine Zufluchtsmöglichkeit mehr. Der einzige Fluchtweg führte von ihr fort. Grey sollte sie zu seiner Heimatwelt evakuieren. Und genau darin lag das Problem.
Es war ja nicht so, dass er den Bewohnern dieses Planeten nicht helfen wollte. Aber niemand wusste besser als Grey selbst, dass er den Erwartungen der Menschen nicht gerecht werden konnte. Zum einen, weil er gar nicht wusste, wo seine Heimat lag – er litt nach wie vor unter einer Amnesie. Und zum anderen, weil das „Raumschiff“, an dessen „Instandsetzung“ er seit Monaten arbeitete, nicht das war, was die Leute hier glaubten. Es hatte den Weltraum noch nie gesehen und würde ihn auch niemals sehen. Es war eine Attrappe, irgendwann einmal zu dem Zweck erbaut, Besucher in ein Café zu locken.
Ein UFO-Café im Herzen von Last Remember, ehemals bekannt als Roswell, New Mexico.
„Kommst gerade richtig“, sagte Josh und erhob sich. „Dad will mir heute das Schießen beibringen.“
„Pfeil und Bogen?“, fragte Hoke, während er sich an dem Jungen vorbeiquetschte und seinen Platz einnahm.
Josh schüttelte den Kopf. „Steinschleuder. Chip ist auch dabei.“ Chip war sein gleichaltriger Freund.
„Na dann viel Erfolg!“
„Von mir auch“, schloss sich Grey den guten Wünschen an.
Nachdem der Junge durch die Luke geklettert und sicher am Boden angekommen war, wandte sich Hoke an seinen außerirdischen Freund. „Ich wollte es nicht vor Josh sagen, aber ich bringe schlechte Nachrichten.“
Grey rutschte unter der Verkleidung hervor, hinter der er herumgetüftelt hatte. „Schlechte Nachrichten?“
„Es geht um … das hier.“ Hoke druckste herum. „Na ja – und um dich, wie du dir denken kannst.“
„Sie wollen Resultate sehen“, stellte Grey fest. „Sie wollen, dass ich mein Versprechen endlich einlöse, das ich ihnen gab, um …“
„… endlich Ruhe zu haben!“ Hoke nickte.
Er war der Einzige, dem Grey die volle Wahrheit über sich anvertraut hatte. Dass er inmitten eines Gewitters zu sich gekommen war und sich die Finger an einem Gerät verbrannt hatte, das er bei sich getragen hatte. Und dass sein Gedächtnis so leer gewesen war wie ein unbeschriebenes Blatt Papier.
Stundenlang war er orientierungslos durch die Stadt geirrt, bevor er die ersten Menschen traf – die einen wie ihn nur von Relikten kannten, die sie wie Reliquien verehrten.
Das war sein Einstieg in die menschliche Gemeinschaft gewesen, in der er sich dank Hoke, Bürgermeister Elldrige, Father Riverdale und dem kleinen Josh allmählich heimisch gefühlt hatte. Unter den Erwachsenen gab es wohl keinen, der ihn um seiner selbst willen akzeptierte. Die anderen erwarteten etwas von ihm; einige erbaten es, aber die große Mehrheit forderte es mehr oder weniger unverhohlen.
Ich bin ihr Messias, wusste Grey, der sich mit der Religion des Beschützer-Kults auseinandergesetzt hatte. Aber wehe, ich enttäusche sie.
Was er sich anstatt Erinnerung an seinem früheren Leben hatte bewahren können, war seine Affinität zu Technik. Er verstand all die Gerätschaften aus einer früheren Zeit intuitiv, konnte sich in das, was einen Apparat ausmachte, hineinfühlen.
So verfuhr er auch mit dem Objekt, in dem die Bewohner der Stadt ein von den Beschützern hinterlassenes Raumschiff sahen. Törichterweise hatte Grey ihnen unter Druck versprochen, es wieder flugtüchtig zu machen und damit Hilfe bei seinem Volk zu holen.
Obwohl er nicht ausschließen konnte, dass tatsächlich ein Raumschiff seiner Rasse irgendwo im Sonnensystem kreuzte – irgendwoher musste er schließlich gekommen sein –, wusste er eines doch sicher: Mit dem UFO, in dem er von morgens bis abends schuftete, würde er dieses hypothetische Schiff nie und nimmer erreichen.
Außerdem gab es nur wenige Argumente für die Existenz eines solchen Schiffes, das die Stadtbewohner hätte aufnehmen können, aber sehr viele, die es unwahrscheinlich erscheinen ließen. Mit anderen Worten: Es fehlte Grey nicht nur an den technischen Möglichkeiten, eine Attrappe in eine funktionierende fliegende Untertasse zu verwandeln, sondern auch an echter Motivation.
Bei realistischer Einschätzung der Situation musste er sich eingestehen, dass ihm nur ein einziger Weg blieb, dem Zorn zu entgehen, der sich über ihm entladen würde, wenn die anderen erkannten, dass sie über all die Monate falschen Hoffnungen nachgehangen hatten.
Sie werden mich lynchen. Sie sind wie in die Enge getriebene Tiere. Wenn ihnen auch noch die letzte Hoffnung genommen wird, fällt ihre Fassade der Zivilisation. Das ist überall im Universum gleich.
Beim letzten Gedanken hielt er kurz inne. Wie kam er auf diese Weisheit? Offenbar funktionierte seine Erinnerung auf unterschwelliger Ebene immer noch, nur dass er nicht imstande war, zu ihr vorzudringen.
Er fragte sich, welche Verwandlung er durchlaufen würde, wenn er alles Vergessene mit einem Schlag zurückerhielt. Würde das wiedergewonnene Wissen dann die Anhänger der Beschützer-These bestätigen oder die Majestics? Oder, simpler ausgedrückt: Bin ich gut oder böse?
Manchmal, nicht oft, hoffte er, es nie zu erfahren. Aber eigentlich war er bereit, das Risiko, sich danach vielleicht selbst zu hassen, einzugehen. Weil das Leben, das er führte, eigentlich keines war. Er war umgeben von Angst, Traurigkeit und Schmerz. Fast wöchentlich gab es Todesfälle in Last Remember, die er mit der richtigen medizinischen Ausrüstung hätte verhindern können.
Hoke riss ihn aus seinen trüben Gedanken. „Wenn du sicher bist, ihre Erwartungen nicht erfüllen zu können, müssen wir uns etwas anderes einfallen lassen.“
Die Worte des Freundes veranlassten Grey zu einem Geständnis: „Was ich dir jetzt sage, Hoke, würde ich keinem anderen anvertrauen, und ich hoffe, dass unsere Freundschaft es aushält. Aber ich wusste mir keinen anderen Ausweg.“
Mehr musste er gar nicht sagen.
„Dann stimmt es also.“ Hoke öffnete die linke Hand und boxte mit der Rechten hinein. „Ich hab’s schon lange vermutet, auch wenn ich in Sachen Technik wenig versiert bin: Du kriegst das Ding hier nicht hin.“
„Es ist kein Raumschiff.“
„Ich weiß. Trotzdem hatte ich die Hoffnung, dass du eins daraus machen kannst.“
„Mit den Mitteln, die mir hier zur Verfügung stehen: nein. Weder der Propellerantrieb noch seine Hülle sind für den Einsatz im Weltraum geeignet.“ Er zeigte durch die Glaskanzel zu den über den Diskus verteilten, horizontal gelagerten Rotorblättern, die er in den vergangenen Wochen zum Laufen gebracht hatte. „Ich habe alles getan, was möglich war. Herausgekommen ist etwas, das zwar fliegen kann – aber nur innerhalb der Atmosphäre, und auch nicht sonderlich hoch und weit.“
Hoke dachte lange über seine Worte nach. Schließlich nickte er. „Das ist vermutlich mehr, als irgendeiner von uns geschafft hätte. Aber …“, er räusperte sich, „es wird ihnen nicht genügen.“
„Nein“, sagte Grey. „Das wird es nicht. Es wird auch niemanden trösten, dass ich mit euch sterben werde. Wenn sie mich nicht schon vor der Katastrophe umbringen.“ Er atmete tief ein und aus. „Und darum …“
Hoke horchte auf. „Was hast du vor?“
„Ich werde fliehen. Versuche nicht, mich aufzuhalten. Dass du mich nicht verrätst, weiß ich. Aber ich möchte, dass du mich auch verstehst.“
Hoke schossen Tränen in die Augen – eine Reaktion, auf die Grey nicht vorbereitet war.
„Du kannst mich … doch nicht … allein lassen“, stammelte der Fünfundzwanzigjährige, der als Vollwaise bei verschiedenen Familien in Last Remember aufgewachsen war.
„Allein?“, echote Grey. „Du bist bei deinen Leuten. Ich hingegen …“
„Ich habe nur dich. Sicher, die Bewohner akzeptieren mich. Ich mag auch meine Mütter. Aber das, was uns verbindet, finde ich sonst nirgends!“
Grey massierte unbehaglich die Stelle seiner Brust, wo sein Hauptherz schlug. „Aber ich kann nicht bleiben, Hoke. Irgendwann werden sie die Täuschung realisieren, und dann dauert es nicht lange, bis der erste Stein fliegt.“
Hoke straffte seine Gestalt und ballte die Hände zu Fäusten. „Dann lass uns einen Plan schmieden, wie wir Last Remember hinter uns lassen können. Gemeinsam!“
Zwei Wochen später war es so weit. Grey hatte durch Hoke in der Gemeinde verbreiten lassen, dass die Arbeiten an der fliegenden Untertasse dem Ende zugingen und bald ein erster Probeflug erforderlich war, um die Systeme zu testen. Dieser Jungfernflug sollte am Nachmittag des 8. April stattfinden.
Diese Ankündigung schaffte es, der wachsenden Schar der Skeptiker den Wind aus den Segeln zu nehmen.
Am Abend vor dem Start besuchte Hoke seinen Freund in dem Diskus, der ihm mittlerweile auch oft als Schlafplatz diente. In dem Soloshack, den Hoke von der Gemeinschaft zur Verfügung gestellt bekommen hatte, war es zunehmend einsamer geworden, seit Grey mit Hochdruck an der Vollendung des Flugobjekts arbeitete. Vollendung in dem Sinne, dass die Scheibe sich wenigstens in die Lüfte erheben und eine größere Strecke fliegen konnte. Weit genug hoffentlich, um etwaige Verfolger abzuschütteln.
Große Höhen würden damit nicht erreichbar sein – und waren auch nicht ratsam, um im Falle eines Absturzes eine Überlebenschance zu haben.
Nachdem Hoke sich entschieden hatte, ihn auf der bevorstehenden Flucht zu begleiten, hoffte Grey, dass der Junge es sich im letzten Moment doch noch anders überlegen würde. Aber Hoke blieb seiner Überzeugung treu, wie er auch an diesem Abend nicht müde wurde zu beteuern.
Seit der Entschluss feststand, hatte er sich angewöhnt, abends nach Einbruch der Dunkelheit mit einem Rucksack bei Grey vorbeizuschauen. Darin befanden sich Vorräte, in erster Linie Lebensmittel und Trinkwasser, die sie gemeinsam hinter den Verkleidungen des Cockpits verstauten.
Als Hoke auch heute wieder Proviant anschleppte, hinderte Grey ihn am Auspacken. „Wir dürfen die Maschine nicht überladen“, sagte er. „Wir haben schon mehr verstaut, als gut ist.“
Hoke machte eine betretene Miene. „Hab’s nur gut gemeint“, murmelte er.
„Ich weiß. Und jetzt geh heim und schlaf dich noch mal aus. Wir brauchen morgen beide unsere volle Konzentration. Wahrscheinlich werden wir uns vor Schaulustigen nicht retten können.“
Hokes Lächeln war nicht ganz so offen wie sonst. Weil ihm das bevorstehende Unternehmen, das spürte Grey, Angst machte.
Wieder etwas, das wir gemein haben, dachte er. Und hasste sich schon jetzt für das, was kommen würde.