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Ihre Autos sind schnell und schnittig, ihre Kleidung ist teuer und entspricht der neuesten Mode, ihre Freundinnen sind attraktiv und sexy. Sie sind Polizisten – Polizisten in Zivil. Sie arbeiten im Untergrund... für Miami Vice. Ihr Rhythmus ist hart und gewalttätig wie das Leben auf den Straßen von Miami. Sie machen Jagd auf die Dealer, die großen und die kleinen, die eine friedliche Stadt blutrot färben...
Crockett und Tubbs, die smarten Draufgänger von Miami Vice, haben den gefährlichsten Auftrag ihrer Laufbahn übernommen: Crockett muss sich in die Denkweise eines Serienmörders hineinversetzen und gerät dabei an den Rand des Wahnsinns. Tubbs schmuggelt sich in das schlimmste und am schärfsten gesicherte Gefängnis von Florida, aus dem es kein Entrinnen gibt.
Mut und Intelligenz der beiden Polizisten werde auf eine harte Probe gestellt – und sollte einer versagen, müssen beide sterben...
MIAMI VICE – die legendäre TV-Crime-Serie (1984 – 1989) von Michael Mann hat wie kaum eine andere TV-Produktion das Bild der 1980er Jahre geprägt. Die Roman-Adaptionen von Stephen Grave fangen diese Atmosphäre und das düstere Neon-Noir-Feeling der Serie perfekt ein, die bis heute Kult-Status innehat.
Der Apex-Verlag veröffentlicht die Roman-Serie als durchgesehene Neu-Ausgabe.
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STEPHEN GRAVE
MIAMI VICE 3:
Im Höllenfeuer
Roman
Apex-Verlag
Inhaltsverzeichnis
Das Buch
IM HÖLLENFEUER
1.
2.
3.
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18.
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Ihre Autos sind schnell und schnittig, ihre Kleidung ist teuer und entspricht der neuesten Mode, ihre Freundinnen sind attraktiv und sexy. Sie sind Polizisten – Polizisten in Zivil. Sie arbeiten im Untergrund... für Miami Vice. Ihr Rhythmus ist hart und gewalttätig wie das Leben auf den Straßen von Miami. Sie machen Jagd auf die Dealer, die großen und die kleinen, die eine friedliche Stadt blutrot färben...
Crockett und Tubbs, die smarten Draufgänger von Miami Vice, haben den gefährlichsten Auftrag ihrer Laufbahn übernommen: Crockett muss sich in die Denkweise eines Serienmörders hineinversetzen und gerät dabei an den Rand des Wahnsinns. Tubbs schmuggelt sich in das schlimmste und am schärfsten gesicherte Gefängnis von Florida, aus dem es kein Entrinnen gibt.
Mut und Intelligenz der beiden Polizisten werde auf eine harte Probe gestellt – und sollte einer versagen, müssen beide sterben...
MIAMI VICE – die legendäre TV-Crime-Serie (1984 – 1989) von Michael Mann hat wie kaum eine andere TV-Produktion das Bild der 1980er Jahre geprägt. Die Roman-Adaptionen von Stephen Grave fangen diese Atmosphäre und das düstere Neon-Noir-Feeling der Serie perfekt ein, die bis heute Kult-Status innehat.
Der Apex-Verlag veröffentlicht die Roman-Serie als durchgesehene Neu-Ausgabe.
Für Stephen Jones und Jo Fletcher
Vice: Moralische Abartigkeit oder Verdorbenheit, perverses Verhalten, das der Gesundheit oder der Leistungskraft schadet: sexuelle Unmoral, insbesondere Prostitution.
Vice Squad: Polizeieinheit, die damit beauftragt ist, für die Einhaltung der Gesetze zu sorgen, die Glücksspiele, Pornographie, Prostitution und den illegalen Konsum von alkoholischen Getränken und Drogen betreffen.
Ricardo Mallarme Tubbs wartete nicht darauf, dass ein Deal ablief. Er hatte sich auf angenehmste Weise von seinen Gedanken befreit. Der einzige Deal, der ablief, geschah genau hier und jetzt, so weich wie die Satinlaken, in die er eingehüllt war, so kühl wie die nächtlichen Meeresbrisen, die durch die dämmrige Abgeschiedenheit des Schlafzimmers zogen. Heute Abend gab es keine Deals und keinen Dienst. Heute Abend gab es nichts, was ihm im Kopf herumging. Nichts außer Laura Fortunato, und sie war sehr wohl in der Lage, seine Gedanken total in Anspruch zu nehmen.
Seine Hand griff zu dem Kristallkelch, der auf dem Nachttisch stand. Ein halbes Glas schal gewordenen Korbeis glitt kitzelnd durch seine Kehle, und gleichzeitig verspürte Tubbs ein entsprechendes Kitzeln unter den Laken. Lauras Kopf tauchte aus der Satinhülle auf, wobei sie schelmisch lächelte. Dann glitt sie ganz hervor und schmiegte sich an ihn. Keiner von ihnen trug heute Nacht mehr als ein Lächeln.
Laura war wirklich ein Kunstwerk.
Tubbs schloss die Augen und brachte ein sonores, widerhallendes Stöhnen hervor, das andeutete, dass er sich auf dem schmalen Grat zwischen tiefer, wohliger Befriedigung und Fasterschöpfung befand. Es wurde zum Schnurren, als seine Sinne, die einen Augenblick lang Lauras Anblicks beraubt gewesen waren, sie wieder wahrnahmen.
Augen: mandelförmig, so klar, dass es bisweilen schwer war, ihrem Blick direkt zu begegnen, von der Farbe eines gehaltvollen café cubarto, gefleckt, wie es Tubbs' eigene Augen waren, mit einer erstaunlichen Iris im schimmernden Grün von Katzenaugen. Es waren Lauras Augen gewesen, die ihm zuerst aufgefallen waren. Nase: falkenförmig kühn, aggressiv wie die Nase von Tina Turner. Noch eine Frau, die man nicht herumschubsen oder zu leicht nehmen durfte. Ohren: feingebildet, dunkelbraun, zart und modelliert wie Keramik. Tubbs hatte das Gefühl, es wäre unangemessen, solche Ohren mit seiner üblichen Wortakrobatik und Witzchen und musikalischem Unsinn zu füllen. Diese Frau ließ sich nur ohne faulen Zauber beeindrucken. Mund: Lieber Himmel, dachte Tubbs. Ein ganzes Sonett für Lauras Mund, das wäre das mindeste. Und das brachte ihn zu ihren Beinen, ihren Brüsten, ihren perfekten Schlüsselbeinen, zu ihrer geschmeidigen Jaguarfigur, ihrer mühelosen Anmut, ihrer weichen Stimme, ihrer physischen Präsenz, die ihn verrückt machte, ihrer Berührung, zu ihren Händen, die ihn betasteten, zu ihrem Körper, der sich seinem eigenen näherte...
Tubbs' innere Drähte liefen heiß, und seine Sicherungen flogen raus. Er kehrte in die Wirklichkeit zurück, wo die Zeit stillzustehen schien, für den Augenblick alles sicher und nichts bedrohlich war, und öffnete die Augen wieder, um Laura anzusehen. Und um von neuem zu beginnen.
Immer noch lächelnd, kroch sie zu ihm, bis sie sich direkt in die Augen schauten, umfing ihn mit Armen und Beinen, stützte ihre Faust auf seine Brust und ihr Kinn auf ihre Faust. Die mandelgrünen Augen suchten verwirrt die seinen. Der Rhythmus der in ihr verborgenen Musik tanzte in diesen hypnotisierenden Augen.
»Also, jetzt ist es nach Mitternacht!«, sagte sie. »Respektierst du mich jetzt immer noch?«
Das kam für Tubbs völlig unerwartet, und er verschluckte sich fast beim Lachen. Laura hatte einen untrügerischen Instinkt für wohlgezielte Scherze.
»Ruhig, Weib!«, knurrte er in nachgemachter Machomanier. »Wo sind meine Socken? Wo ist das Geld fürs Taxi? Gib mir die Schlüssel zu deinem Wagen! Was hast du gesagt, wie du heißt, Schätzchen?«
Dieses Mal war sie es, die lachte. Sie umfingen einander in einer engen Umarmung. Das doppeltbreite Satinlaken, teils trocken-kühl und teils feucht-warm, rutschte von ihren Körpern auf den Fußboden, so dass Laura und Tubbs überhaupt nichts mehr zwischen sich hatten.
»Ich muss dir etwas Perverses erzählen«, sagte sie, wobei ihre Stimme ernsthaft und seriös klang. »Das würde ich nicht jedem erzählen. Es ist ziemlich hart, so 'ne Sache gegenüber einem so attraktiven Bürschchen zuzugeben, wie Sie eines sind, Mister Tubbs - aber ich habe das Gefühl, dass ich Ihnen das direkt ins Gesicht sagen muss!«
»Legen Sie los, meine Dame!«, stimmte Tubbs zu und liebkoste ihr Gesicht zwischen seinen Handflächen.
»Sind sie sicher?«
»Ganz und gar! Der gute alte Rico Tubbs wird mit allem fertig, was es auch immer ist.« Er zeigte sein berühmtes betörendes Lächeln. Aufgepasst, warnte ihn sein Verstand. Du verfällst in künstlich aufgesetzten Charme, und Laura kann ganz gut ohne diesen Kitsch auskommen.
»Also...« Sie steckte den Daumen in den Mund wie ein kleines Mädchen und zögerte.
»Sag's mir!«, bedrängte er sie.
»Ich will einen doppelten Cheeseburger.« Dann jammerte sie gekünstelt auf, als hätte ein Schlag sie getroffen. »Ich weiß - ich weiß, es ist abstoßend. Jetzt, wo du es weißt, wirst du wahrscheinlich nichts mehr mit mir zu tun haben wollen. Aber ich kann nicht anders. Ich brauche Nitrate. Ich brauche kräftiges Fleisch. Ich brauche Soße aus der Flasche... du gütiger Himmel, gib mir ein Sesambrötchen! Gib mir Pommes frites und Kaffee aus dem Pappbecher! Ich halte es nicht mehr aus!«
Tubbs hatte Angst, er würde vom Lachen einen Bruch bekommen, und sie beide fielen lachend übereinander her und rollten sich im Bett herum. Die Hitze der Leidenschaft ergriff sie beide erneut.
»Ich glaube, wir könnten einen Ausflug in die neonerleuchtete Nacht machen!«, sagte er, als er wieder zu Atem gekommen war. »Wir könnten uns bei Lenny's Cosmic Burger ein Kilo Hackfleisch und ein paar Superfritten besorgen. Nach zwei Uhr nachts spazieren da die Transvestiten von der Queen Elizabeth herein. Wir könnten uns diese Gratisvorstellung anschauen...«
»Mmmm!« Jetzt war es Laura, die schnurrte. Auch die Art und Weise, wie sie sich beharrlich an ihm rieb, war katzenhaft. Sie wollte unbedingt Zärtlichkeit.
Als sie wieder auftauchte, hielt sie die Kette aus flachen Goldgliedern, die Tubbs stets um seinen Hals trug, zwischen ihren schönen, gleichmäßigen Zähnen.
»Hoppla!«, sagte Tubbs, als er fühlte, dass er gefangen war. »Was ist denn nun mit den Burgern?«
»Fertig zur nächsten Runde?«, schmeichelte Laura. Dann brachte sie ihn mit einem langen, wollüstigen Kuss zum Schweigen.
Die Burger würden noch warten müssen.
Während sich Tubbs und Laura zum vierten oder fünften Mal behaglich aneinanderschmiegten, schlüpfte auf der anderen Seite der Stadt der Killer in seine schwarzen Reebok-Sportschuhe und trat hinaus in die ruhige Nacht von Miami.
Von der Brücke aus warf er einen prüfenden Blick über die Vororte. Aus der Entfernung blinzelten ihm ihre Lichter zu. Sie waren den Sternen am Himmel nicht unähnlich. Das gefiel dem Killer. Die Sterne am Himmel waren wichtig. Er liebte sie und würde alles für sie tun.
Schließlich waren die Sterne das Universum, und das Universum war... alles.
Seine Augenlider, seine Handflächen, die extrem empfindliche Haut seiner Lippen - alles war ein Empfänger, auf den weiten Raum eingestellt und in Erwartung von Botschaften. Er war einer der Getreuen, ein Gläubiger. Dort draußen gab es geheimnisvolle und tiefgründige Kräfte. Angst würde keinen retten, Zorn konnte keinem helfen. Man musste diese kosmischen Kräfte als Licht der Erkenntnis sehen. Das war der einzige Weg, sich selbst zu verstehen... und dadurch schließlich auch alle anderen.
Die Menschen, die in den Vororten lebten, sie brauchten... Verständnis. Der Killer überquerte die Brücke und verlor sich in der Umgebung, allein. Er war der einzige Fußgänger. Hunde bellten, wenn er vorüberschritt.
Er blieb in der Dunkelheit zwischen zwei Straßenlaternen stehen, drehte sorgfältig seine Handflächen nach außen und versuchte, Vibrationen zu erfühlen. Seine Hände waren wie ein Paar feinabgestimmter Radarantennen, die suchten, irgendein Signal suchten. Von dort draußen. Von dem, was gerade vor ihm war. Von überall her. Von jedem Ort her, der ihm helfen konnte zu verstehen.
Die gewöhnlichen Menschen stürzten sich um neun Uhr in die Arbeit, trotteten um fünf nach Hause, aßen langweilige Mahlzeiten, lasen zensierte Nachrichten, saßen abgeschlafft vor dem flimmernden Schirm des Fernsehers, liebten sich wie Automaten, hassten einander und fielen in den gequälten Schlaf der Verdammten, bevor sie aufwachten, um das alles von Neuem zu beginnen. Es war ein Verbrechen. Der Killer hatte Mitleid mit ihnen. Verständnis war nötig. Das war der rote Faden, der alle Dinge miteinander verband. Sein Leben war von seltener Kontinuität. Er war ein besonderes und besonders begabtes Individuum.
Er holte die dünnen Chirurgenhandschuhe aus seiner hinteren Hosentasche und zog sie über seine Hände.
Die Handschuhe behinderten den Empfang der Signale ein wenig. Doch der Unterschied konnte außer Acht gelassen werden. Manchmal waren die Signale so stark, dass es nichts ausmachte.
Er hielt vor einem breiten, zweistöckigen Gebäude mit einer Vorgesetzten Art-Deco-Fassade, die von strategisch verteilten, bunten Scheinwerfern grell beleuchtet wurde. Ein achteckiges Zeichen wies darauf hin, dass hier eine angesehene Wachfirma beschäftigt wurde. Auf Eindringlinge wird geschossen! warnte das Zeichen.
Der Killer verstand.
Die Leute hatten Angst.
Er konsultierte die Sterne. Das schwächere Licht hier draußen erlaubte ihm, mühelos den Orion ausfindig zu machen. Nicht dieses Haus.
Er bewegte sich weiter.
Er fand ein älteres Haus. Rolläden schlossen es dicht gegenüber der Außenwelt ab, zwei teure Wagen standen Seite an Seite in der Auffahrt wie schlafende Metallrosse. Rosenbüsche. Ein anderes achteckiges Zeichen. Wach- und Schließgesellschaft!
Die Leute hatten das Bedürfnis, beschützt zu werden. Sie waren führungslos, gottlos. Sie brauchten Sicherheit und versuchten so, diese käuflich zu erwerben. Sie verstanden nicht.
Die schwarzen Reebok-Schuhe quietschten leise, als der Killer quer über den feuchten Rasen ging. Seine Schritte schienen das dicke Gras nicht niederzudrücken. Der Schäferhund, der im Hof schnarchte, wachte erst auf, als der viertelpfündige Hamburger direkt vor seiner schwarzen Hundeschnauze auf die Terrasse fiel.
Das Fleisch kam aus einem mit Reißverschluss versehenen Plastikbeutel. Der Killer war vorbereitet hierhergekommen. Es enthielt etwas, das dem besten Freund des Menschen half, ein paar Runden zu schlafen. Der Wirkstoff wurde innerhalb von sechs Stunden vom Organismus abgebaut. Dann würde sich jeder fragen, wie der Eindringling es geschafft hatte, den Hof zu überqueren, ohne Fußabdrücke zu hinterlassen, und an dem Wachhund vorbeizukommen, ohne dass ein Bellen oder ein abwehrendes Knurren zu hören gewesen war.
Sie würden es nicht verstehen.
Der Schäferhund war sanft auf dem Steinfußboden zusammengesunken. Dunkelheit.
Die Sterne schauten zu und billigten sein Tun.
Jetzt musste er nur noch über den schlafenden Hund steigen und sich zu der Glasschiebetür begeben. Dahinter war die Küche, wo er das nächste, was er brauchte, finden würde. Oben lagen zwei Leute im Schlaf. Ein Mann, der auf dem Rücken schlief. Sein Bauch war höher als sein Kinn, sein Atem schwer und mühsam, gelegentlich schnarchte er auf. Er war in mittleren Jahren, so wie seine Frau. Sie lag auf der Seite, hatte einen Arm über den Leib ihres Mannes gelegt. Ihr Haar war von einem Netz umgeben. Laken und Decken waren durcheinander, wobei der Ehemann die meisten auf seiner Seite hatte. Sie machte kleine, schläfrige Geräusche, so als wäre sie erschöpft in dieser Stellung eingeschlafen und hätte sich seitdem nicht bewegt.
Der Killer beobachtete, wie der schlafende Mann nach seiner juckenden Nase griff - mit den weitausholenden Bewegungen des Tiefschlafs. Dann drehte sich der Killer um und ging unhörbar wieder nach unten in die Küche.
Er fand die ersten Gegenstände, die er brauchte - den Löffel, die Gabel, das Brotmesser. Die Schneide des Messers glänzte silbrig. Es war erst kürzlich geschärft worden. Der Killer legte alles ordentlich nebeneinander auf die Arbeitsplatte.
Als nächstes fand er im Eisschrank das Fleisch, das er benötigte - ein T-bone-Steak von mittlerer Größe mit guten Fettadern. Es war noch in der Supermarkt-Klarsichtfolie. Der Mann hielt erneut inne, um erneut die Sterne zu konsultieren. Durch die Glasschiebetüren waren sie deutlich sichtbar. Von draußen würden spähende Augen nur die undurchdringliche Finsternis der Küche sehen. Der Eindringling war schwarz gekleidet und bewegte sich als schwarze Gestalt vor einem schwarzen Hintergrund. Er ließ die Kühlschranktür leise zuschnappen und legte die Steakpackung neben die Reihe der Essutensilien auf der Arbeitsfläche.
Schwarz brauchte weiß...
Als nächstes kam Mehl. Eine Fünfpfundpackung wartete im Schrank. Die Hände mit den Chirurgenhandschuhen platzierten diese neben das Fleisch. Das Gewicht des Mehls fiel mit einem schweren, dumpfen Geräusch - wumm! - auf die gekachelte Oberfläche, als die Tüte geleert wurde.
Er tauchte seine Finger in das Mehl. Gott, das fühlte sich so gut an, selbst durch die Handschuhe hindurch. Er starrte in den dunklen Spiegel des Küchenfensters und begann, sich das Mehl in ritueller Weise ins Gesicht zu schmieren. Das genaue Muster war von entscheidender Wichtigkeit.
Im oberen Stockwerk fand er ein Gasfeuerzeug und einen Lippenstift. Die würde er für später brauchen. Er steckte sie ein und ließ dabei den Schmuck und andere, offensichtlich teure Gegenstände liegen, die über den Schreibtisch verstreut waren. Sie konnten vielleicht von Nutzen sein... aber ihretwegen war er nicht gekommen.
Die Hosen des schlafenden Mannes waren unordentlich über die Rückenlehne eines Lehnstuhls geworfen, der unter einer selten benutzten Leselampe stand. Das war falsch. Der Killer durchquerte den Raum, entfernte die Hosen und faltete sie sorgfältig so, dass die Bügelfalten aufeinander lagen. Er würde die Hosen brauchen. Das tat er immer. Dann bewegte er sich zu der Ecke des Raumes, die gegenüber dem Lehnstuhl und direkt im Blickfeld des Bettes lag. Die dreißig Zentimeter lange Schneide des Brotmessers schimmerte bedrohlich in der Dunkelheit, während er sich bewegte.
Auf der anderen Seite von Miami liebten sich Ricardo Tubbs und Laura Fortunato leidenschaftlich, während der Mann mit den Chirurgenhandschuhen die Hosen auf den Schlafzimmerfußboden legte, niederkniete und, während Schweiß über sein mit Mehl verschmiertes Gesicht strömte, seine eigene Version derselben Aktivität begann.
Detective James Sonny Crockett, gegenwärtig das As der Metro-Dade-Vice-Abteilung des Büros gegen organisiertes Verbrechen, war an Stress gewöhnt. Er war darauf eingerichtet, einen immerwährenden Druck auszuhalten. Er hatte einst seinem langjährigen Partner Rico Tubbs anvertraut, dass das einzige, was ihn je high machte, der Stress war. Aber dieser verdammte Morgen war einfach zu viel für ihn. Zuerst die gutmütige Neckerei; die versammelten Beamten der Morgenschicht, die ihren Spaß an spitzen Bemerkungen
und Sticheleien hinter seinem Rücken hatten, wobei es bei alledem um nichts anderes als um Sonnys soeben enthüllten neuen Haarschnitt ging.
»Na, heute Morgen wohl ein bisschen ausgerastet, Sonny?« Das kam von Stan Switek, der Miami-Vice-Konkurrenz für Yogi-Bär. Er fuhr fort, seinen Waffenbericht zu schreiben und sich dabei Doughnuts in den Mund zu stopfen. Switek selbst hatte sein Gesicht erst kürzlich von dem flaumigen Bart befreit, den er sich zugelegt hatte. Seine Haut war so rosig und makellos wie ein Babypopo. Crockett fauchte zurück und wünschte Switek einen Pickelanfall. Er war immer noch ein wenig wütend auf ihn wegen eines kürzlichen Fiaskos, das er mit einem schmierigen Teebeutelbriten namens Phil Mayhew alias Phil the Shill erlebt hatte.
Als nächstes kam eine entsprechende Bemerkung von Larry Zito, Switeks besserer/schlechterer Hälfte, der einige Pfunde an Muskeln auf seine rasiermesserdünne Adrenalin-Junkie-Gestalt gepackt hatte, seitdem er vor kurzem in ein Trainingsprogramm für Mittelgewichtsboxer eingestiegen war. Zum Erstaunen fast aller bei Miami Vice war Zito ziemlich gut im Ring - er erzielte einen K.o. in der ersten Runde. Als Crockett hereinkam, schaute Zito von seiner Schreibmaschine hoch, schüttete den Rest seines Kaffees in sich hinein (wie Sonny wusste, war das wohl die zwanzigste oder dreißigste Tasse dieses Morgens), und sein ewig wandernder Blick blieb auf Crocketts Kopf haften. »Du, Sonny«, sagte er blasiert. Dann kam es: »Hat deine neueste Flamme ihren Remington-Damenrasierer nachts an dir ausprobiert?« Crockett grinste giftig zurück. »Ich werde meinen Remington an dir ausprobieren, Zito... und ich rede dabei nicht von einem Rasierapparat, ich spreche von meiner Polizeiflinte, kapierst du?«
»Hoi, harter Bursche! Nein, im Ernst, es sieht nett aus. Einfach 'ne neue Mode. So bekommst du keine Haare in die Augen. Ich garantiere dir, den Frauen wird es gefallen.« Switek rülpste laut. Es klang, als ob jemand die Zähne einer Baumsäge über die Ecke eines Metalltischs zöge. »Nie soll gesagt werden dürfen, dass die bescheidenen Diener von Miami Vice nicht die Avantgarde der Mode bilden. Nimm nur mich als Beispiel...«
»Geh zum Fenster, Stanley, und spring raus!«, knurrte Crockett wohlgemut.
»Du, bring uns einen Kaffee rüber, ja?« Zitos Bitte war weder unerwartet noch vergeblich. Die magenzersetzenden Fähigkeiten der Kaffeemaschine, die im Hauptquartier stand, waren schon zur Legende geworden. Nur Zito konnte den Kaffee trinken, ohne dass er ihm noch drei Tage später aufstieß... aber selbst Zito, der eingefleischte Koffeinabhängige, wusste, wann es zu viel war.
Zum millionsten Mal seit Donnerstag fuhr sich Crockett mit der Hand durch seine neue Frisur. Sie war luftig und männlich und hielt ihm die Haare aus den Augen. Was war schon am Leben dran, wenn man nicht hin und wieder ein modisches Wagnis eingehen durfte?
Und außerdem hatte, wie er bemerken sollte, Zito die Wahrheit gesagt. Die Frauen bei Miami Vice liebten seinen neuen Haarschnitt tatsächlich.
Er griff um Switeks Bauch herum, um sich einen Doughnut zu schnappen, und wanderte zurück zu seinem Schreibtisch. Der war eine kleine Festung aus aufgehäuften Papieren, die Lücken zwischen den Stapeln glichen den Schießscharten in einer Festungsmauer - die Art, durch die man Pfeile schoss. Es mussten für jeden Vorfall drei Ausfertigungen geschrieben werden. Wenn man jemals in Ausübung seines Dienstes seine Waffe benutzte, konnte man sich gleich begraben lassen. Da gab es ballistische Berichte, Waffenreports, detaillierte Auskünfte darüber, was jede einzelne abgefeuerte Kugel getan hat. Wann geschossen wurde. Wohin die Kugel ging. Was sie anrichtete. Warum sie abgefeuert wurde.
Während seiner Zeit bei Miami Vice hatte Crockett seine Waffe häufig benutzt. Es war zum Verrücktwerden.
Aus dem abgedunkelten Heiligtum seines Büros erblickte Lieutenant Castillo Crockett auf dem Weg zu seinem Schreibtisch. Crockett bemerkte die Bewegung, mit der Castillo sich erhob, gerade noch rechtzeitig, um sich klarzumachen, dass dieser Morgen ziemlich rasch ziemlich schief lief. Irgendein Unheil braute sich zusammen.
Richtig unfair, dachte Crockett. Castillo sah nie müde aus. Was das anging, sah Castillo von einem Tag zum anderen immer gleich aus, so, als ob er in irgendeine Art von Granit gehauen war, die der Abnutzung durch die Zeit widerstand. Immer derselbe schwarze Anzug, ein Schlips so dünn wie eine Schnur zum Erdrosseln, immer dasselbe gestärkte weiße Hemd, das über seiner Bantamgewichtfigur so eng saß, als wäre es aufgemalt. Dieselbe Leichenbittermiene - häufig ohne Emotionen, ohne Ausdruck, ganz geschäftsmäßig. Crockett hatte oft genug mit Martin Castillo zusammengearbeitet, um zu wissen, dass diese Beobachtung irreführend war. Castillo war ein Mann von unendlicher Empfindsamkeit und Tiefe. Diese Erkenntnis war immer wieder überraschend.
An diesem Morgen jedoch war Castillo nichts anderes als der Überbringer weiterer schlechter Nachrichten.
»Sonny«, sagte er völlig routinemäßig, wobei er die Hände tief in den Hosentaschen hatte und die Augen nachdenklich niederschlug, »wir haben es mit einem schweren Einbruch im Gebiet der Grove Street zu tun!«
»Das klingt, als ob es das Problem des Einbruchsdezernats wäre, nicht meines.« Ganz seinem Charakter getreu, machte Castillo keine Bemerkung über Crocketts neuen Haarschnitt. Der war bedeutungslos.
»Jetzt ist es unser Problem!«, sagte Castillo. »Bei dieser Sache helfen wir aus. Ich möchte, dass ihr einen Blick auf den Tatort werft. Tubbs wird sich dort mit uns treffen. Ich möchte außerdem, dass du dir Lieutenant Ray Gilmore mal anschaust!«
Crockett hatte Gilmores Namen schon gehört. Nichts Gutes und nichts Schlechtes. Er gehörte zur Innenstadtabteilung. Castillo begleitete ihn. Crockett fuhr den Wagen.
Crocketts Ferrari Testarossa, der ihm kürzlich zugeteilt worden war - ein gefährlicher, tiefliegender Sportwagen mit zwölf Schichten edelsten weißen Lacks -, verschlang die vormittäglichen Straßen von Miami. Während der Fahrt rauchte Crockett und hörte zu... wann immer Castillo etwas zu sagen hatte. Meistens blickte der Lieutenant konzentriert aus dem Seitenfenster. Reisen und Flugzeuge langweilten ihn. Sie verschwendeten Zeit.
»Innerhalb von zwei Monaten waren zehn Häuser in dieser Gegend betroffen. Die Anwohner haben Stadtrat Buell energisch aufgefordert, Schritte dagegen zu unternehmen...«
»Also bekommen wir die Auswirkungen zu spüren!«, sagte Crockett, während er seine filterlose Lucky Strike vor sich hin paffte. »Auf welche Beute hat man es abgesehen?«
»Das ist ja das Unheimliche! Und auch der Grund, warum du zu Gilmore gehen sollst. Soweit wir das beurteilen können, gibt es keine Beute, auf die man es abgesehen hat... aber die ganze Geschichte riecht förmlich nach einem Desaster, das sich demnächst ereignen wird.«
Crockett fand das eigenartig. Es war ganz Castillos Art, geheimnisvoll zu sein, aber der schmale, dunkle, supereffiziente Mann war selten unklar in dem, was er sagte.
Ricardo Tubbs' bootsförmiger Caddy war zwischen mehreren Wagen der uniformierten Polizei eingekeilt. Eine Absperrung schirmte den Ort des Geschehens ab. Uniformierte Polizisten standen im Hof herum, rauchten, redeten und tranken Kaffee aus Styroporbechern.
Gilmore war ein hochgewachsener Mann mit einem graumelierten Bürstenschnitt, der zu einer Art Besen gewachsen war. Er hatte lange, ähnlich getönte Koteletten, die fast altertümlich aussahen, wie aus der Frühzeit der Nixon-Regierung. Er war stämmig, gut in Form und sah erschöpft aus, eher wie ein großer Ex-Marine. Seine Hand umschloss die von Crockett, als sie einander begrüßten.
Ricardo Tubbs sprach mit einem uniformierten Polizisten, bis Castillo und Crockett kamen, dann gesellte er sich zu ihnen. Er sah frisch aus, schick gekleidet, rasiert, und seine Augen strahlten vergnügt. Sein vollendet sitzendes Armani-Jackett glitzerte golden und grün.
Crockett zog den Hauch eines dezenten, überteuerten Parfüms ein. Für einen solchen grauen Morgen wirkte Tubbs viel zu glücklich. Crockett seinerseits hatte das Gefühl, dass er durchaus seinem üblichen Standard entsprach - stachelig, unrasiert, mit Schlaf in den Augen und von den Überraschungen, die Castillo ihm offenbar gerne bereiten wollte, keineswegs amüsiert.
»Hast du heute mit deinen Reiskrispies ein paar aufmunternde Pillen zu viel geschluckt, Tubbs?«
Rico legte ihm zur Begrüßung die Hand auf den Arm. »Komm schon, Junge, es ist ein wunderbarer Morgen!«
»Wie viele Tote?« Crocketts Blick deutete auf das Haus hin.
»Keine Verluste!«, sagte Tubbs. »Das ist ja das Seltsame daran. Keiner der Polizisten hier kann Licht in die Sache bringen.« Er zuckte mit den Achseln. Überhaupt war keinem der beiden Männer klar, was eigentlich Miami Vice bei der Untersuchung eines Diebstahls zu suchen hatte.
Sie fanden es heraus, als Lieutenant Gilmore zu sprechen begann.
»Und das hier sind die glücklichen Gewinner?«, fragte er Castillo, wobei er mit dem Kopf auf Crockett und Tubbs zeigte. Castillo machte sie miteinander bekannt.
»Nennt mich Ray, Jungs, bis euch etwas Gemeineres oder Kürzeres einfällt!«, sagte der große Mann.
»Er tut so, als würde uns die Sache nicht gefallen!«, brummte Crockett, der den letzten Zug an seiner Lucky tat und das Ende in das taufeuchte Gras schnippte, wo es erlosch. »Ah, ihr habt es schon geahnt! Tatsache ist, meine Herren, es wird Ihnen nicht gefallen. Die Bürger hier sind wegen dieses Burschen völlig aus dem Häuschen. Im Grunde haben wir es hier mit einer Katze zu tun. Aber das ist die erste Katze, von der ich je gehört habe, die auf Hosen spezialisiert ist.«
Crockett und Tubbs tauschten einen übertrieben überraschten Blick.
»Mit Hosen, Jungs, meine ich Herrenhosen. Hosen. Keine Halsbänder. Keine Zahlungsmittel. Es gibt keine Vergewaltigung und keinen Mordanschlag. Hosen!«
»Ich habe das Gefühl, dass wir gerade in das Remake von POLICE ACADEMY III hineingestolpert sind!«, sagte Crockett ungläubig.
»Folgt mir in den Affenstall, Jungs. Ich werde euch herumführen.«
Während die Gruppe Gilmore ins Haus folgte, begannen die Rufe: »He, ihr Trottel, wo zum Teufel wart ihr Versager in der letzten Nacht, als ihr gebraucht wurdet?«
Der erste, der sich äußerte, war ein älterer dunkelhäutiger Mann in seriösem Anzug mit Weste, der zweite war ein jüngerer Yuppie aus der Nachbarschaft, der sich entschlossen hatte, seinen Zorn zu artikulieren, da ihm nichts geschehen würde.
»Einen Tag zu spät und fünf Mann zu wenig, Officers!«, brüllte er. Er lispelte dabei. »Wann werden wir endlich wirklichen Schutz für unser Geld bekommen!«
Crockett riss seine Sonnenbrille herunter und warf dem jungen Mann einen Blick zu, der ihn verstummen ließ. »Wenn Sie sich Schutz kaufen wollen, dann sollten Sie die Deodorantmarke wechseln!«
»Die Leute hier laufen über vor guten Vorschlägen!«, sagte Gilmore.
»Ja!« meine Tubbs. »Vor allen Dingen zu der Frage, wo wir unsere Nase reinstecken sollen!«