Mit Melone Schirm und Panzer - Günter Dönges - E-Book

Mit Melone Schirm und Panzer E-Book

Günter Dönges

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Beschreibung

Butler Parker ist ein Detektiv mit Witz, Charme und Stil. Er wird von Verbrechern gerne unterschätzt und das hat meist unangenehme Folgen. Der Regenschirm ist sein Markenzeichen, mit dem auch seine Gegner öfters mal Bekanntschaft machen. Diese Krimis haben eine besondere Art ihre Leser zu unterhalten. Butler Parker ist seinen Gegnern, den übelsten Ganoven, auch geistig meilenweit überlegen. In seiner auffallend unscheinbaren Tarnung löst er jeden Fall. Bravourös, brillant, effektiv – spannendere und zugleich humorvollere Krimis gibt es nicht! Butler Parker befand sich im Stadium leichter Unruhe, doch er ließ sich das natürlich nicht anmerken. Er stand in einem Beobachtungsbunker der Armee und versuchte den Gefechtslärm zu ignorieren, der seit knapp einer Stunde seine Ohren beleidigte. Durch einen schmalen Sehschlitz sah er hinunter auf das weite Manöverfeld, wo Krieg gespielt wurde. Dinge dieser Art hatten ihn noch nie interessiert. Auf dem Kampffeld kurvten gepanzerte, mobile Einheiten der Armee, Mannschaften saßen auf und dann wieder ab, Hubschrauber quirlten die Luft, Tiefflieger warfen Rauchbomben ab, und Panzerwagen pflügten den Boden. Es wurde eine Unmenge von Platzpatronen verschossen, und die Herren im Beobachtungsbunker freuten sich offensichtlich. Im Gegensatz zu Josuah Parker schien ihnen dieses Spektakel sehr zu gefallen. Eine illustre Gesellschaft hatte sich versammelt. Es gab Uniformierte und Zivilisten, die sich sach- und fachkundig unverständliche Chiffren und Bemerkungen zuriefen. Die Armee hatte hohe Herren des Ministeriums eingeladen und wollte sich von anderen, die zur Industrie gehörten, neue Entwicklungen vorführen lassen. Das alles aber hatte die leichte Unruhe in Parker nicht ausgelöst Seine sich steigernde Nervosität hing mit der Tatsache zusammen, daß Lady Agatha Simpson diesen Bunker vor einer halben Stunde verlassen hatte. Ein Mann wie Parker nahm so etwas nicht auf die leichte Schulter. Ihm war die Unternehmungslust seiner Herrin nur zu bekannt. Und er wußte, wie sehr sie sich für technische Dinge interessierte. »Gleich ist es soweit«, sagte General Cummings, ein kleiner, drahtiger Mann von etwa fünfundfünfzig Jahren. Er hatte sich zu seinen Gästen umgewandt und strahlte. »Sie werden die Uraufführung einer echten Sensation erleben. Ashford,

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Butler Parker – 132 –

Mit Melone Schirm und Panzer

Günter Dönges

Butler Parker befand sich im Stadium leichter Unruhe, doch er ließ sich das natürlich nicht anmerken.

Er stand in einem Beobachtungsbunker der Armee und versuchte den Gefechtslärm zu ignorieren, der seit knapp einer Stunde seine Ohren beleidigte. Durch einen schmalen Sehschlitz sah er hinunter auf das weite Manöverfeld, wo Krieg gespielt wurde. Dinge dieser Art hatten ihn noch nie interessiert.

Auf dem Kampffeld kurvten gepanzerte, mobile Einheiten der Armee, Mannschaften saßen auf und dann wieder ab, Hubschrauber quirlten die Luft, Tiefflieger warfen Rauchbomben ab, und Panzerwagen pflügten den Boden. Es wurde eine Unmenge von Platzpatronen verschossen, und die Herren im Beobachtungsbunker freuten sich offensichtlich. Im Gegensatz zu Josuah Parker schien ihnen dieses Spektakel sehr zu gefallen.

Eine illustre Gesellschaft hatte sich versammelt. Es gab Uniformierte und Zivilisten, die sich sach- und fachkundig unverständliche Chiffren und Bemerkungen zuriefen. Die Armee hatte hohe Herren des Ministeriums eingeladen und wollte sich von anderen, die zur Industrie gehörten, neue Entwicklungen vorführen lassen.

Das alles aber hatte die leichte Unruhe in Parker nicht ausgelöst Seine sich steigernde Nervosität hing mit der Tatsache zusammen, daß Lady Agatha Simpson diesen Bunker vor einer halben Stunde verlassen hatte. Ein Mann wie Parker nahm so etwas nicht auf die leichte Schulter. Ihm war die Unternehmungslust seiner Herrin nur zu bekannt. Und er wußte, wie sehr sie sich für technische Dinge interessierte.

»Gleich ist es soweit«, sagte General Cummings, ein kleiner, drahtiger Mann von etwa fünfundfünfzig Jahren. Er hatte sich zu seinen Gästen umgewandt und strahlte. »Sie werden die Uraufführung einer echten Sensation erleben. Ashford, geben Sie die Stichworte!«

Was Ashford prompt tat, denn er war nur Oberst und hatte zu gehorchen. Ashford war etwa vierzig Jahre alt, groß, schlank und erinnerte in seinem Aussehen an einen James-Bond-Darsteller.

»Die Armee wird Ihnen, meine Herren, den XAR III im Einsatz zeigen«, begann Ashford militärisch knapp. »Im internen Sprachgebrauch wurde dieses neue Panzermodell ›Meteor‹ getauft. Es zeichnet sich durch eine niedrige Silhouette aus, ist schneller als vergleichbare und bisher bekannte Panzermodelle und verfügt über einen Aktionsradius, der etwa um zwanzig Prozent über dem bisher üblichen liegt. Seine Feuerkraft ist schon fast bestürzend und übersteigt alle uns bekannten Normen. Hindernisse dürften für den ›Meteor‹ kaum existieren, obwohl er fast fünfzig Tonnen schwer ist. Der ›Meteor‹ kommt mit drei Mann Besatzung aus. Was heute getestet werden soll, ist natürlich der neu entwickelte Motor, der eine echte Sensation darstellt.«

Oberst Ashford verbeugte sich und sah in die Richtung eines seriös aussehenden Mannes, der eine Brille trug und Autorität ausstrahlte.

»Wir werden Ihnen unseren neuen Abgasturboauflader unter härtesten Bedingungen zeigen«, begann Lorne Shuffle, »Einzelheiten dieser Konstruktion sind selbstverständlich streng geheim, dennoch einige pauschale Angaben, damit Sie eine ungefähre Vorstellung haben. Das Trockengewicht dieser Neuentwicklung beträgt rund 2 400 Kilogramm, die Brennstoffe sind Diesel, Otto-Kraftstoff, Düsentreibstoffe und ...«

... wenn es sein muß, sogar Olivenöl«, schaltete sich ein mittelgroßer, ein wenig dicklich aussehender Mann ein, der über eine beachtliche Glatze verfügte. »Wir haben es mit einem sogenannten Allesfresser zu tun. Im Fall eines Falles lassen sich auch Haarwasser, Rasierwasser und Whisky als Treibstoff verwenden, vom letzteren Treibstoff würde ich allerdings abraten.«

Die im Beobachtungsbunker versammelten Militärs und Zivilisten lachten gedämpft.

»Mister Finnegan, mein Chefkonstrukteur«, stellte Lorne Shuffle sicherheitshalber noch mal vor. Lorne Shuffle war der Chef der Firmengruppe, die den Panzer, vor allen Dingen aber diesen neuen Motor entwickelt hatte.

»Ich übertreibe keineswegs«, versicherte der humorige Peter Finnegan. »Die genannten Stoffe werden von unserem Turbomotor ohne weiteres verkraftet, was mit dem neuartigen Vorkammerverfahren zusammenhängt. Nebenbei gesagt, es handelt sich um einen 40-Liter-Motor, Viertakt-Diesel.«

Butler Parker hörte nur mit halben Ohr zu, denn seine Unruhe verstärkte sich von Minute zu Minute. Er vermißte immer noch Lady Agatha.

»Sir, darf ich mir erlauben, eine Frage zu stellen?« Parker hatte sich an General Cummings gewandt, der ihn streng und auch ein wenig herablassend anschaute. Ein General und ein Butler, nun, das paßte seiner Ansicht nach nicht recht zusammen.

»Fragen Sie«, knurrte Cummings.

»Darf ich mich nach Lady Simpson erkundigen?«

»Lady Simpson ist ins Fahrzeugdepot gebracht worden«, erwiderte Oberst Ashford, die vollendete James-Bond-Kopie. »Die Lady möchte zu gern mal mit einem Panzer fahren, das heißt natürlich, sie möchte mitgenommen werden.«

»Sie sehen mich bestürzt, Sir«, erwiderte Parker.

»Wieso, Mann, glauben Sie, daß die Dame das gesundheitlich nicht schafft?« fragte Oberst Ashford.

»Genau das Gegenteil, Sir, dürfte der Fall sein«, antwortete der Butler und fürchtete Schreckliches.

*

»Sehr eigenwillige Schlachtordnung«, konstatierte General Cummings bereits wenig später und schüttelte irritiert den Kopf. »Sagen Sie, Ashford, war das so geplant?«

»Nicht direkt, Sir«, gab die James-Bond-Kopie zurück und zeigte sich nicht weniger irritiert. »Der XAR III sollte eigentlich erst später erscheinen.«

»Die Besatzung da unten im Prototyp scheint besoffen zu sein«, vermutete General Cummings. Seine Feststellung war zwar hart, aber sie entsprach durchaus dem, was man sah. Der neue Panzertyp kurvte auf die Manöverformation der regulären Panzerwagen zu und schien sie unbedingt rammen zu wollen. Er entwickelte dabei eine Schnelligkeit, die beachtenswert war.

»An Tempo nicht zu überbieten«, freute sich Manager Lorne Shuffle und nickte seinem Chefkonstrukteur anerkennend zu.

»Auch die Kurventechnik ist hinreißend«, sagte Peter Finnegan, der sich geschmeichelt fühlende Konstrukteur. »Der Fahrer ist Sonderklasse, würde ich sagen.«

Die beiden Zivilisten und ihre Begleiter waren an einer Schlachtordnung nicht interessiert. Sie wollten nur sehen, wie schnell und handlich der neue Panzerwagen war.

Die im Beobachtungsbunker versammelten Militärs hingegen bewerteten das anders. Der mühevoll und bis ins Detail ausgearbeitete Manöverplan war bereits völlig in Unordnung geraten. Die Fahrer der übrigen Panzer schienen in Panik geraten zu sein und versuchten, den Rammangriffen des Prototyps zu entgehen.

Josuah Parker enthielt sich jeder Stellungnahme.

Ihm kam eine schreckliche Vermutung. Er kannte den verwegenen Fahrstil der Lady. Was der neue Panzer da unten zeigte, entsprach ihrem Temperament. Darüber hinaus aber schien Agatha Simpson ein wenig die Kontrolle über das Kettenfahrzeug verloren zu haben. Dem Prototyp war es gerade gelungen, einen regulären Panzerwagen seitlich voll zu rammen.

Der Vorgänger der Neuentwicklung blieb dabei auf der Strecke. Auch der Motor schien einiges abgekriegt zu haben. Eine dunkle Rauchwolke wallte hoch, die den Panzer einnebelte. Wenig später hüpften und sprangen vier Männer, die offensichtlich in dem rauchenden Ungetüm gesessen hatten, aus dem Qualm hervor und verschwanden in nahen Löchern.

»Wer führt denn da Privatkrieg?« brauste General Cummings auf. Er blitzte Oberst Ashford an, der sich, wie es sich gehörte, prompt schuldig fühlte.

»Ich werde das sofort feststellen lassen«, versprach die James-Bond-Kopie und eilte in den hinteren Raum des Bunkers, um dem Funker spezielle Befehle zu erteilen.

Der neue Panzer rollte inzwischen weiter.

Er walzte eine Baumgruppe nieder, verschwand in einem Bachbett, arbeitete sich wieder heraus und ließ dabei seine Kuppel ununterbrochen rotieren.

Parker beobachtete das mit einigem Mißtrauen, denn ihm entging keineswegs, daß die Kanone, gesteuert von einer feinnervigen Elektronik, immer genau auf den Bunker zielte, in dem auch er sich befand.

»Sir, eine Meldung«, rief Oberst Ashford inzwischen. »Die Besatzung im Prototyp antwortet nicht.«

»Ich werde sie vor ein Kriegsgericht stellen lassen«, brüllte General Cummings, dem im Moment keine bessere Antwort einfiel. »Das ist glatte Sabotage!«

»Gleich wird das Scharfschießen beginnen«, sorgte sich Oberst Ashford. Er lenkte seinen Vorgesetzten ab.

»Sie werden sich wundern, wie präzise die Zielelektronik ist«, versprach Lorne Shuffle, der Chef der Firmengruppe, die den Wunderpanzer gebaut hatte. »Beachten Sie bitte das Ziel, meine Herren: Das Objekt ist der alte Panzer dort drüben vor der Geländekuppe.«

»Schon der erste Schuß wird ein Volltreffer sein«, fügte Chefkonstrukteur Peter Finnegan hinzu und strahlte im voraus.

Parker hingegen strahlte nicht.

Es war schließlich nicht zu übersehen, daß die Kanone nach wie vor auf den Beobachtungsbunker gerichtet war.

Und dann war es soweit!

Der erste Schuß verließ das Rohr, röhrte heran und ... landete rechts von den Beobachtungsschlitzen des Panzers auf dem harten Stahlbeton.

Der Bunker vibrierte nicht nur, er schaukelte und dröhnte. Die gelernten Militärs warfen sich flach auf den staubigen Boden, während die Zivilisten irritiert waren.

Josuah Parker schob sich in eine Ecke des Bunkers und schickte insgeheim ein kleines Stoßgebet zum Himmel. Seiner Vermutung nach war mit weiteren Schüssen zu rechnen. Und er irrte sich nicht! Der neue Wunderpanzer feuerte Schuß auf Schuß auf den Bunker und schien ihn einebnen zu wollen.

»Welche Idioten sitzen denn da in dem Kasten?« donnerte General Cummings während einer kurzen Feuerpause. Parker wußte es inzwischen mit letzter Sicherheit, doch er sagte nichts. Er war ein diskreter Mensch.

*

»Sie sehen sehr erfrischt aus«, meinte Kathy Porter. »Sie hatten einen anregenden Morgen, Mylady?«

»Sehr, Kindchen.« Die ältere Dame, groß, stattlich, seit Jahren sechzig Jahre alt, nickte erfreut. Sie trug ihr obligates, ausgebeultes Tweed-Kostüm und ausgetretene Schuhe, die an Landungsboote der Armee erinnerten. Lady Agatha Simpson, mit dem Blut- und Geldadel Englands eng verschwistert und verschwägert, war Witwe seit vielen Jahren, immens reich und Amateur-Detektivin aus Leidenschaft.

Kathy Porter war eine schlanke, junge Dame, die auf den ersten Blick wie ein scheues, ängstliches Reh wirkte. Sie arbeitete für Lady Agatha als Sekretärin und Gesellschafterin und paßte darüber hinaus im Verein mit Butler Parker darauf auf, daß die aktive Dame sich nicht von einem nervenden Abenteuer ins andere stürzte.

Kathy Porter war Meisterin in der Kunst der Verwandlung und erfahren in allen gängigen Arten westlicher und fernöstlicher Selbstverteidigung. Sie wurde von Lady Simpson wie eine Tochter gehalten und sah in ihr so etwas wie eine Ersatzmutter. Die beiden Frauen sprachen darüber selbstverständlich nicht.

»Gab es einen Unfall?« fragte Kathy und musterte den Butler. Er trug seinen schwarzen Zweireiher, die schwarze Melone und Eckkragen mit schwarzem Binder. An seinem angewinkelten Unterarm hing der Universal-Regenschirm, von dem gewisse Gangster sich wahre Wunderdinge erzählten. Parker besaß ein glattes, höfliches und zeitloses Gesicht. Er war die Würde in Person, der eigentlich nie die Selbstkontrolle verlor.

Dieser sonst stets so korrekt aussehende Mann war über und über mit feinem grauen Staub bedeckt. Und in seinen Augen nistete noch immer so etwas wie Besorgnis.

»Nur ein kleiner Zwischenfall«, erwiderte Josuah Parker. »Mylady testeten ein neues Panzermodell.«

»Reiner Zufall, daß ich in dieses Ding eingestiegen bin«, schaltete die resolute Dame sich ein. »Aber es hat sich gelohnt.«

»Mylady testeten darüber hinaus eine neue Zielelektronik«, zählte Josuah Parker weiter auf.

»Mit Ladeautomatik«, präzisierte Lady Agatha.

»Mylady waren so freundlich, die Statik eines Betonbeobachtungsbunkers zu erproben«, sagte Parker. »Erwähnte Statik bestand diesen Test nur unvollkommen.«

»Du lieber Himmel!« Kathy Porter ahnte, was sich draußen auf dem Manövergelände ereignet haben mußte. Ihre Mundwinkel verzogen sich zu einem Lächeln.

»Mylady nahmen den Bunker unter Dauerbeschuß, um ihn schließlich noch zu rammen.« Parker schaute an sich hinunter. »Die Flucht der Insassen des Beobachtungsbunkers verlief geschlossen, äußerst schnell und geriet später in eine gewisse Unordnung.«

»Die Steuerautomatik dieses neuen Panzers muß noch geändert werden«, stellte Agatha Simpson fest. »Das habe ich Chefkonstrukteur Finnegan sehr deutlich gesagt.«

»Mister Peter Finnegan wurde erst nach längerer Suche in einem alten Einmannloch aufgespürt«, berichtete Parker gemessen. »Er war dort zusammen mit Sir Lorne Shuffle in volle Deckung gegangen.«

»Und wie reagierten die Militärs?« wollte Kathy Porter wissen.

»Hysterisch, Kindchen, hysterisch«, warf die Detektivin verächtlich ein. »Sie kennen doch die Männer!«

»General Cummings leidet wahrscheinlich zur Zeit noch unter einem Nervenzusammenbruch«, vermutete Butler Parker. »Oberst Ashford beabsichtigt, seinen Dienst zu quittieren.«

»Diese Männer haben keine Nerven«, grollte die ältere Dame.

»Und wo waren Sie, Mister Parker?« erkundigte sich Kathy Porter und sah den Butler lächelnd an.

»Meine bescheidene Person hatte das Glück, einen noch fahrbereiten Jeep zu finden«, schloß Parker seinen Bericht. »Unter Mitnahme weiterer Zivilisten und Militärs konnte der Fluchtversuch glücklich beendet werden.«

*

Am Abend dieses denkwürdigen Tages hatte Josuah Parker einen altehrwürdigen Pub aufgesucht, was wirklich nur selten geschah. Die Ereignisse auf dem Manöverfeld wirkten noch in ihm nach, und er brauchte etwas Ablenkung.

Parker hatte sich ein starkes, dunkles Stout geben lassen und entspannte sich. Er war froh, daß die Dinge noch so relativ glimpflich verlaufen waren. Wegen der Kosten, die auf Lady Simpson zukamen, machte er sich keine Gedanken, zumal die Firmengruppe, die Motor und Panzer neu entwickelt hatten, sich zu einem guten Teil in Myladys Verwaltung und Hand befanden.

Josuah Parker genoß also sein Bier und bemerkte, daß er seit einiger Zeit von einem Mann beobachtet wurde, der ebenfalls Butler zu sein schien, wie die Kleidung verriet. Parker fühlte, daß dieser Mann nur nach einer Gelegenheit suchte, um mit ihm ins Gespräch zu kommen. Aus Langeweile wollte dieser Mann sich gewiß nicht mit ihm unterhalten. Er mußte etwas auf dem Herzen haben.

Im Pub, in dem Parker hin und wieder sein Bier trank, verkehrten in der Regel fast nur hochherrschaftliche Angestellte. Man war hier unter sich, tauschte Tips aus, besprach Möglichkeiten neuer Arbeitsstellen und erging sich in mildem Spott über die Herrschaften, für die man arbeitete. Hier konnten sich Seelen öffnen, die sonst vielleicht unter Druck standen.

»Ich... Ich habe Sie hier noch nie gesehen«, eröffnete der Mann unvermittelt die Unterhaltung. Mit dem Glas in der Hand, war er auf Parker zugekommen und lächelte neutral.

»Meine Freizeit ist leider knapp bemessen«, erwiderte Josuah Parker.

»Ich höre, Sie arbeiten für Lady Simpson?«

»In der Tat«, lautete die reservierte Antwort des Butlers. Es war ihm sofort klar, daß dieser Mann kein echter Butler war. Fragen dieser Art, derart direkt gestellt, gehörten sich nicht. Parker spürte weiter, daß dieser Mann nur den Butler spielte. Und er schien dafür einen besonderen Grund zu haben.

»Zufrieden mit dem Job?« Diese Frage war ein weiterer Fehler. Ein echter Butler ging keinem Job nach, er diente aus Berufung und Neigung.

»Man sollte nie unnötig klagen«, entgegnete Parker würdevoll. »Manchmal möchte man sich natürlich verbessern, doch das dürfte eine Frage der Mittel sein.«

»Ich habe es in ein paar Jahren geschafft«, sagte der Gesprächspartner, der ein vorzügliches Englisch sprach, wie der Butler längst festgestellt hatte. Es war so vorzüglich, daß es fast aus einer Sprachretorte stammte. Engländer konnte der Mann wohl nicht sein.

Dies unterstrich auch seine Vertraulichkeit, die er an den Abend legte.

Ein wirklicher Inselbewohner hätte sich einem Unbekannten nie derart intim offenbart und von seinen privaten Dingen und Verhältnissen gesprochen. So etwas tat man einfach nicht.

»Ich werde irgendwo ein kleines Hotel übernehmen«, redete der Unbekannte inzwischen munter weiter. »Dann lasse ich andere für mich arbeiten, verstehen Sie?«

»Eine interessante Vorstellung, von der ich nur zu träumen wage«, gab Josuah Parker zurück. Nun stand es mit letzter Sicherheit fest: Dieser Mann wollte etwas von ihm. Irgendwann würde er mit einem Angebot herausrücken und die sprichwörtliche Katze aus dem Sack lassen.