Mein Lebensgang - Louise Otto - E-Book

Mein Lebensgang E-Book

Louise Otto

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Beschreibung

In dem Werk "Mein Lebensgang" von Louise Otto wird die Lebensgeschichte der Autorin in einem fesselnden und eindringlichen Stil erzählt. Otto schildert eindrücklich ihre persönlichen Erfahrungen, Herausforderungen und Triumphe, die sie auf ihrem Lebensweg durchlief. Das Buch zeichnet sich durch einen klaren und direkten Schreibstil aus, der es dem Leser ermöglicht, tief in die Gedankenwelt der Autorin einzutauchen. Mit autobiografischen Elementen und politischen Einblicken in die Frauenbewegung des 19. Jahrhunderts bietet "Mein Lebensgang" einen einzigartigen literarischen und historischen Kontext.

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Louise Otto

Mein Lebensgang

Gedichte aus fünf Jahrzehnten von Louise Otto-Peters, sozialkritischer Schriftstellerin und Mitbegründerin der bürgerlichen deutschen Frauenbewegung
            Books

Inhaltsverzeichnis

Abteilung 1. Aus den Jahren 1840–1850
Berufung
Tiedge
Sonette
An Ludwig Börne
Sonnenaufgang
Erwachen
Einst und Jetzt
Die Schwalben
Die Jungfrau auf dem Lurlei
Totenklage
Erinnerung an die Rudelsburg
Im Dom zu Naumburg
Im Erzgebirge
Allein
Das Kätchen von Heilbronn
Zur Zeitgeschichte
Meine Lieder
Neue Liebe
Schneeglöckchen
Die Rose
An Georg Herwegh
An Byron
Dem Vater Jahn
Gruß zum Sängerfest
Elbeisgang
Klöpplerinnen
An Alfred Meißner
Thüringer Wald
Johannisnacht im Münster zu Straßburg
Volkers Lied, bei Siegfrieds und Chriemhildens Verlobung
Römisch und Deutsch
Wartburg
Weserfahrt
Vom Dorfe
Wohlauf
Gott im Himmel sieh darein!
Im Dom zu Breslau
Auf dem Kynast
Die Wachtel
Gelübde
Im Hirschberger Thal
Bergbau
Wär' ich gestorben!
Ich schmücke meinen Speer
Am längsten Tage
Epilog der »Lieder eines deutschen Mädchens. 1847.«
Und ich bin nichts als ein gefesselt Weib!
Robert Blum
Talismann
Am Schluß des Jahres 1849
Abteilung 2. Aus den Jahren 1850–1860
Aus der Gefängniszeit
Ein Gefangner
Sonette
Dem Befreiten
Moosrose
Geständnis
Der Sohn des Volkes
An Richard Wagner
Drachenfels
Nebel
Zwei Frauen aus der Reformationszeit
Konrad Celtes
Ein gekrönter Dichter
Victoria regia
Abteilung 3. Aus den Jahren 1860–1870
An August Peters. (Elfried von Taura.)
Freihut
Eine Kaiserin
Keno Hässelaer
Muckensturm
Maria von Medicis in Köln
Heinrich von Meißen, genannt Frauenlob
Die Aebtissin von Lindau
Die erste Schwalbe
Blumengeister
Romantik
Was ist die Liebe denn?
Neue Waffe
Dem toten Gatten
Christbescherung
Jahreswechsel
Eine Ostererinnerung
Pfingstgruß
Mission der Kunst
Natur und Kunst
Einem Baubruder
Einem Künstler
Weihe zu den 1868 erschienenen Gedichten
Für alle
Abteilung 4. Aus den Jahren 1870–1880
Zur Kriegserklärung
Den deutschen Frauen
Ich bin bereit
Germanias Standbild auf dem Niederwald
Jung-Elschen
Korn und Wein
Die Nachtigall von Werawag
Heimat
Remontanten und Centifolien
Abteilung 5. Aus den Jahren 1880–1893
Rückblicke
Des Jahres erste Hälfte
Seligkeit
Des Lebens Lied
Weihe der Freundschaft
Mein Dankesgruß
Ernte und Saat
Nachklang

Abteilung 1. Aus den Jahren 1840–1850

Berufung

Inhaltsverzeichnis

Wie schön war meine Kinderzeit verflossen, Wie hab' ich da im trauten Vaterhaus Der Elternliebe Segen ganz genossen. Wie spielt ich froh mit Vögeln und mit Blüten Im Garten und im Weinberg frei umher, Und lernte gern sie pflegen und behüten. Wie war es schön mit jenen auch zu singen, Ganz leis, daß es kein fremdes Ohr gehört, Und in das Reich der Dichtung mich zu schwingen! Doch ach, es ging das süße Glück zu Ende: Bald raubte beide Eltern mir der Tod – Ob ihren Gräbern rang ich bang die Hände. Demütig beugt ich mich in Gottes Willen – Und fragte doch: warum er das gethan? Mit Liedern suchte ich den Schmerz zu stillen. In Liedern sucht ich selbst mich zu erheben Und fragte mich und fragte die Natur: Ward nicht von oben mir Gesang gegeben?! Und was ich Anfangs nur als Spiel erlesen: Ist's nicht ein Ruf der mich von oben trifft, Füllt mit Begeisterung mein ganzes Wesen?

Tiedge

Inhaltsverzeichnis

Ein Dichtergreis mit weißen Silberhaaren, Schon nahe an des Lebens letzter Grenze Und ich, ein Kind das in des Lebens Lenze Sich schüchtern mischt in seiner Freunde Schaaren. Ein Priester war er mir im Reich des Wahren, Als ob ein Heilgenschein sein Haupt umglänze, »Urania« es selbst mit Sternen kränze Sich ihrem Sänger so zu offenbaren. Ein Priester, der im sanften Handauflegen Auf meine Locken mich der Muse weihte Und so mir gab den ersten Dichtersegen. In seine Hand schwor ich's mit heilgem Eide:

Sonette

1840
Inhaltsverzeichnis

1.

O haltet mich mit Bitten nicht zurücke Wenn ich im Sehnen nach der Freiheit Lichte Zu hohen Zielen meine Blicke richte, Von keinem Glück weiß als vom Völkerglücke. Mir ward einmal die Weisung vom Geschicke Daß ich im Schaun prophetischer Gesichte Dem Dienst der Zukunft freudig mich verpflichte, Von keinem Glück weiß als vom Völkerglücke. Ihr Glücklichen! Ihr mögt in Eurem Frieden Den Gatten weihn zum Kampf für's Vaterland In Euren Kindern Streiter ihm erziehen. Ich aber habe nichts ihm, nichts zu bieten Als meiner Lieder kühnen Freiheitsbrand, Das Einzige was mir mein Gott verliehen.

2.

Wie jener Maid im schönen Frankenlande Die heilge Jungfrau einstens ist erschienen Und sie vermocht ihr ewig treu zu dienen, Ein zartes Weib im kriegrischen Gewande: So trat zu mir befreit vom Erdenbande Die Muse mit den götterselgen Mienen, Hat mich vermocht ihr ewig treu zu dienen, Gab mir den Weihekuß zum Bundespfande. So will auch ich die heilge Fahne schwingen Und der Begeistrung Oriflamme tragen, Mit Liederschwertern unsre Feinde schlagen!

An Ludwig Börne

Inhaltsverzeichnis

Es war oft Brauch in alten frommen Zeiten Daß eine heilge Lampe ward entzündet Auf ein geliebtes Grab ihr Licht zu breiten, Ein Liebeslicht das nimmermehr entschwindet Mit seiner Wehmut sanftem Silberscheine. Fürwahr! ich möchte gern den Brauch erneuen Und Liebesschimmer auf ein Grab verstreuen, Die Lampe hing so gern ich auf das Deine! – Als mir zuerst die Kunde war gekommen: »Ach, unser Börne starb und Frankreichs Boden Hat unsren treusten Kämpfer aufgenommen?« – Da kannte ich noch nicht den großen Toten; Sah nur der Lieder Leichenfackeln blinken, Die hinter Deinem Sarge hergetragen, Sah Deiner Jünger Thränen niedersinken – Und ließ mir Deines Lebens Kämpfe sagen. Nun lauscht ich selber der Prophetenstimme, Die für die Freiheit alles Volk entflammte, Die, bald vernichtend, Deines Hasses Grimme Bald Deiner Liebe für das Volk entstammte. Da preßt die Seele Sehnsucht mir zusammen, Ein lindernd Öl fühl da ich in mir fließen, In eine goldne Lampe möcht ich's gießen Von Deinem Grabe durch die Welt zu flammen. Des Öles Balsam, den ich so empfangen, Es ist das Lied mit seinem hellen Dochte, Dem Freiheitsstreben und dem Kraftverlangen, Das ich nur Dir, nur Dir verdanken mochte! Ich bin ein Weib – doch wirst Du nicht verachten Mein Streben, nicht mein Lieben und mein Singen! Ich bin ein Kind – kann keine Schwerter schwingen, Den Brand nicht werfen, wo die Völker nachten. Doch ist's ein weiblich, kindliches Geschäfte Der Treue Lampe sorgsam fortzupflegen. Das heischt nur Wachsamkeit nicht Männerkräfte Und giebt im Dunkeln doch des Lichtes Segen,

Sonnenaufgang

Inhaltsverzeichnis

Ein Morgen kam – ich starrte himmelan Und sah die Sonne auf der Rosenbahn. Ein Regenbogen schien sich aufzubauen Gleich einer Brücke in das Himmelreich, Gleich einem Dom ob niedren Erdenauen, Doch Dom und Brücke ward dem Herzen gleich. In Jenen trat's mit Beten und mit Singen Im Gottesdienst zur Sonne sich zu schwingen, Auf diesen schritt es siebenfach umwoben Zur Sonne selbst, sich frei ihr zu geloben. So war der ganze Himmel vor mir offen! Und in mich selbst schaut ich erstaunt, betroffen. Da war mein Herz zu einem Garten worden, Zwei Friedenspalmen standen an den Pforten – Und drinnen, welch ein Drängen, welch ein Treiben! Viel tausend Blüten lieblicher Gefühle Erwachen aus des Morgentaues Kühle, Kein Knöspchen will in seiner Hülle bleiben. Es ist ein Sprossen, Streben auf zum Licht: Und jede Hoffnung ist ein Lobgedicht Und jeder Wunsch ein glühend Minnelied! – Inmitten diesem seligen Gebiet Ist mir der Liebe Sonne aufgegangen. So bringt das Herz sich ihr voll Weihe dar.

Erwachen

Inhaltsverzeichnis

Der Frühling ist gekommen Nach langer Winterszeit, Das Eis ist fortgeschwommen, Kein Weg ist mehr verschneit. Die Lerchen singend schweben Ob frisch ergrünter Flur, Ringsum ein blühend Leben Und neuen Schaffens Spur. Ich weiß nicht was geschehen In meiner eignen Brust? Nie konnt ich so verstehen Des Werdens ganze Lust. Ein jubelndes Entzücken Mich immer mehr erfüllt: Was Glück ist – was Beglücken Das wird mir jetzt enthüllt. Die Liebe ist gekommen Mit aller ihrer Macht! Ihr Weckruf ward vernommen

Einst und Jetzt

Inhaltsverzeichnis

(Der ersten deutschen Eisenbahn 1839, Leipzig-Dresden gewidmet.)

Auf grünen Wiesen sah ich Lämmer weiden – Ihr Glöckleinklang als einziges Getön War zu vernehmen im Vorüberschreiten – Sonst Alles still – so friedlich und so schön. Bei einer Linde weilte traut beisammen Ein jugendfrohes, hochbeglücktes Paar. Er ließ sein Auge in das ihre flammen, Sie bot ihm schüchtern ihre Wange dar. Dicht gegenüber wo aus grünen Bäumen Gar traulich winkt ein strohgedecktes Dach, Da mochten sie den eignen Heerd sich träumen, Wo sich ihr Wunsch der Zukunft Glück versprach. Des Dorfes Kinder spielten muntre Spiele Als Pferde spannten sie dem Pflug sich vor, Ein Knabe lenkte zum bestimmten Ziele Mit Peitschenknall den muntern Brüderchor. – Das war vor Zeiten – als ich wiederkommen Zu diesem stillen, waldumkränzten Thal – Hei! wie da aller Friede ist genommen, Hei! wie das Alles anders auf einmal! Die neue Macht, die sich die Welt erküret Sie hat auch hier jed alten Brauch verdrängt: Seht wie ein Pfad jetzt durch die Berge führet Ein Wagen an dem andern rollend hängt. Statt Herdenglöcklein läutende Signale – Es rauscht und zischt und saust mit Ungestüm Und rüttelt alle Träumer auf im Thale Das mächtge feuerspeiende Ungetüm. – Wird lang das Paar noch bei der Linde bleiben? Die Maid steht bleich vor naher Trennungsqual – »Mich will's hinaus ins rasche Leben treiben!« Ruft er, »leb wohl! schon pfiffs zum drittenmal!« Sie schaut ihm nach mit sehnsuchtsvollen Blicken, Wohl ahnt sie draußen die bewegte Welt! – Wird nicht ihr Glanz des Liebsten Herz umstricken? Ist dies kein Riff an dem ihr Glück zerschellt?« Wo sind die Knaben, die sich hier erfreuten? Das alte Pflugspiel ist zu schlecht und kle n Ein bessres Loos denkt Jeder zu erbeuten Als das nur ein gepeitschtes Pferd zu sein. – Dahin, dahin der einsam stille Frieden, Dahin, dahin ein jed idyllisch Glück! Denn alle Ruh ist aus der Welt geschieden – O Dampf, fürwahr, das ist Dein Meisterstück! Ja, Frieden stirb! – Du stiller Kirchhoffrieden, Du hast fürwahr zu lange schon gewährt, Ein ander Glück giebt's noch für uns hinieden, Ein andrer Glanz hat unsre Zeit verklärt! Seht dort den Greis in dünnen Silberhaaren, Indeß die Wagen fliegen hört sein Flehn: »Nun, Herr, laß Deinen Knecht in Frieden fahren! Nun er die Wunder dieses Tags gesehn!« Er ahnt es wohl, doch wußt er's nicht zu sagen Als ihn Bewunderung auf's Knie gesenkt: Es weht ein neuer Geist um diese Wagen, Aus diesem Dampf der Eisenrosse lenkt. Rings lärmt er auf zum rüstigen Bewegen Und dieses Läuten ruft: Habt acht! habt acht!

Die Schwalben

Inhaltsverzeichnis

Einstmals die Schwalben kamen Mit fröhlichem Gesang, Jetzt ziehen fort sie wieder Und schweigen alle bang. Das ist ein gutes Zeichen: Sie brachten Lieder her, Die bleiben uns zurücke, Drum singen sie nicht mehr. Wir aber können singen Nun auch bei Eis und Schnee –

Die Jungfrau auf dem Lurlei

Inhaltsverzeichnis

Hoch obenauf dem Lurlei da sitzt die schönste Maid Und zählt an Bernsteinperlen schon seit gar langer Zeit. Sie steiget je zuweilen zum höchsten Felsenrand Und singt zum Rheine nieder ihr Lied vom grünen Strand. Dann windet sie sich Blumen um's nasse Lockenhaupt Und windet Herzen drunter, die sie den Schiffern raubt. Die werden ganz bethöret und blicken nach ihr hin – Doch sitzt sie ewig ruhig mit ewig stillem Sinn. Die gelben Bernsteinperlen, die haben Heil und Kraft, Die sind aus goldnen Thränen von süßer Leidenschaft. Und wer dann eine findet, der wird davon gesund – Hei! hätt ich eine funden, ich würf sie in den Grund. Wer möchte heil wohl werden von süßer Zauberei? Vom Liebeszauber sagen: »Nun ist der Wahn vorbei!«

Totenklage

Inhaltsverzeichnis

1. Auf den Grabstein meines Bräutigams

In meinem Herzen steht dein Bild, Dein Name klingt durch meine Lieder Trotz Tod und Trennung nah ich mild Zu deinem Grab mich liebend wieder: Denn zweier Seelen reine Harmonie Trennt selbst des Todes schriller Mißton nie.

2. Gebet am Grabe

Du gabst ihn mir – du hast ihn mir genommen, Du ew'ger Gott, der unser Schicksal lenkt, Mit ihm ward mir das höchste Glück geschenkt Und nun ist mir das tiefste Leid gekommen. Ich frage wohl: wie soll ich noch ertragen Das Leben, das nun öde vor mir liegt Seit ihn des Todes dunkle Macht besiegt Und all umsonst mein Sehnen und mein Klagen? Und doch – ob alle Hoffnungen versanken Erinn'rung bleibt mir an die Seligkeit,

Erinnerung an die Rudelsburg

Inhaltsverzeichnis

1.

Wir weilten in alten Ruinen Ein junges glückliches Paar, Mit liebeseligen Mienen, Das treu verbunden war. Wir sprachen mit Kuß und Scherzen, Mit Wonneblick und Thrän Von unsern seligen Herzen, Die fester als Burgen stehn! – Will ich nun wiedersehen Die Stätte meines Glücks, So muß ich einsam gehen, Gesenkten, trüben Blick's. Der damals mich umfangen Sank wie dies Bergschloß ein! Von beiden die vergangen Spricht nur noch das Gestein!

2.

»Hörst du die Saale drunten flüstern? O mein Geliebter – da hinab! Könnt Trennung uns das Leben düstern, Dort ist für uns ein einig Grab!« So rief ich aus voll Liebesbeben, In meines Herzens Ahnungsgrauen, Du aber sprachst von Glück und Leben Mit heiterlächelndem Vertrauen. »Nicht Trennung kann das Leben haben, Mein Liebchen, ja für dich und mich Nur Liederflut mag uns begraben Und Deine Locken decken mich!« Nun bist du, Liebster, doch begraben, Auf kalter Brust die Locke mein – Kann mich die Liederflut noch laben, Die jetzt umwogt nur mich allein? Ach, wie wir damals uns umschlungen Hättst »Schwärmrin«! du mich nicht genannt So wären wir hinabgesprungen Und hätten Trennung nie gekannt. So wär ich nicht allein geblieben In dieser kalten, öden Welt, Die, weil ich nicht kann wieder lieben, Mein Herz für kalt und fühllos hält. Doch muß ich noch im Leben ringen: Wohlan – der Liebe Glück ist hin, – Noch aber kann ich mutig singen: Noch lebt mein freier, stolzer Sinn! Noch kann ich kämpfen mit Ruinen, Die so wie diese ringsum stehn,

Im Dom zu Naumburg

Inhaltsverzeichnis

»Den obdachlosen Ritter, den armen mag ich nicht, Ich mag nicht Minnedienste, mich bindet höhre Pflicht Ihr, ohne Ruhm und Schätze wagt doch um mich zu freien? Nehmt das zurück, sonst möcht ich Euch noch des Irrsinns zeihen!« So sprach mit Hohn, das Fräulein zum armen Rittersmann, Daß nur mit Müh er Fassung bei solchem Wort gewann, Er neigt sich vor der Kalten, die er so heiß verehrt Und die mit schnödem Abschied sich also von ihm kehrt. Auf ihres Schlosses Zinne das stolze Fräulein stand, Hielt einen Specht gefangen in ihrer kleinen Hand. »Du, Vöglein, sollst es mir sagen, Dir will ich's anvertrauen, Wo ich von meinen Schätzen den Tempel des Herrn soll bauen?« Der Specht begann zu kreisen bis daß zur Stell'er kam, Wo zwischen hohen Linden er seinen Platz sich nahm.– Drauf sah man dort die Bauleut geschäftig von früh bis nächten, Damit sie bald das Bauwerk, des herrlichen Doms vollbrächten. Hei, wie die Gruftgewölbe erstanden meisterlich, Wie kühne Strebepfeiler zur Höhe schwingten sich, Wie schön die Marmorplatten und dreingehaune Bilder, Wie prangten die Bogenfenster und buntgemalte Schilder! – Doch war des Fräuleins Reichtum gar schnell zu Ende nun, Und die geschäft'gen Hände, sie mußten alle ruhn. Wie war der Stolzen Schönheit durch dreißig Jahr geschwunden – »Ich kann den Dom nicht vollenden!« seufzt sie in bangen Stunden. Da trat ein fremder Pilger urplötzlich vor sie hin, Er kam vom heiligen Grabe und kam mit gläubigem Sinn. Das war der erst verhöhnte der armgescholt'ne Freier, Der sprach: »Reich komm ich wieder zu Eurer Tempelfeier.« »In dem gelobten Lande fand Ruhm und Schätze ich viel, So will denn ich vollenden, was Euer stolzes Ziel, So wachsen diese Hallen uns zum Versöhnungszeichen!« Beschämung auf dem Antlitz thät sie die Hand ihm reichen. – Das ist die alte Märe, die man vom Dome sagt Wo Trotz und Stolz gewaltet und Liebe nicht verzagt. Ob wohl auch jetzt da drinnen manch frevler Stolz noch waltet Und Liebe ihre Schwingen noch also treu entfaltet?

Im Erzgebirge

Inhaltsverzeichnis

Die Nacht ist kalt. Ein eisger Morgenwind Klirrt um die dichtgefrornen Fensterscheiben, Als wollt mit starrem Hauchen er geschwind Die Blumen dran noch immer höher treiben, Nur daß es Blumen sind aus Eis und Frost, Um die verbuhlte Lieder heult der Ost. Gespenstig lacht das Feuer im Kamin. Als hab im Zorn es eine Sprache funden, Die Sterne, die am hohen Himmel ziehn, Sie schimmern hell zu Tausenden verbunden, Sie glitzern golden leuchtend wie Krystall – In Eis und Schnee bespiegeln sie sich all. – Ich sitze einsam bei der Kerze Licht; Die Menschen rings sind schlafen schon gegangen, Ich wach allein, ich mag die Ruhe nicht, Es flieht der Schlaf, wenn Sorgen uns umfangen, Wenn sich ein Herz zum heißen Kampfe stählt, Für Menschenrecht und Freiheit still sich quält. Doch sieh, doch sieh, – ein Lämpchen traurig scheint Gegenüber in dem Fensterlein der Hütte, Dort sitzt die Klöpplerin noch wach und weint Und klöppelt mühsam nach der Mütter Sitte. Und klöppelt emsig ohne Ruh' und Rast, Daß ihre Wange immer mehr verblaßt. Sie klöppelt nicht für Mutter oder Kind, Sie klöppelt nur, daß sie nicht selbst erfriere, Daß sie sich ehrlich trocknes Brot gewinnt, Ihr einzges Gut, die Unschuld, nicht verliere, Der längst der reiche Lüstling nachgestellt – Sie klöppelt, daß sie nicht vor Hunger – fällt. Und horch und horch! an dieser Nebenwand, Da klappert noch des Webers schnelle Spule, Sie rastet nicht und mit geschickter Hand Arbeitet er noch nachts am Webestuhle. Das bleiche Weib, der Kinder blasse Schar, Er sieht auf sie – und ist des Trostes bar; Drum ist er wach, noch um die Mitternacht! Wie diese Mitternacht ist all sein Leben! Er hat es ruh- und freudenlos verbracht, Er hörte Tag und Nacht nicht auf zu weben, Und kaum, daß er erhielt den siechen Leib, Des Elends Bildnis ist so Kind als Weib. Es hat nicht not, daß Ihr mich also mahnt, Du arme Schwester an den Klöppelkissen, Du armer Bruder, der es schrecklich ahnt, Daß Euch das Recht zu leben fast entrissen! Dies heilge Recht, das selbst von Gott uns kam Und das der Mensch den Menschen dennoch nahm! Es hat nicht not! es ist um Euch allein, Daß ich wie heute wach zur Nacht gesessen, Es ist um Euch, weil Eure Not und Pein, Der Armut Gram ich nimmer kann vergessen. – Die eignen Sorgen trag ich still und leicht, – Es ist um Euch, daß meine Wange bleicht! Ich ringe Tage, ringe Nächte lang, Und doch wie ihr arbeit auch ich vergebens, Mich treibt der Menschenliebe heilger Drang. Wie Ihr ernt ich nicht Früchte meines Strebens, Doch sonder Zögern ruf ich's in die Welt:

Allein

Inhaltsverzeichnis

Allein, allein! – die Liebe ist begraben, Ich selbst bin nur die bleiche Trauerweide, In deren Zweige sich verwandelt haben Mein Liebesjubel, meine Liebesfreude! Und was mich sonst an andre Herzen band Mich hieß als Epheu einen Stamm Das hab ich all als nicht'gen Traum erkannt: Der Epheu muß allein im Freien schwanken. Allein, allein! doch Du bist mir geblieben, Die mit dem Kind zu Spiel und Fest gegangen, Die für der Jungfrau frühlingselig Lieben Die Töne fand, die nur von Liebe klangen! Du, die mir ihren Zauberstab verlieh Die Nacht zu hellen, wo sie mich umdunkelt Du bist mir treu, bist mein, o Poesie! Sei auch der Stern, der diese Nacht mir funkelt! Ja, sei ein Stern an meinem Abendhimmel Sei du mir selbst ein milder Hesperus, Doch in des Lebens, in der Zeit Gewimmel Strahl Andern mit des Morgensternes Gruß! Ob abendlich mein Aug' in Thränen taut Ob in mir Nacht – was brauchts die Welt zu wissen? Die Welt, für die ein neuer Morgen graut, Der sie aus Traum und Schlummer aufgerissen? Und diesem Morgen jauchz auch ich entgegen, Wo wir der Freiheit Sonnenaufgang feiern, Den heißen Erntetag, wo reichen Segen Von langer Saat wir sammeln in die Scheuern. Das Los, das einer jungen Blüte fiel – Wer wird nach dem bei solcher Ernte fragen? Ob sie verwelkt, geknickt an ihrem Stiel – Nehmt sie zum Festkranz auf den Erntewagen! Nein, nicht allein! – will mich auch niemand lieben, Will niemand meines Herzens Qual verstehen, Muß jedes Band zerreißen und zerstieben, Weithin zerflatternd in die Lüfte wehen. So nehm' ich dieses Herz, das ungezähmte Und leg es meinem Vaterland zu Füßen – Das sich um eines Menschen Schicksal grämte Dies Herz soll nur dem Ganzen sich erschließen, Und an die Armen sei's dahin gegeben, Die obdachlos vor prächtgen Häusern stehen, Und hungerbleich die leere Hand erheben, Auf die verächtlich stolz die Reichen sehen; Die kleine Münze, die ich euch kann geben Ihr Armen lindert wenig Euren Schmerz – Doch hör' ich Euer Rufen, Euer Flehen, So fleh ich Euch: nehmt Ihr, nehmt Ihr mein Herz! O könnte ich aus allen Euren Jammern Aus allen Freveln, die an Euch geschehen Aus aller Not in Euren öden Kammern