Mein Kompass durch die Wechseljahre - Heide Fischer - E-Book

Mein Kompass durch die Wechseljahre E-Book

Heide Fischer

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Beschreibung

Viele Frauen sehen den Wechseljahren mit gemischten Gefühlen entgegen. Doch körperliche und seelische Beschwerden lassen sich lindern. Die bekannte Ärztin Heide Fischer zeigt in diesem ganzheitlichen Ratgeber, wie man mit einer Kombination aus schulmedizinischen Maßnahmen und Naturheilkunde das Selbstheilungspotenzial des Körpers aktiviert und hormonelle Schräglagen ausgleichen kann. Sie erklärt die Ursachen von Hitzewellen und Schleimhautproblemen, geht auf Libidoverlust und Empfängnisverhütung ein, beschreibt die klassische Hormonersatz-Therapie sowie Alternativen mit hormonell wirksamen Heilpflanzen und gibt Tipps zur Selbstfürsorge, z.B. mit heilsamen Tees und Entspannungsübungen. Wer diese Jahre bewusst gestaltet, wird feststellen: Ab der Mitte des Lebens geht es nochmals richtig los!

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Seitenzahl: 274

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Heide Fischer

Mein Kompass

durch die Wechseljahre

Den eigenen Weg finden

bei hormonellen Turbulenzen

Bildnachweis

Mit Illustrationen von Mascha Greune, München, mascha.greune.de

Impressum

Umschlaggestaltung von Claudia Adam Graphik Design, Bad Kreuznach, unter Verwendung einer Abbildung von iStock/Ridofranz

Alle Angaben in diesem Buch erfolgen nach bestem Wissen und Gewissen. Sorgfalt bei der Umsetzung ist indes dennoch geboten. Der Verlag und die Autorin übernehmen keinerlei Haftung für Personen-, Sach- oder Vermögensschäden, die aus der Anwendung der vorgestellten Materialien, Methoden oder Informationen entstehen könnten.

Alle Angaben, Empfehlungen und Informationen sind ohne jegliche Verpflichtung oder Garantie der Autorin. Für die Angaben zu den aufgeführten Produkten kann weder seitens der Autorin noch seitens des Verlages eine Gewähr übernommen werden. Bitte fragen Sie in jedem Fall Ihre Therapeutin um Rat, setzen Sie verordnete Medikamente nicht eigenmächtig ab und lassen Sie die Anwendung der hier genannten Präparate auf Ihren speziellen Bedarfsfall von der betreuenden Therapeutin prüfen.

Sollte diese Publikation Links auf Webseiten Dritter enthalten, so übernimmt der Verlag für deren Inhalte keine Haftung, da wir uns diese nicht zu eigen machen, sondern lediglich auf deren Stand zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung verweisen.

Unser gesamtes Programm finden Sie unter kosmos.de/herbig

© 2022, Herbig in der

Franckh-Kosmos Verlags-GmbH & Co. KG,

Pfizerstraße 5-7, 70184 Stuttgart

Alle Rechte vorbehalten

ISBN 978-3-96859-530-6

Projektleitung: Nicole Janke

Redaktion: Dr. Doris Kliem, Urbach, doris-kliem.de

Gestaltungskonzept, Gestaltung und Satz: buxdesign I München, buxdesign.de

Produktion: Vanessa Frömmig

E-Book-Produktion: Satzwerk Huber, Germering

Inhalt

Vorwort

KAPITEL 1:

Das Zusammenspiel der Hormone – Wechsel und Veränderung

KAPITEL 2:

Achtung, Östrogen! – Die konventionelle Hormontherapie und ihre Risiken

KAPITEL 3:

Natürliche Hormone – So ungefährlich wie behauptet?

KAPITEL 4:

Hormonwirksame Heilpflanzen – Natürliche Regulation statt Hormontherapie

KAPITEL 5:

Verhütung – Ich habe die Wahl!

KAPITEL 6:

Wenn die Blutung eskaliert – Verstärkte Menstruation in der Lebensmitte

KAPITEL 7:

Ziemlich heiß hier – Hitzewellen können lästig sein

KAPITEL 8:

Stabil und elastisch bleiben! – Knochengesundheit und Beweglichkeit

KAPITEL 9:

Was wollte ich gerade noch tun? – Gedächtnis und Konzentration

KAPITEL 10:

Eine Achterbahn der Gefühle? – Seelisches Wohlbefinden in Zeiten des Umbruchs

KAPITEL 11:

Gute Nacht! – Was tun, wenn der Schlaf heikel wird?

KAPITEL 12:

Ich bin da so empfindlich geworden – Schleimhautprobleme

KAPITEL 13:

Hilfe, ich bin nicht mehr ganz dicht! – Inkontinenz und Beckenbodentherapie

KAPITEL 14:

Lust und Liebe – Was wird anders in der Lebensmitte?

Anhang

Quellen

Glossar

Weiterführende Literatur

Bezugsquellen und andere Hinweise

Register

Dank

Hinweis: Die im Text mit (→) gekennzeichneten Begriffe werden im Glossar erklärt.

Vorwort

Liebe Leserin,

ich begrüße Sie zu unserer gemeinsamen Reise durch Ihr ganz persönliches »Hormonchaos«, das wir auch die weiblichen Wechseljahre nennen!

Sechs Jahre ist es her, dass die Erstausgabe dieses Buches unter dem Titel »Ab 40 – Gesund und munter durch hormonelle Turbulenzen« erschienen ist. Und es ist mir noch immer wichtig, Sie als aktive, selbstbewusste Frau über 40, die mitten im Leben steht, darin zu unterstützen, Ihr eigenes Erleben in der so bedeutenden Lebensphase des Wandels gut informiert verstehen, einordnen und sich bei Beschwerden ganzheitlich unterstützen zu können.

Ich fragte mich beim Neuschreiben auch, was sich in der Zwischenzeit in der Wahrnehmung der Wechseljahre verändert hat. Wie ist inzwischen der Blick der Medien, der Ärzteschaft, von uns Frauen selbst auf die körperlichen und seelischen Veränderungen, die wir in der Lebensmitte erleben? Die gute Nachricht ist, dass Models inzwischen Rundungen aufweisen dürfen, wir Frauen in den mittleren Lebensjahren uns (als wichtige Konsumentinnen) in den medialen Vorbildern eher wiedererkennen können. Aber ist die medizinische Einordnung der Wechseljahre als ein Zustand des Hormonmangels, der unweigerlich zu Krankheit und Verfall führt, eine andere? Sind wir Frauen inzwischen freier von dem überkritischen Blick auf unseren sich verändernden Körper und sonnen uns mehr in der Attraktivität unserer neuen Lebensphase?

Als Ärztin, die sich täglich für das Wunderwerk des menschlichen Körpers und seine unglaubliche Fähigkeit zur Selbstregulation begeistert, bin ich überzeugt, dass jede Lebensphase von uns Frauen ihre spezielle Bedeutung hat und für uns Geschenke wie Herausforderungen bereithält. Für mich geht es in den Wechseljahren darum, den nächsten Schritt hin zur eigenen Größe zu vollziehen, um die Überwindung alter Kümmernisse hin zu einem freundlichen und sorgsamen Umgang mit uns selbst. Manchmal geben Beschwerden sowie spürbare körperliche und seelische Veränderungen dann Sinn, wenn wir sie als Hinweis verstehen, noch mehr die zu werden, die wir sein könnten. Gleichzeitig brauchen wir naturheilkundliche Hilfe bei verkürzten Zyklen und verstärkten Monatsblutungen in der Prämenopause zwischen 40 und 50, bei Hitzewallungen, Schlafstörungen und Co. mit 50 plus.

Ich habe die Phasen hormoneller Veränderungen selbst durchlebt und mich mit ihnen professionell beschäftigt. Mit diesem Wissens- und Erfahrungsschatz möchte ich Ihnen, liebe Leserin, einen Kompass an die Hand geben, wie Sie diese Zeit der Veränderung selbstbewusst, optimistisch, aktiv, lust- und humorvoll sowie unterstützt von einer sanften Medizin genießen können.

Ich habe viele Fakten mit Studien oder Zitaten erhärtet und bin dem Impuls gefolgt, in die Kapitel das persönliche Erleben als kleine Geschichten einzustreuen. Diese sind gespeist aus meinen eigenen Erfahrungen und den vielen charakteristischen Berichten, die ich im Rahmen meiner ärztlichen Tätigkeit angehört und hier nun anonymisiert eingeflochten habe. Sie, liebe Leserin, werden sich in dem einen oder anderen dieser Erfahrungsberichte sicher wiedererkennen, denn sie sind typisch für die verschiedenen Phasen des hormonellen Übergangs.

Es freut mich, dass Sie sich intensiver mit dieser im wahrsten Wortsinn wechselhaften, aber äußerst interessanten Lebensphase auseinandersetzen und sich meinen ganzheitlichen, gelegentlich kritischen Ansatz anhören möchten. Möge er Sie bereichern und bei Beschwerden hilfreich sein. Fangen wir gleich an!

Anmerkung: Im Rahmen der Gender-Debatte der letzten Jahre, die gezeigt hat, dass Geschlechtergrenzen fließend sind, Menschen sich nicht immer eindeutig einem Geschlecht zugehörig fühlen oder sich auch erlauben, dieses zu wechseln, werden verschiedene Schreib- und Ausdrucksweisen praktiziert, die dieser Diversität Rechnung tragen sollen.

Freiburg, im Sommer 2022

Ihre Heide Fischer

Kapitel 1:

Das Zusammenspiel der Hormone

Wechsel und Veränderung

Ab wann verändert sich eigentlich die hormonelle Situation einer erwachsenen Frau? Wann sollte ich davon sprechen, dass ich nun wohl in den Wechseljahren bin? Hilft mir ein Hormontest, diese Fragen zu beantworten?

Ich persönlich bezeichne Frauen, die noch regelmäßige, wenn auch gelegentlich verkürzte oder verlängerte Zyklen haben, als noch nicht in den Wechseljahren angekommen. In der Medizin nennen wir diese erste Phase hormoneller Veränderung Prämenopause und ich werde Ihnen gleich erklären, was da ungefähr zwischen 40 und 50 im weiblichen Körper passiert. Ich bezeichne diese erste Phase lieber als die typische hormonelle Situation der Lebensmitte, in der wir Frauen noch recht gut mit Östrogen versorgt sind, aber das Gelbkörperhormon (Progesteron) schon deutlich weniger wird. Und erst, wenn die Menstruationen deutlich seltener kommen, die Blutung schließlich versiegt, weil nun auch der Östrogenspiegel einen Schwung nach unten nimmt, beginnen für mich die eigentlichen Wechseljahre.

Was Sie dabei spüren und wie Sie die Phasen für sich unterscheiden können, lesen Sie auf den folgenden Seiten. Es ist mir wirklich wichtig, dass wir Frauen genau verstehen, was in unserem Körper vor sich geht.

Gut zu wissen

Wir unterscheiden zwei Phasen hormoneller Veränderung: Zwischen Mitte 30 und 50

herrscht eher ein Progesteronuntergewicht, mit 50 plus sinkt dann der Östrogenspiegel

in Wellen ab.

Unser Menstruationszyklus

Beginnen wir damit, uns den gewohnten weiblichen Zyklus einmal genauer anzuschauen. Ich beschreibe die im Bild gezeigten Phänomene von unten nach oben.

Als ersten Zyklustag bezeichnen wir den ersten Tag der Menstruation, als letzten den Tag vor Beginn der nächsten Regelblutung. Da beginnt es ab 40 schon schwierig zu werden, denn bei einigen Frauen setzt die Menstruation nicht mehr unmittelbar ein, sondern »kleckert« sich über Tage »ein«. Davon später mehr. An dieser Stelle nur so viel: Wir nehmen als Eckpunkt den ersten Tag, an dem Sie kräftig bluten, und bezeichnen alles, was davor geschieht, als prämenstruelle Schmierblutung. Diese gehört zusammen mit Brustspannen, schlechter Laune und Co. zum Komplex der prämenstruellen Besonderheiten, genannt PMS (prämenstruelles Syndrom). Das kennen Sie vielleicht schon aus anderen Lebensphasen. Vielleicht erleben Sie diese lästigen Beschwerden, die ein bis 14 Tage dauern können und gewöhnlich mit Einsetzen der Blutung schlagartig vorbei sind, aber auch gerade zum ersten Mal. Wenn wir die Ebene der Gebärmutterschleimhaut einmal kurz außen vor lassen und uns im Bild die Kurven der beiden Eierstockhormone Östrogen und Progesteron darüber an-schauen, sehen wir, dass unser körperliches wie seelisches Wohlbefinden in der zweiten Zyklushälfte (zwischen Eisprung und Menstruation) von einem Gleichgewicht zwischen den beiden Hormonen abhängt. Dieses verändert sich bei manchen Frauen bereits mit Mitte 30 zu Ungunsten des Progesterons.

Die Östrogendominanz bzw. Gelbkörperschwäche ist die Ursache für prämenstruelle Beschwerden wie:

BrustspannenWassereinlagerungenKopfschmerzenBlähbauchkalte Hände, kalte FüßeSchmierblutungen vor den eigentlichen Tagenschlechte LauneGereiztheit

Gut zu wissen

Progesteron wird in der zweiten Zyklushälfte und in der Schwangerschaft gebildet.

Zurück zur Gebärmutterschleimhaut: Sie sehen, dass die Hauptmasse der Schleimhaut bereits bis zum Eisprung aufgebaut ist. Dies ist die Leistung des Östrogens, während Progesteron ab dem Eisprung dafür sorgt, dass sie nicht zu hoch wächst – gute Gründe, für dieses Gleichgewicht zu sorgen und starke oder lange Blutungen in der Prämenopause zu verhindern (siehe hier). Eine Menstruation sollte nach längstens sechs Tagen vorbei sein; Frauen ab 40 drohen aber gelegentlich auszubluten.

Die erste Phase der hormonellen Veränderung – die Prämenopause

Sowohl der Progesteron- als auch der Estradiolspiegel sinken ca. ab dem 30. Lebensjahr ab, die biologische Fruchtbarkeit nimmt ab. Im Leben von uns Frauen zeichnen sich neue Themen ab, eine neue Fruchtbarkeit sucht nach Ausdruck. Der Progesteronspiegel sinkt jedoch schneller ab als der Estradiolspiegel. Deswegen erleben viele von uns in der Lebensmitte zwischen 40 und 50, gelegentlich schon ab Mitte 30, eine deutliche Östrogendominanz mit PMS, verkürzten oder unregelmäßigen Zyklen und verstärkter Blutung. Da sind die betroffenen Frauen von den eigentlichen Wechseljahren aber noch weit entfernt. Wir bezeichnen diese Phase des hormonell Älterwerdens als Prämenopause oder die typische hormonelle Situation der Lebensmitte. Menopause bedeutet das Versiegen der Menstruation, was im Durchschnitt mit 52 Jahren eintritt. Manche Frauen lassen ihre Mens aber schon deutlich früher los, andere haben regelmäßige Blutungen bis in ihre hohen 50er. Manche stammen aus Familien, in denen alle Frauen sehr früh in die Wechseljahre kommen (unabhängig davon, wie sie sie erleben). Wenn ich in der Folge von der Prämenopause zwischen 40 und 50 spreche, kann es also gut sein, dass sich diese Zeitspanne bei Ihnen entsprechend ganz individuell nach vorne oder nach hinten verschiebt.

Der Östrogen- und Progesteronspiegel zwischen dem 40. und 60. Lebensjahr

Wichtig: Tritt die Menopause bei Ihnen vor dem 40. Lebensjahr ein, sollten Sie aus meiner Sicht aus Gründen der Knochengesundheit noch eine Weile Hormone nehmen. Über 40 sehe ich dies jedoch nicht zwingend als notwendig an, denn es gibt andere Möglichkeiten, die Knochen zu stabilisieren (siehe hier).

Wie ich hier erklären werde, fördert das Östrogen die Bereitschaft, für andere da zu sein. Deshalb sind Frauen in dieser Phase der Östrogendominanz gefährdet, sich zu verausgaben, was die hormonelle Schieflage weiter verschärfen kann. Noch Kinder zu versorgen, längst wieder im Beruf, schon alte Eltern, die Fürsorge brauchen – dies ist die klassische Situation, in der wir Frauen körperlich und seelisch ausbluten.

Gut zu wissen

Ab 40 leiden viele Frauen unter den Folgen einer Östrogendominanz bzw. eines Progesteronuntergewichts. Diese Phase nennen wir Prämenopause oder die typische hormonelle Situation der Lebensmitte.

Hormonbestimmung in der Lebensmitte – wo stehe ich gerade?

Wenn Sie wissen wollen, ob Sie bereits in der Prämenopause angekommen sind, weisen vor allem Ihre verstärkten PMS-Symptome darauf hin – meine Schweizer Kollegin Regina Widmer nennt es PMS hoch zwei. Sie können aber auch morgens Ihre Aufwachtemperatur messen. Sie würden dann sehen, dass die Temperatur nicht das charakteristische Hochplateau in der zweiten Zyklushälfte aufweist, wie im Bild hier zu sehen, sondern langsam hochklettert und – kaum ist sie oben – gleich wieder abfällt. An einer Temperaturkurve sehen wir also sehr schön den Verlauf des Progesteronanstiegs und -abfalls. Dies empfehle ich Ihnen unbedingt, wenn Sie um die 40 sind und gern noch Kinder möchten.

Erhärtet wird der Verdacht auf ein Progesteronuntergewicht bzw. eine Östrogendominanz durch die Bestimmung der Hormone Estradiol (hier werden die verschiedenen Östrogene erklärt) und Progesteron in Blut oder Speichel. Welches der beiden Verfahren das bessere ist, darüber streiten sich die Geister. Es heißt, die Hormone im Speichel geben besser Auskunft über ihr Vorhandensein im Gewebe, während Hormone im Blut gebunden und damit weniger aussagekräftig seien.

Was mir guttut

In der Prämenopause zwischen 40 und 50

passe ich doppelt gut auf mich auf!

Ärztinnen bzw. Ärzte vertrauen eher der gewohnten Blutabnahme, Naturheilbehandlerinnen und -behandler eher dem Speicheltest. Ich persönlich habe bei beiden Verfahren Ergebnisse gesehen, die Sinn ergaben, und solche, die wir wiederholen oder ignorieren mussten, weil sie zum Befinden der Patientin einfach nicht passten. Wir betreiben ja keine Laborkosmetik, was ich leider bei manchen Befürwortern Natürlicher Hormone (siehe hier) bemerke. Wir wollen keine schönen Laborergebnisse, sondern dass die Frauen, die zu uns kommen, gesund und beschwerdefrei sind.

Wichtig: Diese Hormonbestimmung ergibt nur Sinn ca. eine Woche vor der Menstruation. Bei einem 28-Tage-Zyklus wären das die Tage 20 bis 22, ab dem ersten Tag der Monatsblutung gerechnet. Sie erinnern sich: Wir nehmen den ersten kräftigen Blutungstag als Bezugspunkt.

Für einen Bluttest vereinbaren Sie bitte mit Ihrer Frauenärztin oder Ihrem Frauenarzt an dem entsprechenden Tag eine Blutabnahme, deren Kosten gewöhnlich von den Krankenkassen übernommen werden. Für einen Speicheltest lassen Sie sich vom Labor die entsprechenden Röhrchen zuschicken oder Ihre Behandlerin bzw. Ihr Behandler gibt sie Ihnen mit. Dann können Sie nach Anweisung auf dem Beiblatt bequem zu Hause den Speichel gewinnen und dem Labor zuschicken. Die Kosten für Speicheltests übernehmen in Deutschland nur die privaten Krankenkassen. Rechnen Sie pro Wert mit ca. 25 € plus Versandkosten.

Tipp: Beginnt Ihre Zykluslänge zu schwanken und Sie wissen nicht, wann genau die Mens kommt, können Sie auch mehrere Röhrchen-Sets füllen, einfrieren und bei Einsetzen der Menstruation die passenden an das Labor schicken. So sind Sie flexibel und können ganz entspannt Ihren Alltag weiterleben.

Gut zu wissen

Für eine Hormonbestimmung in der Prämenopause lassen Sie Estradiol und Progesteron eine Woche vor der Mens in Blut oder Speichel bestimmen.

Hormone ausbalancieren und Blutungsstärke regulieren

Die behandlerische »Dreieinigkeit« besteht in dieser Lebensphase aus Hormonausgleich mit Progesteron bzw. progesteronwirksamen Pflanzen und gegebenenfalls Maßnahmen zur Blutstillung und Blutbildung, wie Sie in den Kapiteln 3, 4 und 6 nachlesen können. Bestehen Sie bei starken Blutungen, die naturheilkundlich nicht ausreichend gelindert werden konn-ten, immer zunächst auf einem Hormonausgleich mit natürlichem, bioidentischem Progesteron. Es ist als Utrogest, Progestan oder Famenita in 100- oder 200-mg-Kapseln auf ärztliches Rezept in Apotheken erhältlich und kann, auch wenn es nicht auf der Packungsbeilage steht, über Nacht in die Vagina eingeführt werden.

Ein zweites Präparat, Progestogel, ist schwächer dosiert und wird auf die Haut aufgetragen. Bestimmte Apotheken stellen Hormoncremes, -kapseln und -zäpfchen in jeder gewünschten Dosierung selbst her. Das Progesteron wird dafür meist aus dem Diosgenin der Wilden Yamswurzel (Dioscorea villosa) teilsynthetisch im Labor hergestellt. Achtung: Die Yamswurzel selbst enthält kein Progesteron! Es ist in jedem Fall sinnvoll, Hormone ausschließlich über die Haut zu geben. Sie gelangen so über das Blut direkt dahin, wo sie gebraucht werden, die Leber wird nicht unnötig belastet und es reichen geringere Dosierungen aus.

Östrogen – mehr Weiblichkeit geht nicht

Eine ganzheitliche Betrachtung hormoneller Vorgänge bezieht sich nicht ausschließlich auf mess- und beobachtbare Vorgänge im weiblichen Körper. Trauen wir uns einmal, die Wirkung von Hormonen im buchstäblichen wie im übertragenen Sinne zu beschreiben.

Fürsorglichkeit

Östrogen ist das Hormon im weiblichen Körper, das uns überhaupt in die Lage versetzt, über Jahre die eigenen Interessen hintanzustellen, zugunsten des Großziehens von Kindern und um ein harmonisches Umfeld dafür zu schaffen. Wir Frauen sehen uns zeitlebens nicht in der Lage, einfach hinter einer Zeitung zu verschwinden und das um uns herum tobende Geschehen einfach auszublenden. Östrogen sorgte in alten Zeiten dafür, dass wir als Sammlerinnen nicht nur nach essbaren Beeren und Wurzeln Ausschau hielten, sondern gleichzeitig die Kleinen im Auge behielten, den Größeren unser Wissen weitergaben, auf die Bedürfnisse der ganz Kleinen – die wir stets auf dem Rücken oder in einem Korb bei uns trugen – Rücksicht nahmen und dabei gleichzeitig noch auf alle möglichen Gefahren achteten. Diese Multitasking-Fähigkeiten haben wir Frauen in das postindustrielle Zeitalter hinübergerettet und können daher nach wie vor mehrere Bälle gleichzeitig in der Luft halten.

Wenn es jedoch keine ausgesprochenen Rituale des Innehaltens und Um-sich-selbst-Kümmerns gibt – wie es damals die Menstruationshütten (→) gewesen sein mögen –, ist diese Fähigkeit mit der Gefahr verbunden, dass wir uns in den gestellten Aufgaben verlieren. Und das geht auf Kosten unserer eigenen Gesundheit und Lebenszufriedenheit. Dieser Zustand kann sich im Alter zwischen 40 und 50 potenzieren: Die Anforderungen sind durch (Wiederaufnahme der) Berufstätigkeit gewachsen, die Kinder sind noch im Haus und vielleicht gibt es schon alte Eltern, die Fürsorge brauchen, während die eigenen Kräfte begrenzt bleiben oder sogar spürbar weniger werden. Wie gut, dass die Wechseljahre mit ihren absinkenden Östrogenspiegeln dieser Verausgabung ein Ende setzen!

Wachstum und Fruchtbarkeit

Östrogen fördert die Entwicklung eines Mädchens zur Frau. Im Menstruationszyklus ist es für das Höhenwachstum der Gebärmutterschleimhaut und für die Eireifung zuständig. Ist zu wenig vorhanden, bleibt die Schleimhaut schmal, die Menstruation ist eher schwach, der Eisprung bleibt aus oder verspätet sich. Dadurch verlängert sich der Zyklus oder kann ganz ausbleiben wie beim PCO-Syndrom (→). Schwanger zu werden ist dann erschwert bis unmöglich.

Gering östrogenisierte Frauen sind eher schlank, es sei denn (wie bei PCO), die Spiegel der männlichen Hormone sind bei ihnen erhöht. Wird zu viel Östrogen ausgeschüttet, überwiegen dagegen die Wachstumsprozesse, was man Östrogendominanz nennt. Die Schleimhaut wird dann hoch aufgebaut, die Menstruation ist verstärkt und/oder verlängert. Das Progesteron kommt in der zweiten Zyklushälfte nicht dagegen an und wir Frauen entwickeln prämenstruelle Beschwerden (PMS) mit Wassereinlagerungen, Brustschmerzen, schlechter Laune und Co.

Die Östrogenausschüttung und damit die biologische Fruchtbarkeit nimmt natürlicherweise ab dem 30. Lebensjahr ab. Zwischen 40 und 50 sinkt der Progesteronspiegel noch etwas schneller ab als der von Östrogen (siehe im Bild hier), die Gefahr einer Östrogendominanz mit verkürzten Zyklen und verstärkter Blutung potenziert sich. Diese Situation wird durch Umwelteinflüsse weiter verschlimmert: Über 200 östrogenwirksame Umweltgifte aus Industrie und Landwirtschaft sowie die Ausscheidungen der Hormonkonsumentinnen im Grundwasser verstärken die Östrogeneffekte auf den weiblichen Körper. Die Schere des Gleichgewichts zwischen Östrogen und Progesteron geht immer weiter auf. Wenn dann die mit dem Älterwerden abnehmende Fähigkeit des Organismus, Reparaturen an veränderten Zellen vorzunehmen, hinzukommt, steigt die Krebsanfälligkeit.

Progesteron – das ausgleichende Element

In der Medizin wurde lange Zeit das Östrogen als das typische weibliche Hormon angesehen. Wie eben das Frauenbild so war: sanft, fügsam, anschmiegsam, fürsorglich, eher passiv als aktiv, eine Fantasie aus einer anderen Welt, in der Frauen lieber geleitet werden, als ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen. Tatsache ist, dass dies schon immer nur ein Aspekt unserer hormonellen Ausstattung war. Jeder Mensch hat mehrere Facetten: Manche Männer haben »weibliche« Anteile, Frauen haben schon immer auch ihren Mann gestanden, wenn man sie ließ. Davon soll jedoch hier gar nicht die Rede sein, sondern davon, dass die Natur klug und weise diesen Fürsorglichkeits- und Wachstumsimpulsen mit dem Hormon Progesteron ein notwendiges Gegengewicht geschaffen hat. Wie wir gesehen haben, kommt es in der zweiten Zyklushälfte zum Tragen. Es ist das große Verdienst des amerikanischen Arztkollegen John Lee, die Wichtigkeit des Progesterons für uns Frauen entdeckt und beschrieben zu haben (siehe hier).

Für alle, die es noch genauer wissen wollen, zeigt das folgende Bild eine Übersicht über die Hormonsynthese.

Hormonsynthese

Wir sehen, dass das Grundmolekül der sogenannten Steroidhormone (der Name leitet sich aus den Kohlenstoffringen ab, die ihre Grundstruktur bilden) das Cholesterin ist. Ein ausgewogener Fettstoffwechsel kann sich entsprechend positiv auf den Hormonhaushalt auswirken. Ganz zentral positioniert, springt uns das Progesteron aus dem Bild ins Auge. Wir kennen es als aktives Hormon im weiblichen Zyklus und in der Schwangerschaft. Hier lernen wir es auch als Vorstufe zur Synthese einiger weiterer Hormone kennen: links das Aldosteron, das in der Nebenniere gebildet wird, in der Niere die Natrium- bzw. Kaliumausscheidung und damit indirekt unseren Blutdruck reguliert. Cortisol und Cortison (zu sehen im mittleren Bildteil) kümmern sich um unseren Kohlenhydrat-, Fett- und Eiweißstoffwechsel und werden bei Stress zur Mobilisierung unserer Kraftreserven benötigt. Muten wir uns über längere Zeit zu viel Stress zu, erschöpft sich die Nebenniere. Was ich hier zeigen möchte: Bei Stress steigt der Bedarf an den Hormonen der unteren beiden Reihen im Bild, zu deren Bildung sich der Hormonstoffwechsel aus dem »Progesterontopf« bedient. Das kann diesen Topf auch über Gebühr strapazieren und leeren. Deshalb erleben Frauen eher PMS-Symptome, wenn sie gestresst sind.

Progesteron und synthetisches Gestagen

Wir wissen nun schon: Progesteron wird in den Eierstöcken im sogenannten Gelbkörper (daher auch der Name Gelbkörperhormon) aus Cholesterin über verschiedene Stufen hergestellt. Messen wir die Progesteronspiegel in Blut oder Speichel am 22. Zyklustag bzw. ungefähr am siebten Tag nach dem Eisprung, sollten Blutwerte über 12 ng/ml messbar sein, die die Umwandlung der Schleimhaut und das Andocken eines befruchteten Eies begünstigen. In der Schwangerschaft erhöht sich der Wert noch weiter.

Statt Progesteron wird gelegentlich der Begriff Gestagen verwendet. Dies ist insofern ungenau, als es verschiedene synthetische Gestagene gibt, die seit den 1960er-Jahren von der Pharmaindustrie aus patentrechtlichen Gründen als Teil der Präparate zur hormonellen Verhütung wie auch zur Hormontherapie in den Wechseljahren hergestellt werden. Sie tragen Namen wie Dienogest, Desogestrel oder Norethisteron. Alle diese Substanzen sind nicht identisch mit dem natürlichen, körpereigenen (bioidentischen) Progesteron und sie wirken im Körper auch nicht immer ausschließlich progesteronähnlich. So hat man 2013 festgestellt, dass die Hormonspirale Mirena das Brustkrebsrisiko erhöht [1]. Sie enthält kein Östrogen, sondern nur das Gestagen Levonorgestrel, von dem man diese Wirkung nicht erwartet hatte.

Leidet der Körper unter einem Östrogendefizit, kann er sich aus dem »Progesterontopf« bedienen. Führen wir zu viel Progesteron zu, wie es in der Schulmedizin gelegentlich mit täglichen Dosen bis 600 mg der Fall ist (normaler Tagesbedarf: 20 mg), kann der gute Wille jedoch das Gegenteil bewirken und wir befördern ab einem bestimmten Punkt die Östrogenproduktion.

Gut zu wissen

Progesteron wird in der zweiten Zyklushälfte und in einer Schwangerschaft benötigt. Ist in den Wechseljahren die Menstruation versiegt, wird dieses Hormon vermutlich nur noch als Vorstufe gebraucht. Seine (naturgemäß niedrigen) Spiegel in Blut oder Speichel zu bestimmen, ist darum nicht sinnvoll.

Estradiol – das wirksamste Östrogen

Wie Sie im Bild zur Hormonsynthese (siehe hier) gesehen haben, kann der weibliche Körper aus Progesteron Östrogen herstellen, aber nicht umgekehrt. Die Östrogenproduktion fin-det vor allem in unseren Eierstöcken statt. Zirkuliert im Körper zu viel Östrogen, können wir der Östrogendominanz einerseits mit Progesteron(pflanzen) entgegenwirken, andererseits unsere Leber dabei unterstützen (→ Leberunterstützung), es abzubauen.

Schauen wir genau hin, sehen wir, dass es drei körpereigene Östrogene gibt:

EstradiolEstriolEstron

Früher war dafür in Deutschland folgende Schreibweise üblich: Östradiol (E2), Östriol (E3) und Östron (E1). Wenn ich im Folgenden von Östrogen spreche, meine ich im Allgemeinen Estradiol, das am stärksten wirksame Hormon in dieser Reihe. Seine Ausschüttung ändert sich im Laufe des Zyklus und eine Messung in Blut oder Speichel sollte ca. am fünften bis achten Zyklustag erfolgen, wenn wir verfolgen wollen, ob der Spiegel für Eireifung und Schleimhautaufbau ausreicht. Seine Aufgabe im weiblichen Körper ist vielfältig:

Wachstum und Reifung von Gebärmutter, Eierstöcken und Brust in der PubertätVerweiblichung der Körpersilhouetteallmonatlicher SchleimhautaufbauKnochenwachstum und -stabilitätEireifung, wichtig zur Auslösung des Eisprungs

Wichtig zu erwähnen ist noch, dass die Östrogenproduktion nicht nur in den Eierstöcken stattfindet und dort nie ganz versiegt, sondern dass dieses Hormon bis an unser Lebensende auch in der Nebennierenrinde und im Unterhautfettgewebe gebildet wird. Eine gute Nachricht für uns Frauen, wenn wir mit unseren Rundungen hadern: Üppigere Frauen kommen statistisch gesehen leichter durch die Wechseljahre und sind weniger knochengefährdet als sehr schlanke, wie wir im Kapitel zur Knochengesundheit (siehe hier) sehen werden.

Was mir guttut

Ich bin freundlich zu meinen Pölsterchen,

denn sie sind alle wichtige Hormondepots,

die mir helfen werden, leichter durch die

Wechseljahre zu kommen!

Das am schwächsten wirksame Östrogen Estron wird selten gemessen, da es als Indikator erst nach den Wechseljahren wichtig sein kann. Es wird in den Eierstöcken gebildet oder aus Hormonvorstufen im Unterhautfettgewebe. Sein Wert kann bestimmt werden, um die Östrogenversorgung nach den Wechseljahren zu untersuchen, wenn der Estradiolspiegel abgesunken ist. Bei Frauen mit Übergewicht ist seine Konzentration aus naheliegenden Gründen erhöht.

Östrogentäler ab 50 – Die zweite Phase der hormonellen Veränderung

Die absinkenden Estradiolspiegel machen sich, abgesehen von der abnehmenden Eireifungs- und Eisprungsaktivität, meist erst ab dem 50. Lebensjahr bemerkbar, bei manchen Frauen (gelegentlich bei der ganzen weiblichen Linie einer Familie) schon in ihren 40ern. Die Menstruation wird schwächer, seltener und verabschiedet sich im Durchschnitt mit 52 ganz. Dieser Abschied kann von einem Monat auf den anderen stattfinden oder sich über ein bis zwei Jahre erstrecken. Charakteristisch ist das nicht lineare, sondern wellenförmige Abnehmen des Estradiolspiegels, das durch Rückmeldung an Hypophyse und Hypothalamus, wichtige Kontrollorgane für den Hormonhaushalt im Zwischenhirn, auch deren Hormone »zum Tanzen« bringt. Im Zwischenhirn werden Funktionen wie Herzrhythmus, sexuelles Verlangen, Tag-Nacht-Rhythmus und Wärmehaushalt geregelt. Der Hypothalamus gehört zum limbischen System (→), das unseren Gefühlshaushalt regelt. Aus diesen Gründen können in Östrogentälern die typischen Wechseljahresbeschwerden wie plötzliche Hitzegefühle mit Schweißausbrüchen, Herzrasen, Herzstolpern, Schlafstörungen, sexueller Unlust sowie Gefühlsschwankungen mit heftiger Gereiztheit oder Stimmungstiefs ohne erkennbare Ursache vorkommen. Diese Beschwerden sind weder gleichbleibend noch dauern sie in den meisten Fällen länger als einige Wochen an. Allerdings können sich die beschwerlichen Phasen wiederholen – immerhin sprechen wir von »Wechsel-Jahren«. Sie auf längere Sicht mit Östrogen (unter Beigabe eines Gestagens) zu behandeln, wie es viele Jahrzehnte von Pharmaindustrie und Ärzteschaft empfohlen wurde, kann aufgrund der aktuellen Studienlage nur noch in Ausnahmefällen und über kurze Zeit empfohlen werden. Die bahnbrechenden Studien von 2002 und 2003 (WHI-Studie und One-Million-Women-Study) haben gezeigt, dass Neben- und Langzeitwirkungen wie zum Beispiel ein erhöhtes Risiko für Herzinfarkte, Schlaganfälle und gynäkologische Krebserkrankungen zu befürchten sind [2].

Bitte bedenken Sie bei Aussagen von Befürwortern »natürlicher Hormone« auch, dass der Körper von uns Frauen, wenn die Menstruation versiegt, diesen Wachstumsimpuls mit Estradiol gar nicht mehr benötigt, dieser sogar ungünstig sein kann. Ist eine Hormontherapie in den Wechseljahren dennoch unumgänglich, sollte selbstverständlich besser mit natürlichen als mit synthetischen Hormonen behandelt werden. Das ist jedoch selten nötig, da sich Beschwerden – so sie denn überhaupt auftreten – bei 95 % aller Frauen naturheilkundlich lindern lassen. Mehr zu diesem Thema in Kapitel 4 (siehe hier).

Gut zu wissen

Der Estradiolspiegel sinkt in den Wechseljahren natürlicherweise auf ein niedriges Niveau ab. Diese Abnahme erfolgt in Wellen und erzeugt zeitweilige, vorübergehende Hormontäler, denen bei Beschwerden mit östrogenausgleichenden Pflanzen begegnet werden kann.

Die wichtige Botschaft des Wechsels: Jetzt bin ich wieder dran

Das tendenzielle Absinken des Estradiolspiegels, unseres Fürsorglichkeitshormons, führt dazu, dass wir Frauen von unserem Körper dabei unterstützt werden, uns aus der Versorgerinnenrolle allmählich zurückzuziehen und uns wieder mehr auf uns selbst zu besinnen. Ist die Zeit zwischen 40 und 50 durch Mehrfachbelastung und auslaugende verstärkte Blutungen gelegentlich eine anstrengende, beginnt mit 50 plus oft eine neue, energiegeladene Lebensphase. Die Kinder sind erwachsen, der Partner noch im Beruf, der gelegentlich verunsichernde Wiedereinstieg in eine eigene berufliche Tätigkeit ist (hoffentlich) geschafft. Wenn wir Frauen es uns eingestehen, dass wir objektiv als Versorgerinnen weniger gebraucht werden, kann jede Menge Energie für Neues freiwerden. Es kann aber auch ein vorübergehendes Gefühl von Leere auslösen.

Seien Sie nicht zu voreilig damit, direkt wieder neue Verpflichtungen einzugehen! Wie in der Pubertät lohnt es sich, Verunsicherung nicht durch das Hineinschlüpfen in vorgefertigte Rollenbilder zu beruhigen. Stellen Sie sich lieber selbst Fragen, wie Ihre Zukunft aussehen soll.

Was mir guttut

Jetzt, da ich als Versorgerin immer weniger

gebraucht werde, nehme ich mir endlich Zeit

für mich und meine alten oder neuen Ziele

für die kommenden Jahre!

Diese Neuorientierung trifft, wie gesagt, auf absinkende Estradiolspiegel, das Progesteron hat sich ohnehin zur Ruhe gesetzt. Es gibt aber noch ein anderes Gleichgewicht zu beachten: das zwischen weiblichen und männlichen Hormonen, die beide von beiden Geschlechtern, nur in unterschiedlicher Konzentration, produziert werden. Sinkt der Östrogenspiegel, kommen bei uns Frauen im Wechsel die männlichen Hormone mehr zum Tragen, die emotional gesehen mit Zielstrebigkeit, Durchsetzungsfähigkeit, Streitkultur und der Fähigkeit verbunden werden, sich nicht dauernd darum zu kümmern, was die anderen denken und ob es ihnen auch gut geht. Eine gute Voraussetzung für neue, eigene Pläne!

Fragen an dich

»Wer will ich sein als Frau 50 plus?«

»Welche Facette von mir will noch gelebt werden?«

»Gibt es alte Träume, die nach Verwirklichung verlangen?«

»Was interessiert mich wirklich?«

»Was möchte ich in diesem Leben noch umsetzen?«

»Möchte ich ein Musikinstrument oder eine neue Sprache lernen, einen Lesekreis gründen, eine berufliche Herausforderung annehmen oder eben gerade nicht, weil ich mehr Zeit für mich brauche?«

»Darf ich auch einfach mal nichts tun?«

»Wo ist meine Kreativität geblieben?«

Aufmüpfig werden

Ich war in unserer Familie immer die ausgleichende Kraft, habe viele Jahre mit meiner Berufstätigkeit ausgesetzt, um mich stressfrei der Erziehung unserer drei Kinder zu widmen. Mein Mann hat gut verdient, aber die ganze Hausarbeit hing natürlich an mir, von Elternabenden, Lehrergesprächen, der Hilfe bei den Hausaufgaben ganz abgesehen. Die Pubertät der drei war eine echte Herausforderung. Da flogen die Fetzen! Das hat sich Gott sei Dank beruhigt. Jetzt haben die beiden älteren Jungs eine Freundin, unsere »Kleine« ist auch schon 17 und in ihrer Mädelsclique aufgehoben. Seit drei Jahren übe ich meinen alten Beruf als Fremdsprachensekretärin wieder aus, habe mich mit einem kleinen eigenen Büro selbstständig gemacht. Da sollten jetzt eigentlich alle im Haushalt mithelfen, damit der Laden läuft. Aber die scheinen sich daran gewöhnt zu haben, dass Mama alles macht, und ich stoße mit meinen Anliegen auf taube Ohren. Ich mag auch eigentlich keinen Streit, aber jetzt beobachte ich seit einigen Monaten, dass ich nicht mehr bereit bin, das so hinzunehmen. Mir platzt öfter der Kragen oder ich gehe aus dem Haus und treffe mich einfach mit einer Freundin. Sollen sie doch sehen, wer den Abwasch macht! Mir fällt auf, dass ich eher bereit bin, mich mit der Familie auch mal anzulegen, seit meine Regel schwächer wird und seltener kommt. Kann das sein? Gibt es da einen Zusammenhang?

Gut zu wissen

Absinkende Estradiolspiegel unterstützen Frauen ab 50, sich wieder auf sich selbst zu besinnen. Wir werden im wahrsten Sinne des Wortes eigensinniger und unbequemer.

Estriol – wichtig für Haut und Schleimhäute

Zeitgleich mit dem Anstieg des Estradiolspiegels wird ab der Pubertät ein weiteres, schwächer wirksames Östrogen ausgeschüttet, das Estriol (E3). Es beeinflusst den weiblichen Zyklus nicht, ist jedoch erforderlich für Aufbau und Ernährung von Haut und Schleimhäuten. Auch seine Spiegel können für das Eintreten einer Schwangerschaft und die Funktion des Mutterkuchens (Plazenta) wichtig sein und sollten im Falle von unerfülltem Kinderwunsch kontrolliert werden.

Die fühlbaren Auswirkungen seines Absinkens werden von Frauen nach meiner Erfahrung nicht erst mit 50 plus bemerkt. Oft stellen wir Frauen schon ab 40 fest, dass Haut und Schleimhäute empfindlicher und trockener werden. Unsere Haut wird anspruchsvoller und pflegeintensiver, worauf die Kosmetikindustrie sich mit speziellen Pflegeserien längst eingestellt hat. Ungewohnter für uns Frauen ist, dass sich Nase, Mund und Augen trockener anfühlen können. Von »Scheidentrockenheit« haben Sie vielleicht schon einmal gehört. Dieser Begriff ist jedoch irreführend, da manche Frauen berichten, dass Trockenheit überhaupt nicht ihr Problem sei. Der Intimbereich fühlt sich vielleicht empfindlicher an, das Liebesleben wird trotz vorhandener Feuchtigkeit als strapaziös erlebt. Das Vaginalinnere kann empfindlicher sein als der äußere Bereich oder umgekehrt. Die Betroffenen klagen bei der Frauenärztin oder dem Frauenarzt über quälenden Juckreiz an den Venuslippen, aber es sind keine Keime zu finden und die Pilzsalbe macht alles noch schlimmer. Achten Sie ab 40 darauf, ob diese Erscheinungen bei Ihnen vor allem nach dem Eisprung auftreten, wenn die Östrogenspiegel sich kurzfristig »ausruhen«, wie das Bild hier zeigt. Diese Schleimhautprobleme sind beim Älterwerden ebenfalls gewissen Schwankungen unterworfen: Es gibt empfindlichere und weniger empfindliche Phasen, aber im Gegensatz zu Hitzewallungen, Schlafstörungen und Co. beruhigen sie sich nicht wieder, sondern sind Ausdruck eines echten »Mangels«, dem abgeholfen werden sollte. Ich möchte Sie dringend für dieses Problem sensibilisieren. Die Schleimhaut im Intimbereich kann reißen und bluten, kann wirklich dramatisch aussehen und sich auch so anfühlen, das Liebesleben unmöglich machen. Lassen Sie es nicht so weit kommen, sondern lesen Sie im Kapitel 12 (siehe hier), wie Sie Ihre »Vulvina« (→) fit halten können. Dies gilt auch für alleinstehende Frauen: Wer weiß, was das Leben noch so bietet!

Gut zu wissen

Hitzewallungen, Schlafstörungen und Co. beruhigen sich irgendwann. Haut- und Schleimhautpflege bleiben dagegen Thema bis an unser Lebensende. Spätestens ab Mitte 40 sollten Sie 2x täglich den Intimbereich ölen oder cremen, das stabilisiert auch Blase und Harnröhre.

Haben auch Männer Wechseljahre?