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Eine Gabel der frischen Spaghetti Carbonara, und wir finden uns gedanklich in einer belebten Gasse in Rom wieder. Denn Essen ist mehr als nur Nahrungsaufnahme. Es ist ein Feuerwerk der Sinne. Je besser die Speise, desto größer das Glücksgefühl. Das weiß auch Verena Lugert, Journalistin und Köchin mit einem Händchen für das Besondere. Sie besuchte die legendäre Kochschule Cordon Bleu in London, hat bei Gordon Ramsay und Heston Blumenthal gearbeitet und dabei gelernt, geschmackliche Highlights zu kochen. Ihr Credo in der Küche: Gutes Essen macht nicht nur satt, sondern auch glücklich – es ist wahre Nervennahrung! Und so präsentiert sie uns wöchentlich in der Spiegel-Kolumne "Nervennahrung" ihre besonderen und vor allem einfachen Rezepte. Zu jedem Gericht erzählt sie Geschichten aus der Sterneküche, zu den Gerichten oder einfach von Geschmackskompositionen. Auf die Teller kommen marokkanisches Zitronenhähnchen, Fettuccine Alfredo, Risotto mit weißer Schokolade oder samtige Quarkklößchen in Mohnbutter. Über 40 Rezepte lassen schon beim Lesen das Wasser im Mund zusammenlaufen. So hilft uns Verena Lugert, die größte Herausforderung des Alltags zu meistern: Einfach zu kochen, aber trotzdem mit einer ordentlichen Portion Raffinesse.
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Seitenzahl: 130
Verena Lugerts Buch „Die Irren mit dem Messer“, in dem sie ihre Erfahrung in Gordon Ramsays Sterneküche schildert, hat mich sehr berührt. Die Köchin und Autorin hat sich hineinbegeben in dieses Irrenhaus und schildert perfekt den Wahnsinn in der Haute Cuisine, in der man täglich durch die Hölle geht. Kein anderes Buch hat es geschafft, mich gefühlsmäßig dermaßen in meine Zeit in der „Aubergine“ bei Eckart Witzigmann zurückzukatapultieren, ich hatte beim Lesen Tränen in den Augen. Und mich ganz kurz zurückgewünscht in diese Welt, die ich nach 30 Jahren bewusst verlassen habe. Nach kurzer Nostalgie weiß ich aber gleich wieder, warum ich gegangen bin: um ganz ohne Sterne und Hauben mein Glück zu finden. Denn dieses fanatische Streben nach Perfektion, das kann es doch nicht sein. Es geht nicht darum, 25 Komponenten auf dem Teller zu haben. Sondern um Genuss!
UM ESSEN, DAS JEDER KOCHEN KANN, UM GERICHTE, DIE GLÜCKLICH MACHEN. DENN GLÜCK LIEGT VIEL WENIGER IN DER PERFEKTION ALS IM FREUDVOLLEN SELBERKOCHEN.
Und genau darum geht es auch in „Nervennahrung“: Verena Lugerts neues Koch- und Lesebuch, das aus ihrer täglichen Kolumne auf „Spiegel.de“ entstanden ist und im Corona-Lockdown vielen Menschen den Spaß am Kochen nahegebracht hat. Ein Buch mit Wohlfühlgeschichten und -gerichten, Nahrung für Leib und Seele, echtem Nervenfutter. Rezepte fürs Gemüt und den Genuss.
Roland Trettl
VORWORT
EINLEITUNG
HERZHAFTES FÜR DEN HUNGER
NUDELIGES FÜR DIE NERVEN
GEMÜSE FÜRS GEMÜT
SÜSSES FÜR DIE SEELE
IMPRESSUM
ICH WAR KURZ VORHER noch dabei gewesen, in Hamburg meine kleine Experimentierküche einzurichten, ich wollte sie im Mai eröffnen, das Küchenaufmaß stand, ich hatte ein kleines Ladenlokal angemietet, in dem vor über hundert Jahren ein Fischladen gewesen war. Die Fliesen zeugten noch davon: Riesige Hummer schmückten die alten Wände, die in Smaragdgrün und Perlmutt leuchteten, auch die ausgesuchte Küche würde in einem Grünton sein, einer schimmernden Mischung aus Salbei- und Lindgrün. Ich wollte dort Rezepte entwickeln, meine Tastings stattfinden lassen und in kleinem Rahmen Koch- und Gewürzkurse geben. Ich hatte in den Monaten vorher das große Glück gehabt, für die Lebensmittelindustrie eine neue Marke mitentwickeln zu dürfen, nach toll verlaufenen Tests in Österreich war das Produkt bereits dort in den Supermärkten gelistet und sollte in den kommenden Wochen in den deutschen Markt eingeführt werden. Ich war in der Zeit wie elektrisiert. Und weil mir alles, was mit dem Entwickeln zu tun hatte, eine so große Freude gemacht hat, hatte ich beschlossen, nun wirklich Ernst zu machen und meine schon so lange geplante Versuchsküche zu starten. Der Laden war gemietet, die Küche geplant, das Konzept stand und hatte einen Namen, „I Food“. Ich liebte den Namen und das Herz darin, es drückte genau das aus, was ich für das Kochen und Essen empfand: große Liebe.
Diese Liebe hatte mich vor ein paar Jahren meinen erlernten Beruf als Reportage-Journalistin für Magazine wie „Geo“, „Stern“, „Merian“ und „Die Zeit“ aufgeben lassen, denn mit den Jahren war der Wunsch, Köchin zu werden, immer größer geworden. Ich hatte ihn immer aufgeschoben, wusste aber mit Ende dreißig, dass ich es nun einfach tun musste. Ich gab mein Leben in Hamburg auf, zog nach London und schrieb mich an der geschichtsträchtigen Kochschule Le Cordon Bleu ein. An der wurde ein Intensivkurs angeboten, der die Kocheleven in weniger als einem Jahr (mit Unterricht bis in die Nacht und an den Wochenenden) zum begehrten Diplom bringen sollte, das von der britischen Industrie- und Handelskammer wie ein Gesellenbrief anerkannt war.
ICH KÄMPFTE MICH DURCH DIE AUSBILDUNG UND FAND DANACH EINE STELLE ALS KÖCHIN IN EINEM RESTAURANT DES CELEBRITY-KOCHES GORDON RAMSAY, IN DEM SICH MIR VOLLKOMMEN NEUES ERÖFFNETE: EINE WELT FÜR SICH, ERFÜLLT MIT SCHÖNHEIT, GESCHMACK UND HÖCHSTEM KÖNNEN.
Aber auch ein Arbeiten bis zur Erschöpfung in 16-Stunden-Schichten und eine Besessenheit im Streben nach Perfektion, dem in der Spitzengastronomie alles andere untergeordnet wird. Diese Zeit war eine der verrücktesten, intensivsten und trotz aller Plackerei schönsten in meinem Leben, die aber nach gut einem Jahr durch einen Bandscheibenvorfall ein jähes Ende fand, was mir fast das Herz brach.
Zurück in Deutschland, wandte ich mich wieder dem Schreiben zu, nun aber ausschließlich dem kulinarischen, unterbrochen von einer viermonatigen Hospitanz in der Experimentierküche von Heston Blumenthal, dem englischen Kochsuperstar, der mit Hypnotiseuren, Parfümeuren und Experimental-Psychologen der Uni Oxford zusammenarbeitet – und bei seinen Kreationen auch Schokoladendrucker und Virtuelle Realität einsetzt. Oder das Meeresrauschen als Geschmacksverstärker bemüht. Sonic seasoning nennt er dies.
Danach schrieb ich weiter für Foodmagazine, reiste, interviewte Dreisterneköche, Kochphilosophen und Food-Psychologen und durfte einige meiner ganz großen Idole treffen. Und ich schrieb ein Buch über meine Zeit in der Sternegastronomie.
DOCH ICH WUSSTE: EIGENTLICH WILL ICH KOCHEN, NICHT AUSSCHLIESSLICH DARÜBER SCHREIBEN. ICH WOLLTE REZEPTE ENTWICKELN, NEUE KOMBINATIONEN AUSLOTEN, EXPERIMENTIEREN, GERICHTE ERFINDEN.
Es kamen die ersten Aufträge, dann eben dieser wunderschöne, große, bei dem eine ganz neue Marke aus der Taufe gehoben werden sollte … Ich stand Anfang 2020 also in den Startlöchern.
Und dann kam Corona.
Ich hatte, als Mitte März klar war, dass der Lockdown anstand, in Hamburg mein noch leeres Ladenlokal abgeschlossen und ratlos, ängstlich und traurig den Zug nach Augsburg bestiegen, um in dieser vollkommen unwägbaren Zeit bei meinen Eltern zu sein, ich wusste ja nicht, ob man in den folgenden Wochen und Monaten überhaupt noch Bahnfahren konnte. Wie alle anderen saß ich dann in diesem Angstglockenfrühling zu Hause. Ich aß nervenberuhigende Gummibären im Akkord, schaute Nachrichten, klickte mich durchs Netz und sah der Kurve bei ihrem steilen Anstieg zu. Bis eben jener Anruf von „Spiegel.de“ kam. Ob ich mir vorstellen könnte, täglich eine Art Lockdown-Rezept zu veröffentlichen? Für ein wirklich, wirklich einfaches Gericht, das schnell und aufwandsfrei nachkochbar wäre, ohne Zutatenschnickschnack, niemandem wäre gerade danach, für ein paar frische Korianderblätter das Haus zu verlassen. Vor allem Eltern wären in dieser Zeit überfordert und jonglierten verzweifelt mit den Anforderungen Homeoffice und Kinderbetreuung – und der Tatsache, dass statt Betriebskantine und Kita-Mittagessen nun als weiterer Punkt Selberkochen auf dem Zettel stand. Ich sagte Ja.
UND FAND MICH JÄH IN EINEM FEUERSTURM WIEDER, IM KOMMENTARFELD, DAS SICH UNTER JEDEM ARTIKEL AUF SPIEGEL.DE BEFAND. VIEL ZU LEICHTE REZEPTE, SAGTEN DIE EINEN. ZU VIELE ZUTATEN, SAGTEN DIE ANDEREN.
Und die Fotos! Mein Brathähnchen wurde als Brandopfer bezeichnet. Es war perfekt knusprig, als es aus dem Ofen kam. Aber ohne Extralicht, mit meiner uralten Handykamera fotografiert und vollkommen unbearbeitet, sahen die Sachen tatsächlich auf meinen Bildern deutlich weniger appetitlich aus als in echt.
Ich war verzweifelt und hätte beinahe das Handtuch geworfen – da trat meine Schwester auf den Plan: Sie übernahm das Fotografieren und suchte auf Dachböden, in Gartenschuppen und Kellern von Tanten und Eltern nach Geschirr, Stoffen und Hintergründen für die Bilder. Man konnte ja nichts kaufen, alle Geschäfte waren im Lockdown geschlossen, außer den Apotheken und Supermärkten war alles zu. Die Lieferungen bei Amazon dauerten statt ein paar Tagen auf einmal bis zu drei Wochen. Für besseres Licht bastelte meine Schwester einen Reflektor aus einem Tablett, das sie mit Alufolie umwickelt hatte. Diesen Reflektor, der das Tageslicht einfing und auf den Teller warf, hielt ich dann mit ausgestreckten Armen, während meine Schwester fotografierte.
UND DIE GERICHTE BEGANNEN ZU LEUCHTEN. „DIE FOTOS WERDEN BESSER, FRAU LUGERT!“, HIESS ES NUN IN DEN KOMMENTAREN.
Und es mehrten sich die unheimlich freundlichen und dankbaren Posts, die beschrieben, wie viele Menschen jeden Tag auf die Kolumne warteten, weil das tägliche Kochen sie beruhigte, ihren Tag strukturierte und ihnen Freude schenkte. So ging es durch den Lockdown. Und als Ende Mai eine zögerliche Normalität eingesetzt hatte, waren meine Schwester und ich so drin im Kochen und Fotografieren, dass wir freudig das Angebot vom „Spiegel“ annahmen, unsere aus der Not geborenen Lockdown-Rezepte als wöchentliche Foodkolumne weiterzuführen. Mit Gerichten, die toll schmeckten und, auch wenn die Zutatenliste nun etwas länger sein durfte, immer noch einfach waren.
Einfachheit und Freude. Genau darum geht es für mich: Kochen soll keinen Stress machen, sondern froh. Denn Essen bedeutet für mich Glück – und im besten Fall Liebe .
Verena Lugert
ICH WAR ZWANZIG, war eigentlich voller Vorfreude in Valencia, in Spanien, angekommen, um mein Auslands-Uni-Jahr zu beginnen. Aber, aber: Was sonst unkompliziert sein dürfte, zog auf einmal einen ganzen Rattenschwanz von Problemen hinter sich her. Dass während des Tagesausflugs nach Barcelona mein kleiner Rucksack abhanden gekommen war, in dem alle Ausweise und Studiennachweise steckten, trug nicht zur Entspannung bei. Es war alles wie verhext – und mein Spanisch war schlecht. Meine beste Freundin war aus Deutschland mitgekommen für die erste Zeit. Der Plan war, möglichst schnell eine Wohnung zu finden – und dann: Spanien, Sonne, Strand! Doch nichts gelang, schon gar nicht das Finden einer Wohnung. Wir marschierten Tag für Tag frustrierter an die Uni, rissen WG- und Wohnungszettel ab. Ein Termin nach dem anderen verlief unerfreulich. Wir schliefen jede Nacht in dieser billigen Pension am Bahnhof, in der mir schon am ersten Abend mein neuer Laptop auf dem Fliesenboden zerschellt war. Von Urlaub war keine Rede. Aber die Pensionskosten schossen in die Höhe. Und Geld hatten wir wenig.
AN EINEM ABEND SASSEN WIR WIEDER MAL ENTTÄUSCHT IN EINER BILLIGEN TAPASBAR. ICH BESTELLTE VON DER KARTE, OHNE ZU WISSEN, WAS WAS WAR: CARACOLES. ALBÓNDIGAS. DANN KAMEN SIE. ACH, CARACOL HEISST ALSO SCHNECKE.
Ich langte gefasst zu, obwohl mir schon ganz anders war. Meine Freundin streikte jedoch. Aber dann kamen die Albóndigas. Fleischbällchen, warm, angebraten, rund, mildwürzig, freundlich Zuversicht verströmend, in ihre leuchtend rote, fruchtig-süße Tomatensoße tunkten wir das Brot. Und irgendwie war ab diesem Moment alles wieder gut. Am nächsten Tag fand ich meine Traum-WG. Und was ich damals noch nicht wusste: Das beste Jahr meines Lebens begann.
(FÜR 4 PERSONEN)
2 EL Paniermehl oder geriebenes Weißbrot
2 EL Milch
1 Zwiebel
3–4 EL Olivenöl
500 g Hackfleisch, am besten halb Schwein und halb Kalb
1 Eigelb
frische oder getrocknete Kräuter, wie Thymian, Majoran, Oregano
Salz
Pfeffer
1 EL Tomatenmark
½ Paprika
1 Dose stückige Tomaten
1 Knoblauchzehe
1 Handvoll frische Petersilie
1.Das Paniermehl in der Milch einweichen lassen. Zwiebel hacken, in einer Pfanne in etwas Olivenöl sanft anbraten. Die Hälfe der Zwiebeln in eine Schüssel geben, die andere Hälfte für die Tomatensoße in der Pfanne lassen.
2.Zu den Zwiebeln in der Schüssel Fleisch, Eigelb, das ausgedrückte Paniermehl und frische (3 EL) oder getrocknete (1 EL) Kräuter geben. Salzen, pfeffern. Gut vermengen.
3.Aus der Fleischmasse kleine Bällchen formen, in Olivenöl bei geringer Hitze anbraten, die Bällchen sollen weich bleiben.In der Zwischenzeit die Pfanne mit den restlichen Zwiebeln wieder auf die Flamme stellen. Mit etwas Olivenöl und dem Tomatenmark einkochen lassen. In Würfel geschnittene Paprika zugeben, leicht dünsten lassen. Dann kommen die stückigen Tomaten dazu.
4.Knoblauch pressen oder sehr klein schneiden, ebenfalls zugeben. Wer mag (und wenn keine Kinder mitessen), fügt einen Schuss Weißwein hinzu. Mit frischen (2 EL) oder getrockneten (1/2 EL) Kräutern würzen, einköcheln lassen. Salzen, pfeffern. Zum Schluss frische, grob gehackte Petersilie zur Soße geben.
5.Die Soße vorsichtig mit den Albóndigas vermengen. Frisches Weißbrot wie Baguette dazu reichen. Das Brot nicht schneiden, sondern mit den Händen reißen und in die Soße tunken.
GERICHTE WIE DAS BERÜHMTE Beef Wellington sind Showstars, Glanzstücke mancher Festtagstafeln. Das traditionelle Beef Wellington ist ein Rinderfilet, umhüllt von einer Cognac-Champignon-Farce, belegt mit Foie gras, auf der Trüffelscheiben thronen. Das Ganze wiederum umhüllt von Crêpes, papierdünnen Kräuterpfannkuchen. Und noch einmal von Blätterteig umfangen. Beef Wellington liebten und lieben die Briten wie auch die Amerikaner, bei denen es in den 1960er-Jahren als regelrechtes Statusgericht in Mode kam:
DAS SNOBISTISCHE BEEF WELLINGTON VERSTRÖMTE EUROPÄISCHE KULTUR, GEDIEGENHEIT UND BONVIVANTENTUM. DIE SERIE „MAD MEN“ ERINNERT AN DIE AURA DIESER ZEIT, WENN SICH DIE WERBE-LEBEMÄNNER BEIM STELLDICHEIN BEEF WELLINGTON AUFS HOTELZIMMER BESTELLEN. AUCH IM WEISSEN HAUS WURDE ES OFT SERVIERT, KENNEDY UND NIXON WAREN FANS.
Ich kann mich noch erinnern, wie wir den Blätterteig in der Kochschule gefaltet haben, wieder und wieder, die Butter einbrachten, ihn ruhen ließen, wieder falteten. Wie wir die Pilze für die Duxelles, wie man die Pilzfarce nennt, von Hand winzig klein geschnitten haben. Und die gusseisernen Pfännchen mit Salz ausbrannten, damit die Crêpes so hauchdünn wurden und nicht anklebten. Wie wir dann Kilos kostbaren Rinderfilets in all die Köstlichkeiten wickelten: Duxelles, Foie gras, Trüffel, Crêpes und Blätterteig. Es schmeckte herrlich, sündhaft, opulent – und war in seinem Überschwang jedoch auch ein wenig aus der Zeit gefallen.
Deshalb machen wir ein radikal verschlanktes Beef Wellington, das mir aber noch besser schmeckt als die Originalversion. Einfacher, von aller dekadenter Last befreit und leichter – aber trotzdem mit großer Raffinesse. Unser Filet Wellington kommt mit deutlich weniger Fleisch aus, was Geldbeutel und Umwelt schont, außerdem ist die Garzeit beim kleineren Stück Fleisch leichter einzuschätzen, und man braucht nicht einmal ein Fleischthermometer. Wir nehmen TK-Blätterteig, lassen Foie gras und Trüffel weg und ersetzen die Crêpes durch Parmaschinken. Und haben schwuppdiwupp ein modernes Festgericht. Einen Showstar mit echtem Glamour, aber ohne Allüren.
(FÜR 4 PERSONEN)
400 g Rinderfilet, am besten vom Mittelstück (auch Chateaubriand genannt), weil es die gleichmäßigste Dicke hat
Salz
weißer Pfeffer
2 EL Butterschmalz
1 Schalotte
5 frische Thymianzweige oder 1,5 EL getrockneter Thymian
400 g Champignons
100 g Parmaschinken
1 Eigelb
1 EL Milch
ca. 250 g Blätterteig
1.Fleisch salzen, pfeffern, dann mit Küchengarn in Form binden, das macht man normalerweise mit einem Metzgerknoten, Sie können es aber auch ganz frei machen, Hauptsache, es hält. In einer heißen Pfanne mit 1 EL Butterschmalz das Filet von allen Seiten kurz scharf anbraten, es soll außen schön gebräunt, innen aber noch roh sein. Fleisch aus der Pfanne nehmen, Pfanne mit dem Bratensatz des Filets zur Seite stellen, wir brauchen sie für die Pilze.
2.Schalotte würfeln, Thymianblättchen abzupfen. Pilze säubern, vierteln, nach und nach in einem Blitzhacker oder einer Küchenmaschine zerhäckseln. Die Pilze dürfen auf keinen Fall püriert werden.
3.Restliches Butterschmalz in die Filetpfanne geben, Schalotten kurz dünsten, Pilze und Thymian zugeben. Salzen, pfeffern. Wer mag, gibt etwas Wein hinzu. Rühren, bis die Flüssigkeit verdampft ist und die Duxelles eine weiche, pastenhafte Konsistenz hat und nicht zu feucht ist, sonst weicht sie später den Blätterteig auf.
4.Jetzt wickeln wir das Filet ein. Dafür ein entsprechend großes Stück Frischhaltefolie auf die Arbeitsplatte legen, mit Parmaschinken leicht überlappend auslegen, an den Rändern etwas Folie frei lassen. Parmaschinken gleichmäßig mit der Duxelles bestreichen, Küchengarn vom Filet entfernen, Filet mittig auf die Duxelles legen. Jetzt mithilfe der Frischhaltefolie das Filet in das Schinken-Duxelles-Rechteck einrollen. Fest rollen. Mit einer zweiten Lage Frischhaltefolie noch fester wickeln, die Enden der Folie straff verknoten oder mit Küchengarn zusammenbinden, kühl stellen.
5.Eigelb mit Milch verquirlen. Blätterteig mitteldünn zu einem Rechteck ausrollen, angepasst an die Größe Ihres Filets. Blätterteig mit Eiermilch einpinseln, Frischhaltefolie vom Filet entfernen und Filet vorsichtig in den Blätterteig einschlagen, die Enden sollen leicht überlappen. Das Blätterteigpaket auf ein Stück Backpapier setzen, mit der restlichen Eiermilch bepinseln und mit Blättern und Blüten aus dem übrigen Teig verzieren. Auch die Verzierung einpinseln. In die Mitte ein kleines Loch schneiden, daraus kann während des Backens Dampf entweichen. Wer mag, rollt aus Backpapier einen kleinen Kamin. Blätterteigpaket 30 Minuten kühlen.
6.Ofen auf 200 Grad Umluft vorheizen. Das Backblech muss sehr heiß sein. Paket auf das Blech setzen. Das Beef Wellington ist fertig, wenn der Blätterteig rundum goldbraun ist, etwa nach 20 Minuten, oder bei Einsatz eines Fleischthermometers eine Kerntemperatur von 40 Grad erreicht ist. Das Filet gart beim Ruhen nach, die Umhüllung staut die Hitze. Je nach gewünschtem Gargrad 5–8 Minuten ruhen lassen, mit einem Sägemesser vorsichtig aufschneiden.