Medizinrecht - Constanze Janda - E-Book

Medizinrecht E-Book

Constanze Janda

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  • Herausgeber: UTB
  • Kategorie: Fachliteratur
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2022
Beschreibung

Das Medizinrecht gewann im Rahmen der Corona-Pandemie an Bedeutung. Es berührt neben dem Öffentlichen Recht auch das Zivil- sowie Strafrecht. Die fünfte, überarbeitete und erweiterte Auflage stellt die Querschnittsmaterie vor: Constanze Janda geht auf das Recht der gesetzlichen Krankenkassen, das ärztliche Berufsrecht und die Rechtsbeziehungen zwischen Ärzt:innen und Patient:innen ein. Auch das Vertragsarztrecht, die Leistungserbringung durch Krankenhäuser sowie die Versorgung mit Arzneimitteln und das Heil- und Hilfsmittelrecht stellt sie dar und beleuchtet das Arzthaftungsrecht und die strafrechtliche Verantwortlichkeit von Ärzt:innen. Auch die aktuelle Gesetzgebung, etwa zum Digitale Versorgung-Gesetz, berücksichtigt sie neu in dieser Auflage.

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EPUB

Seitenzahl: 651

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Prof. Dr. Constanze Janda ist Inhaberin des Lehrstuhls für Sozialrecht und Verwaltungswissenschaft an der Deutschen Universität für Verwaltungswissenschaften Speyer.

Constanze Janda

Medizinrecht

5., überarbeitete und aktualisierte Auflage

Umschlagabbildung: © Hispanolistic | iStockphoto

Autorinnenbild: © privat

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.

5., überarbeitete und aktualisierte Auflage 2022

4., überarbeitetet und erweiterte Auflage 2019

3., komplett überarbeitete und aktualisierte Auflage 2016

2., überarbeitete und aktualisierte Auflage 2012

1. Auflage 2010

DOI: https://doi.org/10.36198/9783838558929

© UVK Verlag 2022

– ein Unternehmen der Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG

Dischingerweg 5 · D-72070 Tübingen

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

Alle Informationen in diesem Buch wurden mit großer Sorgfalt erstellt. Fehler können dennoch nicht völlig ausgeschlossen werden. Weder Verlag noch Autor:innen oder Herausgeber:innen übernehmen deshalb eine Gewährleistung für die Korrektheit des Inhaltes und haften nicht für fehlerhafte Angaben und deren Folgen. Diese Publikation enthält gegebenenfalls Links zu externen Inhalten Dritter, auf die weder Verlag noch Autor:innen oder Herausgeber:innen Einfluss haben. Für die Inhalte der verlinkten Seiten sind stets die jeweiligen Anbieter oder Betreibenden der Seiten verantwortlich.

Internet: www.narr.de

eMail: [email protected]

Einbandgestaltung: siegel konzeption | gestaltung

utb-Nr. 3341

ISBN 978-3-8252-5892-4 (Print)

ISBN 978-3-8385-5892-9 (ePDF)

ISBN 978-3-8463-5892-4 (ePub)

Inhalt

Vorwort zur 5. Auflage

Abkürzungsverzeichnis

1. Kapitel: Einführung

A. Begriff des Medizinrechts

B. Rechtsquellen des Medizinrechts

C. Historische Entwicklung des Medizinrechts

2. Kapitel: Das Recht der gesetzlichen Krankenversicherung

A. Abgrenzung

I. Gesetzliche Krankenversicherung

II. Private Krankenversicherung

III. Beihilfe

IV. Sozialhilfe

B. Organisation der Krankenkassen

I. Die Krankenkassen als Körperschaften des öffentlichen Rechts

II. Das Prinzip der Selbstverwaltung

III. Organe der Krankenkassen

1. Verwaltungsrat

2. Vorstand

IV. Die Kassenarten

C. Die Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung

I. Pflichtversicherung, § 5 SGB V

1. Gegen Entgelt beschäftigte und gleichgestellte Personen

2. Der Auffangtatbestand § 5 I Nr. 13 SGB V

a. Anderweitige Absicherung im Krankheitsfall

b. Ausgestaltung der Versicherungspflicht

c. Durchsetzung der Versicherungspflicht

II. Versicherungsfreiheit, §§ 6, 7 SGB V

III. Versicherungsbefreiung, § 8 SGB V

IV. Freiwillige Versicherung, § 9 SGB V

V. Familienversicherung, § 10 SGB V

D. Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung

I. Der Gesundheitsfonds als Sondervermögen der GKV

II. Beiträge

1. Abgrenzung zu anderen Abgabenarten

2. Einzug und Höhe der Beiträge

III. Bundeszuschuss, § 221 SGB V

IV. Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds an die Krankenkassen

1. Standardisierte Leistungsausgaben

2. Morbiditätsorientierter Risikostrukturausgleich

a. Der Risikostrukturausgleich nach § 266 SGB V a. F.

b. Der „Morbi-RSA“ nach § 266 SGB V n. F.

3. Zuweisungen zur Finanzierung sonstiger Ausgaben, § 270 SGB V

V. Zusatzbeiträge der Krankenkassen

VI. Wahltarife

1. Die Tarife im Einzelnen

a. Selbstbehalttarif, § 53 I SGB V

b. Leistungsvermeidungstarif, § 53 II SGB V

c. Tarif für besondere Versorgungsformen, § 53 III SGB V

d. Kostenerstattungstarif, § 53 IV SGB V

e. Tarif für Arzneimittel besonderer Therapierichtungen, § 53 V SGB V

f. Krankengeld-Wahltarif, § 53 VI SGB V

2. Allgemeine Regeln für die Ausgestaltung der Wahltarife

E. Leistungsrecht

I. Versicherungsfall „Krankheit“

1. Subjektiver Krankheitsbegriff

2. Objektivierbare Definitionsansätze

a. Der Gesundheitsbegriff der WHO

b. Der Krankheitsbegriff in der Rechtsprechung

c. Einzelfälle

3. Selbst verursachte Krankheiten

II. Sicherstellung der Leistungserbringung

1. Sachleistungsprinzip

2. Kostenerstattungsprinzip

a. Wahl der Kostenerstattung, § 13 II SGB V

b. Systemversagen, § 13 III, IIIa SGB V

c. Inanspruchnahme von Leistungserbringern in der EU, § 13 IV-VI SGB V

aa. Europäisches koordinierendes Sozialrecht

bb. Kostenerstattung nach § 13 IV SGB V

III. Grundsätze der Leistungserbringung

IV. Die Beurteilung von Behandlungsmethoden

1. Der Gemeinsame Bundesausschuss, §§ 91 f. SGB V

2. Anerkennung neuer Heilmethoden durch den GBA

3. Ausnahmen vom Erlaubnisvorbehalt des § 135 SGB V

V. Der Leistungskatalog des SGB V

1. Krankengeld

2. Sach- und Dienstleistungen

3. Zuzahlungen

a. Höhe und Abrechnungsverfahren

b. Überforderungsschutz

3. Kapitel: Das ärztliche Berufsrecht

A. Rechtsgrundlagen

B. Zugang zum Arztberuf

I. Der Arztberuf als freier Beruf

II. Zulassung zur Berufsausübung – Die Approbation

1. Voraussetzungen der Approbation

2. Rücknahme, Widerruf und Ruhen der Approbation

III. Die Niederlassung

IV. Kooperative Formen der Leistungserbringung

1. Gemeinschaftspraxis

2. Praxisgemeinschaft

3. Praxisverbund

C. Standesorganisationen der Ärzte

I. Die Ärztekammern

1. Mitgliedschaft

2. Organe

3. Aufgaben

II. Die Bundesärztekammer

III. Sonstige berufsständische Verbände

D. Berufsständische Pflichten des Arztes

I. Heilauftrag

1. Behandlungspflicht

2. Privatautonomie

3. Notdienst

II. Fortbildungspflicht

III. Partnerschaft zwischen Arzt und Patient

1. Grundlagen

2. Aufklärungspflicht

3. Schweigepflicht

4. Dokumentationspflicht

IV. Kollegialität

V. Verbot berufswidriger Werbung

E. Berufsgerichtsbarkeit

I. Zuständigkeit der Berufsgerichte

II. Berufsgerichte und das Verbot der Doppelbestrafung

4. Kapitel: Die Rechtsbeziehungen zwischen Ärzten und Patienten

A. Der Behandlungsvertrag

I. Rechtsnatur des Behandlungsvertrags

II. Kontrahierungszwang

III. Zustandekommen des Behandlungsvertrags

1. Vertragsschluss bei Geschäftsunfähigen

2. Vertragsschluss bei beschränkt Geschäftsfähigen

B. Vertragliche Pflichten des Arztes

I. Informationspflichten

II. Behandlungspflicht

III. Pflicht zur persönlichen Leistungserbringung

IV. Aufklärung und Einwilligung des Patienten

1. Arten der Aufklärung

2. Umfang der Aufklärungspflicht

3. Adressaten der Aufklärung

4. Art und Weise der Aufklärung

V. Dokumentationspflicht

VI. Schweigepflicht des Arztes

VII. Sonstige Pflichten des Arztes

C. Vertragliche Pflichten des Patienten

I. Pflicht zur Vergütung von Behandlungsleistungen

1. Geltungsbereich der GOÄ

2. Höhe der Vergütung

II. Mitwirkungspflicht (Compliance)

III. Sonstige Pflichten des Patienten

5. Kapitel: Vertragsarztrecht

A. Grundlagen

B. Die Kassenärztlichen Vereinigungen als Träger der vertragsärztlichen Versorgung

I. Organisation

II. Aufgaben der Kassenärztlichen Vereinigungen

III. Pflichtmitgliedschaft

C. Verträge zwischen Krankenkassen und Leistungserbringern

I. Kollektivverträge

1. Bundesmantelvertrag, § 82 I SGB V

2. Gesamtverträge, § 83 SGB V

II. Einzelverträge

1. Hausarztzentrierte Versorgung, § 73b SGB V

2. Besondere Versorgung, § 140a SGB V

a. Vertragspartner

b. Anforderungen an die besondere Versorgung

c. Teilnahme an der besonderen Versorgung

3. Strukturierte Behandlungsprogramme, § 137f SGB V

III. Zusammenfassung: Kollektiv- und Einzelverträge in der GKV

D. Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung

I. Verfassungsmäßigkeit des Zulassungserfordernisses

II. Voraussetzungen der Zulassung

1. Einzelzulassung

2. Zulassung zur kooperativen Leistungserbringung

a. Gemeinschaftspraxis

b. Medizinisches Versorgungszentrum

3. Ermächtigung

III. Bedarfsplanung

1. Bedarfsregelung nach der RVO

2. Bedarfsgesteuerte Zulassung nach §§ 99 ff. SGB V

a. Unterversorgung, § 100 SGB V

b. Überversorgung, § 101 SGB V

IV. Rechtsfolgen der Zulassung

1. Vertragsarztsitz und Zweigpraxis

2. Pflicht zur vollzeitigen Berufsausübung

3. Präsenzpflicht

4. Besondere vertragsärztliche Behandlungspflicht

a. Recht zur Ablehnung von Patienten

b. Persönliche Leistungserbringung

c. Einhaltung der Fachgebietsgrenzen

5. Teilnahme am vertragsärztlichen Notdienst

6. Anstellungsrecht

V. Der berufliche Status des Vertragsarztes

VI. Ende der Zulassung

1. Ruhen der Zulassung, § 95 V SGB V

2. Entziehung der Zulassung, § 95 VI SGB V

3. Fristablauf, § 97 VII SGB V, § 19 IV Ärzte-ZV

4. Sonstige Beendigungsgründe, § 95 VII SGB V

E. Haus- und fachärztliche Versorgung

I. Hausärztliche Versorgung

II. Fachärztliche Versorgung

F. Vergütung der Vertragsärzte

I. Einheitlicher Bewertungsmaßstab

II. Euro-Gebührenordnung

III. Morbiditätsbedingte Gesamtvergütung

IV. Honorarverteilung

V. Konsequenzen des Vergütungssystems für die Vertragsbeziehungen bei Kassenpatienten

6. Kapitel: Leistungserbringung durch Krankenhäuser

A. Das Krankenhaus im medizinischen Versorgungssystem

I. Rechtsquellen

II. Begriff des Krankenhauses

III. Typologie der Krankenhäuser

IV. Träger stationärer Einrichtungen

B. Krankenhausplanung und -finanzierung

I. Planung

1. Planungskriterien

2. Anspruch auf Aufnahme in den Krankenhausplan

II. Finanzierung

1. Investitionskosten

a. Begriff

b. Förderungsmodus

2. Betriebskosten

C. Organisation des Krankenhauses

I. Gliederung des Krankenhauses

II. Rechtsbeziehungen zwischen Arzt und Krankenhaus

III. Besonderheiten beim Chefarzt

1. Der Chefarzt als leitender Angestellter

2. Liquidationsrecht

IV. Exkurs: Arbeitszeit der Klinikärzte

D. Der Behandlungsvertrag

I. Kontrahierungszwang

II. Rechtsformen des Behandlungsvertrags im Krankenhaus

1. Totaler Krankenhausaufnahmevertrag

2. Gespaltener Krankenhausaufnahmevertrag

E. Die stationäre Versorgung von gesetzlich versicherten Patienten

I. Zugelassene Leistungserbringer in der stationären Versorgung

1. Plankrankenhäuser

2. Vertragskrankenhäuser

3. Vernetzung von ambulanter und stationärer Versorgung

II. Der Anspruch auf stationäre Versorgung nach SGB V

1. Abgrenzung der stationären Behandlung

2. Nachrang der vollstationären Behandlung

3. Umfang des Anspruchs

III. Vergütung von Krankenhausleistungen durch die Krankenkassen

1. Vertragsschluss

2. Tagessätze und Fallpauschalen

7. Kapitel: Versorgung mit Arzneimitteln

A. Begriff des Arzneimittels

B. Genehmigungsvorbehalte im Arzneimittelrecht

I. Herstellungserlaubnis

II. Zulassung von Arzneimitteln

1. Europäisches Zulassungsverfahren

2. Dezentrales Zulassungsverfahren

3. Zulassung nach deutschem Recht

a. Zulassungsantrag, § 22 AMG

b. Verfahren

c. Anspruch auf Zulassung

d. Zulassung von Generika

e. Rücknahme, Widerruf, Ruhen und Erlöschen der Zulassung

III. Abgabe von Arzneimitteln

1. Abgabeverbote

2. Apothekenpflicht

3. Verschreibungspflicht

C. Rechtsstellung der Apotheker

I. Approbation

II. Apothekenerlaubnis

1. Erteilungsvoraussetzungen

2. Mehr- und Fremdbesitzverbot

III. Aufgaben des Apothekers

IV. Versandhandel als besondere Vertriebsform

D. Versorgung mit Arzneimitteln im Rahmen der GKV

I. Anspruch der Versicherten

1. Verordnungsfähigkeit und Zulassung

2. Ausschluss nicht verschreibungspflichtiger Arzneimittel

3. Ausschluss von Bagatell- und Lifestyle-Arzneimitteln

4. Off-Label-Use

5. Verordnungsfähigkeit nicht zugelassener Arzneimittel

II. Rechtsbeziehungen der Krankenkassen zu den Apotheken

III. Rechtsbeziehungen der Krankenkassen zu den pharmazeutischen Unternehmen

E. Entgelte für Arzneimittel

I. Zulässige Preisspannen nach AMPreisV

II. Rabattpflichten nach SGB V

III. Bestimmung von Festbeträgen

1. Vereinbarkeit mit Verfassungs- und Europarecht

2. Verfahren der Festbetragsbestimmung

3. Folge der Festbetragsregelung

4. Festbetragsfreiheit innovativer Arzneimittel

8. Kapitel: Heil- und Hilfsmittelrecht

A. Versorgung mit Heilmitteln

I. Berufsrecht

II. Heilmittel in der gesetzlichen Krankenversicherung

1. Umfang des Anspruchs

2. Zulassung zur Leistungserbringung

a. Zulassungsvoraussetzungen

b. Versorgungsverträge

3. Rechtsbeziehungen bei der Leistungserbringung

B. Versorgung mit Hilfsmitteln

I. Berufsrecht

II. Hilfsmittel in der gesetzlichen Krankenversicherung

1. Umfang des Anspruchs

a. Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens

b. Brillen und Kontaktlinsen

c. Leistungsausschluss nach § 34 IV SGB V

d. Hilfsmittelrichtlinie des GBA

2. Hilfsmittelverzeichnis

a. Aufnahme von Hilfsmitteln

b. Verbindlichkeit des Hilfsmittelverzeichnisses

III. Zulassung von Leistungserbringern zur Hilfsmittelversorgung

1. Vertragsschluss nach Ausschreibung gemäß § 127 I SGB V

2. Rahmenverträge nach § 127 II SGB V

3. Einzelverträge nach § 127 III SGB V

IV. Vergütung

V. Abgrenzung zur Hilfsmittelversorgung im Pflegeversicherungsrecht

C. Digitale Gesundheitsanwendungen

9. Kapitel: Arzthaftungsrecht

A. Allgemeines

B. Fehlverhalten des Arztes

I. Behandlungsfehler

1. Diagnosefehler

2. Therapiefehler

3. Übernahmeverschulden

4. Therapeutische Sicherheitsaufklärung

II. Aufklärungsfehler

III. Dokumentationsmängel

C. Sorgfaltsmaßstab

I. Objektiver Sorgfaltspflichtverstoß

II. Therapiefreiheit

D. Kausalität und Zurechnung

E. Besonderheiten bei der medizinischen Behandlung im Krankenhaus

I. Haftungstatbestände und Haftungsschuldner

II. Sorgfaltsmaßstab

III. Organisationsverschulden des Krankenhausträgers

1. Anforderungen an die Organisation

2. Arbeitsteilung und Haftung

3. Behandlung durch Ärzte in Ausbildung

IV. Aufklärungsfehler

F. Beweislastverteilung

I. Substantiierungspflichten des Patienten

II. Beweiserleichterung im Arzthaftpflichtprozess

1. Vermutung des Verschuldens

2. Voll beherrschbare Risiken

3. Grobe Behandlungsfehler

4. Beweislastverteilung bei Aufklärungsfehlern

5. Beweislastverteilung bei Dokumentationsfehlern

G. Umfang des Schadenersatzes

10. Kapitel: Strafrechtliche Verantwortlichkeit von Ärzten

A. Abgrenzung von Arzthaftungsrecht und Arztstrafrecht

B. Die ärztliche Behandlung ohne/gegen den Willen des Patienten

I. Heilbehandlung als Körperverletzung

II. Kritik in der Literatur

1. Erfolgstheorie

2. Straffreiheit des regelgerechten Heileingriffs

III. Stellungnahme

IV. Die Einwilligung des Patienten

1. Aufklärung als Wirksamkeitsvoraussetzung

2. Stellvertretung

3. Die mutmaßliche Einwilligung

a. Patientenverfügung

b. Operationserweiterung

4. Die Bedeutung von Irrtümern

C. Strafrechtliche Bewertung von Behandlungsfehlern

I. Begriff des Behandlungsfehlers

II. Sorgfaltsmaßstab

III. Schuld

IV. Behandlungsfehler durch Unterlassen

D. Sterbehilfe als Straftat

I. Aktive Sterbehilfe

II. Indirekte Sterbehilfe

III. Behandlungsabbruch und -verzicht

1. Begriff und Voraussetzungen

2. Mutmaßlicher Wille

3. Behandlungsabbruch bei Betreuung

IV. Schutz vor Triage-Entscheidungen

E. Ärztliche Beteiligung am Suizid

I. Aktive Unterstützung der Selbsttötung

1. Abgrenzung zwischen Beihilfe zur Selbsttötung und Tötung auf Verlangen

2. Voraussetzungen der Tötung auf Verlangen

II. Hilfeleistungspflichten beim Suizid

1. Strafbarkeit wegen unterlassener Hilfeleistung

2. Strafbarkeit wegen Tötungsdelikten durch Unterlassen

F. Verletzung der ärztlichen Schweigepflicht

I. Anvertrauen eines Geheimnisses

II. Offenbaren eines Geheimnisses

III. Fehlende Befugnis zur Offenbarung

1. Einwilligung des Patienten

2. Mutmaßliche Einwilligung des Patienten

3. Gesetzliche Offenbarungspflichten

4. Offenbarung im Notstand nach § 34 StGB

Musterklausuren

Fall 1 (Bürgerliches Recht)

Fall 2 (Öffentliches Recht)

Fall 3 (Strafrecht)

Literatur

Sachwortverzeichnis

Vorwort zur 5. Auflage

Seit Erscheinen der letzten Auflage des Lehrbuchs zum Medizinrecht scheinen alte Gewissheiten im Gesundheitswesen grundlegend erschüttert. Die Corona-Pandemie hat die Gesellschaft herausgefordert wie wenige Krisen zuvor. Das Gesundheitswesen drohte die Grenzen seiner Belastbarkeit zu erreichen; erhebliche Grundrechtseingriffe mit dem Ziel des Infektionsschutzes wurden verabschiedet. Es gab kontroverse Diskussionen um die Verpflichtung zum Tragen von Schutzmasken, zur Zulassung von Impfstoffen und deren Verteilung sowie um die Einführung einer Impfpflicht. Mit der Versorgung der an Corona Erkrankten sind auch die Ausgaben der gesetzlichen Krankenkassen stark gestiegen – so stark, dass die Finanzierung der Krankenversicherung durch eine Erhöhung des Beitragssatzes gesichert werden muss. Trotz dieser existenziellen Krise sind die Grundfesten des Medizinrechts unverändert geblieben.

Der Gesetzgeber hat seit 2019 in schnellem Takt Neuregelungen eingeführt. Im Medizinrecht erweisen sich jedoch nur wenige als grundlegende Reform. Ein entscheidender Schritt wurde bereits vor der Pandemie mit dem Digitale Versorgung-Gesetz (DVG) gegangen, wodurch ein Ausbau der Telematik-Infrastruktur vorangebracht und die Inanspruchnahme digitaler Gesundheitsanwendungen ermöglicht werden sollte. Zum Jahresbeginn 2023 wird mit dem Gesetz zur Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts die Rechtsprechung des BGH und des BVerwG zur Bestimmtheit von Patientenverfügungen umgesetzt und ein Vertretungsrecht von Ehegatten in gesundheitlichen Notfällen eingeführt.

In der Rechtsprechung sind vor allem die Entscheidungen zum assistierten Suizid sowie der sogenannte Triage-Beschluss des BVerfG zum Schutz von Menschen mit Behinderungen in einer Situation knapper intensivmedizinischer Kapazitäten hervorzuheben, die noch der Umsetzung durch den Gesetzgeber harren. In zahlreichen einzelnen Entscheidungen haben die oberen Gerichte das Krankenversicherungsrecht und auch das Arzthaftungsrecht geschärft.

Die nunmehr 5. Auflage nimmt diese Entwicklungen auf. Das Medizinrecht bleibt ein dynamisches Rechtsgebiet, dessen Studium – auch über die klassische juristische Ausbildung hinaus – viele spannende Tätigkeitsfelder eröffnet. Die Arbeit an einem solchen Lehrbuch ist ohne Unterstützung kaum zu bewältigen. Ich danke Alina Albering, Martina Dieterle, Milena Herbig, Helen Hermann, Xenia Lakmann, Mathieu Wagner und Christina Wieda für die tatkräftige Unterstützung bei der Aktualisierung des Manuskripts und für die Durchsicht der Druckfahnen. Über Hinweise aus dem Kreis der Leserinnen und Leser freue ich mich.

Speyer, im Juli 2022

Constanze Janda

Vorwort zur 1. Auflage

Die Idee zu diesem Lehrbuch entstand im Rahmen der Vorlesung „Medizinrecht“, die ich seit 2006 an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Friedrich-Schiller-Universität Jena halte. Die Studierenden standen immer wieder vor dem Problem, dass es keine geeignete Studienliteratur gibt. Zwar ist die medizinrechtliche Literatur zahlreich und umfassend. Für den Leser, der sich erstmals mit diesem Rechtsgebiet auseinandersetzt, ist sie jedoch häufig zu detailliert und setzt zu viel Fachwissen voraus.

Dieses Buch richtet sich nicht nur an Juristen, die sich mit den Grundlagen des Medizinrechts vertraut machen wollen. Auch Medizinern, Gesundheitsökonomen oder den Studierenden der Pflegewissenschaften soll es helfen, die rechtlichen Fallstricke des Arzt-Patienten-Verhältnisses, aber auch des Krankenversicherungsrechts zu durchdringen.

Prof. Dr. Dr. h.c. Eberhard Eichenhofer, an dessen Lehrstuhl ich seit langem tätig bin, hat mich in meiner Idee bestärkt und mich bei der Erarbeitung des Lehrbuchs mit seinem Fachwissen und seiner Erfahrung sehr unterstützt. Dafür sei ihm herzlich gedankt! Uta Preimesser von der UVK Verlagsgesellschaft war so freundlich, die Aufnahme des Buches in das Programm von UTB voranzubringen.

Ein besonderer Dank gebührt Julia Hubert und Florian Wilksch. Beide haben mit großer Mühe und Gründlichkeit das Manuskript durchgesehen und dadurch den studentischen Interessen an einem klar gegliederten und verständlich geschriebenen Lehrbuch den nötigen Raum verschafft.

Jena, 8. März 2010

Constanze Janda

Aus Gründen der besseren Lesbarkeit habe ich in der Darstellung darauf verzichtet, Personen- und Berufsbezeichnungen in der weiblichen und männlichen Form zu verwenden. Die männlichen Begriffe schließen die weibliche Bezeichnung selbstverständlich ein.

Abkürzungsverzeichnis

A&R

Arzneimittel und Recht (Zeitschrift)

a. A.

andere Ansicht

AApprO

Approbationsordnung für Apotheker

ÄApprO

Approbationsordnung für Ärzte

Abb.

Abbildung

AbgrV

Verordnung über die Abgrenzung der im Pflegesatz nicht zu berücksichtigenden Investitionskosten von den pflegesatzfähigen Kosten der Krankenhäuser

ABl.

Amtsblatt der Europäischen Union

AEUV

Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union

a. F.

alte Fassung

AGG

Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz

AMG

Gesetz über den Verkehr mit Arzneimitteln

AMNOG

Gesetz zur Neuordnung des Arzneimittelmarktes in der gesetzlichen Krankenversicherung (Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz)

AMPreisV

Arzneimittelpreisverordnung

AMradV

Verordnung über radioaktive oder mit ionisierenden Strahlen behandelte Arzneimittel

AMuwV

Verordnung über unwirtschaftliche Arzneimittel in der gesetzlichen Krankenversicherung

AMVerkVO

Verordnung über apothekenpflichtige und freiverkäufliche Arzneimittel (Arzneimittelverkaufsverordnung)

AMVV

Verordnung über die Verschreibungspflicht von Arzneimitteln (Arzneimittelverschreibungsverordnung)

Anm.

Anmerkung

AOK

Allgemeine Ortskrankenkasse

ApBetrO

Verordnung über den Betrieb von Apotheken (Apothekenbetriebsordnung)

ApoG

Gesetz über das Apothekenwesen (Apothekengesetz)

ArbZG

Arbeitszeitgesetz

Art.

Artikel

Ärzte-ZV

Zulassungsverordnung für Vertragsärzte

ASR

Anwalt/Anwältin im Sozialrecht (Zeitschrift)

AsylbLG

Asylbewerberleistungsgesetz

BAG

Bundesarbeitsgericht

BAGE

Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts

BÄK

Bundesärztekammer

BAnz

Bundesanzeiger

BÄO

Bundesärzteordnung

BApO

Bundes-Apothekerordnung

BArbBl.

Bundesarbeitsblatt

BetrVG

Betriebsverfassungsgesetz

BfArM

Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte

BGB

Bürgerliches Gesetzbuch

BGBl.

Bundesgesetzblatt

BGH

Bundesgerichtshof

BGHSt

Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Strafsachen

BGHZ

Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen

BKK

Betriebskrankenkasse

BMG

Bundesministerium für Gesundheit

BMV-Ä

Bundesmantelvertrag Ärzte

BPflV

Verordnung zur Regelung der Krankenhauspflegesätze

BQFG

Gesetz zur Verbesserung der Feststellung und Anerkennung im Ausland erworbener Berufsqualifikationen (Berufsqualifikationsfeststellungsgesetz)

BRAK

Bundesrechtsanwaltskammer

Breith.

Breithaupt. Sammlung von Entscheidungen aus dem Sozialrecht

BSG

Bundessozialgericht

BSGE

Entscheidungen des Bundessozialgerichts

BT-Drs.

Drucksachen des Deutschen Bundestages

BtMG

Betäubungsmittelgesetz

BVerfG

Bundesverfassungsgericht

BVerfGE

Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts

BVerwG

Bundesverwaltungsgericht

BVerwGE

Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts

BVG

Gesetz über die Versorgung der Opfer des Krieges (Bundesversorgungsgesetz)

bzw.

beziehungsweise

Deutsches Ärzteblatt

DÄ PP

Deutsches Ärzteblatt für psychologische Psychotherapeuten und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten

DÄT

Deutscher Ärztetag

DDR

Deutsche Demokratische Republik

DMP

Disease Management Programmes (Strukturierte Behandlungsprogramme für chronische Krankheiten)

DÖV

Die Öffentliche Verwaltung (Zeitschrift)

DRG

diagnosis related groups

EBM

Einheitlicher Bewertungsmaßstab für Leistungen

EFZG

Gesetz über die Zahlung des Arbeitsentgelts an Feiertagen und im Krankheitsfall

EG

Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaften

EGMR

Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte

EMA

European Medicines Agency

EMEA

European Agency for the Evaluation of Medicines

EMRK

Europäische Menschenrechtskonvention

ErsK

Die Ersatzkasse (Zeitschrift)

EStG

Einkommenssteuergesetz

EU

Europäische Union

EuG

Gericht erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften

EuGH

Europäischer Gerichtshof

EuZW

Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht

EWG

Europäische Wirtschaftsgemeinschaft

EWR

Europäischer Wirtschaftsraum

f.

folgende(r)

ff.

fortfolgende

Fn.

Fußnote

FPR

Familie Partnerschaft Recht (Zeitschrift)

GBA

Gemeinsamer Bundesausschuss

GbR

Gesellschaft bürgerlichen Rechts

GewArch

Gewerbearchiv (Zeitschrift)

GewO

Gewerbeordnung

GG

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland

GKV

Gesetzliche Krankenversicherung

GKV-FinG

Gesetz zur nachhaltigen und sozial ausgewogenen Finanzierung der Gesetzlichen Krankenversicherung

GKV-FQWG

Gesetz zur Weiterentwicklung der Finanzstruktur und der Qualität in der gesetzlichen Krankenversicherung

GKV-VSG

Gesetz zur Stärkung der Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung (Versorgungsstärkungsgesetz)

GKV-VStG

Gesetz zur Verbesserung der Versorgungsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung (Versorgungsstrukturgesetz)

GKV-WSG

Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der Gesetzlichen Krankenversicherung

GMG

Gesundheitsmodernisierungsgesetz – Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung

GOÄ

Gebührenordnung für Ärzte

GRG

Gesundheitsreformgesetz – Gesetz zur Strukturreform im Gesundheitswesen

GSG

Gesundheitsstrukturgesetz – Gesetz zur Sicherung und Strukturverbesserung der gesetzlichen Krankenversicherung

GuP

Gesundheit und Pflege (Zeitschrift)

GVBl.

Gesetz- und Verordnungsblatt

HGB

Handelsgesetzbuch

HK-AKM

Rieger/Dahm/Katzenmeier/Steinhilper, Heidelberger Kommentar. Arztrecht. Krankenhausrecht. Medizinrecht.

h. M.

herrschende Meinung

HPG

Hospiz- und Palliativgesetz

HS

Halbsatz

HVVG

Gesetz zur Stärkung der Heil- und Hilfsmittelversorgung

HwO

Handwerksordnung

i. d. R.

in der Regel

IfSG

Gesetz zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen

IHK

Industrie- und Handelskammer

i. H. v.

in Höhe von

IKK

Innungskrankenkasse

IPwskR

Internationaler Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte

IQWiG

Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen

i. S. v.

im Sinne von

IV

Integrierte Versorgung

i. V. m.

in Verbindung mit

jurisPK

Juris Praxis-Kommentar

jurisPR

Juris Praxis-Report

JZ

Juristenzeitung

KassKomm

Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht

KBV

Kassenärztliche Bundesvereinigung

KFPV

Verordnung zum Fallpauschalensystem für Krankenhäuser

KG

Kommanditgesellschaft

KH

Das Krankenhaus (Zeitschrift)

KHG

Gesetz zur wirtschaftlichen Sicherung der Krankenhäuser und zur Regelung der Krankenhauspflegesätze

KHEntgG

Gesetz über die Entgelte für voll- und teilstationäre Krankenhausleistungen

KHSG

Krankenhausstrukturgesetz

KSchG

Kündigungsschutzgesetz

KV

Kassenärztliche Vereinigung

KVHilfsmV

Verordnung über Hilfsmittel von geringem therapeutischen Nutzen oder geringem Abgabepreis in der gesetzlichen Krankenversicherung

KZV

Kassenzahnärztliche Vereinigung

LÄK

Landesärztekammer

LFBG

Lebensmittel-, Bedarfsgegenstände- und Futtermittelgesetzbuch

LogopG

Gesetz über den Beruf des Logopäden

LSG

Landessozialgericht

MBO

Musterberufsordnung für die deutschen Ärztinnen und Ärzte

MedR

Medizinrecht (Zeitschrift)

MDK

Medizinischer Dienst der Krankenversicherung

MGV

Morbiditätsbedingte Gesamtvergütung

MPG

Gesetz über Medizinprodukte

MPhG

Gesetz über die Berufe in der Physiotherapie (Masseur- und Physiotherapeutengesetz)

m. w. N.

mit weiteren Nachweisen

MüKo

Münchener Kommentar

MVZ

Medizinisches Versorgungszentrum

n. F.

neue Fassung

NJW

Neue Juristische Wochenschrift

NJW-RR

Neue Juristische Wochenschrift – Rechtsprechungsreport

NStZ

Neue Zeitschrift für Strafrecht

NStZ-RR

Neue Zeitschrift für Strafrecht – Rechtsprechungsreport

NVwZ

Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht

NVwZ-RR

Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht – Rechtsprechungsreport

NZA

Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht

NZS

Neue Zeitschrift für Sozialrecht

oHG

Offene Handelsgesellschaft

PatG

Patentgesetz

PartGG

Gesetz über Partnerschaftsgesellschaften Angehöriger Freier Berufe

PharmR

Pharma-Recht (Zeitschrift)

PKV

Private Krankenversicherung

RGBl.

Reichsgesetzblatt

RGSt

Entscheidungen des Reichsgerichts in Strafsachen

RGZ

Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen

RKEG

Gesetz über die religiöse Kindererziehung

Rn.

Randnummer

RL

Richtlinie

RLV

Regelleistungsvolumina

RSA

Risikostrukturausgleich

RVA

Reichsversicherungsamt

RVO

Reichsversicherungsordnung

s.

siehe

S.

Seite

SG

Sozialgericht

SGB IV

Sozialgesetzbuch Viertes Buch – Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung

SGB V

Sozialgesetzbuch Fünftes Buch – Die Gesetzliche Krankenversicherung

SGG

Sozialgerichtsgesetz

Slg.

Sammlung der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs

SozR

Sozialrecht bearbeitet von den Richtern des Bundessozialgerichts (Loseblattsammlung)

SpiBuKK

Spitzenverband Bund der Krankenkassen

st. Rspr.

ständige Rechtsprechung

TFG

Gesetz zur Regelung des Transfusionswesens

TPG

Gesetz über die Spende, Entnahme und Übertragung von Organen und Geweben

u. a.

unter anderem

VAG

Gesetz über die Beaufsichtigung der Versicherungsunternehmen

VÄndG

Gesetz zur Änderung des Vertragsarztrechts und anderer Gesetze (Vertragsarztrechtsänderungsgesetz)

VersR

Zeitschrift für Versicherungsrecht, Haftungs- und Schadensrecht (Zeitschrift)

VGH

Verwaltungsgerichtshof

vgl.

vergleiche

VO

Verordnung

Vorbem.

Vorbemerkung

VSSR

Vierteljahresschrift für Sozialrecht

VVG

Gesetz über den Versicherungsvertrag

VwGO

Verwaltungsgerichtsordnung

WHO

World Health Organisation (Weltgesundheitsorganisation der Vereinten Nationen)

WRV

Weimarer Reichsverfassung

WzS

Wege zur Sozialversicherung (Zeitschrift)

ZESAR

Zeitschrift für europäisches Sozial- und Arbeitsrecht

ZfF

Zeitschrift für das Fürsorgewesen

ZfS

Zentralblatt für Sozialversicherung, Sozialhilfe und Versorgung

ZMGR

Zeitschrift für das gesamte Medizin- und Gesundheitsrecht

ZPO

Zivilprozessordnung

ZSR

Zeitschrift für Sozialreform

zzgl.

zuzüglich

Freuet euch, ihr Patienten, Der Arzt ist euch ins Bett gelegt!(Franz Kafka, Der Landarzt)

1. Kapitel:Einführung

Orientierungsfragen

Was ist unter „Medizinrecht“ zu verstehen?

Aus welchen Rechtsquellen lassen sich Regelungen zum Medizinrecht ableiten?

Welche historischen Entwicklungslinien prägen das Medizinrecht?

A. Begriff des Medizinrechts

Das Medizinrecht hat sich in der letzten Dekade als eigenständiges Rechtsgebiet etabliert. Die Auffassungen darüber, welche Materien ihm zuzuordnen sind, gehen jedoch weit auseinander. Eine exakte, feststehende Definition existiert nicht. Sie ist auch kaum möglich angesichts der Vielzahl der mit „Medizin“ verbundenen Personen und Tätigkeiten. Der Gehalt des Medizinrechts ist daher über die Beschreibung seines Gegenstands zu erschließen.

Der Begriff „Medizin“ evoziert zunächst das Bild des Arztes. Im Gesundheitswesen nimmt er eine zentrale Rolle ein: an ihn wendet sich der Kranke im Vertrauen auf sein umfassendes Wissen über den menschlichen Körper und in der Erwartung, Heilung, zumindest aber Linderung seiner Beschwerden zu finden. Dieses Vertrauen wie auch das unterschiedliche Wissen von Arzt und Patient machen die rechtliche Beziehung zwischen beiden zu einer besonderen. Das Recht muss klare Regeln aufstellen, welchen Anforderungen ein Arzt gerecht werden muss und welche Erwartungen der Patient erfüllt sehen kann. In seiner Ausprägung als Arztrecht sucht das Medizinrecht diese Fragen zu beantworten.1 Dieses umfasst alle Normen, die die ärztliche Berufsausübung tangieren.2 Neben den Anforderungen an Ausbildung und Berechtigung zur Führung der Berufsbezeichnung „Arzt“ sind in diesem Kontext das Standesrecht und das Vertragsarztrecht relevant.

Diese Fragen berühren auch die Interessen des Patienten. Sie sind notwendig in Beziehung zum Arztrecht zu setzen: Verpflichtungen des Arztes begründen Ansprüche des Patienten, kann deren Verletzung für diesen doch erhebliche Folgen haben. Daher muss sich Medizinrecht mit dem Rechtsverhältnis zwischen Arzt und Patient auseinandersetzen.3 Von Bedeutung sind die vertraglichen Beziehungen – von deren Zustandekommen über die Rechtsnatur bis hin zu den dadurch begründeten Rechten und Pflichten – und die Konsequenzen aus Vertragsverletzungen. Jene sind Gegenstand des Arzthaftungsrechts, welches durch umfassendes Richterrecht geprägt ist.4 Aber auch die strafrechtliche Relevanz ärztlichen Handelns ist von Bedeutung, bergen die Straftatbestände doch erhebliche Unsicherheit für die Ärzteschaft über die Zulässigkeit der von ihnen beabsichtigten Maßnahmen.5

Der Patient kann im Rahmen seiner Behandlung mit einer Vielzahl weiterer Leistungserbringer in Berührung kommen. Verordnet ihm der Arzt die Einnahme von Medikamenten, verbindet sich damit die Klärung des Arzneimittelbegriffs ebenso wie die Rechtsregeln für pharmazeutische Unternehmen oder Apotheker. Nimmt der Patient Heil- oder Hilfsmittel in Anspruch, sind diese gegeneinander abzugrenzen. Das Berufsrecht der Erbringer und Hersteller dieser Leistungen ist ebenfalls tangiert. Bei schweren Erkrankungen wird der Patient regelmäßig im Krankenhaus behandelt. Wie das Krankenhauswesen insgesamt organisiert und finanziert wird, ist in diesem Zusammenhang ebenso relevant wie die Ausgestaltung der Arbeitsabläufe in den einzelnen Einrichtungen. Für diese Leistungserbringer gelten wiederum Besonderheiten in ihrer rechtlichen Beziehung zum Patienten.

Schließlich und endlich stellt sich die Frage nach der Finanzierung all dieser Gesundheitsleistungen. Für die meisten Patienten – mehr als 90 % der Bevölkerung sind gesetzlich versichert – tragen die gesetzlichen Krankenkassen die Kostenlast. Die sozialrechtliche Einbettung der im Gesundheitswesen Tätigen ist daher zwingend, verbliebe diesen doch ohne die gesetzlich Versicherten nur ein geringes Tätigkeitsfeld.6

Der Gegenstand dieses Lehrbuchs lässt sich daher insoweit zusammenfassen, als unter Medizinrecht alle Rechtsfragen verstanden werden, die mit der Behandlung von Patienten7 zusammenhängen:

Beispiele

Wer ist in die Behandlung involviert? Was ist an den Patienten zu leisten? Wie und mit welchen Mitteln wird die Behandlung durchgeführt? Wer trägt die Kosten? Welche Folgen hat die medizinische Behandlung, namentlich wenn sie fehlschlägt?

Das Medizinrecht ist damit ein Querschnittsgebiet des Rechts. Es vereint öffentlichrechtliche sowie zivil- und strafrechtliche Aspekte und kann sich auch dem Einfluss des Europäischen Rechts nicht entziehen.8

Die mit dem Krankenversicherungsrecht verbundene sozialpolitische Dimension kann in diesem Buch allenfalls angedeutet werden.9 Gesundheitsreformen waren seit Bestehen der gesetzlichen Krankenversicherung auf der politischen Agenda. Sie werden es auch bleiben, geht doch mit jedem Regierungswechsel eine neue Akzentsetzung einher, die auf der Ebene der Gesetzgebung umzusetzen gesucht wird. Dies ist eine Besonderheit des Sozialrechts insgesamt: wie kaum ein anderes Rechtsgebiet ist dies von politischen Stimmungen und Zielsetzungen geprägt. Dies erklärt seinen stetigen Wandel, wenngleich die Grundpfeiler regelmäßig unangetastet bleiben.

Organtransplantation und Transfusion werden ebenso wenig behandelt wie der Schutz vor Seuchen und ansteckenden Krankheiten. Gleiches gilt für biomedizinische und medizinethische Fragestellungen.10 Die Diskussion solcher spezieller medizinisch-rechtlicher Probleme würde den Rahmen dieses Lehrbuchs sprengen.

1Laufs/Kern/Rehborn, Handbuch des Arztrechts, 5. Auflage, München 2019 gilt insoweit als Standardwerk. Aus Sicht des Mediziners vgl. Dettmeyer, Medizin und Recht, Heidelberg 2006 sowie Ries/Schnieder/Althaus/Großbölting/Voß, Arztrecht, Heidelberg 2017.

2Quaas/Zuck/Clemens, Medizinrecht, § 1, Rn. 4.

3Diesen Fokus betonen Deutsch/Spickhoff, Medizinrecht, 7. Auflage, Berlin 2014.

4Die umfassendste Darstellung findet sich bei Martis/Winkhart-Martis Arzthaftungsrecht Fallgruppenkommentar, 6. Auflage, Köln 2022; Geiß/Greiner, Arzthaftpflichtrecht, 8. Auflage, München 2022; vgl. auch die grundlegende Monografie von Katzenmeier, Arzthaftung, Tübingen 2002.

5Ulsenheimer/Gaede, Arztstrafrecht in der Praxis, 6. Auflage, Heidelberg 2020 behandelt diesen Aspekt umfassend.

6Dieser Aspekt wird auch bei Quaas/Zuck/Clemens, Medizinrecht, München 2018 ausführlich behandelt.

7Igl/Welti, Gesundheitsrecht, 3. Auflage, München 2018 stellen unter dem Begriff „Gesundheitsrecht“ auf alle Rechtsgebiete, die das Ziel der Wiederherstellung der Gesundheit zum Gegenstand haben, ab; ebenda Rn. 2.

8Insbesondere im Hinblick auf die Einführung eines Fachanwalts Medizinrecht finden sich umfassende Darstellungen nahezu aller involvierten Themen bei Ratzel/Luxenburger, Handbuch Medizinrecht, 4. Auflage, Bonn 2020; Clausen/Schroeder-Printzen, Münchener Anwaltshandbuch Medizinrecht, 3. Auflage, München 2020 sowie Wenzel, Handbuch des Fachanwalts Medizinrecht, 4. Auflage, Neuwied 2019.

9Ausführlich beispielsweise Opielka, Sozialpolitik. Grundlagen und vergleichende Perspektiven, Reinbek 2004.

10Deutsch/Spickhoff, Medizinrecht, 7. Auflage, Berlin 2014 widmen sich auchdiesen Themen tiefgreifend.

B. Rechtsquellen des Medizinrechts

So vielfältig wie die Definitionsansätze sind auch die Rechtsquellen des Medizinrechts.

Eines der wichtigsten völkerrechtlichen Instrumente ist der Internationale Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (IPwskR) der Vereinten Nationen. In Art. 12 I des Pakts haben die Vertragsstaaten das „Recht eines jeden auf das für ihn erreichbare Höchstmaß an körperlicher und geistiger Gesundheit“ anerkannt. Dieses besteht freilich nicht in der negativen Dimension als Recht auf Freiheit von Krankheit. Ein solches Recht wäre nicht erfüllbar, da von Zufällen und unvorhersehbaren Abläufen im menschlichen Organismus abhängig. Das im IPwskR verankerte Recht auf Gesundheit garantiert vielmehr die Freiheit, über seinen Körper und seine Gesundheit selbst und frei zu bestimmen. Dies schließt den Zugang zu einem funktionierenden System der Gesundheitsfürsorge ebenso ein wie das Recht, von Misshandlungen, Humanexperimenten oder medizinischen Behandlungen gegen seinen Willen verschont zu bleiben.11

Das Europäische Recht birgt eine Vielzahl von Regelungen mit gesundheitsrechtlichem Bezug. In Art. 151, 153 AEUV verpflichtet sich die EU, die Mitgliedstaaten bei der Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen zu unterstützen. Nach Art. 168 AEUV wird die Sicherstellung eines hohen Gesundheitsschutzniveaus als Querschnittsaufgabe der Union verstanden.12 Die EU ergänzt daher die Politik der Mitgliedstaaten in Bezug auf

die Verbesserung der Gesundheit der Bevölkerung;

die Bekämpfung, Erforschung und Verhütung von Krankheiten;

die Gesundheitserziehung;

die einheitliche Festlegung von Qualitäts- und Sicherheitsstandards für menschliche Organe und Substanzen und

Maßnahmen im Veterinärwesen, die die Gesundheit berühren.

Auch die Grundfreiheiten – sei es das Recht auf Freizügigkeit (Art. 45 AEUV), aber auch die Dienstleistungs- (Art. 56 AEUV) oder Niederlassungsfreiheit (Art. 49 AEUV) und die Freiheit des Warenverkehrs (Art. 34 AEUV) wirken sich auf das Gesundheitswesen aus, betreffen sie doch die Angehörigen der Heilberufe ebenso wie die Patienten. Diese sind berechtigt, medizinische Behandlungen im europäischen Ausland in Anspruch zu nehmen. Aber auch der Handel mit Arzneimitteln und Medizinproduktion innerhalb des Binnenmarktes ist gewährleistet.

Das Wettbewerbsrecht (Art. 101 ff. AEUV) wirkt sich insbesondere auf das Recht der gesetzlichen Krankenversicherung aus, die aufgrund der hohen Zahl gesetzlich versicherter Patienten ein gewisses „Nachfragemonopol“ auf dem Gesundheitsmarkt innehat. Instrumente wie der Risikostrukturausgleich in der Krankenversicherung oder die Bestimmung von Festbeträgen für Arzneimittel oder Hilfsmittel sind daher am Primärrecht zu würdigen.

Im Sekundärrecht besteht mit der VO 883/2004 über die Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit13 ein gewichtiges Instrument, um die Ausübung der Freizügigkeit sozialrechtlich zu flankieren. Die Verordnung stellt sicher, dass niemand soziale Rechte einbüßt, wenn er die Grenzen seines Mitgliedstaats überschreitet. Sie ermöglicht die europaweite Inanspruchnahme von Leistungserbringern auf Kosten der gesetzlichen Krankenkassen.14

Zahlreiche Richtlinien beschäftigen sich mit Maßnahmen zum Gesundheitsschutz oder zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen, die namentlich im Arbeitszeitrecht unmittelbar dem Patientenschutz zugutekommen, da sie die Arbeitsbelastung der Krankenhausärzte beschränken.

Das Verfassungsrecht schützt mit der Achtung der Menschenwürde (Art. 1 I GG), der Handlungsfreiheit (Art. 2 I GG), dem Recht auf körperliche Unversehrtheit (Art. 2 II GG) und dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht (Art. 2 I i.V. m. 1 I GG) die Selbstbestimmung des Einzelnen, insbesondere auch als Patient. Aber auch die anderen Grundrechte – sei es die Freiheit von Wissenschaft und Forschung (Art. 5 I GG) oder die Berufsfreiheit (Art. 12 I GG) – sowie das in Art. 20 I GG verankerte Sozialstaatsprinzip waren und sind im medizinischen Sektor von fundamentaler Bedeutung.15

Die zahllosen einfachgesetzlichen Normen, die medizinrechtliche Fragen berühren: das SGB V für die gesetzliche Krankenversicherung, das BGB für die zivilrechtlichen Beziehungen zwischen Patient und Leistungserbringer, das StGB für die strafrechtliche Bewertung ärztlichen Handelns, das AMG über den Verkehr mit Arzneimitteln etc. spiegeln die enorme Vielfalt dieses Rechtsgebiets wieder. Parallel zu den bundesrechtlichen Vorgaben erlassen die Länder Gesetze über die in ihre Zuständigkeit fallenden Materien, beispielsweise zur Krankenhausplanung oder zu den berufsrechtlichen Vorgaben. Rechtsverordnungen – die Gebührenordnungen und Zulassungsverordnungen insbesondere – präzisieren das Krankenversicherungsrecht.

Aber auch untergesetzliche Normen, das Satzungsrecht der Krankenkassen und Ärztekammern oder die Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses prägen das Medizinrecht, wenngleich sie in ihrem Rechtscharakter und ihrer Legitimität zuweilen Kritik ausgesetzt sind.16

11Ausführlich zu den sozialen Grundrechten aus dem IPwskR Bernsdorff, VSSR 2001, 1 (11); Jung, Das Recht auf Gesundheit, S. 64 f.

12Eingehend Igl in Igl/Welti, Gesundheitsrecht, § 6, Rn. 1 ff.

13vom 29.4.2004, ABl. L 166 vom 30.4.2004, S. 1 ff.

14Ausführlich Eichenhofer, Sozialrecht der Europäischen Union, Rn. 848 ff.; Janda in jurisPK-SGB I, Art. 17 ff. VO 883/2004.

15Im Einzelnen Quaas/Zuck/Clemens, Medizinrecht, § 2, Rn. 1 ff.; Welti in Igl/Welti, Gesundheitsrecht, § 10, Rn. 2 ff.

16Grundlegend Axer, Normsetzung der Exekutive in der Sozialversicherung, Tübingen 2000.

C. Historische Entwicklung des Medizinrechts

Ursprünglich ist die Gesundheitsversorgung als reine Privatangelegenheit verstanden worden. Wer krank war, musste die ärztliche Behandlung aus eigenen Mitteln finanzieren. Unterstützung gab es allenfalls in Form von Almosen der Kirchen zugunsten der arbeitsunfähigen Armen. Diese Hilfen waren motiviert vom christlichen Gebot der Nächstenliebe.17

Sogenannte xenodochien waren die ersten Einrichtungen, die sich ab dem 3. Jahrhundert der Versorgung Armer und Kranker widmeten. Als Pilgerherbergen konzipiert, wurden sie aus kirchlichen Stiftungen finanziert und von den Bischöfen unter kaiserlicher Aufsicht verwaltet. Sie bilden den Ursprung für die Armenspitäler des späten Mittelalters.18

Die finanzielle Absicherung im Krankheitsfall ging mit der Herausbildung der Zünfte, Innungen und Knappschaften auf diese über. Handelte es sich zunächst um Selbsthilfevereinigungen für die Handwerker, Gesellen oder Bergleute, wurden diese später durch landesherrliche Anordnung in Zwangsvereinigungen umgewandelt. Aus den Beiträgen der Mitglieder wurden Leistungen im Fall von Krankheit, Invalidität, Alter und Hinterbliebenenschaft geleistet. Für die medizinische Behandlung galt das Prinzip der Kostenerstattung, d. h. der Arzt konnte die Vergütung seiner Leistungen vom Patienten einfordern, der sich die Kosten sodann von seiner Kasse rückerstatten ließ.

Die Knappschaftskassen und Zunftbüchsen waren der Ursprung der heutigen Sozialversicherung.19 Die im SGB V noch vorzufindende Aufspaltung der Krankenkassenarten20 spiegelt diese frühen Anfänge wieder.

Mit dem Aufkommen der Städte in der Neuzeit wurde die Versorgung durch die Zünfte, Innungen und Knappschaften durch eine öffentliche, zunächst aus Spenden der Bürger finanzierte Armenfürsorge ergänzt. Auf Grundlage des Heimatprinzips kamen die Unterstützungsleistungen nur denjenigen zugute, die in der Stadt geboren waren und dort ihren Wohnsitz hatten. Die Leistungen waren gering und häufig an repressive Maßnahmen – Arbeitspflicht oder Unterbringung im Armenhaus – geknüpft.21

Das Preußische Allgemeine Landrecht von 1794 hat die Armenfürsorge dem Staat überantwortet,22 aber kein spezifisches Krankenkassenrecht geschaffen. Ein wichtiger Schritt in diese Richtung wurde erst im 19. Jahrhundert unternommen. Mit der industriellen Revolution und dem damit einhergehenden technologischen Fortschritt, dem Wandel von der Agrar- zur Industriegesellschaft und der Anonymisierung der Gesellschaft hatten die hergebrachten Solidarbeziehungen an Bedeutung und Wirkung verloren. Die gesundheitsschädigenden Arbeitsbedingungen in der Massenproduktion minderten die Arbeitskraft, so dass sich einzelne Unternehmer zur Schaffung von Unterstützungskassen veranlasst sahen. Diese kamen für die Kosten medizinischer Behandlungen sowie für Arzneien und Kuren auf und wurden zu 1/3 von den Arbeitnehmern und zu 2/3 von den Arbeitgebern finanziert. 1845 wurde in der Preußischen Gewerbeordnung ein Versicherungszwang für diese Fabrikkrankenkassen – den Vorläufern der heutigen Betriebskrankenkassen – ermöglicht, der durch Anordnung der Gemeinden ausgelöst werden konnte. Gewerbetreibende und Unternehmer sollten Zuschüsse zu diesen Kassen leisten. Im Übrigen gab es keine Vorgaben zur Organisation und Finanzierung oder den zu gewährenden Leistungen.

In der Folge bildeten sich zahlreiche freiwillige Unterstützungskassen für einzelne Berufsgruppen, die in der Regel auf dem Gegenseitigkeitsprinzip – Solidarität der Beitragszahler für die hilfebedürftigen Mitglieder – basierten.23 Insgesamt existierten auf dem Gebiet des Deutschen Reiches ca. 20.000 solcher Kassen in unterschiedlicher Trägerschaft. Einige Kassen schlossen Verträge mit Ärzten, die als deren Angestellte die Mitglieder der Hilfskassen zu vergünstigten Konditionen behandelten. Eine Abkehr vom Kostenerstattungsprinzip ging damit jedoch nicht einher, der Honoraranspruch des Arztes richtete sich also weiterhin gegen den Patienten.

Ebenfalls in Preußen wurden 1852 erste Maßnahmen zur Organisation der Ärzteschaft ergriffen. Voraussetzung der Berufsausübung war danach die Approbation als Arzt, Wundarzt oder Geburtshelfer.

Eine grundlegende Neuordnung der sozialen Unterstützung wurde mit der „Kaiserlichen Botschaft“ vom 17.11.1881 eingeleitet. Kaiser Wilhelm I. erhob in einer von Bismarck verlesenen Rede vor dem Deutschen Reichstag die Forderung, „soziale Schäden“ auch durch positive Förderung zum Wohl der Arbeitnehmer zu beseitigen. Soziale Sicherheit solle als Staatsaufgabe neben die repressive Armenfürsorge treten. Deren Hauptzweck solle die wirtschaftliche Absicherung der Arbeitnehmerschaft sein. Das gewerbliche Krankenkassenwesen sei unter staatlichem Schutz und staatlicher Förderung fortzuentwickeln.24

Am 15.6.1883 wurde unter der Kanzlerschaft Otto von Bismarcks das Gesetz betreffend die Krankenversicherung der Arbeiter25 verabschiedet. Dieses statuierte im Wesentlichen folgende Grundsätze:

eine Pflichtversicherung für Arbeitnehmer,

die Ausgestaltung der Krankenkassen als selbständige Körperschaften mit Selbstverwaltungsrecht. Die bereits vorhandenen Kassen, für die ein Versicherungszwang angeordnet war, bestanden fort. Sie wurden als Orts-, Betriebs-, Innungs- und Knappschaftskassen in das neue Krankenversicherungssystem inkorporiert,

die solidarische Finanzierung der Krankenversicherung durch Beiträge, die auf das Bruttoarbeitsentgelt erhoben und zu 1/3 von den Arbeitnehmern, zu 2/3 von den Arbeitgebern getragen wurden,

die Etablierung des Sachleistungsprinzips.26

Da das Gesetz keinerlei Regeln über die in Betracht kommenden Leistungserbringer in der neuen Krankenversicherung beinhaltete, blieb das Sachleistungsprinzip zunächst ohne Gehalt. Zwar bestanden bereits einige wenige Verträge zwischen einzelnen Kassen und Ärzten. Die weit überwiegende Zahl der Patienten war jedoch darauf angewiesen, sich selbst Leistungen zu verschaffen.

Der Leistungskatalog umfasste Geld- und Sachleistungen. Neben einer kostenfreien medizinischen Behandlung und der Versorgung von Schwangeren und Wöchnerinnen hatten die Versicherten Anspruch auf Arzneimittel, kleinere Hilfsmittel wie Brillen und Bruchbänder, freie Kur und Verpflegung in Krankenhäusern sowie Krankengeld, das ab dem dritten Tag der Erkrankung die Hälfte des üblichen Arbeitseinkommens ersetzte. Über diese Pflichtleistungen hinaus war es den Kassen unbenommen, weitere Leistungen anzubieten.

1892 erfolgte eine erste Neufassung des Krankenversicherungsgesetzes, die erstmals die Rechtsbeziehungen der Krankenkassen zu den Leistungserbringern einer Regelung unterwarf. Danach konnten die Krankenkassen durch Statut ihre Leistungspflicht bei medizinischen Behandlungen und der Versorgung mit Arzneimitteln oder Kuren auf bestimmte Leistungserbringer beschränken. Nahm ein Versicherter einen anderen Leistungserbringer in Anspruch, war die Kasse nicht zur Übernahme der Kosten verpflichtet. Die Reform brachte also eine Einschränkung der freien Arztwahl mit sich.27

In der Folge gründeten die Ärzte Interessenvereinigungen, um ein Gegengewicht zum „Nachfragemonopol“ der Krankenkassen zu schaffen. Der 1900 gegründete Leipziger Verband besteht noch heute als Hartmannbund fort. Zu den zentralen Forderungen der Ärzteschaft zählte die Zulassung aller Ärzte zu den Vertragswerken der Kassen, die statt in der Form von Einzelverträgen als Kollektivverträge abgeschlossen werden sollten. Die Behandlungs- und Verordnungsfreiheit sollte ebenso garantiert werden wie die Vergütung nach Einzelleistungen.28 Um ihrerseits gegen die erstarkenden Ärzteverbände bestehen zu können, schlossen sich daraufhin auch die Krankenkassen zu Verbänden zusammen.

Im Jahr 1911 wurde mit der Reichsversicherungsordnung (RVO) ein Gesetz geschaffen, das Invaliden-, Unfall- und Krankenversicherung integrierte. Das Reichsversicherungsamt (RVA) bildete die oberste Behörde für alle Versicherungszweige. Die Versicherungspflicht wurde auf die Angehörigen der Land- und Forstwirtschaft, Dienstboten und unständige Arbeiter ausgedehnt. Die gemeindlichen Krankenkassen wurden durch die Allgemeinen Ortskrankenkassen (AOK) abgelöst, deren Zuständigkeit ausschließlich nach den räumlichen Grenzen der Gemeinden statt, wie vormals, nach Berufsarten begründet wurde. Inhaltliche Änderungen des Leistungsgefüges der Krankenversicherung gingen mit dem Erlass der RVO jedoch nicht einher. Namentlich bestand das System der Einzelverträge zwischen Ärzten und Krankenkassen fort.29

1913 drohte der Hartmannbund daher einen Generalstreik der Ärzteschaft an, um seiner Forderung nach einem kollektiven Zulassungs- und Vergütungssystem Nachdruck zu verleihen – mit Erfolg: Am 23.12.1913 wurde mit dem „Berliner Abkommen“ die gemeinsame Selbstverwaltung der Ärzte und Krankenkassen begründet. Für die Zulassung zur Versorgung der Versicherten und die Ausgestaltung der Verträge waren nunmehr paritätisch besetzte Organe zuständig. Die Krankenkassen konnten also nicht mehr frei darüber entscheiden, welche Leistungserbringer sie in ihr Versorgungssystem einbeziehen wollten. Da das Abkommen jedoch inhaltlich unbestimmt blieb, wurde die Leistungserbringung faktisch weiterhin in Einzelverträgen ausgestaltet.

Das Berliner Abkommen wurde 1924 schließlich in Gesetzeskraft überführt. Die gemeinsame Selbstverwaltung wurde durch den Reichsausschuss institutionalisiert. Dieser war mit je fünf Ärzten und fünf Vertretern der Krankenkassen sowie drei Unparteiischen besetzt. Dem Ausschuss war die Sicherstellung der ärztlichen Versorgung überantwortet. Er entschied über die Zulassungsordnung und erließ Richtlinien über die zwischen Ärzten und Kassen abzuschließenden Verträge. Diese sollten grundsätzlich in Form von Einzelverträgen ausgestaltet werden; der Abschluss von Kollektivverträgen wurde jedoch zugelassen.30

Durch Notverordnungen aus den Jahren 1931 und 1932 sind mit den Kassenärztlichen Vereinigungen Organisationen geschaffen worden, in denen die für die Krankenkassen tätigen Ärzte Pflichtmitglieder waren. Diesen war nunmehr der Sicherstellungsauftrag für die ordnungsgemäße Versorgung der Versicherten überantwortet. Zudem wurde eine Zulassungssperre etabliert: es durften nicht mehr Ärzte zugelassen werden, als für die Versorgung der Versicherten notwendig waren. Das Vergütungssystem wurde auf Kopfpauschalen umgestellt. Jeder Arzt erhielt einen Festbetrag für jeden seiner Patienten. Dieser wurde nicht direkt von den Krankenkassen ausgekehrt, sondern als Gesamtvergütung an die Kassenärztlichen Vereinigungen gezahlt, die diese wiederum an die einzelnen Ärzte zu verteilen hatten.31

Im Nationalsozialismus wurde mit der Etablierung des „Führerprinzips“ die Selbstverwaltung in den Krankenkassen und den ärztlichen Organisationen abgeschafft. Der Reichsausschuss wurde entmachtet, die bestehenden Kollektivverträge durch einen reichseinheitlichen Vertrag ersetzt. Das Zulassungsverfahren wurde allein der Kassenärztlichen Vereinigung überantwortet; eine Beteiligung der Krankenkassen war nicht mehr vorgesehen. Gleiches galt für die Vergütung der ärztlichen Leistungen: auch hier wurde den Krankenkassen jedes Mitspracherecht genommen. Die rassistischen und antisemitischen Gesetze der nationalsozialistischen Gewaltherrscher begründeten zudem ein Berufsverbot für Juden, das sich auch auf die ärztliche Tätigkeit erstreckte, und schlossen diese aus der Sozialversicherung aus.

Die Leistungen der Krankenversicherung wurden – nicht zuletzt um der Loyalität der Bevölkerung Willen32 – ausgeweitet. Rentner wurden in die Krankenversicherung einbezogen. Krankenpflege wurde unbegrenzt geleistet; Mütter erhielten Einkommensersatzleistungen bei der Geburt eines Kindes. Organisatorisch bestand trotz der „Gleichschaltung“ weitgehend Kontinuität.33 Namentlich wurde keine Einheitskasse errichtet. Lediglich die Verwaltung wurde vereinfacht, indem den Krankenkassen die Verantwortlichkeit für den Beitragseinzug für sämtliche Zweige der Sozialversicherung übertragen wurde.

In der Nachkriegszeit wurde in der Sowjetischen Besatzungszone eine Einheitsversicherung etabliert. Diese vereinigte alle Versicherungsträger unter einem Dach. Das System wurde im Recht der 1949 gegründeten DDR fortgeführt und blieb bis zu deren Ende 1990 erhalten.

In den westlichen Besatzungszonen war zunächst die Einführung einer einheitlichen „Bürgerversicherung“ nach dem Vorbild William F. Beveridges34 diskutiert worden. Schließlich entschied man sich für die Fortführung des bis dahin bestehenden Sozialversicherungssystems unter Reaktivierung der Selbstverwaltung der Krankenkassen und Kassenärztlichen Vereinigungen, vgl. Art. 123 I GG. Den Verbänden der Krankenkassen wurde die Kompetenz zum Abschluss von Gesamtverträgen mit den Verbänden der Leistungserbringer eingeräumt.

Mit dem Gesetz über das Kassenarztrecht aus dem Jahr 1955 wurde den Kassenärztlichen Vereinigungen der Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts eingeräumt. Die gemeinsame Selbstverwaltung zwischen Ärzten und Krankenkassen wurde neu begründet und mit der Einräumung des Sicherstellungsauftrags an diese wurde der nach den Verordnungen von 1931 und 1932 geltende Rechtszustand wiederhergestellt.35

Der Gesetzgeber nahm im weiteren Verlauf zunächst keine substanziellen Änderungen der medizin- und sozialversicherungsrechtlichen Regelungen vor. Die zahlreichen Gesundheitsreformen zielten vor allem auf die finanzielle Konsolidierung der Krankenversicherung. Zwar wurde die gesetzliche Krankenversicherung zunächst ausgedehnt, insbesondere durch eine Erhöhung der Pflichtversicherungsgrenzen sowie die Aufnahme weiterer Leistungen wie Früherkennung und Rehabilitation. Seit den 1970er Jahren konzentrierten sich die Reformbemühungen jedoch auf Maßnahmen zur Kostendämpfung.36

Da die Ausgaben der gesetzlichen Krankenkassen im Verhältnis zu ihren Einnahmen weiterhin überdurchschnittlich anstiegen, versuchte der Gesetzgeber seit Beginn der 2000er Jahre durch strukturelle Veränderungen einerseits die finanzielle Basis der GKV zu stärken und andererseits den Interessen der Patienten zu mehr Gewicht zu verhelfen. Mit der Gesundheitsreform 2009 ist die Finanzierung der Krankenversicherung durch Einführung des Gesundheitsfonds37 umgestaltet und zugleich das Vergütungssystem der Vertragsärzte38 neu gefasst worden. Mit dem Versorgungsstrukturgesetz39 sucht der Gesetzgeber der drohenden Unterversorgung mit ambulanten Leistungen, insbesondere in ländlichen Regionen, zu begegnen. Mit dem Patientenrechtegesetz wurde das umfassende Richterrecht zum Arzt-Patienten-Verhältnis in das BGB inkorporiert. Im Juli 2015 ist das Versorgungsstärkungsgesetz40 in Kraft getreten, welches die Sicherstellung der flächendeckenden Versorgung mit Gesundheitsleistungen zum Gegenstand hat. Die Möglichkeiten zur Vernetzung zwischen ambulanter und stationärer Versorgung sind ausgeweitet worden. Auch eine an den Lebenswelten der Versicherten orientierte Prävention41 sowie die Verbesserung der Palliativ- und Hospizversorgung42 waren wichtige Anliegen des Gesetzgebers. 2016 ist das Krankenhauswesen gestärkt worden – durch eine Aufstockung des Personals, aber auch eine verbesserte Berücksichtigung von Qualitätssicherungsaspekten bei der Krankenhausplanung.43

In jüngerer Zeit hat der Gesetzgeber vor allem die Digitalisierung des Gesundheitswesens zu fördern gesucht. Die Debatte um die Einführung der elektronischen Patientenakte wird bereits seit Jahren geführt. Mit dem Digitale-Versorgung-Gesetz,44 das 2021 in Kraft getreten ist, soll den Versicherten ihre (freiwillige) Nutzung nunmehr auch tatsächlich ermöglicht werden; Vertragsärzte und Krankenhäuser sind zur Bereitstellung der erforderlichen Telematik-Infrastruktur verpflichtet. Versicherte haben überdies einen Anspruch auf digitale Gesundheitsanwendungen („App auf Rezept“, § 33a SGB V) und können über Videosprechstunden mit den Behandelnden in Kontakt treten; elektronische Verordnungen und elektronische Arztbriefe erleichtern den Datenaustausch.

Einen fundamentalen Einschnitt brachte die Corona-Pandemie mit sich. Seit ihrem Ausbruch im Winter 2020 gab es unzählige Regelungen, mit denen der Infektionsschutz der Bevölkerung sichergestellt und die sozialen Folgen der Pandemie abgemildert werden sollten.45 Die damit verbundenen Grundrechtseinschränkungen werden Gerichte und Wissenschaft noch lange beschäftigten. Auch wenn das Gesundheitswesen insgesamt an die Kapazitätsgrenzen zu gelangen schien und nach Reform verlangte, blieben die Grundstrukturen des Medizinrechts unangetastet. Im SGB V gab es lediglich punktuelle Änderungen, mit denen etwa die Krankschreibung ohne unmittelbaren Arzt-Patienten-Kontakt ermöglicht und die Ausstellung von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen oder Verordnungen erheblich vereinfacht worden ist. Versicherte haben Anspruch auf Schutzimpfungen und auf Corona-Tests, der Anspruch auf Kinderkrankengeld wurde stark ausgeweitet. Mindereinnahmen von niedergelassenen Ärzten und von Krankenhäusern – diese kamen durch die generelle Kontaktvermeidung zustande, die auch Kontakte zu Behandelnden erfasste – wurden durch die Krankenkassen ausgeglichen.46 Sämtliche Maßnahmen erwiesen sich als Maßnahmen des Krisenmanagements, ohne den der Pandemie erstaunlich robust standhaltenden Sozial(versicherungs)staat als solchen umzugestalten. Lediglich einzelne Neuerungen wie etwa die Stärkung telemedizinischer Elemente, die aber bereits durch das Digitale-Versorgung-Gesetz angestoßen worden waren, werden wohl in der post-pandemischen Zeit erhalten bleiben.

Eine größere Änderung steht zum Jahresbeginn 2023 im Vormundschafts- und Betreuungsrecht an.47 Dieses wirkt sich im Medizinrecht bei der Entscheidung über die Behandlung von Menschen aus, die ihre Angelegenheiten nicht (mehr) eigenverantwortlich wahrnehmen können. Vormundschafts-, Pflegschafts- und Betreuungsrecht werden grundlegen neu geordnet. Materiell-rechtliche Umbrüche sind jedoch vor allem im Vormundschaftsrecht zu verzeichnen. Mit der Reform sollten auch die Vorgaben der UN-BRK 48 umgesetzt werden, um die größtmögliche Selbstbestimmung für Menschen mit Behinderung nach Art. 12 UN-BRK zu gewährleisten.49 Das Betreuungsrecht bleibt im Hinblick auf die Gesundheitsversorgung inhaltlich unverändert, erhält aber eine neue Nummerierung im BGB. Neu hinzu kommt ein Vertretungsrecht von Ehegatten in gesundheitlichen Notfällen.50

Trotz der teilweise grundlegenden Neuregelungen in den letzten Jahrzehnten hat sich das seit Ende des 19. Jahrhunderts bestehende Bismarcksche System insgesamt bewährt und der Bundesrepublik ein modernes, funktionstüchtiges und leistungsfähiges Gesundheitswesen gesichert.

Kontrollfragen

1.Wie lässt sich der Begriff des Medizinrechts erschließen? Welche Rechtsgebiete sind tangiert?

2.Welchen Gehalt hat das Recht auf Gesundheit aus Art. 12 I IPwskR?

3.Welche gesundheitspolitischen Kompetenzen hat die Europäische Union?

4.Zeitigen die Grundfreiheiten des AEUV Auswirkungen auf das Gesundheitswesen?

5.Schildern Sie die Bedeutung der Bismarckschen Sozialgesetzgebung für die Krankenversicherung in der heutigen Form. Inwieweit ging damit eine Abkehr von den ursprünglichen Charakteristika der Gesundheitsversorgung einher?

17Eichenhofer, Sozialrecht, Rn. 18.

18Reicke, Das deutsche Spital und sein Recht im Mittelalter, Stuttgart 1970.

19Eichenhofer, Sozialrecht, Rn. 19.

20Vgl. dazu S. 47.

21Fischer, Armut in der Geschichte, S. 33; Stolleis, Geschichte des Sozialrechts in Deutschland, S. 17 f.

22Peters, Die Geschichte der sozialen Versicherung, S. 29.

23Eichenhofer, Sozialrecht, Rn. 29.

24Peters, Die Geschichte der sozialen Versicherung, S. 50.

25Gesetz betreffend die Krankenversicherung der Arbeiter vom 15.6.1883, RGBl. 9/1883, 73; ausführlich Stolleis, Geschichte des Sozialrechts in Deutschland, S. 76 ff.

26Dazu ausführlich S. 77f.

27Quaas/Zuck/Clemens, Medizinrecht, § 4, Rn. 6.

28Eichenhofer, Sozialrecht, Rn. 44; Quaas/Zuck/Clemens, Medizinrecht, § 4, Rn. 9.

29Quaas/Zuck/Clemens, Medizinrecht, § 4, Rn. 11.

30Stolleis, Geschichte des Sozialrechts in Deutschland, S. 79.

31Stolleis, Geschichte des Sozialrechts in Deutschland, S. 156.

32„Die Sozialpolitik war Teil des Kitts, der Staat und Gesellschaft im nationalsozialistischen Deutschland zusammenhielt.“, Schmidt, Sozialpolitik in Deutschland, S. 66 ff.

33Peters, Die Geschichte der sozialen Versicherung, S. 105 f.; Eichenhofer, Sozialrecht, Rn. 47 f.

34Stolleis, Geschichte des Sozialrechts in Deutschland, S. 211.

35Stolleis, Geschichte des Sozialrechts in Deutschland, S. 286 ff.

36Schlenker in Schulin, Handbuch des Sozialversicherungsrechts, Band I, § 1, Rn. 86 ff.; Quaas/Zuck/Clemens, Medizinrecht, § 4, Rn. 26 ff.

37Eingehend auf S. 57.

38Dazu auf S. 193.

39GKV-VStG vom 22.12.2011, BGBl. I S. 2983.

40Gesetz zur Stärkung der Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 16.07.2015, BGBl. I S. 1211.

41Gesetz zur Stärkung der Gesundheitsförderung und der Prävention (Präventionsgesetz) vom 17.07.2015, BGBl. I S. 1368.

42Gesetz zur Verbesserung der Hospiz- und Palliativversorgung in Deutschland vom 1.12.2015, BGBl. I S. 2114.

43Gesetz zur Reform der Strukturen der Krankenhausversorgung (Krankenhausstrukturgesetz) vom 10.12.2015, BGBl. I S. 2229.

44Gesetz für eine bessere Versorgung durch Digitalisierung und Innovation (DVG) vom 09.12.2019, BGBl. I S. 2562. Dazu ausführlich Schulz, SGb 2020, 536.

45Siehe etwa die umfassende Darstellung bei Schlegel/Meßling/Bockholdt, COVID-19 - Corona-Gesetzgebung - Gesundheit und Soziales, 2. Auflage, München 2022.

46Vgl. die Übersicht bei Ekhart/Rath, NZS 2021, 417 (421 ff.).

47Gesetz zur Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrecht vom 04.05.2021, BGBl. I S. 882.

48Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 13.12.2006 über die Rechte von Menschen mit Behinderungen, BGBl. II, S. 1419.

49Vgl. BT-Drs. 19/24445.

50Dazu ausführlich auf S. 367 f.

2. Kapitel:Das Recht der gesetzlichen Krankenversicherung

Orientierungsfragen

Welche verschiedenen Systeme bieten eine Absicherung im Krankheitsfall? Wodurch unterscheiden sie sich?

Wie sind die gesetzlichen Krankenkassen verfasst?

Durch welche Tatbestände wird die Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung bestimmt?

Wie wird die gesetzliche Krankenversicherung finanziert?

Welche Wahlmöglichkeiten haben die Versicherten in der konkreten Ausgestaltung ihrer Kassenmitgliedschaft?

Wie ist der Leistungsfall der gesetzlichen Krankenversicherung definiert?

Welche Leistungen umfasst der Leistungskatalog des SGB V? Können im Einzelfall darüber hinausgehende Leistungen auf Kosten der Krankenkassen erbracht werden?

Welchem Modus folgt die Inanspruchnahme von Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung?

Zu welchen Leistungen sind die Versicherten ihrerseits verpflichtet? Wie werden sie in diesem Zusammenhang vor finanziellen Härten geschützt?

Die wenigsten Patienten kommen selbst für die Kosten von Krankenbehandlungen, Medikamenten, Heil- oder Hilfsmitteln auf. In der Regel tragen die gesetzlichen oder privaten Krankenkassen, die Dienstherren der Beamten oder die Sozialhilfeträger diese Ausgaben. Weil etwa 90 % der Bevölkerung Mitglied einer gesetzlichen Krankenkasse sind,1 entfällt der bedeutendste Anteil der Behandlungskosten auf die gesetzliche Krankenversicherung.

1Quelle: www.bmg.bund.de.

A. Abgrenzung

Die verschiedenen Systeme folgen in Finanzierung und Leistungserbringung grundlegend unterschiedlichen Regeln. Dementsprechend verschieden ist ihre Rechtsnatur.

I. Gesetzliche Krankenversicherung

Die Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung wird regelmäßig durch Gesetz begründet. Die Tatbestände, die dieses öffentlich-rechtliche Mitgliedschaftsverhältnis zur Folge haben, sind im SGB V geregelt.

Die Leistungen werden nach dem Sachleistungsprinzip gewährt, d. h. die Versicherten erhalten die ärztliche Behandlung, Arzneimittel, Heil- und Hilfsmittel grundsätzlich unmittelbar und haben keine eigenen Aufwendungen zu tragen. Stattdessen werden die Leistungserbringer durch die Krankenkassen vergütet. Die Leistungen werden paritätisch aus den Beiträgen der Versicherten und der Arbeitgeber finanziert. Die Beitragshöhe bemisst sich nach deren wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit, denn sie orientiert sich am Einkommen des Versicherten.

II. Private Krankenversicherung

Personen, die nicht von der gesetzlichen Krankenversicherung erfasst sind – insbesondere Selbständige oder Arbeitnehmer mit Einkommen über der Versicherungspflichtgrenze – sind in der Regel in einer privaten Krankenversicherung versichert.

Die Mitgliedschaft wird durch einen privatrechtlichen Versicherungsvertrag begründet. Im Grunde gilt also Vertragsfreiheit; diese ist jedoch im Rahmen des VVG eingeschränkt. Die Leistungen werden aus den Prämien der Versicherten finanziert, deren Höhe vor allem vom individuellen Risiko einer Erkrankung abhängt. Der Berechnung werden neben der Wahrscheinlichkeit einer Erkrankung – ausgehend vom Gesundheitszustand des Versicherten, dessen Beruf oder Hobbys – auch die zu erwartende Höhe der Ausgaben zu ihrer Behandlung zugrunde gelegt. Für die Beitragshöhe sind ferner individuelle Vereinbarungen zwischen dem Versicherten und dem Versicherungsunternehmen von Bedeutung. So können der Leistungsumfang ausgehandelt oder Selbstbehalte vereinbart werden. Die Leistungen werden nach dem Kostenerstattungsprinzip erbracht: Der Versicherte beschafft sich Behandlungsleistungen zunächst auf eigene Kosten und lässt sich diese sodann von seiner Krankenversicherung erstatten.

III. Beihilfe

Eine weitere Form der Absicherung im Krankheitsfall ist die Beihilfe. Sie wird den Beamten gewährt und gründet in deren öffentlich-rechtlichem Dienstverhältnis. Die Verpflichtung zur Leistung der Beihilfe leitet sich aus dem Alimentationsprinzip ab, welches den Dienstherrn zur Sicherstellung eines angemessenen Lebensunterhalts seiner Beamten verpflichtet. Das Alimentationsprinzip zählt zu den hergebrachten Grundsätzen des Beamtentums i. S. v. Art. 33 V GG.

Das Beihilferecht ist nicht einheitlich geregelt. Maßgeblich sind die Beihilfeverordnungen der jeweiligen Anstellungskörperschaften des Bundes oder der Länder. Auch für die Beihilfe gilt das Kostenerstattungsprinzip. Der Dienstherr übernimmt – abhängig vom Familienstand und Unterhaltspflichten gegenüber Kindern – indes nur einen Teil der Kosten. Die Beihilfeberechtigten schließen daher üblicherweise zusätzlich eine private Krankenversicherung ab, um die von der Beihilfe nicht getragenen Kosten abzudecken.

IV. Sozialhilfe

Schließlich kann eine Krankenbehandlung auch über die Sozialhilfe gewährt werden. Dies betrifft all jene Personen, die keinem der drei genannten Systeme zugeordnet sind und deren finanzielle Mittel nicht zureichen, um die Kosten selbst zu tragen. Ihnen soll mit der Sozialhilfe eine menschenwürdige Existenz und die Teilhabe am sozio-kulturellen Leben gesichert werden.

§ 48 SGB XII verweist für die Leistungserbringung auf die Grundsätze des SGB V. Die Bezieher von Sozialhilfe erhalten Leistungen bei Krankheit daher von einer gesetzlichen Krankenkasse nach dem Sachleistungsprinzip. Die Kasse lässt sich ihrerseits gemäß § 264 VII SGB V ihre Aufwendungen vom Sozialhilfeträger erstatten.

B. Organisation der Krankenkassen

§ 4 I SGB V bestimmt, wie auch die allgemeine Regelung in § 29 SGB IV, dass die gesetzlichen Krankenkassen rechtsfähige Körperschaften des öffentlichen Rechts mit Selbstverwaltung sind.

I. Die Krankenkassen als Körperschaften des öffentlichen Rechts

Unter einer Körperschaft des öffentlichen Rechts ist eine mitgliedschaftlich verfasste Organisation zu verstehen, die in ihrem rechtlichen Bestand vom Wechsel ihrer Mitglieder unabhängig ist, eine öffentliche Aufgabe wahrnimmt und aufgrund eines Hoheitsakts mit Rechtspersönlichkeit und Hoheitsbefugnissen ausgestattet ist.2 Die Willensbildung innerhalb der Körperschaft folgt demokratischen Grundsätzen.

Als Mitglieder der Krankenkassen gelten die versicherungspflichtigen und die freiwillig versicherten Personen. Der Wechsel eines Mitglieds in eine andere Kasse – der wegen des Wahlrechts in § 173 SGB V möglich ist – berührt den Fortbestand einer Krankenkasse nicht. Die Rechtsfähigkeit der Kassen – also die Fähigkeit, Träger von Rechten und Pflichten zu sein und die damit verbundene Parteifähigkeit, d. h. die Fähigkeit vor Gericht klagen, aber auch verklagt werden zu können – resultiert unmittelbar aus § 29 I SGB IV; eine spezielle Regelung im SGB V existiert nicht.3 Zu den gesetzlich eingeräumten Hoheitsbefugnissen zählen das Recht zum Erlass von Satzungen (§§ 194 ff. SGB V) und zur Erhebung von Beiträgen (§§ 220 ff. SGB V).

Die Krankenkassen erfüllen eine Aufgabe der öffentlichen Verwaltung. Ob sie als Behörde i. S. v. § 1 II SGB X einzustufen sind, ist umstritten. Es wird vertreten, dass die Sozialversicherungsträger selbst keine Behörden seien. Behörden seien vielmehr stets nur Teil einer juristischen Person.4 Dies belege auch § 31 III 1 SGB IV, wonach ausdrücklich die vertretungsberechtigten Organe der Sozialversicherungsträger als Behörden definiert werden. Auch nach Auffassung des BSG sind nicht die Sozialversicherungsträger selbst Behörden, sondern lediglich die Stellen, die „innerhalb der Organisation des Leistungsträgers nach dessen Geschäftsverteilung“ zur Erfüllung einer konkreten Aufgabe berufen sind.5 Indes ist der Behördenbegriff in der Rechtsprechung stets weit gefasst und funktional, d. h. bezogen auf das anwendbare Verfahrensrecht definiert worden.6 Es verstößt daher nicht gegen den Regelungsgehalt des § 31 III 1 SGB IV, die Behördeneigenschaft über die Organe hinaus auch auf den Sozialversicherungsträger selbst zu erstrecken.7

II. Das Prinzip der Selbstverwaltung

Das den Krankenkassen in §§ 29 I SGB IV, 4 I SGB V eingeräumte Selbstverwaltungsrecht ist wesentlich für die Bestimmung ihres rechtlichen Status. Es garantiert die eigenverantwortliche Mit- und Ausgestaltung der Sozialversicherung durch die Versicherten und die Arbeitgeber – unter weitgehender Freiheit von staatlichem Einfluss. Dieser beschränkt sich auf die Rechtsaufsicht, so dass für konkrete aufgabenbezogene Weisungen kein Raum ist, vgl. §§ 29 II, III, 87 I SGB IV. Das eigenverantwortliche Handeln der Kassen wird also allein durch den gesetzlichen Rahmen beschränkt. Die Selbstverwaltungskörperschaften haben ein subjektives Recht auf Einhaltung dieser Grenzen staatlicher Einflussnahme, das sie im Klagewege durchsetzen können.8

Das Recht zur Selbstverwaltung zeigt sich in der Satzungsautonomie. Das Selbstverwaltungsrecht der Krankenkassen war zunächst unbeschränkt, gingen diese doch aus freien Selbsthilfevereinen hervor, die ihr Binnenrecht ohne jeden staatlichen Rahmen setzen konnten. Heute sind der eigenverantwortlichen Aufgabenerfüllung jedoch enge Grenzen gesetzt, die sich aus dem dichten Netz staatlicher Vorgaben für die gesetzliche Krankenversicherung ergeben. Den Krankenkassen verbleiben deshalb nur geringe materiell-rechtliche Spielräume zur Gestaltung des Versicherungsverhältnisses. Ihre Satzungsautonomie besteht gemäß § 194 II SGB V nur, soweit sie mit den Aufgaben der gesetzlichen Krankenversicherung im Einklang steht; Leistungen dürfen nur aufgrund gesetzlicher Ermächtigung in der Satzung vorgesehen werden.9 Dies entspricht dem allgemeinen Verbot der Zwecküberschreitung10 aus § 30 I SGB IV. Im Übrigen werden Art, Umfang, Höhe und Fälligkeit der Leistungen durch das SGB V vorgegeben. Auch der Kreis der Versicherten, die Aufgaben der Organe und die Finanzierung der Kassen einschließlich der Beitragshöhe sind gesetzlich vorgegeben. Die Satzungsautonomie umfasst vor allem Namen und Sitz der Krankenkasse, ihren Bezirk, die Festlegung von Zusatzbeiträgen zu ihrer Finanzierung sowie Bestimmungen über die Zahl der Vertreter in den Selbstverwaltungsorganen und deren Beschlussfassung, vgl. § 194 I SGB V. Im Leistungsrecht können die Krankenkassen nur Regelungen treffen, soweit diese nicht durch das SGB V bestimmt sind und soweit sie das Gesetz hierzu ermächtigt. Dies betrifft beispielsweise zusätzliche Leistungen der häuslichen Krankenpflege (§ 37 II 4 SGB V), Haushaltshilfen (§ 38 II SGB V) oder der Prävention (§§ 20 I, 23 II 2 SGB V).

Zudem tragen die Krankenkassen mit den Kassenärztlichen Vereinigungen die gemeinsame Selbstverwaltung. Im Unterschied zur eigenverantwortlichen Aufgabenwahrnehmung bezieht sich diese auf die Versorgung der Versicherten mit Gesundheitsleistungen, betrifft also das Zusammenwirken von Krankenkassen und Leistungserbringern, namentlich im Vertragsarztrecht. Dieses regelt – wiederum aufgrund gesetzlicher Ermächtigung – ausführlich und detailliert die Grundsätze der Leistungserbringung, Art und Vergütung medizinischer Leistungen aufgrund vertraglicher Vereinbarungen.11 Diese Vertragswerke dienen dazu, die widerstreitenden Interessen zwischen den Leistungserbringern und den Krankenkassen als Kostenträgern im Interesse der ausreichenden und zweckmäßigen Versorgung der Versicherten auszugleichen. Den Krankenkassen ist damit die Rücksichtnahme auf diese Interessengruppen vorgegeben, was wiederum den Gehalt ihrer Autonomie schmälert.

Das BVerfG12 hat im Hinblick auf diese Beschränkungen festgestellt, dass die staatliche Rechtsaufsicht für die Selbstverwaltung der Krankenkassen keine untergeordnete Rolle spiele. Vielmehr seien die Kassen Teil der Staatsgewalt und nehmen Aufgaben der mittelbaren Staatsverwaltung wahr. Der Vollzug der detaillierten Sozialgesetzgebung sei ihre elementare Pflicht. Ihre Selbstverwaltung sei daher nur funktional, bestehe sie doch lediglich in Form organisatorischer Selbständigkeit und hinsichtlich der Erledigung der ihnen übertragenen Aufgaben unter staatlicher Rechtsaufsicht.13

III. Organe der Krankenkassen

Das Selbstverwaltungsrecht wird durch die Versicherten und die Arbeitgeber ausgeübt, § 29 II SGB IV. Zu diesem Zweck richten die Krankenkassen einen Verwaltungsrat und einen Vorstand als Selbstverwaltungsorgane ein, § 31 IIIa SGB IV.

1. Verwaltungsrat

Der Verwaltungsrat ist Legislativ- und Kreationsorgan zugleich: zum einen erlässt er gemäß § 33 I, III SGB IV die Satzung. Zum anderen wählt er den Vorstand (§ 35a V 1 SGB IV) sowie den Geschäftsführer und dessen Vertreter (§§ 36 II, 33 III 2 SGB IV). Die maximal 60 Mitglieder des Verwaltungsrats setzen sich paritätisch14 aus Vertretern der Versicherten und der Arbeitgeber zusammen, §§ 43 I 2, 44 I Nr. 1 SGB IV. Sie werden im Rahmen der Sozialversicherungswahlen nach §§ 45 ff. SGB IV von den Versicherten und den Arbeitgebern gewählt. Eine Amtszeit beläuft sich – ausgehend von der gesetzlich vorgesehenen Amtsdauer nach § 58 SGB IV – auf sechs Jahre. Bei den Sozialversicherungswahlen handelt es sich um eine Friedenswahl:15 die Kandidaten für die jeweiligen Vertretergruppen werden in Vorschlagslisten erfasst. Sie gelten auch ohne Abstimmung als gewählt, wenn nicht mehr Bewerber benannt werden, als Mitglieder zu wählen sind, § 46 II SGB IV.

Die Aufgaben des Verwaltungsrats sind in § 197 SGB V näher definiert. Neben dem Satzungserlass ist er für Entscheidungen mit grundsätzlicher Bedeutung für die Kasse zuständig. Das Gesetz definiert den Begriff der grundsätzlichen Bedeutung nicht. Einen Anhaltspunkt hierfür kann die Vergleichbarkeit mit einer der anderen in § 197 SGB V genannten Aufgaben bieten.16