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Tausendmal hat Mauerblümchen Carrie von ihrem sexy Nachbarn Trent Tanford geträumt. Unerreichbar schien der attraktive Millionär zu sein - doch auf einmal wird ihr größter Traum wahr. Als sie sich im Fahrstuhl des Apartmenthauses in der Park Avenue begegnen, halten sie nicht etwa in ihrem Stockwerk, sondern fahren weiter - und schweben zusammen in den Himmel der Lust. Schließlich deutet Trent sogar an, dass er mehr als nur eine heiße Nacht will. Carrie wagt kaum, an das unverhoffte Glück zu glauben. Wird Mr. Alle-Frauen-lieben-mich tatsächlich bei ihr bleiben?
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Seitenzahl: 192
Laura Wright
Mein sexy Nachbar
IMPRESSUM
BACCARA erscheint im CORA Verlag GmbH & Co. KG, 20350 Hamburg, Axel-Springer-Platz 1
© 2008 by Harlequin Books S.A. Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V., Amsterdam
© Deutsche Erstausgabe in der Reihe BACCARABand 1565 2009 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg Übersetzung: Sarah Heidelberger
Fotos: Harlequin Books S.A.
Veröffentlicht im ePub Format im 01/2011 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.
eBook-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck
ISBN 978-3-86295-530-5
Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Führung in Lesezirkeln nur mit ausdrücklicher Genehmigung des Verlages. Für unaufgefordert eingesandte Manuskripte übernimmt der Verlag keine Haftung. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.
… überweisen Sie eine Million Dollar auf ein Offshore-Konto auf den Kaimaninseln … oder die düsteren Geheimnisse Ihrer Vergangenheit werden enthüllt …
Trent Tanford saß in seinem in Edelstahl und schwarzem Leder gehaltenen Büro und seufzte tief. Dann lehnte er sich in seinem luxuriösen Designer-Bürostuhl zurück, knüllte den Brief zusammen und warf ihn in den Papierkorb. Er empfand weder Zorn noch Besorgnis. Eigentlich wollte er einfach nur in Ruhe weiterarbeiten. Drohungen waren nichts Neues für ihn. Sie kamen per E-Mail, per Post oder wurden ihm einfach auf den Schreibtisch gelegt. Sein Vater sprach regelmäßig welche aus; ansonsten stammten sie meist von kürzlich gefeuerten und deswegen aufgebrachten Angestellten des Familien-Medienimperiums AMS – oder von Frauen, mit denen er geschlafen hatte und die das Ende der Beziehung einfach nicht wahrhaben wollten.
Keine Frage, die Drohungen waren lästig. Aber das hieß noch lange nicht, dass er auf sie reagierte.
Der einunddreißigjährige Medienmogul wusste genau, wer er war und was er wollte, ganz gleich, ob es um sein Privatleben oder um seinen Beruf ging. Keine Drohung würde daran jemals etwas ändern können.
Trent unterzeichnete einen Stapel Verträge, während vor dem Panoramafenster zu seiner Linken die Sonne über den Horizont stieg. Sie markierte den Beginn eines neuen heißen Augusttages, an dem das AMS-Gebäude wie stets geschäftig summen würde wie ein Bienenstock.
„Guten Morgen, Mr. Tanford.“
Trents Tür stand offen, wie immer vor sieben Uhr morgens. Er nickte der neuen Assistentin, die gerade an seinem Büro vorbeiging, beiläufig zu. Die junge rothaarige Frau war hübsch und brillant. Im letzten Jahr hatte sie die Universität von New York mit summa cum laude abgeschlossen. Trent warf einen Blick auf die Uhr an seinem Bildschirm. „Sechs Uhr dreißig. Alle Achtung.“
„Danke, Sir.“ Sie schenkte ihm ein professionelles Lächeln und lief weiter.
Trent wandte seine Aufmerksamkeit wieder seiner Arbeit zu. Seine Assistentin war hübsch, aber er trennte Beruf und Privatleben nun einmal strikt voneinander. Abgesehen davon war sie sowieso viel zu jung. Andererseits mochte er Rotschöpfe. Genauer gesagt hatte er heute Abend sogar eine Verabredung mit einem. Sein Date war mindestens so hübsch wie seine Angestellte, aber nicht annähernd so klug – und das war genau das, was er wollte.
Trent lachte leise auf, als er sich an den Vorabend erinnerte, an dem er seine neueste Eroberung zum letzten Mal gesehen hatte. Die junge Frau hatte zwanzig Minuten darauf verschwendet, ihn darüber aufzuklären, wie wichtig es war, dass Nagellack- und Schuhfarbe exakt aufeinander abgestimmt waren.
Trent grinste zufrieden. Er liebte Frauen; liebte, wie sie lachten, rochen und sich bewegten. So unterschiedlich sie auch alle waren, so ähnlich waren sie sich in der festen Überzeugung, dass sie ihn ändern könnten. Jede einzelne von ihnen hielt sich für die eine Frau, die Trent Tanford so unendlich glücklich machen würde, dass er seine strikten Dating-Regeln vergaß. Doch seit inzwischen zehn Jahren hielt er sich erfolgreich an seine Grundsätze: vier Wochen Maximum, dann ein klarer Schlussstrich.
Warum wollten sie das nicht begreifen? War es wirklich so schwer, einzusehen, dass er einfach nicht der Typ Mann war, der sich angeln ließ wie ein ahnungsloser Fisch? Keine Frau der Welt würde ihn jemals in einen braven Ehemann verwandeln! Die Vergangenheit hatte ihn gelehrt, dass vier Wochen schon reichten, um aus einer Geliebten mehr werden zu lassen als einen netten Zeitvertreib. Aber etwas anderes als eine Affäre konnte und wollte er sich in dieser Phase seines Lebens einfach nicht leisten.
Trent wandte sich wieder seinem Computer und dem Finanzplan für das kommende Jahr zu. Seine Einstellung zu Beziehungen machte ihn noch lange nicht zu einem unsensiblen Fiesling. Er war immer ehrlich, was die Vier-Wochen-Regel betraf, und sprach offen darüber, dass er keine feste Beziehung wollte. Seine Einstellung richtete sich gegen niemanden persönlich und sagte nichts über die Schönheit oder den Charakter einer Frau aus. Sie war nicht weiter als eine Regel, nach der er lebte und die es ihm ermöglichte, sich zu nehmen, was er wollte, ohne mit unangenehmen Konsequenzen rechnen zu müssen. Für Liebeskummer war in seinem dicht gedrängten Zeitplan kein Platz. Seine Arbeit und seine beruflichen Ziele gingen vor, so einfach war das. Nicht mehr lange, und sein Vater würde zurücktreten und seinen Sohn zum Vorsitzenden von AMS machen.
Doch zu Trents Verdruss hatte sein Vater eine vollkommen andere Einstellung zu Beziehungen. Wenn man James Tanford glauben wollte, waren Frau und Kinder der Dreh- und Angelpunkt des Lebens eines Mannes und machten ihn stärker. Eine Familie schenkte einem Mann in seinen Augen genau den Rückhalt, den er brauchte, um Macht ausüben zu können. Außerdem, da war James Tanford sich sicher, erlangte nur ein verheirateter Mann den nötigen Respekt seiner Gegner und Angestellten. In James’ überholtem Weltbild kümmerte eine Ehefrau sich um den Kleinkram, während der Mann sich mit den wirklich wichtigen Angelegenheiten auseinandersetzte.
Leider war James Tanford so überzeugt von seinen Ansichten, dass er mehrfach versucht hatte, Trent heimlich zu verkuppeln. Als keine seiner Bemühungen gefruchtet hatte, war er dazu übergegangen, seinem Sohn Memos über das Thema zu schreiben. Das aktuellste hielt Trent gerade in der Hand. Einer der treuen Untergebenen seines Vaters hatte es ihm auf den Schreibtisch gelegt. „Memo“ war allerdings eine viel zu freundliche Umschreibung. Vielmehr handelte es sich um den zweiten Drohbrief, den Trent an diesem Tag lesen musste: Sein Vater kündigte an, dass er seinen Sohn auf keinen Fall zum Nachfolger erklären würde, wenn er sich weiterhin weigerte, in den trauten Hafen der Ehe einzulaufen.
Oder vielmehr in die abscheuliche Hölle der Ehe, grübelte Trent düster.
Nun ja, Drohungen aller Formen und Inhalte waren für Trent nun einmal nichts Neues. Sie gehörten zum Tagesgeschäft.
Er warf das Memo in den Papierkorb zu dem Brief, der ihn aufforderte, eine Million Dollar auf ein Geheimkonto auf den Kaimaninseln zu überweisen, und grinste. Der Erpresser konnte lange warten. Ebenso wie sein Vater und die Scharen von unverheirateten Frauen. Trent Tanford, der begehrteste und eingefleischteste Junggeselle New Yorks, würde in nächster Zeit ganz sicher nicht heiraten.
Im Big Apple war es Zeit für den Sonntags-Brunch – ein geradezu heiliges Ereignis für die Bewohner von Manhattan, die sechzig Stunden die Woche arbeiteten. Der Sonntagvormittag war die einzige Zeit, zu der die New Yorker Workaholics eine Pause einlegen konnten, bevor der Alltagstrott am Montag wieder von vorne losging.
In der Regel zelebrierte Carrie Gray den Brunch mit Bergen von Backwaren, Eiern, Bagels, Frischkäse und ab und an einem Glas Sekt. Aber an diesem Morgen war sie einfach zu müde, um solch ein Festgelage für ihre Freundinnen zu organisieren. Sie hatte gerade noch genug Zeit, um ihre langen braunen Haare zu einem Zopf hochzubinden. Ihre Kontaktlinsen einzusetzen schaffte sie beim besten Willen nicht mehr. Egal, dann musste es heute eben die Brille tun.
Carrie hatte bis spät in der Nacht an den Entwürfen für ein Logo gearbeitet. Wenn ihr Vorschlag auf allgemeine Zustimmung traf, war ihr nächster Monat gerettet – wenigstens in finanzieller Hinsicht. Aber kaum war sie endlich ins Bett gegangen, als ein Mitglied von „Trents Truppen“ an ihrer Wohnungstür geklingelt hatte.
Trent, genauer gesagt Trent Tanford, ein dunkelhaariges, blauäugiges Bild von einem Mann mit einem faszinierenden Grübchen in der Wange, lebte in der Wohnung nebenan. Doch so gut er auch aussehen mochte, die Horden von Frauen, die zu den unmöglichsten Zeiten in seiner Wohnung aus und ein gingen, sprachen eindeutig gegen ihn.
Den Spitznamen „Trents Truppen“ hatte Carrie gemeinsam mit ihren beiden Freundinnen Amanda Crawford und Julia Prentice erfunden, mit denen sie über alles und jeden lästern konnte – zum Beispiel über ihren umtriebigen Nachbarn.
Das eigentliche Problem war, dass einige seiner Eroberungen zu blöd zum Lesen waren und regelmäßig bei 12B klingelten, dem schicken Apartment des europäischen Geschäftsmannes und Prinzen Sebastian, das Carrie derzeit hütete. Trent selbst wohnte in 12C. Letzte Nacht hatte eine weitere seiner gertenschlanken Eroberungen, eine Rothaarige mit aufgespritzten Lippen, bei Carrie geklingelt – und zwar um ein Uhr nachts.
„Es tut mir ehrlich leid, dass es nichts Anständiges zu essen gibt“, versicherte Carrie ihren beiden blonden Freundinnen, nachdem sie sich gemeinsam an dem Designer-Couchtisch niedergelassen hatten, der das Zentrum von Prinz Sebastians Wohnzimmer bildete. Die Einrichtung war minimalistisch, aber teuer, geschmackvoll und außerordentlich exklusiv.
Amanda musterte die Freundin mit einem humorvollen Funkeln in den stahlgrauen Augen und schlug die langen, schlanken Beine übereinander. „Keine Sorge. Kaffee und Donuts sind doch ein echter Klassiker.“
Julia streichelte sanft ihren sich rundenden Bauch und fügte hinzu: „Das Baby mag die glasierten am liebsten.“ Julia war im vierten Monat schwanger und hatte in Apartment 9B des Hauses in der Park Avenue gewohnt, bis sie im letzten Monat mit ihrem Verlobten Max Rolland zusammengezogen war. Amanda war ihre Mitbewohnerin gewesen und hatte Nummer 9B jetzt ganz für sich alleine.
Carrie verspürte Erleichterung, dass ihre Freundinnen es ihr nicht übel nahmen, was für eine schlechte Gastgeberin sie heute war. Zufrieden beobachtete sie, wie die beiden sich vergnügt mit Donuts vollstopften. Der Anblick der beiden brachte sie zum Lächeln. Ihre Freundinnen stammten aus einer vollkommen anderen Welt als sie: Beide blickten auf lange und illustre Stammbäume zurück, hatten beste Privatschulen besucht und hüllten sich stets von Kopf bis Fuß in teure Kleider.
Carrie wusste, dass sie selbst sich neben ihnen nicht gerade elegant ausnahm – was allerdings weniger an ihren grünen Augen und ihrer üppigen Figur, sondern an ihren ungebändigten braunen Haaren und ihrem gebatikten Hippie-Outfit lag, das keineswegs der aktuellen Designermode entsprach.
Carrie fand sich selbst in Ordnung, keine Frage. Unter Umständen hätte man sie vielleicht sogar als „süß“ bezeichnen können. Aber im Vergleich zu ihren umwerfenden Freundinnen war sie ein Nichts. Carrie störte das nicht im Geringsten. Sie schämte sich ihres Äußeren und ihrer Herkunft nicht. Sie war, was sie war. Julia und Amanda sahen das ebenso. Der Society-Schönheit und der Event-Planerin war es ganz egal, woher Carrie kam oder wie viel Geld sie hatte. Das Einzige, das den beiden etwas bedeutete, war Carries Freundschaft.
„Abgesehen von einer Hühnchen-Quiche und einem Rucolasalat wollte ich eigentlich auch noch Zimtrollen machen“, erzählte Carrie den beiden Frauen und nippte an ihrem Kaffee. „Aber der Teig braucht einfach zu lange.“
„Das macht doch nichts, Carrie. Ehrlich!“, versicherte Amanda. „Ist es gestern spät geworden?“ Sie warf ihrer Freundin ein Lächeln zu, das sie vollends so aussehen ließ wie ein Top-Model. „Sag bloß, du hattest ein Date?“
„Nein“, antwortete Carrie lachend, ganz so, als wäre das die albernste Idee der Welt. Dann verging ihr das Lachen. Stattdessen fragte sie sich, was genau an dieser Vorstellung eigentlich so abwegig war und wann sie zum letzten Mal mit einem Mann ausgegangen war. War es schon in diesem Jahrtausend gewesen? Sicher. Vor einem Jahr vermutlich, ehe ihre Mutter die Diagnose bekommen hatte …
Julia warf ihr einen scharfen Blick zu und unterbrach ihre Grübelei. „Lass mich raten: Du hattest mal wieder mitten in der Nacht unerbetenen Besuch?“
„Sie hat doch gesagt, dass sie kein Date hatte, Julia“, bemerkte Amanda und griff nach einem weiteren Donut.
„Ich meinte auch keinen Mann“, stellte Julia klar. „Ich spreche von den Truppen.“
Amanda verschluckte sich fast an ihrem Donut. „Oh nein! Eine von Trents Eroberungen ist vorbeigekommen?“
„Allerdings“, erwiderte Carrie und ließ sich in den wunderschönen antiken Sessel sinken.
„Mal wieder die Blondine?“
„Nein, diesmal war’s ein Rotschopf.“
Amanda zuckte mit den Achseln. „Immerhin ist der Typ vielseitig.“
Aber Julia sah das Ganze nicht so entspannt. Sie war zwar ein zierliches Persönchen, aber wenn sie eine Ungerechtigkeit witterte, zeigte sie das Temperament einer Löwin. „Carrie, das wird dich doch früher oder später in den Wahnsinn treiben! Du musst unbedingt mit ihm reden!“
„Ich weiß ja“, erwiderte Carrie ruhig. Und das stimmte. Nur, dass …
„Oder ihm wenigstens einen Zettel an die Tür hängen“, schlug Amanda vor, während sie sich Kaffee nachschenkte.
Julia schüttelte den Kopf. „Du hast geschworen, dass du ihm die Hölle heiß machst, wenn es noch mal passiert.“
„Du hast recht“, seufzte Carrie. Es war ihr peinlich, dass sie es nicht fertigbrachte, sich gegen diesen Tanford zu wehren. „Normalerweise habe ich keine Probleme mit solchen Konfrontationen, aber dieser Typ … er ist … ich weiß auch nicht, er sieht einfach zu gut aus. Allein schon die Kombination von supermännlichem Gesicht und den niedlichen Grübchen macht mich ganz schwach. Er erinnert mich an meinen Schwarm aus Highschool-Zeiten. Ich habe damals ein Jahr lang keinen Schritt vor die Tür gesetzt, ohne vorher zwanzigmal in den Spiegel zu sehen. Jeden einzelnen Tag habe ich gehofft, dass ein Wunder geschieht und er mich endlich beachtet.“
Julia hob eine Braue. „Trent erinnert dich an einen Typen, in den du mal verknallt warst, Carrie?“
„Ich meine doch nur, dass er auch gut aussieht und charismatisch ist …“
„Du wünschst dir, dass Trent dich beachtet?“, unterbrach Julia sie mit einem Grinsen.
„Nein!“, protestierte Carrie und seufzte tief. Wieso rechtfertigte sie sich eigentlich? „Ich meine – doch! Aber nur, damit ich ihm sagen kann, dass ich seinen Harem nie wieder vor meiner Wohnungstür sehen will!“
„Wenn du mit ihm reden willst, musst du einfach nur bei ihm klopfen.“
„Ja, Julia, das weiß ich auch“, erwiderte Carrie trocken.
Amanda, die dem Gespräch ihrer Freundinnen nicht weiter gefolgt, sondern mit träumerischer Miene in ihre eigene Welt abgetaucht war, nippte an ihrem Kaffee und seufzte dann: „Ich hatte auch so einen Schwarm. Aber bei mir waren es zwei Jahre …“
Carrie und Julia starrten sie einen Augenblick lang verblüfft an, dann brachen sie in schallendes Gelächter aus. Als Carrie sich wieder beruhigt hatte, sagte sie: „Ich wette allerdings, dass deine Jugendliebe dich beachtet hat. Bei mir war das nicht der Fall. Abgesehen von einem Mal, als er mich freundlicherweise darauf hingewiesen hat, dass ich einen nicht sehr attraktiven Pickel hätte.“
„Schätzchen“, mischte Julia sich ein, „ich wette, der Typ ist mittlerweile ein richtiger Versager. Bestimmt ist er Verkäufer in einer Imbissbude.“
„Um ehrlich zu sein, habe ich gehört, dass er Football-Profiist.“
„Aber ich wette, die Cheerleader lassen ihn allesamt abblitzen.“
Carrie seufzte. „Das bezweifle ich. Männer wie er und dieser Tanford bekommen einfach alles, was sie wollen.“ Sie zuckte mit den Achseln. „Ich verstehe das nicht. Warum sind die Frauen nur so verrückt nach solchen Typen? Was will man schon mit so einem arroganten Frauenhelden, der nichts als Sex im Kopf hat?“
„Sie sind groß, dunkelhaarig und reich. Das wirkt eben“, stellte Julia fest.
Amanda nickte. „Die drei Erfolgsgaranten schlechthin.“
Carrie verdrehte die Augen. „Ich meine das ernst, Mädels.“
„Wir auch“, erwiderte Julia. „Für viele Frauen gibt es nichts Wichtigeres als Aussehen und Geld.“
Carrie nahm einen Schluck von ihrem lauwarmen Kaffee und dachte über das nach, was ihre Freundinnen gerade gesagt hatten. Manchmal wunderte sie sich, wie naiv sie noch immer war. Eigentlich wusste sie ganz genau, wie die Welt funktionierte. Andererseits wollte sie aber einfach nicht glauben, dass das alles war, was sich viele Frauen von Männern erhofften. Sicher, Geld und Aussehen waren nett, aber beides hielt nicht ewig vor. Die reichen, superattraktiven Männer massierten einem nicht die Füße, wenn man einen harten Tag hinter sich hatte. Sie freuten sich nicht für einen, wenn man einen kleinen, aber wichtigen Job bekam. Sie würden nicht bei einem sitzen und einem die Hand halten, wenn man Alzheimer bekam …
Carrie verdrängte diesen Gedanken sofort. Sie wollte ihren entspannten Sonntagvormittag nicht mit ihren Problemen und schlechter Stimmung ruinieren. Stattdessen stand sie auf und ging in die Küche, um frischen Kaffee aufzusetzen.
Eine Stunde später standen die zwei Besucherinnen gesättigt und zufrieden vor der Wohnungstür, um sich zu verabschieden. Amanda und Julia dankten Carrie für den Brunch. Sie verabredeten sich lose, an einem der kommenden Abende ins Kino zu gehen, und umarmten einander kurz zum Abschied. Als die beiden Blondinen den Flur entlang in Richtung Aufzug gingen, stolperte Julia nach wenigen Schritten über ein Hindernis.
Sie bückte sich und hob den Gegenstand auf. „Hier, bitte.“ Sie hielt eine Tageszeitung in der Hand.
Carrie nahm sie zwar, schüttelte aber den Kopf. „Das ist nicht meine.“ Sie warf einen Blick auf den Aufkleber mit dem Empfängernamen.
Amanda grinste breit. „Mr. Tanford, nehme ich mal an.“
Carrie schüttelte wieder den Kopf. „Unglaublich. Jetzt muss ich nicht nur seine Frauen, sondern auch die Zeitung an seine Wohnungstür bringen. Das bedeutet Ärger.“
„Hey, Julia, ich glaube, sie ist auf Hundertachtzig“, flüsterte Amanda, deren Lächeln noch breiter geworden war.
„Na endlich“, erwiderte Julia, drückte Carries Arm und raunte ihr zu: „Schnapp ihn dir! Sei eine Tigerin!“
„Ich werde mir Mühe geben!“ Lachend winkte sie den beiden Frauen nach, die zum Fahrstuhl gingen.
Trent hatte gerade seine neuen Laufschuhe zugebunden und durchforstete seinen iPod nach passender musikalischer Untermalung zum Joggen, als er ein Klopfen an der Tür hörte.
„Sekunde!“, rief er und ging in den Flur. Während er grübelte, wie zum Teufel klassische Geigenmusik auf seinen MP3Player gekommen war, öffnete er geistesabwesend die Tür. Vor ihm stand eine kleine, zierliche Frau Mitte zwanzig. Sie trug ein Batik-T-Shirt in Grasgrün – der Farbe ihrer Augen, soweit man das hinter der Schildpattbrille erkennen konnte. Ihre langes, braunes Haar war zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden, und ihre vollen Lippen waren missmutig zusammengezogen. Eigentlich bedauerlich, dass sie sich hinter der Brille und diesen scheußlichen Klamotten versteckte. Trotz ihres nicht gerade schmeichelhaften Outfits war nicht zu übersehen, dass ihr Körper aufregende Kurven hatte. Die junge Frau gefiel ihm, und sie kam ihm vage bekannt vor. Trent begrüßte sie mit einem fragenden: „Hallo?“
„Hi“, antwortete sie ohne den leisesten Hauch eines Lächelns.
„Ich kenne Sie“, antwortete Trent und legte den Kopf schief, um sie genauer zu mustern. „Aber ich weiß nicht, woher.“
Die junge Frau verdrehte die Augen, schüttelte den Kopf und hielt ihm die Zeitung hin. „Bitte schön.“
„Ist das meine?“
„Allerdings.“
Sie redete nicht sonderlich viel, aber sie hatte eindeutig das gewisse Etwas. Vielleicht war es die aufreizende Art, wie sie ihre Lippen bewegte … Sehr hübsche Lippen.
Er nahm ihr die New York Post aus der Hand. „Sind Sie die Zeitungsbotin?“
„Nein.“
„Gut, denn es ist zwei Uhr nachmittags, und wenn Sie die Zeitungsbotin wären, müsste ich Sie wegen der Verspätung bei Ihrem Chef verpetzen.“
„Das ist nicht sonderlich nett von Ihnen.“
„Stimmt. Ich bin ganz allgemein nicht unbedingt für meine Nettigkeit bekannt.“
„Gut zu wissen.“
„Wohnen Sie hier im Haus?“
Die Frage zauberte ein Lächeln auf das Gesicht der jungen Frau. Nein, sinnierte Trent, während er sie musterte, nicht direkt ein Lächeln. Eher ein spöttisches Grinsen, so als hätte sie nichts anderes von ihm erwartet. „Ja. Um genau zu sein: direkt neben Ihnen.“
Ach ja, richtig! Trent grinste. „Jetzt erinnere ich mich. Und warum wurde meine Zeitung zu Ihnen geliefert?“
„Vermutlich ist das üblich so“, erwiderte die Frau trocken. Sie zögerte einen Moment und schien zu überlegen, wie sie fortfahren sollte. Ihre aufregenden Lippen, von denen Trent seinen Blick kaum losreißen konnte, blieben dabei ein wenig geöffnet.
Als die Nachbarin sich weiterhin in Schweigen hüllte, fragte er nach: „Wieso üblich?“
„Ihre Zeitung ist nicht das Einzige, was ich regelmäßig vor meiner Wohnungstür aufsammeln muss, Mr. Tanford.“
Mr. Tanford. Oh, oh! Das war kein gutes Zeichen. Nur Frauen, die für ihn arbeiteten, nannten ihn so. Er durchforstete sein Gehirn nach einem möglichen Grund, warum diese Frau ihn nicht mögen könnte. Er brauchte eine Weile, dann dämmerte es ihm. Seine weiblichen Gäste, die spät nachts das falsche Apartment erwischten! Er lehnte sich gegen den Türrahmen und verschränkte die Arme vor der Brust. „Sie wohnen in 12B, richtig?“
Sie nickte. „Mieterin Nummer 12B steht leibhaftig vor Ihnen.“
Leibhaftig … das konnte man wohl sagen – und was für ein Leib! Trent musterte seine Nachbarin eingehend und kam zu dem Schluss, dass das weite Batikhemd nicht einfach nur hässlich war. Nein – es war schlichtweg ein Verbrechen, dass die junge Frau ihren aufregenden Körper in diesem Sack versteckte. Sie sah allerdings nicht so aus, als würde sie sich über diese Art von Komplimenten freuen. „Sie sind also die Lebensgefährtin von Sebastian?“, hakte er nach.
„Ich passe auf seine Wohnung auf“, stellte sie mit blitzenden Augen klar.
Frauen mit Feuer, die ihn nicht mochten und sich kein bisschen von ihm beeindrucken ließen, waren äußerst rar gesät. Trents Jagdtrieb war geweckt. Sie war zwar nicht sein Typ, aber trotzdem wollte er sie unbedingt wiedersehen.
„Danke für die Zeitung“, sagte er. „Und das mit den nächtlichen Störungen tut mir leid. Ich wollte eigentlich schon persönlich vorbeikommen, um mich zu entschuldigen.“
„Na klar.“ Ihr unverhohlener Spott machte sie für Trent nur umso reizvoller.
„Ich hatte bisher einfach zu viel zu tun.“
„Wir haben alle viel zu tun, Mr. Tanford.“
„Natürlich. Ich entschuldige mich erneut. Ich werde dafür sorgen, dass es nie wieder vorkommt. Sollte es dennoch zu weiteren ungebetenen Besuchen kommen, zögern Sie nicht, zu klopfen und mich zur Schnecke zu machen.“
„Sie finden das also lustig“, erwiderte die Frau mit hochgezogenen Brauen. Ihr Tonfall wurde zunehmend verärgert.
Trent reagierte sofort auf ihren Stimmungswechsel und versicherte ernsthaft: „Aber nein, alles andere als das!“
„Sicher doch. Und ich bin der Papst.“
„Glauben Sie mir, ich fände es auch kein bisschen lustig, mitten in der Nacht geweckt zu werden“, erklärte er.
Seine Nachbarin hob kampfbereit ihr Kinn und sah ihn skeptisch an.
„Außer es gibt einen wirklich guten Grund“, fuhr er fort.
Ihre Augen wurden schmal, und sie sah so aus, als würde sie ihm jeden Moment in die Magengrube boxen. „Ich erwarte, dass Sie noch heute Abhilfe schaffen.“
„Ich habe heute Abend sowieso kein Date.“
Sie atmete hörbar durch. „Vielleicht sollten Sie Ihren Besucherinnen einen Grundriss des Hauses zukommen lassen.“ Sie machte eine Pause und fuhr dann mit leisem Sarkasmus in der Stimme fort: „Oder vielleicht auch nicht. Die Damen haben nicht so gewirkt, als ob sie rechts von links unterscheiden können.“
Diese Frau gefiel ihm – und zwar sehr. Vielleicht war sie ja doch sein Typ? „Tatsächlich?“, fragte er.
Sie nickte. „Eine von ihnen musste ich bis zu Ihrer Haustür bringen, weil sie meine Erklärung nicht begriffen hat: dass sie einfach nur nach rechts gehen und an der nächsten Tür klopfen muss.“
Trent grinste. „Was soll ich sagen? Kluge Frauen stehen nicht auf Männer wie mich. Und Männer wie ich stehen nicht auf kluge Frauen.“