Menschliches Herz, kosmisches Herz - Thomas Cowan - E-Book

Menschliches Herz, kosmisches Herz E-Book

Thomas Cowan

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Beschreibung

»Dieses Buch hat mich umgehauen ...«

»Ich dachte, ich würde nur die interessanten Memoiren eines guten Arztes lesen. Stattdessen entdeckte ich die bahnbrechendste, unorthodoxeste, unkonventionellste Abhandlung über das Herz, die mir je untergekommen ist. Wenn Sie ein Herz haben und lange leben wollen, ist dieses Buch absolute Pflichtlektüre.« Ben Greenfield, New-York-Times-Bestsellerautor

»Was passiert, wenn Ärzte das Herz als mechanische Pumpe betrachten? Wir bekommen es mit schaurigen Operationen, Medikamenten mit grauenhaften Nebenwirkungen und seelenlosen fettarmen Diäten zu tun. Tom Cowan lädt uns ein, einen ganz neuen Blick auf das Herz zu werfen, und beginnt mit dem Nachweis, dass das Blut das Herz in Bewegung versetzt, und nicht umgekehrt. Diese Beobachtung bildet die Grundlage für eine Methode zur Behandlung von Herzkrankheiten, die wirksamer, sanfter und erfolgreicher ist als konventionelle Therapien. Mit der Schilderung entscheidender Ereignisse aus dem Leben des Verfassers und den daraus gewonnenen Erkenntnissen [...] wird Menschliches Herz, kosmisches Herz Ihren Blick auf den Prozess des Heilens und die wunderbare Welt des menschlichen Körpers verändern.« Sally Fallon Morell, Präsidentin der Weston A. Price Foundation

Mit 20 Jahren stieß der College-Absolvent Thomas Cowan auf die bahnbrechenden Erkenntnisse von Weston A. Price und Rudolf Steiner. Die Faszination, die diese Arbeiten auf Dr. Cowan ausübten, hielt auch während seines gesamten Medizinstudiums und des Aufbaus seiner ärztlichen Praxis an; besonders fesselte ihn Steiners provokante These, dass das Herz keine Pumpe ist. Wenn Steiner recht hatte, welche Rolle spielt das Herz dann wirklich im Körper?

In dieser zutiefst persönlichen, sich selbst nicht schonenden und fesselnden Schilderung zeigt Dr. Cowan nicht nur, dass Steiner recht hatte, sondern auch, dass unser Verständnis von Herzkrankheit vollkommen falsch ist. Dieses Missverständnis ist der Grund dafür, dass Herzkrankheiten die häufigste Todesursache weltweit sind.

Dr. Cowan bietet einen revolutionären neuen Weg zum Verständnis des wichtigsten Organs in unserem Körper und zeigt, wie wir am besten dafür sorgen - und für uns selbst.

»Es gibt nur wenige Bücher im Jahr, die es meiner Meinung nach wirklich verdienen, in jeder Bibliothek zu stehen. Dies ist eines von ihnen. Es ist vollgepackt mit großartigen Informationen und kann Ihr Leben oder das Leben von jemandem, den Sie lieben, retten.« Dr. Joseph Mercola

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1. Auflage Oktober 2024

Copyright © 2016 by Thomas Cowan Kopp Verlag e. K. edition published by arrangement with Chelsea Green Publishing Co, White River Junction, VT, USAwww.chelseagreen.com

Titel der amerikanischen Originalausgabe:Human heart, cosmic heart

Copyright © 2024 für die deutschsprachige Ausgabe bei Kopp Verlag, Bertha-Benz-Straße 10, D-72108 Rottenburg

Alle Rechte vorbehalten

Übersetzung aus dem Amerikanischen: Angelika Orpin Satz und Layout: Mohn Media Mohndruck GmbH, Gütersloh Covergestaltung: Martina Kimmerle

ISBN E-Book 978-3-98992-055-2 eBook-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

Gerne senden wir Ihnen unser Verlagsverzeichnis Kopp Verlag Bertha-Benz-Straße 10 D-72108 Rottenburg E-Mail: [email protected] Tel.: (07472) 98 06-10 Fax: (07472) 98 06-11

Unser Buchprogramm finden Sie auch im Internet unter:www.kopp-verlag.de

Widmung

Ich widme dieses Buch meinen Enkelkindern Ben, Sam, Amiya, die jetzt schon auf der Welt sind, und meinen zukünftigen Enkelkindern. Mögen sie eines Tages in einer Welt leben, deren Triebkräfte Freude, Ehrlichkeit und Freiheit sind.

Zitate

»Man hält mich für verrückt. Mag sein, dass man recht hat. In diesem Fall spielt es keine Rolle, ob ein Narr mehr oder weniger auf der Welt ist. Wenn es aber so ist, dass ich recht habe und dass die Wissenschaft irrt, dann möge der Herr sich der Menschheit erbarmen.«

Viktor Schauberger

»Tränen kommen von Herzen und nicht vom Verstand.«

Leonardo da Vinci

Kapitel 1: Der ungläubige Thomas

KAPITEL 1

Der ungläubige Thomas

Ich sehe mich noch im Alter von 16 Jahren erschöpft und zusammengesunken auf der Bank in der Umkleidekabine sitzen. Meine Mannschaftskameraden haben längst geduscht und sind nach Hause gegangen. Irgendwann steckt Trainer Callaway den Kopf zur Tür herein und bellt: »Trödel nicht so rum, Cowan! Ich muss hier abschließen.«

Angst habe ich nicht, ich wundere mich nur.

Ich kann mir einfach nicht erklären, warum ich nicht in Form komme, obwohl ich an 5 Tagen in der Woche intensives Basketballtraining mache. Unsere Mannschaft war eine der zehn besten in Michigan, sogar bei Spielen gegen die städtischen Schulen, die regelmäßig Spieler an Topcolleges oder gelegentlich in die NBA schickten, und unser Training war mörderisch hart. Wenn ich es nicht schaffte, zehn Freiwürfe hintereinander zu versenken, ließ Trainer Callaway, dessen Ehrgeiz sich nicht auf das Coaching von Highschool-Teams beschränkte, uns Runden laufen. Unsere Spielweise und unsere Strategie bestanden darin, die gegnerische Mannschaft zu überrennen.

Und obwohl unser Training schon lange beendet ist, rast mein Herz immer noch – mein Puls ist von 72 Schlägen pro Minute auf 200 hochgeschossen –, und ich kann nichts dagegen machen, nur warten, bis es vorbei ist. Ich erzähle niemandem davon, weil ich mich für meine schlechte Kondition schäme und Angst habe, dass wertvolle Spielzeit verloren geht, wenn ich mir anmerken lasse, wie kaputt ich mich fühle. Wenn mein Herz sich dann beruhigt hat, schleppe ich mich durch die Dunkelheit heim zu unserem Haus in einem Vorort von Detroit.

◊◊◊

Meine früheste deutliche Erinnerung ist, wie ich mich in meinem Schlafzimmerschrank versteckt habe, voller Wut auf die Welt und doch hoffend, dass irgendjemand (meistens meine Mutter) kommen, ein freundliches Wort sagen und mich aus meinem Elend erlösen würde. Was diese spezielle Episode ausgelöst hat, weiß ich nicht mehr, aber ich erinnere mich, dass so etwas ziemlich häufig vorkam und ich schon von klein auf am liebsten allein und nur selten mit anderen Kindern spielte, auch wenn sich die Gelegenheit dazu bot. Ich sprach wenig, und wenn, dann stotternd und mit einem Sprachfehler, aufgrund dessen ich kein L aussprechen konnte.

Als ich 6 Jahre alt war, brachten meine besorgten Eltern mich zu einem Kinderpsychiater, der ihnen sagte, dass ich einfach viel nachdächte und mich vielleicht eines Tages dazu entschließen würde, meine Gedanken mitzuteilen. Es gab keine weiteren Besuche, keine Therapie, überhaupt keine Intervention – etwas, wofür ich bis heute zutiefst dankbar bin, vor allem wenn besorgte Eltern mit ihren kleinen Kindern zu mir in die Praxis kommen.

In der Schule bekam ich eine Therapie, um die Sprachstörung zu beheben, und als ich etwa 7 Jahre alt war, hörte ich auf zu stottern. Meine Sprachlehrerin sagte, ich sei der einzige ihrer Schüler, der einen Sprachfehler erfolgreich und vollständig überwunden habe. Das lag daran, dass ich eines wirklich gut konnte, nämlich Dinge bis zur Perfektion üben, vor allem solche Dinge, die ich allein tun konnte und bei denen ich nicht Teil einer Gruppe sein musste. Ich verbrachte Stunden vor dem Spiegel damit, meine Zunge in die richtige Position zu bringen, während ich Wörter wiederholte, die mit L anfingen.

Auf die gleiche Weise übte ich auch unermüdlich alle möglichen anderen körperlichen Fähigkeiten. Mit 3 Jahren konnte ich einen Ball fangen, ganz gleich, wie hoch mein Vater ihn warf. Später baute ich in meinem Zimmer einen Basketballplatz auf, mit der Folge, dass ich den Teppich durchwetzte, bis das Holz darunter zum Vorschein kam. Ich übte stundenlang Golf, schoss stundenlang Hockeypucks in einen Schuhkarton und warf stundenlang Gummibälle auf die an der Seitenwand unseres Hauses aufgemalte Trefferfläche – immer allein und immer daran arbeitend, meine Technik und Form zu perfektionieren. Schon als 6-Jähriger fand ich einen fehlerhaften Wurf oder eine unsaubere Fußarbeit bei einem Reverse Layup unerträglich. Wenn ich etwas nicht konnte, übte ich es so lange, bis ich es konnte. Meine Kondition und mein Auftreten mussten perfekt sein. Alles, was ich mir in den Kopf setzte, musste ich bis in die letzte Konsequenz beherrschen.

Dieses Streben nach Beherrschung lag im Widerstreit mit einer natürlichen Skepsis, wie sie Kinder häufig an den Tag legen, bevor das Erwachsenenalter uns mit Scheuklappen ausstattet. Ich lernte die Reihenfolge der amerikanischen Präsidenten auswendig, bis ich sie vorwärts und rückwärts aufsagen konnte, und las jede Geschichte über die amerikanischen Ureinwohner und ihre Lebensweise, aber gleichzeitig konnte ich mir keinen Reim darauf machen, wie sich die amerikanische Geschichte entwickelt hatte, die so oft von der Gier nach Geld, Land, Besitz und Macht getrieben war und ist – es sollte doch Freiheit und Gerechtigkeit für alle geben. Und ich versuchte zu verstehen, wirklich zu verstehen, was an Gold so besonders war. Ich mochte Dinge, die man essen konnte, und sah ein, dass Geld einen praktischen Wert hat, aber ich verstand nicht, warum die Leute so viel Aufhebens um Gold machten, das man nicht einmal essen kann und das, zumindest soweit ich erkennen konnte, keinen Wert an sich zu besitzen schien. Es gibt viele Dinge, die nicht verderben und mit denen man handeln könnte. Aber warum Gold? Mir wurde früh klar, dass Erklärungen von Erwachsenen oft keinen Sinn ergeben.

Manchmal nannten mich die Lehrer einen ungläubigen Thomas, weil es mir so schwerfiel, Autoritätspersonen oder Lehrer zu akzeptieren, vor allem, wenn ich auf meine Frage »Warum?« die Antwort bekam: »Weil jemand das gesagt hat.« Aber ich lernte, in einer Welt voller Widersprüche zu leben, zumindest bis zu einem gewissen Grad, obwohl mir Widersprüche nie entgingen. Mein Vater und mein Großvater waren Zahnärzte, und mir war klar, dass ich Arzt werden sollte, obwohl ich den Gedanken daran furchtbar fand. Einmal ließ mich mein Vater einen Tag mit einem seiner Ärztefreunde verbringen – »Das ist Tommy. Er möchte einmal Arzt werden.« –, und eine fettleibige afroamerikanische Patientin kam herein und beklagte sich über ihren hartnäckigen chronischen Husten: »Dr. Klein, warum geht mein Husten nicht weg?«, fragte sie, während ich in der Nähe stand und zuhörte.

»Das liegt daran, dass die Luft in Detroit so schlecht ist«, antwortete er.

»Und wieso husten Sie dann nicht?«, antwortete sie.

Ich prustete los vor Lachen und wurde nicht eingeladen wiederzukommen.

In Detroit herrschten damals heftige Rassenspannungen. 20 Prozent der Schüler an unserer Vorstadtschule waren Afroamerikaner, die mit Bussen aus ihren Wohnsiedlungen zur Schule gebracht wurden. Die meisten anderen von uns waren Juden. Die jüdischen und afroamerikanischen Schüler hatten wenig miteinander zu tun, wurden nicht gemeinsam unterrichtet und trafen normalerweise höchstens im Streit aufeinander. Aber ich war einer der Stars in einer ansonsten ausschließlich schwarzen und sehr erfolgreichen Basketballmannschaft. Ich wurde zähneknirschend akzeptiert, wenn auch nie herzlich aufgenommen, weil ich einige nützliche Fähigkeiten besaß – vor allem einen perfekten Sprungwurf –, obwohl ich mit dem sozialen Umfeld im Team immer meine Schwierigkeiten hatte. Man gab mir den Spitznamen »der Professor«, aber ich konnte gut werfen, also blieb ich dabei.

◊◊◊

Im Sommer schickten mich meine Eltern ins Ferienlager, was ich hasste, weil die Betreuer mich zwangen, an Gruppenaktivitäten teilzunehmen, anstatt mich in Ruhe machen zu lassen, was ich wollte. Aber jedes Jahr gab es eine einwöchige Kanutour durch die Wildnis des Algonquin Provincial Park im Norden Ontarios, einem Paradies mit einem Netz aus mehr als 1000 Meilen miteinander verbundenen Kanurouten. Ich liebte das Gefühl, das diese Kanufahrten mir vermittelten, ein Gefühl, das ich im Alltag in der Vorstadt von Detroit nie wiedergewinnen konnte. Ich war so glücklich und mit mir im Reinen, dass ich den engen tagtäglichen Kontakt zu anderen Menschen ignorieren konnte.

Als ich 17 war, brachen meine Schwester, ein paar Freunde und ich allein zu einer einwöchigen Kanutour in den Algonquin Provincial Park auf. Es war magisch. Die Ruhe, das Gefühl von Freiheit, sogar die Entwicklung von Beziehungen und tieferen Verbindungen zu den anderen Menschen auf dieser Tour waren etwas, was ich nie zuvor erlebt hatte.

Am letzten Abend unserer Tour, als wir in der Mitte eines Sees trieben, dessen Namen ich längst vergessen habe, leuchtete das Nordlicht eine ganze Stunde lang für uns. Nordlicht ist für jeden, der es erlebt, etwas Magisches, aber für uns war es besonders eindrucksvoll, denn wir hatten gar nicht gewusst, dass es so etwas überhaupt gibt. Den letzten Tag unserer Reise und die Heimfahrt verbrachten wir mit Gesprächen über Gott und unsere mystische Erfahrung.

Diese Lichter vermittelten mir zum ersten Mal eine Erfahrung von Ehrfurcht und das Gefühl, auf irgendeine Art mit dem Kosmos verbunden zu sein. Ich hatte das Gefühl, als hätte ich den Finger an den Puls von etwas gelegt, das sehr real war. Im tiefsten Kern meines Wesens, im Herzen, wusste ich, dass es sich um die Erfahrung von etwas Wahrem und unendlich Mächtigem handelte.

◊◊◊

Zeit meines Lebens habe ich das Herz voller Ehrfurcht betrachtet, sowohl was die medizinischen, physischen und anatomischen Aspekte betrifft als auch in einem umfassenderen, spirituellen und geistlichen Sinn. Es hat mir die einzige schwere Krankheit beschert, mit der ich mich je auseinandersetzen musste, mir aber auch die wichtigsten Einsichten geschenkt über die Bedeutung wahrhaftiger Liebe und Verbundenheit mit anderen Menschen und mit der Welt. In meinem Ringen um Verständnis dafür, was es tatsächlich im Körper bewirkt, hat es mich vor körperliche ebenso wie intellektuelle Herausforderungen gestellt, und es war mir ein Kompass auf meinen Weg als Mensch und als Arzt. Für den kleinen Jungen und seine ersten Blicke in die Welt, für den jungen Arzt, der zum ersten Mal in die Welt hinausging, um Menschen zu Heilung und Genesung zu verhelfen, und jetzt für den älteren Mann, Ehemann und Großvater, der zurückblickt auf sein Leben und die Fäden, die es durchziehen, sehe ich mein Herz, das menschliche Herz, das kosmische Herz, im Zentrum von allem.

Wenn ich auf mein Leben zurückblicke und der Welt entgegensehe, wie meine Enkel sie erleben werden, weiß ich, dass das Herz eine Quelle von Krankheit sein kann – und das ist es für viel zu viele Menschen –, aber ebenso auch eine Quelle der Gesundheit. Wir müssen uns um ein tieferes, genaueres Verständnis dessen bemühen, was das Herz schlagen lässt. Wir müssen auf neue Art und Weise untersuchen, wie das Blut im Körper zirkuliert, und unsere Auffassung darüber revidieren, warum und wie das Herz erkrankt und wie ein kränkelndes Herz gesunden kann. Und wir müssen dabei den Gesamtzusammenhang der Gesellschaft und ihrer Ungerechtigkeiten, unserer Ökosysteme und der Schäden, die wir diesen zugefügt haben, berücksichtigen – genauso wie wir auch in der Therapie das Herz nicht isoliert betrachten dürfen, sondern im Blick haben müssen, wie es in die Gesamtheit des Körpers eingebettet ist.

Kapitel 2: Der Kreislauf

KAPITEL 2

Der Kreislauf

Im Jahr 1628 veröffentlichte ein englischer Arzt namens William Harvey ein Buch mit dem Titel ExercitatioAnatomica de Motu Cordis et Sanguinis in Animalibus(AnatomischeStudien über die Bewegung des Herzens und des Blutes beiTieren), das oft auch einfach als De Motu Cordis bezeichnet wird. Es sollte zu einem wegweisenden Werk in der Kardiologie werden. Zum Zeitpunkt seiner Veröffentlichung – auf dem Höhepunkt der wissenschaftlichen Revolution in Europa – stieß De Motu Cordis sowohl auf Lob als auch auf Ablehnung. Heute gilt Harvey als einer der bedeutendsten Wissenschaftler und Ärzte aller Zeiten: für seine Studien über den Kreislauf, seine Beschreibung des Herzens als Pumpe, seine empirische Methodik – und dafür, dass er der Theorie des Vitalismus den Todesstoß versetzte.

Bis zu Harveys Veröffentlichung von De Motu Cordis waren die Vorstellungen über den Kreislauf von den Ansichten des griechischen Arztes Galen geprägt. Nach Galen war die Leber der Ursprung des venösen Blutes, und Blut und Pneuma flossen aus dem Herzen in das arterielle System. Dr. Harvey, der auch Leibarzt von König James I., König Charles I. und Sir Francis Bacon war und zu einem späteren Zeitpunkt seiner Karriere Frauen gegen Anschuldigungen der Hexerei verteidigte, lehnte die Vorstellung einer Lebenskraft als Motor für die Bewegung des Blutes durch den Körper ab. Die meisten Wissenschaftler unserer Zeit teilen seine Ansicht und bestreiten weiterhin, dass eine unsichtbare Kraft die Körperfunktionen steuert. Harveys Beschreibung des Herzens als Pumpe bleibt eine der wichtigsten Grundlagen der modernen Medizin und Physiologie.

◊◊◊

Ich machte mir bereits keine Illusionen mehr hinsichtlich der Weltsicht der Moderne – des herrschenden Paradigmas, des Industriekapitalismus, wie immer man es nennen will –, als ich zum ersten Mal auf Rudolf Steiners Gedanken zu den drei wichtigsten »Punkten« für die weitere Entwicklung der Menschheit stieß: (1) dass die Menschen aufhören, für Lohn zu arbeiten, (2) dass die Menschen erkennen, dass zwischen sensorischen und motorischen Nerven kein Unterschied besteht und (3) dass das Herz keine Pumpe ist.

Da ich schon in so vieler Hinsicht skeptisch geworden war, bedeutete die Begegnung mit diesen Ideen – und damit auch mit Steiners Weltanschauung – für mich keine solche quälende Auseinandersetzung wie für manche anderen Menschen. Meine Reaktion auf die Begegnung mit der Gedankenwelt und Weltanschauung Steiners war Überraschung, aber nicht Ungläubigkeit. Es fühlte sich vielmehr wie ein Nach-Hause-Kommen an. Wie etwas, was ich schon immer gewusst hatte, das aber nie so klar ausgesprochen worden war.

Vor allem interessierte mich Steiners Vorstellung, dass das Herz keine Pumpe ist. Dieser Gedanke sollte mich jahrzehntelang faszinieren und mich dazu bringen, alles infrage zu stellen, was ich über das Herz und den Kreislauf gelernt hatte. Unter Kreislauf verstehe ich die Bewegung des Blutes in den Blutgefäßen, von denen es grundsätzlich drei Arten gibt: Arterien, Venen und Kapillaren. Wenn das Blut das Herz verlässt, fließt es durch den großen Aortenbogen in die großen Arterien und dann in die kleinen Arteriolen, bis es auf die »Mitte«, also die Kapillaren, trifft.

Kapillaren sind die nur eine Schicht starken Gefäße, in denen sich der Übergang oder Austausch von Nährstoffen und Gasen zwischen dem Blut und den Zellen abspielt. Das Kapillarsystem ist riesig; würde man es ausbreiten, so würde es mindestens ein ganzes Fußballfeld bedecken. 1 Nach dem Verlassen der Kapillaren tritt das Blut auf seinem Rückweg zum Herzen in die kleinsten Venolen ein. Von den kleinen Venolen gelangt es in immer größere und schließlich in die größten Venen, wie die untere und die obere Hohlvene, die das gesamte Blut aus dem Körper zurück zum Herzen und zur Lunge führen. Der Zweck dieses Kreislaufs ist es, sauerstoff- und nährstoffreiches Blut zu den Zellen zu bringen, wo es benötigt wird, und dann das sauerstoffarme, nährstoffarme Blut wieder zum Herz und zur Lunge zu transportieren, damit es wieder mit Sauerstoff aufgefüllt werden kann.

Selbst diese einfache Beschreibung des Kreislaufs birgt tiefe Geheimnisse. Obwohl sie etymologisch nicht zusammenhängen, deuten die Worte Arterien (Ares oder Mars) und Venen (Venus) auf eine kosmische oder nicht irdische Verbindung hin. Und das Herz – das Menschen seit Jahrtausenden mit der Sonne assoziieren – liegt zwischen diesen archetypischen männlichen und weiblichen Prinzipien. Jede Hälfte des Kreislaufs weist ein archetypisches Krankheitsbild auf: Die Arterien sind der Ort, an dem Bluthochdruck, eine vorwiegend männliche Krankheit, auftritt. Die Venen sind anfällig für Krampfadern, eine überwiegend weibliche Erkrankung.

Wenn man die relative Geschwindigkeit des Blutes in den verschiedenen Etappen des Blutkreislaufs untersucht, so stellt man fest, dass sich das Blut in den großen Arterien und Venen, wo es in eine vergleichsweise geringere Anzahl von Kanälen gezwungen wird, am schnellsten bewegt, und am langsamsten in den Kapillaren, weil dort die Kanäle so zahlreich sind. Dies ist vergleichbar mit der Bewegung des Wassers in einem Fluss. Sie ist da am schnellsten, wo der Fluss schmal ist, langsamer, wo er sich in Nebenarme verzweigt, und am langsamsten, wo er sich in einem Feuchtgebiet ausbreitet.

Erstaunlich ist, dass das Blut in den Kapillaren tatsächlich zum Stillstand kommt, und dieser Stillstand ist erforderlich für den effizienten Austausch von Gasen, Nährstoffen und Abfallprodukten. Nachdem das Blut aufgehört hat, sich zu bewegen, oszilliert es leicht, mit dem Eintritt in die Venen beginnt es dann wieder zu fließen. Wenn aber das Blut in der Mitte seines Zirkulierens durch die Blutgefäße zum Stillstand und erst danach wieder in Bewegung kommt, was ist dann die treibende Kraft, die bewirkt, dass sich das Blut aus dem Zustand der Bewegungslosigkeit in den Kapillaren wieder in Bewegung setzt, sodass es diese verlassen und zurück zum Herzen fließen kann? Kann diese Kraft das »Pumpen« des Herzens sein? Müsste es nicht in den Kapillaren eine Pumpe geben, die das Blut vorwärts- und aufwärtstreibt? Gibt es eine »Vital«-Kraft in den Kapillaren, die diese Pumpleistung erbringt? Das sind die Fragen, mit denen wir uns auseinandersetzen müssen, wenn wir verstehen wollen, wie das Blut im Körper zirkuliert. Eines ist allerdings klar: Wenn sich das Blut in den Kapillaren nicht mehr bewegt, dann kann die Kraft dafür nicht vom Herzen kommen. Sie muss in den Kapillaren entstehen.

Um den genauen Moment in den Kapillaren zu verstehen, wenn das Blut wieder in Bewegung kommt, lohnt es sich, das Wesen des Wassers zu untersuchen, denn das ermöglicht einen entscheidenden Einblick, um zu verstehen, wie und warum sich das Blut bewegt. Im naturwissenschaftlichen Unterricht lernen wir, dass Materie in drei Aggregatzuständen existiert: dem festen, dem flüssigen und dem gasförmigen. Abhängig von den jeweils herrschenden Bedingungen befindet sich jeder Stoff in einem dieser Aggregatzustände, und andere Aggregatzustände als diese drei gibt es nicht. Wenn man jedoch an Wasser denkt, so stellt man fest, dass es Eigenschaften aufweist, die diesem Prinzip der drei Aggregatzustände zu widersprechen scheinen – einem der Grundprinzipien der modernen Wissenschaft. Wir lernen, dass die Moleküle beim Übergang vom gasförmigen in den flüssigen und den festen Zustand enger zusammenrücken und die Substanz dichter wird. Infolgedessen ist die Volumenmenge einer flüssigen Substanz jeweils schwerer als dieselbe Volumenmenge dieses Stoffes in gasförmigem Zustand und der Feststoff wiederum noch dichter und schwerer als die Flüssigkeit. Flüssiges Quecksilber zum Beispiel ist schwerer als gasförmiges Quecksilber, und festes Quecksilber sinkt in flüssigem Quecksilber nach unten, weil es dichter und schwerer ist. Bei Wasser ist dies jedoch nicht der Fall. Nur Wasser schwimmt im festen Aggregatzustand (Eis) auf dem flüssigen Aggregatzustand (Wasser). Wäre festes Wasser schwerer als flüssiges Wasser, so könnte das Leben im Wasser, wie wir es kennen, nicht existieren.

Wir alle kennen die Oberflächenspannung, das heißt die überraschende und ungewöhnliche Tendenz der obersten Schicht eines Gewässers, extrem »dick« oder »stark« zu sein. Die meisten wissenschaftlichen Erklärungen dafür besagen, dies sei darauf zurückzuführen, dass die Grenzfläche zwischen der Luft und dem Wasser eine Kraft erzeugt, die die molekulare Konfiguration der obersten drei oder vier Molekularschichten des Wassers so verändert, dass es »dichter« wird. Aber können wir über eine drei oder vier Moleküle dicke »Schicht« Wasser wirklich Wasserski fahren oder schwere Steine springen lassen? Das ist ein Millionstel des Abstands zwischen Daumen und Zeigefinger, wenn Sie beide so fest wie möglich gegeneinanderdrücken. Und selbst wenn es stimmt, was bedeutet die veränderte Molekülkonfiguration dieses dichten Wassers? Ist es nun Wasser oder nicht? Wenn es eine andere molekulare Konfiguration als Wasser hat, wie nennen wir es dann?

Dr. Gerald Pollack ist Forscher und Professor für Bioingenieurwesen an der University of Washington und erforscht seit vielen Jahren das anormale Verhalten von Wasser und den sogenannten vierten Aggregatzustand. Viktor Schauberger war ein österreichischer Förster, Erfinder und Intellektueller, der 1958 starb. Wenn Sie die Arbeiten von Pollack und Schauberger zusammen betrachten, bieten sie einige verblüffende Einblicke in das Verhalten von Wasser.

Pollack fand heraus, dass Wasser nicht in drei, sondern in vier »Aggregatzuständen« vorkommt. Der vierte Aggregatzustand ist ein Zwischenzustand zwischen dem flüssigen oder normalen Bulkwasser und dem festen Aggregatzustand Eis. Dieser vierte Aggregatzustand hat viele Namen. Pollack nennt ihn Ausschlusszone oder Ausschlussschicht, aber es gibt auch Bezeichnungen wie kolloidaler Zustand, Gelzustand oder strukturiertes Wasser. Ich bezeichne ihn als strukturiertes Wasser, weil für mich der wichtigste Aspekt dieses anormalen Aggregatzustands die Tatsache ist, dass er in höherem Maß strukturiert ist als normales Wasser.

In seinem Buch Wasser – viel mehr als H2O beschreibt Pollack, wie sich strukturiertes Wasser bildet. Immer wenn man eine hydrophile Oberfläche wie Gelatine oder Nafion (ein Kunststoff) nimmt und diese in Wasser einbringt, bildet sich eine Zone von strukturiertem Wasser. Deren Dicke hängt von der Ladung auf der Oberfläche der hydrophilen Substanz und einigen anderen Faktoren ab, die ich in Kapitel 7 näher erläutern werde.

Diese Fähigkeit einer hydrophilen Substanz, Bulkwasser in strukturiertes Wasser umzuwandeln, erklärt, warum ein festes »Gel« aus strukturiertem Wasser entsteht, wenn man stark hydrophile Proteine wie Gelatine unter den richtigen Bedingungen in Wasser einbringt. So wird Wackelpudding hergestellt, was uns einen Einblick in einige der Eigenschaften dieses vierten Aggregatzustands vermittelt. Am besten bildet sich dieser vierte Aggregatzustand des Wassers bei bestimmten Temperaturen (etwa 4 Grad Celsius), 2 und er führt zu einer starken Strukturierung des Bulkwassers, weshalb Wackelpudding nicht ausläuft (es sei denn, man erhitzt ihn und wandelt ihn wieder in Wasser um), obwohl er zu mehr als 96 Volumenprozent aus Wasser besteht.

Ausschlusszone (EZ, von engl. Exclusion Zone)

Wenn man eine hydrophile Oberfläche – wie Gelatine oder Nafion (ein Kunststoff) – in Wasser einbringt, bildet sich eine Zone von strukturiertem Wasser. Diese Zone wird manchmal als Ausschlusszone (EZ) bezeichnet, weil sie Toxine, gelöste Stoffe und andere Substanzen ausschließt. Reproduziert mit Genehmigung von Gerald H. Pollack, Wasser – viel mehr als H2O, Kirchzarten: VAK Verlags GmbH, 2014, S. 18.

Diese Fähigkeit hochhydrophiler Substanzen, insbesondere von Proteinen, Wasser zu strukturieren, ist für das biologische Leben von zentraler Bedeutung. Der Großteil des Wassers in biologischen Systemen, auch in Zellen, liegt in Form von strukturiertem Wasser vor. Das ist der Grund, warum unsere Zellen genau wie Wackelpudding nicht auslaufen, obwohl sie zu etwa 70 Prozent aus Wasser bestehen. Aufgrund des Netzwerks hydrophiler Proteine, aus denen das innere Gerüst der Zelle besteht, befindet sich das Zytoplasma in unseren Zellen in einem gelartigen Zustand.

Wenn Wasser strukturiert wird, trennen sich die elektrischen Ladungen. Das strukturierte Wasser wird negativ geladen, während das Bulkwasser positiv geladen ist. Nachdruck mit Genehmigung von Pollack, S. 20.

Das strukturierte Wasser, das sich in direkter Nachbarschaft zu diesen hydrophilen Oberflächen bildet, weist viele interessante Eigenschaften auf. Dazu gehört eine im Vergleich zum Bulkwasser erhöhte Viskosität. Die strukturierte Wasserschicht ist außerdem negativ geladen, da sie eine große Zahl freier Elektronen enthält. Die Anwesenheit dieser freien Elektronen ist ein intrinsischer Bestandteil des Strukturierungsprozesses von Wasser. Im Laufe dieses Prozesses lädt sich das Wasser immer stärker negativ auf. Dies lässt sich nachweisen, indem man ein Spannungsmessgerät in der strukturierten Zone platziert und den dort gemessenen Wert mit dem eines Messgeräts in der Bulkwasserzone vergleicht. 3

Eine weitere Eigenschaft von strukturiertem Wasser ist, dass der pH-Wert der strukturierten Wasserzone von dem des Bulkwassers abweicht, was durch sorgfältige pH-Messungen ebenfalls belegt werden kann. 4 Zwischen strukturiertem Wasser und Bulkwasser bestehen noch weitere physikalische Unterschiede. So ist die molekulare Konfiguration der strukturierten Wasserzone dichter als die des Bulkwassers. Am wichtigsten ist jedoch die Tatsache, dass ganz ohne weitere Einwirkung von außen und allein durch die Einbringung einer hydrophilen Oberfläche in das Bulkwasser sich neben dieser hydrophilen Oberfläche eine Schicht aus strukturiertem Wasser bildet, die eine andere chemische (pH), elektrische (Spannung) und molekulare Konfiguration (Dichte) aufweist als das Bulkwasser. Dies ist an und für sich schon eine dramatische Offenbarung.

Mit Wasser gefüllte Nafionröhre