Märchen aus Art-Arien - Sophie André - E-Book

Märchen aus Art-Arien E-Book

Sophie André

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Beschreibung

Was wäre Art-Arien ohne seine Mythen und Legenden?

Ganz gleich, ob nun die Inokté erzählen, die Dämonenkrieger oder die Dakoraner – wann immer die alten Überlieferungen zu neuem Leben erweckt werden, tauchen die Zuhörer in eine spannende Welt voller Überraschungen und Weisheit ein.

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Veröffentlichungsjahr: 2020

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Sophie André

Märchen aus Art-Arien

BookRix GmbH & Co. KG81371 München

Qindie

 

 

 

 

Qindie steht für qualitativ hochwertige Indie-Publikationen. Achten Sie also künftig auf das Qindie-Siegel! Für weitere Informationen, News und Veranstaltungen besuchen Sie unsere Website: http://www.qindie.de/

 

 

 

 

 

Vorwort

 

 

Liebe Leserinnen und Leser,

was wäre eine Welt ohne Überlieferungen, ohne Märchen und Legenden, ohne Sagen? Auch die Bewohner meiner magischen Welt Art-Arien finden sich dann und wann zusammen, um Erinnerungen an alte Zeiten und uralte Geschichten wieder aufleben zu lassen. Beim Durchforsten alter Folianten und beim Lauschen auf das Flüstern des Windes, der über das westliche Meer herüberweht, beim Betrachten alter Skizzen und Artefakte fand ich den einen oder anderen Hinweis auf diese Legenden. In diesem kleinen Büchlein, das mitnichten der großartigen Bibliothek in Arien gerecht wird, habe ich begonnen, meine Schätze für euch aufzuschreiben. Noch ist die Sammlung nicht vollständig und ab und zu muss ich pausieren, da meinen herbstkalten Fingern die Schreibfeder entgleitet. Dennoch seid herzlich eingeladen, mir in die Märchenwelt Art-Ariens zu folgen. Und vielleicht ... vielleicht entdeckt ihr sie ja, jene geheimnisvolle Spur, die zu unseren eigenen Überlieferungen führt.

 

Eure Sophie

Die Karte Art-Ariens

 

Eine großformatige Darstellung der Karte und weitere Skizzen zum Buch finden Sie auf meiner Home page unter

http://www.sophie-andrae.de/intro.html

 

Wie Iktomi den Traumfänger webte - Eine Geschichte aus Ipioca

 

 

Tief im Winter, wenn der Schnee sich hoch vor den Langhäusern der Inokté türmte und nur die rotgelben, züngelnden, knisternden Flammen der Feuer vor der eisigen Kälte des Frostes schützten, fand sich das ganze Dorf an den Abenden im großen Versammlungshaus des Stammes zusammen. Bis spät in die Nacht hinein sangen, trommelten und tanzten die Bewohner Tsiigehtchics, als wollten sie die Dunkelheit und die Kälte allein durch ihre Freude vertreiben.

Bei all dem waren die Kinder immer mit dabei und es spielte keine Rolle, ob ihre Eltern Menschen oder magische Wesen waren. Bei den Reifen- und Stockballspielen, bei den Liedern und Tänzen gab es keinen Unterschied zwischen den verschiedenen Spezies. Am schönsten aber war es für alle, wenn sich der Minági Nashoba zu ihnen gesellte. Schon wenn der großgewachsene Magier zusammen mit seiner Gefährtin den Raum betrat, verstummten die anfeuernden Rufe der Spieler und die Kinder versammelten sich erwartungsvoll um das Feuer.

Nahm dann der Wolfsmagier in ihrem Kreis ebenfalls Platz und brachte aus den Falten seiner Büffelfellrobe nicht nur das heilige Chanunpa wakan zum Vorschein, sondern auch eine große Kalebasse voller gerösteter Zirbelnüsse oder getrockneter Kaktusfrüchte, dann ließen sich auch die Erwachsenen mit einem stillen Lächeln hinter den Jüngeren nieder und schenkten ihrem Anführer ihre Aufmerksamkeit. Würde er ihnen doch erneut eine der spannenden Legenden in Erinnerung bringen, die die Seele ihres Stammes und seine Geschichte ausmachten. Der Beginn dieser Mythenabende war immer derselbe. Dennoch beobachteten die Kinder mit Spannung den Minági, der darauf wartete, dass sich die Stille um ihn herum ausbreitete, um dann sein Kalumet zu stopfen und zu entzünden.  Während er bald darauf zufrieden einen ersten Zug aus der Heiligen Pfeife nahm und den Rauch in die vier Himmelsrichtungen blies, reichte seine Gefährtin Solinacea die von ihr vorbereiteten Süßigkeiten in die erwartungsvolle Kinderrunde. Dann gab der Minági das Kalumet weiter, zog das weiße Büffelfell zurecht, mit dem er sich vor der Kälte schützte und richtete seine fast schwarzen Augen forschend auf eines der Kinder.

»Kennst du die Geschichte, wie Iktomi den Traumfänger webte?«, fragte er mit ernster Stimme, während die Fältchen um seine Augen bereits sein Vergnügen verrieten. Ahnte er doch, wie alle Erwachsenen, die Reaktion der Kinder schon im Voraus.

Und auch dieses Mal war es wie immer. Während das kleine Mädchen aufgeregt nickte, kreischten und lachten die anderen wild durcheinander, bis die erhobene Hand des Minági ihnen Ruhe gebot. Er lächelte der kleinen, dunkelhaarigen Schönheit zu, die vor Begeisterung die winzige Faust zwischen die Zähne gepresst hatte, und begann.

»Vor langen Zeiten, als die Inokté noch ganz allein über die weiten Graslande zogen und noch niemand von anderen Völkern oder anderen Magiern gehört hatte, lebte ein großer Anführer unseres Volkes. Sein Name war Mato, der Bär. Niemand weiß, ob er ein Mensch oder ein Magier war, doch in jenen vergangenen, friedlichen Zeiten spielte die Abstammung eines Mannes auch keine so große Rolle. Von Bedeutung waren nur sein Wesen und sein Können.

Mato aber war ein weiser Mann, der sich fortwährend Sorgen um die Zukunft unseres Stammes machte. Ganz am Anfang mochte es richtig gewesen sein, über die Probleme des Volkes nachzusinnen, doch als seine Gedanken immer dunkler wurden, raubten sie ihm seine Konzentration und seinen Schlaf. Mato sah ein, dass es so nicht mehr weiter ging. Lange dachte er nach, was er tun könne. Schließlich entschloss er sich, ins Gebirge zu ziehen und nach den Göttern zu suchen. Einer von ihnen konnte ihm bestimmt sagen, wie die Zukunft der Inokté aussähe, auf dass er sich nie mehr darüber Sorgen machen müsse.«

Nashoba sah in die Runde. Wie gebannt waren sämtliche Kinderaugen auf ihn gerichtet. Ein wenig links von ihm saß der Junge Ciqala. Diesem nickte er nun zu.

»Mato gelangte nach einigen Tagen an unsere heißen Quellen. Und dort traf er tatsächlich auf einen Trickstergott. Wer aber ist dem Bären damals über den Weg gelaufen?«

Noch während der Minági seine Frage stellte, war der kleine Ciqala ungeduldig auf und nieder gehopst. »Iktomi! Iktomi!«, rief er nun ungestüm aus. Viele der lächelnden Erwachsenen nickten. So auch Nashoba, der Ciqalas Antwort bestätigte.

»Richtig! Er traf den Trickster, der die Gestalt einer Spinne angenommen hatte. Iktomi war an diesem Tag freundlich gestimmt«, berichtete dann der Minági weiter. »Das ist nicht immer so und ihr wisst, dass der Trickster auch böse und verschlagen sein kann. Damals aber hörte er sich Matos Probleme geduldig an. Und während unser Ahne noch redete, schnitt Iktomi Weidenzweige von einem Baum und sammelte einige heruntergefallene Federn auf.

›Es würde dir nichts helfen, die Zukunft zu kennen‹, erklärte er dann dem enttäuschten Mato. ›Sie zu kennen, bedeutet noch nicht, die Zeit ändern zu können. Was kommt, kommt. Egal, wie viel du heute davon ahnst oder weißt.‹ Während er Mato lehrte, tat er, was eine Spinne am besten kann. Er spann ein Netz in den Weidenreifen. Danach hielt er das Gebilde in die Höhe. ›Sieh auf diesen Reifen‹, sprach Iktomi.«

Hier verstummte Nashoba und sah die Kinder erwartungsvoll an. Und nun zeigte sich, wie oft und aufmerksam sie dieser Geschichte schon gelauscht hatten. Ein Chor von Kinderstimmen führte die Erzählung fort.

»Der Weidenreifen ist wie unser Leben«, riefen die Kleinen aufgeregt.

Wieder nickte der Minági. Wie von Zauberhand zog auch er nun einen kleinen, noch ungeschmückten Traumfänger unter dem Büffelfell hervor und hielt ihn in die Höhe.

»Der Zyklus des Lebens hat weder Anfang noch Ende. So lehrte es uns der Trickster Iktomi. Alles findet im Kreis seinen Platz, der Säugling, der neu auf der Erde ankommt ...«

Nashoba hielt einen Moment in seiner Erzählung inne, um seiner Gefährtin ein liebevolles Lächeln zu schenken und mit sanfter Hand über deren vorgewölbten, schwangeren Bauch zu streichen.

» … die Kinder und jungen Männer und Frauen …«, hier schenkte er der aufgeregten Runde vor sich ein Grinsen. »… und die Alten und Weisen.«

Hier blickte er ehrerbietig zu der alten Schamanin Onatah, die er wie eine Mutter verehrte. 

»Sie alle haben einen Platz im Kreis des Lebens und er schließt sich von Generation zu Generation. Doch nicht nur der Traumfänger symbolisiert den Lebenszyklus«, wandte er sich dann erneut an seine jungen Zuhörer. »Wo seht ihr noch das Symbol des Kreises?«

Und nun riefen sie durcheinander.

»Die runde Trommel!«

»Unser Tipi.«

»Die Vogelnester.«

»Das Sonnenrad.«

Lachend unterbrach Nashoba den Redefluss. »Ihr habt mir wirklich immer gut zugehört! Doch nun lasst Iktomi weiter erzählen.«