Mit Physik auf der Suche nach dem Sinn des Lebens - Tim Vollert - E-Book

Mit Physik auf der Suche nach dem Sinn des Lebens E-Book

Tim Vollert

0,0
9,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Leben kann kein Fehler sein Die Erkenntnis, wie verschwinden klein wir im Kosmos sind, hat schon viele Menschen um den Schlaf gebracht. Unsere Welt existiert seit Äonen, aber die moderne Menschheit erst seit 350.000 Jahren. Was soll da der Sinn des Lebens sein? Darauf gibt es eine Antwort, sagt der Wissenschaftsinfluencer Tim Vollert, und die liegt in der Physik. Die Summe unserer Teilchen ist nämlich eine logische Abfolge von Naturgesetzen. Auf einer Reise vom Urknall bis zum Kältetod des Universums erklärt er die Physik des Kosmos und die Biologie hinter der Entstehung des Lebens, um der Sinnesfrage auf den Grund zu gehen.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 375

Veröffentlichungsjahr: 2025

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Tim Vollert

Mit der Physik auf der Suche nach dem Sinn des Lebens

Inhaltsverzeichnis

Einleitung

Physikgeschichte I – Die Relativität der Zeit

Vom Anfang bis heute – Primordiales Universum

Der Moment Null

Die Planck-Ära

Die GUT-Ära

Die elektroschwache Ära

Die Quark-Ära

Die Hadronen-Ära

Die Leptonen-Ära

Die Photonen-Ära

Vom Anfang bis heute – Die Sternenreiche Ära

Das Zeitalter der Dunkelheit

Dunkle Materie

Geburt der Sterne

Supermassive schwarze Löcher

Geburt der Milchstraße

Der Virgo Infall

Vom Anfang bis heute – Entstehung des Lebens

Gibt es außerirdisches Leben?

Extremophile Lebensformen

Die Evolution

Die Suche nach außerirdischem Leben

Höhere Zivilisationen

Die habitable Epoche

Die Kardaschow-Skala

Vom Anfang bis heute – Riesen, Zwerge, Reisende

Das Sonnensystem

Der Mars

Die Panspermie

Die Geschichte unserer Erde – Erde und Menschheit

Die Erde im Hadaikum

Die chemische Revolution

LUCA

Das Kambrium

Die Wiege der Menschheit

Die Steinzeit

Der Homo sapiens

Physikgeschichte II – Die Quantisierung der Welt

Die Quantenmechanik

Das Doppelspaltexperiment mit Elektronen

Von der Gegenwart bis zum Ende – Der Mensch

Die Zukunft

Das Doomsday-Argument

Aussterben der Menschheit

Ein Pfad Richtung Aussterben

Die Superintelligenz

Der goldene Pfad

Die ferne Zukunft

Was ist Zeit?

Der Zeitpunkt

Die B-Theorie der Zeit

Von der Gegenwart bis zum Ende – Der Kältetod

Die Sternenreiche Ära (Heute bis 1014 Jahre)

DIE Ära der Degeneration (1014 bis 10100 Jahre)

Die Ära der Dunkelheit (10100 Jahre bis zum Ende)

Der Sinn des Lebens – Über den Tod

Dreifaltigkeit

Der simple Sinn

Der komplexe Sinn

Der schöne Sinn

Zur Coverabbildung

Dank

Literatur

Einleitung

Zeit ist das Voranschreiten von Entropie. Das bedeutet, Zeit erzeugt keine Veränderung. Veränderung erzeugt Zeit. Solange sich im Universum noch etwas verändern kann, steht die Zeit nicht still. Solange die Zeit nicht stillsteht, ist unsere Entwicklung nicht vorbei. Sie sind nicht Ihres eigenen Glückes Schmied, sondern durch ein Schicksal dazu gefesselt, ein Funken auf dem Amboss zu sein, der unsere Spezies formt.

 

Wenn ich an einem Strand bin, kann ich mich zum Rauschen der Wellen verlieren. Ich presse meinen Kopf an den Boden und denke an Sand.

Die Existenz von Sand ist ein Beweis für Millionen Jahre an Veränderung: große Berge, deren Spitzen durch Erosion abgetragen wurden. Quarzsteine, die Tausende Kilometer von Ozeanen entfernt ihre Reise begannen und durch Flüsse transportiert wurden. Felsen, die zu Steinen, und Steine, die zu Kieseln wurden. Einige Sandstrände bestehen aber auch aus zerriebenen Algen und Muscheln, also einst lebenden Organismen, welche nach ihrem Tod zerrieben wurden. Wenn sich eine Muschel im Sand eingräbt, versinkt sie in den Überresten ihrer unzähligen Vorfahren – Lebensformen, zersetzt durch die gleichen Kräfte der Natur, die ihnen ihr Leben ermöglicht hatten.

Südlich des europäischen Kontinents finden wir die größte Ansammlung von Sand. In der Sahara gibt es nach groben Berechnungen ungefähr 80 × 1019 Sandkörner. (Warum man sich dazu berufen gefühlt hat, diese Zahl zu ermitteln, erschließt sich mir allerdings nicht.) Auf ihren riesigen Dünen kann man bei leichtem Wind Sandschleier über die Oberfläche wehen sehen. Jedes dieser wandernden Körner besteht aus ungefähr 100 × 1019 Atomen. Das einzelne Sandkorn besteht also aus mehr Atomen, als es Sandkörner in der größten Trockenwüste der Welt gibt.

Doch selbst eine so große Zahl wie 100 × 1019 Atome an einem Ort mit 80 × 1019 Objekten erblasst im Vergleich zu der Anzahl der Sterne über uns. Im bekannten Universum, das einen Mindestdurchmesser von 93,3 Milliarden Lichtjahren hat, gibt es mindestens 1022 Sterne. Und das Wort »mindestens« kann hier nicht genug betont werden. Jeder dieser Sterne, ein paar extreme Kandidaten ausgenommen, ist millionenfach größer als die Erde, doch auch sie sind Zwerge im leeren Raum, welcher nahezu 100 Prozent des Universums ausmacht. Eine genaue Zahl kann ich hier nicht nennen, denn das Vakuum des Weltalls wächst die ganze Zeit. Mit jeder Sekunde wird sein Volumen größer, und zwar schneller als die Lichtgeschwindigkeit, die bei diesen Größenordnungen nur noch schneckenhaft wirkt.

Der Größenunterschied zwischen Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, und einem Stern ist gigantisch, wirkt auf dieser kosmischen Skala aber nahezu irrelevant. Und auch der Unterschied zwischen einem Jahrhundert und 10 Milliarden Jahren an Lebenszeit ist kaum noch erkennbar, wenn man beide Zahlen in Relation zu den Ewigkeiten setzt, die unser Universum noch existieren wird. Würde man in einer Septillion Jahren an Sie und mich zurückdenken, wären wir alle kurze Geschehnisse direkt nach dem Urknall. Und wie die Muscheln im Sand schon lange in unsere Einzelteile zerlegt.

Nichts im Universum kann für immer bestehen bleiben. Auch der Sand der Sahara wird nicht ewig bleiben. In 15 000 Jahren wird die Wüste wieder grün werden. Durch den Klimawandel und eine Veränderung der Rotationsachse der Sonne wird die Feuchtigkeit des afrikanischen Monsuns die Region zu neuem Leben erwecken. Wie wir im Verlauf dieses Buches noch lernen werden, wird es den Mensch bis dahin aber höchstwahrscheinlich nicht mehr geben. Vorausgesetzt, dass er nichts ändert.

Diverse Ökosysteme kann es aber auch nach dem Menschen noch geben. Als die Sahara das letzte Mal grün war, lebten dort Jäger und Sammler, frühe menschliche Kulturen. Und Tiere wie die Gazelle. Doch während der Mensch über die Jahrtausende Entwicklungen erlebte, die sich die Jäger und Sammler niemals hätten vorstellen können, wird die Gazelle sich in 15 000 Jahren dort genauso zu Hause fühlen wie die Gazelle vor 11 000 Jahren. So als wenn dazwischen nie etwas gewesen wäre.

Die Gazelle wird niemals verstehen, dass sie sich gerade ganz am Anfang einer gewaltigen Entwicklung befindet. Der Entwicklung von absolut allem. Dass die Realität, wie wir sie kennen mit ihren 13,8 Milliarden Jahren seit dem Urknall, für uns zwar unfassbar alt ist, auf kosmischen Skalen jedoch gerade erst begonnen hat – und noch 103000 Jahre lang andauern wird. Dass die kleinen weißlichen Punkte am Nachthimmel gewaltige Sterne sind, die millionenfach größer als unsere Erde sind, und dass sie selbst auch mal ein Teil eines solchen Sterns war. Die Gazelle wird niemals verstehen, was für ein Wunder es ist, dass aus einer Singularität heraus ein solch komplexes, ästhetisches System entstanden ist, welches in seinem Design so präzise ist, dass die gleichen Kräfte, die gewaltige schwarze Löcher zulassen, es ermöglichen, dass sie auf einer von schier unendlicher Dunkelheit umgebenen blauen Murmel in einer grün gewordenen Sahara steht und beim Knacken von Geäst dank ihres ausgeprägten Bewusstseins ein Gefühl wie Angst verspürt.

Aber Sie, liebe Leserinnen und Leser, sind keine Gazelle. Ihr Gehirn ist das komplexeste Objekt im bekannten Universum, Ihr Lernvermögen allen Arten überlegen. Und wenn wir heute richtig handeln, dann wird der Nachfolger des Homo sapiens eines Tages auf seine Entwicklungsgeschichte zurückblicken, und der Abstand zwischen den Jägern und Sammlern vor 11 000 Jahren und uns wird für ihn wie derselbe Moment am Start eines langen Weges zum Höhepunkt unserer Zivilisation wirken. Zwei weitere Exemplare der Menschheit, beide noch im Brutkasten der Erde. Aber eines von ihnen mit dem Wissen und der Weitsicht, um die Entwicklung unserer Spezies lange über seine eigene Lebenszeit hinaus zu definieren.

Für einen kurzen Moment, nur einige Jahrzehnte, sind Sie da. Ihre organischen Moleküle stehen perfekt zusammen dank eines Designs, welches auf Jahrmilliarden an Evolution und natürlicher Auslese zurückblicken kann. Fast 14 Milliarden Jahre lang haben Ihre Partikel sich in diese Richtung entwickelt. Aus Physik wurde Chemie, aus Chemie Biologie, aus Atomen der Mensch. Und wenn Sie nicht mehr da sind, werden Ihre Partikel dennoch bis zum Ende des Kosmos fortbestehen. Aber nur jetzt haben Sie die kollektive Intelligenz, um nach oben zu blicken und die großen Fragen zu stellen.

Was bin ich? Warum bin ich jetzt gerade hier? Was ist dieses Hier? Bin ich in der Lage, die Realität komplett wahrzunehmen? Warum haben die Naturgesetze des Universums neben Galaxien und schwarzen Löchern für einen Augenblick ein Bewusstsein wie meines erschaffen? Warum gibt es etwas?

Was ist mein Sinn des Lebens? Nein, was ist mein Sinn im Kosmos?

100 Milliarden Menschen Ihrer Bauart kamen vor Ihnen, Billionen könnten Ihnen folgen. Lassen Sie uns einen großen Plan für sie entwickeln. Solange Ihre Partikel zusammenhalten, solange Sie atmen und denken können, ist es Ihre Pflicht, die Zukunft unserer Spezies mitzulenken. Es musste zuvor zu viel passieren, damit Sie hier sein können, um jetzt Zeit zu verschwenden.

Das perfekte Design. Atom für Atom, Stern für Stern, Sandkorn für Sandkorn. Die Naturkräfte perfekt kalibriert, damit Ihre Existenz möglich ist.

Wenn ich an einem Strand bin, kann ich mich zum Rauschen der Wellen verlieren. Ich presse meinen Kopf an den Boden und denke an Sand. Jedes einzelne Sandkorn ein Stern. Der Strand als Reflektion unseres Kosmos.

Physikgeschichte I Die Relativität der Zeit

Wo soll man anfangen, wenn man die Tiefen unseres Kosmos und die Fragen ihrer Existenz ergründen will? Am besten wohl am Anfang. Aber nicht am Anfang des Universums, sondern am Anfang der modernen Physik. Ich möchte mit Ihnen in diesem Buch eine Reise durch unseren Kosmos von seinem Anfang bis zu seinem Ende durchführen.

Wir können dies aber nicht tun, ohne nicht zumindest das Fundament der Physik vorwegzunehmen, durch welche unser Weltall und auch Sie existieren können. Wenn ich gleich beim Urknall von der Ausbreitung der Raumzeit sprechen werde, setze ich schließlich voraus, dass Sie genau wissen, was ich damit meine.

Die moderne Welt der Physik lässt sich unterteilen in Albert Einsteins Relativitätstheorie, welche sich auf alle ganz großen und schnellen Geschehnisse unseres Universums anwenden lässt, und in die Quantenphysik, welche alle Prozesse des subatomar Kleinen, also alles in der Welt der Teilchen, erklärt. Für die physikalischen Prozesse unseres Alltags braucht es beide aber nicht unbedingt. Hier genügt die klassische Mechanik, die ursprünglich die gesamte Welt der Physik ausmachte, bevor zu Beginn des 20. Jahrhunderts alles aus den Fugen geriet. Drehen wir die Uhren also zurück und begeben uns ans Ende des 19. Jahrhunderts.

 

Im Jahr 1874 fing ein junger Deutscher namens Max Planck in München unter dem Physikprofessor Philipp von Jolly zu studieren an. Zusammen mit der Mathematik durchlief die Physik im 19. Jahrhundert eine Reihe großer Entwicklungen. 1808, also noch während der Napoleonischen Kriege, wurde zum Beispiel von dem englischen Physiker und Chemiker John Dalton das Atom entdeckt. Seine Annahme, dass es sich hierbei um unteilbare, kugelförmige Objekte handele, ist zwar falsch, aber nur selten liegen Theorien anfangs komplett richtig. Zur Zeit von Planck war die Atomphysik dann bereits in der Lage, mithilfe der sogenannten Spektralanalyse zu beweisen, dass die Sterne am Sternenhimmel auch aus unseren Elementen bestehen.

Bevor er aber an der Universität begann, erkundigte sich der 16-jährige Planck bei von Jolly nach dem Physikstudium. Dieser soll ihm davon abgeraten haben. Alle großen Entdeckungen der Physik seien bereits gemacht, und von kleineren ungelösten Fragen abgesehen, könnten jetzt nur noch feinere Messungen durchgeführt werden. Dies sei jedoch nur eine Aufgabe für »Geister zweiter Ordnung«. 44 Jahre später bekam Planck den Nobelpreis für Physik, weil er das Planck’sche Wirkungsquantum entdeckt hatte, was ihn zum Begründer der Quantentheorie machte. Von der Quantenphysik wollen wir uns aber erst später verwirren lassen. Planck wird uns allerdings auch bis dahin noch einige Male begegnen.

Bis heute wird darüber debattiert, wie verbreitet die Einstellung von Jollys unter Physikern war. Der Einzige, der so dachte, war er auf jeden Fall nicht. Niemand würde es heute wagen zu sagen, die Physik sei bald fertig erforscht. Und auch in der damaligen Zeit gab es mehr als genug ungelöste Probleme. Ein Indiz dafür, dass viele Physiker wie von Jolly gedacht haben, ist jedoch, dass der Berufsstand des Physikers die Nase bis heute gern ziemlich hoch trägt.

Aber der Gedanke, dass die Physik bald durchdrungen sei, kam nicht von irgendwoher. Von Jolly konnte damals nicht ahnen, dass die Welt der Wissenschaft kurz vor einem gewaltigen Umbruch stand, welcher jahrhundertealte Konzepte aushebeln würde. Für unseren Einstieg in die Welt der Physik starten wir am Ende des 19. Jahrhunderts, da diese Epoche heute als Ende der klassischen Physik gilt. Bis in diese Zeit war die Grundlage der Physik die Newton’sche Mechanik.

Obgleich Isaac Newton auch heute noch als genialer Mensch gilt, verdient er dennoch so viel mehr Anerkennung. Praktisch im Alleingang entwickelte er die erste Naturwissenschaft der Welt. Er erklärte, wie Körper sich im Bewegungszustand und in Ruhelage verhalten, und formulierte damit die Grundgesetze der Bewegung. Im Zentrum dessen steht insbesondere eine physikalische Größe. Die Kraft. Auch wenn wir sie nicht direkt beobachten können, wirken Kräfte auf alle Dinge und erzeugen Auswirkungen, die wir dann wahrnehmen können. Zum Beispiel, als Newton beobachtete, wie ein Apfel von einem Baum fiel, und daraufhin das Gravitationsgesetz aufstellte, welches besagt, dass alle Massen eine Anziehungskraft auf andere Massen ausüben. Damit wurden unter anderem mathematische Grundlagen für die Bewegung von Planeten geliefert, welche vorher von Johannes Kepler ab Ende des 16. Jahrhunderts beobachtet wurden.

Laut Kepler bewegten sich Planeten nicht in Kreisbahnen um die Sonne, sondern in Ellipsen. Bei diesen befindet sich die Sonne nicht in der Mitte, sondern in einem von zwei Brennpunkten, also quasi links oder rechts von der Mitte. Und weil dies so auch richtig ist, finden wir genau hier eines der großen ungelösten Probleme der Physik am Ende des 19. Jahrhunderts.

Wenn sich Planeten in einer Ellipsenbahn um die Sonne bewegen, so bedeutet dies, dass es einen Punkt gibt, das sogenannte Perihel, an dem die Planeten der Sonne jeweils am nächsten sind. Durch verschiedene Effekte im Sonnensystem befindet sich dieser Punkt aber nicht immer am gleichen Ort, sondern bewegt sich. Diese Veränderung kann mit der Newton’schen Mechanik genau vorausberechnet und dann von Astronomen beobachtet werden. Außer beim Planeten Merkur, welcher der Sonne am nächsten ist – hier wurde in den 1850er-Jahren eine Abweichung von 0,43 Bogensekunden gemessen. Eine Bogensekunde ist ein 3600stel eines Grades in einem Winkel. Simpel formuliert, reden wir hier also von einer winzigen Abweichung. Aber wenn die Newton’sche Mechanik den Kosmos perfekt erklären sollte, durfte es auch diese nicht geben. Als Erklärung dafür wurde unter anderem ein neuer Planet namens Vulkan erdacht, welcher in derselben Umlaufbahn wie der Merkur liegen könnte. Als er sich aber nicht zeigte, wurde die Idee wieder verworfen.

Neben der Newtonschen Mechanik als Grundlage gewann die Elektrodynamik im 19. Jahrhundert an Bedeutung und wurde ebenfalls zu einem Problemkind der Physik. Elektrizität und Magnetismus lassen sich nämlich nicht wirklich der Newton’schen Mechanik unterordnen, die ja weiterhin das Fundament von allem sein sollte. Daher wurde die Elektrodynamik ebenfalls zu einer der Grundsäulen der Physik und die sogenannten Maxwell-Gleichungen zur Basis, auf der sich Berechnungen zu elektromagnetischen Wellen und Feldern aufstellen lassen. Dadurch war jetzt endlich auch Licht als Welle zu erklären. Denn laut Newton müsste Licht aus Teilchen, den sogenannten Korpuskeln, bestehen, was aber verschiedene Beobachtungen wie das Doppelspaltexperiment des Engländers Thomas Young nicht ganz erklären konnte. Und genau hier begann das Problem, welches das Ende der klassischen Physik einläuten würde: Worin breitet sich eine Lichtwelle aus?

Im Weltall kann man keine Geräusche hören, denn Schallwellen brauchen Luft, um sich zu verbreiten. Worin breitet sich also das Licht der Sterne aus? Laut Physikern der damaligen Zeit im Äther. Dieser sollte ein Medium sein, welches sich durch das gesamte Universum zieht. Quasi eine Materie wie die Luft, die wir atmen, aber eben nicht nur innerhalb der Erdatmosphäre, sondern im ganzen Kosmos verteilt. Und natürlich von uns nicht wahrnehmbar.

 

Bereits 1848 schaffte es der Franzose Armand Fizeau, die Geschwindigkeit von Licht zu messen. Dementsprechend war es 1881 auch möglich, Abweichungen in der Lichtgeschwindigkeit festzustellen. Wenn die Erde sich die ganze Zeit um die Sonne dreht und das Licht durch den Äther reist, dann sollte man dadurch eine Veränderung der Lichtgeschwindigkeit messen können. Physiker stellten sich den Äther wie einen Ozean vor, in welchem Licht quasi mit der oder gegen die Strömung fließen kann. Dieser Ozean, so ihre Vermutung, ziehe sich durch das gesamte Universum und habe überall die gleiche Strömungsrichtung. Diesen Effekt bezeichneten sie als Ätherwind.

Dementsprechend sollte Licht entgegen der Richtung des Ätherwindes bei Messungen also langsamer sein. Das Michelson-Morley-Experiment sollte genau dies beweisen, scheiterte jedoch. Auch weitere Experimente konnten keinen Äther nachweisen. Die ständige Bewegung der Erde schien keinen Einfluss auf die Geschwindigkeit zu haben, mit der Licht bei ihr ankommt. Einen Äther schien es auch nicht zu geben. Eine Erkenntnis, die in der klassischen Mechanik pseudowissenschaftlich wirkt. Man stelle sich zwei Züge vor, die sich auf einem Gleis mit einer Geschwindigkeit von 50 Kilometern pro Stunde aufeinander zubewegen. Ihre Relativgeschwindigkeit zueinander, welche die Zuginsassen wahrnehmen, ist dann 100 Kilometer pro Stunde. Wenn sich aber zwei Lichtstrahlen aufeinander zubewegen, ist ihre Relativgeschwindigkeit nicht das Doppelte der Lichtgeschwindigkeit, sondern immer noch einfach die normale Lichtgeschwindigkeit. Auch wenn die Lichtphotonen ihre Geschwindigkeit so oder so nicht wahrnehmen können.

 

Und eben genau dieses Problem wurde erst 1905 von einem in der schwäbischen Provinz geborenen Mitarbeiter im Patentamt von Bern gelöst, als dieser die spezielle Relativitätstheorie aufstellte. Albert Einsteins neues Konzept zur Erklärung unserer Welt war genauso sehr eine Ergänzung zur bestehenden Ordnung der Physik, wie eine Handgranate eine Ergänzung zur bestehenden Ordnung Ihrer Schlafzimmereinrichtung wäre.

Als Grundlage für seine Theorie nutzte Albert Einstein das Relativitätsprinzip, welches Galileo Galilei 1632 aufgestellt hatte. Dieses besagt, dass die Gesetze der klassischen Mechanik genauso sehr in einem Inertialsystem gelten wie in jedem anderen. Wenn ich in einem fahrenden Zug als Inertialsystem stehe und einen Ball fallen lasse, dann verhält sich dieser nicht anders, als wenn ich neben den Gleisen stehe und einen Ball fallen lasse. Deswegen fallen Sie auch nicht nach hinten, wenn Sie in einem fahrenden Zug springen, denn Sie springen relativ zum Zug. In Albert Einsteins spezieller Relativitätstheorie bedeutet dies jetzt, dass die Lichtgeschwindigkeit immer konstant gleich schnell ist, egal ob man sie im Weltall wahrnimmt oder auf der sich bewegenden Erde. Sie können hier also Ihren Sprung im Zug mit der Lichtgeschwindigkeit vergleichen.

Um dies mathematisch-physikalisch zu erklären, veränderte Albert Einstein unser Verständnis der Realität. Unser Universum ist kein absolut konstanter Raum als Bühne aller Dinge mit der Zeit als Begleitung, die alles in Bewegung setzt. Stattdessen sind Raum und Zeit auch relativ, werden von uns aber immer gleich wahrgenommen, auch wenn sie an verschiedenen Orten unterschiedlich sind. Dazu kommt, dass wir im Universum nicht Raum und Zeit haben, sondern eine Raumzeit. Wenn der Raum gekrümmt wird, wird auch immer die Zeit gekrümmt. Und gekrümmt werden können beide. Wobei die Krümmung der Zeit noch nicht in der speziellen Relativitätstheorie, sondern später auftauchte. Die spezielle Relativitätstheorie ist nichts, was im Alltag wahrnehmbar ist. Erst bei 10 Prozent der Lichtgeschwindigkeit begibt man sich in den Bereich der Relativität. Dann werden die Unterschiede zwischen Ihrem System, zum Beispiel wieder der fahrende Zug, diesmal mit 99 Prozent der Lichtgeschwindigkeit, und meinem System, in diesem Fall der Bahnhof, erst richtig ersichtlich. Schließlich nehmen wir beide die Gesetze der Physik innerhalb unserer Orte immer noch gleich wahr, obwohl es gewaltige Unterschiede zwischen unseren Zuständen gibt. Dies erzeugt spannende Wunder wie die Zeitdilatation.

Je schneller Sie sich in Ihrem Zug bewegen, umso langsamer vergeht Ihre Zeit relativ zu mir. Würden Sie mit Ihrem Lichtgeschwindigkeitszug zur 2,5 Millionen Lichtjahre entfernten Andromedagalaxie reisen, würde dies aus meiner Erdperspektive ungefähr 2,5 Millionen Jahre dauern, aus Ihrer eigenen Perspektive aber nur etwas mehr als 12 Jahre. Dementsprechend würden Sie in dem Zeitraum auch nur ein Dutzend Jahre altern, während ich bei Ihrer Ankunft schon lange tot wäre. Auch wenn wir von Lichtgeschwindigkeitszügen noch weit entfernt sind, können wir diesen Effekt schon heute beobachten. Ein Astronaut, welcher sich ein Jahr lang auf der Internationalen Raumstation ISS befände und währenddessen alle 90 Minuten eine Planetenumdrehung schaffte, würde bei seiner Rückkehr im Vergleich zu einem Menschen auf der Erde um 0,014 Sekunden weniger gealtert sein. Bei genauerer Betrachtung dieser Zahl können wir den Effekt also vielleicht doch noch nicht beobachten.

Wenn unser Relativitätszug mit seiner Zeitdilatation an uns vorbeifährt, sorgt der Unterschied der Inertialsysteme dafür, dass der Zug kürzer wirkt. Durch die sogenannte Längenkontraktion würde sich Ihr Zug bei 99 Prozent der Lichtgeschwindigkeit stark zusammenziehen und wäre aus meiner Perspektive kleiner als im stehenden Zustand.

Natürlich kann man nicht über Einsteins Relativitätstheorie sprechen, ohne seine wichtigste Formel zu erwähnen: E=mc2. Die Äquivalenz von Masse m und Energie E besagt, dass Masse eine bestimmte Form der Energie ist und vice versa. Das c in der Formel steht für die Lichtgeschwindigkeit. Durch diese Formel wissen wir, dass Energie und Masse ineinander umgewandelt werden können. Ein sehr wichtiger Aspekt des Urknalls, wie wir gleich sehen werden.

 

1915 veröffentlichte Einstein seine allgemeine Relativitätstheorie und ergänzte seine Theorie dadurch um das Element der Gravitation. Bisher konnte die eigene Zeit durch eine hohe Bewegungsgeschwindigkeit relativ zu einem stehenden Beobachter stark verändert werden.

Die allgemeine Relativitätstheorie sagt uns aber, dass das Universum auch im Stillstand keine bestimmte Raumzeit hat, sondern dass diese überall unterschiedlich ist. Die Raumzeit als Konzept wird erst hier offiziell eingeführt. Große Massen können durch ihre Gravitation die Raumzeit krümmen. Das bedeutet also, dass wir hier auf der Erde eine lokale Zeit haben, welche aber mit einer ganz anderen Geschwindigkeit abläuft als die Zeit in der Nähe eines schwarzen Loches.

Um das leichter zu verstehen, stellen wir uns die Raumzeit in unserem Universum als eine Gummimatte vor, welche wir in der Luft aufspannen. Wenn ich jetzt eine Papierkugel auf diese Gummimatte lege, macht dies keinen wirklichen Unterschied. Das Papier ist schließlich leicht. Wenn ich aber eine Eisenkugel danebenlege, dehnt diese natürlich die Gummimatte an der Stelle kräftig aus und hängt sichtbar durch. Das Gummi wird dort, wo die Eisenkugel ist, in die Länge gezogen.

Wenn jetzt Zeit in der Nähe eines schwarzen Loches in die Länge gezogen wird, bedeutet dies, dass eine Stunde in der Nähe des schwarzen Loches viel länger ist als eine Stunde auf der Erde. Sie ist eben in die Länge gezogen, würde für uns aber dennoch gleich lang wirken. Man könnte sagen, dass ein schwarzes Loch durch die Raumzeit fällt. In den extremsten Fällen vergehen in einer Schwarzes-Loch-Stunde mehrere Erdjahre. Dies bedeutet, dass es Planeten in der Nähe von schwarzen Löchern geben kann, auf denen erst einige Monate vergangen sind, seitdem hier auf der Erde der Homo sapiens vor 300 000 Jahren entstanden ist. Zeit ist relativ.

 

Und mit diesen Erkenntnissen konnte auch endlich das Merkur-Problem gelöst werden. Die Reise dieses Planeten um die Sonne wird durch deren gewaltige Gravitation beeinflusst. Das Merkur-Problem galt als eine der ersten großen Prüfungen der Relativitätstheorie und zeigte, dass diese vermochte, woran die Newton’sche Mechanik 60 Jahre lang gescheitert war.

Natürlich blieb dieser Umbruch in der Physik nicht ohne Kritiker. 1931 brachte eine Gruppe ein Buch namens 100 Autoren gegen Einstein heraus, in dem sie gegen die Relativitätstheorie argumentierte. Albert Einstein sagte dazu: »Hätte ich unrecht, würde ein einziger Autor genügen, um mich zu widerlegen.« Dies geschah bis heute nicht, obgleich die Welt der Wissenschaft es weiter versucht.

Frei von Fehlern war der Theoretiker Einstein aber nicht. Auch er war wie der Großteil aller Physiker seiner Zeit anfangs fest davon überzeugt, dass unser Universum unendlich alt sei. Die allgemeine Relativitätstheorie besagt aber, dass unser Universum einen Anfang hatte, aus dem heraus sich die Raumzeit ausgebreitet hat. Denn laut den Berechnungen hätte die Gravitation aller Massen im Universum bereits dazu führen müssen, dass es wieder in sich selbst zusammenfällt. Da dies aber nicht der Fall ist, muss die Raumzeit wohl expandieren und den Zusammenbruch dadurch verhindern. Wenn die Raumzeit aber die ganze Zeit wächst, dann war das Universum gestern ein bisschen kleiner, als es heute ist. Dementsprechend kann es nicht unendlich groß sein. Um dieses Problem zu umgehen, führte Albert Einstein die kosmologische Konstante, also eine Art Stabilisierung, ein. Angeblich bezeichnete er dies später als »größte Eselei meines Lebens«.

Es ist unmöglich, über unseren Kosmos zu sprechen und an der Relativitätstheorie vorbeizukommen. Wenn wir das Verständnis über das Universum im 19. Jahrhundert mit dem aus dem 20. Jahrhundert vergleichen, dann können wir uns glücklich schätzen, in dieser neuen Welt der Physik zu leben. Bis heute stellt die Erkenntnis, dass Zeit relativ ist, für viele Menschen einen Schock dar. In gewisser Weise leben wir im Vergleich zu so vielen anderen Orten im Kosmos auf unserem kleinen blauen Planeten in unserer eigenen kleinen Zeitblase.

Auf Basis dieser Erkenntnisse können wir jetzt dort anfangen, wo der wahre Anfang wirklich liegt. Drehen wir die Uhren um 13,8 Milliarden Jahre zurück. Zum Anfang des Universums und in gewisser Weise auch zu Ihrem Anfang, liebe Leserinnen und Leser.

Vom Anfang bis heute Primordiales Universum

Der Moment Null

Wir befinden uns jetzt im Moment Null. Von der Sekunde Null kann nicht gesprochen werden, denn die folgenden Ereignisse entziehen sich in ihrer Dauer so gigantischen Zeiteinheiten wie Sekunden.

In der Bibel heißt es: »Und Gott sprach: Es werde Licht! Und es ward Licht.« Anders als heutzutage gerne dargestellt, darf man sich den Urknall aber auf keinen Fall als grell leuchtende Explosion vorstellen. Licht würde es noch für eine lange Zeit gar nicht geben können. Stattdessen war der Urknall die Ausbreitung von Raum und Zeit. Albert Einstein hatte schließlich gegen seinen Willen bewiesen, dass diese einen Anfang hatten – oder zumindest haben konnten.

Im Moment Null existiert unser heute sichtbares Universum als ein Punkt. Subatomar groß, also kleiner als ein Atom. Für einen unvorstellbar kleinen Moment ist da nicht mehr als das. Ein winziger Punkt an Raumzeit. Nicht ein Licht in der Dunkelheit, nicht etwas in irgendwas. Da ist kein Außerhalb, welches wir kennen könnten. Für uns gibt es nur diesen Punkt. Und in wenigen Augenblicken wird es anfangen. Wird alles anfangen. Aber wie sind wir hierhergekommen?

 

1929 gelang dem amerikanischen Astronomen Edwin Hubble, dessen Namen heute viele durch das nach ihm benannte Hubble-Teleskop kennen, ein entscheidender Durchbruch. In den 14 Jahren seit Veröffentlichung der allgemeinen Relativitätstheorie griffen einige Physiker, insbesondere der Russe Alexander Friedmann wieder die Idee auf, dass unser Universum expandieren könnte. Damit verbunden war die Überlegung, dass unser Kosmos womöglich doch nicht unendlich groß ist. Dieser Gedanke war zwar spannend, aber genauso wenig nachweisbar wie der, dass unser Universum unendlich groß ist. Die Physiker der damaligen Zeit hatten aber eine eindeutige Präferenz, und somit geriet die Vorstellung von einem Kosmos, welcher sich in der Expansion befindet, für einige Jahre ins Hintertreffen. Bis eben Hubble das Sternenlicht einiger weiter entfernt liegender Galaxien beobachtete und dabei sah, dass ihre Distanz zur Erde proportional zu ihrer Rotverschiebung ist, welche die Verlängerung der Wellenlänge im Vergleich zur anfänglich ausgesandten Welle markiert.

Haben Sie schon mal bemerkt, dass sich das Martinshorn eines Krankenwagens anders anhört, je nachdem, ob dieser noch eine große Distanz von Ihnen entfernt ist oder direkt an Ihnen vorbeirauscht? Dies liegt am Dopplereffekt. Dieser besagt, dass sich die Frequenz von Wellen verändert, wenn der Erzeuger sich relativ zu Ihnen bewegt. Ein Krankenwagen fährt schnell auf Sie zu, dabei wird die Frequenz der Schallwellen höher, entfernt er sich wieder, erzeugen die nun gestreckten Schallwellen einen tieferen Ton.

Dieser Prozess funktioniert aber nicht nur mit Schall, sondern auch mit der Wellenlänge von Licht. Je weiter eine Galaxie von uns entfernt ist, umso rötlicher ist das Licht, welches von ihr ausgesendet wird. Bedeutet dies also laut dem Dopplereffekt, dass die von Hubble beobachteten Galaxien sich von uns wegbewegen? Nein.

Zum einen lässt sich dies nicht akkurat mit dem Dopplereffekt beschreiben, zum anderen ist dies bei allen Galaxien zu beobachten. Es würde voraussetzen, dass sich zufällig alle Galaxien in jede Himmelsrichtung gleichzeitig von uns wegbewegen (und voneinander ebenfalls). In der Realität bewegen sie sich jedoch nicht, zumindest nicht so. Stattdessen wird das von ihnen ausgestrahlte Licht, welches Millionen bis Milliarden an Lichtjahren zurücklegen muss, unterwegs gekrümmt. Es ist der dreidimensionale Raum selbst, der expandiert. Wie ein Ballon, welcher aufgeblasen wird, wächst er an jeder Stelle gleichzeitig. Durch diese kosmische Expansion, besser bekannt als das Wirken der dunklen Energie, wird auch die Wellenlänge von Licht gekrümmt – dies ist die von Hubble entdeckte kosmologische Rotverschiebung.

Die Expansion des Kosmos war plötzlich eine Tatsache. Die Vorstellung seiner Unendlichkeit, zeitlich wie auch räumlich, hatte sich in den Augen vieler damit potenziell erledigt. Der mathematische Wert, mit dem die Expansionsgeschwindigkeit des Universums beschrieben wird, nennt sich bis heute Hubble-Konstante.

Kombiniert man die Erkenntnisse Hubbles mit Einsteins Relativitätstheorie, kommt man zu dem Schluss, dass unser Universum aus einem winzigen Punkt heraus expandiert sein muss; dass all die Materie, welche heute Billionen von Galaxien ausmacht, einst durch den dreidimensionalen Raum selbst so zusammengedrückt wurde, dass der Abstand zwischen allem null gewesen sein muss. Eine Singularität mit absoluter Dichte, in welcher unsere Naturgesetze zusammenbrechen – oder sagen wir lieber, noch nicht existieren. Uratom nannte der Begründer der Urknalltheorie, der belgische Theologe und Physiker Georges Lemaître, das. Und eben dieses Uratom ist unser Punkt im Moment Null.

Die Planck-Ära

Der zeitliche Ablauf unseres Universums wird in Ären unterteilt. Wie wir im Folgenden noch sehr gut sehen werden, ist jede nachfolgende Ära immer länger als die vorherige, und dies mit gewaltigen Zeitsprüngen.

Die allererste Ära unseres Universums ist die Planck-Ära. Erinnern Sie sich daran, dass ich Ihnen sagte, Max Planck werde uns noch einige Male begegnen? Hier kommt er nun ins Spiel, weil nach ihm die kleinsten messbaren Dinge benannt sind, so zum Beispiel die Planck-Länge, eine Distanz, die so klein ist, dass es nicht möglich ist, darunter noch irgendwas sinnvoll zu vermessen.

Die Planck-Ära ist die unklarste und in einem gewissen Maß mysteriöseste Ära des frühen Universums. Sie hielt nur für ungefähr 5 × 10−44 Sekunden an. Zumindest ist das die kleinste messbare Zeitdistanz, die wir allgemein in der Physik haben; in jedem Maßstab darunter wird die exakte Messung der Zeit ebenfalls unmöglich. Dazu aber später mehr.

Eigentlich können wir der Planck-Ära aber keine genaue Dauer geben, da so etwas wie feste Zeit noch nicht existierte. Um ehrlich zu sein, scheint es momentan so, als würde unsere gesamte bisher bekannte Physik die Planck-Ära nicht erklären können.

Um dies genauer nachzuvollziehen, müssen wir uns erst mal ins Gedächtnis rufen, dass es in unserer kleinen Raumzeit-Singularität mindestens eine weitere Sache gegeben haben muss: Energie.

 

Im Verlaufe dieses Buches werde ich Stück für Stück die drei Hauptsätze der Thermodynamik einführen. Der erste, und wohl bekannteste, ist der Energieerhaltungssatz. Energie kann niemals erschaffen oder zerstört, sondern nur umgewandelt werden. Dies bedeutet, dass die gesamte Energie, welche heute in den Galaxien, in den Sternen, in jedem Partikel sitzt, von Anfang an da gewesen sein muss.

Aus dieser puren Energie entstand jetzt die gesamte Materie, die es im Kosmos gibt.

Um den Einstieg in dieses Buch möglichst erträglich zu gestalten, habe ich darauf verzichtet, nach der Relativitätstheorie auch die Quantenphysik zu erläutern. Über diese werde ich in einem späteren Teil noch sprechen. Festzuhalten bleibt hier allerdings schon einmal, dass in der ersten Ära des Universums der Kosmos noch so klein war, dass er in keiner Weise in unserer Welt der Physik stattfand. Alles, was subatomar groß ist, unterliegt nämlich den Gesetzen der Quantenmechanik. Dieses Problem hält sich aber in Grenzen, da der Versuch einer detaillierten Erklärung der Planck-Ära ohne das Heranziehen zahlreicher nicht bewiesener Theorien sowieso nicht möglich ist.

An dieser Stelle muss ich Sie, liebe Leserinnen und Leser, um viel Aufmerksamkeit bitten. Den Urknall im Detail durchzugehen, ist eines der komplizierteren Themen in diesem Buch, jedoch glaube ich, Ihnen eine gute, und leider durchaus seltene, Möglichkeit zu bieten, um diesen Prozess zu verstehen.

Für uns wichtig ist jetzt, dass die besagte große Menge an Energie mit ihrer gewaltigen Energiedichte Materie in sogenannten Fluktuationen erschaffen hat. Um genau zu sein, nicht nur Materie, sondern auch Antimaterie. Im vorherigen Kapitel habe ich bereits die Äquivalenz von Materie und Energie angesprochen: E=mc2. Einsteins Formel hat uns schon nahegelegt, dass in diesem Prozess Materie zusammen mit Antimaterie entstehen kann. Das bedeutet also, es müsste gleich viel Materie wie Antimaterie im Universum geben. Allerdings wäre dies ein großes Problem, denn Materie und Antimaterie sind die perfekten Gegenteile voneinander – was wiederum bedeutet, dass sie sich extrem ähnlich sind. So könnte es heute Antiatome, Antisterne, ja sogar Antileben geben. Wenn Antimaterie und Materie sich aber berühren, lösen sie sich gegenseitig auf, und Energie wird wieder freigesetzt. In unserem winzigen Punkt, in unserer kurzen Planck-Ära sind also Partikelpaare an einem Ort mit gewaltiger Dichte aufgetaucht und wieder verschwunden. Diese gewaltige Dichte an sowohl Energie als auch Materie hatte zur Folge, dass unser ganz frühes Universum so heiß war wie nie wieder danach. In Celcius betrug diese Planck-Temperatur 1,42 × 1032 Grad.

Aber wenn das oben beschriebene Gleichgewicht bestanden hätte, dann dürfte es uns eigentlich gar nicht geben. Schließlich hätte sich alles im Universum am Anfang gegenseitig auslöschen müssen. Ketzerisch könnte man unsere Existenz daher als Fehler in der Symmetrie bezeichnen.

Schöner Start.

Bevor dieses Problem in der nächsten Ära des Universums gelöst wurde, hielt die Planck-Ära noch eine Überraschung für uns bereit: Gravitation.

Zu Beginn des Universums waren laut heutigen Theorien alle seine fundamentalen Kräfte in einer einzigen Grundkraft. Die wohl bekannteste von ihnen, eben die Gravitation, hat sich demnach direkt am Anfang von den anderen losgelöst und durch reine Anwesenheit eine klare Definition von Zeit im frühen Universum stark erschwert. Denn wenn die Planck-Ära eine dichte blubbernde Masse an Partikeln war, welche die ganze Zeit in die Existenz hinein- und aus ihr heraussprangen, hat sich deren Masse spontan und schnell auf die umliegende Raumzeit ausgewirkt.

Hier sollte erwähnt werden, dass wir nicht von der Gravitation sprechen, wie wir sie heute kennen, sondern von der Quantengravitation – einer Theorie, welche erklären soll, wie diese Kraft auf der Quantenebene abläuft. Für unsere Gravitation war das Universum noch viel zu klein. Wie genau es zur Entstehung der (Quanten-)Gravitation kam, ist bis heute unklar, aber ein falsches Vakuum, also ein Zusammenbruch des ersten Energiefeldes des Universums, könnte dafür verantwortlich sein. Aber auch dazu später mehr.

Die GUT-Ära

Oben hatte ich geschrieben, dass jede Ära des Universums massiv länger als die vorherige ist. Die GUT-Ära bildet hier keine Ausnahme, wobei »länger als die vorherige« in diesem Fall einfach bedeutet, dass ihre Länge zeitlich messbar ist. Die GUT-Ära begann demnach bei 10−43 Sekunden und dauerte bis 10−36 Sekunden, eine halbe Ewigkeit also. Schauen wir uns kurz an, wie unser Kosmos bisher aussah – nicht visuell natürlich, denn das Universum war immer noch so dicht, dass es Licht noch nicht geben konnte. Es hatte gar keinen Platz, um sich auszubreiten. Und die Temperatur war bis jetzt runtergekühlt auf angenehme 1027 Grad Celcius.

Die Abkürzung GUT steht für Grand Unified Theory, Große Vereinheitlichte Theorie, und bezieht sich auf die anderen fundamentalen Kräfte der Physik, welche gleich noch entstehen würden. Es war aber nicht so, dass sie noch gar nicht existierten, eher so, dass man sie unter diesen heißen und dichten Bedingungen noch nicht voneinander unterscheiden konnte. Dies sollte sich nun ändern.

Die drei fundamentalen Kräfte des Universums neben der Gravitation sind die elektromagnetische Kraft, die starke Wechselwirkung und die schwache Wechselwirkung. Alles, was heute im Universum existiert, ist eine direkte Konsequenz ihres Wirkens.

Die elektromagnetische Kraft ist wohl die populärste nach der Gravitation. Elektrizität, Magnetismus und Spannungen begegnen uns überall im Alltag und werden durch die bereits erwähnten Maxwell-Gleichungen beschrieben. Daher beschränke ich mich auf den Hinweis, dass die elektromagnetische Kraft die Ladung von Teilchen und dadurch die Interaktionen zwischen Teilchen beeinflusst. Die schwache und die starke Wechselwirkung sind ihrerseits beide sehr relevant für die Partikelphysik.

Sie müssen kurz bedenken, wie dicht und klein das Universum zu diesem Zeitpunkt noch war. Atome und die Bauteile ihrer Kerne, Neutronen und Protonen, gab es noch nicht. Besonders für die Entstehung von Atomen herrschte noch viel zu wenig Platz in dieser heißen Ursuppe, sie bestehen nämlich zu 99 Prozent aus reiner Leere. Stattdessen gab es, neben anderen theoretischen Partikeln, die sogenannten Elementarteilchen. Dazu gehören die Gruppen der Quarks und Leptonen, welche die kleinsten Bausteine sind, aus denen alles besteht. Außerdem die Eichbosonen, welche die beiden Wechselwirkungskräfte zwischen Partikeln bewegen. Eines der Leptonen, das Elektron, ist ebenfalls essenziell für Atome.

Die schwache Wechselwirkung sorgt insbesondere dafür, dass Teilchen ineinander umgewandelt werden können – was vor allem wichtig werden wird, wenn wir später über Sterne sprechen.

Die starke Wechselwirkung wird ihr Wirken hingegen in wenigen Momenten demonstrieren.

Davor muss aber noch ein anderes Problem gelöst werden. Partikel sprangen in unserer dichten Ursuppe weiterhin in die Existenz und verschwanden wieder. Wir haben festgestellt, dass diese Fifty-fifty-Aufteilung der Materie und der Antimaterie im Kosmos nicht lange Bestand gehabt haben kann, da es uns sonst nicht geben könnte.

Der notwendige Symmetriefehler entstand womöglich durch die Baryogenese. Wie genau dieser Prozess ablief, ist höchst theoretisch, aber im Grunde konnten die im Universum existierenden Partikel in diesem winzigen Moment rapide zwischen Antimaterie und Materie hin- und herspringen – so als hätte man unzählige Münzen auf einer Tischplatte kreiseln lassen. Kopf lag oft genug oben, also erlaubte der Kosmos unsere Existenz. Für eine Milliarde Partikel, die ausgelöscht wurden, konnte in dieser Asymmetrie ungefähr ein Partikel übrig bleiben. Alles, was Sie heute sehen, ist also ein Milliardstel der Stoffe, die am Anfang im Kosmos da waren.

Damit war diese verwirrende Phase seiner Entstehung vorbei, unser Universum hatte Raumzeit, Energie und eindeutig bestehende Materie. Der Prozess der Annihilation, der Paarvernichtung, ereignete sich nicht instantan, sondern zog sich bis ungefähr eine Sekunde nach dem Urknall hin. Das entscheidende Ungleichgewicht zugunsten der Materie bildete sich jedoch am Ende der GUT-Ära.

 

Bevor wir weiter durch den Urknall reisen, lohnt es sich innezuhalten. Denn erst jetzt, ziemlich spät, hat unsere Hauptfigur die Bühne der Existenz betreten. Sie. Noch nicht identifizierbar, aber dennoch schon da. Denn für den jetzigen Zeitpunkt lässt sich zum ersten Mal sicher sagen, dass die Materie, aus der Sie bestehen, definitiv schon existierte.

Ein abstrakt-verrückter Gedanke: Diese gewaltige Hitze, diese unglaubliche Dichte – und Sie waren dabei. Nicht in Fleisch und Blut, aber doch bereits indirekt physisch. Und wenn es jemals wieder passieren sollte, werden Sie wieder dabei sein. Und wieder und wieder und wieder. Dieses Buch möchte Ihnen nicht einfach die Relativitätstheorie oder die Entstehung von Partikeln erläutern, sondern versuchen, die Frage zu beantworten, was der Platz von uns Menschen im Kosmos ist. Was unser Sinn oder Existenzgrund sein mag. Und deshalb kann man Sie nicht einfach als Individuum betrachten. Denn das Individuum, welches Sie gerade sind, existiert von seiner Geburt bis zu seinem Tod, lebt nicht länger als bestenfalls ein Jahrhundert. Aber ich kann nicht den Sinn eines Knopfes an einer Maschine beurteilen, wenn ich nur in dem Moment zuschaue, in dem der Knopf gedrückt wird, und direkt davor und danach meine Augen verschließe.

Sie sind die Summe Ihrer Teilchen. Das ist keine Abwertung Ihrer Person, sondern eine Aufwertung. Zwar sind Sie vergänglich und die Teilchen, aus denen Sie bestehen, lassen sich herunterbrechen oder umwandeln, jedoch werden die elementarsten Bauteile, welche der Ursuppe des Urknalls entstiegen sind, immer da sein. Für den Rest der Lebenszeit unseres Universums. Und in dieser Ursuppe waren Sie wahrhaftig vereint mit dem ganzen Kosmos. Mit der Materie jeden Sterns, jeder Galaxie, jedes Baums und jeder Asphaltstraße. Und auch jeder anderen Lebensform in unserem Universum, egal, zu welchem Zeitpunkt sie existiert hat. In den Sternen an unserem Himmel könnte heute die Materie ungeahnter, dem Menschen fremder Zivilisationen schlummern, welche noch Jahrmilliarden von ihrer Geburt entfernt sind. Auch sie waren mit Ihnen einst zusammen in dieser Ursuppe. Aber diese künftigen anderen werden nie von uns wissen, so wenig wie wir heute von ihnen. Wir sind nicht lediglich Bewohner dieses Universums. Wir sind ein Teil davon.

Die elektroschwache Ära

Betreten wir die nächste Ära des Universums.

Am Ende der GUT-Ära spaltete sich die starke Wechselwirkung von den beiden anderen verbliebenen Elementen der einheitlichen Grundkraft ab. Damit blieben als Letztes die elektromagnetische Kraft und die schwache Wechselwirkung zusammen, welche dieser Epoche ihren Namen gaben. Doch das wird häufig davon überschattet, dass sich nun einer der berühmtesten Schlüsselmomente des Urknalls ereignen würde: die kosmische Inflation.

Seit Beginn des Urknalls befindet sich das Universum in der Expansion. Es wird rapide größer, was Veränderungen in Temperatur und Dichte und dadurch die Entstehung der Grundkräfte zulässt. Der Umstand, dass es in der Theorie aus einem Ort mit unendlicher Dichte herauswächst, würde es sogar weiterhin zulassen, dass das Universum unendlich groß ist. Es hatte dann nur eine gewaltig höhere Dichte beim Urknall. Dennoch kann man Rückschlüsse ziehen, wie groß das heute bekannte Universum gewesen sein muss. Aber hätte es sich vom Urknall an bis heute sehr gleichmäßig vergrößert, müsste die gesamte Materie darin perfekt gleichmäßig sein, wie der Sand in einem Zen-Garten. Stattdessen werden wir später die Entstehung von großen Galaxie-Clustern mitverfolgen können.

Außerdem gibt es ein grundlegenderes Problem: Auch wenn unser heutiger Kosmos mit mysteriösen Orten und noch unentdeckten Phänomenen gefüllt ist, so muss man dennoch feststellen, dass das Weltall überall recht gleich ist. Die Durchschnittstemperatur oder die Dichte an Galaxien etwa ist, auf einer sehr großen Skala betrachtet, überall gleich. Aber es kann keinen kausalen Zusammenhang dafür geben. Wir können heute von der Erde aus 13,8 Milliarden Lichtjahre in jede Richtung blicken. Mit jedem Lichtjahr schauen wir ein weiteres Jahr in die Vergangenheit. Wir können einen Stern, welcher 4 Lichtjahre entfernt ist, heute nur so sehen, wie er vor 4 Jahren aussah. Obwohl wir also wissen, dass das Universum dank Hubbles dunkler Energie viel größer ist, können wir rundherum nur die besagten 13,8 Milliarden Lichtjahre sehen. Zu weiter vergangenen Zeitpunkten gab es schlichtweg noch kein Licht, welches uns hätte erreichen können. Versuchen Sie, 14 Milliarden Lichtjahre weit in den Kosmos zu blicken, und Sie werden nur eine Wand der Dunkelheit erblicken. Das heißt, der Gesamtdurchmesser des sichtbaren Universums liegt bei 27,6 Milliarden Lichtjahren. Wenn wir jetzt zwei Orte im Universum betrachten, welche 15 Milliarden Lichtjahre auseinanderliegen, so stellen wir fest, dass diese in keiner Weise aufeinander Einfluss haben können. Von einem der beiden Orte vermag man ja noch nicht mal den jeweils anderen zu sehen. Dennoch sind Eigenschaften wie die Durchschnittstemperatur und insbesondere die Verteilung von Materie an beiden Orten recht gleich. Ganz ohne Kausalität. Der kosmische Zen-Garten muss glatt gestrichen worden sein, bevor er seine heutige Größe erreicht hat. Dieses Rätsel ist bekannt als Horizontproblem.

Wenn das Universum sich ruhig und kontinuierlich aus der Planck-Größe heraus hin zu seiner heutigen Größe entwickelt hätte, dann dürfte es diese Gleichmäßigkeit nicht geben. Bereits kleine Effekte, zum Beispiel der Gravitation, hätten die Verteilung der Materie im frühen Universum ins Chaos stürzen müssen. Aber was, wenn seine Expansion gar nicht gleichmäßig war? Um sowohl zu erklären, warum unser Universum überall recht gleichmäßig ist, als auch, warum es heute riesige Strukturen im Kosmos gibt, stellte der amerikanische Physiker Alan Guth 1981 die Inflationstheorie auf. Laut dieser gab es eine kurze Phase zu Beginn der elektroschwachen Ära, in welcher unser Universum massiv schnell expandierte. Von Beginn dieser Ära, also vom Zeitpunkt 10−35 Sekunden nach dem Urknall, bis zum Zeitpunkt 10−30 Sekunden soll das Universum von der Größe eines Protons, also eines subatomar großen Partikels, auf einen Durchmesser von 10 Zentimetern gewachsen sein. Das mag weiterhin winzig klein wirken, aber Sie müssen bedenken, wie gewaltig der Unterschied zwischen diesen beiden Größen ist. Ein so gewaltiges Wachstum in einer so kurzen Zeitspanne macht es nachvollziehbar, dass große kosmische Regionen, welche heute 15 Millliarden Lichtjahre auseinanderliegen, einst nah genug zusammenlagen, um miteinander zu interagieren. Winzig kleine Orte in unserem protongroßen Universum wuchsen zu großen Regionen des Weltalls heran. Kausalität herrschte zwischen diesen Orten früher also schon. Und Quanteneffekte, die man sich ein bisschen wie Blasen vorstellen muss, wuchsen ebenfalls und bilden heute die Voids, schwarze leere Flecken im Kosmos, welche sich Hunderte Millionen Lichtjahre im Durchmesser erstrecken können. Ein Ozean an reiner Dunkelheit. Ihnen gegenüber stehen als Ausgleich die Supercluster, die aus Millionen Galaxien bestehenden Strukturen, welche das Aussehen unseres Kosmos dominieren.

Die Theorie der kosmischen Inflation wirkt extrem willkürlich, löst jedoch eine Reihe an Problemen auf eine sehr elegante Art. Dennoch muss es natürlich einen Grund für sie geben, und dieser liegt im Inflatonfeld, einem Quantenfeld, welches am Ende der Inflationsphase kollabierte. Felder in unserem Universum haben Energien und Kräfte, mit denen sie alles in ihrem Umkreis gleich beeinflussen. Der heute bekannteste Vertreter ist das Higgs-Feld, aber dazu später mehr.