Mann im Dunkel - Paul Auster - E-Book

Mann im Dunkel E-Book

Paul Auster

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Beschreibung

Der zweiundsiebzigjährige August Brill, ehemals Literaturkritiker und Lebemann, liegt morgens um drei in einem dunklen Zimmer – ein Schlafloser, von Erinnerungen getrieben und von seinen Phantasien. Er glaubt sich allein mit seinen Nachtgedanken, doch auch seine Tochter und seine Enkelin liegen wach, jede für sich, beide mit gebrochenem Herzen. Schwebend zwischen Traum und Wachzustand, spinnt der alte Mann sich eine Geschichte zusammen: Ein junger Mann erwacht in einem tiefen Erdloch. Wie er hineingekommen ist, weiß er nicht – auch nicht, wie er je wieder herausgelangen soll, aus dem Loch und aus jener merkwürdigen Uniform, die er am Leib trägt. Bei Tagesanbruch findet er sich auf einer einsamen Landstraße wieder, mit einer geladenen Pistole im Gepäck und dem Auftrag, im Namen der Sezession jenen zweiundsiebzigjährigen Witwer zu erschießen, dessen Kopf diese wundersam verkehrte Welt entspringt: ein Amerika im Krieg gegen sich selbst, ein Land, in dem der 11. September ein Tag ist wie jeder andere ...

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Paul Auster

Mann im Dunkel

Roman

Über dieses Buch

Der zweiundsiebzigjährige August Brill, ehemals Literaturkritiker und Lebemann, liegt morgens um drei in einem dunklen Zimmer – ein Schlafloser, von Erinnerungen getrieben und von seinen Phantasien. Er glaubt sich allein mit seinen Nachtgedanken, doch auch seine Tochter und seine Enkelin liegen wach, jede für sich, beide mit gebrochenem Herzen.

Schwebend zwischen Traum- und Wachzustand, spinnt der alte Mann sich eine Geschichte zusammen: Ein junger Mann erwacht in einem tiefen Erdloch. Wie er hineingekommen ist, weiß er nicht – auch nicht, wie er je wieder herausgelangen soll, aus dem Loch und aus jener merkwürdigen Uniform, die er am Leib trägt. Bei Tagesanbruch findet er sich auf einer einsamen Landstraße wieder, mit einer geladenen Pistole im Gepäck und dem Auftrag, im Namen der Sezession jenen zweiundsiebzigjährigen Witwer zu erschießen, dessen Kopf diese wundersam verkehrte Welt entspringt: ein Amerika im Krieg gegen sich selbst, ein Land, in dem der 11. September ein Tag ist wie jeder andere …

Vita

Paul Auster wurde 1947 in Newark, New Jersey, geboren. Er studierte Anglistik und Vergleichende Literaturwissenschaften an der Columbia University und verbrachte danach einige Jahre in Paris. Seine Romane wurden unter anderem mit dem Prix Médicis und dem Prinz-von-Asturien-Preis ausgezeichnet. Paul Auster lebt in Brooklyn. Er ist mit der Schriftstellerin Siri Hustvedt verheiratet und hat zwei Kinder.

Für David Grossman und seine Frau Michal, seinen Sohn Jonathan, seine Tochter Ruthi und in Gedenken an Uri

Allein im Dunkel wälze ich die Welt in meinem Kopf, durchlebe den nächsten Kampf mit meiner Schlaflosigkeit, die nächste weiße Nacht in der großen amerikanischen Wildnis. Oben in ihren Zimmern schlafen meine Tochter und meine Enkelin, jede für sich: mein einziges Kind, die siebenundvierzigjährige Miriam, die seit fünf Jahren allein schläft, und Miriams einziges Kind, die dreiundzwanzigjährige Katya, die früher mit einem jungen Mann namens Titus Small schlief, aber nun ist er tot, und Katya schläft allein mit ihrem gebrochenen Herzen.

Helles Licht, dann Dunkelheit. Sonne aus allen Winkeln des Himmels, gefolgt von der Schwärze der Nacht, den stillen Sternen, dem Wind, der sich in Zweigen regt. So geht es zu. Seit mehr als einem Jahr lebe ich in diesem Haus, seit ich aus dem Krankenhaus entlassen wurde. Miriam hatte darauf bestanden, dass ich hierherkomme, und zunächst waren nur wir beide da, zusammen mit einer Tagesschwester, die sich um mich kümmerte, wenn Miriam arbeiten ging. Dann, drei Monate später, brach Katyas Welt in Stücke, und sie verließ die Filmakademie in New York und zog zu ihrer Mutter nach Vermont.

Seine Eltern benannten ihn nach Rembrandts Sohn, dem kleinen Jungen auf seinen Gemälden, dem goldblonden Kind mit dem roten Hut, dem träumenden Schüler, der über seinen Aufgaben grübelt, dem Knaben, der zu einem von Krankheit verwüsteten jungen Mann heranwuchs und genau wie Katyas Titus mit Anfang zwanzig starb. Es ist ein schicksalhafter Name, ein Name, der für immer aus dem Umlauf gezogen werden sollte. Ich denke oft an Titus’ Tod, die entsetzliche Geschichte dieses Todes, die Bilder dieses Todes, seine verheerenden Folgen für meine Enkelin, aber dorthin will ich jetzt, kann ich jetzt nicht gehen, ich muss ihn so weit von mir fernhalten wie möglich. Die Nacht ist noch jung, und während ich hier auf dem Bett liege und ins Dunkel hinaufblicke, ein so schwarzes Dunkel, dass die Zimmerdecke unsichtbar bleibt, erinnere ich mich wieder an die Geschichte, die ich vorige Nacht angefangen habe. Das tue ich immer, wenn der Schlaf nicht kommen will. Ich liege im Bett und erzähle mir Geschichten. Nichts Besonderes, aber solange ich mich damit beschäftige, muss ich schon nicht an die Dinge denken, die ich lieber vergessen möchte. Allerdings fällt es mir schwer, die Konzentration zu halten, und nicht selten entfernen sich meine Gedanken schließlich von der Geschichte, die ich zu erzählen versuche, um doch wieder das zu umkreisen, woran ich nicht denken will. Dagegen ist nichts zu machen. Immer wieder scheitere ich, und nur selten obsiege ich, was nicht bedeutet, dass ich mir nicht jedes Mal die größte Mühe gäbe.

Ich habe ihn in ein Loch gesteckt. Das schien mir ein guter Anfang, eine vielversprechende Methode, die Dinge auf ihren Weg zu bringen. Stecke einen schlafenden Mann in ein Loch und sieh zu, was geschieht, wenn er aufwacht und herauszukriechen versucht. Ich rede von einem tiefen Loch im Erdboden, drei oder vier Meter tief und kreisrund ausgehoben, mit steilen Wänden aus kompaktem Erdreich, so fest und dicht, ihre Oberfläche erinnert an gebrannten Ton, vielleicht gar an Glas. Mit anderen Worten: Der Mann in dem Loch wird nicht imstande sein, sich nach dem Erwachen daraus zu befreien. Es sei denn, er verfügt über eine Bergsteigerausrüstung – Hammer und Eisenstifte, zum Beispiel, oder ein Seil, das er als Lasso um einen Baum in der Nähe werfen könnte –, aber dieser Mann besitzt nichts dergleichen und wird die Aussichtslosigkeit seiner Lage rasch erkennen, sobald er erst einmal zu Bewusstsein gekommen ist.

Und so geschieht es. Der Mann kommt zu sich und entdeckt: Er liegt auf dem Rücken und schaut in einen wolkenlosen Abendhimmel. Sein Name ist Owen Brick, und er hat keine Ahnung, wie er in diese Grube geraten ist, keine Erinnerung daran, in dieses zylindrische Loch gestürzt zu sein, dessen Durchmesser er auf etwa vier Meter schätzt. Er setzt sich auf. Zu seiner Überraschung trägt er eine Soldatenuniform aus grobem, graubraunem Tuch. Auf seinem Kopf sitzt eine Kappe, und seine Füße stecken in einem Paar derber, abgetragener Lederstiefel, die über den Knöcheln mit einem festen Doppelknoten verschnürt sind. Zwei Streifen an den Ärmeln der Jacke weisen den Träger dieser Uniform als jemanden aus, der den Rang eines Corporals bekleidet. Bei dieser Person könnte es sich um Owen Brick handeln, aber der Owen Brick im Loch kann sich nicht erinnern, jemals in einer Armee gedient oder an einem Krieg teilgenommen zu haben.

Mangels jeder anderen Erklärung kann er nur vermuten, dass er einen Schlag auf den Kopf erhalten und vorübergehend das Gedächtnis verloren hat. Er tastet seine Kopfhaut mit den Fingerspitzen nach Beulen oder Schrammen ab, findet aber nicht die Spur einer Schwellung, keine Schnitt- oder Platzwunden, nichts, das auf irgendeine Verletzung hindeutete. Was also ist geschehen? Hat er einen lähmenden Schock erlitten, der große Teile seines Gehirns in Mitleidenschaft gezogen hat? Möglicherweise. Doch falls die Erinnerung an den Auslöser nicht plötzlich wiederkehren sollte, wird er es niemals genau wissen können. Als Nächstes befasst er sich mit der Möglichkeit, dass er zu Hause im Bett liegt und schläft, gefangen in einem übernatürlich deutlichen Traum, einem so intensiven und lebensechten Traum, dass die Grenze zum Wachzustand nahezu vollständig weggeschmolzen ist. Sollte dies der Fall sein, könnte er jetzt einfach die Augen aufmachen, aus dem Bett springen, in die Küche gehen und seinen Morgenkaffee zubereiten. Aber wie kann man seine Augen aufmachen, wenn sie schon offen sind? Er blinzelt ein paarmal in der kindischen Annahme, er könne den Bann damit brechen – aber da es keinen Bann zu brechen gibt, wird auch das Zauberbett nicht Wirklichkeit.

Ein Schwarm Stare schweift über ihn hin, zieht fünf, sechs Sekunden lang durch sein Blickfeld und verschwindet in der Dämmerung. Als Brick sich erhebt, um seine Umgebung zu erkunden, bemerkt er einen Gegenstand, der die vordere linke Tasche seiner Hose ausbeult. Es ist ein Portemonnaie, sein Portemonnaie, und neben sechsundsiebzig amerikanischen Dollar enthält es einen Führerschein des Staates New York, ausgestellt auf einen gewissen Owen Brick, geboren am zwölften Juni neunzehnhundertsiebenundsiebzig. Damit bestätigt sich, was Brick bereits weiß: Er wird bald dreißig und lebt in Jackson Heights, Queens. Auch weiß er, dass er mit einer Frau namens Flora verheiratet ist und seit sieben Jahren in der ganzen Stadt als Profizauberer auftritt, hauptsächlich bei Kindergeburtstagen und unter dem Künstlernamen Der Große Zavello. Diese Tatsachen machen alles nur noch rätselhafter. Wenn er so genau weiß, wer er ist – wie kann er dann auf den Grund dieses Lochs geraten sein, gewandet in die, immerhin, Uniform eines Corporals, ohne Papiere, Hundemarke oder sonst einen militärischen Ausweis, der seinen Rang eindeutig belegen würde?

Er braucht nicht lange, um die Ausweglosigkeit seiner Lage zu begreifen. Die kreisrunde Wand ist zu hoch, und als er mit dem Stiefel dagegentritt, um die Oberfläche einzukerben und sich womöglich einen Halt zum Klettern zu verschaffen, trägt er lediglich einen schmerzenden großen Zeh davon. Die Nacht senkt sich weiter herab, und es liegt ein Frösteln in der Luft, ein feuchtes, frühlingshaftes Frösteln, das in seinen Körper kriecht, und wenngleich Brick es allmählich mit der Angst zu tun bekommt, überwiegt fürs Erste seine Verwirrung. Dennoch kann er sich nicht enthalten, um Hilfe zu rufen. Bis jetzt ist alles um ihn herum still gewesen, ein Hinweis darauf, dass er sich an einem entlegenen, unbesiedelten Ort irgendwo auf dem Lande befindet, wo nichts zu hören ist als ein gelegentlicher Vogelruf oder das Rascheln des Windes. Wie auf Kommando, wie aus einer verdrehten Logik von Ursache und Wirkung heraus, bricht jedoch, kaum hat er das Wort HILFE ausgestoßen, in der Ferne Artilleriefeuer aus, und am dunklen Himmel erstrahlen Kometen der Zerstörung. Brick hört Maschinengewehre rattern, explodierende Handgranaten und, im Hintergrund, zweifellos einige Meilen entfernt, einen dumpfen Chor schreiender Menschen. Es ist Krieg, erkennt er, und er ist Soldat in diesem Krieg, jedoch ohne Waffe, ohne jede Möglichkeit, sich gegen einen Angriff zu verteidigen. Zum ersten Mal, seit er in dem Loch aufgewacht ist, empfindet er wirklich Angst.

Die Schießerei währt noch über eine Stunde und löst sich dann nach und nach in Stille auf. Wenig später vernimmt Brick das ferne Jaulen von Sirenen, er erklärt es sich damit, dass nun Feuerwehrwagen zu Gebäuden eilen, die während des Angriffs beschädigt worden sind. Dann verstummen auch sie, und wieder senkt sich Schweigen auf ihn herab. Frierend, verängstigt und erschöpft umschreitet Brick die Grenzen seiner zylindrischen Zelle, und als am Himmel die Sterne erscheinen, streckt er sich auf dem Boden aus und schläft tatsächlich ein.

Früh am nächsten Morgen weckt ihn eine Stimme, die vom oberen Rand des Lochs zu ihm hinunterdringt. Brick sieht auf und erblickt dort über der Kante das Gesicht eines Mannes, und da er nur dieses Gesicht sehen kann, nimmt er an, der Mann liege flach auf dem Bauch.

Corporal, sagt der Mann. Corporal Brick, es ist Zeit. Wir müssen weiter.

Brick steht auf, und jetzt, da seine Augen nur noch einen guten Meter von dem Fremden entfernt sind, erkennt er das Gesicht deutlicher: Es gehört einem dunkelhäutigen Mann mit kantigem Kinn und stoppeligem Zweitagebart, und die Kappe auf seinem Kopf ist genau so eine, wie er selbst sie trägt. Ehe Brick beteuern kann, dass er gern mit ihm weiterziehen wolle, sich aber gegenwärtig kaum dazu imstande sehe, verschwindet das Gesicht des Mannes.

Keine Sorge, hört er ihn sagen. Wir holen Sie da im Handumdrehen raus.

Kurz darauf ertönen die Schläge eines Hammers oder Eisenschlegels auf Metall, und da die Laute mit jedem Hieb ein wenig dumpfer klingen, fragt sich Brick, ob der Mann etwa einen Pflock in den Boden treibe. Und falls es ein Pflock sei, ob dann als Nächstes ein Seil daran befestigt werde, an dem Brick aus dem Loch hinausklettern könnte. Das Hämmern bricht ab, wieder vergehen dreißig oder vierzig Sekunden, dann fällt, genau wie er es sich gedacht hat, ein Seil vor seine Füße.

Brick ist Zauberer, kein Bodybuilder, und auch wenn es für einen gesunden Mann von dreißig Jahren keine allzu große Herausforderung darstellen sollte, einen einzigen Meter an einem Seil hochzuklettern, schafft er es doch nur mit sehr viel Mühe bis nach oben. Die Wand ist ihm keine Hilfe, da die Sohlen seiner Schuhe immer wieder an der glatten Oberfläche abrutschen, und auch als er versucht, das Seil mit den Stiefeln zu umklammern, findet er keinen Halt, sodass er sich ganz auf die Kraft seiner Arme verlassen muss, und da er weder muskulös noch kräftig ist und das grobgefaserte Seil ihm die Handflächen aufscheuert, entwickelt sich die simple Aufgabe zu einem zähen Ringen. Als er sich schließlich dem Rand nähert und der andere Mann seine rechte Hand packt und ihn zu sich auf den Erdboden zieht, ist Brick nicht nur außer Atem, sondern auch wütend auf sich selbst. Nach dieser kläglichen Vorstellung rechnet er damit, für seine Ungeschicklichkeit verspottet zu werden, doch wundersamerweise enthält der Mann sich jeglicher abfälliger Bemerkungen.

Als Brick sich langsam hochrappelt, bemerkt er, sein Retter trägt die gleiche Uniform wie er selbst, nur mit dem einen Unterschied, dass da drei Streifen auf den Ärmeln seiner Jacke sind und nicht zwei. Dichter Nebel hängt in der Luft, so kann er kaum erkennen, wo er sich befindet. Ein einsamer Fleck auf dem Lande, wie er vermutet hat, von der Stadt, die vorige Nacht unter Beschuss lag, ist nirgendwo etwas zu sehen. Die einzigen Dinge, die er mit Sicherheit ausmachen kann, sind der Pflock mit dem daran befestigten Seil und ein schlammbespritzter Jeep, der etwa drei Meter vom Rand des Lochs geparkt ist.

Corporal, sagt der Mann und schüttelt Brick mit festem, begeistertem Griff die Hand. Ich bin Serge Tobak, Ihr Sergeant. Besser bekannt als Sarge Serge.

Brick sieht auf den Mann hinab, der gut fünfzehn Zentimeter kleiner ist als er selbst, und wiederholt mit leiser Stimme den Namen: Sarge Serge.

Ich weiß, sagt Tobak. Sehr komisch. Aber der Name ist an mir hängengeblieben, und jetzt kann ich nichts mehr dagegen machen. Hätte schlimmer kommen können.

Was mache ich hier?, fragt Brick und versucht die Angst in seiner Stimme zu unterdrücken.

Reiß dich zusammen, Junge. Wir haben Krieg. Was dachtest du denn, was das hier sein soll? Ein Ausflug in den Vergnügungspark?

Was für ein Krieg? Heißt das, wir sind im Irak?

Irak? Wen kümmert der Irak?

Amerika führt Krieg im Irak. Das weiß doch jeder.

Scheiß auf den Irak. Das hier ist Amerika, und Amerika kämpft gegen Amerika.

Wovon reden Sie?

Bürgerkrieg, Brick. Weißt du denn gar nichts? Er geht schon ins vierte Jahr. Aber jetzt, wo du aufgetaucht bist, wird es bald vorbei sein. Du bist der Mann, der das Ende bringt.

Woher kennen Sie meinen Namen?

Du bist in meinem Zug, Blödmann.

Und was ist mit diesem Loch? Wieso war ich da unten?

Das übliche Verfahren. Alle neuen Rekruten kommen so zu uns.

Aber ich habe mich nie gemeldet. Niemals.

Natürlich nicht. Niemand tut das. Aber so ist es nun einmal. Eben noch lebst du dein Leben, und plötzlich bist du im Krieg.

Tobaks Erklärungen machen Brick so konfus, dass es ihm die Sprache verschlägt.

Die Sache ist die, quasselt der Sergeant weiter. Du bist der Trottel, den sie für den großen Job ausgesucht haben. Frag mich nicht, warum, aber der Generalstab meint, du seist der beste Mann für diesen Auftrag. Vielleicht, weil niemand dich kennt, oder vielleicht, weil du so einen … so einen … so einen faden Eindruck machst und niemand in dir einen Attentäter vermuten würde.

Einen Attentäter?

Ganz recht, einen Attentäter. Ich persönlich bevorzuge allerdings das Wort Befreier. Oder Friedensstifter. Nenn es wie du willst – ohne dich wird dieser Krieg niemals aufhören.

Brick würde am liebsten auf der Stelle davonlaufen, aber da er unbewaffnet ist, fällt ihm nichts Besseres ein, als zunächst einmal mitzuspielen. Und wen soll ich umbringen?, fragt er.

Die Frage lautet nicht Wen, sondern eher Was, antwortet der Sergeant dunkel. Wir kennen nicht einmal seinen Namen. Er könnte Blake heißen. Oder Black. Vielleicht auch Bloch. Aber wir haben eine Adresse, und falls er sich inzwischen nicht verdrückt hat, dürftest du keine größeren Schwierigkeiten haben. Wir bringen dich mit einem Kontaktmann in der Stadt zusammen, du arbeitest verdeckt, und in wenigen Tagen ist alles vorbei.

Und womit hat dieser Mann den Tod verdient?

Ihm gehört der Krieg. Er hat ihn erfunden, und alles, was geschieht oder geschehen wird, befindet sich in seinem Kopf. Ist dieser Kopf erst beseitigt, hört der Krieg auf. So einfach ist das.

Einfach? Man könnte meinen, Sie reden von Gott.

Er ist kein Gott, Corporal. Nur ein Mensch. Den ganzen Tag sitzt er in einem Zimmer und schreibt, und was er schreibt, wird Wirklichkeit. Die Nachrichtendienste berichten, er sei von Schuldgefühlen zerfressen, aber er könne dennoch nicht aufhören. Wenn das Schwein den Mut hätte, sich das Hirn selbst wegzupusten, müssten wir dieses Gespräch nicht führen.

Sie behaupten also, das hier sei eine Geschichte, ein Mann schreibe eine Geschichte, und wir alle kämen darin vor.

So ähnlich.

Und wenn er tot ist – was dann? Der Krieg hört auf. Aber was wird aus uns?

Alles kehrt in den Normalzustand zurück.

Oder wir verschwinden einfach.

Möglich. Aber dieses Risiko müssen wir eingehen, junger Mann. Schon jetzt haben wir über dreizehn Millionen Tote. Wenn das so weitergeht, ist bald die Hälfte der Bevölkerung ausgelöscht.

Brick hat nicht die Absicht, jemanden zu töten, und je länger er Tobak zuhört, desto mehr ist er davon überzeugt, dass der Mann nicht ganz richtig im Kopf sein könne. Fürs Erste bleibt ihm jedoch nichts anderes übrig, als Verständnis zu heucheln und so zu tun, als sei er bereit, den Auftrag auszuführen.

Sarge Serge schreitet zu dem Jeep, nimmt eine prallgefüllte Plastiktasche von der Ladefläche und reicht sie Brick. Deine neuen Klamotten, sagt er und weist den Zauberer mitten im freien Gelände an, seine Uniform auszuziehen und gegen die Zivilkleidung in der Tasche auszutauschen: ein Paar schwarze Jeans, ein blaues Oxford-Hemd, ein roter Pullover mit V-Ausschnitt, ein Gürtel, eine braune Lederjacke und schwarze Lederschuhe. Dann gibt er ihm einen grünen Nylonrucksack, in dem sich weitere Kleidungsstücke befinden, ferner Rasierzeug, Zahnbürste und Zahnpasta, eine Haarbürste, ein Revolver Kaliber achtunddreißig und eine Schachtel Munition. Als Letztes erhält Brick einen braunen Umschlag mit zwanzig Fünfzigdollarscheinen und einem Zettel, auf dem Name und Adresse seines Kontaktmanns stehen.

Lou Frisk, sagt der Sergeant. Ein guter Mann. Sobald du in die Stadt kommst, suchst du ihn auf. Er wird dir alles sagen, was du wissen musst.

Von welcher Stadt reden wir?, fragt Brick. Ich habe keine Ahnung, wo ich bin.

Wellington, sagt Tobak, schwenkt nach rechts und zeigt in den dichten Morgennebel. Zwölf Meilen nach Norden. Halte dich einfach an diese Straße, dann wirst du am Nachmittag dort eintreffen.

Ich soll zu Fuß gehen?

Tut mir leid. Ich würde dich hinfahren, aber ich muss in die andere Richtung. Meine Männer warten schon.

Und was ist mit Frühstück? Zwölf Meilen auf leeren Magen …

Auch das tut mir leid. Ich hätte dir ein Eier-Sandwich und eine Thermoskanne Kaffee mitbringen sollen, aber das habe ich vergessen.

Bevor er aufbricht, um sich seinen Männern anzuschließen, zieht Sarge Serge das Seil aus dem Loch, reißt den Eisenpflock aus dem Boden und wirft beides auf die Ladefläche des Jeeps. Dann klettert er hinters Steuerrad und lässt den Motor an. Er salutiert zum Abschied und sagt: Dass du mir durchhältst, Soldat. Für mich siehst du zwar nicht gerade wie ein Killer aus, aber was weiß ich schon? Ich habe nie mit irgendetwas recht.

Ohne ein weiteres Wort gibt er Gas und ist binnen Sekunden im Nebel verschwunden. Brick rührt sich nicht von der Stelle. Er friert, er hat Hunger, er ist verwirrt und verängstigt. Eine Minute, vielleicht länger, steht er mitten auf der Straße und fragt sich, was er als Nächstes tun solle. Schließlich fängt er in der eisigen Luft zu zittern an. Das hilft ihm bei der Entscheidung. Er muss in Bewegung bleiben, er muss sich aufwärmen, und so dreht er sich, ohne die leiseste Ahnung, was ihn erwartet, um, schiebt die Hände in die Taschen und beginnt seine Wanderung in Richtung Stadt.

Oben ist eine Tür aufgegangen, und ich höre Schritte auf dem Flur. Ob es die von Miriam sind oder Katyas, kann ich nicht sagen. Die Badezimmertür geht auf und zu; leise, sehr leise, vernehme ich die vertraute Melodie von Pisse auf Wasser, aber wer immer da pinkelt, ist rücksichtsvoll genug, nicht auf die Spülung zu drücken und womöglich jemanden im Haus zu wecken, auch wenn zwei Drittel der Bewohner ohnehin wach sind. Die Badezimmertür geht wieder auf; vorsichtige Schritte im Flur, dann fällt die Schlafzimmertür ins Schloss. Wenn ich mich entscheiden müsste, würde ich sagen, es war Katya. Die arme, leidgeprüfte Katya, so schlafresistent wie ihr bewegungsunfähiger Großvater. Wie gern würde ich die Treppe hinaufgehen, in ihr Zimmer treten und eine Weile mit ihr reden. Ihr vielleicht ein paar schlechte Witze erzählen oder ihr auch nur den Kopf streicheln, bis ihre Augen zufielen und sie einschliefe. Aber wie soll ich im Rollstuhl die Treppe hochkommen? Und mit der Krücke würde ich im Dunkeln wahrscheinlich hinfallen. Dieses verdammte Bein. Die einzige Lösung wäre, mir ein Paar Flügel wachsen zu lassen, Riesenflügel mit ganz weichem weißem Gefieder. Damit wäre ich im Nu da oben.

In den letzten zwei Monaten haben Katya und ich Stunden damit zugebracht, uns gemeinsam Filme anzuschauen. Seite an Seite hocken wir auf dem Sofa im Wohnzimmer, starren den Fernseher an, ziehen uns zwei, drei, manchmal gar vier Filme hintereinander rein, unterbrechen nur kurz, um mit Miriam zu Abend zu essen, und kehren aufs Sofa zurück, für ein oder zwei weitere Filme vor dem Schlafengehen. Eigentlich sollte ich an meinem Manuskript arbeiten, an meinen Memoiren, die ich Miriam versprochen hatte, nachdem ich vor drei Jahren in den Ruhestand getreten war: die Geschichte meines Lebens, die Familiengeschichte, die Chronik einer verschwundenen Welt. Aber in Wahrheit sitze ich lieber mit Katya auf dem Sofa, halte ihre Hand, lasse ihren Kopf an meiner Schulter ruhen und spüre, wie meine Gedanken an der endlosen Parade der Bilder auf dem Bildschirm stumpf werden. Über ein Jahr lang habe ich täglich daran gearbeitet und einen gewaltigen Stapel Papier vollgeschrieben, etwa die Hälfte der Geschichte, möchte ich meinen, vielleicht ein wenig mehr, aber jetzt habe ich wohl die Lust verloren. Vielleicht hat es angefangen, als Sonia starb, ich weiß es nicht, das Ende unseres Ehelebens, meine Einsamkeit, die verfluchte Einsamkeit, nachdem ich sie verloren hatte, und dann habe ich diesen Mietwagen zu Schrott gefahren, mir das Bein ruiniert und mich selbst fast umgebracht. Auch das mag dazu beigetragen haben: zu meiner Gleichgültigkeit, zu dem Gefühl, dass es, nach meinen zweiundsiebzig Jahren auf dieser Welt, ja doch keinen Menschen interessiert, ob ich über mich schreibe oder nicht. Mich selbst hat es jedenfalls nie interessiert, nicht einmal, als ich jung war, und ganz gewiss hatte ich nie den Ehrgeiz, ein Buch zu schreiben. Gelesen habe ich immer gern, das schon, ein Buch nach dem andern, um dann darüber zu schreiben. Aber ich war immer ein Sprinter, niemals ein Langstreckenläufer, ein Rennpferd, das vierzig Jahre lang bei Redaktionsschluss durch die Ziellinie kam, ein Fachmann, wenn es darum ging, einen Beitrag mit siebenhundert oder fünfzehnhundert Wörtern zu fabrizieren, dazu eine zweimal in der Woche erscheinende Kolumne und gelegentlich einen Artikel für die Beilage – wie viel tausend mag ich davon ausgekotzt haben? Eintagsfliegen, jahrzehntelang, Berge von verbranntem und recyceltem Papier. Anders als die meisten meiner Kollegen hatte ich nie die geringste Neigung, die guten Stücke zu sammeln – wenn es denn überhaupt welche gab –, und sie noch einmal in Büchern abdrucken zu lassen, die kein normaler Mensch je lesen würde. Mag mein halbfertiges Manuskript fürs Erste vor sich hinmodern. Miriam hingegen ist fleißig, sie hat ihre Biographie von Rose Hawthorne fast fertig, hartnäckig arbeitet sie an allen freien Abenden, an den Wochenenden, wann immer sie nicht nach Hampton fahren und ihre Vorlesungen halten muss, und bis auf weiteres scheint mir ein Schriftsteller im Haus vollkommen auszureichen.

Wo war ich? Owen Brick … Owen Brick auf dem Weg in die Stadt. Die kalte Luft, die Verwirrung, ein zweiter Bürgerkrieg in Amerika. Ein Prolog. Doch bevor ich mir überlege, wie es mit meinem verstörten Zauberer weitergehen wird, brauche ich ein wenig Zeit, um über Katya und die Filme nachzudenken. Ich bin mir noch immer nicht im Klaren, was ich davon halten soll. Als Katya anfing, eine DVD nach der anderen übers Internet zu bestellen, hielt ich das für ein gutes Zeichen, einen kleinen Schritt in die richtige Richtung. Immerhin zeigte es mir, dass sie bereit war, sich ablenken zu lassen, sich mit etwas anderem als ihrem toten Titus zu beschäftigen. Schließlich studiert sie an der Filmakademie und will einmal Cutterin werden, und als die Dinger bei uns einzutrudeln begannen, fragte ich mich, ob sie das Studium nun doch wiederaufnehmen oder sich wenigstens auf eigene Faust fortbilden wolle. Nach einer Weile jedoch erschien mir ihr zwanghafter Filmkonsum wie eine Form von Selbstmedikation, als homöopathisches Betäubungsmittel, das jegliche Gedanken an ihre Zukunft ausschalten sollte. Sich in einen Film zu flüchten ist etwas anderes, als sich in ein Buch zu flüchten. Bücher zwingen einen, ihnen etwas zurückzugeben, den Verstand und die Phantasie zu gebrauchen, wohingegen man einen Film im Zustand geistiger Passivität sehen und auch genießen kann. Damit will ich nicht behaupten, Katya sei innerlich versteinert. Sie lächelt, und manchmal, an besonders komischen Stellen, lässt sie sogar ein kleines Lachen hören, und bei anrührenden Szenen treten ihre Tränendrüsen nicht selten in Aktion. Ich denke, es hat eher mit ihrer Haltung zu tun, mit der Art, wie sie ins Sofa sinkt, die Füße auf dem Couchtisch ausstreckt und dann stundenlang reglos verharrt, nicht ans Telefon geht und überhaupt nur Anzeichen von Leben erkennen lässt, wenn ich sie berühre oder in die Arme nehme. Wahrscheinlich liegt es an mir. Ich habe sie dazu ermuntert, dieses abgeflachte Dasein zu fristen, und vielleicht sollte ich dem ein Ende machen – obwohl ich bezweifle, dass sie auf mich hören würde.

Allerdings sind manche Tage besser als andere. Wenn wir einen Film gesehen haben, reden wir hinterher immer eine Weile darüber, bevor Katya den nächsten einlegt. Während ich meistens über die Handlung und die Qualität der Schauspieler diskutieren möchte, konzentrieren sich ihre Bemerkungen auf die technischen Aspekte: die Kameraeinstellungen, den Schnitt, die Beleuchtung, den Ton und so weiter. Heute Abend jedoch, nachdem wir drei ausländische Filme hintereinander gesehen hatten – Die große Illusion, Fahrraddiebe und Apus Welt –, skizzierte Katya mit einigen geistreichen und prägnanten Anmerkungen eine Theorie des Filmemachens, deren Scharfsinn mich verblüffte.

Leblose Gegenstände, sagte sie.

Was ist damit?, fragte ich.

Leblose Gegenstände als Mittel zum Ausdruck menschlicher Gefühle. Das ist die Sprache des Films. Nur gute Regisseure wissen damit umzugehen, aber Renoir, De Sica und Ray sind drei der besten. Hab ich recht?

Zweifellos.

Denk an die Anfangssequenz von Fahrraddiebe. Der Held bekommt einen Job angeboten, aber um die Arbeit antreten zu können, muss er sein Fahrrad beim Pfandleiher auslösen. Er geht nach Hause und beklagt sein Schicksal. Vor dem Haus trifft er auf seine Frau; sie schleppt zwei schwere Wassereimer. Die ganze Armut der beiden, die ganze Mühsal dieser Frau und ihrer Familie steckt in diesen Eimern. Der Mann ist so sehr mit seinen eigenen Sorgen beschäftigt, dass er erst auf die Idee kommt, ihr zu helfen, als sie schon fast im Hauseingang verschwunden ist. Und auch dann nimmt er ihr nur einen der beiden Eimer ab und lässt sie den anderen weitertragen. In diesen wenigen Sekunden erfahren wir alles, was wir über die Ehe der beiden wissen müssen. Dann steigen sie die Treppe zu ihrer Wohnung hoch, und die Frau schlägt vor, sie könnten ihre Bettwäsche versetzen, um das Fahrrad auszulösen. Erinnere dich, wie heftig sie in der Küche gegen den Eimer tritt, erinnere dich, wie ungeduldig sie an der Schublade rüttelt. Leblose Gegenstände, menschliche Gefühle. Dann befinden wir uns in der Pfandleihe, einem riesigen Lagerhaus für Dinge, die keiner mehr haben will. Die Frau gibt ihre Bettwäsche ab; wir sehen einen der Angestellten mit dem kleinen Bündel zu den Regalen gehen, worin die versetzten Sachen verwahrt werden. Zunächst wirken die Regale nicht besonders raumgreifend, aber als die Kamera aufzieht und mit dem Mann nach oben klettert, sehen wir sie immer weiter und weiter bis unter die Decke reichen, und jedes einzelne Fach ist bis zum letzten Eckchen vollgestopft mit Bündeln wie dem, das der Mann jetzt einlagert, und plötzlich hat man den Eindruck, alle Familien Roms hätten ihre Bettwäsche versetzt und die gesamte Stadt befinde sich in derselben Notlage wie der Held des Films und seine Frau. Eine einzige Einstellung, Grandpa. Eine einzige Einstellung zeigt uns eine ganze Gesellschaft am Rand der Katastrophe.

Nicht schlecht, Katya. Wie klug du bist.

Das ist mir heute Abend eingefallen. Aber ich glaube, ich habe da etwas wirklich Wesentliches entdeckt, denn Beispiele dafür habe ich in allen drei Filmen gefunden. Erinnerst du dich an das Geschirr in Die große Illusion?

Das Geschirr?

Kurz vor dem Ende. Gabin sagt der deutschen Frau, dass er sie liebe, dass er sie und ihre Tochter nach Kriegsende abholen werde, aber die Armee rückt bereits näher, und er und Dalio müssen versuchen, über die Schweizer Grenze zu gelangen, bevor es zu spät ist. Die vier nehmen eine letzte gemeinsame Mahlzeit ein, und dann kommt der Augenblick des Abschiednehmens. Das alles ist natürlich sehr bewegend. Gabin und die Frau auf der Türschwelle, die Möglichkeit, dass sie einander nie wiedersehen, die Tränen der Frau, als die beiden Männer in die Nacht verschwinden. Nun schneidet Renoir auf Gabin und Dalio, die durch den Wald laufen, und ich wette, jeder andere Regisseur auf der Welt wäre bis zum Ende des Films bei ihnen geblieben. Aber nicht Renoir. Er besitzt das Genie – und wenn ich Genie sage, meine ich das Verständnis, die Einfühlungsgabe, das Mitgefühl –, zu der Frau und ihrer kleinen Tochter zurückzugehen, zu dieser jungen Witwe, die schon ihren Mann an den Wahnsinn des Kriegs verloren hat. Und was lässt er sie jetzt tun? Sie muss ins Haus zurück, zum Esszimmertisch und dem schmutzigen Geschirr, das von der letzten Mahlzeit übrig geblieben ist. Die Männer sind fort, und nun, da sie fort sind, ist dieses Geschirr zum Zeichen ihrer Abwesenheit geworden, zum Sinnbild des einsamen Leidens von Frauen, deren Männer in den Krieg ziehen. Stück für Stück und ohne ein Wort zu sagen nimmt sie die Schüsseln und Teller und räumt den Tisch ab. Wie lange dauert diese Szene? Zehn Sekunden? Fünfzehn Sekunden? Jedenfalls nicht sehr lange, aber sie verschlägt einem den Atem, oder? Sie macht einen fix und fertig.