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Irgendwann lebte irgendwo einmal irgendwie eine Marie, also ich, und die ... erlebt Märchen! Jeden Tag, also auch sonntags und feiertags, von morgens bis abends, und manchmal sogar vormittags und nachmittags. Aber nicht mit so abgefahrenen Typen wie Hexen, Zauberern, Feen, Kobolden, Riesen oder Einhörnern. Nein, mit ganz normalen Leuten. Und mit fast normalen, wie Mom, Dad, dem Paketboten und unserer Zahnärztin. Hier und heute. Oder dort und gestern. Diese Märchen habe ich für euch aufgeschrieben. Im ersten Band erfahrt ihr zum Beispiel von der Sache mit dem hässlichen Plüschhasen in der Mülltonne, dem Stress mit dem nicht funktionierenden Aufzug in einem Hochhaus und der Aktion in dem schwedischen Möbelhaus. Außerdem lernt ihr das blöde Mädchen Blömä, eine überdrehte Onlineshopperin, die Seniorenband unseres Opas und Gummibärenbär kennen. Ich wünsche euch viel Spaß beim Lesen! Und ich schwöre, dass ich alles wirklich so erlebt habe ... Eure Marie
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Seitenzahl: 82
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Für die kleine A.
Mülltonnenhase
Fürchtelnichte
Versteckfreunde
Fußballspielerchen
Aufzugsausfallfahrer
Zahnbohrerin
Möbelmitnehmerinnen
Schönschreiberling
Malmädchen
Kolleginnenkakao
Schockshopperin
Musikmachopas
Hausaufgabenhelferlein
Irgendwann lebte irgendwo einmal irgendwie eine Marie, also ich, und die ... sollte an einem Samstagnachmittag den Müll zu den Mülltonnen bringen!
Die Tonnen wohnten als Tonnenfamilie an der Giebelseite unseres Hauses. Mama Gelbtonne für die Sachen, aus denen man noch einmal andere Sachen herstellen konnte. Baby Brauntonne für den ganzen biologischen Schrott wie Brot und Salat und Fußnägel und Haare. Kind Blautonne für die Briefe und die Kataloge, die meine alte Mutter immer noch analog durchblätterte. Und Papa Grautonne für das übrige eklige Zeug, das aus unserem Haus verschwinden musste.
Also textete ich erst einmal mit meinen Freunden und teilte denen mit, dass sie mich in den nächsten zwei oder drei Jahren nicht erreichen würden. Weil ich so schwer arbeiten musste.
Eine Stunde später hatten mich alle ausreichend bedauert und ich hatte mich von allen anständig verabschiedet. Mom arbeitete sich in ihrer Küche an einem Kuchen ab und mein Dad schlief vor dem Fernsehgerät im Wohnzimmer seinen Fußball-Halbzeitpause-Schlaf. Und mein kleiner Bruder Max bastelte in seinem Zimmer wieder irgendeine blöde Überraschung, die wir wieder ganz toll und süß finden mussten. Von denen würde mir keiner helfen!
Ich packte eine Literflasche Cola und drei Schokoriegel für unterwegs in meine Jacke und zerrte mit einem schlechten Gesicht den gelben Sack mit dem gar nicht gelben Müll nach draußen. Das wollte der Sack aber wohl nicht. Er knisterte und wimmerte und hielt sich an der Außentür fest. Da rauschte ein böser Gedanke durch meinen Kopf. Sollte ich mich nicht erst einmal bei meiner Mom für den Müll-Befehl bedanken? Und ihr Lieblingsshirt, ihre Lieblingsjeans und die Pumps mit den silbernen Absätzen zum Altkleidercontainer am Ende unserer Straße bringen? Als Klamottenmüll? Besser nicht! Sah wohl auch der Gelbsack so, denn der war auf einmal nicht mehr zickig und stolperte brav hinter mir hinaus. Nach dem blauen Sack mit den schweren Zeitungen und dem biologisch abbaubaren Beutel mit den tropfenden Schimmelorangen stand mir eine Pause zu.
Ich atmete die halbe Cola ein und stopfte zwei Schokoriegel gleichzeitig in meinen Kopf. Danach ging es mir besser. Blieb nur noch der Grausack mit dem grauen Rest. Aber als ich den in die Tonne wuchtete, rutschte mir mein Schlüsselbund mit dem Schlüsselband aus der Hand. Und war noch vor dem Sack in der Tonne!
Super, dachte ich. Jetzt kann ich nicht mehr heimlich nach Hause kommen, jetzt kann ich nur noch unheimlich nach Hause kommen. Also nicht mehr unauffällig durch die Hintertür und über die Treppe hoch in mein Zimmer. Nein, nur noch auffällig mit Klingeln und Klopfen und »Du kommst aber spät, junge Dame!« durch die Vordertür. Weil ich keinen Schlüssel mehr hatte und nicht mehr schlüsseln konnte!
Ich überlegte angestrengt und verzog dabei das Gesicht. Wie bei einem Deutschtest in der Schule. Mit verdrehten Augen und heraushängender Zunge. Sollte ich in die Mülltonne klettern? Never! Die Mülltonne war iiih, bäääh und pfuiii. Außerdem konnte mich einer von den Nachbarn beobachten. Oder, noch schlimmer, jemand aus meiner Klasse oder meiner Schule, der zufällig durch unsere Straße schlich. Dann würde die oder der auch in hundert Jahren noch allen erzählen, wie ich peinlich in einer Mülltonne steckte. Vielleicht würden mir auch die alten Leute aus den Nachbarhäusern ihre alten Probleme auf den Schädel werfen, um Müllgebühren zu sparen. Ihre alten Zähne, ihre alten Schlüpfer und ihre alten Haustiere. Das wäre dann nicht nur pfui, sondern megapfui! Auskippen ging auch nicht. Sofort würden siebzehn Nachbarn neben mir aus dem Boden wachsen. Die in unserem Müll nach Schätzen suchen wollten, die sie in ihre Häuser schleppen konnten. Also besser mit meiner Mom reden. Vielleicht ...
»Na, hast du deine Schlüssel in der Mülltonne versenkt?«, erkundigte sich plötzlich eine Stimme. Eine gruselige Stimme, die gruselig kicherte. Ich sah mich nach allen Seiten um, ich schaute auch nach oben und nach unten.
Aber da war niemand. Sprach die Mülltonne zu mir, weil die jemand mit einer App steuerte? Lachte meine Jacke mich aus? Keine Ahnung. Deshalb bekam ich Angst und wollte mich verziehen. Doch die Stimme hielt mich zurück. Mit einem Vorschlag!
»Ich kann dir deine Schlüssel aus der Mülltonne holen! Echt! Wenn du mir einhundert Wünsche erfüllst. Oder zehn! Okay, wenigstens zwei!«
Die Stimme musste also doch aus der Mülltonne kommen! Kam sie auch. Ich fuhr zusammen, als ich in dem grauen Plastikding einen grinsenden Plüschhasen entdeckte. Einen ganz hässlichen Plüschhasen, einen mit grauschmutzigem Fell, der oben auf einer weggeworfenen Bratpfanne saß und mit dem Rücken an einem alten Schuh lehnte. Der Hase hatte nur ein Ohr, ein linkes. Ein rechtes Ohr hatte er nicht. Das war zwar mehr Ohr als bei dem Hasen in dem Film, aber zu wenig Ohr für ein niedliches Plüschtier zum Kuscheln. Außerdem glotzte der Hase böse.
»Und? Was ist? Haben wir einen Deal?«, erkundigte er sich, immer noch gemein grinsend.
Ein Deal mit einem hässlichen Plüschhasen, der nur ein Ohr, einen faltigen Bauch und das letzte Mal im letzten Jahr geduscht hatte? Nö, fand ich, kein Deal! Da würde ich dann doch lieber in die Mülltonne klettern und mich erwischen oder mit Müll bewerfen lassen. Wäre nur halb so peinlich.
»Was denn nun?«, maulte der Hase. »Ich habe nicht ewig Zeit, ich habe noch andere Termine! Deal oder nicht Deal?«
Hm! Doch lieber den Hasen in den Müll tauchen lassen? Meine Mom würde wieder einen endlosen Vortrag über Verantwortung und solchen Kram halten und das Geld für die neuen Schlüssel von meinem Taschengeld abziehen. Nicht gut!
Was konnte der Hase schon für Wünsche haben? Den Deckel der Mülltonne schließen, damit ihn die Sonne nicht mehr blendete? Ein Deo aus dem Supermarkt besorgen? Oder Ohrentropfen für das eine Ohr kaufen?
»Ich möchte auf deinem Schreibtisch sitzen und dir bei deinen Hausaufgaben zuschauen!«, wünschte sich der hässliche Tonnenteufel. »Ich durfte nämlich nie zur Schule gehen, nicht einmal zur Hasenschule. Und ich möchte mit dir ins Kino! Aber nicht in einer Tüte oder in einer Tasche versteckt, sondern auf deinem Kopf!«
Ich musste lachen. Und hatte auf einmal einen Plan: Das flauschige Teil bei meinen Hausaufgaben zuschauen lassen, okay. Irgendwie krank, der Wunsch, aber wenn der Hase das so haben wollte, bitte. Die sieben Matheaufgaben würden dauern. Wenn dem Hasen deshalb langweilig war und er einschlief, würde ich ihn einfach wieder in die Mülltonne stopfen und den Deckel zukleben. Kino war dann kein Thema mehr.
Der hässliche Hase schnaufte, schniefte und sprang ein paar Sekunden lang zwischen den Müllbeuteln herum.
Dann tauchte er mit dem Schlüsselbund wieder auf, leckte ihn sauber und strahlte. »Jetzt bist du dran!«
Eine halbe Stunde schaute mir der Hase bei den Hausaufgaben zu, eine ganze Stunde, zwei Stunden.
Nach zwei Stunden und fünf Minuten schlief nicht er ein, sondern ich. Eine Minute später wachte ich aber wieder auf. Weil der Hase wie ein Baby brüllte: »Kino! Kino! Kinooohooo!«
Ich hielt mir die Ohren zu und brüllte nun auch: »Auf-hööö-ren!« Der Hase aber hörte nicht auf, er tickte völlig aus. Deshalb griff ich nach ihm, packte ihn und warf ihn gegen die Fensterscheibe. Es krachte und es blitzte, es wurde dunkel und es wurde wieder hell.
Und plötzlich lag nicht mehr der Hase auf dem Fensterbrett, sondern ein herrlich neues Smartphone ...
Und wenn ich Marie morgen nicht müde bin, mache ich meine Hausaufgaben und räume mein Zimmer auf. Versprochen! Aber ich bin bestimmt müde!
Irgendwann lebte irgendwo einmal irgendwie eine Marie, also ich, und die ... wollte sich nicht fürchten!
»Meine große Schwester fürchtelt sich vor nichts, die fürchtelt sich vor gar nichts und vor überhaupt nichts und auch vor niemandem!«
Das erzählte mein kleiner Bruder Max allen Menschen. Denen, die es wissen wollten, und ganz sehr auch denen, die es nicht wissen wollten. Max hatte gerade so eine echt heftige Zusatz-Buchstaben-Phase und baute mit Absicht immer irgendwo zusätzliche Buchstaben ein.
Weil er in der Schule nicht so schreiben und sprechen wollte, wie er nach der Meinung seiner Lehrer sprechen und schreiben sollte. Ich hatte leider gerade so eine echt heftige Null-Furcht-Phase! Leider! Wenn die Mädchen in meiner Klasse schreiend auf Stühle und Tische kletterten, weil eine Spinne hinter einem Heizkörper grinste, grinste auch ich vor dem Heizkörper. Und kletterte nicht mit den anderen Mädchen auf Tische und Stühle und fürchtete mich auch nicht. Ich sah mir die Spinne an und spielte mit ihr. Dann trottete ich mit ihr zum Fenster, öffnete es, setzte sie draußen auf das Fensterbrett und wünschte ihr noch einen schönen Tag.
Genau deshalb wurde ich aber auch nicht wie die anderen Mädchen von den Jungen in meiner Klasse von einem Tisch oder einem Stuhl gerettet. Ich war ja keine schreiende Prinzessin, die ein Junge retten und beschützen konnte. Ich war irgendwie kein Mädchen. Wie so eine alte Lehrerin oder ein Whiteboard. Aber einer von den Typen hätte mich schon mal retten können!
Auch vor dem Paketboten mit den schiefen Zähnen und den fettigen Haaren fürchtete ich mich nicht. Wenn der die Pakete anbrüllte und sie fluchend wie nicht folgsame Hunde aus seinem Fahrzeug zerrte. Oder mit seinem verschwitzten Kopf beim Klingeln immer gegen unsere Haustürscheibe stieß und einen fettigen Abdruck hinterließ.
Vor der knarrenden, klappernden und quietschenden Straßenlampe direkt vor unserem Haus sowieso nicht. Ich lachte nur, wenn sich meine Mutter wegen der Lampe jede Nacht am liebsten mit einem Bügeleisen und einer Tortenschaufel im Schlafzimmerschrank verstecken wollte.
Und vor den Horrorfilmen schon gar nicht. Die ich manchmal zufällig im Fernsehen ansehen musste, wenn sich der Fernseher in der Nacht aus Versehen wie von selbst einschaltete und so einen Kanal mit so einem Film einstellte. Oder mein Notebook voll unabsichtlich so ein Video abspielte.
Den riesigen Monsterhund der Nachbarin, den sogar die Erwachsenen nur aus großer