Mit der Zeitkugel bei Kleopatra: Timetravel, Reisen mit der Zeitkugel 21-24: Science Fiction Fantasy Spezial Sammelband 4 Romane - Horst Weymar Hübner - E-Book
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Mit der Zeitkugel bei Kleopatra: Timetravel, Reisen mit der Zeitkugel 21-24: Science Fiction Fantasy Spezial Sammelband 4 Romane E-Book

Horst Weymar Hübner

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Dieser Band enthält folgende Romane aus der Serie "Timetravel - Reisen mit der Zeitkugel": Der Todesring der Borgia (Horst Weymar Hübner) ...und Troja starb im Feuermeer (Horst Weymar Hübner) Ein Schiff fährt in die Ewigkeit (Horst Weymar Hübner) Das Grabmal der Kleopatra (Horst Weymar Hübner) Der Auftrag: Vor knapp fünfzig Jahren fand man in der Oase El Fayum das Halsband der letzten ägyptischen Königin Kleopatra. Sie starb 30 v. Ch. in Alexandria, doch konnte nie ihr Grab ausfindig gemacht werden. Der Fund nährte die Vermutung, dass die Königin vom Nil in einem geheim gehaltenen Grab beigesetzt wurde. Reisen Sie im Todesjahr der Kleopatra nach Alexandrien und versuchen Sie, das fast zweitausend Jahre alte Geheimnis zu lösen. (Konsortium der Sieben) Die Zeitkugel ist ein aluminiumfarbener, fensterloser Ball mit einem Durchmesser von 5 m, der die Ent- und Rematerialisierungsapparatur, ein Panoramascope und Sitzgelegenheit für drei Passagiere enthält. Die Reise mit der Zeitkugel ist stets vorprogrammiert. Die Vorprogrammierung bestimmt das räumliche und zeitliche Ziel, die Dauer des dortigen Aufenthaltes und den Zeitpunkt der Rückkehr. Änderungen nach dem Start sind nicht möglich. Zum Schutz der Zeitkugel entmaterialisiert sie sich fünf Minuten nach der Ankunft am Zielort und rematerialisiert wieder eine Stunde vor der Abreise. Das Mitbringen von Gegenständen aus fernen Räumen und anderen Zeiten ist nicht möglich, da der Umwandlungsprozess nur Dinge erfasst, die beim Beginn der Reise an Bord waren. Die Ent- und Rematerialisierung sowie die Reise werden von den Passagieren nicht wahrgenommen, da sie während dieser Phasen bewusstlos sind. Der Radar-Timer wird von den Passagieren der Zeitkugel wie ein Armband getragen und ist eine Kompass-Uhr-Kombination, die stets die Richtung zur und die Entfernung von der Zeitkugel und zudem die verbleibende Zeit bis zur Rückreise zeigt. Die Kleidung der Passagiere besteht aus einer helmartigen Kapuze und einem silbrigen, hautengen Overall, der sowohl vor Hitze als auch vor Kälte schützt. Der Sprach-Transformer (auch Dolmetscher genannt) ist in der helmartigen Kapuze untergebracht und übersetzt jede Sprache ohne Verzögerung.

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Inhaltsverzeichnis

Mit der Zeitkugel bei Kleopatra: Timetravel, Reisen mit der Zeitkugel 21-24: Science Fiction Fantasy Spezial Sammelband 4 Romane

Copyright

DER TODESRING DER BORGIA

… UND TROJA STARB IM FEUERMEER

EIN SCHIFF FÄHRT IN DIE EWIGKEIT

DAS GRABMAL DER KLEOPATRA

Mit der Zeitkugel bei Kleopatra: Timetravel, Reisen mit der Zeitkugel 21-24: Science Fiction Fantasy Spezial Sammelband 4 Romane

Horst Weymar Hübner

Dieser Band enthält folgende Romane aus der Serie "Timetravel - Reisen mit der Zeitkugel":

Der Todesring der Borgia (Horst Weymar Hübner)

...und Troja starb im Feuermeer (Horst Weymar Hübner)

Ein Schiff fährt in die Ewigkeit (Horst Weymar Hübner)

Das Grabmal der Kleopatra (Horst Weymar Hübner)

Der Auftrag:

Vor knapp fünfzig Jahren fand man in der Oase El Fayum das Halsband der letzten ägyptischen Königin Kleopatra. Sie starb 30 v. Ch. in Alexandria, doch konnte nie ihr Grab ausfindig gemacht werden. Der Fund nährte die Vermutung, dass die Königin vom Nil in einem geheim gehaltenen Grab beigesetzt wurde. Reisen Sie im Todesjahr der Kleopatra nach Alexandrien und versuchen Sie, das fast zweitausend Jahre alte Geheimnis zu lösen.

(Konsortium der Sieben)

Die Zeitkugel

ist ein aluminiumfarbener, fensterloser Ball mit einem Durchmesser von 5 m, der die Ent- und Rematerialisierungsapparatur, ein Panoramascope und Sitzgelegenheit für drei Passagiere enthält.

Die Reise

mit der Zeitkugel ist stets vorprogrammiert. Die Vorprogrammierung bestimmt das räumliche und zeitliche Ziel, die Dauer des dortigen Aufenthaltes und den Zeitpunkt der Rückkehr. Änderungen nach dem Start sind nicht möglich. Zum Schutz der Zeitkugel entmaterialisiert sie sich fünf Minuten nach der Ankunft am Zielort und rematerialisiert wieder eine Stunde vor der Abreise. Das Mitbringen von Gegenständen aus fernen Räumen und anderen Zeiten ist nicht möglich, da der Umwandlungsprozess nur Dinge erfasst, die beim Beginn der Reise an Bord waren. Die Ent- und Rematerialisierung sowie die Reise werden von den Passagieren nicht wahrgenommen, da sie während dieser Phasen bewusstlos sind.

Der Radar-Timer

wird von den Passagieren der Zeitkugel wie ein Armband getragen und ist eine Kompass-Uhr-Kombination, die stets die Richtung zur und die Entfernung von der Zeitkugel und zudem die verbleibende Zeit bis zur Rückreise zeigt.

Die Kleidung

der Passagiere besteht aus einer helmartigen Kapuze und einem silbrigen, hautengen Overall, der sowohl vor Hitze als auch vor Kälte schützt.

Der Sprach-Transformer (auch Dolmetscher genannt) ist in der helmartigen Kapuze untergebracht und übersetzt jede Sprache ohne Verzögerung.

Copyright

Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books, Alfred Bekker, Alfred Bekker präsentiert, Casssiopeia-XXX-press, Alfredbooks, Uksak Sonder-Edition, Cassiopeiapress Extra Edition, Cassiopeiapress/AlfredBooks und BEKKERpublishing sind Imprints von

Alfred Bekker

© Roman by Author / COVER STEVE MAYER NACH MOTIVEN

© dieser Ausgabe 2022 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen in Arrangement mit der Edition Bärenklau, herausgegeben von Jörg Martin Munsonius.

Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.

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Alles rund um Belletristik!

DER TODESRING DER BORGIA

TIMETRAVEL - Reisen mit der Zeitkugel

Band 21

von HORST WEYMAR HÜBNER

Der Umfang dieses Buchs entspricht 109 Taschenbuchseiten.

Der Auftrag:

In mehreren historischen Quellen wird Bezug auf einen Rubinring genommen, der sich im Besitz der Familie Borgia befunden haben soll und der einmal auch als Todesring bezeichnet wird. Reisen Sie in das Jahr 1497 nach Rom und überprüfen Sie, was es mit diesem Ring auf sich hat und ob er wirklich ein Instrument war, mit dem die Borgia sich rücksichtslos Macht und Reichtum erkämpften.

Konsortium der Sieben

Copyright

Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books und BEKKERpublishing sind Imprints von Alfred Bekker.

© by Author / Cover nach einem Motiv von John Collier mit Steve Mayer, 2016

© dieser Ausgabe 2016 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen in Arrangement mit der Edition Bärenklau, herausgegeben von Jörg Martin Munsonius.

Alle Rechte vorbehalten.

www.AlfredBekker.de

[email protected]

Prolog

Am 5. Juli 1984 glückte Professor Robert Hallstrom das wahrhaft phantastische Experiment, winzige Substanzteile zu ent- und zu rematerialisieren. Und er errechnete, dass diese Substanzteile im Zustand der Körperlosigkeit mit ungeheurer Geschwindigkeit in der 4. Dimension zu reisen vermochten - also nicht nur durch den Raum, sondern auch in die Vergangenheit und in die Zukunft.

Mit seinem Assistent Frank Jaeger und dem Ingenieur Benjamin Crocker begann er, diese Entdeckung für die Praxis auszuwerten. Er wollte ein Fahrzeug bauen, das sich und seinen Inhalt entmaterialisieren, dann in ferne Räume und Zeiten reisen, sich dort wieder rematerialisieren und nach dem gleichen Verfahren wieder an den Ursprungsort und in die Ursprungszeit zurückkommen konnte. Doch nach vier Jahren musste der Professor seine Versuche aus Geldmangel einstellen.

Die superreichen Mitglieder vom „Konsortium der Sieben“ in London boten ihm aber die fehlenden Millionen unter der Bedingung an, dass sie über den Einsatz der Erfindung bestimmen könnten. Der Professor erklärte sich einverstanden, konnte weiterarbeiten und vollendete am 3. Mai 1992 sein Werk: Die Zeitkugel. Seit diesem Tag reisen der Professor, sein Assistent und der Ingenieur im Auftrag des „Konsortiums der Sieben“ durch die 4. Dimension.

Dieser Roman erzählt die Geschichte der Ausführung eines derartigen Auftrags.

1

Neidvoll blickte Ben Crocker auf die prächtigen Sänften, die zum Palast der Lucrezia Borgia getragen wurden, und auf die schimmernden und glänzenden Prunkwagen, die durch das Tor rollten und unter den Zypressen in einer Art Auffahrt vor dem Bogenportal anhielten.

„Und da sage noch einer, die Leute wüssten nicht zu leben!“, brummte er. In seine Augen trat ein begehrlicher Ausdruck.

Professor Robert Hallstrom fand den Aufzug der Gäste, die dort aus Sänften und Wagen stiegen, nicht gerade beispielhaft.

„Es sieht Ihnen durchaus ähnlich, Ben, sich für solchen Firlefanz zu begeistern“, sagte er mit mildem Tadel. „Diese Leute sticht der Hafer, und das nicht zu knapp. Welcher Mensch mit gesundem Verstand käme wohl auf die Idee, mitten im Sommer ein maskiertes Karnevalstreiben zu besuchen? Kein Wunder, dass die Bevölkerung vieler Länder Rom nicht mehr für die heilige, sondern für eine sehr unheilige Stadt hält.“

„Vermutlich hatten die Gäste gar keine andere Wahl“, mischte sich Frank Jaeger ein, der die Ankunft der Gäste besonders kritisch und aufmerksam verfolgte. „Lucrezia Borgia hat eingeladen - zu einem sommerlichen Maskentreiben. Die Leute mussten sich notgedrungen in diese idiotischen Vermummungen werfen, wenn sie sich nicht den Zorn der gesamten Borgia-Clique zuziehen wollten.“

„Die Borgias geben nun mal den Ton in der Stadt an“, pflichtete Ben bei. „Und die Leute sind gut beraten, nach ihrer Pfeife zu tanzen.“

„Sie brauchen mir keine Belehrungen über die Machtverteilung in dieser Stadt zu geben“, sagte Hallstrom abweisend. „Ich habe mich gründlich vorbereitet.“

Grinsend meinte Frank: „Ja, aber von diesem unzeitgemäßen Maskenfest wussten Sie auch nichts, trotz Quellenstudium. Wenn ich nicht mit offenen Ohren herumgelaufen wäre, dann würden wir immer noch an dem Problem knabbern, wie wir an die Borgias herankommen, ohne Verdacht zu erregen.“

Die Tatsache, dass Lucrezia Borgia heute Abend ein Maskenfest geben würde, hatte Frank auf dem Judenmarkt aufgeschnappt, nachdem sie seit drei Tagen vergeblich versucht hatten, Kontakte mit Angehörigen der Palastwachen zu bekommen.

Ben war sofort auf die etwas ausgefallene Idee gekommen, sie sollten alle drei als ungebetene Besucher an diesem Mummenschanz teilnehmen.

Frank war ebenfalls für diesen Handstreich gewesen, der in jedem Falle aussichtsreicher erschien als die Kontaktsuche, die bislang keinerlei greifbares Ergebnis gebracht hatte.

Händeringend hatte Professor Hallstrom auf die Möglichkeit hingewiesen, dass sie auf Nimmerwiedersehen in irgendwelchen unterirdischen Kerkern verschwinden würden, wenn man ihnen auf die Schliche kam. Er hatte auch den Hinweis nicht fehlen lassen, dass man sie erdolchen oder mit Gift umbringen konnte - zwei Methoden, die sich bei den großen Familien der Stadt Rom wachsender Beliebtheit erfreuten.

Aber Frank und Ben hatten sich schwerhörig gestellt und schließlich, als der Professor nicht lockerließ mit finsteren Ausmalungen ihres künftigen Schicksals, ihn in einem simplen Abstimmungsverfahren niedergestimmt.

Zähneknirschend hatte Hallstrom sich gefügt und etwas von „abgekartetem Spiel“ gemurmelt.

Jetzt stand er mit Ben und Frank in Sichtweite des Palastes des Fürsten Giovanni Sforza von Pesaro. Lucrezia Borgia war mit diesem Fürsten seit vier Jahren verheiratet und gab laufend rauschende Feste, die dem Vernehmen nach von ihrem Bruder Cesare und ihrem Vater, dem Papst Alexander VI., aufwendig finanziert wurden.

So manches dunkle Gerücht ging um in Rom. Im Judenviertel, wo sich die Zeitreisenden in einer Herberge eingemietet hatten, war ihnen zu Ohren gekommen, dass Lucrezias Ehe mit dem Fürsten von Pesaro seit mehr als einem Jahr nur noch auf dem Pergament des Ehekontraktes bestand, und dass die hübsche Papsttochter, die schönste Frau von Rom, trotz ihrer erst siebzehn Lebensjahre ein leidenschaftliches Liebesverhältnis zu einem Manne unterhielt, der dem Kreis der Vertrauten des Papstes zuzurechnen war und am Hofe eine hohe Stellung innehatte.

Wer dieser Günstling der Lucrezia war, das hatten die Zeitreisenden nicht in Erfahrung bringen können. Sie hatten nur etwas von der bösen Stimmung gespürt, die sich immer dann bemerkbar machte, wenn von den Borgias und besonders von Papst Alexander gesprochen wurde. Der Mann nahm für sich in Anspruch, Statthalter Gottes auf Erden zu sein, aber er trat das Amt seines Pontifikats mit Füßen, lebte in Saus und Braus und weltlicher als ein Herzog, und die Zahl seiner Laster und Sünden war höher als die seiner Lebensjahre.

Auf dem Markt hatte vor zwei Tagen ein Händler aus Norditalien, der durch päpstliche Steuern und Abgaben arg geschröpft worden war und die Hälfte seines Warenbestandes eingebüßt hatte, unverblümt die Meinung geäußert, man sollte endlich dem alten Teufel den fetten Hals umdrehen und seine machtlüsterne Brut im Tiber ersäufen.

Eine halbe Stunde darauf hatten fünf kräftige Schergen den Händler von seinen Stoffballen weg verhaftet. Der Mann blieb seitdem verschwunden.

„Jetzt wird es spannend!“, sagte Frank unvermittelt. „Das Fest bekommt Glanz und Würde!“

Eine überaus prächtige Sänfte wurde vorbeigetragen und im Hof abgesetzt. Im Schein der rußenden Pechfackeln, die entlang der Auffahrt und der Baumreihen brannten, schwang sich ein Mann aus dem Tragstuhl, dessen kraftvoll geschmeidige Bewegungen nicht recht zu dem Kardinalspurpur passten, in den er gekleidet war.

Die drei Freunde schauten einigermaßen verblüfft. Doch das Bild vor ihren Augen änderte sich nicht. Da kam ein wahrhaftiger Kardinal auf das Maskenfest der Lucrezia Borgia!

Kein Gast würde so vermessen gewesen sein, sich für den Mummenschanz in den kirchlichen Purpur zu hüllen. Mochte das Leben in Rom auch frivol, liederlich und lasterhaft sein - irgendwo gab es Grenzen, die auch in diesem Tollhaus beachtet wurden.

Eine Maskerade war dieses Kardinalsgewand jedenfalls nicht.

„Der Blitz soll mich doch gleich treffen, wenn das nicht der noble Cesare Borgia ist!“, stieß Ben hervor. „Der Kardinal von Valencia gibt sich die Ehre, ein Sommerfest seiner Schwester Lucrezia zu besuchen. Mann, das haut sogar ein steinernes Standbild vom Podest!“

„Und wenn er's nicht ist?“, fragte Hallstrom und blinzelte etwas kurzsichtig zu dem Kardinal hinüber.

„Er ist es, gar keine Frage“, räumte Frank die letzten Zweifel aus. Er hatte Augen wie ein Adler. „Da, jetzt dreht er sich um! Der Bart! Die Kopfbedeckung, die er sich sehr weit in die Stirn gezogen hat! Das ist er!“

Wie zur Unterstreichung seiner Worte verneigten sich jetzt die Wagenlenker, Kutscher und Sänftenträger im Hof des Palastes tief vor dem Kardinal, der ihnen leutselig zuwinkte. Was er für ein Gesicht dabei schnitt, konnten die drei Zeitreisenden nicht mehr sehen.

Der Kardinal wurde jetzt von einem Zeremonienmeister empfangen und in den Palast geführt.

Vor dem Portal drängten sich im selben Moment Bewaffnete und bildeten eine Art Spalier. Es war nicht die Palastwache des Fürsten von Pesaro, denn die Männer trugen nicht die Farben der Sforza. Es war die Leibwache des Kardinals.

Als Professor Hallstrom das Wappen sah, das die Männer auf dem gepanzerten Wams trugen, war auch er überzeugt, dass er gerade Cesare Borgia im Kardinalspurpur gesehen hatte. Das Wappen zeigte den Stier, das Zeichen der Borgia.

Das Vorhandensein der Palastwache und der Leibwache war allerdings ein Faktor, mit dem weder Hallstrom noch Ben und Frank gerechnet hatten.

„Sehen Sie sich das nur an!“, sagte Hallstrom anklagend und machte eine Kopfbewegung zum Palast hinüber. „Durch diese Wache kommt vielleicht eine Maus unbemerkt hindurch, aber niemals eine dreiköpfige Delegation, die keine Einladung besitzt und nicht einmal maskiert ist.“

Ben grinste. Das ferne Fackellicht verlieh seinem Gesicht ein fast dämonisches Aussehen und verhalt Hallstrom zu sofortigem Magendrücken.

„Dann spielen wir eben Maus“, sagte Ben zuversichtlich und so ruhig, als sei es die einfachste Sache von der Welt, durch fünfzig Bewaffnete hindurchzuspazieren.

Frank wedelte ablehnend mit der Hand.

„Besser nicht. Eine Maus hängt zu schnell in der Falle fest. Aber da hinten sehe ich eine Chance für uns kommen. Los, kommt mit, bevor der Aufmarsch der Gäste beendet ist!“ Franks Stimme hatte einen beschwörenden Klang.

Hallstrom schaute die baumgesäumte Straße entlang, auf der es schon verteufelt dunkel war. Ganz hinten rollte noch ein klobiges Gefährt heran. Das harte Trappeln der Pferdehufe und das dumpfe Rollen der Räder drangen laut durch die sommerliche Nacht.

Von einer Chance sah der Professor nichts. Aber Frank und Ben liefen schon los und eilten genau dieser unförmigen Kutsche zu.

2

„Sie sind wohl von allen guten Geistern verlassen?“, fauchte Hallstrom. Seine Stimme zitterte vor Grimm.

„Es ist ja niemand zu Schaden gekommen“, wehrte Frank ab und steckte seinen Paralyzer weg.

Ben hatte den livrierten Kutscher aufgefangen, der kopfüber vom Bock heruntergesaust war. Er hielt ihn noch in den Armen und sah sich nach einem Platz um, an dem er den Mann ablegen konnte. Die tiefen Schatten unter den Bäumen schienen ihm geeignet.

Er schleppte den Kutscher von der Straße und legte ihn inmitten von hitzedürrem Gras ab, das mächtig raschelte und rauschte.

„Stehen Sie nicht rum wie bestellt und nicht abgeholt!“, knurrte Frank ärgerlich, als Hallstrom sich immer noch nicht rührte. „Halten Sie wenigstens die Pferde ruhig!“

Das Zweiergespann trat nervös auf der Stelle und ruckte an der schweren Kutsche.

Ben kam von der anderen Seite und fluchte verhalten, als Frank ganz kurz seine Lampe aufleuchten ließ, um zu sehen, wen sie überhaupt gestoppt und eingeschläfert hatten. Den Masken und der Kleidung nach zu urteilen waren es zwei Männer und zwei Frauen, die verdreht in den samtenen Polstern des Wagens lehnten.

„Hm!“, machte Frank Jaeger überlegend. „Wir müssen eben das Beste daraus basteln. Ben, du nimmst diese Hirtentracht, die passt noch am ehesten für deine Figur. Ich begnüge mich mit diesem Türkengewand.“

„Und der Professor?“, fragte Ben mit leisem Groll, weil nur noch die beiden Frauenkostüme übrig waren.

„Den stopfen wir in diese Dirnentracht“, sagte Frank. „Der soll auch etwas vom Fest haben.“

Ben kam es vor, als gluckse Frank vor Vergnügen.

Der Spaß sollte ihnen an diesem Abend noch gründlich vergehen.

3

Ben saß als Kutscher in der Hirtentracht auf dem Bock und lenkte die beiden Pferde, was sich als schwieriges Unterfangen herausstellte. Die verdammten Böcke wollten nämlich immer anders als er. Nur widerwillig gehorchten sie dem Zug der bändergeschmückten Seile, die als Zügel dienten.

„Eine Frechheit wie diese ist mir wahrlich noch nicht untergekommen!“, schimpfte hinten Hallstrom. Ben grinste erfreut vor sich hin. Er und Frank hatten in Rekordzeit den guten Professor rundherum so ausgestopft, dass er anlässlich des Maskenfestes im Palast gut für eine Frau durchgehen konnte. Das Gesicht brauchte er ja nicht herzuzeigen. Keiner brauchte das.

Alle vier Passagiere, die jetzt der wesentlichsten Bestandteile ihrer Kleidung beraubt friedlich dort hinten unter den Bäumen schliefen und sich später an nichts erinnern würden, hatten steife Ledermasken vor dem Gesicht getragen.

Die Zeitreisenden hatten sich drei Masken genommen und ihre Vermummung damit vervollständigt.

Trotz fieberhafter Suche hatten sie aber keinerlei Einladungsschreiben zu diesem Fest finden können.

Das war der schwache Punkt, der das Unternehmen platzen lassen konnte.

Wenn Lucrezia Borgia und der Fürst von Pesaro ohne ein Schreiben eingeladen hatten, dann bestand keine Gefahr.

Wenn sie bei der blitzschnellen Suche aber die Einladungen übersehen hatten, dann kamen sie dort im Palast in Teufels Küche.

Ben war finster entschlossen, sich mit Gewalt den Weg freizuschießen. Er verspürte keine Neigung, ebenso spurlos zu verschwinden wie der norditalienische Händler vom Markt.

„Beschweren Sie sich nicht dauernd“, knurrte hinten Frank, als Hallstrom immer noch verhalten schimpfte. „Und fluchen Sie vor allem nicht. Sie sind eine Dame von Rang und Stand und ...“

„Halten Sie mich nicht für blöd!“, giftete der Professor. „Ich habe an diesem verdammten Frauenkleid das Hurenrädchen am linken Ärmel sehr genau gesehen! — Lieber Himmel, das darf man keinem Menschen erzählen! Ich als römische Dirne beim Maskenball der Lucrezia Borgia!“ Er ächzte erschüttert.

„Vielleicht sollten wir das im Bericht an das Konsortium der Sieben besonders lobend hervorstreichen“, schlug Ben boshaft vor.

„Sie! Halten Sie bloß den Mund!“, begann Hallstrom von Neuem. „Ihnen verdanke ich doch diese nicht zu beschreibende Lage! Sie mit Ihren hirnverbrannten Ideen!“

„Meine Einfälle haben uns noch jedes Mal ein Stück vorangebracht, das können Sie nicht abstreiten!“, murrte Ben. „Und jetzt ist Ruhe da hinten. Wir sind gleich da!“ Er fuhr in diesem Augenblick durchs Tor.

Die Ankunft der klobigen Kutsche erregte keinerlei Aufsehen. Unter den Zypressen hockten die Sänftenträger neben den Tragstühlen, am Rande der Auffahrt hielten die Wagen, mit denen ein Teil der Gäste gekommen war. Die Kutscher hockten zusammen oder dösten neben den Fahrzeugen.

So schwungvoll wie es eben ging, nahm Ben die Kurve und hielt vor dem Spalier der Leibwächter des Kardinals. Ein paar Soldaten schauten misstrauisch, wie es Ben erschien.

Teufel auch, es war schon verdammt ungewöhnlich, dass ein Kutscher maskiert war!

Er merkte, wie ihm der Schweiß ausbrach, und er meinte, dass alle Welt merken müsste, was mit ihm, Hallstrom und Frank los war.

Aber da schauten die Soldaten schon wieder weg. Der Wagen, der vermummte Kutscher und die Insassen waren für sie ohne Bedeutung.

Frank packte den sich sträubenden Hallstrom nachdrücklich am Arm und holte ihn mehr aus der Kutsche, als dass er ihm half.

Verwirrt strich Hallstrom das Brokatkleid glatt, in das ihn seine beiden Ingenieure gezwängt hatten. Missgelaunt schaute er auf das Hurenrädchen aus anderem Stoff am linken Ärmel. Die liederlichen Frauenzimmer waren verpflichtet, dieses Stoffrädchen am Gewand zu tragen. Es war ihr Erkennungsmerkmal und Zunftabzeichen.

Wenn jetzt die Bänder rissen, mit denen die Ledermasken festgebunden waren! Frank mochte an die Folgen lieber nicht denken. Der Anblick der Hellebarden verursachte ihm schon genug Unbehagen.

Er hielt weiter Hallstroms Arm gepackt und schob den Professor mit sanfter Gewalt dem Portal zu. Ben musste erst die Kutsche wegfahren, er musste allein mit der Situation fertigwerden.

Frank und Hallstrom kamen sich vor wie beim Spießrutenlaufen!

Erst mussten sie an der Leibwache des Kardinals vorbei. Die Burschen sahen samt und sonders sehr kräftig und sehr humorlos aus. Dann hatten sie die Palastwache des Fürsten zu passieren.

Sie merkten, wie es ihnen auf der Haut zu prickeln begann, wie sich ihnen die Nackenhaare aufrichteten und wie ihnen unter der Ledermaske der Schweiß übers Gesicht lief.

Hallstrom wurde es doppelt warm, denn Frank und Ben hatten ihm ein hutähnliches Gebilde mit falschen Zöpfen auf den Kopf gedrückt, das sie einer der beiden Frauen abgenommen hatten. Unter dem Kopfschmuck begann es sich zu regen, und mit Grausen dachte Hallstrom bereits an die Möglichkeit, dass er sich vielleicht schon ein paar Untermieter eingehandelt hatte, die sich in seinem Haar emsig vermehrten und zu Plagegeistern entwickelten.

Seine Kopfhaut begann zu jucken. Er hätte etwas darum gegeben, wenn er den verdammten Kopfschmuck hätte absetzen und sich anständig kratzen können.

Dieser Wunsch ließ sich nicht verwirklichen, denn da war schon das Portal. Von der Palastwache stellte niemand eine Frage. Es schien für die Soldaten selbstverständlich zu sein, dass nur geladene Gäste kamen.

Der unmaskierte Zeremonienmeister, der den Kardinal Cesare Borgia feierlich begrüßt hatte, ließ sich auch nicht blicken.

Frank und Hallstrom wollten es selbst kaum glauben, dass sie einfach und glatt Zutritt zum Palast erlangten und nicht erst irgendeinem Türbewacher Rede und Antwort stehen mussten.

Sie befanden sich in einem Säulengang aus prächtigem Marmor, hörten Musik und sahen voraus ein paar maskierte Gäste in rauschender Kleidung einer Tür zueilen, aus der ein hundertfältiges Stimmengewirr kam, vermischt mit Musikfetzen.

„Hier sind wir richtig“, meinte Frank, prüfte nochmals den Sitz seiner Maske und strich über das Türkengewand, das ihn überall kniff und zwickte. Eine reine Freude versprach dieser Maskenball nicht zu werden.

In der Säulenhalle brannten an jedem Marmorpfeiler abwechselnd Öllampen und dicke Talglichter auf breiten Kupferschalen, die das herabrinnende Fett auffingen.

„Der Fürst von Pesaro hat einiges in diesen noblen Palast hineingebuttert“, sagte Frank anerkennend. Unter der Ledermaske klang seine Stimme etwas gequetscht. „An den Wänden Bildteppiche und Bilder, die jedes für sich schon ein kleines Vermögen gekostet haben müssen.“

„Irrtum, lieber Frank“, konterte Hallstrom. Er bemühte sich nicht, seine Stimme auf die übliche Höhe eines weiblichen Organs zu heben, denn im Augenblick war niemand in Sicht, der aufmerksam und misstrauisch hätte werden können. „Diesen Palast hat nicht der Fürst von Pesaro erbaut oder gekauft oder eingerichtet, sondern Papst Alexander. Er hat ihn seiner Tochter Lucrezia und deren Ehemann als standesgemäße Behausung überlassen.“

„Ziemlich großzügig von dem Mann“, fand Frank.

„Er hat Lucrezia auch noch eine Mitgift von dreißigtausend Dukaten mitgegeben. Aber diese horrende Summe ist nur ein Klacks gegen das, was er an Bestechungsgeldern bezahlt hat, um vom Kardinalskollegium zum Papst gewählt zu werden.“

„Ich werde verrückt!“, bekannte Frank. „Dann ist er also nur deshalb Papst geworden, weil er an den richtigen Stellen fleißig geschmiert hat?“

„Was entsetzt Sie daran?“, wollte Hallstrom wissen. „Der alte Borgia hat, als er noch Kardinal war, großartige Geldgeschäfte gemacht und sogar geriebene Bankiers wie den Chigi, der derzeit unbestreitbar der Größte seiner Branche ist, mit eleganten Tricks aufs Kreuz gelegt. Diesen Reichtum hat er nutzbringend bei der Papstwahl eingesetzt. Das ist übrigens allgemeiner Brauch. Man kann sich fast jedes Amt kaufen. Es ist nur eine Frage des Preises. Jedenfalls in dieser Zeit, in der wir uns befinden. Alexanders Vorgänger waren nicht viel besser und seine Nachfolger eher noch schlimmer.“

„Und das nennt man die gute alte Zeit!“, sagte Frank gallig. Er wollte noch eine kritische Bemerkung anfügen, behielt sie aber für sich, denn aus dem Saal, auf den sie zusteuerten, kamen maskierte Männer und Frauen und tanzten lärmend und lachend herum.

Entweder war die Stimmung schon außerordentlich gehoben, oder die Gäste waren bereits angesäuselt.

Im Nu sahen sich Hallstrom und Frank umringt und in die alberne Tanzerei mit einbezogen.

Zu seinem Entsetzen bemerkte der Professor, dass sich seine Ledermaske und die verfluchte Kopfbedeckung selbständig zu machen drohten und die weiblichen Formen zu verrutschen begannen, die Ben und Frank mit zusammengeknüllten Tüchern und erstaunlicher Sachkenntnis an den richtigen Stellen geschaffen hatten. In Anbetracht der Tatsache, dass sie es in völliger Dunkelheit zuwege gebracht hatten, war die Leistung durchaus zu würdigen.

Aber jetzt rutschte der ganze Segen.

Himmel, nur das nicht!, schoss es Hallstrom durch den Kopf. Nur jetzt nicht auffallen, wo wir schon im Palast sind!

Er löste sich aus dem Getümmel, wandte sich ab und den Marmorsäulen zu und begann verschämt, seine vorgetäuschten Rundungen zu richten.

Frank merkte schließlich, dass einiges nicht stimmte, entwischte den ausgelassenen Gästen mit einiger Mühe und kümmerte sich um den Professor. Ein Grinsen konnte er sich unter der Maske nicht verkneifen.

„Ist der Schaden behoben?“, fragte er und bemühte sich sehr, Anteilnahme in seine Stimme zu legen.

Damit kam er bei Hallstrom schlecht an. „Machen Sie ruhig Witze über mich!“, maulte der Professor. „Aber ich bin ja selber schuld! Wie konnte ich so verrückt sein, mich auf dieses Abenteuer einzulassen?“

„Wir können nicht mehr umkehren“, belehrte ihn Frank. „Wir sind ins Wasser gesprungen und müssen jetzt schwimmen, ob es Ihnen gefällt oder nicht.“

„Es gefällt mir nicht“, tat Hallstrom seine Meinung kund. „Und ich werde auch nicht mehr wie ein Veitstänzer herumspringen. Also richten Sie sich danach, und springen Sie mir hilfreich und ritterlich bei, wenn irgendein verrückter Kerl mir zu nahe tritt.“

„Ich werde Sie hüten wie meinen Augapfel“, versprach Frank mit feierlicher Stimme und reichte Hallstrom galant den Arm.

Die ausgelassene Gesellschaft, die durch die Säulenhalle tollte und die Öllampen und Talglichter zum Flackern brachte, wirbelte wieder der Tür zu.

Diese Gelegenheit wollte Frank sich nicht entgehen lassen. Mit dieser Gruppe konnten sie unbemerkt in den Saal schlüpfen.

Sein Vorhaben gelang.

Zwar stand gleich hinter der zweiflügeligen Tür der Zeremonienmeister, aber er schenkte ihnen keine Beachtung, sondern stützte sich steif auf einen reich geschnitzten Elfenbeinstock, mit dem er ansonsten wohl durch mehrmaliges Aufstoßen das Erscheinen wichtiger Gäste anzukünden pflegte.

Heute gab es nichts anzukünden. Die Gäste kamen maskiert und vermummt, und keiner nannte einen Namen.

Im Gewühle fühlten sich Hallstrom und Frank geborgen, obgleich es drangvoll eng war und eine schreckhafte Seele Platzangst bekommen konnte.

„Einer Sorge sind wir schon mal enthoben“, sagte Frank in voller Lautstärke, als er sich mit Hallstrom am Arm mühsam einen Weg bahnte. „Es scheint keine schriftlichen Einladungen zu geben.“

Hallstroms Ledermaske wandte sich ihm zu. „Das wissen wir immer noch nicht, denn wir haben uns mit einer Gruppe eingeschmuggelt, die zuvor aus dem Saal gestürmt war“, sagte der Professor und bemühte sich, zwei Tonlagen höher zu sprechen. Es klang schaurig und beinahe krächzend, fiel aber im ohrenbetäubenden Sprachengewirr, im Gelächter, im Rauschen und Rascheln der Gewänder, bei der Musik und dem Lärm von Rasseln und Klatschen nicht auf. „Vielleicht erwischt es dafür Ben.“

„Der hat sich noch immer zu helfen gewusst“, meinte Frank und ruckte plötzlich heftig an Hallstroms Arm. „Der Kardinal! Dort drüben vor dem Standbild des Flöte spielenden Pan.“

Sofort reckte Hallstrom sehr undamenhaft den Kopf. Er konnte nichts erkennen über den wippenden Federhüten, Mützen und phantasievollen Aufbauten, die die Damen als Haartracht vorzeigten. „Wo genau?“

„Neben den Säulen mit den kunstvollen Alabastervasen“, erläuterte Frank. „Etwas links von uns.“ Er fasste Hallstrom wieder am Arm und drängte sich mit ihm durch die Menge, die abenteuerlich und einfallsreich maskiert war. Es gab Gäste, die armlange Nasen an ihren Masken trugen und sich einen Spaß daraus machten, ihre Nachbarn anzustoßen.

Der Professor und Frank wurden mit Hilfe solcher Gebilde mehrmals attackiert, sie gelangten aber doch in relativ kurzer Zeit zur Längsseite des Saales.

Hallstrom konnte nun den Flöte spielenden Pan und die Säulen mit den Alabastervasen erkennen und auch den Mann im purpurroten Kardinalsgewand.

Kein Zweifel, es war der gefürchtete Cesare Borgia, dem man noch schlimmere Dinge nachsagte als seinem Vater, dem Papst Alexander. Er trug den dunklen Bart nach Art spanischer Edelleute und hatte seine Purpurkappe tief in die Stirn gezogen, um das üble Geschwür zu verdecken, das dort als Folge einer unheilbaren Geschlechtskrankheit wucherte.

Hallstrom atmete tief ein. Alles, was die Überlieferung berichtete, sah er hier bestätigt. Er spürte auch den fast teuflischen Zwang, der von diesem Manne ausging.

Sehr unvorsichtig schob sich Hallstrom noch näher heran und hätte um ein Haar Frank verloren, der Gefahr lief, abgedrängt zu werden. Die beiden Säulen mit den Alabastervasen markierten einen Ausgang aus dem Saal. Dahinter musste ein Garten oder ein Park liegen, denn beleuchtete Bäume waren zu sehen, und übermütige Gäste strömten herein und drängten hinaus. Einige waren bereits erheblich bezecht und wankten.

Wie erstarrt blieben Hallstrom und Frank stehen, als sie sahen, mit wem sich der Kardinal Cesare Borgia unterhielt. Er redete auf eine junge, wunderschöne Frau ein, die gleich ihm nicht maskiert war und die mit Hilfe eines atemberaubenden Dekolletés zeigte, dass bei ihr alles an der richtigen Stelle war. Sie trug eine Kette aus taubeneigroßen Perlen als Kollier, Perlenohrgehänge und in ihrer kunstvoll gesteckten Frisur eingeflochtene Perlenschnüre.

Der Schmuck stellte einen Wert dar, für den man sicher zwei dieser Paläste samt Ausstattung und nötiger Dienerschaft bekam und noch ein reiches Zehrgeld übrig behielt.

Die Frau war noch blutjung, aber in ihren Augen lag bereits das Wissen um viele verbotene und unschickliche Dinge.

War das eine der zahlreichen Gespielinnen des Kardinals? Dann hatte der Mann jedenfalls außerordentlichen Geschmack.

Hallstrom zuckte zusammen, als Cesare Borgia sich vertraulich vorbeugte und mit einem schwer zu deutenden Lächeln zu der wunderschönen jungen Frau sagte: „Liebste Schwester, erlaubt mir, Euch zu diesem gelungenen Fest zu gratulieren. Rom hat wieder einmal seine Freude und Ihr Euer Vergnügen.“

Das ... das war also Lucrezia Borgia?

Aus funkelnden Augen starrte Hallstrom durch die Maskenschlitze die Frau an, um die sich Gerüchte und Geschichten rankten.

Auch Frank kämpfte mit seiner Überraschung. Mann, dieses Vollblutweib war noch drei Klassen besser, als aus allen Geschichten über sie zu vermuten war. Die konnte einem Mann den Kreislauf beleben und den Hals trocken werden lassen!

Lucrezia schaute in diesem Moment forschend ihren Bruder an und neigte ganz leicht den Kopf.

„Euer Besuch ehrt mich, Cesare, und es ist mir eine Freude, wenn ich mit diesem Fest Euren Geschmack getroffen habe.“

Cesare Borgia zog sichtlich erstaunt die Brauen hoch. „Euer Fest? Ach, richtig, ich vermisse Euren Gemahl! Fühlt er sich unpässlich, oder mischen sich die Fürsten von Pesaro nicht unters vergnügungssüchtige Volk?“

„Falungo kam diesen Abend mit wichtigen Nachrichten aus Pesaro“, sagte Lucrezia, und eine kleine Unmutsfalte erschien über ihrer Nasenwurzel.

„Der Condottiere, dieser hergelaufene Söldnerführer?“, fragte der Kardinal spöttisch. „Freilich, er soll ein hübscher Mann sein, stark und kräftig, und ich könnte mir denken, dass meine schöne Schwester mehr Gefallen an ihm findet als am Fürsten selber.“

„Ihr werdet geschmacklos, Cesare!“, sagte sie gereizt.

„Nicht doch, schöne Schwester“, meinte er und streifte einen herrlichen Rubinring mit geradezu andächtiger Betulichkeit vom Ringfinger seiner linken Hand ab. Der Kardinal trug schwarze Handschuhe. Dem Glanz nach zu urteilen waren sie aus Seide.

Cesare Borgia griff behutsam nach der Hand seiner Schwester und steckte auf den Ringfinger ihrer Rechten diesen Ring auf.

Mit einem zwingenden Lächeln meinte er: „Ich hoffe, das versöhnt Euch! Ich gestatte Euch, diesen Ring diese Nacht zu tragen, weil ich mir keinen passenderen Rahmen vorstellen kann.“

„Eine Leihgabe also?“, fragte Lucrezia und schürzte fast verächtlich die Lippen.

„Ein kostbarer Familienbesitz, der würdig ist, von der schönsten Frau Roms getragen zu werden“, wich Cesare galant aus. „Hütet Euch vor dem Stein und seinen scharfen Kanten! Der Schleifer damals muss sehr unsachgemäß gearbeitet haben, und unser ehrwürdiger Vater hat ihn dafür foltern lassen. Dennoch erstrahlt der Stein in einem erlesenen Feuer wie die umbrischen Weine im Kerzenlicht.“

Hallstrom schob sich noch näher. Er schien jegliche Vorsicht vergessen zu haben.

War das dieser ominöse Ring, auf den es nur spärliche geschichtliche Hinweise gab und der doch eine weit größere Bedeutung spielen sollte, als bislang angenommen?

Er war versucht, die verdammte Maske vom Gesicht zu reißen, die ihn in diesem Augenblick sehr behinderte. Rechtzeitig besann er sich und beschränkte sich aufs Beobachten.

Auch Frank passte höllisch genau auf und wurde plötzlich so hart angerempelt, dass nicht viel gefehlt hätte, und er wäre gegen den Kardinal geprallt. Mit Mühe fing er den Schwung ab und machte gegen Cesare Borgia und seine Schwester Lucrezia eine angemessene Verbeugung.

Die beiden schenkten ihm jedoch keine Beachtung. Lucrezia hielt den Ring vor die Augen und ließ den Rubin im Schein der Saalbeleuchtung funkeln. Er hatte wirklich ein Feuer wie umbrischer Wein. Und er hatte zwei überaus scharfe Kanten. Der Schleifer schien kein sehr geschickter Meister seines Faches gewesen zu sein.

Frank hatte sich ärgerlich umgeblickt, um den Urheber der Anrempelei zu entdecken. Er hatte sogar erst angenommen, es sei Ben gewesen, dem es gelungen war, in den Palast vorzudringen.

Es war nicht Ben. Der Bursche trug keine Hirtentracht, sondern steckte in einem Fass, an dem Deckel und Boden entfernt waren und das er mit Hilfe von zwei Seilen über die Schultern trug. Aus einer Schweinsblase spritzte der seltsame Witzbold Milch auf die Nächststehenden. Frank bekam eine Ladung ab, und auch Hallstrom erwischte einen Strahl.

Dann schaukelte der Kerl im Fass lachend weiter und zielte einer Dame in den tiefen Ausschnitt, was die Getroffene mit einem kreischenden Schrei quittierte.

Hallstrom rammte undamenhaft den Ellbogen in Franks Seite und machte eine heftige Kopfbewegung zu der Tür hin, die in den Garten oder Park des Palastes führte.

Dort tauchte gerade eine Gruppe unmaskierter Männer auf und kam zielstrebig genau auf Lucrezia und den Kardinal zu.

Hallstrom und Frank wichen nicht von der Stelle. Sie brannten darauf, mit eigenen Ohren zu hören, was dieser Aufzug zu bedeuten hatte.

Mit einem herablassenden Lächeln wandte der Kardinal sich um und rief beinahe erstaunt: „Oh, welche Freude, meinen lieben Schwager, den Fürsten von Pesaro, doch noch auf diesem Fest erblicken zu dürfen! So wichtige Geschäfte, Fürst, die Euch von der Seite Eurer schönen Gemahlin fernhalten? Ah, der gute Falungo ist auch zur Stelle! Dann freilich verstehe ich die Verspätung, und sie ist Euch verziehen.“

Der Fürst von Pesaro war ein noch junger Mann, möglicherweise drei oder vier Jahre älter als Lucrezia. Sein Gesicht war weich und unmännlich, und es schien ausgeschlossen, dass er aus dem berühmten Geschlecht der Sforza stammte.

Mit dem gekränkten Gesichtsausdruck eines gescholtenen Kindes schaute der Fürst den Kardinal an und sagte bissig: „Der Kardinal von Valencia beim Maskenfest? Aber wen wundert das? Werter Schwager, der treue Falungo berichtet mir, dass sich etliche Eurer Panzerreiter auf das Gebiet der Stadt Pesaro begeben haben und die Bewohner mehrerer Dörfer arg drangsalierten. Ihr werdet wohl die Güte haben, solche Raubzüge zu unterbinden!“

„Lieber Schwager, das geschah ohne mein Wissen“, sagte Cesare Borgia in gut gespieltem Erstaunen. „Ich werde dafür Sorge tragen, dass die Reiter nicht wieder Euer Gebiet betreten.“ Er legte die behandschuhte Rechte beteuernd aufs Herz. Sein scharfer Blick zuckte im gleichen Moment aber zu dem Söldnerführer Falungo hin, der kaum älter als der Fürst sein mochte. „In Falungo habt Ihr einen braven und stets wachsamen Truppenführer, lieber Schwager. Der kann sich glücklich preisen, der treue Vasallen um sich weiß.“

Lucrezia Borgia, Fürstin von Pesaro, hob den Kopf und blickte unwillig auf den Bruder.

Der Fürst schaute zornig.

Nur Falungo behielt sein unbewegtes Gesicht. In seinen Augen aber war jäh Misstrauen zu erkennen.

Cesare Borgia wandte sich um und hob knapp die rechte Hand.

Sofort eilte ein rundlicher Diener herbei. Er balancierte auf einem goldenen, kunstvoll verzierten Tablett Becher, die er geschickt vor den zugreifenden Händen angeheiterter Gäste bewahrte und vollzählig in die Runde unter dem Flöte blasenden Pan brachte.

Mit einem diabolischen Lächeln griff Cesare Borgia nach einem Becher und wartete, dass sich auch die anderen bedienten.

Hallstrom und Frank wurden Zeuge eines erschreckenden Zeremoniells.

Zwar griffen Lucrezia, der Fürst und Falungo ebenfalls nach Bechern, sie tranken aber nicht, sondern winkten knapp hinter sich.

Ganz in der Nähe löste sich eine furchterregende Frauenmaske aus einer Gruppe, trat heran und nahm den Becher aus Lucrezias Hand. Die Frau schob ihre grauenhafte Maske hoch und kostete von dem Wein, den der Becher enthielt.

Gespannt schaute Lucrezia zu.

Hallstrom und Frank begriffen, dass das die sogenannte Giftprobe war und das Lucrezia eine ihrer Hofdamen zur Vorkosterin bestimmt hatte.

Die Frau reichte den Becher zurück, zog die Maske wieder übers Gesicht und blieb abwartend stehen.

Sie wurde von keinem Zucken erfasst und von keinen Krämpfen geschüttelt.

Lucrezia neigte unmerklich den Kopf, worauf sich die Hofdame entfernte.

Der Sforza hatte jemand aus seinem Gefolge heranbeordert. Der Mann trank, von Falungo und dem Fürsten argwöhnisch beobachtet. Auch er zeigte keine Wirkung.

Und da erst schien das Misstrauen des Fürsten und seines Condottiere beseitigt zu sein.

Sie fassten jeder seinen Becher mit festem Griff, hoben wie der Kardinal das Gefäß und tranken Lucrezia als der Gastgeberin zu.

Die gereizte, aufgeladene Stimmung verflüchtigte sich danach, und der Fürst rang sich sogar ein Lächeln ab.

Cesare Borgia fasste den Condottiere scharf ins Auge und sagte mit unüberhörbarem Tadel: „Falungo, mir scheint, auf den Schlachtfeldern, auf denen Ihr Euch gegen Entgelt schlagt, ist Euch die Höflichkeit abhanden gekommen! Ich vermisse eine ehrfürchtige Begrüßung meiner schönen Schwester, die doch immerhin Eure Fürstin ist.“

Die Röte schoss dem Söldnerführer ins Gesicht. Er warf dem Kardinal einen mörderischen Blick zu, stellte den Becher mit hartem Ruck auf das Tablett des Dieners und rückte sein Wams mit dem Spitzenkragen und den Spitzenmanschetten zurecht.

Einen bangen Augenblick sah es aus, als würde er seinen Degen mit dem gold- und edelsteinverzierten Griff aus dem Wehrgehenk ziehen, das von einem Schultergurt gehalten wurde und auf der Brust mit einer goldenen Schnalle bestückt war. Aber dann löste sich seine linke Hand vom Griff der Waffe, während der Kardinal wie versteinert stand. Er trat fünf Schritte vor, beugte vor Lucrezia das Knie und griff nach ihrer rechten Hand, um sie in der vorgeschriebenen Weise zu begrüßen.

Ein wildes Lächeln flog über das bärtige Gesicht des Kardinals, und die Zeitreisenden Hallstrom und Frank meinten, es geschehe wegen des Anblicks, den der kniende Condottiere bot.

Eine Horde lärmender und torkelnder Gäste stolperte genau in dieser Sekunde in die Runde unter dem Standbild des Pan. Es sah nach reiner Zufälligkeit aus.

Aber da gewahrten Hallstrom und Frank einen blitzschnell vorschießenden Fuß aus dieser Horde. Der Tritt traf den knienden Falungo und brachte ihn aus dem Gleichgewicht.

Halt suchend griff der Mann fest nach der Hand der Fürstin Lucrezia, riss weit die Augen auf, als habe er urplötzlich etwas entdeckt, ließ los und stützte sich auf dem Boden ab.

Schwer und keuchend tauchte er danach hoch, rot im Gesicht entweder von der Anstrengung oder vor Ärger über seine eigene Ungeschicklichkeit.

Die lärmende Horde tanzte schon weiter. Falungo aber hob langsam beide Hände vors Gesicht, während ein bestürzter und ungläubiger Ausdruck in seine Augen trat.

Vom Rücken seiner rechten Hand quoll Blut, lief die Hand hinab und tropfte auf die Spitzenmanschette seines florentinischen Wamses.

„Ihr seid ein wahrhaft ungeschickter Tölpel, Falungo!“, sagte Cesare Borgia zurechtweisend, aber mit einem höhnischen Unterton.

Die Umstehenden konnten erkennen, wie die Röte aus dem Gesicht des Söldnerführers wich und einer fahlen Blässe Platz machte. Feine Schweißperlen traten auf die Stirn des Mannes.

Falungo fuhr sich mit dem Ärmel hastig über die Stirn und sagte: „Ich weiß nicht, wie mir ist! Alles beginnt sich zu drehen und ...“

„Er verträgt den umbrischen Wein nicht, das wird es sein“, meinte der Kardinal leichthin und hob wieder gebieterisch die Hand. „Man soll ihn wegbringen, damit er seinen berauschten Kopf an der Nachtluft auskühlt!“

Sofort waren zwei Männer zur Stelle, die auf dem Wams das Stierwappen der Borgia trugen. Für den Geschmack von Hallstrom und Frank tauchten die zwei stämmigen und unmaskierten Burschen etwas zu plötzlich aus dem Gewühl der Menschen auf. Gerade so, als hätten sie dort gelauert und nur auf ein Zeichen des Kardinals gewartet.

Sie nahmen den taumelnden Falungo zwischen sich, stützten ihn hilfreich und schleppten ihn zur Tür, die nach dem Park führte.

Für einen Moment konnten Hallstrom und Frank sehen, dass der Condottiere bereits nicht mehr gehen konnte und seine Füße in den verstaubten Schnabelschuhen nachschleiften.

Für den Professor und Frank war sofort klar, dass die beiden Burschen Vertraute des Kardinals waren, vielleicht sogar Leute seiner Leibwache, die er in den Saal geschleust hatte, um ständig gesichert zu sein.

Betroffen schaute der Fürst von Pesaro den dreien nach, blickte dann in jähem Argwohn auf seinen Becher und stellte ihn so heftig auf das Tablett, dass funkelnder Wein überschwappte.

„Falungo pflegt zum Morgen schon eine Kanne Wein zu leeren“, sagte er zornig und zugleich ängstlich. „Schwager, ist das wieder eine Eurer Teufeleien?“

„Fürst, Ihr betrübt mich“, sagte Cesare Borgia und schaute unschuldsvoll. „Vielleicht hat er ein fremdes Fieber bekommen. Kriegsleute sind gar mannigfachen Gefahren ausgesetzt.“

Lucrezia Borgia schien ehrlich betroffen über den Zwischenfall. Sie schaute einen Moment nachdenklich auf den Rubinring an ihrem Finger, entdeckte am Stein Blut und sagte zu Cesare: „Er hat sich verletzt, aber das kann es doch unmöglich gewesen sein.“ Plötzlich war auch in ihren Augen Argwohn. Sie schaute prüfend in ihren Becher und reichte ihn dem Diener zurück, der mit kalkweißem Gesicht das Geschehen verfolgt hatte.

„Oder hat man ihm etwas in den Wein gerührt?“, fragte sie scharf. Ihr Gesicht war plötzlich nicht mehr lieblich, sondern angespannt und fast scharfkantig.

Dem Kardinal schien diese Möglichkeit durchaus denkbar. Er beugte sich zu seiner Schwester hinüber, fasste behutsam ihre Ringhand und sagte: „Am Ring hat er sich verletzt. Ich sagte Euch ja, der Stein hat scharfe Kanten. Ihr seid gut beraten, wenn Ihr diese meidet. Nein, nein, der Stein ist es nicht, dann schon eher der Wein.“ Er wandte sich dem schlotternden Diener zu, hob die Hand und ließ wieder zwei seiner Männer wie böse Geister aus dem Kasten auftauchen. Er zeigte auf den Diener. „Er hat dem guten Falungo vielleicht etwas in den Becher gerührt! Foltert ihn, damit er gesteht!“

Das Tablett klirrte zu Boden, die Becher kollerten herum und der Wein spritzte auf. Die beiden Männer des Kardinals griffen sich den aufheulenden Diener, der seine Unschuld beteuerte, und schleppten ihn fort, bevor er sich dem Kardinal und der Fürstin Lucrezia zu Füßen werfen konnte.

Einen Moment schien es, als würde die Festesfreude gedämpft. Die maskierten Gäste in der Nähe wichen zurück, Betroffenheit machte sich breit.

Aber dann gewann die Ausgelassenheit wieder die Oberhand. Man tanzte, man trank und lachte oder plauderte.

Cesare Borgia hatte sich umgewandt. Seine stechend blickenden Augen musterten die Türken und die Frau mit dem Hurenrädchen am Brokatkleid. Er schien unschlüssig.

Frank wartete nicht ab, bis der Kardinal zum dritten Mal die Hand hob und irgendwelche Schergen herbeiwinkte, um nun sie abführen zu lassen. Er packte Hallstrom fest am Arm und zerrte ihn grob und rücksichtslos in das Gewühl, das sie aufnahm und den Blicken des Borgia-Kardinals entzog.

„Der Ring!“, keuchte Hallstrom, als keine Gefahr mehr bestand. „Es ist der Ring! Der Condottiere hat sich am Stein verletzt!“

„Und der ist mit einem entsetzlich wirkenden Gift präpariert“, fügte Frank hinzu. „Dieser Cesare ist ein Teufel in Menschengestalt! Wie er geschickt den aufkeimenden Verdacht seiner Schwester Lucrezia zerstreut und auf den unschuldigen Diener gelenkt hat. Ich wette, unter der Folter gesteht der Mann alle Schandtaten, die man ihm vorhält.“

„Das ist gewiss“, sagte Hallstrom bedrückt. „Der Kardinal ist ein rücksichtsloser Hundesohn, wenn Sie mich fragen! Skrupellos und ausgekocht. Er geht sogar das Risiko ein, dass sich seine Schwester aus Unachtsamkeit an diesem verdammten Blutstein ritzt und von diesem höllisch wirkenden Gift umgebracht wird. Er geht wirklich über Leichen, wie es die Geschichte berichtet.“

Frank drehte sich um und versuchte zu erkennen, ob der Kardinal ihnen seine Häscher nachgeschickt hatte. Da waren aber nur Masken zu sehen und keine Männer mit dem Stierwappen auf dem Wams. Das beruhigte ihn.

„Dieser Falungo muss ihm mächtig im Weg stehen, dass er zu solchen Mitteln greift“, sagte Frank und wich dem Burschen im Fass aus, der genau auf sie zuhielt und wieder Milch aus der Schweinsblase verspritzte. „Ob er sich wegen der Reiter an Falungo reiben wollte, die dieser auf dem Gebiet der Stadt Pesaro entdeckt hat?“

Hallstrom machte eine abwehrende Handbewegung. „Ausgeschlossen, denn dafür stand ihm nicht genügend Zeit zur Verfügung. Das sah mir nach einem Anschlag aus, der einem anderen als dem Söldnerführer galt. Falungo wurde nur genommen, da er sich als Gefahr entpuppte. Als Gefahr für die Pläne des Cesare Borgia.“

„Ich weiß nicht recht!“, meinte Frank und wippte mit den Schultern. „Er hat doch seine gut funktionierenden und weitreichenden Verbindungen. Ich fürchte, er wusste längst, dass der Söldnerführer auf dem Weg nach Rom war, auch wenn er sich sehr überrascht gab, als Lucrezia davon sprach.“

„Das kann ich nicht abstreiten, aber ich bleibe dabei, dass der Anschlag mit dem Todesring einem anderen galt - ursprünglich jedenfalls. Ich gehe wohl nicht fehl in der Annahme, dass er auf den Sforza gemünzt war!“

„Auf den ...?“ Frank sprach nicht weiter. Hallstroms Verdacht war zu ungeheuerlich.

Nach einer Weile hatte er seinen Schreck überwunden und sagte mit einem Blick durch den Saal und über die Menge hin: „Ich schätze, wir machen uns auf die Suche nach Ben. Wenn ich ihn in der Nähe weiß, ist mir bei Gott wohler! Die Gesellschaft dieser Giftmörder und Intriganten behagt mir ganz und gar nicht.“

„Mir auch nicht, aber wir haben einen Auftrag und sind ganz gut vorangekommen“, brummte Hallstrom. „Es ist übrigens bezeichnend, wie skrupellos der Kardinal seine eigene Schwester für seine dunklen Pläne eingespannt hat. Er benutzt sie als unwissendes Werkzeug für seine Machenschaften.“

„Das kann ich nur unterstreichen“, stimmte Frank zu.

In der Nähe drehten sich ein paar maskierte Gäste neugierig um beim Klang der unbekannten Sprache.

Hallstrom und Frank zogen es vor, fortan zu schweigen und den Platz sofort zu verlassen.

Sie durchkämmten den Saal nach Ben und der Hirtentracht.

Der einzige Erfolg war, dass Hallstrom als vermeintliche Dirne von einem betrunkenen Festbesucher handgreiflich belästigt wurde und Frank alle Hände voll zu tun hatte, um den stürmischen Liebhaber von seinem Opfer abzudrängen.

Ben fanden sie nicht. Das beunruhigte sie in zunehmendem Maße.

4

Als Ben die klobige Kutsche hinten in die Reihe der wartenden Wagen gefahren hatte, machte er sich auf, um ebenfalls den Palast aufzusuchen.

Aber da begannen ein paar Kutscher spöttische Bemerkungen zu machen und ihn zu fragen, seit wann ein Bediensteter seine Herrschaft zu einem Fest begleitete und dies noch in einem solchen Aufzug.

Ein paar Soldaten aus der Leibwache des Kardinals blickten herüber und machten die Ohren weit auf.

„Es ist mir so befohlen!“, sagte Ben murrend.

Die Antwort stellte wohl die Soldaten zufrieden, nicht aber die Kutscher. Sie grinsten mitleidig, und einer machte eine Handbewegung und lud Ben zum Platznehmen auf der blanken Erde unter den Zypressen ein.

„Setz dich her, Bruder! Weiter als bis zur Tür kommst du doch nicht, dann packen sie dich am Kragen und feuern dich raus“, prophezeite der Wortführer der Kutscher. „Spiel mit und probier das Glück. Deine Herrschaft hat dich doch schon bezahlt, oder?“ Ein lauernder Unterton war in der Stimme.

Ben merkte, dass er kurz vor dem Platzen stand.

Alle schwierigen Klippen hatte er glücklich umschifft. Aber jetzt blieb er an diesen verfluchten Narren hängen, die mit ihrem überflüssigen Geschwätz die Leibwache des Cesare Borgia und sogar die Palastwache aufmerksam gemacht hatten.

Zähneknirschend hockte er sich in die Runde der Männer und streifte seine Ledermaske ab.

Er erwartete, dass sie ihn nun unverfroren musterten und mit lästigen Fragen traktierten, da sie eventuell die Kutsche, nicht aber sein Gesicht kannten.

Sie waren an seinem Aussehen nicht interessiert, sondern an seiner Zahlungsfähigkeit. Der Wortführer machte die Bewegung des Geldzählens mit Daumen und Zeigefinger und schaute gespannt.

Am Gürtel der Hirtentracht, die Ben sich vorübergehend angeeignet hatte, baumelte ein Ledersäckchen. Ben hatte nicht die leiseste Ahnung, ob es Geld enthielt. Er hatte nicht nachgesehen.

Frechheit, steh mir bei!, dachte er, während ihm der Schweiß ausbrach.

Er nestelte das Säckchen mühsam los. Aber er öffnete es nicht, um nicht vielleicht eine böse Pleite zu erleben, wenn es sich als mit nutzlosem Kram gefüllt erweisen sollte. Lässig warf er es verschlossen in den Kreis vor die angewinkelten Füße der Männer.

Dabei bemühte er sich, ein Gesicht zu zeigen, als sei es eine geradezu alltägliche Sache, dass er mit Geld nur so um sich werfen konnte.

Die Burschen fielen auf den Bluff herein, denn sie nickten zustimmend, und der Wortführer war zufrieden.

Einer holte unter einem Hut handgemalte Karten hervor, die aussahen, als seien sie aus dünnem Holz.

Als Ben vier Blätter in der Hand hielt, merkte er, dass es dickes Papier war und dass die Zeichnungen sehr unanständig waren.

Ben passte höllisch scharf auf, wie das Spiel ablief. Aus der ersten Runde ging er gewissermaßen mit einem blauen Auge heraus. Er behielt seinen Einsatz, hatte aber auch nichts gewonnen.

In der zweiten Runde verlor er, stieg aber dabei hinter die Finessen des Spiels und übersprang die dritte und vierte Runde, um gewissenhaft zuzusehen.

Für den fünften Durchgang setzte er seine noblen Stulpenstiefel, die ihm gar nicht gehörten. Einer der Mitspieler lieh ihm ein Goldstück darauf.

Mit diesem bescheidenen Kapital begann Ben alsbald zu wuchern, dass seinen Mitspielern die Augen übergingen. Die Sache hatte nur den kleinen Haken, dass er den Spielverlauf korrigierte, sobald er vom dünnen Kartenstapel, dem Talon, neu abzuheben hatte und einen Spieler bedienen musste. Für sich selber zog Ben gekonnt und blitzschnell von unten, wohin er die ausschlaggebenden Farben gemischt hatte.

Als er auf diese Weise sein Ledersäckchen und die Stiefel zurückgewonnen und obendrein vierzehn Goldstücke hinzuerworben hatte, begannen die Spieler zu murren und Verdächtigungen auszustoßen.

Ben entkräftete ihren Verdacht, indem er sofort zwei Goldstücke verlor. Vom Rest aber mochte er sich nicht trennen. Er raffte seinen Besitz zusammen und meinte, er wolle sich in die Kutsche setzen oder unter die Bäume legen und etwas schlafen, denn es würde doch bis zum Morgen dauern, dass man seiner bedurfte.

,,Das weiß man nie so genau, wenn der Borgia-Kardinal dabei ist“, meinte ein Spieler mit seltsamer Betonung. „Manchmal passiert etwas, und die Leute stieben davon, als sei der leibhaftige Satan hinter ihnen her.“

„Steckt der Borgia dahinter, wenn etwas passiert?“, fragte Ben und gähnte, um die Kutscher in Sicherheit zu wiegen.

„Man sagt es, aber wer will es dem Halunken schon beweisen?” Der Mann spuckte aus und schaute zu den Soldaten hinüber. Er hatte leise gesprochen und schien dennoch zu fürchten, dass man ihn gehört hatte.

Die Wachen blieben auf ihren Plätzen.

Ben verdrückte sich an der Reihe der Kutschen entlang in den Schatten der Bäume, wohin das Licht der Fackeln und Öllampen nicht mehr reichte, und begann, auf eigene Faust diesen Park vor dem Palast zu erkunden.

Es roch stellenweise betäubend nach Blütenduft, und linker Hand nieste jemand trompetend in die Nacht hinaus. Ben verharrte auf der Stelle und wartete, bis die Gefahr vorüber war und die Schritte sich entfernt hatten.

Es war gut denkbar, dass ständig Palastwachen des Fürsten im Park unterwegs waren. Genauso gut bestand auch die Möglichkeit, dass es sich um Angehörige der Leibwache des Borgia-Kardinals handelte. Der Mann schien seines Lebens nicht sicher zu sein - darauf deutete die Tatsache hin, dass er mit einer gewaltigen Leibwache zum Palast gekommen war.

Ben schloss daraus, dass Cesare Borgia wirklich nicht gut gelitten war, und dass er mit Anschlägen aus der Bevölkerung Roms heraus rechnete.

Zweige und Laub peitschten Ben ins Gesicht. Er blieb stehen und lauschte besorgt, als ihm aufging, dass er einen Höllenlärm in diesem sonst sehr stillen Teil des Parkes verursachte.

Niemand kam. Es beruhigte ihn, dass er keine Schritte hörte.

Irgendwo musste es einen Weg geben, den die Wache eben benutzt hatte. Er hätte nämlich weder das Schlagen von Zweigen noch das Rauschen von Laub und Blättern vernehmen können.

Kurz entschlossen schwenkte Ben auf den Palast ein, hinter dessen vielen Fenstern er das milde Licht vieler Öllampen und Lichter schimmern sah.

Und wirklich stieß er nach nur wenigen Schritten hinter einer Oleanderhecke auf einen breiten Weg, der parallel zum Seitenflügel des Palastes verlief.

Der Widerschein des aus dem Palast fallenden Lichtes ließ ihn erkennen, dass dieser Weg mit Platten belegt war, dass es lauschige Nischen und Rondelle mit Steinbänken und aufgestellten Skulpturen gab. Dieser Park war wirklich großzügig ausgestattet und verriet Geschmack und Wohlstand seines Besitzers.

Von irgendwoher trug der milde Nachtwind vielfältiges Stimmengewirr und Musik. Sofort blieb Ben stehen und lauschte, bereit, sofort in die Büsche zu flitzen, wenn ihm Gäste dieses Festes entgegenkommen würden.

Als der Wind wieder einschlief, merkte er, dass die Geräusche von der anderen Seite des Palastes kamen und dass sie ihm über das Dach hinweg zugetragen wurden.

Das beruhigte ihn, und er setzte seinen Weg fort. Irgendwie musste er es schaffen, in den Palast zu kommen. Dort drinnen waren Hallstrom und Frank und liefen Gefahr, durch irgendeinen dummen Zufall aufzufliegen.

Wenigstens redete er sich das ein. Wenn er schon nicht durch das Hauptportal hineinkam, dann eben durch einen Nebeneingang, den er hier zu finden hoffte.

Seine hochgeschraubten Erwartungen erlitten einen argen Dämpfer, als er nach hundert Schritten erkennen musste, dass der kunstvoll angelegte Weg und der Park an einer hohen Mauer endeten.

So angestrengt er auch suchte – es gab in der Mauer keine Pforte oder einen Durchschlupf.

Er fluchte verhalten und erkannte, dass er in der falschen Richtung gesucht hatte. Wahrscheinlich lagen die Nebeneingänge genau in entgegengesetzter Richtung. Das bedeutete, dass er umkehren und an den Kutschern vorbeimusste.

Vielleicht fiel es den Burschen ein, ihm die zwölf erspielten Goldstücke abzuknöpfen, die er schon als dringend benötigtes Betriebskapital betrachtet und fest eingeplant hatte.

Gerade als er sich abwandte, hörte er ein gedämpftes Klirren. Es kam aus der Ecke, die der Palastabschluss und die senkrecht darauf stoßende Mauer bildeten.

Mit langen Schritten und in geduckter Haltung rettete Ben sich in eine Nische und verbarg sich hinter einem steinernen Standbild.

Er hatte den Kopf noch nicht ganz unten, als er schon zwei Soldaten aus der Ecke herauskommen und an seinem Versteck vorbeigehen sah.

Ganz deutlich konnte er das Stierwappen auf ihrem Wams erkennen und die engen Beinkleider mit den geschlitzten Bauschen an den Oberschenkeln.

Die beiden trugen Degen oder Säbel, aber keine Hellebarden. Und sie lachten und murmelten dann noch etwas, das Bens Sprachtransformer aber nicht mehr zu erfassen vermochte.

Bens Neugierde war geweckt.

Über die hohe Umfassungsmauer waren die beiden nicht gesprungen, davon war er überzeugt. Er hätte den Aufprall gehört. Zudem waren sie exakt aus der dunklen Ecke gekommen, in die überhaupt kein Licht fiel.

Er wartete, bis sie weit genug weg waren.

Vielleicht kamen sie zurück. Die Zeit dazwischen musste ihm ausreichen.

Ben schob sich die lästige Ledermaske vorne in das geschnürte Überhemd, eilte aus seinem Versteck und pirschte sich an den Winkel von Mauer und Palast heran.

Erst sah er nur die unförmigen Büsche und hell schimmernde Blüten.

Dann bemerkte er, dass der kunstvolle Plattenweg hier eine Fortsetzung fand, zwar schmaler, aber nicht minder aufwendig.

Dieser kleine Weg verlor sich hinter den Büschen.

Gespannt bog Ben um die Büsche und hätte sich im nächsten Moment ohrfeigen können. Er hatte vor ein paar Minuten zu oberflächlich gesucht und sich mehr auf die Mauer und eine eventuell vorhandene Pforte konzentriert.

Hätte er genauer gesucht, so hätte er diesen verdeckten Durchgang auf Anhieb gefunden.

Allerdings wäre er dann diesen beiden Wächtern in die Hände gefallen, und vielleicht wäre die Begegnung etwas heftig und laut ausgefallen.

Der entdeckte Durchgang war in der Art einer Pforte gebaut und bot gerade einem Manne Platz zum Passieren. Die spitz zulaufende Öffnung war weder durch ein Gitter noch mit einer Tür gesichert.

Das ließ Ben vermuten, dass der Durchgang fleißig benutzt wurde und wahrscheinlich zum Wachweg der Palastgarde gehörte.

Er lauschte und bildete sich ein, das vielfältige Stimmengewirr und die Musik schon viel deutlicher zu hören. Und dies nicht mehr übers Dach hinweg.

Er schob sich durch die Pforte und streifte mit seinen breiten Schultern rechts und links das Mauerwerk.

Seine Augen hatten sich bereits an die Dunkelheit gewöhnt. Er konnte immerhin entdecken, dass zwischen Mauer und Palastwand eine etwa zwei Meter breite Gasse bestand und der Weg hier seine Fortsetzung nahm. Aus ein paar Fenstern fiel zudem Licht.

Die Fenster lagen aber unerreichbar hoch, und es gab auch keine Mauervorsprünge oder Gesimse, an denen er sich hätte emporarbeiten können.

„Dann nicht, lieber Ben!”, brummte er und pirschte sich vorsichtig weiter.

Die schlauchartige Gasse wurde breiter. Der neben dem Weg vorhandene Platz war genützt worden, um Büsche anzupflanzen.

Dieses Grünzeug kam Ben sehr gelegen, denn es bot ihm gute Deckungsmöglichkeiten für den Fall, dass unvermutet Wachen auftauchen sollten.

Voraus erkannte er schließlich hohe Bäume und sah Lichter und Fackeln, die dort in Halterungen brannten.

Er begriff, dass es einen relativ leichten Zugang zum rückwärtig gelegenen Park des Palastes gab und dass er ihn gefunden hatte. Unter den Bäumen erspähte er maskierte Menschen.

Teufel noch mal, das Fest schien nicht nur auf Palasträume beschränkt zu sein, sondern wurde auch in diesem rückwärtigen Park gefeiert!

Er fand, dass er ein Glückspilz war und dass es nun nicht mehr allzu schwierig sein konnte, sich unter die Gäste zu schmuggeln und Hallstrom und Frank aufzuspüren.

Vorsorglich zog er bereits wieder die Ledermaske aus dem Hemd und hielt sie bereit, um das Gesicht dahinter zu verbergen.

Es hätte nicht viel gefehlt, und er wäre in seinem Eifer und seiner sich einstellenden Sorglosigkeit mit zwei Soldaten zusammengestoßen, die vor ihm unverhofft um die Palastecke bogen und genau auf ihn zuhielten.

Er atmete ganz flach und huschte hinter einen Busch.

Hatten ihn die beiden bemerkt?

Ganz deutlich hörte er einen sagen: „Warte mal - war da nicht eben jemand?“

„Ein Gast vielleicht! Wenn schon“, brummte der andere. „Ich habe aber nichts gesehen.“

Der eine Wächter gab sich damit nicht zufrieden. Er zerteilte mit den Händen einen Busch, allerdings mehr als zehn Schritte von Ben entfernt. Als er nichts fand, war er überzeugt, sich getäuscht zu haben.

Er kehrte zum Weg zurück, und Ben hielt den Atem an, weil beide nun gleich ganz dicht an ihm vorbeikommen mussten. Er hielt sie für Wächter, die den Auftrag hatten, laufend den Palast zu umkreisen.

Zu seinem nicht geringen Erstaunen schritten die beiden aber jetzt genau auf' die Palastwand zu und wurden plötzlich immer kleiner, bis sie gänzlich verschwanden.

Es hatte ausgesehen, als seien die zwei Burschen in den Boden hineingegangen.

Erst als er ihre Schritte hörte, begriff er, dass sich dort vor der Wand mit den hochliegenden Fenstern eine nach unten führende Steintreppe befand, die die zwei Wächter hinabgestiegen waren.

Mir ist das auch recht, dachte Ben. Wenigstens habe ich dann den Weg frei!

Er kroch hinter seinem Busch hervor und verwünschte sein Pech, das sich abzuzeichnen begann, mit einem saftigen Fluch.

Wenn er nur zwei, drei Minuten früher hier gewesen wäre!

Vom Park her tauchten Palastwächter mit Hellebarden auf und stellten sich vorne breitbeinig in den Durchgang, wo er in den illuminierten Park mündete.

An diesen Burschen kam er nicht vorbei, das leuchtete Ben ein. Da half ihm wohl auch seine Maskierung nicht.