Meine Depression ist deine Depression - Maxi Gstettenbauer - E-Book
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Meine Depression ist deine Depression E-Book

Maxi Gstettenbauer

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Beschreibung

«Dieses Buch hat die gleiche Botschaft wie meine Comedy: Du bist okay. Selbst wenn du glaubst, du bist es nicht.» Maxi Gstettenbauer hat Depressionen und erleidet häufig Panikattacken – was für einen Stand-up-Comedian mit regelmäßigen Auftritten im Fernsehen und auf der Bühne keine ganz ideale Kombi ist. Dennoch: Maxi stellt sich ins Rampenlicht, ist erfolgreich, füllt Clubs und Hallen und hat keine Lust mehr, seine Erkrankung zu verheimlichen. Deshalb schreibt er dieses Buch: für all jene, die mit den gleichen Schwierigkeiten zu kämpfen haben, die verstehen wollen, wie sich eine Depression anfühlt. Und dabei wählt er eine Sprache, die seiner Comedy und seinem Publikum entspricht: klar, witzig, unverblümt und sehr unterhaltsam.

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Seitenzahl: 169

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Maxi Gstettenbauer

Meine Depression ist deine Depression

Ein Buch gegen das Alleinsein

 

 

 

Über dieses Buch

«Dieses Buch hat die gleiche Botschaft wie meine Comedy: Du bist okay. Selbst wenn du glaubst, du bist es nicht.»

 

Maxi Gstettenbauer hat Depressionen und erleidet häufig Panikattacken – was für einen Stand-up-Comedian mit regelmäßigen Auftritten im Fernsehen und auf der Bühne keine ganz ideale Kombi ist. Dennoch: Maxi stellt sich ins Rampenlicht, ist erfolgreich, füllt Clubs und Hallen und hat keine Lust mehr, seine Erkrankung zu verheimlichen. Deshalb schreibt er dieses Buch: für all jene, die mit den gleichen Schwierigkeiten zu kämpfen haben, die verstehen wollen, wie sich eine Depression anfühlt. Und dabei wählt er eine Sprache, die seiner Comedy und seinem Publikum entspricht: klar, witzig, unverblümt und sehr unterhaltsam.

Vita

Maxi Gstettenbauer, 1988 in Straubing geboren, ist Stand-up-Comedian, Moderator und Podcaster. Mit seinem mittlerweile fünften Soloprogramm «Gute Zeit» tourt der mehrfach ausgezeichnete Comedian quer durch Deutschland, Österreich und die Schweiz.

Zudem hostet Maxi als Moderator die Formate «Standup 3000» und «Roast Battle» auf Comedy Central und ist in allen relevanten Comedy-Formaten als regelmäßiger Gast zu sehen. Seit 2021 ist Maxi jeden Dienstag zusammen mit Alain Frei im Podcast «Gut abgehangen» zu hören.

Impressum

Veröffentlicht im Rowohlt Verlag, Hamburg, Dezember 2022

Copyright © 2022 by Rowohlt Verlag GmbH, Hamburg

Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt, jede Verwertung bedarf der Genehmigung des Verlages.

Covergestaltung zero-media.net, München

Coverabbildung Marvin Ruppert

Schrift Droid Serif Copyright © 2007 by Google Corporation

Schrift Open Sans Copyright © by Steve Matteson, Ascender Corp

Abhängig vom eingesetzten Lesegerät kann es zu unterschiedlichen Darstellungen des vom Verlag freigegebenen Textes kommen.

ISBN 978-3-644-01499-2

www.rowohlt.de

 

Alle angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Printausgabe.

Inhaltsübersicht

Vorwort von Torsten Sträter

Warum schreibe ich dieses Buch?

Prolog

Kapitel 0: Es braucht ein Warum

Kapitel 1: Eine neue Hoffnung

Kapitel 2: Vergeben und vergessen

Kapitel 3: Wonach suchen wir eigentlich?

Kapitel 4: Leben im Grau

Kapitel 5: Die «Warum ich?»-Wolke und ein Weg daraus

Kapitel 6: Der schwarze Hund

Kapitel 7: Meeting im Kopf

Kapitel 8: Die Schlucht

Kapitel 9: Unser Gehirn ist ein Lückenfüller

Kapitel 10: Depression ist keine Superkraft

Kapitel 11: Nullpunkt

Kapitel 12: Authentizität am Arsch

Kapitel 13: Der Barkeeper im Kopf

Kapitel 14: Der Lügner

Kapitel 15: Das richtige Mindset ist für den Arsch

Kapitel 16: Panikattacken direkt aus der Cloud

Kapitel 17: Das FC-Bayern-Syndrom

Kapitel 18: Der nächste Schritt ergibt sich

Kapitel 19: Der König gibt sich keine Mühe

Das letzte Kapitel: Perspektivwechsel

Epilog

Danke

Vorwort von Torsten Sträter

Guten Tag, Torsten Sträter hier.

Herzlich willkommen zum Vorwort.

Wollen wir uns direkt der Kernfrage, dem großen Fragezeichen, dem Elefanten im Raum zuwenden? Ja?

Ich zähle an …

1, 2, 3:

VERSUCHT HIER EINER, DAS TRENDTHEMA DEPRESSIONEN ZU MELKEN?

Gute Frage, oder?

Es gibt im Prinzip eine mehrteilige Antwort. Man kann sogar sagen: Wenn die Antwort eine Serie wäre, hätte sie vier Staffeln. Denn: Jedes wie auch immer geartete Buch, das auf Gottes blauer Kugel in die gewienerten Regale unserer geliebten Buchläden gewuchtet wird, melkt irgendein Trendthema. In der Belletristik sind das gerne Regionalkrimis mit Namen wie PANHAS PASO DOBLE oder so, dann allerhand Dystopien für Jugendliche, damit die sich schon mal gepflegt auf die nächsten fuffzig Jahre Realität einnorden können, und Sexromane mit Vampir-Drachenwesen-Arzt-Fliesenleger-Mindset-Flachwichser-Bad-Boys. Und Thriller aus Skandinavien, immer schön abseitig mit rausgepulten Augen im Dachstuhl und mit Plastilin dekorierten Leichen, Hauptsache, düster und da vorne ist ein Fjord. Stark vereinfacht gesagt.

Im Sachbuch-Segment geht’s in letzter Zeit viel um Geld. Passives Einkommen generieren, ohne vorher an aktivem vorbeigekommen zu sein, das Denken der Gewinner – die immer so aussehen, dass man sofort denkt: HALT MAL ABSTAND, DU VOGEL!, Kryptohandel für Dummies, oder kurz Kryptohandel, und überhaupt alles zur Optimierung unserer Leben, wobei mein Favorit das Buch ist, das empfiehlt, täglich um 4 Uhr 30 aufzustehen, weil man dann mehr geschafft kriegt, bevor man vermutlich um 13 Uhr mit dem Schädel in den Döner kracht und wegpennt. Tipp von mir: Verschieben Sie diese 4-Uhr-30-Routinen (Meditation, Fitness, DER ALTE MANN UND DAS MEER lesen) auf den Abend. Dann müssen Sie nicht so früh raus.

Zusätzlich gibt es noch eine Trend-App (die angeblich auch Elon Musk nutzt, statt sich um die Spaltmaße seiner Autos zu kümmern), die für Leute mit wenig Zeit die «Kernaussagen» von Sachbüchern zusammenfasst und präsentiert. Das ist das Schlimmste. Da schreibst du ein elend langes Sachbuch, um interessierten Menschen ein Thema in der gebotenen Tiefe nahezubringen, und dann kommt so eine App daher, zerpflückt ungefragt dein Buch, bezahlt auch nix, damit sich sehr schlau vorkommende Leute sich einreden können, sie hätten eine literarische Abkürzung genommen.

Vermutlich machen sie das als Nächstes mit Belletristik. Dann lautet die Kernaussage von John-Grisham-Romanen: «Ist ’ne Riesen-Firma, aber dann haben wir die Schweine drangekriegt.»

Was wollte ich sagen?

VERSUCHT HIER EINER, DAS TRENDTHEMA DEPRESSIONEN ZU MELKEN?

Zuerst einmal muss ich sagen, wie sehr ich mich darüber freue, wenn Menschen ein Buch über etwas so eminent Wichtiges wie Depressionen schreiben. Und ich freue mich, wenn das ein Trend ist. Denn Trends werden eines Tages zu einer Art Normalität, und da gehören Depressionen hin. In eine unverkrampfte, interessierte Normalität.

Auch jetzt, in diesem Moment, laufen immer noch Menschen herum, die denken, dass Depressionen nicht existieren; eine weitere Gruppe glaubt, dass Menschen mit Depressionen (ich sage nie DEPRESSIVE, das klingt wie eine Rasse aus Star Trek) in DIE GESCHLOSSENE müssen, fixiert werden, Wasserschlauch, Tranquilizer, und in der Zelle gegenüber hockt Renfield, wartet auf den Meister und frisst Fliegen.

Depressionen sind nicht sonderlich glamourös, zugegeben. Eigentlich sind sie unsichtbar. Eine saubere, stille, nicht ansteckende Krankheit. Und da uns diese Krankheit so wenig anbietet, so wenig sichtbar ist, sind wir dringend auf die Geschichten der Menschen angewiesen, die darunter leiden.

Am Ende geht’s immer um die Geschichte.

Ich habe wirklich nichts gegen die üblichen Verdächtigen, die dir in ihren Sachbüchern erzählen, dass sie ihre erste Million mit 21 hatten, weil sie jeden Mittwoch linksdrehendes Kokoswasser trinken, bevor sich die Sonne über den Schornsteinen erhebt, und diese Flugzeugträgerwerft von Tante Erika und Onkel Gustav geerbt haben.

Aber die wirklichen Geschichten sind die, die uns alle betreffen. Und das hier ist so eine. Eine wahre zudem. Schlecht auf Kernaussagen einzudampfen.

Also:

VERSUCHT HIER EINER, DAS TRENDTHEMA DEPRESSIONEN ZU MELKEN?

Die Antwort lautet: nein. Das geht nämlich gar nicht. Und es ist auch nicht wichtig.

Wenn das Buch ein Erfolg wird, ist das schön. Dann kann Maxi sich auch eine Flugzeugträgerwerft kaufen oder wenigstens einen Bildband über Flugzeugträger.

Aber dass Maxi es geschrieben hat, aufgeschrieben, um seine persönliche Geschichte zu erzählen, ist der eigentliche Erfolg. Das ist nämlich schwer.

Ein Vorwort ist leicht. Ernsthaft. Da ist kein Druck, nicht das Gefühl, etwas von sich wegzugeben, Ihnen da draußen die eigene Welt aufzuschließen.

Also: Ab in den Sessel, Teechen gemacht, Decke auf die Knie, los geht’s.

Das hier ist das Buch meines Freundes Maximilian, kurz Maxi, und bevor ich dieses Vorwort schrieb, hab ich’s gelesen.

Jetzt sind Sie dran.

Wir sehen uns.

Torsten Sträter

Warum schreibe ich dieses Buch?

Dieses Buch hat die gleiche Botschaft wie meine Comedy: Du bist okay. Selbst wenn du glaubst, du bist es nicht.

Es gibt keinen besseren Weg, über Depression zu sprechen, als über die eigene zu schreiben. Was sind meine Erfahrungen damit? Wie komme ich damit zurecht? Kann man mit Depression trotzdem glücklich werden?

 

Dieses Buch gibt es, weil ich es selbst brauche. Hier wird nicht erklärt, was Depression ist. Das wissen die Betroffenen bereits. Sie brauchen keine Erklärungen. Keine Studien. Keine Ratschläge. Sondern einfach nur zwei Worte: Ich auch.

Ich kenne das Tal. Ich habe auch Angst vor der Dunkelheit. Und deshalb bist du nicht allein.

 

Lies dieses Buch so oft, so kurz, so lang, so selten, wie du möchtest. Es ist für dich. Und wenn du dich danach weniger allein fühlst, ist die Welt vielleicht ein bisschen heller geworden.

 

Ich freue mich auf den Tag, an dem du es nicht mehr brauchst.

 

Herz.

 

Dein Maxi

Prolog

Stell dir vor, du sitzt vor einem fetten 65"-Flatscreen. 4K-Auflösung, 120 Hertz – geilste Ausstattung. So ein Teil, vor dem du im Saturn einfach nur zehn Minuten mit offenem Mund stehst und dir denkst: «ALTA, SIEHT DAS GEIL AUS!»

Dann guckst du auf den Preis und verdrückst mit jeder weiteren «9» darin eine kleine Träne. Aber stell dir vor, du könntest dir dieses fette Teil für 9999 Euro leisten. Das steht jetzt bei dir zu Hause. Neben dir auf dem Sofa sitzt dein Kumpel, der den gleichen Fernseher hat. (Er meinte, er könne sich den leisten. Du fragst nicht weiter nach. Vermutlich Bitcoins oder ETFs. Er war schon immer komisch.) Er hat ihn mitgebracht und ihn neben deinem TV abgestellt und angeschlossen.

Ihr sitzt beide auf deiner Couch und guckt auf dem jeweiligen Fernseher den gleichen Film. Sagen wir mal, Avengers: Endgame. Oder irgendeinen anderen Film mit richtig geiler Action. Hauptsache, viel Bumm-Bumm.

Kann doch nicht besser laufen, oder? Geiler TV, bester Kumpel, krasser Film – jetzt noch Chips und ein alkoholisches Kaltgetränk, dann kann dir der steigende Meeresspiegel für die nächsten 90 Minuten komplett am Arsch vorbeigehen!

Der Film geht los. So nach 40 Minuten fällt dir auf: Der Film bockt dich irgendwie nicht. Das irritiert dich. Weil es eigentlich genau dein Ding ist. Die Explosionen sind fett. Die Geschichte ist auch ganz okay. Woran liegt es?

Dein Kumpel hingegen geht total ab. Meine Güte, der ist schon beim vierten Bier! Totale Ekstase bei dir auf dem Sofa. Na toll. Der soll mal aufpassen, dass er nix verschüttet! Er sieht die gleichen Szenen wie du. Er hat den gleichen Geschmack wie du. Warum rastet er komplett aus, aber dir geht der Film am Sack vorbei? Ist irgendwas kaputt?

Du kommst ins Grübeln. Warum kann ich mich nicht über diesen Film freuen? Hab ich was falsch gemacht? Du hältst den Film an. «Sag mal …», fragst du deinen Kumpel, «… ist der Film richtig scheiße, oder check ich irgendwas nicht?» Dein Kumpel kann’s nicht fassen. «WAAAAAAAS? ALTA! Hast du nicht gesehen? Die Stelle mit den Portalen? Wo alle zusammenkommen und Thanos aufs Maul geben? DAS WAR SO KRASS!!! Spider-Man, der den Handschuh fängt? OH! MEIN! GOTT!»

Du bist völlig irritiert. Wo kommt diese Euphorie her? Dann fällt dir auf, dass du schon länger nicht mehr euphorisch warst. Dass du gar nicht mehr weißt, wie sich das anfühlt. Die Freude deines Kumpels wirkt auf einmal abstoßend auf dich. Weil du merkst, dass du das nicht mehr bist. Du kannst das gar nicht mehr. Wie kann man bei einem Film so abgehen? Was stimmt nicht mit dir?

Es folgt die Erkenntnis: Du kannst das nicht mehr. Du weißt nicht mehr, wie das geht. Sich zu freuen. Etwas zu genießen. Dir wird klar, dass du seit geraumer Zeit nur noch Routinen abspulst, aber keinen wirklichen Kontakt zu dir spürst. Weder zu dir noch zu den Menschen um dich herum.

Das Leben erreicht dich nicht mehr. Da kann es noch so viel bumm-bumm machen. Du bist einfach nicht da. Es zieht an dir vorbei und spielt überhaupt keine Rolle mehr. Du hast keine Beziehung zu dir. Du bist dir egal. Alles ist egal. Keine Kraft. Kein Grund. Alles sinnlos.

Du ziehst dich zurück. Gehst in dein Zimmer.

Drei Tage später. Du hast immer noch die gleichen Klamotten an. Warum auch nicht? Ist doch egal. Du hast auch nicht die Kraft, irgendwas daran zu ändern. Weil du dir dann auch überlegen müsstest, was du anziehst, weil andere Leute sonst wieder irgendeine Scheiße über dich erzählen. Du musst gut aussehen. Die können sich alle ficken gehen. Alles dumme Arschlöcher da draußen. Die haben keine Ahnung. Die wissen gar nichts.

Du ziehst dich immer mehr zurück. Es ist die einzige Richtung, die du kennst. Du machst das nicht absichtlich. Du weißt einfach nicht, wie es sonst gehen soll. Du hast keine Ahnung. Du bist wertlos. Alles ist sinnlos. Hoffnungsloser Fall.

Dein Kumpel klopft an der Tür. «Digger?»

Du sagst nichts. Warum solltest du auch was sagen? Alles sinnlos. Der kapiert doch eh nix. «Also, ich wollt dir nur sagen … ich hab Bier auf deiner Couch verschüttet. Tut mir voll leid! Hab mir Sorgen gemacht und hab unten auf dich gewartet, da bin ich wohl eingepennt. Dann bin ich aufgewacht, und dann ist mir das Bier umgekippt. Sorry!»

Du antwortest nüchtern: «Das ist drei Tage her.» Dein Kumpel: «Ja, komm schon. Das ist ’ne erfundene Geschichte und dient sowieso nur als Metapher, weil der Autor was über Depressionen sagen will. Spiel einfach mit, wir kommen nämlich gleich zum wahren Sinn hinter dieser Geschichte.»

Du reagierst nicht. Du kannst gar nicht reagieren. Seine Euphorie irritiert dich immer noch. Warum kann er glücklich sein und du nicht? Ihr habt doch den gleichen Fernseher! Wahrscheinlich bist du einfach ein Geburtsfehler.

«Ach, übrigens. Mir ist eine Sache aufgefallen!», sagt dein Freund, kurz bevor er gehen will. «Weißt du, dass dein TV auf Schwarz-Weiß eingestellt ist?»

«Und das ist wichtig, weil?», fragst du.

«Na ja. Das erklärt, warum du den Film nicht gut fandest! Wenn die Farbe weg ist, sieht alles irgendwie gleich aus. Man sieht gar nicht die ganzen Unterschiede, die Details, diese ganzen Kleinigkeiten, die es so spannend machen! Selbst die größte Explosion sieht in Schwarz-Weiß völlig langweilig aus. Wusstest du, dass die sechs Infinitysteine unterschiedliche Farben haben? Oder dass Iron Man unterschiedliche Rüstungen hat? Jede ’ne andere Farbe! Alles unterschiedlich. Ohne Farbe fände ich den Film auch eher traurig.»

Du rappelst dich in deiner Pikachu-Unterhose auf und fragst: «Das heißt, ich kann den jetzt einfach auf Farbe umstellen, und gut ist?»

Dein Freund erwidert: «Na ja, so einfach ist das nicht. Die Farbe umstellen dauert, du bist es ja gewohnt, die Sachen in Schwarz-Weiß zu sehen. Du denkst, der Film ist wirklich so. Das muss dir ja erst mal auffallen. Wir müssen langsam anfangen, und nach und nach kommt die Farbe wieder. Aber das können wir nicht alleine machen. Wir brauchen da jemanden, der uns hilft. Einen Profi.»

«Das heißt, ich bin nicht kaputt?», fragst du ungläubig.

«Das sowieso nicht. So ist das halt. Viele Menschen gucken ihren Film schwarz-weiß. Das ist ja kein Verbrechen. Man ist auch nicht kaputt. Man muss nur wissen, dass der Fernseher falsch eingestellt ist. Und nur weil einen der Film aktuell nicht flasht, heißt das nicht, dass man kaputt ist. Da muss man keinen Schuldigen suchen. Das kriegt man irgendwie hin mit der Zeit.»

«Wow. Okay», sagst du erleichtert. «Aber es dauert doch sicher ewig, bis man so einen Profi findet, oder?»

«Leider ja. Du hast das neueste Modell! Mit HDMI 2.1 und dem ganzen Bums! Gibt nicht viele, die davon ’ne Ahnung haben.»

«Das heißt, solange muss ich mit dem Schwarz-Weiß leben?»

«Nicht unbedingt. Wenn du weißt, dass nur der Fernseher blöd eingestellt ist und nicht der Film das Problem ist, dann hilft dir das vielleicht, nicht alles so ernst zu nehmen.»

Du weißt nicht wieso, aber du lächelst. «Dann werde ich mal duschen gehen, oder?»

«Ja, sicher!», meint dein Kollege. «Dein Sofa ist eh noch dreckig. Ich mach das gleich fertig.»

Du stehst unter der Dusche und merkst, wie die alten Urteile von dir abfallen. Zum ersten Mal spürst du wieder ein gutes Gefühl. Du kannst es nicht genau einordnen, weil es lange her ist. Es erinnert dich an Hoffnung.

Kapitel 0: Es braucht ein Warum

Das ist jetzt das zwölfte Mal, dass ich dieses Kapitel anfange. Es ist zum Verrücktwerden! Langsam habe ich echt keinen Bock mehr. So geht es mir ständig. Ich fange irgendwas an, dann fühlt es sich irgendwie nicht perfekt an, dann lass ich es wieder. Dann schreibe ich wieder etwas, dann fällt mir wieder nix ein, und dann google ich nach Atemübungen gegen Schreibblockaden. Dann schreibe ich meinem Therapeuten, warum ich wieder eine Schreibblockade habe. Der sagt: «Herr Gstettenbauer, Ihr Perfektionismus hindert Sie am freien Ausdruck …» Bla, bla, bla, bla. Dann schreibe ich meinem Coach, ob mein Therapeut recht hat. Und so weiter und so weiter … Nichts ist gut genug – vor allem ich nicht.

 

Willkommen in meinem Kopf.

 

Mein Name ist Maxi Gstettenbauer. Ich leide an Depressionen. Sie führen dazu, dass ich oft monatelang kein Wort zu Papier bringe, was für einen Künstler echt scheiße ist. Außerdem kommt es manchmal vor, dass ich wochenlang kaum reden möchte und niemanden sehen kann – was für einen Vater, Ehemann und Comedian auch nicht optimal ist. Manchmal verstecke ich mich vor der Welt und will mit niemandem etwas zu tun haben.

Vor Auftritten habe ich regelmäßig Panikattacken. Das ist für mich schon fast wie Yoga. Ich bin es gewohnt. Panik zu haben, ist mein Atmen. Business as usual. Was das Ganze noch verschlimmert: Wenn du mit mir sprächest, würdest du nie vermuten, dass ich unter Depressionen leide. Ich komme nämlich ganz unspektakulär daher. Ich zerlege keine Hotelzimmer. Ich konsumiere keine Drogen. Ich habe keine Affären, keine größeren Suchtprobleme, trinke keinen Alkohol – ich habe für solche Spielereien keine Zeit. Depression ist nämlich ein Fulltime-Job.

Wenn Menschen mich fragen (was sie nie tun, aber für dieses Buch behaupte ich es einfach mal ganz keck): «Wie fühlt sich Depression an?», dann kann ich nur auf den Film Matrix verweisen. Als Neo das erste Mal auf Morpheus trifft und der zum Monolog des Jahrtausends ansetzt:

 

«Was du weißt, kannst du nicht erklären, aber du fühlst es. Du hast dein ganzes Leben lang gespürt, dass mit der Welt was nicht stimmt. Du weißt nicht, was es ist, aber du weißt, es ist da, wie ein Splitter in deinem Verstand, der dich zum Wahnsinn treibt.»

Ich fühle das hart. Irgendwas ist verkehrt, und du kriegst den Finger einfach nicht drauf.

Die Corona-Krise hat dafür gesorgt, dass dieser Splitter in noch mehr Köpfen steckt. Auch in meiner Branche ist das Thema mentale Gesundheit on fire. Klar. Künstler haben krankes Kopfkino. Nix Neues. Ab und zu rede ich mit Kolleg:innen eben über Depression. Dann kommt der schlimmste Satz überhaupt: «Du solltest mal ein Buch darüber schreiben!»

Nein. Ganz bestimmt nicht.

Bücher schreiben ist das neue Töpfern. Jeder meint, er/sie/divers müsse zu jedem Thema irgendein Buch schreiben. Es gibt sogar einen Fernsehmoderator, der ein Buch über das Laufen geschrieben hat. Über das Laufen! Was schreibt man bitte in einem Buch über das Laufen? «Erst den linken Fuß, dann den rechten Fuß!» Dafür mussten Bäume sterben? Das Buch hat 138 Seiten. Ich hasse jede einzelne davon.

Jetzt liest du also mein Buch. Scheiße. Wie konnte es nur so weit kommen? Dieses Buch ist für mich harte Arbeit. Jedes Wort quält sich aus mir heraus. Manchmal werfe ich zwischen den Sätzen einfach Gegenstände durchs Zimmer, weil ich es nicht aushalten kann, was für einen Quatsch ich hier schreibe. Niemals wollte ich ein Buch schreiben.

 

Warum also?

 

Es reichte eine einzige Begegnung. Eine junge Dame kam nach einem Auftritt zu mir. Der Abend lief in meiner Wahrnehmung wie immer suboptimal. Bei der Autogrammstunde danach konnte ich kaum jemandem in die Augen blicken, weil ich fest davon überzeugt war, eine so katastrophale Vorstellung abgeliefert zu haben, dass Loriot von den Toten auferstehen würde, nur um sich danach umzubringen. Auch das Feedback der Zuschauer war für mich nichts als Lügen.

«War wirklich eine tolle Show!»

«Danke für das viele Lachen!»

«Selten so gelacht!»

Lügner. Alles Lügner.

 

Auch das ist ein Symptom von Depression. Man kann einfach nicht gut abschneiden. Deshalb akzeptiert man seinen Platz. Und jeder Mensch, der es gut mit einem meint, wird kritisch beäugt, denn mit dem muss ja irgendwas verkehrt sein. Man selbst ist ja scheiße und total überzeugt davon. Wer mich also gut findet, muss einen Schaden im Kopf haben. Er weiß es nur noch nicht. Aber ich weiß es!

Da wären wir beim nächsten Symptom von Depression. Kolossale Arroganz und brutalste Selbstentwertung wechseln sich geschmeidig im Discofox ab. Man ist das größte Stück Scheiße auf dieser Welt, und niemand kann das besser beurteilen als man selbst. Anstrengend und einfach falsch.