Mehr Nervennahrung - Verena Lugert - E-Book

Mehr Nervennahrung E-Book

Verena Lugert

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Beschreibung

Verena Lugert begleitet wöchentlich mit ihrer SPIEGEL.DE-Kolumne "Nervennahrung" bis zu 100.000 LeserInnen kulinarisch durch das Jahr.  Aus den besten Rezepten und Erzählungen ist ihr zweites literarisches Kochbuch entstanden, das kulinarisch und erzählerisch durchs Jahr führt -  voller Emotionen, Erinnerungen und Anekdoten. Fein nuanciert greift sie die feinen Veränderungen und Stimmungen auf, die in den  Jahreszeiten zum Tragen kommen: die zarte Melancholie eines Spätsommertages im August mit einem Zwetschgendatschi, der Kindheitserlebnisse wieder wach werden lässt, das Märchen vom süßen Brei mit einem Grießflammeri mit Beerensauce zur Brombeerzeit, kullergrüne Erbsen im schneeweißen Risotto, wenn endlich der Frühling kommt. Verena Lugert nimmt uns mit nach Mexiko, nach Malaysia, in einen märchenhaften Winterwald in Böhmen, zum Karneval nach New Orleans. Sie weckt Erinnerungen und Gefühle, die auch ihre LeserInnen kennen und nachvollziehen können. Ihre Rezepte geben den Erzählungen einen besonderen Kontext und lassen daraus außergewöhnliche Erlebnisse entstehen.

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Seitenzahl: 177

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EINLEITUNG

FRÜHLINGJETZT REGT SICH DIE FRÜHJAHRSSONNE – DER WINTER IST VORBEI, WIE SCHÖN! UND WIR GENIESSEN PORTUGIESISCHE PASTÉIS DES NATA UND DEN ERSTEN SPARGEL.

SOMMERDER SOMMER IST DA! DIE SONNE LACHT VOM HIMMEL, SEE UND FREIBAD LOCKEN. UND AUF DEM RASEN SCHMECKEN SUMMER ROLLS, SO HERRLICH BUNT, WIE DIESE JAHRESZEIT!

HERBSTGOLDENER HERBST! ER LOCKT MIT WILDSCHWEINRAGÙ NACH EINEM WALDSPAZIERGANG. ODER MIT EINEM KARTOFFELAUFLAUF BEI REGEN-NIESEL-WETTER. PURE GEMÜTLICHKEIT!

WINTERIM WINTER BLEIBT MAN GERN DAHEIM, WÄRMT SICH MIT ZWIEBELSUPPE, FALTET TEIGTÄSCHCHEN. ODER ERFREUT SICH AN EINEM GERMKNÖDEL IM VANILLESAUCENSEE.

IMPRESSUM

NUN GIBT ES SIE ALSO IMMER NOCH, MEINE WÖCHENTLICHE KOLUMNE „NERVENNAHRUNG“ AUF SPIEGEL.DE.

IM MÄRZ während des ersten Corona-Lockdowns, war sie aus der Taufe gehoben worden, um täglich einfache, schnell und ohne großen Aufwand nachkochbare Gerichte vorzustellen.

Einige Jahre zuvor hatte ich meinen erlernten Beruf als Reportage-Journalistin gegen den der Köchin getauscht, mich durch die Ausbildung an einer Kochschule in London gekämpft und danach eine Stelle als Köchin in einem Restaurant des Celebrity-Koches Gordon Ramsay gefunden, in dem sich mir neue Welten des Geschmacks, der Schönheit und der Perfektion eröffnet hatten. In der ich aber auch in 16-Stunden-Schichten bis zur Erschöpfung und bis zum Bandscheibenvorfall geschuftet hatte.

Zurück in Deutschland, verband ich das Kochen und das Schreiben miteinander, entwickelte Rezepte, absolvierte eine Hospitanz in der verrückten Avantgarde-Küche von Heston Blumenthal, in der Gerichte auf magisch schwebenden Tellern serviert und aus uralten Whiskeys Gummibären gefertigt wurden. Ich bildete mich als Gewürz-Sommelière fort, schrieb „Die Irren mit dem Messer“, ein Buch über meine Zeit in Gordon Ramsays Küche, hielt Vorträge, wurde zu Talkshows eingeladen und durfte sogar im Fernsehen kochen. Ich reiste für Foodmagazine um die Welt, interviewte einen Dreisternekoch in Paris, der seit Jahren fleischlos kocht, ging mit finnischen Kochphilosophen unter Wasser Algen sammeln und in Istrien mit Trüffelhunden auf die Suche nach den legendären weißen Trüffeln, ließ mich von einer Food-Historikerin auf Mallorca in die Kunst des Wiederbelebens uralter Rezepte einführen, lernte, wie man mit Ultraschall Olivenöl extrahiert, und ging auf die Jagd nach der besten Maulbeer-Granita auf Sizilien.

VOR CORONA WAR ICH GERADE DABEI GEWESEN, MEINE EIGENE EXPERIMENTIERKÜCHE IN HAMBURG ZU GRÜNDEN, SIE WAR GEPLANT ALS MEIN KOCHATELIER, IN DEM ICH REZEPTE ENTWICKELN UND KÜCHENPARTYS GEBEN WOLLTE. UND ICH WOLLTE LIVE AUS MEINER KÜCHE STREAMEN, KOCH-TUTORIALS, VIDEOS. DANN KAM CORONA, VÖLLIGER STILLSTAND.

Das war, so schien es, das Aus meiner Pläne. Ich kündigte das kleine Ladengeschäft, ohne dass ich überhaupt mit einer Küche dort eingezogen war. Bevor ich aber Zeit hatte, darüber richtig traurig zu sein, kam schon das Angebot von Spiegel.de. Die Kolumne „Nervennahrung“ war eigentlich nur für die erste Lockdownzeit gedacht – lief dann aber Woche für Woche weiter. Bald erschien sogar eine Auswahl der Rezepte in Buchform, das blau-rote Kochbuch „Nervennahrung“.

Leider lief auch Corona weiter, im an- und abschwellenden Rhythmus der Inzidenzen. Und weil es besonders im Winter – in der Zeit, in der sonst Weihnachtsfeiern sind, in der man so viel mit anderen zusammen sein und feiern will – zu den strengsten Lockdowns kam, begann ich, virtuell zu kochen. Nicht in einer schicken, coolen Experimentierküche, in einem eigenen Laden (der war ja nun gekündigt), sondern bei mir zu Hause, in meiner kleinen Wohnungsküche. Mit Minimalaufwand: Den zu niedrigen Küchentisch bockte ich auf umgedrehten Schüsseln auf, mit einer Campingkochplatte darauf wurde er zur Kücheninsel. Gemeinsam mit 20, 70, 200 und schließlich sogar 500 Menschen kochte ich digital und interaktiv. Und war ganz berauscht davon, wie viel Spaß das machte – und welche gemeinschaftsstiftende Kraft das Kochen hat, auch wenn es virtuell ist.

DIE KÖSTLICHEN GERÜCHE VON SAFRANSUD, VON ZIMT-STERNANIS-SCHOKOLADENMOUSSE ODER VON RISOTTO MIT APRIKOSEN UND BLAUSCHIMMELKÄSE ENTWICKELTEN SICH IN JEDER EINZELNEN KÜCHE. UND DIE GEMEINSAME SINNESWAHRNEHMUNG SCHAFFTE EINE VERBINDUNG ZWISCHEN ALLEN EINZELN KOCHENDEN.

Eine Verbindung, die noch greifbarer war, wenn das Ergebnis dann gegessen wurde, zu zweit, zu dritt, zu viert, in virtuellen Räumen. Bald verschickte ich an die Teilnehmer solcher digitaler Kochevents im Vorfeld bunte Pakete, in denen die Zutaten der Gerichte – feine Schokolade, Arborio-Reis aus Italien, Safranfäden – grammgenau abgewogen waren.

Irgendwann fiel mir staunend auf: Ich machte tatsächlich, trotz Corona, genau das, was ich eigentlich vorgehabt hatte: kochen, schreiben, Rezepte entwickeln, Kochtutorials streamen und virtuelle Küchenpartys schmeißen.

Als dann genau in dem Hamburg-Eppendorfer Haus, in dem ich im sechsten Stock wohnte, ein Ladenlokal im Erdgeschoss frei wurde – größer als das anfangs in einem anderen Stadtteil angemietete Lädchen, sogar mit Keller –, wagte ich es erneut. Bewarb mich, und bekam den Zuschlag! Erst für den Laden. Und dann noch für die kleine Wohnung, die dahinter lag. Ich ließ einen Durchbruch zu der Wohnung machen und baute sie dann zum Speisezimmer um. Und nannte alles I FOOD.

Was aber noch fehlte, war eine Küche. Sie würde ja das Herzstück sein – und sollte einzigartig werden. Und beidem gerecht werden können: Sie würde tagsüber meine Werkstatt sein und an den Abenden Bühne für Freude, Spaß und Partys. In Gedanken hatte ich mir meine Küche bereits ausgemalt. Sie sollte großzügig, funktional und durchdacht sein. Vor allem sollte sie bunt sein, ein Ort von pulsierender Kreativität, ein Nährboden für neue Ideen.

Meine Traumküche, irgendwo da draußen war sie. Aber wo? Ich sah mir unzählige Küchen an. Und keine war so, wie ich sie doch schon so klar in meinem Kopf hatte. Ich war frustriert.

MEINE SCHWESTER FAND SCHLIESSLICH GENAU DAS, WAS ICH MIR WÜNSCHTE. ALS SIE MIR DIE KÜCHEN ONLINE ZEIGTE, FIEL MIR DIE KINNLADE HERUNTER. AUF DER WEBSITE EINER KLEINEN, HOCHFEINEN KÜCHENFIRMA IN BERCHTESGADEN KONNTE MAN SIE SEHEN: STAHLKÜCHEN, KNALLBUNT, IN 200 VERSCHIEDENEN FARBEN VON AVOCADO BIS ZITRONE.

So gut zu I FOOD passend, dass es ein Traum war. Ich mailte, wir telefonierten und ich fuhr nach Berchtesgaden. Und auf wundersame Art und Weise fügte sich alles aufs Allerschönste.

Und als dann Monate später gerade das Herz-Logo an den Schaufenstern klebte, stand ich allein im Laden, die Handwerker waren weg, alles war still. Plötzlich erleuchtete die Abendsonne die neue Stahlküche, sie glänzte in Pastellrosa, Knallrot und Lichtblau. Strahlend bunt und voller Energie und Lebensfreude - wie Popmusik, Popart und Party. Wie bunte Legosteine, mit denen man sofort losspielen will. Auf der rosa Insel lag der Ausdruck für das Cover meines neuen Buches „Mehr Nervennahrung“, in hellem Rosa, wie die Insel.

Mir wurde warm ums Herz und ich war glücklich. Und dankbar: Denn jetzt war es so weit! Es ging wirklich los. Ich würde kochen, schreiben, leben – aus vollem Herzen .

JETZT REGT SICH DIE FRÜHJAHRSSONNE – DER WINTER IST VORBEI, WIE SCHÖN! UND WIR GENIESSEN PORTUGIESISCHE PASTÉIS DES NATA UND DEN ERSTEN SPARGEL.

FRÜHLING

PASTÉIS DE NATA

ICH STUDIERTE damals in Lissabon und war verwundert bis zermürbt, wie unangenehm sich der Winter auch in südlichen Gefilden zeigen konnte: Zwar war es nie wirklich kalt wie in Deutschland, niemals gab es Schnee und Eis. Doch der Atlantik brachte die langen Monate von Dezember bis in den März hinein ein fortwährendes Nieseln über die Stadt, die unter dem Grau der Wolken ihr pastellenes Leuchten verloren hatte. Mein WG-Zimmer im gefliesten alten Haus, an dem die gelbe Straßenbahn der Linie 28 vorbeifuhr, war eiskalt, nur das Wohnzimmer konnten wir notdürftig mit einer Propangasflaschenheizung ein wenig temperieren, in den Cafés saß man in Mantel und Mütze am Tresen und in den ungeheizten Universitätshörsälen wärmte ich mir die klammen Finger an einem Plastikbecher, gefüllt mit heißem Tee. Ich sehnte mich nach Sonne!

Die dann auf einmal, ab Ende März, mit voller Kraft und pulsierendem Strahlen über der Stadt Einzug hielt und Lissabon wieder zum Leben erweckte: Der vormals graue Tejo leuchtete mit dem blitzblauen Himmel um die Wette, die bunt gefliesten Häuser strahlten im Licht, die Sonne durchdrang alles, wärmte die schwarz-weißen Muster des Kopfsteinpflasters, ließ die Knospen der Bougainvilleen aufspringen, die die Stadt in einen rosavioletten Blütenrausch stürzten. Mit einem Schlag waren die Straßencafés wieder voll, die geschwungenen Metallstühle um die Jugendstilkioske in den Parks besetzt und die Bänke am Fluss voller Menschen. Man aß und trank wieder draußen, überall roch es schon in aller Frühe nach frischem Kaffee und nach dem Zucker und Zimt der Pastéis de Nata, der kleinen, so urportugiesischen Puddingtörtchen aus Blätterteig und Sahne-Eigelb-Creme. Diese winzigen Küchlein sind eine Art lusitanisches Nationalheiligtum. Erfunden im Lissabonner Stadtteil Belém im Hieronymitenkloster (dort stärkten die Mönche ihren Habit mit Eiweiß und ersannen die Törtchen, um das überschüssige Eigelb zu verwenden), wurde das Rezept im Jahr 1834 an den Besitzer einer nahe gelegenen Zuckerraffinerie verkauft, die seit 1837 als Konditorei, als „Antiga Confeitaria de Belém“, die köstlichen Törtchen fabriziert.

NUR DIE IN BELÉM NACH EINEM GEHEIMREZEPT GEBACKENEN BLÄTTERTEIG-KÜCHLEIN DÜRFEN SICH STOLZ „PASTÉIS DE BELÉM“ NENNEN, ALLE ANDEREN TÖRTCHEN HEISSEN GANZ EINFACH „PASTÉIS DE NATA“, „SAHNETÖRTCHEN“.

Natürlich war auch ich in meiner Zeit in Lissabon unzählige Male in Belém in der weltbekannten Confeitaria. Und selbstverständlich schmecken diese legendären originalen aller originalsten Törtchen wundervoll: krosser Blätterteig, darin die schmelzende gelb-süße Eiercreme mit ihren braunen Karamellflecken, mit Zimtzucker berieselt.

Doch keines dieser edlen Stammbaumtörtchen aus Belém hat mir jemals so gut geschmeckt wie jenes ganz normale Pastel de Nata, das ich damals, nach diesem langen Winter, auf einer grün geschwungenen Bank gegessen habe, unter den rosa Ranken der Bougainvillea. Als endlich wirklich Frühling war in Lissabon.

PASTÉIS DE NATA

(FÜR 12 PASTÉIS)

450 g Blätterteig (Rolle aus dem Kühlregal)

8 Eigelb

500 g Sahne

200 g Zucker

2 EL Mehl

1 Prise Salz

abgeriebene Schale von 1 Bio-Zitrone

Zimt und Zucker oder Puderzucker zum Servieren der Pastéis

1.Ofen auf 260 °C (Umluft) vorheizen. Ein Muffinblech einfetten. Den Blätterteig ausrollen und mit einem Glas oder einem Ausstecher Teigkreise ausstechen, die so groß sind, dass sie in die Muffinmulden passen. Die Mulden mit den Teigkreisen auslegen, andrücken. Der Teig soll nicht zu dick sein! Überstehenden Teig mit einem scharfen Messer abschneiden. Muffinblech kühlen.

2.Eigelb, Sahne, Zucker, Mehl, Salz und die abgeriebene Zitronenschale mit einem Schneebesen oder dem Handrührgerät zu einer glatten Masse rühren. In einem Topf kurz (wirklich nur kurz, sonst stockt das Eigelb) aufkochen lassen, dabei ständig weiterrühren, bis die Creme leicht eindickt. Creme in eine Schüssel geben und abkühlen lassen.

3.Die Creme bis 1cm unter den Rand in die Muffinförmchen füllen, auf der mittleren Schiene im Ofen 8 bis12 Minuten backen, am besten immer wieder (von außen durch die Scheibe) nachsehen, denn jeder Ofen heizt anders. Der Blätterteig sollte knusprig sein, die Eigelbmasse sollte die typischen karamellisierten braunen Flecken aufweisen.

4.Die Pastéis auf einem Gitter auskühlen lassen und mit Zimt und Zucker (oder Puderzucker) bestreut servieren. Ganz frisch sind sie am besten.

KOKOSHÜHNERSUPPE TOM KHA GAI

Sie wärmt einen durch und durch mit ihren Vogelaugenchilis und dem mildscharfen, harzig-blumigen Galgant. Sie macht zufrieden und lullt ein, durch Kokoscreme und karamellige Palmzuckersüße. Sie beamt ihre Esser aus dem aufwühlenden Jetzt hinein ins schöne, leichte Land der Düfte, Wärme, Köstlichkeit. Thailändische Tom Kha Gai ist eine Kokoshühnersuppe, die ich als Trostessen in diesen Tagen mehr als empfehlen kann. Tom bedeutet im Thailändischen „gekocht“ und Gai bedeutet „Huhn“. Das Huhn ist gar nicht entscheidend, das kann man sogar weglassen – oder durch Garnelen oder Tofu ersetzen, dann heißt die Suppe Tom Kha Gung (Garnelen) oder Tom Kha Taohu (Tofu).

KHA IST DER GALGANT (DEN MAN AM BESTEN IM ASIALADEN BEKOMMT). DIE FRUCHTIGE, INGWERARTIGE WURZEL SCHMECKT ABSOLUT EINZIGARTIG, FAST WIE PARFÜM, HARZIG, NACH TANNENNADELN, ZITRONIG, PFEFFRIG, SÜSS UND SÄUERLICH.

Ergänzt wird das Galgantaroma in der Suppe durch Kaffir-Limettenblätter, Zitronengras und Korianderwurzeln, die man in cremiger Kokosmilch bei niedriger Hitze ziehen lässt, bis diese all jene wunderbaren Düfte in sich aufgesogen hat. und dann mit Hühnerfleisch, Pilzen, frischem Koriander und einem Spritzer Limette als wahres Geschmackswunder serviert wird. Ein wirklich beglückendes Gericht: unschuldig weiß, weich, süßlich, säuerlich, blumig, frisch und trotzdem wärmend. Und noch dazu kinderleicht und schnell gemacht.

Natürlich können Sie, wenn Sie keinen Galgant bekommen, auch Ingwer nehmen. Wenn Sie aber Galgant finden – greifen Sie zu! Denn Galgant, das ingwerartige Rhizom, weiß-rosé wie eine Magnolie und so betörend duftend, schmeckt nicht nur köstlich, sondern wirkt krampflösend, antibakteriell und hemmt Entzündungen. Und wurde schon im frühen Mittelalter hochgeschätzt. Über arabische Ärzte und Händler gelangte er ab dem 800 n. Chr. von Südostasien in europäische Klöster. Später, um 1200, empfahl die seherische Äbtissin Hildegard von Bingen Galgant gegen die gegen die „Drei Sch“, Schwindel, Schmerzen, Schwäche.

Insofern ist Galgant vielleicht ja das Gewürz der Stunde.

KOKOSHÜHNERSUPPE TOM KHA GAI

(FÜR 4 PERSONEN)

SUPPE:

2 Dosen cremige Kokosmilch

1 daumengroßes Stück Galgant (oder Ingwer)

1 Bund frischer Koriander mit Wurzeln (meist im Asialaden erhältlich)

3 Knoblauchzehen

3 Schalotten

4 Stängel Zitronengras

8 Kaffir-Limettenblätter (tiefgekühlt im Asialaden)

EINLAGE:

250 g Hähnchenbrustfilet

1 – 2 Vogelaugenchilis

1 Dose asiatische Strohpilze oder Champignons

¼ l Hühner- oder Gemüsebrühe

1 – 2 EL Palmzucker

Saft von 1 ½ – 2 Limetten

2 – 3 EL Fischsauce

1.Für die Suppe die cremige Kokosmilch in einen Topf geben, sanft erwärmen. Galgant in Scheiben schneiden, die Wurzeln vom Koriander abtrennen und in Scheiben schneiden (Blätter beiseitelegen für die Garnitur). Knoblauch und Schalotten schälen und grob schneiden, Zitronengras mit dem Nudelholz oder einer Kasserolle etwas anklopfen, in grobe Stücke schneiden, Kaffir-Limottenblätter mit den Händen etwas drücken und knüllen. Alles zur Kokoscreme geben, zum Sieden bringen, mit geschlossenem Deckel 15 Minuten köcheln lassen.

2.Für die Einlage Hähnchenbrustfilet in mundgerechte Würfel schneiden, Vogelaugenchilis entkernen und in sehr feine Ringe schneiden, Strohpilze halbieren.

3.Nach 15 Minuten die Kokossuppe durch ein großes Sieb in einen weiteren Topf seihen, die Gewürze mit einem Schöpflöffel im Sieb gut ausdrücken. Sie können entsorgt werden, da sie ihr ganzes Aroma jetzt an die Kokosmilch abgegeben haben.

4.Die Kokosmilchsuppe wieder zum Köcheln bringen, nicht kochen, die Hühner- oder Gemüsebrühe, die Pilze, das Hähnchenfleisch und Chilis (vorsichtig, scharf – lieber nachwürzen) hinzufügen. Hähnchenfleisch in wenigen Minuten gar ziehen lassen.

5.Suppe mit Palmzucker, Limettensaft und Fischsauce abschmecken, mit den Korianderblättern bestreut servieren.

PASTA E CECI

PASTA E CECI, Nudeln mit Kichererbsen, so schlicht lautet der Name dieses italienischen Klassikers – und genauso schlicht und einfach wird er zubereitet, es sind in der toskanischen Version tatsächlich kaum mehr als eine Handvoll Zutaten nötig: süß-nussige Kichererbsen, ein paar Nudeln, Zwiebeln, Knoblauch und Staudensellerie. Und für den so typischen Geschmack – würzig, leicht bitter, fast rauchig – ist der frische Rosmarin verantwortlich, der diesem Seelenschmeichler von einem sämigen Eintopfgericht seine harzige Intensität einhaucht.

Kichererbsen lassen einen nicht kichern, ihr Name kommt vom lateinischen Wort cicer arietinum, wobei cicer für „Erbse“ steht. Und cicer soll wiederum vom hebräischen kikar für „rund, rundlich“ kommen. Die hebräische Wortherkunft zeigt auch, dass der Orient das Ursprungsgebiet der Kichererbse ist, die zu den ältesten Kulturpflanzen der Erde gehört. Es gibt Belege, dass sie schon vor 8000 Jahren in Kleinasien angebaut wurde und sich von dort aus über den Vorderen Orient nach Indien ausbreitete und vor 2000 Jahren im Mittelmeerraum Einzug hielt. Im Mittelalter war die Kichererbse auch hierzulande äußerst beliebt. Und ist es jetzt wieder, auch in Deutschland wird die anspruchslose Hülsenfrucht sehr gerne angebaut.

DIE BAUERN LIEBEN SIE: IHR WASSERBEDARF IST GERING – UND SIE BINDET STICKSTOFF IM BODEN, WIE DIES AUCH DIE ANDEREN LEGUMINOSEN (ERBSEN, BOHNEN ODER LINSEN) TUN: KNÖLLCHENBAKTERIEN AN DEN WURZELSPITZEN DER PFLANZEN SIND RICHTIGE STICKSTOFFSAMMLER. SO ERHÖHEN DIE KLIMAPFLANZEN AUCH DIE BODENFRUCHTBARKEIT.

Und nicht nur für den Boden und das Klima sind die Kichererbsen ein Geschenk, auch für uns: Sie enthalten eine große Menge des Spurenelements Mangan, das wir in unseren Körperzellen zur Energiegewinnung brauchen.

Und gut sind die Kichererbsen auch für die Stimmung: Allein das Kochen und Brodeln der Pasta e ceci ist eine Freude, wenn sich im aufsteigenden Dampf die Aromen entfalten! Und dann, beim Essen, dieses Wohlgefühl, das sich Löffel für Löffel einstellt: die cremig pürierte Grundlage. Darin die unregelmäßig geformten Kügelchen, die, am Gaumen aufgedrückt, ihr samtiges Innenleben freigeben. Und dann die glatten, kleinen Nüdelchen. Pasta e ceci sind gut fürs Zeitbudget, weil das Gericht so schnell und so unkompliziert zu machen ist. Gut für den Geldbeutel, weil es fast nichts kostet. Gut fürs Klima, für den Boden, für den Körper. Und gut fürs Gemüt. Ein Gericht, durch und durch gut. Vielleicht auch für diese Zeit.

PASTA E CECI

(FÜR 4 PERSONEN)

3 EL Olivenöl + etwas mehr zum Servieren

2 Schalotten

2 Stangen Staudensellerie mit Grün

2 Knoblauchzehen

3 Zweige Rosmarin

2 Dosen Kichererbsen (à 400 g) aus der Dose

¾ l Hühner- oder Gemüsebrühe

100 ml Weißwein

120 g kleine Röhrchennudeln, z. B. Ditalini

Salz

schwarzer Pfeffer aus der Mühle

1 Handvoll Basilikum oder Petersilie

1.In einem Topf mit dem Olivenöl die geschälten, in kleine Würfel geschnittenen Schalotten und die in ebenso kleine Würfel geschnittenen Selleriestangen bei geringer Hitze andünsten. Etwa eine Handvoll Selleriegrün fein hacken, mitdünsten. Knoblauch schälen, fein hacken oder raspeln, dazugeben, alles etwa 10 Minuten sehr sanft anbraten, auf keinen Fall bräunen.

2.Die Nadeln von den Rosmarinzweigen ziehen. Nadeln sehr fein hacken, in den Topf geben und 2 weitere Minuten anbraten. Dann die abgespülten und abgetropften Kichererbsen hinzufügen, mit Brühe und Weißwein angießen, aufkochen und 10 Minuten blubbernd kochen lassen.

3.Die Hälfte der Kichererbsen mit einem Sieblöffel aus dem Topf nehmen, die in der Brühe im Topf verbliebenen Kichererbsen mit dem Stabmixer cremig pürieren.

4.Kichererbsen zurück in den Topf geben, Nudeln dazugeben. Alles kochen, bis die Nudeln gar sind, zwischendurch umrühren. Bei Bedarf Wasser dazugeben – oder auch nach Geschmack: Manche mögen die Pasta e ceci eher suppig als cremig.

5.Salzen – und mit frisch gemahlenem Pfeffer, einem Spritzer Olivenöl und den grob gehackten Kräutern servieren.

BÄRLAUCH-SPARGEL- QUICHE

HEXENZWIEBEL, Wilder Knofel, Wurmlauch: Das mythenumrankte Kraut, das um die Walpurgisnacht herum, Ende April bis Anfang, Mitte Mai, in Wald und Wiesen geerntet wird, hat viele Namen. Bärlauch ist jedoch der gebräuchlichste für diese zarte und dennoch ausdrucksstarke Pflanze, deren Blätter mit denen des giftigen Maiglöckchens und der noch giftigeren Herbstzeitlose so starke Ähnlichkeit haben, dass es jedes Jahr zur Bärlauchzeit zu Todesfällen kommt. Bärlauch, das Liliengewächs (das aber keineswegs nach Lilien duftet, sondern schwefelig, knoblauchwürzig, aber trotzdem zart und leicht), ist das Gegenteil von giftig, ihm ist eine erhebliche Heilwirkung zu eigen.

Vielleicht wussten das ja auch die wilden Bären in den dunklen Wäldern, damals. Die, so glaubten die alten Germanen, sich an Bärlauchblättern labten, um nach dem Winterschlaf wieder zu Saft und Bärenkraft zu kommen. Die Germanen hielten den Bärlauch in großen Ehren, wie überhaupt alle Lauchgewächse. Für die es sogar eine eigene Rune gab, die die Macht besessen haben soll, gestockte Kraft und Energien wieder in Fluss zu bringen. „Sonne von Süden fiel auf den Felsen, und dem Grund entsprang der grüne Lauch“, heißt es in der „Edda“, der altnordischen Liederhandschrift, über den Bärlauch. Er wird darin als eine der ersten Pflanzen der Schöpfung beschrieben. Und große Helden wie Sigurd oder Helgi der Hundingstöter werden in den Versen ehrerbietig mit „edlem Lauch“ verglichen.

Auch Karl der Große war ein großer Bärlauch-Freund. Er verfügte im Jahr 812, dass in jedem Garten der kaiserlichen Güter Bärlauch wachsen solle, so gesund sei dieses Kraut. Bärlauch solle die Lebensgeister stärken.

SO STARK, DASS „DIE SKROFULÖSEN UND DIE BLEICHSÜCHTIGEN, DIE AUSSEHEN, WIE WENN SIE SCHON IM GRABE GELEGEN UND VON DEN HENNEN WIEDER HERVORGESCHARRT WORDEN WÄREN, NACH SEINEM GENUSS AUFBLÜHEN WIE EIN ROSENSPALIER“, SCHRIEB DER SCHWEIZER KRÄUTERPFARRER JOHANN KÜNZLE RUND TAUSEND JAHRE SPÄTER.

Heute weiß man, weshalb Bärlauch so gesund ist: Er enthält viel Vitamin C, das das Immunsystem stärkt, Kalium, das gut für Herz und Kreislauf ist. Und Eisen, das die Blutbildung fördert. Die Flavonoide im Bärlauch schützen gegen Krebs, seine Senfölglykoside helfen der Verdauung und kurbeln den Stoffwechsel an. Und nicht zuletzt schenkt der frische, würzig wilde Geschmack des Bärlauchs ganz einfach Lebensfreude.

Grund genug für eine Mahlzeit, in der der Bärlauch besonders reichlich vorkommt: In Streifen geschnitten, aromatisiert er die sahnige Creme unserer Quiche mit grünem Spargel, Frühlingszwiebeln und Ziegenkäse. Und flüssig wird er dann auf die fertige Quiche geträufelt, als herrlich intensives, grünes Bärlauchpesto. Das nach Frühlingswald und Frische – und irgendwie nach Aufbruch duftet.

BÄRLAUCH-SPARGEL- QUICHE

(FÜR EINE TARTEFORM)

QUICHE:

275 g Blätterteig (Rolle aus dem Kühlregal)

getrocknete Hülsenfrüchte zum Blindbacken

2 EL Zitronensaft (einer fürs Spargelwasser, einer für die Creme)

2 TL Salz

500 g grüner Spargel

5 – 7 Frühlingszwiebeln

3 Eier

200 g saure Sahne

200 g Crème fraîche

50 g geriebener Parmesan

50 g geriebener Ziegengouda

Salz, schwarzer Pfeffer

25 g Bärlauch

PESTO:

50 g Bärlauch

2 EL Pinienkerne

2 EL geriebener Parmesan

5 EL Sonnenblumenöl

2 – 3 EL Zitronensaft

Salz, schwarzer Pfeffer aus der Mühle

1.Für die Quiche Ofen auf 180 °C Umluft vorheizen. Eine Tarteform (rund: 26 cm, eckig: 31 × 21 cm) mit Blätterteig auskleiden, Backpapier über Teig und Ränder legen und mit Hülsenfrüchten füllen, 15 Minuten blindbacken.

2.Etwa 1 l Wasser mit 1 EL Zitronensaft und Salz zum Kochen bringen, in der Zwischenzeit vom grünen Spargel die Enden, von den Frühlingszwiebeln die Wurzelenden abschneiden.

3.Spargel kochen, nach 3 Minuten die Frühlingszwiebeln für 1 weitere Minute dazugeben, Spargel und Frühlingszwiebeln aus dem Wasser nehmen, 3 EL Spargelwasser zurückbehalten.

4.Eier verquirlen, etwa 1 EL davon abnehmen, beiseitestellen. Die verquirlten Eier mit saurer Sahne, Crème fraîche, den 3 EL Spargelwasser und 1 EL Zitronensaft gut verrühren. Parmesan und Ziegengouda reiben. Zur Creme hinzufügen, dann mit Salz und Pfeffer abschmecken.

5.Vom Bärlauch die Stiele abziehen, indem man die Blätter über der Mittelrippe sanft zusammendrückt, und dann den Stiel nach oben zur Blattspitze zieht. Die entstielten Blätter dann in nicht zu feine Streifen schneiden. Unter die Creme heben.

6.Die blindgebackene Quiche aus dem Ofen nehmen, Backpapier mit Hülsenfrüchten entfernen