Marketing 5.0 - Philip Kotler - E-Book

Marketing 5.0 E-Book

Philip Kotler

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Beschreibung

Neues vom Marketing-Großmeister Drei tiefgreifende Entwicklungen prägen die Zukunft des Marketing: drastischer technologischer Fortschritt, verändertes Kundenverhalten und Umbrüche in bisher funktionierenden Geschäftsmodellen. Marketing 5.0 beschreibt zugänglich und praxistauglich, wie Unternehmen mit neuen Marketingstrategien auf diese Entwicklungen reagieren können, um Märkte für ihre Produkte und Dienstleistungen zu erschließen. Die Autoren zeigen unter anderem, wie • mit Augmented Reality und Virtual Reality überzeugende Customer Journeys entwickelt werden, • Künstliche Intelligenz Marketingkampanen revolutioniert und • Transmediales Storytelling für Kundenbegeisterung sorgt. »An Marketing 5.0 beeindruckt mich ganz besonders, wie es die Wirkmacht moderner Technologien mit dem neu entstehenden Wertesystem der Menschheit kombiniert. Das Buch vermittelt zukünftigen Marketers das nötige Verständnis für diese Kombination und die Möglichkeiten, daraus effektive und nachhaltige Aktionen zu entwickeln.« Hermann Simon, Gründer und Honorary Chairman von Simon-Kucher & Partners

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PHILIP KOTLERHERMAWAN KARTAJAYAIWAN SETIAWAN

MARKETING 5.0

Technologie für die Menschheit

Aus dem Englischen von Petra Pyka

Campus VerlagFrankfurt/New York

Über das Buch

Neues vom Marketing-GroßmeisterDrei tiefgreifende Entwicklungen prägen die Zukunft des Marketing: drastischer technologischer Fortschritt, verändertes Kundenverhalten und Umbrüche in bisher funktionierenden Geschäftsmodellen. Marketing 5.0 beschreibt zugänglich und praxistauglich, wie Unternehmen mit neuen Marketingstrategien auf diese Entwicklungen reagieren können, um Märkte für ihre Produkte und Dienstleistungen zu erschließen. Die Autoren zeigen unter anderem, wie• mit Augmented Reality und Virtual Reality überzeugende Customer Journeys entwickelt werden,• Künstliche Intelligenz Marketingkampanen revolutioniert und• Transmediales Storytelling für Kundenbegeisterung sorgt.»An Marketing 5.0 beeindruckt mich ganz besonders, wie es die Wirkmacht moderner Technologien mit dem neu entstehenden Wertesystem der Menschheit kombiniert. Das Buch vermittelt zukünftigen Marketers das nötige Verständnis für diese Kombination und die Möglichkeiten, daraus effektive und nachhaltige Aktionen zu entwickeln.«Hermann Simon, Gründer und Honorary Chairman von Simon-Kucher & Partners

Vita

Philip Kotler gilt als Begründer der Marketinglehre. Er ist Professor für internationales Marketing an der Kellogg School of Management, Chicago. Er ist der renommierteste Marketingexperte weltweit. Hermawan Kartajaya ist Gründer von MarkPlus, der größten Marketingberatungsfirma Indonesiens. Iwan Setiawan ist Senior Consultant bei MarkPlus.

Inhalt

ERSTER TEILEinführung

Kapitel 1Willkommen bei Marketing 5.0 – Technologie für die Menschheit

ZWEITER TEILHerausforderungen für Marketingexperten in einer digitalen Welt

Kapitel 2Die Generationslücke – Marketing für Babyboomer und die Generationen X, Y, Z und Alpha

Kapitel 3Polarisierung des Wohlstands – eine inklusive, nachhaltige Gesellschaft aufbauen

Kapitel 4Die digitale Spaltung – wie Technologie persönlich, sozial und erfahrbar wird

DRITTER TEILNeue Strategien für technologiebasiertes Marketing

Kapitel 5Die digitalisierungsbereite Organisation – es gibt keine Patentlösung

Kapitel 6Die Technologie der nächsten Generation – Technologien mit menschenähnlichen Fähigkeiten auf dem Vormarsch

Kapitel 7Das neue CX – Maschinen sind cool, Menschen herzlich

VIERTER TEILNeue Taktik mit Martech

Register

Inhalt

ERSTER TEILEinführung

Kapitel 1Willkommen bei Marketing 5.0 – Technologie für die Menschheit

ZWEITER TEILHerausforderungen für Marketingexperten in einer digitalen Welt

Kapitel 2Die Generationslücke – Marketing für Babyboomer und die Generationen X, Y, Z und Alpha

Kapitel 3Polarisierung des Wohlstands – eine inklusive, nachhaltige Gesellschaft aufbauen

Kapitel 4Die digitale Spaltung – wie Technologie persönlich, sozial und erfahrbar wird

DRITTER TEILNeue Strategien für technologiebasiertes Marketing

Kapitel 5Die digitalisierungsbereite Organisation – es gibt keine Patentlösung

Kapitel 6Die Technologie der nächsten Generation – Technologien mit menschenähnlichen Fähigkeiten auf dem Vormarsch

Kapitel 7Das neue CX – Maschinen sind cool, Menschen herzlich

VIERTER TEILNeue Taktik mit Martech

Register

Marketing verfolgt stets den Zweck, das Leben der Menschen zu verbessern und zum Gemeinwohl beizutragen.

Philip Kotler

Allen Asiaten, vor allem meinen Brüdern und Schwestern von der Asia Marketing Federation. Wir bei MarkPlus, Inc. sind sehr stolz auf die Zusammenarbeit mit Philip Kotler als Wissenslabor für viele Bücher seit 1998, darunter auch die Marketing X.0-Reihe.

Hermawan Kartajaya

Der liebenden Erinnerung an meine Mutter Shinta und meine Tochter Keyvlin gewidmet – verstorben während der Arbeit an diesem Buch. Mein Dank gilt meiner Familie – meinem Vater Setiawan, meiner Schwester Sisca, meiner Frau Louise und meinem Sohn Jovin – für ihre unablässige Liebe und Fürsorge.

Iwan Setiawan

ERSTER TEIL

Einführung

Kapitel 1Willkommen bei Marketing 5.0 – Technologie für die Menschheit

Unser erstes Buch dieser Reihe, Die neue Dimension des Marketings: Vom Kunden zum Menschen, schrieben wir 2009. Dieses Buch ist seither in 27 Sprachen weltweit erschienen. Wie der Untertitel andeutet, beschreibt das Buch die grundlegende Umstellung vom produktorientierten Marketing (1.0) über das kundenorientierte Marketing (2.0) auf das menschenorientierte Marketing (3.0).

Laut Marketing 3.0 will der Kunde nicht nur funktional und emotional zufriedengestellt werden, sondern erhofft sich von den ausgewählten Marken auch spirituelle Erfüllung. Infolgedessen differenzierten sich Unternehmen durch ihre Werte. Ihre Produkte und ihre Tätigkeit sollten nicht nur Gewinn bringen, sondern auch die schwierigsten gesellschaftlichen und ökologischen Probleme der Welt lösen.

Es dauerte fast 70 Jahre, bis sich das Marketing von seiner Orientierung auf das Produkt zu dem Konzept hin entwickelte, den Menschen in den Mittelpunkt zu stellen. In den Jahrzehnten dieser Entwicklung haben sich mehrere Marketingkonzepte bewährt. Obwohl es sich dabei um »Klassiker« handelte, konnten sich das Konzept der Segmentierung, Zielgruppendefinition und Positionierung sowie das 4P-Modell (product-price-place-promotion) im modernen Marketing weltweit durchsetzen.

Für uns war Marketing 3.0 stets das letzte Stadium des traditionellen Marketings. Damit waren alle Bausteine des intellektuellen (1.0), emotionalen (2.0) und spirituellen (3.0) Dienstes am Kunden komplett. Obwohl das Buch bereits vor zehn Jahren veröffentlicht wurde, ist seine Relevanz in der heutigen, von den Generationen Y und Z dominierten Epoche noch deutlicher geworden. Die Jugend, die sich wirklich für die Gesellschaft interessiert, zwingt die Unternehmen förmlich dazu, die gesellschaftliche Wirkung in ihre Geschäftsmodelle aufzunehmen.

Marketing 4.0: Die Wende zur Digitalisierung

Als wir 2016 das nächste Buch aus der Reihe verfassten, Marketing 4.0 – Der Leitfaden für das Marketing der Zukunft, vollzogen wir die Wende zum digitalen Marketing. Wir unterschieden dabei zwischen »Marketing in der digitalen Wirtschaft« und digitalem Marketing. Marketing in der digitalen Wirtschaft stützt sich nicht ausschließlich auf digitale Medien und Kanäle. Die digitale Kluft besteht auch weiterhin. Daher ist im Marketing ein kanalübergreifender Omnichannel-Ansatz – für Online- und Offline-Kanäle – erforderlich. Das Konzept geht zum Teil auf Industrie 4.0 zurück – eine übergeordnete Strategie der deutschen Regierung –, in der in Fertigungssektoren physisch-digitale Systeme eingesetzt werden.

Wenngleich der Technologieeinsatz in Marketing 4.0 eher übersichtlich ist, führte das Buch neue Marketingsysteme ein, die Kunden an den hybriden – physisch-digitalen – Berührungspunkten, den Touchpoints, auf ihrer Customer Journey weiterhelfen. Das Buch wurde bisher in 24 Sprachen veröffentlicht und hat Unternehmen dazu inspiriert, grundlegende Digitalisierungsformen in ihre Marketingaktivitäten aufzunehmen.

Die Anwendungen von Marketingtechnologie (Martech) umfassen jedoch so viel mehr als nur die Verbreitung von Inhalten auf sozialen Medien oder den Aufbau einer Omnichannel-Präsenz. Künstliche Intelligenz (KI), maschinelle Sprachverarbeitung (Natural Language Processing, NLP), Sensortechnik und das Internet der Dinge (Internet of Things, IoT) haben enormes Potenzial als Gamechanger für die Marketingpraxis.

Auf diese Technologien sind wir in Marketing 4.0 nicht eingegangen, da sie noch nicht massentauglich waren, als wir dieses Buch schrieben. Außerdem befand sich das Marketing nach unserer Überzeugung in Bezug auf die digitale Wirtschaft noch in der Übergangs- und Anpassungsphase. Doch die COVID-19-Pandemie hat die Digitalisierung der Wirtschaft tatsächlich beschleunigt. Angesichts der verhängten Lockdowns und Abstandsregeln mussten sich Märkte und Marketing zwangsläufig auf die neue kontaktlose digitale Realität einstellen.

Deshalb glauben wir, die Zeit ist reif für Marketing 5.0: Technologie für die Menschheit. Es ist an der Zeit, dass Unternehmen das volle Potenzial hoch entwickelter Technologien in ihrer Marketingstrategie und -taktik und im operativen Marketinggeschäft realisieren. Ein Impuls für dieses Buch war auch Society 5.0 – eine hochkarätige Initiative Japans, die einen Fahrplan zur Entwicklung einer nachhaltigen Gesellschaft enthält, der intelligente Technologien zugrunde liegen. Wir sind uns einig: Technologie sollte zum Wohle der Menschheit genutzt werden. Deshalb vereint Marketing 5.0 sowohl die Elemente des kundenorientierten Marketing 3.0 als auch der technischen Möglichkeiten von Marketing 4.0.

Zeit für Marketing 5.0

Marketing 5.0 entwickelt sich vor dem Hintergrund dreier großer Herausforderungen: dem Generationskonflikt, der Wohlstandspolarisierung und der digitalen Kluft. Erstmals in der Geschichte leben auf der Erde fünf Generationen mit unterschiedlichen Einstellungen, Präferenzen und Verhaltensweisen zusammen. Die geburtenstarken Jahrgänge und die Generation X besetzen nach wie vor die meisten Führungspositionen in der Wirtschaft und verfügen im Verhältnis über die höchste Kaufkraft. Doch die Generationen Y und Z mit ihrer digitalen Kompetenz bilden inzwischen die stärkste Gruppe von Erwerbstätigen und stellen auch die größten Verbrauchermärkte dar. Die Abkoppelung zwischen den älteren Topmanagern, die die meisten Entscheidungen treffen, und ihren jüngeren Führungskräften und Kunden wird sich als maßgeblicher Stolperstein erweisen.

Außerdem stehen Marketingexperten vor dem Problem chronischer Ungleichheit und unausgewogener Wohlstandsverteilung, was zu einer Polarisierung der Märkte führt. Die Oberschicht mit gut bezahlten Jobs wächst und beflügelt die Märkte für Luxusartikel. Am anderen Ende des Spektrums wird aber auch der Boden der Pyramide größer und entwickelt sich zu einem riesigen Massenmarkt für preisgünstige werthaltige Produkte. Die Mitte des Marktes schrumpft dagegen oder verschwindet sogar ganz, was Akteure aus der Industrie dazu zwingt, sich nach oben oder nach unten zu orientieren, wenn sie überleben wollen.

Darüber hinaus müssen Marketingfachleute die digitale Kluft zwischen den Menschen überwinden, die an das Potenzial der Digitalisierung glauben, und den anderen. Die Digitalisierung bringt die Angst vor dem Unbekannten mit sich – durch die Gefährdung von Arbeitsplätzen und durch Datenschutzbedenken. Andererseits birgt sie das Versprechen auf exponentielles Wachstum und bessere Lebensbedingungen für die Menschheit. Diese Kluft müssen Unternehmen überbrücken, um sicherzustellen, dass der technische Fortschritt weitergeht und nicht auf Widerstand stößt. Die Herausforderungen, vor denen Marketingfachleute bei der Umsetzung von Marketing 5.0 in der digitalen Wirtschaft stehen, sind Gegenstand des zweiten Buchteils (Kapitel 2 bis 4).

Was ist Marketing 5.0?

Per definitionem ist Marketing 5.0 die Anwendung von Technologien, die Menschen nachahmen, um auf der Customer Journey Wert zu schaffen, zu kommunizieren, zu übermitteln und zu steigern. Ein entscheidendes Thema im Marketing 5.0 sind die sogenannten »Next Tech«, eine Gruppe von Technologien der nächsten Generation, die die Fähigkeiten menschlicher Marketingexperten nachbilden sollen. Dazu gehören KI, NLP, Sensoren, Robotik, erweiterte Realität, virtuelle Realität, IoT und die Blockchain. Eine Kombination dieser Technologien liegt Marketing 5.0 zugrunde.

Seit vielen Jahren wird KI entwickelt, um die kognitiven Fähigkeiten von Menschen zu replizieren, insbesondere das Vermögen, aus unstrukturierten Kundendaten zu lernen und Erkenntnisse zu gewinnen, die für Marketingexperten nützlich sein können. Im Zusammenspiel mit anderen Basistechnologien kann KI auch eingesetzt werden, um den richtigen Kunden die richtigen Angebote zu unterbreiten. Big-Data-Analysen ermöglichen es Marketingprofis, ihre Marketingstrategie auf den einzelnen Kunden auszurichten – sie zu personalisieren. Dieser Prozess wird auch als »Segment-of-one«-Marketing bezeichnet und ist heute als gängige Praxis üblicher denn je.

Hier ein paar Beispiele für Marketing 5.0. Durch das maschinelle Lernen einer KI können Unternehmen mithilfe eines vorausschauenden Algorithmus einen Eindruck von der Erfolgswahrscheinlichkeit eines neuen Produkts mit bestimmten Eigenschaften gewinnen. Auf diese Weise können Marketingfachleute im Entwicklungsprozess des neuen Produktes viele Schritte auslassen. In den meisten Fällen sind solche Prognosen genauer als die rückwärts gerichtete Marktforschung und führen schneller zu Erkenntnissen als zeitraubende Konzepttests. PepsiCo bringt beispielsweise regelmäßig Getränkeprodukte auf den Markt, die auf Tiefenanalysen von Verbrauchergesprächen auf sozialen Medien beruhen.

KI kann auch dazu beitragen, Kaufmuster zu ermitteln, die Online-Einzelhändler nutzen könnten, um Käufer-Clustern auf der Grundlage ihrer Profile die richtigen Produkte und Inhalte zu empfehlen. Die Empfehlungsmaschinen sind der entscheidende Differenzierungsfaktor für E-Commerce-Akteure und andere digitale Unternehmen wie Amazon, Netflix und YouTube. Sie analysieren fortlaufend die bisherige Kaufhistorie, um Kunden dynamisch zu segmentieren, Kundenprofile zu erstellen und versteckte Beziehungen zwischen scheinbar zusammenhanglosen Produkten für Up-Selling und Cross-Selling aufzuspüren.

Manche Unternehmen aus vielen verschiedenen Branchen wie AB InBev, Chase und Lexus nutzen KI, um unter minimaler Beteiligung menschlicher Mitarbeitender Werbung zu entwickeln. AB InBev – das Unternehmen hinter Budweiser und Corona –, überwacht, wie verschiedene Anzeigenplatzierungen funktionieren, und führt die resultierenden Erkenntnisse dem Kreativteam zu, um Werbung effektiver zu gestalten. Chase entschied sich für ein KI-Modul anstelle eines menschlichen Werbetexters, um die Texte für digitale Banner zu formulieren. Lexus analysierte preisgekrönte Kampagnen der letzten 15 Jahre, vor allem im Luxussegment, um einen Fernsehspot für die neue ES-Limousine zu erstellen. Mit einem komplett von KI erstellten Drehbuch beauftragte das Unternehmen einen Regisseur und Oscarpreisträger mit der Verfilmung.

Die Umsetzung von Marketing 5.0 beschränkt sich aber nicht auf den Back-Office-Bereich. Im Zusammenspiel mit NLP, Sensoren und Robotik kann KI Marketingfachleute auch bei kundennahen Aktivitäten unterstützen. Eine der beliebtesten Anwendungen sind Chatbots in der Kundenbetreuung. Angesichts von Personalproblemen aufgrund der Bevölkerungsalterung und steigender Kosten setzen verschiedene Unternehmen auch Roboter und andere automatisierte Systeme ein, um Mitarbeitende mit Kundenkontakt zu ersetzen. So arbeitet beispielsweise Nestlé in Japan mit KI-gestützten Robotern, die Kaffee servieren. Auch Hilton experimentierte in den Vereinigten Staaten mit Robotern am Empfang, während Tesco im Vereinigten Königreich anstelle von Kassenkräften Kameras mit Gesichtserkennung einsetzen will.

Mit Sensoren und IoT können Einzelhändler das digitale Erlebnis im klassischen stationären Einzelhandel replizieren. Ein Bildschirm mit Gesichtserkennungstechnologie in der Filiale kann einen Käufer beispielsweise einer demografischen Gruppe zuordnen und ihm die entsprechenden Sonderangebote offerieren. Ein Beispiel dafür sind die digitalen Kühlregale bei Walgreens. Augmented-Reality-Apps, wie sie bei Sephora oder IKEA eingesetzt werden, ermöglichen es Käufern, Produkte vor der Kaufverpflichtung »anzuprobieren«. Macy’s und Target verwenden Sensortechnologien zur Orientierung in der Filiale sowie zur gezielten Verkaufsförderung.

Manche der eingesetzten Technologien mögen Marketingfachleuten weit hergeholt oder gar beängstigend erscheinen. Doch wir erkennen allmählich, dass diese Technologien in den letzten Jahren bezahlbar und zugänglich geworden sind. Unternehmen steht jederzeit eine quelloffene KI-Plattform von Google und Microsoft zur Verfügung. Es gibt eine große Auswahl an Cloud-gestützten Datenanalysen, die im Monatsabo gebucht werden können. Außerdem können die Marketingprofis aus einer breiten Palette nutzerfreundlicher Chatbot-Entwicklerplattformen auswählen, die auch Menschen ohne technisches Verständnis bedienen können.

Wir nähern uns Marketing 5.0 aus weit oben angesiedelter strategischer Perspektive. Wir gehen zwar ein Stück weit auf das zur Nutzung fortschrittlicher Martech erforderliche Know-how ein, schreiben aber kein technisches Fachbuch. Unser Grundsatz ist, dass sich die Technologie an der Strategie orientieren muss. Die Konzepte in Marketing 5.0 sind daher nicht auf bestimmte Tools abgestellt. Unternehmen können die Methoden mit jeder auf dem Markt verfügbaren unterstützenden Hard- und Software einsetzen. Die Voraussetzung dafür ist, dass sie über Marketingfachleute verfügen, die wissen, wie man eine Strategie entwickelt, die für verschiedene Anwendungsfälle im Marketing die richtige Technologie einsetzt.

Trotz des tiefen Einstiegs in die Technologiediskussion ist unbedingt zu beachten, dass der Mensch auch weiterhin im Mittelpunkt von Marketing 5.0 steht. Technologie der nächsten Generation wird eingesetzt, um Marketingfachleuten zu helfen, über die gesamte Customer Journey Wert zu erzeugen, zu kommunizieren, zu liefern und zu steigern. Ziel ist es, ein ganz neues, ebenso reibungsloses wie überzeugendes Kundenerlebnis (Customer Experience, CX) zu kreieren (siehe Abbildung 1.1). Um das zu erreichen, müssen Unternehmen eine ausgewogene Symbiose aus menschlicher und künstlicher Intelligenz nutzen.

Abbildung 1.1Technologie der nächsten Generation im gesamten neuen Kundenerlebnis (New Customer Experience, CX)

KI kann aus Datensammlungen im Kundenverhalten zuvor unerkannte Muster ausfindig machen. Doch trotz aller Rechenleistung können nur Menschen einander wirklich verstehen.

Es sind menschliche Marketingfachkräfte erforderlich, um zu filtern und zu interpretieren, welche Motive einem bestimmten Verbraucherverhalten zugrunde liegen (siehe Abbildung 1.2). Der Grund dafür: Menschliche Intelligenz ist hoch kontextbezogen, weist jedoch eine gewisse Unschärfe auf. Keiner weiß, wie erfahrene Marketingprofis Einblicke gewinnen und zu Erkenntnissen gelangen. Und den Technologen ist es bisher noch nicht gelungen, eine Maschine zu bauen, die auf menschlicher Ebene eine Verbindung zum Kunden herstellen kann.

Abbildung 1.2Der Mehrwert von Menschen im tech-orientierten Marketing

Da wir Rechnern nicht beibringen können, was wir selbst nicht lernen können, ist die Rolle menschlicher Marketingfachleute auch im Marketing 5.0 noch entscheidend. Im Mittelpunkt der Diskussion steht bei Marketing 5.0 daher die Entscheidung, wo Maschine und Mensch in der Customer Journey jeweils hinpassen und den größten Wert generieren.

Darauf gehen wir im dritten Teil des Buches ausführlicher ein, der Marketingfachleuten die richtigen Grundlagen liefert, bevor sie sich auf die taktischen Anwendungen stürzen. Das fünfte Kapitel unterstützt Unternehmen bei der Beurteilung, ob sie für den Einsatz fortschrittlicher digitaler Tools bereit sind. Darüber hinaus können sich Marketingexperten im sechsten Kapitel mit der Technologie der nächsten Generation vertraut machen und sich entsprechende Grundlagen vermitteln lassen. Im siebten Kapitel schließlich wird eine umfassende Liste von Anwendungsfällen erörtert, die sich für das gesamte neue Kundenerlebnis bewährt haben.

Wie Technologie Marketing optimieren kann

Das Aufkommen von Social-Media-Marketing und Suchmaschinen-Marketing sowie das exponentielle Wachstum des E-Commerce haben Marketingfachleute die Vorzüge der Digitalisierung nahe gebracht. Doch Marketing im digitalen Kontext ist kaum mehr als die Migration von Kunden auf digitale Kanäle oder die Erhöhung der Aufwendungen für digitale Medien. Digitale Technologie kann revolutionieren, wie Marketingfachleute ihr Gewerbe betreiben. Technologie kann der Marketingpraxis fünf Impulse geben:

Auf der Grundlage von Big Data fundiertere Entscheidungen treffen

Das größte Nebenprodukt der Digitalisierung ist Big Data. Im digitalen Kontext wird jede Berührung mit dem Kunden aufgezeichnet, ob Transaktion, Anfrage im Callcenter oder E-Mail-Austausch. Außerdem hinterlassen Kunden jedes Mal Spuren, wenn sie im Internet surfen oder etwas auf sozialen Medien posten. Von Datenschutzbedenken einmal abgesehen, lässt sich daraus eine Fülle von Erkenntnissen gewinnen. Angesichts einer so reichhaltigen Informationsquelle können Marketingfachleute nunmehr granuläre, individuelle Kundenprofile erstellen, die One-to-one-Marketing im großen Stil ermöglichen.

Ergebnisse von Marketingstrategien und -taktiken prognostizieren

Eine Marketinginvestition ist nie eine sichere Sache. Doch die Vorstellung, dass sich die Rendite jeder Marketingmaßnahme berechnen lässt, macht Marketing rechenschaftspflichtiger. Durch von künstlicher Intelligenz betriebene Analysen ist es Marketingfachleuten heute möglich, schon vor der Einführung neuer Produkte oder dem Anlaufen neuer Kampagnen deren Ergebnis zu prognostizieren. Die Prognosemodelle zielen darauf ab, aus früheren Marketingaktivitäten Muster zu erkennen und herauszufinden, was funktioniert. Auf der Grundlage der daraus gewonnenen Erkenntnisse wird dann ein optimiertes Design für künftige Kampagnen empfohlen. So können Marketingexperten die Nase vorn behalten, ohne Marken durch mögliche Fehlschläge zu gefährden.

Das kontextbezogene digitale Erlebnis mit der physischen Welt zusammenbringen

Durch das Tracking von Internetnutzern kann das digitale Marketing stark kontextbezogene Erlebnisse bieten, etwa personalisierte Landing Pages, einschlägige Werbung und individuelle Inhalte. Digital-Native-Unternehmen haben dadurch erhebliche Vorteile gegenüber klassischen analogen Anbietern. Vernetzte Geräte und Sensoren – das Internet der Dinge – versetzen Unternehmen in die Lage, kontextabhängige Touchpoints in den physischen Raum zu bringen, und schaffen einheitliche Voraussetzungen, während sie ein nahtloses Omnichannel-Erlebnis ermöglichen. Mithilfe von Sensoren können Marketingfachleute erkennen, wer in den Laden kommt, und sicherstellen, dass die Betreffenden persönlich betreut werden.

Das Wertschöpfungspotenzial des Frontline-Marketing steigern

Statt sich in die Debatte um Maschine oder Mensch hineinziehen zu lassen, können sich Marketingabteilungen auch auf den Aufbau einer optimierten Symbiose zwischen Fachkräften und digitalen Technologien konzentrieren. KI kann ebenso wie NLP die Produktivität des kundennahen Betriebs steigern, indem sie weniger wertintensive Aufgaben übernimmt und es Frontline-Kräften ermöglicht, ihren Ansatz auf den einzelnen Kunden zuzuschneiden. Einfache, häufige Anfragen können Chatbots unmittelbar beantworten. AR (Augmented Reality) und VR (Virtual Reality) helfen Unternehmen, überzeugende Produkte mit minimaler menschlicher Beteiligung zu entwickeln. Frontline-Marketingkräfte können sich dann bedarfsorientiert ganz auf die hochbegehrten sozialen Interaktionen konzentrieren.

Die Ausführung im Marketing beschleunigen

Die Präferenzen der Kunden, die ständig online sind, verändern sich laufend, was Unternehmen unter Druck setzt, die aus kürzeren Fenstern Kapital schlagen müssen. Um diese Herausforderung zu bewältigen, können sich Unternehmen von den agilen Praktiken schlanker Start-ups inspirieren lassen. Solche Start-ups setzen stark auf Technologie, um schnelle Marktexperimente durchzuführen und diese in Echtzeit zu validieren. Statt Produkte oder Kampagnen von Grund auf neu zu entwickeln, können Unternehmen auf quelloffenen Plattformen aufbauen und Co-Creation nutzen, um die Zeit bis zur Markteinführung zu verkürzen. Dieser Ansatz verlangt jedoch nicht nur technische Unterstützung, sondern auch die entsprechende agile Einstellung und Mentalität.

Die fünf Komponenten des Marketing 5.0

Im Grunde wird die Technologie datengesteuertes, vorausschauendes, kontextbezogenes, erweitertes und agiles Marketing ermöglichen. Basierend auf der Art und Weise, wie hoch entwickelte Technologie den Marketingwert steigert, definieren wir die fünf Grundkomponenten von Marketing 5.0. Marketing 5.0 dreht sich um drei zusammenhängende Anwendungen: vorausschauendes Marketing, kontextbezogenes Marketing und erweitertes Marketing. Diese Anwendungen bauen jedoch auf zwei organisatorischen Disziplinen auf: dem datengesteuerten Marketing und dem agilen Marketing (siehe Abbildung 1.3). Teil vier ist der Analyse dieser fünf Elemente von Marketing 5.0 gewidmet.

Abbildung 1.3Die fünf Elemente von Marketing 5.0

Disziplin Nr. 1: Datengesteuertes Marketing

Darunter ist die Erfassung und Analyse von Big Data aus verschiedenen internen und externen Quellen zu verstehen, aber auch der Aufbau eines Datenökosystems zur Erleichterung und Optimierung von Marketingentscheidungen. Die erste Disziplin von Marketing 5.0: Für jede einzelne Entscheidung müssen ausreichende Daten vorliegen.

Disziplin Nr. 2: Agiles Marketing

Unter agilem Marketing ist der Einsatz dezentraler funktionsübergreifender Teams zu verstehen, um Produkte und Marketingkampagnen schnell zu konzipieren, zu gestalten, zu entwickeln und zu validieren. Die Agilität einer Organisation im Umgang mit dem in stetem Wandel befindlichen Markt wird zur zweiten Disziplin, die Unternehmen beherrschen müssen, um Marketing 5.0 erfolgreich umzusetzen.

Diese beiden Disziplinen rahmen die übrigen Kapitel des vierten Teils ein. Datengesteuertes Marketing wird im achten Kapitel erörtert, agiles Marketing im abschließenden zwölften Kapitel näher erläutert. Damit Unternehmen die drei Anwendungen von Marketing 5.0 einsetzen können, müssen sie zunächst ihre datengesteuerten Kapazitäten ausbauen. Die Umsetzung steht und fällt aber letztendlich mit der Agilität der Organisation in der Ausführung.

Anwendung Nr. 1: Vorausschauendes Marketing

Das vorausschauende Marketing ist der Prozess zum Aufbau und Einsatz prädiktiver Analytik, manchmal mithilfe von maschinellem Lernen, um die Ergebnisse von Marketingaktionen nach deren Start zu prognostizieren. Diese erste Anwendung ermöglicht es Unternehmen, sich vorzustellen, wie der Markt reagieren wird, und diese Reaktion proaktiv zu beeinflussen. Dieses Konzept wird im neunten Kapitel genauer erläutert.

Anwendung Nr. 2: Kontextbezogenes Marketing

Unter kontextbezogenem Marketing ist die Ermittlung und Profilerstellung zu verstehen, aber auch die Betreuung von Kunden mit personalisierten Interaktionen durch Einsatz von Sensoren und digitalen Schnittstellen im physischen Raum. Sie ist das Rückgrat, das es den Marketingpraktikern je nach Kundenkontext ermöglicht, One-to-one-Marketing in Echtzeit zu betreiben.

Anwendung Nr. 3: Erweitertes Marketing

Erweitertes Marketing ist der Einsatz digitaler Technologie, um die Produktivität von Marketingfachleuten in direktem Kundenkontakt durch menschenimitierende Technologien wie Chatbots und virtuelle Assistenzsysteme zu steigern. Diese dritte Anwendung gewährleistet, dass Marketingfachkräfte das Tempo und die Bequemlichkeit digitaler Schnittstellen mit der Herzlichkeit und Empathie menschenorientierter Touchpoints zusammenbringen. Das Konzept wird im elften Kapitel ausführlich diskutiert.

Die drei Anwendungen greifen ineinander und schließen einander daher nicht aus. Ein Beispiel: Unternehmen X baut ein vorausschauendes Marketingmodell auf, das prognostiziert, welches Produkt ein Kunde aus einer bestimmten demografischen Gruppen kaufen dürfte. Damit dieses Modell funktioniert, muss das Unternehmen am Point of Sale verschiedene Sensoren installieren, darunter eine Kamera mit Gesichtserkennungsfunktion, die an einen digitalen Selbstbedienungsstand angeschlossen ist. Nähert sich ein Kunde aus der betreffenden demografischen Kategorie dem Stand, wird die Kamera getriggert und sendet ein Signal an den Bildschirm, auf dem prompt eine kontextbezogene Anzeige für das Produkt erscheint, das vom vorausschauenden Modell empfohlen wird. Der Kunde kann die digitale Schnittschnelle auch personalisiert nutzen. Gleichzeitig verfügt Unternehmen X aber auch über Mitarbeitende vor Ort, die mit digitalen Tools ausgestattet sind, die über das prädiktive Modell verfügen. Sie können dem Kunden weiterhelfen, wenn diesen die Selbstbedienungsoption nicht zufriedenstellt.

Zusammenfassung: Technologie für die Menschheit

Marketing 5.0 baut auf der Menschenorientierung von Marketing 3.0 und der technischen Kompetenz von Marketing 4.0 auf. Es ist definiert als Einsatz menschenimitierender Technologien, um im gesamten Kundenerlebnis Wert zu generieren, zu kommunizieren, zu liefern und zu steigern. Es beginnt mit der Skizzierung der Customer Journey und der Ermittlung der Phasen, in denen Marketingtechnologien (Martech) Mehrwert erzeugen und die Leistung menschlicher Marketingkräfte verbessern können.

Unternehmen, die mit Marketing 5.0 arbeiten, müssen von Anfang an datengesteuert sein. Der Aufbau eines Datenökosystems ist die Voraussetzung für die Realisierung der Anwendungsszenarien von Marketing 5.0. Dadurch können Marketingexperten vorausschauendes Marketing betreiben, um die potenzielle Rendite jeder Marketinginvestition einzuschätzen. Es eröffnet den Marketingabteilungen aber auch die Möglichkeit zu personalisiertem, kontextbezogenem Marketing für jeden Einzelkunden am Point of Sale. Schließlich können Marketingexperten eine nahtlose Schnittstelle zum Kunden konzipieren, indem sie erweitertes Marketing einsetzen. All diese Ausführungselemente verlangen vom Unternehmen die Agilität, in Echtzeit auf Marktveränderungen zu reagieren.

Fragen zur Reflexion

Geht die Umsetzung digitaler Technologien in Ihrer Organisation über Social-Media-Marketing und E-Commerce hinaus?

Welche fortschrittlichen Technologien sind für Ihre Organisation nach Ihren Vorstellungen werthaltig?

ZWEITER TEIL

Herausforderungen für Marketingexperten in einer digitalen Welt

Kapitel 2Die Generationslücke – Marketing für Babyboomer und die Generationen X, Y, Z und Alpha

Eine 25-jährige Nachwuchs-Marketingmanagerin sollte eine Printanzeige für ein neues Produkt gestalten, das für Millennials konzipiert war. Nach verschiedenen Gesprächen mit einer Stichprobe potenzieller Kunden erstellte sie eine wunderschöne Anzeige mit augenfälliger Grafik und einzeiligem Text, gefolgt von einem Link zur Website als Handlungsaufforderung. Womit sie nicht gerechnet hatte: Ihr 50-jähriger Marketingleiter kritisierte fehlende Einzelheiten über Produktmerkmale, -vorzüge und -nutzen. Frustriert, weil ihr Chef den minimalistischen Marketingansatz für Millennials nicht verstand, kündigte sie – und bestätigte den Marketingleiter damit ironischerweise in seiner Überzeugung, dass jüngere Mitarbeitende keine Kritik vertragen würden.

Solche Verwerfungen zwischen den Generationen gibt es heute in vielen Organisationen. Marketingfachleute in aller Welt stehen vor der Herausforderung, fünf verschiedene Generationen anzusprechen: die geburtenstarken Jahrgänge, die Generation X, die Generation Y, die Generation Z und die Generation Alpha. Die ersten vier dieser Generationen stellen die Erwerbsbevölkerung. Die Babyboomer sind zwar mehrheitlich noch erwerbstätig, doch die Generation X besetzt mittlerweile weltweit die meisten Führungspositionen. Auf die Generation Y entfällt der größte Teil der Erwerbsbevölkerung, während die Generation Z als Letzte in die Erwerbswelt eingetreten ist. Diese Generationen unterscheiden sich in ihrer technischen Kompetenz. Marketingfachleute, die wissen wollen, wie sie das tech-gesteuerte Marketing 5.0 am besten umsetzen, sollten den Markt durch die Generationslinse betrachten.

Die Herausforderungen verschiedener Generationen

Jede Generation ist von einem anderen soziokulturellen Umfeld und einer anderen Lebenserfahrung geprägt. Nehmen wir beispielsweise die Generation X: Die ihr Zuzurechnenden sind gewöhnlich entweder als Scheidungskinder oder mit zwei berufstätigen Elternteilen aufgewachsen – also unter minimaler elterlicher Einwirkung. Als Heranwachsende wurden sie kulturell durch MTV-Musikvideos beeinflusst. Infolgedessen schätzen sie eine Work-Life-Balance mehr als andere Generationen und gelten als unabhängig und kreativ. Als Erwachsene erlebten sie die Welt ohne und mit Internet, sodass sie sich sowohl in der klassischen als auch in der digitalen Arbeitswelt gut zurechtfinden.

Jede Generation hat ihre eigenen Präferenzen und Einstellungen zu Produkten und Dienstleistungen – worauf die Marketingabteilungen mit unterschiedlichen Angeboten, unterschiedlichen Kundenerlebnissen und sogar unterschiedlichen Geschäftsmodellen reagieren. Für die Generation Y geht beispielsweise Erlebnis vor Eigentum. Ihre Vertreter nutzen lieber Uber, als sich ein Auto anzuschaffen. Diese Präferenz hat zur Zunahme aller möglichen On-Demand-Dienstleistungen geführt. Auch die Geschäftsmodelle verlagern sich vom Verkauf von Produkten auf den Vertrieb von Abos. Die Generation Y streamt lieber auf Spotify, statt sich Musikalben zu kaufen.

Obwohl sie sich der unterschiedlichen Bedürfnisse verschiedener Generationen bewusst sind, sind die wenigsten Unternehmen richtig aufgestellt, um sie alle zu erfüllen. Häufig bleiben die Anbieter auf einem starren Produkt- und Dienstleistungsportfolio sitzen, das nicht auf jede Generation zuschneidbar ist. Das zwingt Unternehmen, sich nur auf jeweils zwei oder drei Generationen zu fokussieren. Außerdem kämpfen sie mit der Anpassung an den kürzeren Produktlebenszyklus, der durch die ständig wechselnden Bedürfnisse und Wünsche jüngerer Generationen bedingt ist. Viele Unternehmen aus verschiedenen Branchen – Autos, Elektronik, Hightech, Verbrauchsgüter und Mode – spüren den Druck, rasch neue Produkte zu entwickeln und in einem kleinen Zeitfenster Gewinne zu erzielen.

Auch die Zielgruppenermittlung stellt die Anbieter vor ein Dilemma, da der meiste Wert immer noch dann entsteht, wenn Marken bei Babyboomern und der Generation X gut ankommen, denn sie verfügen über erhebliche Ressourcen und enorme Zahlungsbereitschaft. Das meiste Markenkapital wird aber generiert, wenn eine Marke bei den coolen, digital-kompetenten Generationen Y und Z Anklang findet. Vor allem aber beeinflussen diese Generationen früher oder später auch viele Kaufentscheidungen ihrer den geburtenstarken Jahrgängen oder der Generation X angehörenden Eltern. Unternehmen müssen zwischen zwei Ziele abwägen: maximale Wertschöpfung für den Moment und starke Positionierung der Marken für die Zukunft.

Die fünf Generationen

Nach unserer Überzeugung ist jeder Kunde einzigartig. Mit technischer Unterstützung wird Marketing früher oder später eine One-to-one-Maßnahme sein, der individuelle Anpassung und Personalisierung zugrunde liegen. Künftig werden sich Marketingfachleute Einzelkundensegmenten widmen, jeweils mit ihren ganz eigenen Präferenzen und Verhaltensweisen. Es ist jedoch hilfreich, die Gesamtrichtung der Marketingentwicklung in den Blick zu nehmen – und zwar durch die Beobachtung des Massenmarktes, den Unternehmen in Zukunft bedienen werden. Durch Einblick in die kollektiven demografischen Veränderungen auf dem Markt lässt sich der Marktkurs am elementarsten prognostizieren.

Die Generationenkohorte ist eine der beliebtesten Methoden zur Segmentierung des Massenmarktes. Die Prämisse ist, dass Menschen, die im selben Zeitraum geboren wurden und aufgewachsen sind, dasselbe erlebt haben. Sie teilen daher dieselben soziokulturellen Erfahrungen und haben mit höherer Wahrscheinlichkeit ähnliche Wertvorstellungen, Einstellungen und Verhaltensweisen. Heute leben fünf Generationenkohorten zusammen: Babyboomer, Generation X, Generation Y, Generation Z und Generation Alpha (siehe Abbildung 2.1).

Abbildung 2.1Die fünf Generationen und ihre Markenpräferenzen

Die geburtenstarken Jahrgänge: das alternde Zugpferd der Wirtschaft

Die Babyboomer erblickten zwischen 1946 und 1964 das Licht der Welt. Der Begriff Babyboom bezieht sich auf die hohe Geburtenrate in den Vereinigten Staaten und vielen anderen Teilen der Welt nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs. Als nach dem Krieg Sicherheit herrschte und die Wirtschaft florierte, beschlossen viele Paare, Kinder in die Welt zu setzen, die damals zum Hauptzielmarkt für Marketingfachleute wurden.

Die ersten geburtenstarken Jahrgänge, die in den Swinging Sixties Teenager waren, wuchsen in vergleichsweise wohlhabenderen Familien auf. Als Jugendliche mussten sie sich allerdings durch die soziopolitischen Spannungen des Jahrzehnts lavieren. Infolgedessen werden sie häufig mit der Gegenkulturbewegung in den Vereinigten Staaten und anderen westlichen Ländern in Verbindung gebracht. In dieser Zeit bildeten sich viele nicht massenkompatible Konzepte heraus wie sozialer Aktivismus, Umweltbewegung und Hippie-Lebensstil. Noch verstärkt wurde die Gegenkulturbewegung durch die Verbreitung des Fernsehens und der Werbung sowie der New-Hollywood-Welle.

Anders als die ersten geburtenstarken Jahrgänge lernten die späten Babyboomer – auch Generation Jones genannt – als Heranwachsende in den turbulenten 1970er-Jahren wirtschaftliche Probleme kennen. Ihre berufstätigen Eltern lebten unabhängiger und arbeiteten zu Anfang ihrer Karriere härter. Diese Teilgeneration der geburtenstarken Jahrgänge war der Vorläufer der Generation X und wies viele ähnliche Merkmale auf.

Allein schon aufgrund ihrer Größe und des Wirtschaftsaufschwungs nach dem Krieg in den USA, mit dem sie aufwuchsen, gehören die Babyboomer zu den maßgeblichsten wirtschaftlichen Einflussfaktoren. Jahrzehntelang standen sie im Fokus der Marketingfachleute, bevor ihnen die Generation Y zahlenmäßig den Rang ablief. Heute leben sie gesünder und länger, gehen häufiger erst später in den Ruhestand und bleiben auch mit 65 und darüber hinaus noch berufstätig. Sie besetzen nach wie vor Führungspositionen in Unternehmen. Die jüngere Generation wirft ihnen mangelnde Bereitschaft zur Einführung neuer Technologien und zum Bruch mit konventionellem unternehmerischem Denken vor.

Generation X: Sandwich-Kinder mit Führungsambitionen

Bei der Generation X handelt es sich um eine demografische Gruppe von Menschen, die zwischen 1965 und 1980 geboren wurden. Sozusagen als Sandwich-Kinder zwischen den Babyboomern und der Generation Y führte diese Generation ein Schattendasein: Das Marketing hatte sie gar nicht auf dem Schirm, weshalb sie auch als die »vergessenen Sandwich-Kinder« bezeichnet werden.