Mehr Lebensfreude und Leichtigkeit im Privatleben und bei der Arbeit - Christiane-Maria Drühe - E-Book

Mehr Lebensfreude und Leichtigkeit im Privatleben und bei der Arbeit E-Book

Christiane-Maria Drühe

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Beschreibung

Mehr Lebensfreude und Leichtigkeit im Privatleben und bei der Arbeit - wer wünscht sich das in einer herausfordernden Zeit nicht? Das Ziel ist das Erreichen einer nachhaltigen Lebenszufriedenheit mit Freude, guter Laune, Optimismus und Zuversicht im Alltag und genügend Ressourcen zur Bewältigung der anstehenden Herausforderungen. Der Weg zu einem erfüllten Leben beinhaltet Achtsamkeit, Resilienz, Glück und Wohlbefinden, Humor und Lachen, Dankbarkeit, die Verwirklichung von persönlichen Wertvorstellungen, das Erleben von Sinn und die Lebenskunst. Diese Etappen stehen miteinander in Verbindung, verstärken sich gegenseitig und entwickeln so im Zusammenspiel eine Aufwärtsspirale. Und sie entfalten eine Depotwirkung: ihre Wirkung hält lange an. Das Buch verfolgt einen ganzheitlichen Ansatz zur Steigerung der Lebensfreude und unterstützt Sie als Begleitung auf diesem Weg. Es gibt Ihnen unzählige Inspirationen, Anregungen und Übungen zum Selbstcoaching für mehr Leichtigkeit im Privatleben, bei der Arbeit und als Führungskraft an die Hand.

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Die Autorin

Dr. Christiane-Maria Drühe ist mit ganzem Herzen und voller Leidenschaft Diplom-Psychologin. Sie war in verschiedenen Bereichen als Psychologin tätig (verschiedene Kliniken, Professorin).

Seit 2002 arbeitet sie freiberuflich als Coach, Trainerin und Autorin. Ihre Themen sind Führung von Menschen, wertschätzende Kommunikation, Umgang mit Konflikten, Stressmanagement, Steigerung der Lebensfreude, Achtsamkeit, Happiness, Humor, Resilienz, Wertvorstellungen und Sinnerleben.

Ihr Lebensmotto ist „Leben, Lernen, Lachen.“ Leben heißt für die Autorin, auch Kleinigkeiten im Alltag wahrzunehmen und sich daran zu erfreuen. Lernen bedeutet für sie, regelmäßig über den eigenen Tellerrand zu schauen, neue Seiten an sich zu entdecken und sich persönlich und beruflich weiterzuentwickeln. Mit einem Lachen und einer positiven Einstellung geht ihr im Alltag vieles leichter von der Hand.

Der Lebensmittelpunkt der Autorin ist München. Sie bietet deutschlandweit Coachings, Vorträge, Seminare und Workshops zu den Themen dieses Buches an.

Inhaltsverzeichnis

1. Mehr Lebensfreude und Leichtigkeit im Alltag

2. Häufig nicht erkannt: Burn On statt Burn Out

Was bedeutet Burn On?

Wie entsteht ein Burn On?

Wege aus dem Burn On

3. Die ersten Schritte: Stresserleben erkennen und reduzieren

Was bedeutet Stress?

Wie entsteht Stress?

Stressreaktionen - körperlich, psychisch und im Verhalten

Wie lässt sich Stress reduzieren?

Instrumentelles Stressmanagement

Salutogenese und der Kohärenzsinn als Widerstandsressourcen

Kognitives und emotionales Stressmanagement

Palliativ-regeneratives Stressmanagement

Entspannungstechniken

4. Resilienter werden - die psychische Widerstandskraft steigern

Was bedeutet Resilienz?

Risikofaktoren und Schutz- oder Resilienzfaktoren

Wege zur Steigerung der Resilienz

Resilienz im Arbeitsleben

Die resiliente Führungskraft

Achtsamkeit als Schlüssel zur Resilienzstärkung

5. Achtsamkeit - Sein im Hier und Jetzt

Was bedeutet Achtsamkeit?

Der Tun- und der Sein-Modus

Atempause als Mini-Meditation

Formelle Achtsamkeitsübungen: Achtsamkeitsmeditationen

Die sieben Haltungen der Achtsamkeit

Achtsamkeit im Alltag

Achtsamkeit bei der Arbeit

Achtsamkeit für Führungskräfte

Achtsamkeit im Umgang mit anderen Menschen

6. Glücklich sein ist ein Weg und kein Ziel - Happiness und Wohlbefinden

Was bedeutet Glück?

Glück und positives Denken

Die Kraft der positiven Emotionen

Aufblühen (Flourishing) als Weg zu Wohlbefinden und Glück

Was passiert im Gehirn, wenn Menschen glücklich sind?

Glücksstrategien: Wege zum Glück

Glück im Arbeitsleben: Ist das möglich?

Glücksstrategien für Führungskräfte

Glück im Zeitalter der Digitalisierung

Darf man in Krisenzeiten glücklich sein?

Zum Schluss: neueste Erkenntnisse aus der Forschung - „The good life“

7. Humor und Lachen - das ist pure Lebensfreude

Was bedeutet Humor? Ist Lachen ein Zeichen von Humor?

Lachen ist gesund und hinterlässt Spuren

Lachen ohne äußeren Grund oder Anlass: Lachyoga

Humor im Alltag

Das wäre doch gelacht: Humor am Arbeitsplatz und bei der Arbeit

Humor für Führungskräfte: mit Humor führen

Humor in schwierigen Zeiten - darf das sein?

Es gibt schlimmere Aufgaben: Humor und Lachen üben

8. Dankbarkeit - ein wahrer Glücksbooster

Was bedeutet Dankbarkeit?

Die Auswirkungen: Dankbarkeit hinterlässt Spuren

Dankbarkeit im Alltag

Dankbarkeit üben

9. Werte, Sinnerfüllung und Lebenskunst - auf der Zielgeraden zu einem erfüllten Leben

Werte als Kompass für ein gelingendes Leben

Die eigenen Wert kennenlernen

Was bedeuten Sinn und Sinnerfüllung?

Wie entsteht Sinnerfüllung?

Sinn und Sinnerfüllung als Schlüssel zum Glück?

Sinnerfüllung im Berufsleben und bei der Arbeit

Sinnstiftend und ethik-orientiert führen

Lebenskunst - die Kunst ein gelingendes Leben zu führen

Spuren hinterlassen - die eigene Biografie gestalten

10. Lebensfreude und Leichtigkeit im Alltag - dein Projekt

11. Sicherheitsnetz für trübe Tage - Strategien zum Durchhalten

Die Bergmeditation

Affirmationen für trübe Tage

Der kleine Urlaub zwischendurch

Meine persönlichen Favoriten für den Weg aus dem Grau

Weitere Inspirationen, um die Wolken zu vertreiben

12. Literatur

1. Mehr Lebensfreude und Leichtigkeit im Alltag

Auf den ersten Seiten dieses Buches möchte ich dir, liebe Leserin, lieber Leser, erzählen, wie es zu dem Buch gekommen ist, dass du in deinen Händen hältst. Ich hoffe, es ist für dich in Ordnung, wenn wir uns duzen. In meinen Seminaren und Coachings kläre ich zu Beginn die Anrede. Die meisten Teilnehmerinnen und Teilnehmer - Ausnahmen kommen selten vor - wünschen sich, dass wir uns duzen. Vielleicht, weil die Themen, um die es geht, sehr persönlich sind, oft auch sehr emotional. Oder weil das „du“ Verbundenheit und eine Verbindung schafft.

Zurück zu der Frage, wie es zu diesem Buch gekommen ist.

Dazu möchte ich als erstes auf die Welt eingehen, in der wir heute leben - in Bezug auf das Arbeitsleben, aber auch hinsichtlich des Privatlebens. Diese Lebenswelt lässt sich mit dem Akronym VUKA beschreiben. Ein Akronym ist eine Abkürzung in Anfangsbuchstaben. VUKA steht für Volatilität - Unsicherheit - Komplexität - Ambiguität. Der Begriff stammt ursprünglich aus der Betriebswirtschaftslehre, er lässt sich aber nicht nur auf Unternehmen, sondern auch auf alle anderen Lebensbereiche anwenden. Volatilität bedeutet, dass es Schwankungen innerhalb eines kurzen Zeitraumes gibt und Entwicklungen dadurch unberechenbarer und weniger vorhersagbar werden. Vielleicht kennst du diesen Begriff im Zusammenhang mit Börsenkursen, die auch als volatil bezeichnet werden. In Bezug auf die Gültigkeit von Vorhersagen ist wichtig zu wissen, dass es sich dabei immer um Hochrechnungen aufgrund von Entwicklungen in der Vergangenheit handelt. D.h. die Aussagekraft von Prognosen ist immer eingeschränkt. Bei der Volatilität kommt außerdem hinzu, dass der Umfang von Veränderungen immer größer wird und damit wächst auch die Dynamik, die daraus entstehen kann. Die Unsicherheit nimmt zu, da die Menschen in vielen Bereichen nur unzureichende Kenntnisse über die Zusammenhänge haben und es immer schwerer wird, optimale Handlungsweisen zu beschreiben oder zu empfehlen. Außerdem können einfache Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge nicht mehr hergestellt werden. Eine Auswirkung kann nur selten auf eine Ursache zurückgeführt werden. Die Komplexität entsteht dadurch, dass viele Bestandteile eines Systems, beispielsweise einer Firma, ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, Kunden und Lieferanten auf unterschiedlichste Art miteinander verflochten sind und interagieren. Sie verfolgen teilweise widersprüchliche Interessen, die Anzahl der Handlungsmöglichkeiten steigt in nicht mehr vorhersehbare Dimensionen. Am schwersten tun sich viele Menschen mit dem letzten Faktor der VUKA-Welt: der Ambiguität. Ambiguität bedeutet Mehrdeutigkeit oder Doppeldeutigkeit. Damit ist gemeint, dass sich viele Zusammenhänge nicht mehr eindeutig erklären und einordnen lassen. Statt eines „schwarz-weiß“ oder „entweder-oder“ Denkens ist es hilfreich, eine „sowohl-als auch“-Haltung einzunehmen. Viele Menschen bevorzugen einfache und klare Entscheidungen und Erklärungen, an denen sie sich orientieren können. Das wird allerdings der Komplexität unserer heutigen Welt nicht mehr gerecht. Und das zeigt bereits die nächste Herausforderung auf: die vier Faktoren sind nicht voneinander isoliert zu betrachten, sondern sie sind miteinander vernetzt. Das Leben in der VUKA-Welt stellt Menschen immer wieder vor neue Herausforderungen - und bietet viele neue Chancen. Die neuen Chancen können Personen nutzen, die sie als Möglichkeit zur Weiterentwicklung und zum persönlichen Wachstum sehen. Weitere hilfreiche Eigenschaften zum Leben und Überleben in der VUKA-Welt sind die eigene Begeisterungsfähigkeit, die Offenheit für Neues, Anpassungsbereitschaft und die Hoffnung, also der Glaube an die Zukunft. Ein weiterer wichtiger Faktor ist die Lernbereitschaft - „lebenslanges Lernen“ ist nicht nur ein Modewort, sondern eine Haltung und der Schlüssel zum Erfolg. Damit meine ich nicht nur den beruflichen Erfolg, sondern auch ein gelingendes und sinnerfülltes Leben.

Menschen können unterschiedlich gut mit den Anforderungen der VUKA-Welt umgehen. Manche kommen sehr gut damit zurecht, weil ihnen der optimistische Umgang mit Veränderungen eher leicht fällt - sie trauen es sich zu, diese zu bewältigen. Andere verdrängen den Wandel und halten auf Biegen und Brechen an bislang Bewährtem fest. Wieder andere sind verunsichert. Es geht mir nicht darum, jede neue Entwicklung unreflektiert zu feiern und alles Bisherige über Bord zu werfen. Bewährtes und Traditionen haben ihre Berechtigung. Traditionen und Rituale tragen auch zum Zusammenhalt von Gruppen und Gesellschaften bei. Dennoch ist es wichtig zu überprüfen, wie zeitgemäß Vorgehensweisen noch sind und ob es nicht angebracht ist, sie anzupassen und weiterzuentwickeln.

Die inzwischen überstandene Corona-Pandemie hat gezeigt, wie herausfordernd Entwicklungen sein können - insbesondere, wenn sie sehr viele Menschen auf der ganzen Welt betreffen. Es gab für diesen Fall keine Patentrezepte, auf die man zurückgreifen konnte. Verantwortliche mussten Entscheidungen treffen, die sie zu dem aktuellen Zeitpunkt und aufgrund ihres damaligen Wissensstandes als richtig erachtet haben - auch wenn sich manche Vorgehensweise im Nachhinein als nicht verhältnismäßig herausgestellt hat. Im Nachhinein darüber zu urteilen, was man alles besser hätte machen können, ist leicht - besser ist es, daraus für die Zukunft zu lernen.

Während der Corona-Pandemie habe ich, wie Millionen von anderen Menschen auch, im Homeoffice gearbeitet. Ich hatte vor ein paar Jahren eine Festanstellung angenommen und meine freiberufliche Tätigkeit als Coach und Trainerin in dieser Zeit reduziert. Während der Pandemie war das Glück und Unglück zugleich. Glück, weil ich ein geregeltes Einkommen hatte und im Homeoffice arbeiten konnte. Unglück, weil ich mich dadurch immer mehr verloren habe. Dafür war die Pandemie nicht der Auslöser - sie hat nur zu einer Verschärfung der bereits vorher bestehenden Missstände geführt und diese offen gelegt. Kommt dir das bekannt vor?

Ich habe nur noch funktioniert und bin im Hamsterrad gelaufen - immer schneller und schneller. Fast bis zur Erschöpfung. Und dabei habe ich meine Tätigkeit eigentlich geliebt - zumindest zu Beginn.

Im Frühjahr 2021 ist mir bewusst geworden, dass mir viele Dinge in meinem Leben, die mir einmal wichtig waren und es nach wie vor sind, abhanden gekommen sind. Die Lebensfreude, das Lachen, die Leichtigkeit. Ich habe mich innerlich unterkühlt gefühlt. Auch wenn das nach außen noch nicht zu bemerken war. Nach außen hin habe ich funktioniert.

Darf man in Krisen lachen und lebensfroh sein? Ja - das ist sogar förderlich für die Bewältigung von Krisen. Das wusste auch Viktor Frankl, österreichischer Neurologe und Psychiater und Überlebender des Holocausts. Auf ihn komme ich später wieder zu sprechen. Lachen und Humor haben auch mir schon bei der Bewältigung von Krisen in meinem Leben geholfen. Dir vielleicht auch. Also habe ich Lachyoga-Fortbildungen besucht und mich zur Lachyoga-Trainerin ausbilden lassen. Das viele Lachen tat so gut - auch um dieses Thema wird es später gehen.

Ich habe mich im Sommer 2021 entschlossen, aus dem Hamsterrad auszusteigen und mich hauptberuflich mit meinen Herzensthemen zu beschäftigen: Happiness bzw. Wohlbefinden und Lebensfreude, Achtsamkeit, Resilienz, Dankbarkeit, Sinn und Wertvorstellungen. Mit den Themen Sinn und Wertvorstellungen habe ich mich im Laufe meiner Tätigkeit als Psychologin immer wieder beschäftigt. In den vergangenen drei Jahren waren sie etwas in Vergessenheit geraten. Kennst du das auch von dir? Gibt es auch bei dir Themen oder Dinge, die dir „eigentlich“ wichtig sind und die du dann im Alltagstrott für längere Zeit vergisst?

Happiness, Achtsamkeit, Dankbarkeit, Humor und noch einige andere gehören zu den Themen der Positiven Psychologie. Mit Positiver Psychologie habe ich mich bereits seit mehreren Jahren beschäftigt und zahlreiche Bücher darüber gelesen. Positive Psychologie bedeutet nicht, dass man von nun alles durch eine rosarote Brille sieht und nur noch glücklich durchs Leben schwebt - wie etliche Ratgeber es der Leserin oder dem Leser glauben machen wollen. Die Positive Psychologie erforscht als empirische Wissenschaft, was Menschen für ein gelingendes und erfülltes Leben, ihre Persönlichkeitsentwicklung und die Steigerung ihres subjektiven Wohlbefindens brauchen (Lermer, 2019). Das gilt im Hinblick auf den Einzelnen, aber auch in Bezug auf Gruppen und Institutionen - also auch für Firmen und Unternehmen. Empirische Wissenschaft bedeutet, dass die Forscherinnen und Forscher ihre Hypothesen und Theorien mit Experimenten, Befragungen oder Beobachtungen aus dem Alltag belegen.

Ich habe mich zwar mit verschiedenen Themen der Positiven Psychologie beschäftigt, aber ich habe mir die Inhalte bis dahin nicht ausreichend zu eigen gemacht und in mein Leben integriert. Das habe ich in den vergangenen zwei Jahren nachgeholt: Achtsamkeit, Happiness, Resilienz, Dankbarkeit, Humor, Sinn und meine Wertvorstellungen sind inzwischen feste Bestandteile meines Alltags geworden - beruflich und privat. Ich habe gemerkt, wie mir wieder wärmer ums Herz wurde. Und wie ich meine Leidenschaft und Begeisterung wieder entdeckt habe.

Durch viele Gespräche mit Menschen in meinem privaten und beruflichen sozialen Umfeld, habe ich mitbekommen, dass ich mit meinen Erfahrungen und Gedanken nicht alleine dastehe. Viele kennen das tägliche Hamsterrad, etliche haben bereits einen Burnout erlitten. Und es gilt immer noch als Schwäche, über diese Erfahrungen zu sprechen. Weil man dann ja nicht richtig funktioniert in dieser immer komplexer und herausfordernder werdenden Welt.

Von Sommer 2021 bis Winter 2022 habe ich mir zur Happiness-, Achtsamkeits- und Resilienztrainerin ausbilden lassen und damit Herzensthemen in mein Arbeitsgebiet als Coach, Trainerin und Autorin aufgenommen. Ich möchte meine Erfahrungen und mein Wissen gerne an andere Menschen weitergeben und sie inspirieren - auch dich. Mit diesem Buch stelle ich einen ganzheitlichen Ansatz zum Stressmanagement und zur Steigerung der Lebensfreude im Alltag vor (Abbildung 1.1).

Abbildung 1.1: Ganzheitliches Modell zur Steigerung der Lebensfreude

Ganzheitlich bedeutet, dass ich dir nicht nur einzelne Themen vorstelle, beispielsweise Achtsamkeit und Resilienz, sondern auch die Wechselwirkungen zwischen den verschiedenen Themen. Wir erleben alle mehr oder weniger stark ausgeprägt Stress und Belastungen im Alltag - im Privatleben und bei der Arbeit. Was uns stresst und belastet, ist von Person zu Person verschieden. Wichtig ist es, nicht auszubrennen, diese Belastungen möglichst früh zu erkennen und Wege zu finden, mit ihnen besser umzugehen - also das persönliche Stressmanagement. Ein erfolgreiches Stressmanagement führt zu einem besseren Umgang mit Herausforderungen und zu einer Steigerung der Lebensfreude. Bestandteile der Lebensfreude sind für mich Achtsamkeit, Resilienz, Glück und Wohlbefinden, Humor und Lachen, Dankbarkeit, Werte, Sinn und die Lebenskunst. Diese Themen hängen miteinander zusammen und verstärken sich gegenseitig - in Sinne einer Aufwärtsspirale. Außerdem entwickeln sie im Zusammenspiel eine Depotwirkung, d.h. ihre positive Wirkung hält über eine längere Zeit an. Achtsamkeit ist ein wichtiger Faktor zur Steigerung der Resilienz, der psychischen Widerstandskraft. Gleiches gilt für Humor und Dankbarkeit. Dankbarkeit ist außerdem einer der wichtigsten „Glücksbooster“, d.h. dankbare Menschen sind in der Regel auch glücklicher und zufriedener mit ihrem Leben. Das Gleiche funktioniert auch in der umgekehrten Richtung: das Erleben von Glücksmomenten im Alltag macht dankbar. Und das hat wiederum Auswirkungen auf die Resilienz. Menschen, die nach ihren Wertvorstellungen leben und einen Sinn in ihrem Leben verspüren, sind ebenfalls zufriedener und glücklicher. Der Weg zu mehr Lebensfreude im Alltag führt also über viele Stationen, die alle miteinander verbunden sind und berücksichtigt werden wollen.

Jeder Mensch hat alles in sich, um glücklich und zufrieden zu sein. Das will entdeckt, verwirklicht und gelebt werden.

Das ist mein Motto - für mich und für meine Arbeit als Coach, Trainerin und Autorin. Alles, was wir brauchen, um glücklich zu sein und ein erfülltes und zufriedenes Lebens zu führen, tragen wir bereits in uns. Glück und Lebensfreude finden sich nicht in materiellen Gütern. Es ist auch nicht die Aufgabe von anderen Menschen, dich oder mich glücklich zu machen. Wir müssen selbst herausfinden, was uns glücklich und zufrieden macht, diese Dinge entdecken, verwirklichen und leben. Am besten jeden Tag.

Ich verbinde wissenschaftliche Erkenntnisse mit Erfahrungen aus der Praxis - eigenen und von meinen Klientinnen und Klienten. Außerdem findest du in diesem Buch Aufgaben zum Selbstcoaching, Übungen für den Alltag und zahlreiche Empfehlungen und Tipps, beispielsweise zu Podcasts. Ich würde mich freuen, wenn dich dieses Buch dabei unterstützt, wieder mehr Lebensfreude und Leichtigkeit in deinem Alltag zu empfinden. Viel Erfolg und Freude auf deiner Reise!

Dr. Christiane-Maria Drühe

Frühjahr 2023

2. Häufig nicht erkannt: Burn On statt Burn Out

Zum Thema Burn Out - dem akuten Ausgebrannt Sein - als Reaktion auf anhaltende Stresssituationen und Überlastung am Arbeitsplatz gibt es inzwischen eine Fülle an Veröffentlichungen und Forschungsarbeiten sowie Behandlungsansätze. Im Gegensatz zum Burn Out ist das Burn On Syndrom bisher eher wenig bekannt. In diesem Kapitel stelle ich dir den Burn On vor. Es ist mir wichtig, dich für dieses Thema zu sensibilisieren. Da das Burn On Syndrom noch nicht so bekannt ist, wird es auch nicht so schnell erkannt und diagnostiziert. Die psychischen und körperlichen Auswirkungen für Betroffene sind jedoch genauso gravierend wie bei einem Burn Out. Von daher ist es wichtig, einen Burn On zu erkennen und Wege zur Behandlung zu finden. Diese „Behandlung“ kann durch dich selbst geschehen oder auch durch professionelle Begleitung und Unterstützung.

Was bedeutet Burn On?

Menschen, die unter einem Burn On leiden, pendeln zwischen zwei Polen hin und her (te Wildt & Schiele, 2021): sie sind auf der einen Seite hyperaktiv und auf der anderen Seite fühlen sie sich wie gelähmt. Beides kann im beruflichen wie im privaten Alltag geschehen. Außerdem ist der Burn On - im Gegensatz zum Burn Out, also dem akuten Erschöpfungssyndrom - durch einen schleichenden Verlauf charakterisiert. D.h. er ist über eine lange Zeit nicht zu erkennen. Betroffene sind über viele Monate oder Jahre hinweg in der Lage, ihre beruflichen Aufgaben zu erledigen, insbesondere wenn diese termingebunden sind. Aufgaben ohne Terminfrist werden jedoch aufgeschoben. Sie stehen ständig unter Strom, befinden sich in einem „geschäftigen Aktionismus“ (te Wildt & Schiele, 2021, S. 95) und bekommen den Kopf nicht mehr frei. Eigentlich ist ihnen alles zu viel geworden - und trotzdem machen sie in dem Hamsterrad weiter. Abschalten und sich erholen gelingt ihnen nicht mehr.

Vom Burn On Betroffene haben den Zugang zu ihren Wünschen, Bedürfnissen und Sehnsüchten verloren. Selbst Freizeit und Entspannungsphasen werden durchgeplant und abgearbeitet, denn auch diese Zeiten müssen nach ihrer Meinung „effektiv genutzt“ werden. Angebote zur „Instant-Entspannung“ (te Wildt & Schiele, 2021, S. 64) gibt es inzwischen in großer Auswahl: beispielsweise Spielparks für Erwachsene mit Paintball, Laserschießen, Fliegen oder Escape Rooms, vielfältige Angebote der Wellness-Industrie, ein riesiger Markt an Computerspielen oder passive Berieselung durch Streaming von Filmen oder Serien. Ein Trend, der sich in diesem Zusammenhang großer Beliebtheit erfreut, ist Binge-Watching, also der Serien-Marathon, bei dem man sich ohne größere Unterbrechung eine Folge nach der anderen anschaut. Die Gestaltung der Freizeit wird so zu einer Fortsetzung des Dauerstresses in der Arbeit, weil sie in erster Linie die Funktion hat, die Arbeitsfähigkeit zu erhalten. Außerdem sind die angesprochenen Aktivitäten teilweise mit Kosten von mehreren Hundert Euro verbunden, die man sich erst einmal leisten können muss, d.h. man muss richtig viel dafür arbeiten. Und damit schließt sich der Teufelskreis.

Ein weiteres Merkmal des Burn Ons ist die teilweise exzessive Selbstkontrolle: Betroffene stellen sehr hohe Ansprüche an ihre Leistungen, die sie entsprechend überwachen. Dieses Verhalten kann perfektionistische Züge annehmen - und das Problem am Perfektionismus ist, dass es die perfekte Lösung nicht gibt. Selbstkontrolle gelingt dank digitaler Tools wie Smartwatches und entsprechender Apps auch im Privatleben und in Bezug auf das Gesundheitsverhalten. Betroffene tun fast alles, um „gut zu funktionieren“, ein scheinbar gesundes Leben zu führen und nach außen hin positiv und optimistisch zu wirken. Perfektionsstreben und das Streben nach Erfolg sowie die ständige Selbstoptimierung, die durch soziale Vergleiche in den sozialen Medien und Netzwerken zusätzlich angeheizt werden, führen zu emotionalen Wechselbädern zwischen Stolz und Schamgefühl: Stolz in Bezug auf das bisher bereits Erreichte und Schamgefühl in Bezug auf die eigenen Unzulänglichkeiten und Schwächen. Und das, obwohl der große Markt an Ratgeberliteratur und -videos suggeriert, dass es so einfach ist, glücklich, entspannt und resilient zu sein. Der ständige Kampf führt allerdings zu immer mehr Stress und weniger Lebensfreude - bis die Betroffenen irgendwann zu „müden Kämpfern“ (te Wildt & Schiele, 2021, S. 74) werden. Sie wissen nicht mehr, was sie eigentlich wollen und was ihnen in ihrem Leben wichtig ist. Sie haben ihren inneren Kompass verloren und stehen sich selbst orientierungslos gegenüber (te Wildt & Schiele, 2021, S. 93).

Wichtig ist, dass diese Merkmale über einen längeren Zeitraum von mindestens 12 Monaten zu beobachten sind. Das „Tückische“ am Burn On ist, dass es nicht zu einem plötzlichen, also akuten Zusammenbruch oder einer „Explosion“ nach außen wie beim Burn Out kommt, sondern dass dieser Prozess schleichend ist und eher einer “Implosion“ gleicht (te Wildt & Schiele, 2021, S. 157). Betroffene halten unter Umständen über viele Jahre durch, obwohl ihre Belastungsgrenze längst überschritten ist. Sie fühlen sich innerlich leer, niedergeschlagen, antriebs- und hoffnungslos, leiden unter körperlichen Beschwerden wie Verspannungen, Bluthochdruck oder Schmerzen in Muskeln und Gelenken - und machen trotzdem weiter.

Ein Burn On kann auch in einen Burn Out münden.

Kommen dir einzelne Aspekte dieser Beschreibungen bekannt vor? Als ich mich mit diesem Thema beschäftigt habe, hatte ich viele oft schmerzhafte Aha-Erlebnisse in Bezug auf mein Leben in den vergangenen Jahren im Hamsterrad.

Wie entsteht ein Burn On?

Es gibt eine ganze Reihe von Faktoren, die zum Entstehen eines Burn Ons beitragen können: Persönlichkeits-Eigenschaften wie ein hohes Pflichtbewusstsein, Ehrgeiz, Perfektionismus, das Streben nach Selbstverwirklichung, hohes persönliches Engagement und Leistungsstreben sowie eine ausgeprägte intrinsische Motivation können eine Selbstausbeutung begünstigen. Allerdings fördern auch Faktoren innerhalb des Arbeitslebens und der Gesellschaft die Entwicklung eines Burn Ons: so konnte beispielsweise beobachtet werden, dass selbständige Unternehmer, Freiberufler oder andere Personen, die im Beruf viel Verantwortung tragen, gefährdet sind (te Wildt & Schiele, 2021, S. 153). Aber auch Faktoren der Arbeitswelt wie ein hoher Konkurrenzdruck und Wettbewerb, die ständige Erreichbarkeit durch Smartphone und Tablet, die oft nur unzureichende Trennung von Arbeitsleben und Freizeit durch das Homeoffice aber auch Doppelbelastungen durch die oft noch unzureichende Vereinbarkeit von Arbeit und Kinderbetreuung sind Beispiele für die Fremdausbeutung, die zu einem Burn On führen kann. Die Digitalisierung ermöglicht die Arbeit an jedem Ort und zu jeder Zeit. Während der Corona-Pandemie hat das viele Vorteile mit sich gebracht und bringt es in vielen Bereichen auch immer noch. Allerdings führt es auch zu einer Beschleunigung aller Prozesse und zu einer Entgrenzung: Menschen sind zu jeder Zeit und an jedem Ort erreichbar und können überall Nachrichten lesen oder Mails beantworten - selbst im Urlaub, im Bett oder auf der Toilette (!).

Ein weiterer Faktor ist der soziale Druck in sozialen Netzwerken, dem sich viele Menschen nur schwer entziehen können. Dabei geht es nicht nur um die Selbstdarstellung in Casting Shows oder Netzwerken wie Facebook, Instagram oder TikTok, sondern auch in den beruflichen Netzwerken wie LinkedIn, die mit Erfolgsgeschichten gefüllt sind. Statussymbole, Leben und Arbeiten an exotischen Orten, rasante Umsatzsteigerungen und auch hier eine große Anzahl an Followerinnen und Followern sind die Währung, auf die es ankommt.

Die dauerhafte Selbst- und Fremdausbeutung über einen langen Zeitraum können letztendlich zur Entwicklung eines Burn Ons beitragen. Wie bereits gesagt ist diese Entwicklung schleichend und wird über eine lange Zeit verdeckt. Außerdem kommen in der Regel viele Faktoren zusammen, die sich gegenseitig verstärken.

Wege aus dem Burn On

Der erste Schritt aus dem Burn On ist die Selbstbeobachtung (te Wildt & Schiele, 2021, S. 178f). Erkennst du an dir problematische Denk- und Verhaltensweisen wieder? Hilfreich kann es in diesem Zusammenhang sein, wenn du über einen Zeitraum von ein paar Wochen Tagebuch führst. Wenn du an dir kritische Hinweise für einen Burn On erkennst, ist der nächste Schritt die Selbstbewertung, d.h. die Frage, wie geht es dir damit in deinem aktuellen Leben? Ist diese Situation in der aktuellen Phase so in Ordnung für dich? Oder fühlst du dich unwohl, wenn du ständig unter Strom stehst und du möchtest gerne anders sein und anders leben? Wenn du zu der Erkenntnis kommst, dass du dich unwohl fühlst und gerne etwas verändern möchtest, findest du in diesem Buch viele Anregungen, die dich bei diesem Vorhaben unterstützen können. Wichtige Themen sind das Entlarven der Stressverstärker und ein erfolgreiches Stressmanagement, ein achtsames Leben im Hier und Jetzt, psychisches Wohlbefinden, das Leben nach den eigenen Werten und das Erleben von Sinnerfüllung.

Im Vordergrund steht jetzt allerdings die Selbstfürsorge, also deine Fürsorge um dich, deinen Körper und dein Wohlbefinden - und nicht die möglichst schnelle und effiziente Wiederherstellung deiner Leistungsfähigkeit. Für den Ausstieg aus dem Hamsterrad und den Ausweg aus dem Burn On ist es wichtig, dass du dich um dich kümmerst - ohne Selbstvorwürfe und ohne schlechtes Gewissen. Selbstfürsorge ist nichts, dass du dir erst verdienen musst, für das du also zuerst einmal hart arbeiten musst und dass du dir dann als Belohnung leisten darfst. Selbstfürsorge hat auch nichts mit Vergnügen oder Luxus zu tun. Nur wenn es dir (wieder) gut geht, kannst du dich auch um andere - deine Lieben beispielsweise - kümmern und dafür sorgen, dass es ihnen gut geht. Du kennst sicherlich die Ansage im Flugzeug bei den Sicherheitshinweisen vor dem Start der Maschine, dass man zuerst sich selbst bei einem plötzlich auftretenden Druckabfall in der Kabine die Atemmaske aufsetzen soll, bevor man anderen Menschen hilft. Das ist nicht egoistisch, sondern ein Zeichen der Selbstfürsorge.

Die Entwicklung eines Burn Ons ist ein langer und schleichender Prozess. Der Weg aus dem Burn On ist eine bewusste Entscheidung für ein Leben mit neuen Prioritäten - ein Leben, das wieder leichter ist und voller Lebensfreude. Die Umsetzung dieser Entscheidung ist ebenfalls ein Prozess, der Zeit und Übung braucht.

Übung zum Selbstcoaching

In diesem Kapitel hast du einiges zum Thema Burn On kennengelernt. Folgende Fragen sind zum Abschluss hilfreich:

Was sind für dich die wichtigsten Aspekte zum Burn On, die du in diesem Kapitel kennen gelernt hast?Erkennst du kritische Anzeichen für einen Burn On bei dir?Welche Anzeichen sind es konkret?Wie geht es dir damit?Sind sie für dich in deiner aktuellen Lebensphase stimmig und in Ordnung?Wenn sie für dich nicht in Ordnung sind und du dich unwohl dabei fühlst: was möchtest du in deinem Leben ändern? Hier geht es nur um erste Überlegungen.

3. Die ersten Schritte: Stresserleben erkennen und reduzieren

In diesem Kapitel erfährst du, was Stress genau ist und wie er entsteht. Danach geht es darum, wie du Stress reduzieren kannst. Stress lässt sich nicht immer vermeiden, allerdings haben wir einen Einfluss darauf, wie wir damit umgehen. Es gibt instrumentelles, kognitiv-emotionales und palliativ-regeneratives Stressmanagement. Hilfreich ist es, die verschiedenen Techniken des Stressmanagements miteinander zu kombinieren. Ich stelle dir die drei Ansätze mit verschiedenen Vorgehensweisen vor, damit du herausfinden kannst, welche Strategien sich am besten für dich eignen.

Was bedeutet Stress?

Der Begriff Stress wurde von dem österreichisch-kanadischen Arzt und Biochemiker Hans Selye in den 40er Jahren des letzten Jahrhunderts geprägt. Er verstand darunter ganz allgemein die Auswirkungen von Belastungen auf den Körper. In seinen Forschungsarbeiten fand er heraus, dass körperliche und psychische Belastungen zu ganz unterschiedlichen körperlichen und psychischen Veränderungen führen können und dass sie eine Bedrohung für die Gesundheit darstellen, wenn sie über eine längere Zeit andauern (Kaluza, 2018a). Seitdem haben sich viele Wissenschaftlerinnen und Forscher aus ganz unterschiedlichen Fachrichtungen mit dem Thema Stress beschäftigt: Mediziner, Biologen, Psychologen, Soziologen und Arbeitswissenschaftler.

Der Begriff Stress ist auch in der Alltagssprache seit vielen Jahren weit verbreitet. Menschen sind im Stress, wenn sie bei der Arbeit überlastet, verärgert oder frustriert sind, unter Druck stehen oder in Hektik Aufgaben erledigen müssen. Der deutsche Psychologe Gert Kaluza (2018a) nennt verschiedene Gruppen von modernen Stressfaktoren: Zeitstress, der durch Termindruck und Hektik entsteht, Verkehrsstress bedingt durch lange Fahrten zur Arbeit, Staus und Verspätungen, Informationsstress durch zu viele bzw. zu wenige Informationen, Online-Stress durch die ständige Erreichbarkeit und Entgrenzung, also den fließenden Übergang zwischen Privat- und Arbeitsleben, Dichte-Stress durch viele Menschen an einem Ort, Überfüllung und Enge in Verbindung mit Isolation und Anonymität des Einzelnen, und schließlich Stress durch Unsicherheit und Zukunftssorgen. Weitere Stressfaktoren sind der zunehmende Wettbewerbs- und Leistungsdruck, die Volatilität und Ambiguität unserer Lebenswelt. Ambiguität bedeutet, dass Situationen häufig mehrdeutig sind und nicht genügend Informationen für eine eindeutige Entscheidung in Bezug auf das weitere Vorgehen vorliegen. Stressoren können aber auch im eigenen Lebensstil, in Risikoverhalten, Feindseligkeit gegenüber anderen Menschen, negativer Emotionalität, ungünstigem Umgang mit Ärger oder sogar „Cyberchondrie“ liegen. Unter Cyberchondrie oder „Morbus Google“ leiden Menschen, die durch die ständige Recherche von Krankheitssymptomen im Internet fest davon überzeugt sind, dass sie unter schweren Erkrankungen leiden.

Diese Stressoren treten sowohl im Berufsleben als auch im Privatleben und in der Freizeit auf.

Gelegentlich wird Stress auch als Zeichen der persönlichen Wichtigkeit und Unabkömmlichkeit verstanden - wie ein Statussymbol. Und dann gibt es auch Menschen, die sagen, dass sie im Stress sind, wenn sie sich einer kritischen Auseinandersetzung mit sich und anderen entziehen und sich nicht für ein eigenes Fehlverhalten entschuldigen möchten (Kaluza, 2018b).

Der Begriff Stress wird inzwischen inflationär für Belastungen und Beeinträchtigungen des Wohlbefindens in allen Lebensbereichen verwendet: Schule, Arbeit, Studium, Straßenverkehr, Beziehung, Freizeit, selbst im Urlaub. Stress wird dabei als eine Art „äußeres Übel“ verstanden, dem der Einzelne schutz- und hilflos ausgeliefert ist (Kaluza, 2018b).

Ohne Zweifel ist Stress einer der wichtigsten gesundheitlichen Risikofaktoren geworden: Stress und gesundheitliche Probleme (körperliche und psychische) hängen eng zusammen. Der Stress hat in Deutschland in den letzten Jahren weiter zugenommen: Im Jahr 2021 fühlten sich 64 Prozent der Befragten der TK-Stressstudie manchmal oder sogar häufig gestresst (TK-Stressstudie 2021). Als Stressauslöser Nummer eins nannten 47 Prozent der Befragten Schule, Studium oder Beruf. Mit 46 Prozent folgten dicht darauf die hohen Ansprüche an sich selbst. Das ist ein wichtiger Aspekt bei der Auseinandersetzung mit dem Thema Stress: es wäre zu einfach, Stress nur als äußeres Übel zu verstehen. Stress entsteht auch durch inner-psychische Prozesse bzw. durch die Art, wie wir mit Belastungssituationen umgehen. Dazu mehr im folgenden Unterkapitel.

Wie entsteht Stress?

Stress entsteht immer dann, wenn wir ein Ungleichgewicht zwischen den Beanspruchungen, also den subjektiv erlebten Belastungen im beruflichen und privaten Alltag, und den uns zur Verfügung stehenden Ressourcen zur Bewältigung dieser Belastungen erleben. Diese Ressourcen können Kompetenzen sein, über die wir verfügen, personelle Ressourcen, wie Wertvorstellungen, körperliche und geistige Fitness oder Schutzfaktoren wie Resilienz, aber auch soziale Ressourcen, also die Unterstützung durch andere Menschen (Bernhard & Wermuth, 2011). Die Herausforderungen können qualitativer oder quantitativer Art sein, d.h. es kann sich um besonders schwierige und komplexe Aufgaben handeln oder eine große Menge scheinbar nicht zu bewältigender Aufgaben. Das Ungleichgewicht zwischen der Beanspruchung und den zur Bewältigung zur Verfügung stehenden Ressourcen kann zu einem Gefühl der Hilflosigkeit und Ohnmacht führen, die sich dann in körperlichen und psychischen Beschwerden widerspiegelt. Dazu später mehr.

Stress kann auch durch schwere Lebensereignisse ausgelöst werden. Forschungen zu Lebensereignissen konnten zeigen, dass Beziehungen und zwischenmenschliche Kontakte nicht nur ein großes Glück sein können, sondern auch einer der stärksten Stressoren (Becker-Carus & Wendt, 2017). Der Tod des Partners oder der Partnerin, Scheidung und Trennung nehmen die Spitzenpositionen auf der Punkteskala für Stressreize ein. Aber auch positive Ereignisse wie Heirat, eheliche Aussöhnung und Familienzuwachs stellen eine nicht zu unterschätzende Belastung dar.

Der amerikanische Psychologe Richard Lazarus war der Überzeugung, dass Stress durch die Interaktion zwischen einer Person und ihrer Umwelt entsteht. Die von ihm entwickelte Stresstheorie heißt deswegen auch „transaktionale Stresstheorie“: transaktional bedeutet, dass es eine Wechselbeziehung zwischen dem stressauslösenden Reiz bzw. der Stresssituation und der Person gibt, die in der Folge zu ganz unterschiedlichen (Stress-)Reaktionen bei der Person führen kann. Dieser Ansatz war in den 1980er Jahren, als Lazarus sein Stressmodell entwickelte, neu. Er erklärt auch, wieso unterschiedliche Menschen auf objektiv gleiche Situationen bzw. Stressoren ganz unterschiedlich reagieren. Das lässt sich zum Beispiel im Stau im Straßenverkehr oder bei der Verspätung eines Zuges gut beobachten: Es gibt Menschen, die sich aufregen und laut schimpfen, andere greifen zum Handy und benachrichtigen ihre Mitmenschen darüber, dass sie später zu dem anstehenden Termin kommen werden, wieder andere unterhalten sich mit ihren Sitznachbarn im Zug oder hören Musik. Dass wildes Hupen nicht zum Auflösen eines Staus führt, scheint sich noch nicht bei jedem herumgesprochen zu haben.

Das zentrale Element der transaktionalen Stresstheorie von Lazarus ist die subjektive Bewertung einer Situation, einer Belastung oder eines Reizes, also ein kognitiver (= mentaler) Prozess (Abbildung 3.1).

In einer Situation bewertet eine Person die Belastung und schätzt ihre Bedrohlichkeit für das eigene Wohlbefinden ein: Handelt es sich um ein neutrales oder irrelevantes Ereignis, eine Herausforderung, also ein positives und günstiges Ereignis, eine Belastung oder drohen sogar ein Verlust oder eine Schädigung? Lazarus bezeichnet diesen Vorgang als „Primäre Bewertung“. Kommt die Person zu dem Schluss, dass das Ereignis neutral oder sogar günstig und positiv ist, dann entsteht keine Stresssituation: die Person hat ausreichend Ressourcen und gut funktionierende Strategien zur Verfügung, um die Situation zu bewältigen. Kommt die Person jedoch zu dem Schluss, dass es sich um eine potenziell bedrohliche und stressende Situation handelt, kommt es nach Lazarus zu einer sekundären Bewertung. Folgende Fragen stehen hier im Vordergrund: Habe ich ausreichend persönliche, körperliche, geistige, materielle und soziale Ressourcen zur Verfügung, um diese Situation zu bewältigen? Oder bedroht die Situation meine Ziele, Wertvorstellungen oder sogar meine Identität? Wenn die Person zu der sekundären Bewertung kommt, dass sie nicht über ausreichende Ressourcen verfügt, um die Situation zu bewältigen, wird eine Stressreaktion ausgelöst.

Gleichzeitig werden Bewältigungsstrategien entwickelt. Diese Bewältigungsstrategien bezeichnet man als „Coping“.

Das Coping kann problemorientiert sein, d.h. die Person versucht an der Situation etwas zu verändern oder sich der Situation anzupassen. Es kann sein, dass sie Informationen zur Lösung des Problems sucht, andere Verhaltensweisen ausprobiert, sich Unterstützung von anderen holt oder auch sich zurückhält und die Situation erst einmal beobachtet. Ziel des problemorientierten Copings ist die aktive Überwindung der Stresssituation.

Das Coping kann auch emotionsorientiert sein. In diesem Fall versucht die Person den emotionalen Bezug zu der Situation zu verändern, in dem sie beispielsweise die negativen Emotionen durch positive Gedanken überwindet, mit Humor reagiert oder sie versucht, die durch die Situation entstandenen Emotionen abzubauen, beispielsweise durch Sport, Entspannungstechniken oder Spazierengehen.

Ziel des emotionsorientierten Copings ist eine Verbesserung des persönlichen Wohlbefindens. Diese beiden Arten der Bewältigungsstrategien werden als adaptive oder funktionale Copingstrategien bezeichnet, da sie das Ziel haben, die belastende Situation zu überwinden und das Problem zu lösen. In der TK-Stressstudie gaben etwa 80 % der Befragten an, dass sie zum Stressabbau einem Hobby nachgehen, spazieren gehen oder im Garten arbeiten. Als weitere Copingstrategien wurden gemütlich faulenzen, Musik machen oder Musik hören und sich zum Ausgleich mit Freunden oder der Familie treffen genannt. Interessanterweise wurden Entspannungstechniken wie Yoga oder Autogenes Training nur von etwa 22 % der Befragten angeführt.

Findest du dich in diesen Nennungen wieder? Welche Coping-Strategien nutzt du in stressigen Situationen?

Neben den funktionalen Copingstrategien gibt es allerdings auch sogenannte maladaptive bzw. dysfunktionale Copingstrategien, bei denen die Person dem Problem aus dem Weg geht (Flucht), das Problem verdrängt oder sich durch Alkohol oder Drogen betäubt.

Während eine Person verschiedene Copingstrategien ausprobiert, erfährt sie, ob diese erfolgreich sind und für sie zu einer Entlastung in der stressigen Situation beitragen oder nicht. Durch diese Rückmeldungen lernt die Person, Copingstrategien zukünftig selektiv und bewusst einzusetzen. Außerdem kommt es zu einer Neubewertung der Situation: die Person lernt, dass die Belastung eine Herausforderung darstellt, die sie mit Hilfe der ihr zur Verfügung stehenden Ressourcen bewältigen kann (Becker-Carus & Wendt, 2017; Bernhard & Wermuth, 2011; Schuster, Haun & Hiller, 2011). Sie erfährt damit Selbstwirksamkeit, d.h. sie lernt, dass sie schwierige Situationen und Herausforderungen aus eigener Kraft erfolgreich bewältigen kann. Auf das Thema Selbstwirksamkeit komme ich später noch einmal zurück.

Abbildung 3.1: Transaktionales Stressmodell von Lazarus (eigene Darstellung)

Mithilfe des transaktionalen Stressmodels von Lazarus lässt sich erklären, wieso Menschen in objektiv vergleichbaren Situationen mit ganz unterschiedlichen Verhaltensweisen und Emotionen reagieren: sie bewerten die Situation und die ihnen zur Verfügung stehenden Ressourcen zur Bewältigung der Situation unterschiedlich.

Es geht dabei nicht darum, Stress als rein gedankliches und inner-psychisches Konstrukt zu deuten und damit zu verharmlosen. Unter einem Konstrukt versteht man in der Psychologie eine gedankliche Hilfskonstruktion für Sachverhalte oder Eigenschaften, die nicht unmittelbar beobachtbar sind. Stress ist nicht direkt beobachtbar, wohl aber die Auswirkungen davon im Verhalten einer Person oder in ihren Emotionen. Es bedeutet, dass wir stressige Situationen unterschiedlich bewerten und durch das Ausprobieren verschiedener Copingstrategien lernen können, mit Stress besser umzugehen.

Der deutsche Psychologe und Psychotherapeut Gert Kaluza hat sich ebenfalls mit inner-psychischen Prozessen im Zusammenhang mit Stress beschäftigt und das Modell der „Stressampel“ mit drei Ebenen des Stressgeschehens entwickelt (Kaluza, 2018b). Er unterscheidet dabei zwischen Stressoren, also den äußeren belastenden Bedingungen und Situationen, den persönlichen Stressverstärkern und den Stressreaktionen, die insbesondere langfristig zu Erschöpfung und Krankheit führen können (Abbildung 3.2).

Die Stressoren können physikalischer Art, wie beispielsweise Lärm, Hitze, Kälte oder Nässe, körperlicher Art wie Verletzungen, Hunger, Durst, Schmerzen oder gesundheitliche Einschränkungen, oder sozialer Art, also Konkurrenz, zwischenmenschliche Konflikte oder Trennung sein. Außerdem gibt es noch Leistungsstressoren durch Zeitdruck, Über- oder Unterforderung, Prüfungen oder Präsentationen im Job. Nach Kaluza lassen sich Stressoren mit der Formulierung „Ich gerate in Stress, wenn…“ individuell benennen.

Die persönlichen Stressverstärker modulieren die Stressreaktion, d.h. sie tragen dazu bei, ob überhaupt eine Stressreaktion auftritt und wenn ja, wie massiv diese ausfällt. Persönliche Stressverstärker oder innere Antreiber entstehen aus individuellen Wertvorstellungen, psychologischen Grundbedürfnissen, Bewertungen und Glaubens sätzen, also überdauernden und relativ stabilen Überzeugungen über die eigene Identität.

Abbildung 3.2: Stressampel - die drei Ebenen des Stressgeschehens (eigene Darstellung nach Kaluza, 2018b)

Diese inneren Antreiber sind nicht von Vornherein negativ, sondern motivieren eine Person erst einmal zu positiven Leistungen. Problematisch werden die inneren Antreiber dann, wenn die Person versucht, die Forderungen der inneren Antreiber auf jeden Fall und in jeder Situation zu erfüllen. Aus inneren Antreibern werden dann persönliche Stressverstärker. Nach Kaluza lassen sich die persönlichen Stressverstärker mithilfe der Formulierung „Ich setze mich selbst unter Druck, in dem…“ auf die Spur kommen. In der Literatur werden sechs Arten von persönlichen Stressverstärkern beschrieben (Bernhard & Wermuth, 2011; Kaluza, 2018b): „Sei perfekt!“, „Sei beliebt! bzw. „Mache es allen recht!“, „Sei stark! bzw. „Sei unabhängig!“, „Behalte die Kontrolle!“ bzw. „Streng dich an!“, „Halte durch!“ und „Mach schnell!“. Diese inneren Antreiber beinhalten Chancen aber auch Risiken und Stress-Gefahren (Tabelle 3.1).

Tabelle 3.1: Hintergrund, Chancen und Stressgefahren der inneren Antreiber bzw. persönlichen Stressverstärker (nach Bernhard & Wermuth, 2011; Kaluza, 2018b)

Antreiber / Stressverstärker

Hintergrund / Chancen

Stress-Gefahren

„Sei perfekt!“

Leistungsmotiv

: Streben nach Erfolg und Selbstbestätigung Erfolgszuversicht, Genauigkeit, Verlässlichkeit, Transparenz, Präzision

Angst vor Misserfolg, Perfektionismus, Selbstüberforderung, Pedanterie, Realitätsverlust, Verhärtung / Sturheit

„Sei beliebt!“ bzw. „Mache es allen recht!“

Bindungsmotiv

: Wunsch nach Nähe und Zugehö- rigkeit zu anderen Menschen Loyalität, Beliebtheit, Freundlichkeit, Anpassungsfähigkeit

Angst vor Ablehnung und Kritik, Ja-Sager, Fehlen einer eigenen Meinung, Unterwürfigkeit

„Sei stark!“ bzw. „Sei unabhängig!“

Autonomiemotiv

: Wunsch nach Unabhängigkeit und Selbstbestimmung Durchsetzungskraft, Kraft, Mut, Risikobereitschaft, Willensstärke, Konfrontationsbereitschaft

Angst vor Abhängigkeit von anderen und Schwäche, Selbstüberschätzung, Leichtsinn, Überheblichkeit, Dominanz

„Behalte die Kontrolle!“ bzw. „Streng dich an!“

Kontrollmotiv

: Wunsch nach Sicherheit und

Angst vor Kontrollverlust und Fehlentscheidungen,

Kontrolle über das eigene Leben Willensstärke, Fleiß, Disziplin, Ausdauer

Selbstüberforderung, Egoismus, Unbeliebtheit

„Halte durch!“

Streben nach Lustgewinn und Unlustvermeidung

Disziplin, Willensstärke, Ausdauer, Fleiß

Übertreibung durch zu große Härte gegenüber sich selbst, Selbstüberforderung, Ermüdung und Erschöpfung

„Mach schnell!“

Machtmotiv:

Streben nach Macht, Einfluss und Selbstwirksamkeit Leistungsstärke, Effizienz Entscheidungsfreude, Dynamik, Flexibilität

Angst vor Selbstzweifeln und geringem Selbstvertrauen, Unruhe, Ungeduld, Hektik, Selbst- und Fremdüberforderung

Erkennst du dich in einem oder mehreren inneren Antreibern wieder? Dazu findest du weiter unten eine Übung zum Selbstcoaching.

Ziel eines Stressmanagements ist es, den inneren Antreibern auf die Spur zu kommen, sie zu hinterfragen und die Stress-Gefahren des jeweiligen Stressverstärkers anschließend durch förderlichere Einstellungen zu verändern. Darum geht es bei dem Thema kognitives und emotionales Stressmanagement.

Die persönlichen Stressverstärker modulieren die Stressreaktion. Stressreaktionen können auf körperlicher, psychischer oder Verhaltensebene stattfinden. Auf die verschiedenen Arten von Stressreaktionen gehe ich im nächsten Unterkapitel ein. Nach Kaluza (2018b) lassen sich Stressreaktionen mit der Aussage „Wenn ich im Stress bin, dann…“ beschreiben.

Jetzt bist du an der Reihe:

• Deine Stressoren: Ich gerate in Stress, wenn…

• Deine inneren Antreiber und persönlichen Stressverstärker: Ich setze mich selbst unter Stress, indem…

• Deine Stressreaktionen: Wenn ich im Stress bin, dann…

Stressreaktionen - körperlich, psychisch und im Verhalten

Wenn eine Person akuten Stress erlebt, wird in ihrem Gehirn und in ihrem Körper ein biologisches Stressprogramm angestoßen. Der österreichisch-kanadische Mediziner und Biochemiker Hans Selye hat diese Abläufe bereits in der ersten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts untersucht und als Allgemeines Anpassungssyndrom AAS bezeichnet (Becker-Carus & Wendt, 2017). Durch Reize von außen oder innerhalb des Körpers oder durch körperliche und psychische Belastungen wird das dynamische Gleichgewicht des Körpers gestört und es werden physiologische, biochemische und psychologische Prozesse ausgelöst. Der Körper wird in einen Alarmzustand versetzt, der es dem Menschen in der Vergangenheit ermöglicht hat, große Gefahrensituationen wie beispielsweise die Begegnung mit einem gefährlichen Tier wie dem Säbelzahntiger zu meistern (Kampf oder Flucht). Diese Reaktionen des Organismus sind unspezifisch und werden auf jede Form der Belastung ausgelöst - auch wenn wir in der heutigen Zeit nur noch im Ausnahmefall lebensbedrohlichen Stressoren ausgesetzt sind.

Für die Steuerung der Stressreaktionen im Organismus sind zwei Gehirnstrukturen besonders wichtig: die Amygdala und der Hypothalamus. Die Amygdala („Mandelkern“ aufgrund ihrer Mandelform ) steuert das emotionale Erleben von Angst und Stress und setzt - vereinfacht gesagt - Kampf- und Flucht-Reaktionen in Gang. Sie „informiert“ das sympathische Nervensystem (benannt nach dem Sympathikus) über das Vorliegen einer Gefahr. Als Folge wird der Neurotransmitter Adrenalin ausgeschüttet, Herztätigkeit und Blutdruck steigen, die Bronchien werden erweitert und die Atmung beschleunigt, die Muskulatur wird besser durchblutet, der Muskeltonus steigt, als Energiespender wird Glukose bereitgestellt und der Stoffwechsel wird erhöht. Der Körper wird in gesteigerte Leistungsbereitschaft versetzt (Kampf oder Flucht). Der Ablauf dieses Notfallprogramms wird oft ausgelöst, bevor die Person die Gefahr bewusst wahrnimmt. Der „langsamere“ Weg der Aktivierung läuft über den Hypothalamus. Er wird ebenfalls durch die Amygdala über das Vorliegen einer Gefahr „informiert“ und schüttet hormonelle Botenstoffe aus (unter anderem das Stresshormon Cortisol). Die Hormone werden ins Blut ausgeschüttet und brauchen von daher länger, bis sie an den Zielorganen ankommen; auf der anderen Seite werden sie aber auch nicht so schnell abgebaut wie die Neurotransmitter, die über das Nervensystem transportiert werden. Es handelt sich hier also um eine sehr gut organisierte und nachhaltige Bereitstellung und Versorgung des Organismus mit Energie. Das ist allerdings eine sehr verkürzte Darstellung der Prozesse, die im Gehirn in Stress- und Gefahrensituationen ablaufen. Wenn du mehr dazu lesen möchtest, empfehle ich dir den Artikel „Stress bewältigen“ von der TK (2022). Den Link findest du im Literaturverzeichnis.

Die Amygdala „kommuniziert“ in Stresssituationen auch noch mit einer anderen Gehirnstruktur: dem Hippocampus. Der Hippocampus ist unter anderem für Lern- und Gedächtnisprozesse zuständig und sorgt dafür, dass wir uns die stressauslösende Situation merken und uns zukünftig vor ihr in Acht nehmen.

Menschen reagieren sehr unterschiedlich auf Stresssituationen. In der TK-Stressstudie (2021) nannten etwa 80 Prozent der Befragten, dass sie bei häufigem Stressempfinden unter Erschöpfung leiden, dicht gefolgt von Muskelverspannungen und Rückenschmerzen. Nervosität und Gereiztheit, Schlafstörungen und Kopfschmerzen bzw. Migräne werden ebenfalls häufig als Beschwerden genannt.

Weitere körperliche Stresssymptome können Herz-Kreislaufprobleme, Atemprobleme, Verdauungsbeschwerden, Magenschmerzen und Appetitlosigkeit, eine erhöhte Infektionsanfälligkeit, kalte Hände und Füße, vermehrtes Schwitzen („Angstschweiß“) und Störungen der Sexualfunktionen sein.

Die psychischen Folgen von Stress sind ebenfalls vielfältig: innere Unruhe, Angst- und Versagensgefühle, Antriebshemmung und Lustlosigkeit, ständiges Gedankenkreisen und Grübeln, „Tunnelblick“, Gefühl der Hoffnungslosigkeit und Hilflosigkeit, Verlangsamung des Denkens und Denkblockaden, Konzentrationsstörungen und eine Verminderung der Entscheidungsfähigkeit. Chronischer Stress kann auch zu Depressionen führen.

Im Verhalten lassen sich folgende Anzeichen für vermehrten Stress beobachten: Ungeduld gegenüber sich und anderen Menschen, schnelles Sprechen (schneller als gewöhnlich), nicht zuhören können, Gereiztheit und aggressives Verhalten gegenüber anderen Menschen, mehrere Dinge gleichzeitig tun und nicht bei der Sache sein, Pausen ausfallen lassen, sich in die Arbeit stürzen, Dinge vergessen / verlegen / verlieren und vermehrter Konsum von Essen / Alkohol / Nikotin / Kaffee (Bernhard & Wermuth, 2011; Kaluza, 2018b).

Diese Stressreaktionen können sich gegenseitig aufschaukeln und damit verstärken und verlängern, bis sich ein Teufelskreis entwickelt. Chronischer Stress kann außerdem zu verschiedenen Erkrankungen führen, beispielsweise Depressionen, Burn-Out, Ohrgeräuschen und Tinnitus, Bluthochdruck, Magen-Darm-Geschwüren, Diabetes, Allergien, erhöhtem Schmerzerleben oder Libidoverlust (Kaluza, 2018b). Vor diesem Hintergrund ist es wichtig, die Stressoren, inneren Antreiber und persönlichen Stressverstärker frühzeitig zu erkennen und zu entschärfen.

Wie lässt sich Stress reduzieren?

In der TK-Stressstudie nannten die Befragten als Stressauslöser Nummer eins Schule, Studium oder Arbeit. Am Arbeitsplatz sind zu viel Arbeit, Termindruck und Hektik sowie Unterbrechungen und Störungen die Hauptbelastungen (TK-Stressstudie, 2021). Vor diesem Hintergrund ist es auf der einen Seite wünschenswert, dass Schulen, Hochschulen und Universitäten sowie Unternehmen Maßnahmen zur Stress-Prävention beispielsweise im Rahmen der betrieblichen Gesundheitsförderung ergreifen und ein strukturelles Stressmanagement betreiben. Stress-Prävention beinhaltet vorbeugende Maßnahmen, damit chronischer Stress gar nicht erst entsteht. Strukturelles Stressmanagement bezieht sich auf Maßnahmen, auf die der Einzelne keinen Einfluss hat und die nur von Seiten der Organisation oder des Unternehmens gestaltet werden können. Beispiele dafür sind die gesundheitsgerechte Gestaltung von Arbeitsplätzen und -abläufen, eine entsprechende Führungskultur, der konstruktive Umgang mit Fehlern, Sport-Angebote, Möglichkeiten zur Entspannung und für die Gestaltung von Pausen oder die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Das Thema Pausen greife ich später noch im Zusammenhang mit einer Tradition aus Schweden auf: „Fika“.

Auf der anderen Seite ist jeder Einzelne gefragt, wenn es um das Thema Stressmanagement geht. Unterstützung und Angebote gibt es auch bei verschiedenen Krankenkassen. Stressmanagement ist jedoch sehr individuell. Im Folgenden stelle ich dir verschiedene Ansätze und Strategien vor, damit du die für dich passenden Maßnahmen herausfinden kannst.

Im Vordergrund des Stressmanagement steht ein multimodales Vorgehen. Multimodal bedeutet, dass dabei verschiedene methodische Ansätze gleichzeitig verfolgt werden sollten. Auf der Grundlage der Stressampel und der drei Ebenen des Stressgeschehens von Gert Kaluza ist es nicht sinnvoll, nur an einer Ebene anzusetzen, zum Beispiel in dem eine Person die Stressoren reduziert oder ausschaltet, sondern es ist sinnvoll an allen drei Ebenen zu arbeiten (Abbildung 3.3).

Abbildung 3.3: Multimodales Stressmanagement (eigene Darstellung nach Kaluza, 2018b)

An der Ebenen der Stressoren setzt das instrumentelle Stressmanagement an, dessen Ziel es ist, gesündere Handlungs- und Verhaltensstrategien zu entwickeln und umzusetzen. An der Ebene der persönlichen Stressverstärker setzen das kognitive und emotionale Stressmanagement an, bei dem es darum geht, dysfunktionale, also schädliche Bewertungsmuster zu erkennen und zu verändern. Auf der Ebene des Stressreaktionen greift das palliativ-regenerative Stressmanagement mit der Regulation von Anspannung und Entspannung.

Im Folgenden stelle ich dir die drei verschiedenen Bereiche des multimodalen Stressmanagements vor.

Instrumentelles Stressmanagement

Ziel des instrumentellen Stressmanagements ist es, die Stressoren zu reduzieren oder ganz auszuschalten und somit das Entstehen von Stress zu verhindern. Gert Kaluza nennt verschiedene Möglichkeiten für instrumentelles Stressmanagement (2018a): die Erweiterung der fachlichen Kompetenzen durch Fortbildungen und das Sammeln von Informationen spielen eine zentrale Rolle dabei. Wenn eine Person über die notwendigen Fach- und Methodenkompetenzen, also das Know-how, verfügt, kann sie Aufgaben besser bewältigen. Lebenslanges Lernen und persönliche Weiterbildung sind in unserer ständig sich verändernden und immer komplexer werdenden Welt ein Schlüsselfaktor für den persönlichen Erfolg. Weiterbildungs- und qualifizierungsmöglichkeiten gibt es viele: Vorträge, Seminare und Workshops, Fachzeitschriften und - bücher, Coaching und Supervision, berufsbegleitende Weiterbildungsstudiengänge in Präsenz und virtuell. Auch der Austausch in beruflichen Netzwerken dient dem Erwerb von neuem Wissen. Ich möchte hier ein persönliches Beispiel von mir schildern: ich lerne gerne und habe Freude an persönlicher Weiterentwicklung. Deshalb habe ich immer wieder verschiedene Fortbildungen und Weiterbildungsstudiengänge absolviert und mir so neue Tätigkeitsbereiche erschlossen. Lebenslanges Lernen dient also nicht nur dem Schließen von Lücken in Bezug auf Kompetenzen, sondern ist auch proaktiv, also vorausschauend sinnvoll, um sich neue Aufgabenbereiche zu erschließen.

Weitere Elemente beim instrumentellen Stressmanagement sind die Entwicklung von kommunikativen und Problemlösekompetenzen sowie die Suche nach Unterstützung durch andere (2018a).

Kommunikative Kompetenzen benötigen wir, um unsere eigenen Interessen und Bedürfnisse gegenüber anderen und uns selbst zu vertreten. Dazu gehört beispielsweise, sich abzugrenzen und Nein zu sagen, wenn die Anforderungen und Wünsche anderer zu viel werden. Das Wort Nein fällt insbesondere Menschen, die es anderen gerne Recht machen möchten und sie nicht enttäuschen wollen, schwer. Es dient allerdings dem Selbstschutz und ist Übungssache. Wenn du gelegentlich mit dem Flugzeug unterwegs bist, kennst du die Ansage bei den Sicherheitshinweisen vor dem Start, dass man zuerst sich selbst bei einem plötzlich auftretenden Druckabfall in der Kabine die Atemmaske aufsetzen soll, bevor man anderen Menschen hilft. Das gilt auch in anderen Lebensbereichen: nur wer gut für sich selbst sorgt, kann für andere da sein. Kommunikative Kompetenzen brauchen wir auch, um unsere Gefühle angemessen auszudrücken, insbesondere die negativen Gefühle wie Ärger oder Anspannung. Es ist nicht förderlich, negative Gefühle dauerhaft herunter zu schlucken oder zu verdrängen. Für dich und die Menschen in deinem sozialen Umfeld ist es hilfreich, wenn du deine Verärgerung frühzeitig erkennst und kontrolliert ausdrückst anstatt sie herunterzuschlucken bis der innere Druck so hoch ist, dass es zur Explosion kommt. Ein andere Strategie im Umgang mit Verärgerung ist ein gedanklicher Perspektivenwechsel: dazu kannst du dich fragen, wie sich eine andere Person, die du gut kennst, in dieser Situation verhalten würde. Oder was die Hintergründe sein könnten, die die Ursache für das Verhalten der Person sind, das dich verärgert. Haben sie wirklich etwas mit dir persönlich zu tun oder hatte die andere Person vielleicht einfach nur einen schlechten Tag? Es kommt häufig vor, dass wir Dinge persönlich nehmen und dem anderen unterstellen, er oder sie mache etwas Bestimmtes, um uns zu ärgern - und dabei „tickt“ er / sie nur anders als wir es tun. Eine weitere Strategie ist es, der anderen Person zu vergeben (Kaluza, 2018a). Vergeben bedeutet in diesem Zusammenhang, dass du der anderen Person zugestehst, dass sie sich nicht absichtlich so verhalten hat, um dich zu ärgern oder zu verletzen. Dadurch bist du nicht mehr das Opfer deiner Verärgerung und gewinnst innere Freiheit: du entscheidest, worüber du dich ärgerst und worüber nicht. In Bezug auf positive Gefühle ist dieses Vorgehen für uns in der Regel selbstverständlich - weshalb also nicht auch für negative Emotionen?

Problemlösekompetenzen benötigen wir, um die anstehenden Herausforderungen gut und weniger stressbehaftet bewältigen zu können. Unter Problemlösekompetenz versteht man das Erkennen und die Analyse eines Problems, das Finden von (kreativen) Lösungen und deren Umsetzung. Problemlösekompetenzen erwirbst du, indem du dich immer wieder aus deiner Komfortzone in neue Situationen begibst und neuen Herausforderungen stellst. Weitere Strategien sind Kreativitätstechniken und Brainstorming. Eine andere Vorgehensweise ist, dass du dich erinnerst, wie du in der Vergangenheit vergleichbare Situationen bewältigt hast. Im Laufe unseres Lebens haben wir bereits eine ganze Reihe von Herausforderungen und schwierigen Situationen erfolgreich gemeistert und verfügen über einen großen Erfahrungsschatz - das vergessen wir nur manchmal. Es geht dabei nicht nur um die großen Herausforderungen, sondern auch um kleinere alltägliche schwierige Situationen. Das Zusammenspiel dieser Faktoren führt zur Steigerung des Gefühls der Selbstwirksamkeit: „Ich kann!“ Überleg‘ mal, welche Herausforderungen du bereits in deinem Leben bewältigt hast. Es ist hilfreich, wenn du diese Situationen alle aufschreibst. Auf diese Übung gehe ich später noch einmal ein.

Beziehungen und zwischenmenschliche Kontakte tragen häufig zum Erleben von Stress bei. Gleichzeitig sind sie aber auch eine wichtige Ressource und Kraftquelle im Umgang mit Belastungen. Von daher ist es wichtig, ein gut funktionierendes und „nährendes“ soziales Netzwerk zu haben. Mit „nährend“ meine ich Beziehungen zu Menschen, die dir gut tun, mit denen du gerne Zeit verbringst, die dich so nehmen, wie du bist und die bereit sind, dich bedingungslos - damit meine ich ohne die Forderung einer Gegenleistung - zu unterstützen. Es kann sich dabei um praktische, emotionale oder informelle Unterstützung handeln. Bei der praktischen Unterstützung packen die Helfenden tatkräftig mit an. Bei der emotionalen Unterstützung hast du Menschen um dich, bei denen du dich aussprechen kannst, die dich trösten, ermutigen und vielleicht einfach nur in den Arm nehmen. Bei der informellen Unterstützung geht es um Ratschläge und Tipps.

Alle Formen der Unterstützung können je nach Situation hilfreich und wohltuend sein. Es spielt keine Rolle, wie groß dein soziales Netzwerk ist, sondern die Qualität der Beziehungen steht im Vordergrund. Außerdem ist es wichtig, soziale Beziehungen zu pflegen, beispielsweise indem du dich nach einer anderen Person erkundigst, ihr Grüße ausrichten lässt, etwas von dir erzählst und andere damit an deinem Leben teilhaben lässt, deine Hilfe anbietest, wirklich interessiert zuhörst, dich bedankst, an Geburtstage denkst oder auch einfach zwischendurch und ohne weiteren Anlass einen Brief oder eine Postkarte an einen Menschen schickst, der dir wichtig ist, um ihm oder ihr zu zeigen, dass du an sie denkst (Kaluza, 2018a). Soziale Kontakte sind eine wichtige Ressource für die psychische und körperliche Gesundheit und ein Schutzfaktor gegen Stress. Das gilt für soziale Beziehungen am Arbeitsplatz und im Privatleben. Das Stresshormon Cortisol wird abgebaut und das sogenannte „Kuschelhormon“ Oxytocin ausgeschüttet. Oxytocin spielt eine wichtige Rolle bei der Bindung von Mutter und Kind nach der Geburt. Im weiteren Verlauf des Lebens lässt es uns empathischer, mitfühlender und vertrauensvoller gegenüber anderen Menschen werden. Förderlich für das Glücksempfinden - das eigene und das der anderen - ist es übrigens, schöne und positive Erlebnisse miteinander zu teilen. Es gilt nicht nur der Spruch „Geteiltes Leid ist halbes Leid“ sondern auch „Geteilte Freude ist doppelte Freude“.

Das letzte Element des instrumentellen Stressmanagements ist das Selbstmanagement. Beim Selbstmanagement geht es darum, sich selbst zu führen (Kaluza, 2018a). Hier geht es also um Fragen wie, wo soll die Reise deines Lebens hingehen? Was ist der Sinn deines Lebens? Was sind deine Visionen, Ziele und Wünsche? Was ist dir wichtig in deinem Leben? Es geht um deine Zukunft und die Gestaltung der Gegenwart, denn was in Zukunft Realität werden soll, musst du heute bereits beginnen umzusetzen.

Dem Thema Sinn widme ich ein eigenes Unterkapitel: Salutogenese und der Kohä-renzsinn als Widerstandsressourcen. Außerdem gibt es noch ein ganzes Kapitel zum Thema Sinnerfüllung (Kapitel 9).

Es gibt verschiedene Herangehensweisen, mit denen du herausfinden kannst, was dir in deinem Leben wichtig ist. Eine meiner Lieblingsmethoden ist das Museum deines Lebens, von dem ich in einem der Bücher von John Strelecky (2021) gelesen habe. Stell dir vor, jeder Tag in deinem Leben wird festgehalten und katalogisiert. Alles, was du gemacht und erlebt hast, deine Gefühle und Gedanken, deine Begegnungen mit anderen Menschen. Am Ende deines Lebens ist alles in einem Museum zusammengetragen und wird ausgestellt. Dieses Museum hat sehr viele Räume, große und kleine, helle und vielleicht auch dunklere, die du und andere Besucher dann besuchen werden. In diesen Räumen ist alles so ausgestellt, wie sich die Dinge ereignet haben, wie du tatsächlich warst. Nicht so, wie du es dir gewünscht hast zu sein.

Was wirst du von dir sehen? Was werden die Besucher von dir sehen? Wie werden sie dich kennen lernen? Für dieses Museum deines Lebens sammelst du bereits heute „Ausstellungsstücke“. Das heißt, du hast jeden Tag in der Gegenwart einen Einfluss darauf, worauf du und andere in dem Museum deines Lebens schauen werden. Nimm‘ dir am besten im Alltag immer mal wieder eine kleine Auszeit und überlege, worauf du später einmal zurückblicken möchtest. Und sammele „Museumstage“. Das sind Tage, die besonders schön und strahlend als Ausstellungsstücke in dem Museum deines Lebens sind. Museumstage sind Tage, an denen du vielleicht etwas besonders Schönes erlebt, dich an Kleinigkeiten des Alltags erfreut, einem anderen Menschen eine Freude gemacht hast… - es gibt unzählige Möglichkeiten, die einen ganz normalen Tag zu einem Museumstag machen können. Natürlich gibt es auch manchmal Tage, an denen es nicht so gut läuft, an denen du schlecht gelaunt bist oder es Auseinandersetzungen mit anderen gibt. Diese Tage werden auch in dem Museum deines Lebens zu finden sein, denn sie gehören auch zu dir. Wichtig ist, dass sie nicht der Haupteindruck sind, den du bei dir und bei anderen Menschen hinterlassen hast. Dann sind sie vielleicht in einer kleinen Kammer am Ende eines Ganges ausgestellt.

Für die Gestaltung der Gegenwart und das Verfolgen deiner Ziele sind Zeitmanagement und das Setzen von Prioritäten wichtig. Dabei geht es um Aspekte der Wichtigkeit und Dringlichkeit von Dingen, deine Zeitplanung, den Umgang mit Störungen und die Gestaltung von Pausen. Zu diesen Themen ist bereits sehr viel geschrieben worden. Vermutlich hast du auch das eine oder andere Buch dazu schon gelesen. Deshalb möchte ich darauf nicht mehr im Detail eingehen, sondern nur zwei ausgewählte Aspekte ansprechen: einen neuen Blickwinkel auf To-Do-Listen und „Fika“.

Es wird immer wieder empfohlen, schriftlich zu planen und sich Aufgabenlisten zu schreiben. Es geht darum, diese möglichst vollständig abzuarbeiten und die erledigten Aufgaben durchzustreichen. Der Blickwinkel liegt also auf dem Ergebnis und nicht auf dem Prozess des Aufgaben-Erledigens. Im Zusammenhang mit dem Thema Achtsamkeit geht es darum, im Hier und Jetzt zu sein und Aktivitäten - egal welcher Art - bewusst und achtsam zu erledigen. Das Erledigen von Aufgaben kann also auch eine informelle Achtsamkeits-Übung im Alltag sei. Dazu mehr in Kapitel 5.

„Fika“ (www.rnd.de