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Mila Haase ist mit ihren 26 Jahren noch ein ziemlicher Kindskopf und versucht verzweifelt, das Drama, welches ihr im Alter von 6 Jahren zugestoßen ist, zu verdrängen. Ihre Lieblingsbeschäftigung besteht aus „One-Night-Stands“. Mila kennt keine Grenzen und niemand wagt es ihr welche zu setzen. Nur vor echten Gefühlen fürchtet sie sich. Aus Langeweile und weil sie „Monk“ und „The Mentalist“ liebt, hat sie eine Ausbildung zur Privatdetektivin absolviert. „Mila löst jeden Fall“ ist ihr Leitsatz. Naiv und vollkommen unvorbereitet spaziert sie in ihren ersten Fall: der „Date Killer“. Dieser trifft sich mit ausgewählten Frauen und nach einigen erfolgreichen Dates ermordet er sie auf bestialische Weise. Mila ist überzeugt, dass sie diesen Fall lösen kann, jedoch sehr zum Leidwesen des ermittelnden Beamten Bastian Sommerfeld, in den sich Mila Hals über Kopf verliebt hat. Doch dafür muss sie sich mit ihren Gefühlen auseinandersetzen und davor fürchtet sie sich mehr als vor dem Date Killer. Spannend, frech und witzig.
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Dannie Rubio ist im beschaulichen Städtchen Schaffhausen, in der Schweiz aufgewachsen. Ihr Lebensweg hat sie durch verschiedene Etappen geführt. So lebte sie in Los Angeles, Madrid, Solothurn, Extremadura, Zürich, Luzern und schließlich in Alicante, wo sie mit ihrem Mann, Sohn und Hund sesshaft geworden ist. Hier erwachte auch wieder ihr lang gehegter Traum des eigenen Buches. Dannie verschlingt Bücher aus dem Thriller Genre wie andere Schokolade. Sie erschafft Geschichten, die Emotionen wecken. Die den Leser zum Weinen, zum Lachen, zum Schreien und zum jubeln bringen. Im Mittelpunkt stehen immer ihre Protagonisten.
Dannie Rubio hat die Ausbildung zur Rennreiterin in der Schweiz absolviert. Pferde begleiteten sie ihr ganzes Leben lang. Bis sie das BMX-Rad vor 3 Jahren neu entdeckte. Seither findet man sie jeden Tag auf ihrem BMX-Rad am Trainieren. Sie fährt Rennen in ganz Europa, startete 2019 an der Weltmeisterschaft in Belgien. Im November 2021 wird sie am größten BMX Rennen der Welt teilnehmen. Den GRANDS in Oklahoma.
© 2021 Dannie Rubio
Herausgeber: HumanTalent & Me
Autor: Dannie Rubio
Umschlaggestaltung, Illustration: © Phönix Graphics Spain
Lektorat + Korrektorat: Holger Bruns/ Human Talent & Me
Verlag & Druck: Human Talent & Me Verlag
ISBN: 978-619-91805-2-5
Dannie Rubio
Calle Bonito 4
03110 Mutxamel /Spain
Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und der Autorin unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.
Ich bin der Schöpfer meiner Realität!
1.
„Das war verdammt heiß, findest du nicht auch?“ Schwer atmend rollt er von ihr runter.
„Hm“, meint sie vielsagend.
„Wir ergänzen uns ausgezeichnet.“
„Hm.“
„Wie alt bist du eigentlich?“
„Alt genug“ kommt als kurze Antwort.
Er grinst sie überrascht an.
„Oho, okay, ich bin 32.“
Das interessiert Mila nicht, sie weiß noch nicht einmal seinen Namen.
Ich wollte Sex, kein Small Talk, denkt sie genervt.
Jetzt blickt er sie verträumt an.
„Möchtest du, dass ich noch bleibe?“
„Nein“, sagt sie entsetzt.
Erschrocken weicht er zurück.
„Okay, dann geh ich jetzt lieber.“
„Ja.“ Endlich mal ein guter Vorschlag.
Sie beobachtet ihn, wie er sich anzieht. Doch dann erstarrt sie. Er zieht seine linke Socke zuerst an. Ihr rechtes Auge beginnt zu flackern.
„Kannst du ... könntest du …“
Namenlos schaut sie fragend an. Er lächelt. „Willst du doch, dass ich bleibe?“
„Nein, kannst du bitte die rechte Socke zuerst anziehen“, fleht sie ihn an.
„Was?“, fragt er verwundert.
„Kannst du bitte die rechte Socke als erstes anziehen?“
„Wo ist das Problem?“ Er schaut auf seine linke Socke.
„Ich kann es nicht ertragen.“
Er lacht, kann nicht fassen, was sie sagt.
„Du bist ein kleiner Freak, hä?“ Er grinst sie dumm an.
Mila beißt sich verspannt auf die Unterlippe.
Namenlos rollt sich die Socke von seinem langen dünnen Fuß. Hält sie vor ihre Nase.
„Was gibst du mir dafür, dass ich die Socke zuerst rechts anziehe?“
Wieder flackert ihr rechtes Auge. Sie schaut ihn herausfordernd an.
„Dein Leben“, antwortet sie kühl.
Mila kann es in seinen Augen sehen, er hat Schiss. Schnell zieht er sich die linke Socke über den rechten Fuß. Dann die rechte über den linken. Eilig bekleidet er sich an und verlässt die Wohnung. Mila lächelt zufrieden, so liebt sie ihre One-Night-Stands.
2.
Mila Haase ist 26 Jahre jung. Sie hat blaue, vielsagende Augen, blonde kurze, in alle Richtungen stehende Haare. Die kleine Nase fügt sich perfekt ihn ihr hübsches Gesicht ein. Ihre Eltern sind bei einem Verkehrsunfall ums Leben gekommen, als Mila gerade mal 6 Jahre alt war. Sie saß auch im Wagen. Hatte nicht einmal eine Schramme. Aufgewachsen ist sie bei der Schwester ihrer Mutter, also ihrer Tante. Cornelia Kerner. Cornelia war alles egal. Sie war auf alles vorbereitet, selbst auf eine Zombie-Invasion. Und selbst die hätte sie nicht aus der Bahn geworfen. Mila durfte alles. Außer ihre Schokolade. Da wurde Cornelia zum Raubtier, brüllte und schreite völlig von Sinnen. Mila lernte, auf Schokolade zu verzichten. Wollte Mila mit Freunden weg- oder rausgehen, um jemanden zu ärgern, sagte Cornelia stets: „Tu, was du willst Mila, ich bin nicht deine Mutter.“
So tat Mila stets, was sie wollte, und so ist es bis zum heutigen Tag. Keiner setzt Mila Grenzen außer Mila selbst.
Sie ist ein ausgesprochener Dickschädel, will sie etwas, dann bekommt sie es auch, komme, was da wolle. Keiner außer dem Finanzamt weiß, dass Mila zwei Millionen Euro im Lotto gewonnen hat. Nicht einmal ihre beste Freundin Marie Schaaf. Haase und Schaaf, sie mussten zueinanderfinden. Marie ist seit zehn Jahren an den Rollstuhl gebunden. Ein Auto ist in sie reingekracht, während sie die Straße überquert hatte. Der folgenschwere Unfall ließ sie fortan von den Beinen abwärts gelähmt sein. Mila und Marie lernten sich vor fünf Jahren in einem Park kennen. Marie dachte über den Sinn und Unsinn des Lebens nach. Während Mila auf ein Date wartete, das nicht auftauchte. Sie kamen ins Gespräch und verstanden sich auf Anhieb. Marie kann mit den Launen von Mila gut umgehen, was sonst keiner kann. Sie ist ein Jahr jünger als Mila, aber reifer und vernünftiger. Marie würde sich zum Beispiel nie auf einen One-Night-Stand einlassen, während Mila die Katze nicht im Sack kaufen will und ein One-Night-Stand für sie die erste Testphase ist. Eventuell könnte ein Two-Night-Stand oder sogar mehr daraus werden. Aber solange die auserwählten Herren sie nach getanem Akt nur doof angrinsen und sagen „Das war der Hammer, hä?“ Wird das garantiert nichts.
Um sich gegen mögliche Verrückte oder Liebeshungrige zu schützen, geht Mila seit drei Jahren einmal die Woche in den Krav-Maga-Unterricht. Krav Maga ist ein israelisches Selbstverteidigungssystem. In Israel werden Polizisten und das Militär darin ausgebildet. Sollte Mila jemand zu nahe kommen, guckt er in die Röhre. Wie schon erwähnt, hat Mila vor zwei Jahren im Lotto gewonnen. Außer einem neuen Auto, einem Chrysler Crossfire, einer Benzinschleuder, hat sie nichts gekauft. Der Wagen war günstig, 11 000 € in dunkelblau, 55 000 km. Gebrauchtwagen, da dieses Auto seit 2008 nicht mehr gebaut wird. Mila liebt die Serien The Mentalist und Monk. Das hat sie auch auf die wunderbare Idee gebracht, eine Online-Ausbildung zur Privatdetektivin zu absolvieren. Den Abschluss hat sie mit Bravour bestanden, wie wahrscheinlich alle zahlenden Kursteilnehmer. Jetzt ist sie Mila Haase, Privatdetektivin. Allein der Name flasht sie. Motiviert hat sie auch schon alles drucken lassen. T-Shirts, Visitenkarten, Postkarten, Stickers, Hoodies, Mützen und Tassen. Jetzt braucht sie nur noch einen Auftrag. Bei der Tageszeitung hat sie ein Inserat veröffentlicht. MILA LÖST ALLE FÄLLE ist ihr Slogan. Bisschen hoch gepokert in Anbetracht dessen, dass sie noch keinen einzigen Fall gelöst hat. Aber das wissen die potenziellen Kunden nicht. Sollen sie auch nicht. Tatsächlich klingelt noch am selben Tag das Telefon, eine Frau meldet sich flüsternd.
„Hallo, sind Sie die Privatdetektivin?“
„Ja, Sie sprechen mit Mila, ich löse jeden Fall.“
„Das ist gut, ich habe einen Auftrag für Sie.“
„Kommen Sie doch am besten in mein Büro, da können wir alles in Ruhe besprechen.“
Die Dame ist einverstanden und lässt sich von Mila ihre Büroadresse geben. Überrascht steht sie jetzt im Wohnzimmer von Milas kleiner Appartementwohnung inmitten der Stadt. Die gepflegte Frau ist Mitte dreißig, lange mittelblonde Haare, braune Augen, nervöser Blick, nervtötende Stimme. Die typische Durchschnittsfrau.
„Ich dachte, Sie haben ein Büro?“, äußert sich die Dame überrascht.
Mila zeigt auf den Laptop, der auf dem Tisch steht.
„Das ist alles, was ich brauche.“
Die Dame guckt verunsichert und studiert Mila.
„Sie sind Mila?“
„In voller Größe.“ Um genau zu sein, 158 cm.
Die Dame scheint zu zweifeln.
„Wie kann ich Ihnen helfen, wie heißen Sie überhaupt?“
„Luisa Maier mit ai.“
„Dann Luisa Maier mit ai. Was ist Ihr Anliegen?“ Mila blickt ihre erste Klientin interessiert an.
„Sind Sie nicht etwas zu jung?“
„Zu jung für was?“
„Um einen Fall zu lösen?“
So was Blödes hat Mila schon lange nicht mehr gehört.
„Nein.“
Luisa Maier mit ai starrt sie an.
„Ja jetzt geben Sie sich aber einen Ruck, Frau Maier mit ai. Soll ich Ihnen helfen oder nicht?“ Mila ist genervt über die zögerliche Frau.
„Na schön, ich glaube, mein Mann trifft sich mit einer anderen.“
Mila verdreht die Augen. Was denn sonst.
„Weshalb vermuten Sie das?“
„Er riecht nach Frauenparfüm, wenn er nach Hause kommt, nicht immer, aber ab und zu.“
„Wie oft?“
„Na ja, einmal die Woche oder alle zwei Wochen.“
„Das geht ja“, findet Mila.
„Wie bitte?“
„Es könnte schlimmer sein.“
Frau Maier mit ai starrt sie ungläubig an.
„Ja überlegen sie doch mal, wenn er sich nur 1-mal die Woche oder sogar noch weniger oft mit einer anderen Frau trifft, dann geht es ziemlich sicher nur um Sex und nicht um Liebe. Das ist gut für Sie.“ Mila lächelt Frau Maier mit ai aufmunternd an.
Doch diese kneift die Augen zusammen und glotzt sie an.
„Machen Sie Witze?“
„Nein, man sagt, dass Männer Sex und Liebe auseinanderhalten können. Wir Frauen sind nicht so gut darin, aber es gibt einige, die das auch können. Also Ihr Mann kann Sie lieben und trotzdem mit einer anderen Sex haben. Das spielt für Sie überhaupt keine Rolle.“
„Das ist nicht witzig.“
„Sollte es auch nicht sein.“
„Wollen Sie den Fall übernehmen?“
„Ja natürlich.“
„Was müssen sie wissen?“
„Ich muss wissen, wie er heißt und wo er arbeitet.“
Gespannt schaut Mila die Dame an.
„Er heißt Patrick, ist 38 Jahre alt und hat eine eigene Zahnarztpraxis.“
Alle Glocken klingeln in Milas Hirn. Von einer schrecklichen Erkenntnis getroffen, reißt sie die Augen auf.
Frau Maier mit ai schaut sie verwirrt an.
„Was ist?“
„Warum?“
„Sie gucken so komisch.“
„Ich muss noch Wäsche waschen.“
Frau Maier mit ai rümpft die Stirn.
„Er arbeitet immer bis 18 Uhr. Meist ist es Donnerstag oder Freitag, wenn er später nach Hause kommt und nach Parfum riecht.“
„Okay, ich werde den Fall blitzschnell für Sie lösen.“
„Gut, wie viel verlangen Sie?“
„50 € die Stunde.“
„Das ist aber teuer.“
„Na hören Sie mal, ich werde Ihre Ehe retten. Eheberatung wäre auf die Dauer kostspieliger.“
Sie scheint zu überlegen.
„Einverstanden, wann fangen Sie an?“
„Heute.“
„Sehr gut, rufen Sie mich an, wenn Sie etwas herausgefunden haben?“
„Aber natürlich.“
Mila schiebt Frau Maier raus. Schnell schnappt sie sich die Autoschlüssel und fährt zu Patrick Maiers Zahnarztpraxis.
Als sie eintritt, wird sie freundlich von der Assistentin begrüßt.
„Hallo Frau Haase, Sie haben gar keinen Termin.“
„Nein, ist der Doktor mit jemanden beschäftigt oder ist er alleine.“
„Er ist alleine, der nächste Patient kommt erst in zehn Minuten.“
Mila stürzt in das Praxiszimmer und schließt die Tür hinter sich.
„Du Schurke“, schnauzt sie den verdutzt drein guckenden Zahnarzt an.
„Hallo Mila.“
„Du hast nicht gesagt, dass du verheiratet bist.“ Mila ist wütend.
„Woher weißt du das?“
„Von deiner Frau, sie war gerade in meiner Detektei.“
„Detektei?“ Er schaut sie fragend an.
„Ja, ich bin Privatdetektivin.“
„Seit wann?“
„Egal, warum hast du es mir nicht gesagt?“
„Hätte es etwas geändert?“
Mila überlegt.
„Nein, aber du hättest es mir sagen können.“
„Ich hätte es sagen können, habe ich aber nicht. Hat sie dich auf mich angesetzt?“
„Ja.“
„Oh.“ Er setzt sich.
Zwischen Mila und ihrem Zahnarzt knistert es heftig. Er ist groß, dunkle Haare, honigfarbene Augen, unwiderstehliches Lächeln, so wie es Mila gefällt. Aber sie will ihn nicht auf Zeit und er sie auch nicht. Glaubt sie zu wissen.
Sie denken nach.
„Ich will nicht auf unsere Treffen verzichten, Mila.“
„Ich auch nicht.“ Mila hält inne, guckt ihn begeistert an.
„Ich habe eine Idee.“
Am nächsten Abend ruft sie zufrieden bei Frau Maier mit ai an.
„Luisa Maier.“
„Hallo, ich bin es, Mila, ich löse jeden Fall.“
„Ah! Hallo, konnten sie schon etwas herausfinden?“
„Ja, das Problem ist gelöst.“
„Wie es ist gelöst?“ Frau Maier klingt überrascht.
„Ihr Mann wird nicht mehr nach Frauenparfum riechen.“
Weil ich kein Parfum mehr benutzen werde, denkt Mila triumphierend.
„Oh, haben Sie Beweisfotos oder so was gemacht?“
Um Himmels willen nein.
„Nein, ich habe ihn zur Rede gestellt. Er hat geweint und mir versichert, dass er nur Sie liebt. Die andere nur sexuelle Anziehungskraft war.“
„Ah okay.“ Sie klingt fast enttäuscht.
Mila ist genervt.
„Sind Sie nicht zufrieden Frau Maier mit ai?“
„Doch, schon, natürlich, ich dachte nur … ich weiß nicht.“
„Sie dachten nur ... Sie wissen nicht.“
„Nein, schon gut. Super, vielen Dank. Dann senden Sie mir die Rechnung.“
„Ist schon gut, ist ein Geschenk des Hauses.“ Zufrieden grinsend beendet Mila den Anruf. Vielleicht sollte sie über ihre Moral nachdenken, aber nicht heute.
3.
Gelangweilt sitzt Mila an Ihrem PC. Sie braucht mehr Aufträge, sie braucht überhaupt Aufträge. Sie macht es nicht wegen des Geldes, davon hat sie zu Genüge. Sie macht es wegen der Beschäftigung. In diesem Moment klingelt das Telefon.
„Mila, ich löse jeden Fall, was kann ich für Sie tun?“
„Mila?“
„Ja?“
„Was ist denn das für eine Ansage?“
„Meine.“
Es ist Marie, ihre beste Freundin.
„Kommst du etwas trinken?“
„Hm.“ Sie überlegt. „Ja okay.“
15 Minuten später sitzen sie draußen in einem Straßencafé und reden. Es ist August und angenehm warm.
„Du bist jetzt Detektivin?“
„Ja.“ Mila lächelt stolz.
„Hast du schon einen Fall gelöst?“
„Ja, in Rekordzeit.“
Sie erzählt Marie von Frau Maier mit ai und ihrem Zahnarzt. Als sie fertig berichtet hat, grinst sie Marie zufrieden an.
„Das findest du lustig?“
„Du nicht?“ Sie ist verunsichert.
„Überhaupt nicht, Mila.“ Marie schaut ihre Freundin entsetzt an.
„Aber es läuft ja nichts zwischen uns.“
„Ihr habt Sex.“ Marie kann es nicht fassen.
„Ja und? Keine Liebe, das ist doch der wichtige Punkt.“
„Nein, es geht um Vertrauen und um Partnerschaft. Es ist nicht okay, wenn ein verheirateter Mann sich anderweitig vergnügt.“
Mila denkt nach.
„Ich sehe das Problem nicht, das eine ist der Beruf, das andere das Hobby.“ Sie zuckt mit den Schultern.
„Das Problem, Mila, ist …, dass seine Frau ihm nicht mehr vertraut. Das ist traurig und schlecht für die Beziehung.“
„Aber nicht mein Problem.“
Marie schüttelt den Kopf.
„Irgendwann fängst du dir mal richtig Probleme ein mit deinen One-Night-Stands. Dann komm aber nicht zu mir, um zu klagen.“
„Zu wem soll ich dann gehen?“ Sie sieht ihre Freundin verständnislos an.
„Oh Gott Mila, du bist echt seltsam.“
„Das sagst du letzter Zeit öfters.“
„Mit Grund.“
Die beiden werden von einem Anruf unterbrochen.
„Mila, ich löse jeden Fall.“
Marie verdreht die Augen.
„Hallo, sind Sie die Detektivin?“
„Ja. Mila, ich löse jeden Fall.“
„Ich vermisse meinen Hund“.
Mila rollt ihre Augen, Hunde und Männer ist das, was die Menschen am meisten verlieren. Warum ruft niemand an für einen Mordfall oder sonst was Spannendes.
„Ja okay, und Sie wollen das ich Fiffi wiederfinde?“
„Ja, sehr gerne.“
„Kommen Sie bitte zu mir ins Büro, dann können wir die Einzelheiten besprechen.“
„Sehr gut, wann?“
„In zehn Minuten.“
Mila nennt ihr ihre Adresse, beendet den Anruf und verabschiedet sich von Marie.
„Die Arbeit ruft, Marie, ich werde gebraucht.“
Marie muss lachen.
„Ja, dann mach mal, wir sehen uns.“
Als die Besitzerin von dem abtrünnigen Hündchen in Milas Wohnzimmer steht, guckt sie überrascht umher.
„Ich dachte, das ist Ihr Büro.“
Nicht schon wieder.
„Wollen Sie, dass ich ihren Hund finde?“
„Ja, er ist mein ein und alles.“
„Was kümmert Sie dann mein Büro?“
Die Dame guckt sie verdutzt an.
„Name?“
„Lucky.“
„Sie heißen Lucky?“
„Nein, mein Hund.“
„Ah, Ihr Name?“
„Carmen Bosch.“
„Bosch mit o?“
Wieder verdutze Blicke.
„Ja klar.“
„Ich wollte nur sicher sein.“
Mila macht sich Notizen.
Plötzlich hat sie einen Niesanfall und ihre Augen beginnen zu tränen.
„Haben Sie eine Katze?“
„Ja.“
„Mist, ich bin allergisch.“
„Oh, aber ich habe sie nicht dabei.“
Mila rollt mit den Augen.
„Ja, aber ihre Haare. Gehen Sie ein bisschen zurück und fassen sie nichts an.“
„Entschuldigung.“ Carmen fühlt sich sichtlich unwohl.
„Also, das Tier heißt Lucky.“
Hatschiiiii.
„Gesundheit.“
„Danke.“
„Ja, Lucky.“
„Und wie sieht Lucky aus?“
Carmen Bosch legt ihr ein Foto vor. Lucky ist ein Yorkshireterrier. Mila betrachtet das Foto.
„Wie soll ich ihn wiedererkennen? Er sieht aus wie alle Hunde hier.“
„Er hört auf Lucky.“
„Na dann. Gut, ich werde ihnen Ihren Lucky zurückbringen.“
„Danke.“ Sie lächelt erlöst.
„50 € die Stunde.“
„Das ist aber teuer.“
„Sie können sich ja stattdessen einen neuen Lucky kaufen.“ Triumphierend grinst Mila die Hundesuchende an.
„Nein, ist schon gut. Melden Sie sich bitte, wenn Sie ihn gefunden haben.“
„Klar. Ich will ihn nicht behalten.“
Sie verabschieden sich.
Mila wird Lucky morgen suchen, heute hat sie keine Lust mehr.
4.
Am nächsten Morgen spaziert Mila zur Bäckerei, um sich ihr Frühstück zu kaufen. Was sie angebunden vor dem Supermarkt sieht, lässt ihr Herz jubeln. Es ist Lucky, zumindest sieht er genauso aus wie Lucky.
„Lucky,“ ruft Mila den verdutzten Hund.
„Lucky.“ Der Hund dreht den Kopf nach links, dann nach recht. Zaghaft wedelt das Tier mit dem Schwanz.
Mila kann es nicht fassen, das Tier hört auf den Namen Lucky, also ist es Lucky. Eilig bindet sie ihn los und macht sich aus dem Staub. Zu Hause angekommen, ruft sie Carmen an.
„Hallo, hier ist Mila, ich löse jeden Fall.“
„Ja hallo.“
„Ich habe ihren Lucky.“
„Wirklich?“ Carmen quiekt vor Freude.
„Ja. Los Lucky, sag was.“ Sie hält dem Hund das Smartphone an die Ohren. Aber er sagt nichts.
„Ich bin in 15 Minuten bei ihnen.“
„Okay.“
15 Minuten später klingelt es an Milas Eingangstür, eine freudestrahlende Carmen Bosch mit o steht vor der Tür. Sie eilt herein und hält enttäuscht inne.
„Das ist nicht Lucky.“
„Wie, das ist nicht Lucky?“, schnauzt Mila sie an.
„Das ist nicht Lucky.“ Tränen sammeln sich in ihren Augen.
Oh Gott, nein, keine Tränen, Mila kann Tränen nicht ertragen.
„Nicht weinen, gucken Sie.“ Sie setzt sich vor Lucky.
„Lucky.“ Lucky oder Nicht-Lucky dreht seinen Kopf in alle Richtungen.
„Sehen Sie, er hört auf Lucky.“
„Aber er ist es nicht.“
Mila hat genug. Sie nimmt den Hund, drückt ihn in Frau Boschs Arme. „Hören Sie Carmen, Sie wollten einen Hund der Marke Yorkshireterrier, der auf Lucky hört. Das tut dieser hier, also nehmen Sie ihn mit.“ Hatschiiiii. „Ich will ihn nicht.“
Ungeduldig mit tränenden Augen schiebt Mila Carmen aus der Tür.
Sie hasst anspruchsvolle Kundschaft.
5.
Schon zwei erfolgreich gelöste Fälle. Mila ist stolz auf sich. Sie wusste, dass sie zur Privatdetektivin berufen ist. Jedoch hätte sie gerne was richtig Großes. Ein Mord, ja genau, ein Mord wäre cool. Das würde ihr Publicity verschaffen. Aber wie kommt sie an so einen Mordfall? Sie denkt kurz nach. Klar, Tageszeitung.
Aufgeregt blättert sie durch die Online-Tageszeitung. Schon die erste Überschrift lässt sie finden, wonach sie sucht.
„Schon der dritte Mord! Date Killer hat wieder zugeschlagen.“
„Date Killer“, flüstert Mila. Interessiert liest sie sich die Nachrichten durch.
Der mysteriöse Date Killer hat sein drittes Opfer grausam zugerichtet. Er ging vor wie immer. Laut Aussage der Familien der Hinterbliebenen kam es zu einer Reihe von Treffen, bevor der Mörder zur Tat schritt. Zeugen wollen den Mann gesehen haben. Die Polizei überprüft derzeit die Angaben. Bekanntschaft schlossen Täter und Opfer jeweils über die beliebte Dating-App „LOVE ❤ ME“. Die Polizei rät davon ab, diese App im Moment zu nutzen. Der brutale Serienmörder scheint einen bevorzugten Frauentyp zu haben. Alle drei Opfer waren blond und hatten kurze Haare. Die Polizei ermittelt mit Hochdruck.
Mila spitzt die Lippen und nickt beeindruckt. „Mein Fall“, sagt sie leise. Angst hat sie keine, schließlich ist sie Expert 3 in Krav Maga. Mila ist überzeugt, dass sie den Date Killer finden wird, sie braucht nur einen Plan. Zuallererst macht sie eine Liste, wie sie vorzugehen hat.
*Profil auf Dating-App „LOVE ❤ ME“ anlegen
*Polizei um weitere Informationen bitten
*Evtl. Eltern ausfragen
*Männer treffen
Zufrieden schaut sie ihre Checkliste an. Sofort nimmt sie ihr Smartphone hervor und erstellt ein Nutzerprofil auf „LOVE ❤ ME“.
Was die alles wissen wollen …
Größe: 160 cm, Mila schummelt sich 2 cm größer.
Gewicht: Geht keinen was an.
Hobbys: Joggen, Crossfit. Mila hasst Crossfit und noch mehr hasst sie die Menschen, die Crossfit ausüben. Dämliche Angeber. Vorlieben: Im Bett?
Glaubensrichtung: Norden.
Lieblingstier: Schnitzel.
Zum Schluss lädt sie ein hübsches Bild hoch und fertig. Jetzt muss sie nur abwarten. Nächster Schritt: Polizei. Mila ist sich sicher, dass die Polizei einer Privatdetektivin alle notwendigen Informationen aushändigen wird. Schließlich wollen sie beide den Täter finden.
Sie wird durch einen unerwarteten Telefonanruf aus ihrem Tatendrang gerissen. Patrick, sagt der Bildschirm.
„Hallo.“
„Halloooo“, antwortet er lüstern.
„Ist schon Donnerstag?“
„Nein Freitag“, antwortet er.
„Oh.“
„Hast du Zeit?“
„Ja, aber keine Lust.“
„Mila, man umschreibt die Dinge doch etwas netter. Ich habe auch Gefühle“, jammert er.
„Du willst, dass ich dich anlüge?“
„Ja, wenn es netter ist. Gerne.“
„Okay, nein, ich habe keine Zeit, ich würde mich so gerne mit dir treffen, für schnellen wunderbaren Sex, aber ich kann nicht.“
„Du lernst schnell.“
„Ich weiß.“
„Bitte Mila.“
Mila denkt nach, na ja, schaden kann es ja nicht. Sie kann ja auch morgen erst zur Polizei gehen. Und sie mag Patrick wirklich gerne. Die Treffen mit ihm sind immer irgendwie speziell. Witzig, vor allem weiß er genau, was Mila mag.
„Na schön. Komm vorbei.“
„Kein Parfum, nicht vergessen.“
Er beendet den Anruf. Genau 30 Minuten später steht er voll motiviert und lecker riechend vor ihr. Mila grinst schief. Sie mag den Kerl. Er ist total verpeilt, einfach nicht ernst zu nehmen. Ihr Herz schlägt sogar einen Tick schneller als sonst. Ohne groß rumzufackeln, begeben sie sich küssend ins Bett. Die Kleider fallen schon auf dem Weg dahin und die Leidenschaft ist greifbar. Ein bisschen da, ein bisschen dort und schon ist die Luft draußen.
Zufrieden grinsend liegen sie nebeneinander.
„Willst du noch etwas trinken?“
„Nein, ich muss gleich wieder los. Meine Frau erwartet mich, wir gehen essen.“
Mila spürt eine gewisse Traurigkeit aufkommen. Sie hätte ihn gerne für sich. Der Gedanke erschreckt sie. Mila will sich nicht binden, niemandem Rechenschaft ablegen. Sie will tun und lassen, was sie will. Und trotzdem fühlt es sich schön an, neben jemanden zu liegen, den man mehr als nur ein bisschen mag.
„Hm“, sagt sie traurig.
Patrick guckt sie prüfend an.
„Alles gut bei dir?“
„Ja.“
Er küsst sie auf die Wange und zieht sich an. Rechte Socke zuerst, Patrick weiß Bescheid.
6.
Der erste Gang am heutigen Tag führt Mila zur Polizei. Bei der Anmeldung fragt sie ein grimmig guckender Ende 50er, der zu viele Donuts gegessen hat:
„Was kann ich für Sie tun?“ Er hustet eklig.
Mila begutachtet ihn aufmerksam und verzieht ihr Gesicht.
„Ich möchte mit dem Verantwortlichen im Fall „Date Killer“ sprechen.“
Er guckt sie an, als ob sie in einer fremden Sprache gesprochen hätte.
„Und Sie sind?“ Er sieht genervt aus, das nervt Mila.
„Mila, ich löse jeden Fall. Privatdetektivin.“
Jetzt hebt er gelangweilt die Augenbrauen.
„Gehen sie nach Hause Mila, ich löse jeden Fall. Wir werden Ihnen keine Informationen weitergeben.“
Aber hoppla, so unfreundlich. Mila ist entsetzt.
„Ich möchte diesen Fall lösen und dazu benötige ich Insiderwissen, welches Sie haben.“
„Die kriegen Sie aber nicht. Verschwinden Sie.“
„Ich werde nicht verschwinden, bevor ich nicht mit einem richtigen Polizisten gesprochen habe.“
„Also hören Sie mal.“
Ein großer gut aussehender Polizist kommt auf Mila zu. Er grinst sie an, Mila schluckt.
„Kommen Sie in mein Büro.“
Brav watschelt Mila hinter ihm her. Nicht ohne dem Donuts Verzehrer zu zuzwinkern.
„Setzen Sie sich.“ Er grinst immer noch und entblößt seine schneeweißen, perfekten Beißerchen. Mila ist hin und weg. Ihr Beuteschema. Groß, mittelblonde Haare, leicht gewellt, nicht zu kurz, haselnussbraune Augen, entzückendes Lächeln. Sie grinst ihn an.
„Wie heißen Sie und was wollen Sie?“, fragt er noch immer grinsend.
Mila ist gerade nicht zu Hause und bringt ihr Grinsen nicht mehr weg.
„Hallo?“
„Oh, ah ja, ich … ähm. Ich bin Mila, Privatdetektivin. Ich … ähm … löse jeden Fall. Also bis jetzt. Ich will den Date Killer-Fall lösen.“
Beeindruckt nickt er mit dem Kopf und schürzt die Lippen.
„Da haben Sie sich ja Großes vorgenommen.“
„Ich liebe Herausforderungen.“
Trägt er einen Ehering? Mila guckt verstohlen auf seine Hände. Nein. Sie jauchzt innerlich.
„Nun Mila, ich kann ihnen keine Auskunft geben. Das ist alles vertraulich.“
Und wenn wir vertrauter wären, denkt Mila und sieht sich schon Hand in Hand am Strand spazieren mit dem verdammt noch mal viel zu hübschen Gesetzeshüter.
„Das verstehen Sie doch, oder?“
Versteht sie das? Mila ist durcheinander. Was verstehen? Oh Gott. Der Kerl raubt ihr den Verstand.
Er grinst sie wieder an. Milas rechtes Auge flackert. Ihr wird heiß. Ihre Augen schwitzen, durch ihren Gehörgang rast ein D Zug, ihr Körper vibriert. Er guckt sie mit einem seltsamen Lächeln im Gesicht an.
„Geht es Ihnen gut?“
„Jaja, alles bestens. Und … ähm … wie kann ich an die nötigen Informationen kommen?“
Er hebt die Schultern.
„Sie sind die Detektivin, ich bin nur der Polizist.“ Ein verschmitztes Lächeln huscht über sein, über sein … oh mein Gott, über sein viel zu schönes Gesicht. Mila ist Butter und schmilzt gerade davon.
„Ich habe mich ja gar nicht vorgestellt, wie unhöflich.“ Er geht auf sie zu und streckt ihr seine schlanke Hand entgegen.
„Bastian Sommerfeld.“
Mila schmachtet ihn an. Tropft da etwa Speichel aus ihrem Mund? Verstohlen wischt sie sich mit dem Handrücken über ihren Mund.
„Mila Haase.“
„Freut mich Mila.“
„Mich auch.“
Sie blicken sich an, Mila ist overloaded und überfordert.
„Wollen wir etwas trinken gehen?“, fragt sie entschlossen, diese Chance nicht entkommen zu lassen.
Er guckt sie überrascht an, dann wieder dieses verflixte Grinsen.
„Ah, Sie … Sie sind schnell Mila.“
„Das Leben ist kurz.“
Er nickt zustimmend.
„Erhoffen Sie sich, so an mehr Informationen zu kommen?“, fragt er ernst.
„Nein, natürlich nicht.“ Netter Gedanke, aber das ist im Moment nicht ihre Priorität. Der Date Killer kann warten.
„Na dann.“ Er lächelt sie wieder an.
Sie vereinbaren ein Treffen in einem Café für den nächsten Tag.
Wie auf Wolken verlässt Mila die Polizeistation. Sie hat sogar den Polizisten an der Anmeldung angelächelt, das möchte etwas heißen. Verdutzt und mit vollem Mund blickt er ihr nach.
Als Mila abends entspannt vor dem Fernseher sitzt, klingelt es an der Tür. Überrascht über den überraschenden Überraschungsbesuch öffnet sie die Tür. Es ist Patrick und er ... nein das kann nicht sein … Verflixt, Patrick weint. Mila dreht im Kreis.
„Was ist los? Komm rein.“
Eilig rennt sie in die Küche und holt Servietten. Panisch drückt sie ihm die Servietten auf die Augen, zuverlässig saugen sie das salzige Trauerspiel auf.
„Was tust du Mila?“
„Ich wisch die Tränen weg, sie machen mich fertig.“
Er schnieft.
„Meine Frau will sich scheiden lassen, wenn ich noch einmal fremdgehe.“
„Aber du gehst nicht fremd, du kennst mich doch.“
Er schaut sie an, war das ein Witz oder ihr Ernst. Patrick weiß es nicht.
„Woher weiß sie es überhaupt, ich hatte kein Parfum benutzt.“
„Keine Ahnung, Frauen merken das.“
Mila hebt genervt die Augenbrauen.
„Wir können uns nicht mehr vergnügen, Mila, ich kann das Risiko nicht eingehen. Ich liebe meine Frau.“
„Okay“, sagt Mila gleichgültig. Aber es ist ihr nicht gleichgültig. Ihr wird bewusst, dass sie nur die Nummer 2 war und ist. Es schmerzt in ihr. Und das tut weh. Sie mag Patrick mehr, als sie zugestehen kann und will. Aber es sollte nie mehr daraus werden, das war ihnen beiden klar. Trotzdem könnte sie jetzt losheulen.
„Wir sehen uns in der Praxis, okay?“
„Ja, ich komm bald wieder mal.“
„Okay Mila, pass auf dich auf.“
Ein Kuss auf die Wange und weg ist er.
Das fühlt sich jetzt richtig beschissen an. Voller Selbstmitleid setzt sie sich aufs Sofa. Doch dann kreuzt Bastian Sommerfeld ihre Gedanken und ihre kleine Welt scheint wieder in Ordnung zu sein.
Während Mila abends im Bett liegt, wirft sie einen Blick auf die LOVE ❤ ME-App und ist fassungslos. 32 Dating-Anfragen. Aufmerksam geht sie jede Einzelne durch. Sie hat ein Täterprofil angelegt. Nach langem Studieren kam sie zu dem Schluss, dass er hübsch sein muss. Das ist alles, was sie weiß. Aber da fallen schon mal eine ganze Menge durch das Raster. Ein Gedanke durchkreuzt ihr schwer arbeitendes Gehirn. Weshalb geht die Polizei nicht die App der Opfer durch? Wäre doch so einfach. Sie erwartete ein bisschen mehr Intelligenz von der hiesigen Polizei. Bastian, schon träumt sie wieder von gemeinsamen Stunden mit Bastian Sommerfeld. Was für ein poetischer Name. Wenn er nur nicht zu viel will von ihr. Er kann alles von ihr haben, aber nicht ihre Gefühle.
Wieder widmet sie sich der App, löscht Anfragen, hat aber den Anstand und schreibt jedem Date-Willigen eine kurze Nachricht.
Und die sehen so aus:
Sicher nicht!
Ja, aber hallo!
Kein Interesse!
Rasier dich!
Also nein!
Bitte?
Nicht mit mir!
Hahahahaha!
Und so weiter. Sie möchte ja nicht unfreundlich erscheinen. Fünf Kandidaten hat sie ausgewählt. Mila wird sich mit jedem von ihnen verabreden und herausfinden, wer der Date Killer ist. Ihr Plan ist grandios.
7.
Um 17 Uhr trifft sie sich mit Bastian im Kaffee ums Eck. Ihr Herz schlägt im Takt von „We will rock you“, als sie ihren Bastian sieht. Schwarzes Poloshirt, Jeans und Sneakers. Mila sitzt bereits am Tisch. Er lächelt sie von Weitem an. Sie steht auf zur Begrüßung. Bussi links und rechts. Dämlich grinsend setzt sie sich.
„Ich bin Bastian“, sagt er gut gelaunt.
„Ich bin Mila“, gibt sie zurück.
„Schön Mila, erzähl mal was von dir.“
„Bist du verheiratet?“, fragt Mila forsch.
Verwundert schaut er sie an.
„Nein.“
„Vergeben?“
„Nein.“
„Schwul?“
„Nein.“ Er schmunzelt.
„Gut, dann können wir weitermachen“, verkündet sie erleichtert.
„Wir haben noch gar nicht angefangen. Wie alt bist du, Mila?“
„26.“ Jetzt weiß er mehr als die meisten ihrer vorherigen Partner.
Er hebt die Augenbrauen.
„Und du?“
„36.“
Sie hebt die Augenbrauen.
„Und was treibst du so, Mila?“
„Ich bin Privatdetektivin, wie du ja bereits weißt.“
„Ja sehr interessant, und Hobbys?“
Er scheint Interesse an ihr zu haben, das ist neu für Mila. Ihre Partnerschaften dauern normalerweise nur so lange, dass es reicht, um den Namen mitzuteilen. Manchmal nicht einmal das.
„Ich liebe es, zu fotografieren.“
„Und was fotografierst du?“
Himmel, neugieriger Kerl.
„Emotionen, egal was, aber es muss Emotionen übermitteln.“
„Wow!“ Er ist beeindruckt. „Magst du Sport?“
„Ja, ich spiele Squash.“
„Oh, ich auch“, sagt er begeistert.
„Können wir ja mal zusammen spielen.“
„Ja.“
„Und Krav Maga.“
Wieder scheint er beeindruckt. Mila punktet.
Sie bestellen Getränke und jeder ein Stück Schokoladenkuchen. Mila ist süchtig nach Schokolade. Der jahrelange Verzicht dank ihrer Tante erschuf in ihr ein Schokoladevakuum. Als sie in ihre eigene Wohnung zog, mit 18 Jahren, war das erste, was sie sich kaufte … eine Tafel Schokolade. Die aß sie genüsslich auf dem Boden, da sie noch keine Möbel hatte.
„Und du? Was treibst du so?“
„Ich bin Polizist, wie du ja weißt. Ich geh jeden Tag früh morgens joggen.“
Wie langweilig, denkt Mila.
„Und ich bin Cheerleader.“
Mila bleibt der Kuchen im Hals stecken. Er muss ja etwas Seltsames haben, deshalb ist er nicht vergeben. Ihr rechtes Auge flackert, während sie ihn anstarrt.
Er schaut sie ernst an. Dann lacht er plötzlich laut los.
„Das war ein Witz, Mila, schau mich nicht so an.“ Bastian kann nicht mehr vor Lachen.
So ein Scherzkeks. Das war überhaupt nicht lustig, denkt Mila. Sie hat sich zu Tode erschrocken.
„Entschuldige Mila, natürlich nicht, ich spiele American Football.“
Okay, ihm sei vergeben.
„Das ist cool.“
„Ja, ist es.“
Er grinst noch immer, der Erfolg seines dämlichen Witzes steigt ihm allmählich zu Kopf. In seinen wunderschönen Kopf. Mila weiß gar nicht, wie ihr geschieht. Zu viele Gefühle, hier sind viel zu viele Gefühle im Spiel.
„Was wolltest du als Kind werden?“, fragt Bastian neugierig.
Mila muss nicht nachdenken, die Antwort kommt sofort.
„Glücklich.“
Betroffen schaut er sie an.
„Und bist du es?“
Jetzt schaut er sie eindringlich an.
Mila gefällt die Richtung, in die dieses Gespräch geht gar nicht. Und sie erinnert sich daran, weshalb sie mit den meisten Menschen keine Unterhaltung pflegt.
„Ich weiß es nicht, ich glaube irgendwie schon, vielleicht, kann sein.“
„Okay, sehr überzeugende Antwort.“ Er knabbert an seiner Unterlippe.
Sogar das findet Mila anziehend und unheimlich sexy.
„Bist du romantisch?“, fragt er weiter.
Mila wundert sich über die Fragen. Ob er die gegoogelt hat, 100 Fragen für ein erstes Date. Sie findet es furchtbar anstrengend.
Wenn romantisch bedeutet, dass man nach dem One-Night-Stand noch einen Kaffee trinkt, dann ja.
„Hm, ich weiß nicht, kommt auf den Partner an.“
Ob er es wert ist. Ihre Laune ist plötzlich seltsam. Sie fühlt sich ausgeliefert, verletzlich. Irgendwie muss sie die Kontrolle zurückgewinnen.
„Und du? Wolltest du schon immer Polizist werden?“
„Ja, ich war schon in der Schule immer der, der die anderen beschützte.“
Das ist süß. Mila schmachtet ihn an. Er grinst schief, sie liebt schiefes Grinsen.
„Hast du Geschwister?“ Er reißt das Gespräch wieder an sich.
Frage Nummer 8 bei den Google Top Ten, nervt sie sich.
„Nein. Du?“
„Ja, einen kleineren Bruder.