Maxie und ein Kater mit Köpfchen - Usch Luhn - E-Book

Maxie und ein Kater mit Köpfchen E-Book

Usch Luhn

4,9
6,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Maxie ist sauer. Jonas hängt nämlich nur noch mit der Neuen in der Klasse herum. Wutentbrannt schreibt sie einen fiesen Song für ihn. Ganz schlechte Idee, findet ihre Schwester Kassia. Ihr Rat an Maxie: Küss ihn! Wie eklig! Oder etwa nicht? Alle Abenteuer von Maxie: Band 1: Maxie und ein Fisch mit Fernweh Band 2: Maxie und ein Hund mit Herzklopfen Band 3: Maxie und ein Kater mit Köpfchen

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 177

Bewertungen
4,9 (8 Bewertungen)
7
1
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Inhalt

Impressum

Hallo! Da bin …

Ich düse die …

Gerade als ich …

Zurück in meinem …

Am nächsten Morgen …

Puh, bin ich …

Ich stürze in …

In Großmutters Hexenhaus …

Am nächsten Morgen …

Ich bin froh …

Maxie, aufwachen! Du …

Also, das grenzt …

Leider hält meine …

Wie durch ein …

Mama ist eifersüchtig …

Wer war heimlich …

Als ich am …

Als ich nach …

Kaum haben Linus …

Das ist nicht …

Als ich endlich …

Diese Idee hätte …

Die Sache klappt …

Hoffentlich finden wir …

Als wir wieder …

Autoreninformation

Als Ravensburger E-Book erschienen 2013 Die Print-Ausgabe erscheint in der Ravensburger Verlag GmbH © 2013 Ravensburger Verlag GmbH Coverillustration: Nina Dulleck Innenillustrationen: Nina Dulleck Alle Rechte dieses E-Books vorbehalten durch Ravensburger Verlag GmbHISBN978-473-38039-8www.ravensburger.de

Hallo! Da bin ich wieder, Maxie. Die aktuelle Lage bei Familie Buntschuh, also bei uns: alles ganz normal chaotisch. Außer einer riesengroßen Überraschung. Aber die verrate ich natürlich nicht sofort. Hihi. Schön der Reihe nach …

Meine zwei Schwestern sind natürlich so stressig wie eh und je: Kassia sucht nachts immer noch nach ihren Aliens und Jule gibt die Hoffnung, endlich ein richtiges Pony zu bekommen, einfach nicht auf. Dabei ist unser Esel Eddy so süß. Ich sage zu allem nur: Liebe Schwestern, träumt weiter!

Mein eigener größter Wunsch hört sich dagegen ehrlich gesagt richtig langweilig an: endlich mal eine passable Note in Deutsch. Im Aufsatzschreiben bin ich eine echte Null. Lacht mich nicht aus – für mich ist das die schwierigste Sache überhaupt.

Unser Nachbar Jonas Pfeffer, der weiß, wovon ich rede. Dem geht es nämlich genauso. Aber das ist nur ein sehr mickriger Trost. Ist es meine Schuld, dass meine Gedanken kreuz und quer durch meinen Kopf galoppieren oder wie eine Horde Flöhe darin herumhüpfen, anstatt Hand in Hand auf das Papier zu spazieren? Meine Deutschlehrerin Frau Glöckner hat vorgeschlagen, dass Jonas und ich …

„Maxie! Hast du schon wieder mein Fernglas geklaut? Ich ticke irgendwann wirklich aus, wenn du nicht aufhörst, ständig an mein Eigentum zu gehen!“

Die liebe Kassia. Na, habe ich zu viel versprochen? Sie stürmt wie eine Furie in mein Zimmer, reißt meinen Schrank auf und fängt an, hektisch in meinen Klamotten zu wühlen.

„Ei-gen-tum!“, äffe ich sie nach. „Bist du Großgrundbesitzerin oder was? Was kümmert mich dein blödes Fernglas? Und überhaupt: Pfoten weg von meinen Sachen!“ Ich ziehe sie aus dem Schrank heraus und schiebe sie Richtung Flur.

„Boah, Maxie!“, meckert sie noch, als ich die Tür vor ihrer Nase zudrücke. „Wenn ich dahinterkomme, dass du es doch hast, dann …“

Ich wiehere auf. „Was ist dann? Ich denke, du bist strikt gegen körperliche Gewalt!“

Kassia poltert wütend die Treppen hinunter.

Ich muss grinsen. Dieses Schwesterlein wird sich erst einmal nicht mehr hier oben blicken lassen. Dann kann ich ja gleich wieder gefahrlos durch mein – öhm … ich meine Kassias – Fernglas die Nachbarschaft beobachten. Ist immer gut zu wissen, was dort bei den Pfeffers so los ist.

Von meinem Dachfenster aus habe ich einen idealen Blick in Jonas’ Zimmer. Der Streber sitzt an seinem Schreibtisch. Würde mich brennend interessieren, ob er Hausaufgaben macht oder nur so tut. Schade, dass ich ihn mit dem Fernglas nicht näher heranzoomen kann. Ich weiß echt nicht, warum sich Kassia so aufregt. Mit diesem Ding kann man nicht mal 30 Meter weit gucken. Wie soll man damit einen Außerirdischen entdecken können? Zurückgeben werde ich es ihr trotzdem nicht sofort. Ich verstaue es erst einmal wieder in meinem Schreibtisch.

Wo war ich stehen geblieben? Ach ja, bei Frau Glöckner. Zuerst hat sie vorgeschlagen, dass Jonas und ich alles, was wir erleben, in ein Tagebuch schreiben, damit wir lernen, dass Gedanken ganz gemütlich aus dem Kopf aufs Papier wandern können, ohne dabei ständig Purzelbäume zu schlagen.

Hört sich schnarchlangweilig an, oder?

Dann wollte sie, dass Jonas und ich uns jeden Tag einen Brief schreiben, mindestens bis zur nächsten Klassenarbeit. Jonas steht nämlich noch eine halbe Note schlechter als ich.

Was für eine oberpeinliche Idee. Wir sind doch kein Liebespaar!

„Maxie, du hast mir doch versprochen, dass du heute mit mir Englisch übst …“

Ahhhhhh! Eine Heulboje hört sich im Vergleich zu Jule echt lustig an. Meine jüngste Schwester schlurft mit hängenden Schultern ins Zimmer und schaut mich mit diesem todtraurigen Blick an, bei dem ich mir immer vorkomme wie eine der bösen Stiefschwestern von Aschenputtel.

Jules Probleme möchte ich haben! Nur weil sie ein einziges Mal in ihrem stressfreien Leben eine Vier in Englisch geschrieben hat, geht wirklich nicht gleich die Welt unter.

„Kann man nicht mal eine Sekunde allein sein?“, sage ich schroffer als geplant. Ich habe dieses Knuddelmonster ja total lieb. Dass Mama allerdings ausgerechnet mich dazu verdonnert hat, mit Jule zu üben, ist echt ein Witz. Nur weil meine allerbeste Freundin Paula in London wohnt, heißt das noch lange nicht, dass ich den Durchblick in Englisch habe. Jules Note kann durch mich eigentlich nur noch schlechter werden.

„Ich muss noch für das Diktat üben“, sagt sie klagend.

„Jetzt nicht, Jule“, sage ich etwas milder. „Ich mache gerade selbst was für die Schule. Wir üben später, versprochen.“

Jules Augen werden vor Erstaunen kugelrund. Selbst meine kleine Schwester hat kapiert, dass es eine echte Ausnahme ist, wenn ich mal lerne. Sie lässt mich ohne Widerspruch in Ruhe. „Alles klar, Maxie. Viel Glück dabei“, sagt sie so weise, als ob sie hundert Jahre alt wäre.

Danke. Glück kann ich gebrauchen. Denn Frau Glöckner hat wirklich keine Ahnung. Durch das Briefeschreiben würden Jonas und ich nicht besser in Deutsch werden, sondern höchstwahrscheinlich zum besten Pausenwitz aller Zeiten.

Also doch Tagebuch.

Aber auch das hat einen Haken. Es gibt in meinem Leben einfach nichts, das so spannend ist, dass ich Lust hätte, es aufzuschreiben.

Hm. Außer natürlich … na ja. Ich habe ein neues Zimmer. Eine kuschelige Dachkammer weit weg von meinen nervigen Schwestern.

Nee, nee. Ich habe mein altes Zimmer nicht gegen Kassias Sterngucker-Bude unter dem Dach unseres winzigen Hexenhäuschens getauscht. Wäre ja noch schöner.

Na??? Kommt sowieso keiner drauf.

Tataaaaa! Hier kommt die Auflösung: Wir (also die vier Buntschuhs) haben gleich das komplette Hexenhaus mit den drei Pfeffermännern, die direkt nebenan in der schicken Villa gewohnt haben, getauscht. Ist das nicht verrückt?

Sebastian Pfeffer, der gleichzeitig mein Musiklehrer und der Vater von Jonas und Lukas ist, nervt zum Glück nicht mehr so wie anfangs, als er mit seinem Auto versehentlich in unsere Gartenmauer gebrettert war. Er hat nun einfach die komplette Mauer mit einem Vorschlaghammer umgehauen. So können unsere Haustiere in beiden Gärten gleichzeitig spielen: der Esel Eddy, Kassias Kater Chili, die Kaninchen, die immer mehr Geschwister kriegen, Mamas zahme Springmäuse und natürlich meine Krähe, Herr Schiller. Die könnten richtig Party machen, so viel Platz haben sie jetzt. Das finde ich mehr als nett von Herrn Pfeffer.

Die drei Pfeffers passen prima in das Hexenhäuschen. Nur der weiße Flügel war zu sperrig. Darum hat unsere Mutter Sebastian Pfeffer großzügig erlaubt, ihn in unserem riesigen neuen Wohnzimmer stehen zu lassen und so oft darauf zu spielen, wie er will. Zwischen den beiden ist nämlich gerade Friede-Freude-Eierkuchen-Zeit. Na, mal gucken, wie lange der Waffenstillstand anhält. Die zwei können sich nämlich streiten, dass die Fetzen fliegen.

Jonas und ich können das eigentlich auch. Aber seit einigen Wochen ist er einfach immer meiner Meinung. Und ich seiner. Unnormal, oder?

Darum ist mir auch schon ewig kein neuer Song mehr eingefallen. Das funktioniert nämlich am besten, wenn man eine Stinkwut hat.

Wer es vergessen hat: Meine süße Krähe und ich sind die besten Rapper an unserer Schule. Manchmal denke ich, dass Herr Schiller verzaubert ist. Da ich ihn aber weder abknutschen noch gegen eine Wand pfeffern will, wird er wohl eine hochbegabte musikalische Krähe bleiben. Das finde ich aber nicht schlimm. So kann er wenigstens für immer und ewig bei mir sein.

Mein neues Zimmer gefällt ihm. Er hat es sich gleich zwischen den schrägen Fenstern auf einem Balken gemütlich gemacht, einen Käfer herausgepickt und mit seinem Schnabel geklappert. Das hörte sich fast an wie Klatschen. Süß!!! Darüber bin ich wirklich froh. Denn wenn Herr Schiller mies gelaunt ist, geht er selbst mir auf den Keks.

Gerade nervt mich nur eines tierisch: Tagebuch schreiben.

Das leere Blatt vor mir ist immer noch leer. Total leer. Leerer geht es gar nicht. Oder wie leer kann ein leeres Blatt noch werden?

Leute! Genau das ist mein Problem, und Frau Glöckner versteht es einfach nicht. Ich habe gerade so viel gedacht, dass mir schon richtig der Kopf wehtut. Aber in meinem Heft steht kein einziges Wort.

Ich habe es ja gleich geahnt: Tagebuch ist nichts für mich. Ich könnte losheulen. Vielleicht muss ich doch die Sache mit den Briefen ausprobieren. Denn noch schlimmer als Briefe an Jonas zu schreiben, wäre, wegen einer Fünf in Deutsch sitzen zu bleiben.

Ob Jonas mitmacht? Ganz ehrlich: Ich kann mir nicht vorstellen, dass Tagebuch schreiben seine Lieblingsbeschäftigung ist. Das macht doch kein Junge gerne. Dann lieber so einen doofen Brief kritzeln. Wie lang die Briefe sein müssen, hat Frau Glöckner zum Glück nicht gesagt. Wir könnten ja einfach irgendeinen Blödsinn schreiben. Ist doch egal. Hauptsache, da stehen Buchstaben.

Am besten, ich weihe ihn gleich mal in meinen Plan ein, bevor ich es mir anders überlege. Schließlich sitzen wir beide im selben Boot.

Ich düse die Treppe in einem Affenzahn nach unten und nutze den Schwung, um über das letzte Stück des Geländers bis ins Erdgeschoss zu rutschen. Die Villa ist echt cool. Leider hat sich Jule gleich am ersten Tag bei einer solchen Rutschpartie den Eckzahn rausgehauen. Hatte die ein Glück, dass es noch ein Milchzahn war. Weil sie so geweint hat, wurde sie noch nicht einmal ausgeschimpft. Zweimal Glück. Und Herr Pfeffer versprach ihr eine Doppelstunde Schlagzeug. Dreimal Glück.

Jule ist eben in allem ein richtiger Glückspilz. Selbst in Deutsch hat sie eine Eins mit Sternchen. Ich dagegen stolpere von einer Pechsträhne in die nächste. Das war schon immer so. Trotzdem – wie schon gesagt – habe ich dieses kleine Biest gern.

Die Wohnzimmertür ist zwar zu, aber ich höre meinen Musiklehrer klimpern. Klimpern … Ich kichere leise vor mich hin. Dieses Wort benutze ich natürlich nur ganz heimlich. Schließlich ist er ein richtig guter Pianist. Gerade hört es sich aber wirklich mehr an wie klimpern. Gut zu wissen, dass auch solche Leute ab und zu mit einem Finger üben.

Ahhhhh! Das klingt jetzt aber sehr schräg.

Im selben Augenblick sagt Sebastian Pfeffer: „Super. Das war schon ganz toll, mein Schatz! Du schaffst das, da bin ich mir sicher.“

Mir wird vor Schreck ganz heiß. Mit wem spricht mein Musiklehrer denn so? Leider fällt mir nur ein einziger Mensch in unserem Haus ein, und das ist meine Mama.

Das geht echt zu weit. Was versteht die Pfefferbacke denn unter Gastfreundschaft? Wütend reiße ich die Tür sperrangelweit auf, stürme ins Wohnzimmer und brülle: „Na, was macht ihr Turteltäubchen da?“

„Krahkrahkrah!“ Herr Schiller erhebt sich mit gesträubtem Gefieder von den Tasten des Flügels und segelt gegen den Kronleuchter.

Die vielen geschliffenen Kristallspiegel klingeln leise, als er sie streift. „Krahkrahkrah!“, schimpft er in meine Richtung und wackelt aufgeregt mit dem Kopf.

„Ma-Ma-Maxie!“, stottert Herr Pfeffer verlegen und wird tatsächlich ein wenig rot. „D-d-du hast uns aber erschreckt. Machst du das öfter? Wir haben hier bloß ein wenig herumexperimentiert. Stell dir nur vor, Herr Schiller kann ganz alleine die Tonleiter spielen. Er ist wirklich ein Wundervogel.“

Oh ja. Das glaube ich Herrn Pfeffer aufs Wort.

Ich dagegen bin ein echtes Rindvieh. Wie konnte ich nur eine tausendstel Sekunde glauben, dass ausgerechnet Sebastian Pfeffer zu meiner Mutter Schatz sagt? Anscheinend hat mir diese Tagebuch-Schreibaktion komplett den Verstand vernebelt. Ich bin fix und fertig.

„Ah…ah…ah…“, stammle ich statt einer Antwort und wünsche mir nichts sehnsüchtiger als eine Tarnkappe.

„Krahkrahkrah!“, schreit Herr Schiller und zerbeißt vor Wut einen Kristall.

„Toll!“, quetsche ich schließlich heraus. „Wirklich toll. Ich bin leider etwas in Eile.“ Ich schiebe mich rückwärts zur Tür, um einfach wieder zu verschwinden.

„Halt!“, ruft Herr Pfeffer energisch.

Ich bleibe wie erstarrt stehen und halte die Luft an. Jetzt wird er mir sicher doch noch den Kopf waschen. Schließlich habe ich mich vollkommen unverschämt aufgeführt.

„Es gibt da allerdings ein ziemliches Problem“, sagt Herr Pfeffer und runzelt besorgt die Stirn. „Die Oberfläche der Tasten ist aus kostbarem Elfenbein. Mit seinem Schnabel wird Herr Schiller sie früher oder später zerkratzen oder sogar ganz kaputt machen. Vielleicht hast du ja eine Idee, wie man das verhindern könnte?“

Ich pruste die Luft erleichtert aus. Das Dampflok-Geräusch stimmt Herrn Schiller nicht gerade gnädiger. Er fliegt durch das offene Fenster davon, nicht ohne mir vorher ein letztes vernichtendes „Krahhhhhh“ zuzurufen.

„Na klar“, sage ich froh. „Kein Problem. Vielleicht binden Sie ihm einfach einen Korken um den Schnabel? Oder … oder … mir fällt bestimmt noch etwas Besseres ein. Mein Kopf arbeitet jetzt schon wie verrückt an einer Lösung …“

Mein Musiklehrer nickt mir freundlich zu. „Danke, Maxie. Du bist echt toll. Auf dich ist einfach immer Verlass. Mädchen sind wirklich viel vernünftiger als Jungs.“

Ich suche so schnell wie möglich das Weite. Wenn Sebastian Pfeffer wüsste, wie es wirklich in meinen Gedanken aussieht, würde er nicht so optimistisch strahlen.

Ich rase quer durch unseren neuen gemeinsamen Garten Richtung Hexenhaus und erschrecke dabei ein paar Kaninchen beinahe zu Tode. Nee, heute ist kein Glückstag. Weder für mich noch für alle, die mir begegnen.

Das hindert mich aber nicht daran, mein Zimmer, also jetzt natürlich Jonas’ Zimmer, zu entern. Er sitzt immer noch genauso versunken am Tisch wie eben und schreibt mit einem Füller etwas in ein dickes Heft.

„Ich hab dich erwischt!“, brülle ich und hechte in seine Richtung.

„Spinnst du?“, schreit er erschrocken und presst das Heft an seinen Bauch.

„Zeig her!“, rufe ich und reiße es an mich. Ja, ja, ich weiß es selbst. Nett ist anders. Aber wie ich schon sagte: Heute ist einfach nicht mein Tag.

Tagebuch

steht in einer Schnörkelschrift, die ich ihm gar nicht zugetraut hätte, als Überschrift auf der Seite. Und darunter … ungläubig fange ich an zu lesen.

„Nee, oder?“, kreische ich los. „Das ist jetzt nicht wahr, oder?“ Ich schmeiße mich auf den Boden, weil ich wie verrückt lachen muss.

„Das ist der coolste Tagebucheintrag, den ich je gelesen habe“, quietsche ich und wische mir die Tränen aus den Augen. „Damit wirst du direkt eine Klasse zurückversetzt.“

Unter der Überschrift steht mindestens dreihundertmal dasselbe Wort:

Tagebuch, Tagebuch, Tagebuch, Tagebuch, Tagebuch, Tagebuch, Tagebuch, Tagebuch, Tagebuch, Tagebuch, Tagebuch, Tagebuch, Tagebuch, Tagebuch, Tagebuch, Tagebuch, Tagebuch, Tagebuch, Tagebuch, Tagebuch, Tagebuch, Tagebuch, Tagebuch, Tagebuch, Tagebuch, Tagebuch, Tagebuch, Tagebuch, Tagebuch, Tagebuch, Tagebuch, Tagebuch, Tagebuch, Tagebuch, Tagebuch, Tagebuch, Tagebuch, Tagebuch, Tagebuch, Tagebuch, Tagebuch, Tagebuch.

Über die ganze Seite.

„Sehr witzig“, knurrt Jonas ertappt. „Und was hast du so Tolles geschrieben?“

Ich lege sein Heft mit einem entschuldigenden Blick zurück. Ich hasse es ja selbst wie die Pest, ausgelacht zu werden. „Ganz ehrlich? Gar nichts. Ganz und gar nix. Mir fällt einfach nichts ein. Ich setze bereits Spinnweben an. Beim Nachdenken.“

Jetzt muss Jonas erst einmal eine ganze Weile lachen. Und dabei macht er ein ziemlich erleichtertes Gesicht.

„Das ist aber auch wirklich nicht leicht bei uns“, verteidige ich mich. „Ständig stören mich meine Geschwister und dein Vater haut so laut in die Tasten, dass ich gar keinen klaren Gedanken fassen kann. Jetzt spielt er schon mit Herrn Schiller im Duett.“ Ich setze mich auf Jonas’ Schreibtisch und starre aus dem Fenster – zur Abwechslung hinüber zur Villa. Da meine Dachkammer eine Etage höher liegt als dieses Zimmer, kann Jonas von hier aus nicht viel erkennen, stelle ich zufrieden fest.

„Und was machen wir nun?“, fragt er ratlos. „Auf Sitzenbleiben habe ich echt keine Lust.“

Ich schüttle energisch den Kopf. „Frag mich mal.“ Ich hole tief Luft. „Also doch die Briefe?“ Jetzt ist es raus.

Jonas’ Augen werden vor Schreck kugelrund. „Du meinst, im Ernst?“, stöhnt er.

Ich nicke.

Jonas denkt eine ganze Weile nach. Dann nickt auch er.

Wir reichen uns die Hand.

„Aber die darf echt kein anderer lesen außer Frau Glöckner“, sagt er mit Grabesstimme. „Sonst sind wir geliefert.“

„Sonst sind wir geliefert“, wiederhole ich. „Sonst denken die anderen womöglich, wir sind ein L…“

Wir schaudern gleichzeitig. „Und das darf auf gar keinen Fall passieren!“

Gerade als ich wieder aus dem Hexenhaus – also dem Haus der Pfeffers – spaziere, um mit dem ersten Brief loszulegen, taucht unser Briefträger auf. Er winkt mir mit einem dicken Umschlag freundlich zu.

„Für mich?“, frage ich aufgeregt. Es kommt nicht wirklich oft vor, dass ich einen echten Brief bekomme. Also nicht so ein Gekritzel wie das, was Frau Glöckner Jonas und mir aufgedrückt hat.

Die meiste Post ist für unsere Mutter – Fachzeitschriften über Kaninchen, Springmäuse und sonstiges Getier. Oder Rechnungen, die sie immer mit einem Seufzer öffnet.

„Leider nicht!“, antwortet der Briefträger bedauernd. „Ist für deinen Freund Jonas. Direkt aus Amerika. Den gebe ich ihm mal persönlich“, fährt er mit einem skeptischen Blick auf den zugemüllten Briefkasten fort. „Ist vielleicht wichtig.“

Ich werde knallrot. Nicht wegen des vollen Briefkastens oder weil er gegen das Briefgeheimnis verstößt, indem er mir verrät, wo der Brief herkommt, sondern weil er Jonas als meinen Freund bezeichnet. Erwachsene haben wirklich nicht den Durchblick und vor allem kapieren sie nicht, wann sie peinlich sind.

„Jonas ist mein Kumpel“, sage ich strafend.

„Alles klar“, antwortet er und drückt auf den Klingelknopf.

Also echt, so komme ich nie zum Arbeiten! Ich düse in einem Affenzahn in meine Dachkammer und schnappe mir Kassias Fernglas. Wusste ich doch, dass das Ding bald wieder zum Einsatz kommen wird.

Jonas ist nicht zu sehen. Klar, er ist sicher zur Haustür gelaufen.

Herr Pfeffer klimpert immer noch auf seinem Flügel herum und Lukas habe ich vorhin bei unseren Kaninchen herumlungern sehen. Er ist ja wie Jule völlig verrückt nach allem, was vier Beine hat. Weil er außer ein paar schweigsamen Hausspinnen keine eigenen Haustiere hat, hängt er ständig bei unseren Ställen herum.

Es dauert eine halbe Ewigkeit, bis Jonas wieder in seinem Zimmer auftaucht. Mann, der Junge kann einen echt auf die Folter spannen! Irgendwie sieht er plötzlich ziemlich durch den Wind aus. Als ob er sich die Haare gerauft hätte oder so. Den Brief hat er jedenfalls aufgemacht, denn er hält mehrere Seiten in der Hand.

Grrrr! Dieses Fernglas ist echt was für den Kindergarten. Man kann nichts, aber auch gar nichts damit erkennen. Jonas tigert in seinem Zimmer auf und ab wie ein Raubtier. Der Brief ist von seiner Mutter in Amerika, keine Frage. Die schickt sonst aber höchstens mal E-Mails, und das ziemlich selten. Die meiste Zeit ist sie nämlich ziemlich busy.

Was könnte denn so Wichtiges passiert sein, dass sie einen seitenlangen Brief für Jonas verfasst? Vielleicht will sie ja ihren amerikanischen Freund heiraten oder Jonas kriegt ein Geschwisterchen. Oder sie kommt wieder nach Deutschland zurück und Jonas darf zu ihr ziehen, wie er es sich immer gewünscht hat.

Die letzte Möglichkeit finde ich blöd, schießt es mir durch den Kopf. Ich habe mich schon ziemlich an die Pfefferbacke gewöhnt. Keine Ahnung, warum. Die meiste Zeit nervt er mich total. Aber manchmal ist es auch echt cool, dass er da ist. Besonders, weil ich endlich einen Leidensgenossen in Deutsch habe.

Oh Gott, Frau Glöckner. Ich habe immer noch keine einzige Zeile geschrieben. Aber seit ich weiß, dass Jonas einen Brief aus Amerika gekriegt hat, kann ich mich erst recht nicht mehr konzentrieren.

Jonas sitzt jetzt wie hypnotisiert an seinem Schreibtisch und starrt an die Decke.

Vielleicht ist der Brief ja gar nicht von seiner Mutter, sondern von einem Erpresser. Seine Mutter ist entführt worden und Jonas soll das Lösegeld für sie auftreiben. Dann würde Herr Pfeffer seinen kostbaren Flügel verscherbeln und die Villa, in der wir es uns gerade gemütlich gemacht haben. Und wir müssten alle zusammen im Hexenhäuschen wohnen, bis wir was Neues gefunden hätten. Eigentlich ganz lustig.

Egal. Bevor ich mir noch mehr Gedanken über Jonas’ entführte Mutter mache, muss ich dringend mit meinem Brief anfangen, sonst kriegt Frau Glöckner eine Krise. Das hat sie wortwörtlich so gesagt und das sollte man besonders bei Lehrern sehr ernst nehmen.

fange ich an.

Quatsch. Genau so beginnen Liebesbriefe. Mir wird heiß. Also noch mal.

Das sieht schon mal sehr gut aus, mit null Rechtschreibfehlern. Ja, ich weiß, das klingt albern. Aber ich baue überall Fehler ein, auch da, wo gar keine dazwischenpassen.

Nee, nee und noch mal nee. Am liebsten würde ich das Blatt sofort zerfetzen. Nichts ist in Ordnung. Das sieht man doch gerade klar und deutlich. Sonst würde Jonas ja nicht so dasitzen wie eine Gruselfigur aus dem Wachsfigurenkabinett.

Aber genau das ist der Haken an dieser tollen Idee von Frau Glöckner. Normal ist, dass man Briefe schreibt, wenn der eine in Alaska und der andere in Bayern hockt. Oder wenigstens in London, wie Paula. Aber Jonas und ich wohnen quasi Hauswand an Hauswand. Wie soll einem da etwas Schlaues einfallen?

Aber weiter im Text:

Hm. Auf den ersten Blick kann ich keinen Fehler erkennen. Hört sich doch ganz gut an. Man soll ja auch nichts Überflüssiges in Briefen schreiben. Also, ich finde das jedenfalls doof.