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Ein Lebensweg angefüllt bis zum Äußersten mit Schrecken, Angst und Verdrängung und mit abscheulichen und unfassbaren Dingen, für die man eigentlich keine Worte finden kann. Und weil in Millis Leben, das alles nicht passiert sein darf, kann ihre Geschichte auch nur als Märchen erzählt werden. Millis Geschichte - so faszinierend wie abstoßend, beeindruckt, weil voller Gefühl und Hoffnung und langsam aufkeimendem Vertrauen. Millis Heilungsweg ist ebenso spannend, außergewöhnlich, einzigartig und bewegend - eine Hoffnung für Opfer und ähnlich Betroffene.
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Seitenzahl: 169
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www.tredition.de
Dieses Buch widme ich allen sexuell missbrauchten Menschen, besonders allen rituell missbrauchten Kindern.
Dies ist eine wahre Geschichte. Weil sie aber nicht passiert sein darf, kann sie nur als Märchen erzählt werden.
Ich möchte sensible Menschen bitten, dieses Buch nicht zu lesen!
Betroffene sollten bitte damit rechnen, dass sie vielleicht an ihre eigenen Erlebnisse erinnert werden können.
Es wäre jedoch schade, sollte der Leser gleich anfangs wegen der beschriebenen Grausamkeiten das Buch beiseite legen, der weitere Verlauf in Millis Geschichte ist durchaus positiv und mutmachend.
Ich hebe meine Augen auf zu den Bergen. Woher kommt mir Hilfe?
Meine Hilfe kommt von dem Herrn, der Himmel und Erde gemacht hat.
Psalm 121,1-2
Linda Prinz
Millis Lebensmärchen
Es kann nicht sein, was nicht sein darf!
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© 2014 Linda Prinz
Titelfoto: Blick auf das Karwendelgebirge in Krün
Verlag: tredition GmbH, Hamburg
ISBN: 978-3-8495-7927-2
Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.
Inhaltsverzeichnis Teil I
Einleitung
Millis Lebensmärchen
1. Babys Spezialmilch
2. Asthma
3. Milli wird älter
4. Schlangen
5. Fazit
6. Räucherkammer
7. Noch ein böses Märchen
8. Die Geburt
9. Was war eigentlich geschehen?
Nachwort:
Heute
Die Kindheit und Jugend
Zwei Millis
Die Ehe
Terror, Armut und Gott
Guckt Gott nur zu?
Terror
Und noch mehr Terror
Einfach nur Wunder
Krebs?
Ein Drama in mehreren Akten
Das Kind auf der Dachrinne
Wenn das etwas Schlimmes ist
Der Zahn
Millis Heilungsweg
Die Taufe
Schlangen
Fluch oder Psychose? … und Befreiung
Die Kohle
Das Grab
Christliches Trauerseminar
Die Macht der Vergebung
Nein, du musst nicht mehr hinter den Zaun!
Der Feind aus geistlicher Sicht
Das rote Tuch und das Strohmännchen
Dann wäre da noch die Sache mit dem Ring
Nachwort 1
Es gibt immer einen Ausweg
Einleitung
Dieses Buch soll Betroffenen helfen, sich mit Gott und ihrer Vergangenheit zu versöhnen. Es soll eine Ermutigung für Opfer sein, sich nicht aufzugeben und fest mit Gottes Hilfe und Eingreifen zu rechnen.
Es soll aber auch, soweit es möglich ist, Machenschaften der Täter stoppen und aufdecken. Gerade in der heutigen Zeit, angesichts der Aufdeckung so vieler Missbrauchsfälle in Kirchen und Schulen, könnte dieses Buch ein weiteres Puzzleteilchen sein.
Möge es helfen, das Schweigen derer zu brechen, die von solchen Fällen wissen.
Vor ca. drei Jahren lernte ich Milli kennen, als sie als Kurgast sonntags in unsere Gemeinde kam. Es war eine Reihe von „Zufällen“, durch die wir uns kennen lernten. Das Thema „Sexueller Missbrauch“ lag von Anfang an auf dem Tisch und war eigentlich auch das, was uns verband.
Als Kind wurde ich von meinem Patenonkel sexuell missbraucht. Zwar war der Missbrauch nicht so schwer, er hat mich aber mein Leben lang beeinflusst. Bis heute glaubt mir das keiner aus meiner Familie, außer evtl. meine Mutter, und geredet wird darüber schon gar nicht. Es tut mir immer noch weh, dass mir keiner glaubt.
Wie bei fast allen Missbrauchten funktionierte mein Verdrängungsmechanismus sehr gut. Ich habe den größten Teil meines Lebens davon nichts gewusst.
Gott hat Gnade geschenkt und begann mit meiner Heilung, als ich es noch gar nicht richtig wusste, als ich nur eine Ahnung hatte und viele Indizien in meinem Leben darauf hinwiesen. Jahrelang habe ich geweint ohne zu wissen warum, in Gottesdiensten, besonders in Lobpreis- und Anbetungszeiten, auf christlichen Seminaren und Kongressen. In meiner Seelsorgeausbildung musste ich immer wieder unerklärlich viel weinen. Auch wenn ich alleine war in Gottes Gegenwart, war es ein Weinen mit Husten bis fast zum Brechreiz, mit einem ganz besonderen tiefen Schmerz oder auch mit Kopfschmerzen. Ich habe sogar in Träumen geweint und es tat gut, den Schmerz „auszukotzen“.
Als Gott dann meinen Missbrauch an einem Ostermontag völlig aufdeckte, haute es mich dann doch fast um, aber nur fast. Es war ja alles schon in mir, jetzt wurde es mir nur noch bewusst. Mit diesem Wissen konfrontiert zu werden, ist noch mal eine ganz andere Sache. Aber ich hatte ja Vorarbeit geleistet … Und doch war ich in dem Sommer und in dem ganzen Jahr und auch in dem darauf folgenden Jahr wie außer Gefecht gesetzt. Ich erlebte mich kraftlos, willenlos, erfolglos, ohnmächtig.
Obwohl mir geraten wurde, eine Therapie zu machen oder Seelsorge in Anspruch zu nehmen und mein Verstand mir sagte, es sei gut, Hilfe anzunehmen, zeigte mir Gott eindringlich, dass Er mich in Seiner Gegenwart heilen wollte, was Er dann auch tat.
Ich kann heute sagen, dass ich vom Missbrauch weitgehend geheilt bin, frei von Schmerz und Anklage und Scham. Ich bin Gott sehr dankbar für diesen meinen Weg der Heilung. So viel zu mir und meiner Geschichte.
Ein christlicher Psychologe sagte einmal, dass sich ähnlich oder gleich viel geschädigte Menschen schnell begegnen und zusammenkommen, wenn sie gleichzeitig an einem Ort sind.
Nun, Milli und ich, wir kamen schnell zusammen, wir hatten zwar das gleiche Thema, aber sonst nichts gemeinsam.
Sie kam mich einige Male besuchen solange sie in Kur war und erzählte mir aus ihrem Leben. Sie erzählte kreuz und quer von früher, von jetzt, von Dingen, die sie schon wusste und von Dingen, die sie nur vermutete. Sie erzählte fließend, sauber und anschaulich. Reden muss wohl eine ihrer Stärken sein, das weiß sie selbst vielleicht nicht.
Ich hörte ihr zu. Diese ganzen Missbrauchsgeschichten schienen so unwirklich, hörten sich so außerirdisch an und doch glaubte ich ihr. Aus welchen Gründen auch immer, ich schenkte ihnen Glauben. Obwohl mein Verstand mich aufforderte, vorsichtig zu sein und einiges in Frage zu stellen und mich jemand ganz konkret vor ihr warnte, konnte ich doch nicht anders, ich musste ihr glauben.
Sie saß in unserem Garten mit ihrem Gravurgerät, Gläsern, Spiegeln, Vasen und versuchte, sich so etwas dazuzuverdienen. Sie rauchte viel und redete viel, auch von ihrer Therapeutin, die es wohl sehr gut verstand, ihre Aussagen einzuordnen.
Obwohl ich Milli damals gerne zuhörte, überforderte mich ihre Gegenwart auch. Es war gerade drei Monate her, seit mir mein Missbrauch bewusst wurde. Es war zu viel für mich, und doch war mein Helfersyndrom stärker. Ich weiß auch nicht, ob ich oder meine Aussagen ihr gut getan haben damals. Jedenfalls war ich immer irgendwie erleichtert als sie ging. Ich weiß bis heute nicht, warum ich danach meistens ein schlechtes Gewissen oder ein schlechtes Gefühl hatte.
Dann hörten wir ca. zweieinhalb Jahre nichts mehr voneinander, bis sie mich vor kurzem wieder anrief. Es gab immer mal Momente, in denen ich an sie erinnert wurde, aber nicht mehr als das. In der Zwischenzeit durchlebte ich einen Heilungsprozess, und es änderte sich in meinem familiären Umfeld einiges, so dass ich viel innere Freiheit und neue Kräfte bekam und mehr Zeit hatte.
Als Milli nach langer Zeit wieder anrief, hatte ich einen ganz anderen Bezug zu ihrer Problematik, und nach einigen langen Telefonaten, und als ich über sie nachdachte, forderte mich Gott auf, ihre Geschichte aufzuschreiben.
Folgende Kerngeschichte hat Milli selber in einer Nacht aufgeschrieben. Noch lange bevor ich mit den Arbeiten am Buch beginnen konnte, hatte sie von einem Buch „Millis Lebensmärchen“ geträumt.
Es war einmal …
Millis Lebensmärchen
1. Babys Spezialmilch
Es war einmal ein kleines, winziges, süßes Baby. Von manchen ganz besonderen Männern wurde sie Milli genannt.
Milli lebte mit ihren Eltern und Großeltern in einem kleinen, idyllisch gelegenen Dorf. Sie war das erste Kind ihrer Eltern und das erste Enkelkind für die Großeltern.
Nach einer schwierigen Geburt, die das Baby fast nicht überlebt hätte, freuten sich alle ganz besonders über dieses, ihr erstes Kind!
Millis Familie war angesehen im Dorf. Nach dem Krieg hatten alle schwer geschuftet für ihren Wohlstand, in dem sie nun lebten. Alle sorgten sich sehr um das kleine Würmchen, das sich gut entwickelte.
Eines Tages schlief das Baby in seinem schönen Gitterbettchen friedlich. Die Erwachsenen waren bei der Arbeit oder im Stall, der gleich an das Wohnhaus grenzte, um die Kühe zu melken.
Während nun das kleine Mädchen friedlich schlief, kam ein Mann in das Zimmer. Er weckte „seine Milli“, wie er sie nannte, auf und sprach ganz freundlich, fast liebevoll mit dem Kind. Er nahm es aus dem Bettchen, während er mit ihm sprach, machte seine Hose auf und holte so ein Ding heraus, das Milli nicht kannte.
Er sagte ihr, sie habe doch bestimmt Hunger, da müsse er mal was dagegen tun und hielt Milli dieses Ding vor den Mund. Milli verstand sicher nicht, was er wollte. Wenn Mama ihr das Fläschchen gab, hielt sie sie immer sicher geborgen im Arm und schaute lächelnd beim Trinken zu.
Jetzt lag Milli bäuchlings und gar nicht geborgen oder sicher auf dem Schoß dieses Mannes! Er hielt ihr also dieses Ding vor den Mund, sprach immer noch freundlich mit ihr: „Das ist nur Milch, das kannst du ruhig trinken … “
Dieses Ding roch ganz anders als ihr Fläschchen und Milli wollte es nicht in den Mund nehmen! Allmählich wurde der Mann ungeduldig und versuchte, ihr das Ding in den Mund zu stecken. Die ganze Zeit hatte er schon an dem Ding herumgespielt. Auch war seine Stimme nun gar nicht mehr so liebevoll. Milli bekam Angst und fing an zu weinen. Jetzt konnte der Mann das Ding endlich in ihren Mund stecken …
So oder so ähnlich begab sich Millis erste Geschichte.
Immer mal wieder kam dieser Mann zu Milli, wenn von den Erwachsenen alle beschäftigt waren und Milli schlafen sollte …
2. Asthma
Eines Nachts bekam Milli keine Luft mehr. Sie hustete und hustete.
In Panik schrie sie. Die Mutter konnte machen, was sie wollte, Milli hustete weiter und japste nach Luft. Sie ließ sich auch nicht beruhigen.
Schnell brachte die Mutter ihr Kind zum Arzt! Der gab ihr Medizin und endlich wurde der Husten weniger! Allmählich beruhigte sich das Kind und irgendwann schlief es dann endlich ein. Nun beruhigte sich auch die Mutter und sprach mit dem Arzt – oder er mit ihr:
„Die Kleine hat Asthma!“ stellte er fest. „In der Lunge hat sich in den letzten vier Wochen seit der Geburt irgendwie Fruchtwasser gebildet … “
Er sagte der Mutter, was sie tun müsse, wenn es wieder zu einem Anfall käme, und dass er sich erkundigen wolle, wie es dazu kommen konnte. Er hätte so etwas noch nicht erlebt und hätte einfach keine Erklärung.
In den nächsten Wochen, Monaten und Jahren hatte Milli immer wieder diese Hustenanfälle. Immer wieder fand der Arzt neues „Fruchtwasser“ in Millis Lunge …
Immer wieder hatte er keine Erklärung …
Niemand wusste etwas von der „anderen Milch“, die Milli heimlich von dem Mann bekam …
3. Milli wird älter …
Milli ist nun schon zwei oder drei Jahre alt.
Sie hat noch ein Brüderchen bekommen, das sehr krank ist. Milli ist in ein neues Zimmer umgezogen.
Die Mutti muss sich immer nachts um das kranke Brüderchen kümmern. Deshalb schläft ihre Großmutter nun immer bei Milli, damit sie schnell genug mitbekommt, wenn Milli wieder einen Asthmaanfall erleidet. Dies ist fast jede Nacht der Fall!
Der besondere Mann kommt immer noch heimlich.
Da Milli nun schon größer geworden ist, legt er sie jetzt immer auf einen Tisch und zieht sie aus. Immer noch steckt er Milli dieses Ding aus seiner Hose in den Mund. Er hantiert aber auch an ihrem ganzen Körper damit herum. Oft stinkt er nach Schweiß und anderen Sachen.
Manchmal bringt er auch noch einen anderen Mann mit. Dann hantieren sie zusammen an ihr herum, machen blöde Bemerkungen, lachen, stinken, schwitzen und stöhnen um die Wette.
Milli hat längst gelernt, dass sie sich nicht wehren kann oder darf. Als sie es ein paar Mal versuchte, tat er ihr ganz fürchterlich weh. Als sie dann anfing zu weinen, schlug er sie, bis sie aufhörte zu weinen.
Irgendwann kam die Mutter mal überraschend, als Milli weinte. Er erzählte der Mutter, dass Milli schrecklich böse gewesen wäre. Sie hätte irgendetwas Schlimmes angestellt und hätte sich einfach ausgezogen. Nun versohlte die wütende Mutter Milli auch noch den Hintern, steckte sie ins Bett, schimpfte mit ihr und ging dann in den Stall zurück.
Nach einer Weile kam der Mann wieder, lachte die verzweifelt weinende Milli höhnisch aus, nahm sie aus dem Bett, legte sie auf den Tisch und zog sie aus …
4. Schlangen
Endlich – etwas verspätet – lernte Milli sprechen.
Immer wieder kam dieser besondere Mann, von dem Milli ihren Spitznamen hatte, zu ihr. Fast immer brachte er mittlerweile mehrere Männer mit. Natürlich war auch den Männern nicht entgangen, dass Milli nun würde reden können.
Eines Tages, Milli lag wieder mit bangem Herzen nackt auf dem Tisch, legten sie ihr eine Schlange auf den Bauch. Milli blieb das Herz fast stehen. Die Schlange war zwar nicht sehr groß, aber Milli hatte schreckliche Angst!
Vor ein paar Stunden hatte ihr Vater erzählt, dass er im Feld eine Schlange gefunden hatte. Dann war eingehend über Schlangen gesprochen worden. Milli war richtig froh gewesen, dass die Schlange ihren Vater nicht gebissen hatte. Und nun lag diese Schlange (?) auf ihrem nackten Bauch!
Die Männer bemerkten Millis Panik und machten ihr noch mehr Angst. Dabei lachten sie wieder hämisch. Schließlich kam einer dicht zu ihr heran und sagte mit brutal drohender Stimme:
„Wenn du irgendeinem was sagst, stecken wir dich in ein Schlangennest. Die Schlangen kriechen dann an dir hoch in dich rein! Da vermehren sie sich dann und fressen dich von innen auf!“
Milli dachte, sie müsse vor Angst sterben.
In dieser Nacht konnten die Männer noch viel mehr mit ihr machen. Sie blieb ganz brav, krallte sich mit ihren Händen in die Hand ihres Vaters, der immer rechts an ihrer Seite stand und ihre Hand hielt.
Sie steckten die Schlange – oder was anderes – von hinten in ihren Po. Es tat entsetzlich weh, aber Milli hielt tapfer durch. Zum Glück war ja wenigstens Papa da!
Dann zogen sie die Schlange wieder ein wenig raus, drückten sie wieder rein … raus, rein, raus, rein, raus – immer schneller und heftiger. Dabei stöhnten und schwitzten sie immer mehr.
Schließlich hatte Milli solche Schmerzen, dass sie laut schrie … Es war einfach so gekommen, sie konnte nichts dagegen machen! Sofort zogen sie die Schlange aus dem Po und steckten sie ihr in den Mund!
Das war gar nicht die Schlange, das war das Ding, was der besondere Mann schon früher immer aus seiner Hose geholt hatte! In ihrem Mund steckte ein Geruch wie vom Klo – und ein ekliger Geschmack! Das Ding war noch widerlicher als sonst! Milli bekam keine Luft mehr, verschluckte sich und biss aus Versehen zu! Ein Schrei!
Die Männer, die eben noch gelacht hatten, waren sofort ruhig und todernst! Ein paar Männer stellten sich leise in Drohpose neben ihren Vater!
Millis Angsttränen versiegten vor lauter Panik. Ihr Vater sah sie verzweifelt und ohnmächtig schulterzuckend an.
Er konnte nichts tun!
Die Not des kleinen Mädchens lässt sich nicht mehr in Worte fassen. Panik! – Was kommt jetzt? – Purer Ekel im Mund – nach Luft japsend … Po und Bauch taten fürchterlich weh – und, und, und …
Sie hatte das Schlimmste gemacht, was sie überhaupt tun konnte: Sie hatte zugebissen!
Der Mann war entsetzlich böse, außerdem hatte er ein schmerzverzerrtes Gesicht! Er nahm ein Ding irgendwoher, es hatte einen Holzstiel und lauter Schnüre oder so etwas Ähnliches dran. Dann riss er das hilflose Kind unsanft herum: Po, Rücken, Schulter, Beine, Arme – alles egal, er schlug zu. Das Kind fühlte sich total leer, tot oder sonst wie und lag zusammengekauert, wimmernd, nackt und kaputt auf dem Tisch.
„So, und jetzt erst recht! Du und du!“ Er brüllte es fast und zeigte auf zwei Männer. Ihr Vater musste da bleiben, wo er stand. Die Männer ließen ihn nicht zu ihr! Sie lag mit dem Rücken zu ihm hin. Die Männer zogen ihre Hosen runter, einer stellte sich vor sie, einer hinter sie. Sie konnte nichts tun. „Nein, nein! Bitte nicht …“, kam es wimmernd aus ihrem Mund – aber sie lachten nur: „Nee, Strafe muss sein! Das machst du nicht mehr!“
Der eine steckte sein Ding in ihren Mund, der andere seins in ihren Po. Was schlimmer war, kann man nicht sagen. Das Ding im Mund steckte immer wieder so tief drin, dass sie fast erstickte, die Schmerzen in Po und Bauch waren unbeschreiblich. Schließlich bekam sie nichts mehr mit, alles wurde schwarz und sie war nicht mehr da. Natürlich war sie noch da. Die Männer hatten so lange an ihr „rumgearbeitet“, bis sie ohnmächtig geworden war. Ob sie danach noch weitermachten, was mit ihrem Vater war und was sonst noch geschah, weiß sie nicht, auch nicht wann, wie und wo sie wieder zu sich kam.
Danach konnte sich das arme Mädchen auch an nichts mehr erinnern. Sie weiß auch nicht, ob überhaupt und wenn, welcher Arzt diese Tat deckte.
5. Fazit
Nun wusste Milli genau, wo sie hingehörte: Sie war das Allerletzte!
Es gab einen Gott, dessen war sie sicher, obwohl sie so klein war. Aber dieser Gott musste sie fürchterlich hassen oder fürchterlich böse auf sie sein, wenn die Männer so was machen durften.
Sie wusste nun, dass man mit ihr alles machen konnte und auch durfte. Sie wusste nur nicht, warum. Sie wusste, dass sie nichts anderes verdient hatte. Sie wusste nur nicht, warum.
Sie wusste nun endgültig und bombensicher, dass sie völlig allein auf dieser großen Welt war. Niemand konnte und würde sie schützen, beschützen oder auch nur zu ihr halten.
Sie wusste nun: Sie hatte keine Chance!
Für sie stand fest, dass dieser Gott sie nur für die Männer gemacht hatte.
Ihre Oma hatte ihr irgendwann mal gesagt: „Das sind Männer, die brauchen das. Augen zu und durch!“ Oma war alt und klug, die hatte sicher Recht!
Nach dieser Schlangenaktion war das Kind endgültig kaputt. Es wusste nun ganz genau, wo es hingehörte.
Es wusste auch, dass es Gott gab. Es wusste aber auch, es war so böse, dass es niemals mehr im Leben eine Chance haben würde, um Zugang zu diesem Gott zu haben.
6. Räucherkammer
Millis Gedächtnis war nun auch irgendwie kaputt.
Oft wusste sie nicht mehr, was eben gerade passiert war, wenn ihr etwas wehtat, wenn sie schrecklich traurig war, wenn sie schrecklich wütend war, oder wenn sie wieder ein schlechtes Gewissen hatte. Sie war sich dann aber sicher, dass sie wieder irgendetwas falsch gemacht haben musste.
Irgendwann hatte Milli ganz aus Versehen, wahrscheinlich in einer fürchterlichen Not mit irgendwem gesprochen. Sie wusste es nach dem Märchen, das nun folgt, selber nicht mehr.
Schon als die Mutter sie unsanft und wütend in den Keller schleppte, wusste sie auch nicht mehr, was sie überhaupt gesagt hatte. Sie war sich nur sicher: „Ich habe die Wahrheit gesagt!“
Aber nun von vorne: Milli hatte irgendwas zu irgendwem gesagt. Dieser jemand war zu ihrer Mutter gegangen und hatte es nun ihr erzählt. Die Mutter war nun total erbost über ihre Tochter, die solche Lügen erfinden konnte. Zunächst versohlte sie zusammen mit Oma Millis Hintern mit mindestens einem Kochlöffel, der dabei zerbrach. Doch das war ihr nicht hart genug.
Also packte sie die schreiende Milli, die überhaupt nicht verstand, was los war, zerrte sie in den Keller. und steckte sie in die Räucherkammer, in der noch die Glut glimmte und Würste und Schinken unter der Decke baumelten.
Dann sperrte sie von außen die Tür zu und ging die Treppe hoch. Milli konnte jeden ihrer Schritte hören. Dann fiel oben die Kellertür ins Schloss.
Nun war Milli allein, mutterseelenallein. Und verzweifelt! Was hatte sie nur getan?
Sie war sich absolut sicher, dass sie die Wahrheit gesagt hatte – aber was hatte sie nur gesagt? Es fiel ihr einfach nicht mehr ein. Sie kauerte auf dem Boden und weinte. Die Glut glimmte. Die Luft wurde immer schlechter! Sie fing an zu husten. Was sollte sie tun, wenn sie nun wieder so einen Asthmaanfall bekäme? Hier konnte ihr niemand helfen. Und sie hatte nichts getan, außer die Wahrheit zu sagen. Das sollte man doch so tun.
Wie lange sie dort unten blieb, wer sie befreite und in welchem Zustand, das weiß sie heute nicht mehr.
Fakt ist, Milli hatte wieder gelernt. Es gab zwei Wahrheiten: Einmal Millis Wahrheit, die für Erwachsene nichts als ein Märchen eines bösen Mädchens war, und zweitens die Wahrheit der Erwachsenen, bei der nicht passiert ist, was nicht sein darf.