Mord in Shady Hollow - Juneau Black - E-Book

Mord in Shady Hollow E-Book

Juneau Black

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Beschreibung

Die neue, charmante, herzerwärmende Krimiserie! Hier ermittelt Füchsin und Reporterin Vera Vixen. Tief in den Wäldern, weit entfernt von jeglicher menschlicher Behausung, schlummert ein Geheimnis: Hier befindet sich das Städtchen Shady Hollow. Hier leben Elch und Maus, Eule und Bär Seite an Seite – harmonisch und zivilisiert. Es gibt ein kleines Café, ein Restaurant, eine Buchhandlung, eine Bank, eine Zeitungsredaktion. Alles geht seinen Gang … Bis der Kröterich vom Weiher, Otto Sumpf, notorischer Querulant und Meckerer, tot aufgefunden wird. So etwas hat es in Shady Hollow noch nicht gegeben! Das hat selbst diese gemeine Kröte nicht verdient. Vera Vixen ist neu am Ort. Die Füchsin – und Journalistin – hat eine Spürnase für gute Storys. Und sie hat keine Lust, über den nächsten Rechtschreibwettbewerb der Bienen zu berichten. Da der Chef-Bär der örtlichen Polizei lieber angeln geht, als sich um den Fall zu kümmen, übernimmt Vera die Ermittlung auf eigene Pfote … «Die perfekte Cosy-Mystery-Lektüre. Mit genau der richtigen Menge an wohltuender Fantasie, die Licht in jede dunkle Stunde bringt.» criminalelement.com

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Seitenzahl: 280

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Ähnliche


Juneau Black

Mord in Shady Hollow

Ein Waldtier-Krimi

 

 

Aus dem Englischen von Barbara Ostrop

 

Über dieses Buch

Tief in den Wäldern …

 

Weit, weit entfernt von jeglicher menschlichen Behausung schlummert ein Geheimnis: Hier befindet sich das Städtchen Shady Hollow. Hier leben Elch und Maus, Eule und Bär Seite an Seite – harmonisch und zivilisiert. Es gibt ein kleines Café, ein Restaurant, eine Buchhandlung, eine Sägemühle, eine Zeitungsredaktion. Alles geht seinen Gang … Bis der Kröterich vom Mühlenteich, Otto Sumpf, der notorische Meckerer, ermordet aufgefunden wird. Das hat selbst diese gemeine Kröte nicht verdient. So etwas hat es in Shady Hollow noch nicht gegeben! 

Die Füchsin Vera Vixen ist neu im Ort. Als Journalistin hat sie eine Spürnase für gute Storys. Da der Bär Chief Meade von der örtlichen Wache lieber das Polizeiboot zum Angeln benutzt, als den Fall zu lösen, wittert Vera ihre Chance. Sie übernimmt die Ermittlung auf eigene Pfote …

 

«Die perfekte Cosy-Mystery-Lektüre. Mit genau der richtigen Menge an wohltuender Fantasie, die Licht in jede dunkle Stunde bringt.» criminalelement.com

Vita

Juneau Black ist das Pseudonym der Autorinnen und Buchhändlerinnen Jocelyn Koehler und Sharon Nagel. Als ihr Chef ihnen vor einigen Jahren in der Buchhandlung von Milwaukee am Lake Michigan einen Korb voller Fingerpuppen überreichte, die sie auspreisen sollten, steckten sie sich die Puppen auf die Hände und erfanden Namen ... und ihre Geschichten ... und wenig später kam dazu ein Mord. «Shady Hollow» wurde ihr gemeinsames Debüt, das sofort viele Fans gewann. Heute arbeitet Sharon Nagel als Bibliothekarin, und Jocelyn Koehler ist Schriftstellerin in Philadelphia.

 

Die Autorin und Diplomübersetzerin Barbara Ostrop arbeitet seit 1993 als literarische Übersetzerin aus dem Englischen, Französischen und Niederländischen und zählt Liebes- und Familienromane, Spannung, Historisches und Jugendromane sowie Fantasy zu ihren Schwerpunkten. Im Zuge ihrer Tätigkeit hat sie mittlerweile über hundert Bücher ins Deutsche übertragen.

Impressum

Die Originalausgabe erschien 2022 unter dem Titel «Shady Hollow. A Shady Hollow Mystery» im Verlag Vintage Books/Penguin Random House, LLC, New York.

 

Veröffentlicht im Rowohlt Verlag, Hamburg, Juli 2024

Copyright © 2024 by Rowohlt Verlag GmbH, Hamburg

«Shady Hollow» Copyright © 2015 by Jocelyn Koehler and Sharon Nagel

 

Redaktion Nadia Al Kureischi

Karten Shady Hollow und Umgebung Perry De La Vega

Covergestaltung zero-media.net, München

Coverabbildung FinePic®, München

ISBN 978-3-644-01857-0

 

Schrift Droid Serif Copyright © 2007 by Google Corporation

Schrift Open Sans Copyright © by Steve Matteson, Ascender Corp

 

Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt, jede Verwertung bedarf der Genehmigung des Verlages.

 

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Alle angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Printausgabe.

 

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Dieses E-Book entspricht den Vorgaben des W3C-Standards EPUB Accessibility 1.1 und den darin enthaltenen Regeln von WCAG, Level AA (hohes Niveau an Barrierefreiheit). Die Publikation ist durch Features wie Table of Contents (Inhaltsverzeichnis), Landmarks (Navigationspunkte) und semantische Content-Struktur zugänglich aufgebaut. Sind im E-Book Abbildungen enthalten, sind diese über Bildbeschreibungen zugänglich.

 

 

www.rowohlt.de

Anmerkung der Autorin

Mord in Shady Hollow ist eine Geschichte über Waldtiere, und von Zeit zu Zeit wird der nachdenkliche Leser vielleicht innehalten und sich fragen, wie genau es sein kann, dass Füchse und Kaninchen in diesem Städtchen im selben Gebäude wohnen, oder wie es kommt, dass eine Maus und ein Elch sich auf Augenhöhe miteinander unterhalten. Der geneigte Leser möge bedenken, dass er es hier mit einem fiktiven Werk zu tun hat. Jedwede Ähnlichkeit der Protagonisten mit realen Lebewesen, seien sie lebendig oder grausam ermordet, ist wirklich nur rein zufällig. Wer sich genötigt sieht, diese Frage zu klären, bevor er die Geschichte weiterliest, könnte sich die Handelnden einfach als Menschen mit besonders tierischen Charakterzügen vorstellen – in anderen Worten, Menschen wie Sie und ich.

Und mit dieser Orientierungshilfe heiße ich Sie in Shady Hollow willkommen.

Die Mitwirkenden

Gladys Honeysuckle: Als umtriebige Klatschbase Nummer eins des Städtchens gibt es nichts, was Gladys nicht weiß. Sie war es, die die Leiche gefunden und Alarm geschlagen hat. Aber vielleicht wusste sie ja schon, wo sie suchen musste.

Otto Sumpf: Der mürrische, unfreundliche Kröterich von Shady Hollow. Kaum jemand scheint ihn zu mögen. Die interessantere Frage ist jedoch: Wer hasst ihn?

Vera Vixen: Diese gewiefte Fuchsreporterin hat einen Riecher für Ärger und den Drang, die Wahrheit herauszufinden. Kann sie in diesem Fall irgendjemandem trauen?

SW Stein: Als stets auf seiner Zigarre herumkauender Herausgeber des Shady Hollow Herald liebt das Stinktier («Alles schwarz auf weiß!») gute Schlagzeilen. Aber würde es dafür auch morden?

Lenore Lee: Eine nachtschwarze Rabendame, die den Bücherladen des Städtchens führt, BuchhandlungNimmermehr, und eine Vorliebe für Krimis hat. Wenn irgendjemand eine Expertin für Mord ist, dann Lenore.

Joe: Dieser warmherzige Gigant von einem Elch führt das Café, in dem sich alle treffen. Wenn Klatsch im Umlauf ist, hat Joe davon gehört. Vielleicht hat er zu viel gehört.

Chief Theodore Meade: Bären sind ausgezeichnete Ordnungshüter: groß, stark und kampflustig. Doch Chief Meade zeigt ungewöhnlich wenig Interesse daran, ein Verbrechen aufzuklären, wenn er stattdessen angeln gehen könnte. Ist das verdächtig?

Deputy Orville Braun: Dieser große Braunbär ist der arbeitsamere Teil der Polizei von Shady Hollow. Er hält sich streng an die Buchstaben des Gesetzes. Doch sein Alphabet hat große Lücken.

Ruby Ewing: Niemand ist freundlicher oder großmütiger als sie. Doch als schwarzes Schaf ist auch Ruby mit Skandalen belastet …

Reginald von Beaverpelt: Dieser reiche Industrielle hat in Shady Hollow mehr oder weniger das Sagen, seine eigene Familie aber nicht im Griff – es gibt Ehestreit mit seiner Frau und Krach mit seinen Töchtern. Und steht seine Sägemühle finanziell wirklich auf so sicherem Fundament, wie es scheint?

Howard Chitters: Der schüchterne Buchhalter der Sägemühle erträgt klaglos Reginalds hochfahrende Art und gelegentliche Beschimpfungen. Aber weiß er vielleicht mehr über die Finanzen der Sägemühle als alle anderen?

Anastasia und Esmeralda von Beaverpelt: Die Töchter der reichsten Familie des Städtchens vergnügen sich gern mit Shopping und Klatsch und Tratsch, solange die Familiengeheimnisse unter der Decke bleiben.

Edith von Beaverpelt: Gerüchten zufolge ist die Schickeria-Dame Edith die wahre Macht hinter dem Nageholz-Thron. Verschaff dir die Kontrolle über den Geldbeutel, und alle hören dir zu …

Lefty: Als Kleinkrimineller des Städtchens lebt der maskierte Waschbär im zwielichtigsten Teil von Shady Hollow. Aber gewiss würde er sich nicht dafür hergeben, die Verbrechen eines anderen zu decken – es sei denn, es lohnt sich.

Ambrosius Heidegger: Professor der Philosophie und ganz allgemein der Alleswisser. Der Eulenmann ist das klügste Tier im Wald und sorgt dafür, dass das allen stets bewusst ist. Aber ist er vielleicht klüger, als gut für ihn ist?

Sun Li: Er führt den Bambushain und serviert unwiderstehliche vegetarische Gerichte. Doch seine Vergangenheit ist geheimnisvoll und seine Identität erregt Argwohn. Warum hat der Panda die weite Reise nach Shady Hollow gemacht, um hier sein Restaurant zu eröffnen? Wovor ist er auf der Flucht … oder wonach sucht er?

Prolog

Hoch im Norden, weit weg von allem, was Sie kennen und wovon Sie träumen, liegt ein kleines Städtchen namens Shady Hollow. In den Wäldern gibt es viele Siedlungen, weit entfernt von den Großstädten und dem hektischen Treiben der Welt. Shady Hollow ist eine dieser Gemeinden, in denen Waldtiere aller Arten und jedes Charakters, von der winzigen Maus bis zum mächtigen Elch, in einer gedeihlichen und überwiegend friedlichen Gemeinschaft zusammenleben.

Sie fragen sich, wie ein solcher Ort aussehen mag? Zunächst einmal schlängelt sich ein schöner Fluss durch das Städtchen. In den Sommermonaten sprudelt er fröhlich dahin und mäßigt sich im Herbst zu einem würdevolleren Tempo. Im Winter friert er zu, und die Einwohner von Shady Hollow feiern Schlittschuh-Partys und bauen am Ufer Schneefiguren. Selbst die Tiere, die zum Winterschlaf neigen, können der Verlockung solch eisiger Vergnügungen nicht widerstehen! Und im Frühling kehrt der Fluss rauschend zum Leben zurück, und geschwollen von Schneeschmelze und Frühlingsregen tritt er beinahe über die Ufer.

Der Fluss rauscht an der Sägemühle, dem kleinen Hafen und dem Städtchen vorbei. Doch an einer Stelle füllt er einen Mühlenteich und schafft einen stillen Ort, an dem man Ruhe finden kann – vorausgesetzt natürlich, man gerät nicht Otto Sumpf in die Quere. Otto, ein grantiger Kröterich, lebt an der sumpfigsten Stelle des Teichs allein in einer Erdhütte, um die herum hohes Gras und Rohrkolben wuchern. Er bewacht das Ufer, als würde er dafür bezahlt, und ist stolz darauf, über jedes Thema Streit anfangen zu können.

Einer seiner liebsten Zankäpfel ragt auf der anderen Seite des Teichs auf. Die Sägemühle der von Beaverpelts. Sie ist in vieler Hinsicht das Herz der Stadt. Ihr schweres hölzernes Mühlrad dreht sich Tag und Nacht, und immer hängt eine Wolke von Sägemehl in der Luft und erfüllt sie mit dem Geruch von Emsigkeit und Fortschritt. Vom Morgengrauen bis zur Abenddämmerung erklingen die Rufe der Arbeiter. Als größtes Unternehmen im Ort sichert sie vielen Tieren Lohn und Brot … nicht nur Bibern, Bisamratten und Waldmurmeltieren, wie man es erwarten sollte, sondern auch Mäusen, Kaninchen, Spatzen und dem einen oder andern Nerz. Selbst die ungebärdigen Wasserratten, die das Holz flussabwärts flößen, sind sich des Einflusses, den die Sägemühle in der Gegend hat, wohl bewusst. Und über allem thront Reginald von Beaverpelt – und zwar buchstäblich, da sein Büro hoch oben im Uhrenturm der Sägefabrik liegt. Er behält das Unternehmen scharf im Auge und sorgt dafür, dass alles reibungslos funktioniert. Shady Hollows Gedeihen hängt an der Sägemühle – selbst wenn gewisse Kröteriche über den Lärm und das Sägemehl meckern.

Es gibt selbstverständlich noch andere Betriebe in Shady Hollow. Der Eisenwarenladen, das Lebensmittelgeschäft und der Blumenladen säumen die Ostseite der Main Street. Die Polizeiwache, das Rathaus und die Bank stehen auf der Westseite. Biegt man um die Ecke, gelangt man zur Walnut Street und findet dort die Buchhandlung Nimmermehr vor, ein Paradies für Bibliophile mit und ohne Streifen oder Flecken. Romane, Krimis, Geschichte oder Lyrik – alles hat hier sein eigenes Regal. Weitere kleine Geschäfte (Schneiderei, Kurzwarenladen und Apotheke) schmiegen sich an zwei Nebenstraßen, die Oak Street und die Maple Street, und die Einwohner haben stets alle Hände voll zu tun.

Aber Shady Hollow hat mehr als nur Arbeit zu bieten. Ob man nun die River Street oder Main Street entlangschlendert oder die Maple Street, Elm Street, Walnut Street oder Oak Street hinaufgeht, schließlich landet man doch an der Kreuzung von Main Street und Walnut Street, wo das gesellige Herz der Stadt schlägt. Sie denken, das hängt mit einem großen Gebäude, einer Anlage zusammen? Vielleicht einer Kirche? Einer Versammlungshalle? Einem Baumhaus, das Jahrhunderte überdauert hat? Nein, nein und nein. Das gesellige Zentrum der Stadt ist ein Café. Es schmiegt sich geduckt und bescheiden unter einen Schirm von mächtigen Platanen. Drinnen stehen freundliche Holztische mit einer glänzenden Oberfläche, so abgenutzt sind sie vom fleißigen Gebrauch, und der Duft von Kaffee und süßen Obstpies (die Spezialität des Hauses) ist bis in die Wände eingedrungen. Das ist Joes Kaffeekanne, so benannt nach dem Wirt, einem Elch, der eine Fresse wie eine Kaffeekanne hat, und der bescheidene Joe würde das als Erster bestätigen. Er dürfte wohl niemals einen Schönheitswettbewerb gewinnen, an Beachtung hat es ihm jedoch nie gefehlt, und alle sind sich einig, dass er weiß, wie man einen guten Kaffee kocht. Die meisten Tiere beginnen ihren Tag oder ihre Nacht bei Joe, je nachdem. Und wenn es Nachrichten im Ort gibt – er kennt sie.

Aber glauben Sie nicht, dass Shady Hollow nicht auch über ein offizielleres Nachrichtenorgan verfügt. Die illustre Redaktion des Shady Hollow Herald liegt nur eine Straße weiter an der Elm Street. Beim Kaffee kann man die neuesten Schlagzeilen des lebhaften Waldstädtchens in der Morgenausgabe überfliegen.

Die heutige Schlagzeile verkündet zum Beispiel, wer die Gewinnerin des Rechtschreibebienen-Wettbewerbs ist. Ashley Chitters (Maus, acht Jahre) trägt nun stolz die glänzende bienenförmige Medaille am langen Band um den Hals. Das ist bereits das dritte Jahr in Folge, in dem sie gewinnt, dieses Mal hat sie das Wort w-i-d-e-r-s-p-e-n-s-t-i-g unter großem Beifall und ohne jedes Zögern buchstabiert. Ihr Rivale, ein Hermelin, der ironischerweise tatsächlich etwas widerspenstig ist, hat es bei dem Begriff «larmoyant» mit einem «j» versucht – das war sein Pech. Neben dem Artikel über die Königin der Rechtschreibebienen steht im Herald ein Rezept für Pfirsichpastete, das von den Kaninchen der Cold-Clay-Obstgärten stammt. Von der beigefügten Illustration läuft einem das Wasser im Mund zusammen.

So sehen die Nachrichten in Shady Hollow aus.

Natürlich geschehen noch andere Dinge. Es gibt Liebe und Hass, Verrat und Betrug. Es gibt Loyalität und Enttäuschung, Heldenmut und Schurkenhaftigkeit, alles im kleinen Maßstab. Und all das geschieht normalerweise im privaten Bereich oder hinter geschlossenen Türen oder unterirdisch in Schutzhöhlen oder zwischen den Zweigen, die das Städtchen so wunderbar beschirmen. Man bemerkt so etwas nicht in der Öffentlichkeit der friedlichen Welt von Shady Hollow.

Doch das wird sich sehr bald ändern.

KAPITEL 1

Es war ein schöner Morgen Ende August, die Sonne lugte gerade erst hinter den fernen Bergen hervor und verströmte ihr goldenes Licht über den Wald. Gladys Honeysuckle, seit jeher eine Frühaufsteherin, war bereits auf den Flügeln und hatte schon mehr als die Hälfte ihres täglichen Flugs zum Städtchen zurückgelegt. Sie war ein Kolibri, und ihre leuchtend grünen Flügel waren immer in Bewegung und schwirrten mit einer Geschwindigkeit von hundertfünfzig Stundenkilometern auf und ab. Mit ihrer Zunge schien es ähnlich bestellt. Denn Gladys hatte einen gewissen Ruf als Klatschbase der Stadt. Praktischerweise arbeitete sie für den Herald, die einzige Zeitung Shady Hollows, und hatte dort eine regelmäßige Kolumne über Events und Ereignisse in dem Städtchen. Vielleicht war das kein besonders glanzvoller Job, doch er passte zu ihren Talenten. SW Stein, der Herausgeber des Herald, hatte Gladys netterweise einen kleinen Schreibtisch in der Redaktion zur Verfügung gestellt, was sie zur ersten Klatschspaltenkolumnistin machte, die wie eine richtige Reporterin behandelt wurde. Von dieser Aufwertung gestärkt, plusterte Gladys ihre rot befiederte Brust auf und legte großen Wert darauf, jeden Tag in der Redaktion zu erscheinen. SW Stein mochte es, wenn seine Reporter vor Ort waren, so konnte er sie mit seinen scharfen Stinktieraugen im Blick behalten.

Gladys war Witwe, ihre Kinder waren erwachsen und ausgeflogen. Zu Hause war buchstäblich ein leeres Nest zurückgeblieben, und sie freute sich auf ihre tägliche Arbeit. Außerdem war sie entschlossen zu beweisen, wie wichtig sie für die Zeitung war, nur um bloß nicht irgendwann ihren Job zu verlieren.

An diesem bestimmten Morgen verließ sie wie jeden Tag ihr kleines Strohnest-Cottage, das außerhalb der Stadt hoch oben in einer Esche lag, und flog zur Arbeit ins Zentrum des Städtchens. Als sie über die stillen Wege spähte, die teilweise unter einem Blätterdach verborgen lagen, fiel ihr auf, dass fast noch niemand unterwegs war. Sie erblickte nur Joe, der über den Nordweg zottelte, trotz seiner riesigen Hufe mit erstaunlich leisen Schritten. Der Elch war von Natur aus kein Frühaufsteher – zumindest nicht im Vergleich zu den Vögeln der Stadt. Doch er würde niemals zulassen, dass ein früher Gast vor der Tür warten müsste. Und so stand er vor der Morgendämmerung auf, um sein Café rechtzeitig zu öffnen und frischen Kaffee bereitzuhaben. Er schien den ganzen Tag zu arbeiten, ohne sich je zu beklagen, obgleich er von seinem Sohn Joe Junior abgesehen niemanden auf der Welt hatte. Die Bedienung und das Küchenpersonal kamen und gingen … Joe dagegen blieb hinter seinem Tresen.

Gladys dachte nicht weiter über den Wirt nach, während sie über den Wald flog. Sie hatte ihre eigenen Sorgen, vielen Dank auch. Während sie über den höchsten Wipfeln dahinschoss, schwirrte ihr Kopf von Gedanken an ihre Jüngste, Heather, die vor Kurzem zu ihrem neuen Mann gezogen war. Sicher, beide waren erwachsen, aber eine Mutter hatte das Recht, sich um ihre Kinder Sorgen zu machen, und Gladys war keine Ausnahme. Natürlich behauptete ihr Küken, es sei glücklich. Das junge Ehepaar lebte in seiner eigenen Welt, einen Tagesflug entfernt. Aber konnte man es wirklich wissen?

Nein, fand Gladys, die sich außen vor fühlte. So etwas passierte ihr selten, und entsprechend nervös war sie. Außen vor zu sein hasste sie wie die Pest. Sie zitterte bei der Vorstellung, ihr könnte eine Klatschgeschichte entgehen.

Gedankenverloren kreiste Gladys zweimal über dem Mühlenteich, wo ein Aufwind sie trug. So auf dem Wind dahingleitend, ließ sie ihren Blick schweifen und schaute auf die Wasserfläche hinunter, die noch nicht vom Sonnenlicht berührt wurde. Was sie erspähte, machte sie stutzig, sie erkannte nicht, was es war, aber es irritierte sie, schien dort nicht hinzugehören. Was konnte das sein? Ein Sack? Ein abgebrochener Ast, der im Teich schwamm? Sie flog tiefer, von ihrer natürlichen Neugierde angestachelt.

Das Objekt trieb auf der glatten Wasserfläche, und im blassen Frühmorgenlicht wirkte es verwirrend formlos. Es rührte und regte sich nicht, doch was da von der sanften Strömung in die Mitte des Teichs getragen worden war, war kein Pflanzenknäuel oder loser Balken.

Der Kolibridame wurde es eiskalt ums Herz. Diese Gestalt kam ihr schrecklich bekannt vor. Mit heftig schwirrenden Flügeln flog Gladys noch tiefer hinab und schwebte nun unmittelbar über der Leiche einer Kröte, die mit dem Bauch nach oben im Wasser trieb. Nicht irgendeiner Kröte. Es war Otto Sumpf.

Der Kröterich war schon seit vielen Jahren Bewohner des Teichs von Shady Hollow und bekannt für seine grantige, mürrische Art. Doch einige Bürger waren überzeugt, unter dieser Fassade verberge sich – doch, ja – ein netter Kerl. Für diesen Hinweis wäre er ihnen allerdings nicht dankbar gewesen.

Jetzt hatte es den Anschein, dass er tot war. Seine bleichen Beine standen starr ab, und triebe er nicht mit dem Bauch nach oben und wäre so schrecklich reglos, könnte man meinen, er befände sich mitten im Sprung.

Erschüttert registrierte Gladys diese ersten Fakten, während sie den armen Kröterich aus einem Blickwinkel betrachtete, der nur einem Vogel möglich war. Verstört, wie sie war, brauchte sie noch etwas Zeit, um die erschütternde Tatsache von Ottos Ableben wirklich in sich aufzunehmen.

Tot! Der arme Otto war tot! Und sie selbst, Gladys Honeysuckle, war diejenige, die ihn gefunden hatte! Nun endlich blickte sie sich nervös nach möglichen Anwesenden um. Sie hatte eine Leiche entdeckt, und sie musste irgendjemandem davon berichten. Ihr winziges Kolibriherz vibrierte von so schnellen Schlägen, dass sie fürchtete, in Ohnmacht zu fallen. Sie hatte wichtige Nachrichten, die ganz Shady Hollow interessieren würden. Sie musste jemanden informieren. Nein, sie musste alle informieren!

Ein kleines Stimmchen in ihrem Kopf rief ihr in Erinnerung, dass sie zuerst und am dringlichsten die Polizei benachrichtigen musste. Das stimmt, sagte sie sich mit einem gewichtigen Nicken. Die Beamten mussten in Kenntnis gesetzt werden. Ihre Hilfe würde sie anfordern, sobald sie in der Redaktion war und sich ein wenig beruhigt hatte. Sie hatte Otto zwar nicht besonders gemocht, doch er war ein Mitbürger … oder jedenfalls gewesen. Es ist sehr verstörend, auf dem Weg zur Arbeit die Leiche eines Einwohners der Stadt zu finden.

Irgendwie schaffte es die erschütterte Gladys, ihr Ziel zu erreichen, und landete vor der Zeitungsredaktion. Sie eilte hinein und hoffte, dass noch niemand außer ihr da war. Doch sobald sie das Gebäude betrat, roch sie die bittere Note von schlecht gebrautem Redaktionskaffee. Sie wusste genau, wer wohl schon wieder vor ihr am Schreibtisch saß – die Füchsin.

KAPITEL 2

Vera Vixen war eine der Reporterinnen des Herald. Sie gehörte zu den wenigen Mitarbeiterinnen, die tatsächlich in der Redaktion zu leben schienen, und sie befolgte seit jeher die journalistische Tradition, ihren Wachmacher stark, schwarz und siedend heiß zu trinken. Ihr ging es um die Wirkung, nicht um den Genuss. Die flinke Füchsin schien von dem Zeug zu leben. Praktisch alle anderen tranken ihren Kaffee bei Joe, also nur bei Joe, während Vera sich sowohl am Redaktionskaffee als auch an Joes Angebot gütlich tat, denn ihre Persönlichkeit verlangte eine kontinuierliche Zufuhr des starken schwarzen Getränks.

Vera hoffte immer auf einen großen Knüller, und der heutige Tag war keine Ausnahme. Ihre spitzen Ohren zuckten, als sie Gladys hereinschwirren hörte, und sie machte sich auf einen wortreichen Bericht über den neuesten Klatsch gefasst. Doch Gladys huschte an ihren Schreibtisch, ohne ein Wort zu sagen, und das war so ungewöhnlich, dass die Füchsin aufstand und zu dem kleinen Kolibri schnürte.

«Guten Morgen», sagte Vera mit einem Lächeln.

Gladys nickte knapp, hielt den Blick aber abgewendet. Vera war nicht von ungefähr eine erstklassige Investigativjournalistin, und sie bemerkte den keuchenden Atem des kleinen Vogels.

«Was ist los, Gladys?», fragte sie. «Du wirkst verstört. Ist etwas passiert?»

Gladys brach in Tränen aus. Etwas zu verbergen, war wider ihre Natur. Diese kleine Frage genügte, und sie vergaß ihren Entschluss und plapperte los.

Beim hysterischen Bericht des Kolibris wurden Veras rötliche Augen munter, ihre schwarze Nase zuckte. Ein Toter? In Shady Hollow? Vera war – wie Gladys – von Natur aus neugierig. Und sie konnte die richtigen Fragen stellen. Das machte sie zu einer ausgezeichneten Reporterin. Zwar warfen einige Bürger des Städtchens ihr vor herumzuschnüffeln, doch das war ihr egal. Eine gute Reporterin, davon war sie überzeugt, musste sich für alles interessieren und es wagen, die Fragen zu stellen, die andere mieden.

Nachdem Vera der noch immer weinenden Gladys die wichtigsten Fakten durch gutes Zureden abgeschwatzt hatte, brachte sie der Kolibridame ein Glas von deren geliebtem Zuckerwasser und einen Stapel saubere Papiertaschentücher, versicherte ihr, die Polizei zu verständigen, und überließ sie ihren Tränen. Veras Gedanken dagegen arbeiteten fieberhaft. Wenn Gladys die Leiche gerade erst entdeckt hatte, war sie vielleicht sonst noch nicht gesehen worden. Wenn Vera sich beeilte, könnte sie rechtzeitig zum Fundort gelangen und alle Einzelheiten festhalten. Der Tod Ottos würde die Nachrichten dominieren, und sei es, weil jeder in der Stadt irgendwann einmal Bekanntschaft mit dem Geschimpfe des Kröterichs gemacht hatte.

Im Gegensatz zu Gladys fühlte sich Vera keineswegs durch ihr Gewissen genötigt, zuerst zur Polizei zu gehen. Der Polizeichef von Shady Hollow war Theodore Meade, ein Braunbär und langsam von Körper und Verstand. Mit Kleinigkeiten wie Ladendiebstahl oder Beschwerden wegen Lärms hatte er keine Probleme, aber viel weiter reichten seine Fähigkeiten nicht. Vera würde die Ordnungshüter bereitwillig über Otto Sumpfs Ableben informieren, doch erst einmal wollte sie den Schauplatz selbst inspizieren. Sie hängte sich die Kamera um und machte sich zum Aufbruch bereit.

Auf dem Weg nach draußen schaute sie noch einmal nach Gladys. Der kleine Vogel schluchzte noch immer und wischte sich die Augen. Sobald Gladys die Fassung zurückgewonnen hätte, würde sie jedem, der vorbeiging, ihr Herz ausschütten. Vera hatte nur ein kleines Zeitfenster, bevor die ganze Stadt zum Teich pilgerte, um die Leiche des armen Otto zu sehen.

Sie eilte aus der Redaktion.

Zum Glück war es noch immer sehr früh, und nur wenige Tiere waren unterwegs, darunter einige Arbeiter, die zur Sägemühle am anderen Ufer des Teichs gingen. Das Rad drehte sich stetig und zeichnete Wasserringe auf die ansonsten spiegelglatte Wasserfläche.

Vera schritt energisch voran, die Kamera an einem Riemen über der Schulter. Sie spähte auf den Teich. Purpurroter Blutweiderich wuchs in dichten Büscheln am Ufer, und dahinter gediehen kleine grüne Algen. Die Szene war trügerisch friedlich. Außer Otto Sumpf war keiner da. Er trieb im Wasser. Mit dem Gesicht nach oben. Genau wie Gladys es beschrieben hatte.

Vera beugte sich vor und schoss rasch ein paar Fotos der Leiche. Der Uferboden war weich und feucht. Aus Respekt vor Otto bemühte sie sich, nicht auf die vorhandenen Pfotenspuren zu treten. Pfotenspuren – nicht die Spuren eines Kröterichs … Irgendetwas regte sich in ihr, und sie machte schnell von den Pfotenabdrücken ebenfalls ein paar Fotos, auch wenn sie sich nicht sicher war, ob sie zu identifizieren wären. Mit zuckender Nase schnürte sie zwischen Unkrautbüscheln herum. Halb zwischen den schlammigen Stängeln des Röhrichts verborgen, entdeckte sie eine leere Flasche, die zu schön glänzte, um Abfall zu sein. Es sah aus, als hätte jemand sie ins Wasser werfen wollen, doch dann hatte sie sich im Schilf verfangen. Vera ließ sie unberührt und schoss ein weiteres Foto.

Vom unheimlichen Schemen der toten Kröte angezogen, warf sie einen genaueren Blick auf die im Wasser treibende Leiche. Sie war zu weit vom Ufer entfernt, daher konnte Vera keine Einzelheiten erkennen, ohne Boot würde man den Leichnam nicht an Land holen können. Beim Gedanken, den toten Otto an Land zu schleppen, überlief Vera ein Schauder. Mehr als ein paar Worte hatte sie nie mit ihm gewechselt, aber tot? Das konnte sie sich definitiv nicht vorstellen. Hatte er einen Herzanfall erlitten? War es das Alter? Es kam ihr so vor, als hätte Otto schon ewig gelebt. Aber ein Unfall konnte schließlich jeden ereilen. Vielleicht hatte er sich gestern Nacht betrunken, hatte im Dunkeln das Ufer nicht erkannt, war ins Wasser gefallen und ertrunken.

«Aber wer hat je davon gehört, dass eine Amphibie ertrinkt?», murmelte sie in sich hinein. «Hätte Otto in irgendwas ertrinken sollen, dann in einer Flasche Hochprozentigem.»

Vera wurde die Zeit knapp. Die Sonne war inzwischen über die Baumwipfel gestiegen, und rund um sie her begann das tägliche Leben mit seinen typischen Geräuschen. Sie schaute sich noch einmal kurz am Teich um und beschloss, dass es nun Zeit wurde, die Polizei zu rufen. Chief Meade würde sich ein Boot besorgen und Otto wenigstens an Land holen.

Bevor sie sich auf den Weg zur Polizeiwache machte, schlüpfte Vera in die Redaktion des Herald und legte ihre Kamera beiläufig in ihre Schreibtischschublade. Sie wollte noch kurz nach Gladys schauen.

Schon lange bevor sie in die Ecke kam, wo Gladys ihren Platz hatte, hörte sie sie plappern. Sie blieb stehen und lauschte.

«Eiskalt ist es mir den Rücken runtergelaufen, und dann habe ich den armen Otto dort treiben sehen … oh, schon als ich heute Morgen aufgewacht bin, hab ich gewusst, dass es ein schlechter Tag werden würde!» Gladys jammerte weiß Gott wem etwas vor. Sie schien sich von ihrem Schreck erholt zu haben. Vera bemerkte, dass sie ihre Erzählung inzwischen aufgehübscht hatte und Vorahnungen andeutete, mit denen sie sich bei ihrem ersten Bericht nicht aufgehalten hatte. Die Füchsin schüttelte den Kopf und machte kehrt, um rasch zur Polizeiwache zu gehen, bevor irgendjemand ihr die Zeit stahl.

Auf der Wache war es ruhig, doch die Tür stand weit offen, und so trat Vera ohne Anklopfen ein. Es war keineswegs überraschend, dass Chief Meade noch nicht im Büro war, und so berichtete Vera Orville Braun, seinem Deputy, alles, was sie gesehen hatte. Wie sein Chef war er ein großer Bär, jedoch von der braunen Sorte und wesentlich intelligenter.

Er erklärte Vera, er werde sofort zum Teich aufbrechen, um zu ermitteln und die Leiche für die Beerdigung zu bergen. Er wusste, dass der Chief frühestens in ein paar Stunden eintreffen würde, selbst angesichts eines Leichenfunds. Im Gegensatz zu ihm begann Orville seinen Tag in der Polizeiwache gern früh und in relativem Frieden, lange bevor sein Chef auf der Wache erschien. Das gestattete ihm, die Probleme zu lösen, die sich bei der Polizeiarbeit von Shady Hollow Tag für Tag stellten. Wenn er allein in der Wache war, konnte er sich auch gelegentlich größeren Träumen hingeben, in denen er selbst, Orville, der Polizeichef war, einen nagelneuen Hut und eine glänzende Dienstmarke trug und sich mit seiner Arbeit den Respekt und die Bewunderung der ganzen Stadt verdiente.

Vielleicht würde sich sein Engagement jetzt endlich einmal auszahlen. Er könnte sich noch vor dem Mittagessen mit der traurigen Tatsache von Otto Sumpfs Tod befassen, und diese Rotfüchsin von Reporterin würde in ihrem Artikel schildern, wie kompetent und gelassen er die Aufgabe bewältigt hatte. Ja, das klang wirklich gut.

Mit einem Ruck gelangte er zurück in die Realität und ermahnte Vera, niemandem von ihrer Entdeckung zu erzählen, bevor er sich um die Sache gekümmert hatte.

«Dafür ist es leider zu spät. Gladys Honeysuckle hat die Leiche gefunden und mir davon berichtet», stellte Vera klar.

Der Bär verdrehte die Augen. So viel zum Thema Mund halten. Deputy Orville versah sich mit seiner üblichen Ausrüstung – seinem Hut, einem Strick für Handfesseln und einer finsteren Miene – und begab sich mit Vera zum Teich. Sie bat ihn nicht ausdrücklich darum, ihn begleiten zu dürfen, und Orville war noch ein wenig schläfrig. So oder so hatte er keinen Grund, die Füchsin auf Abstand zu halten. Er kannte Veras Ruf als Reporterin. Sie wäre ohnehin bald zur Stelle gewesen.

«Ich werde ein Boot beschlagnahmen müssen», knurrte er unterwegs. «Der Chief hat das Polizeiboot zum Angeln mitgenommen.»

«Was hofft er zu finden?», fragte sie neugierig.

«Fische, nehme ich an.» Orville sah die Füchsin verständnislos an. «Was sonst?»

Vera warf dem Braunbären einen misstrauischen Blick zu. «Er ist im wortwörtlichen Sinn angeln?»

«Gibt es auch noch einen anderen?»

Sie zog die Augen zusammen und seufzte. «Na, egal. Ich weiß, dass Sie in Shady Hollow nur selten einen Gerichtssaal von innen sehen.»

«Stimmt.» Orville zeigte beim Grinsen seine riesigen Zähne. «Die meisten Tiere gestehen sofort.»

«Das kann ich mir denken», gab Vera leise zurück. Orville konnte sehr einschüchternd sein, wenn er wollte.

Beim Gehen schaute er aufs Ufer. «Also muss ich jetzt ein anderes Boot finden.»

«In der Sägemühle liegen immer ein paar bereit», informierte ihn Vera. «Für den Fall, dass Holz von einem Lastkahn rutscht.»

«Damit sollte es gehen», brummte er.

Sie gelangten zu der Stelle, an der Vera zuvor fotografiert hatte. Sie wollte dort bleiben und Wache halten, während Orville sich ein Boot besorgte. Sie sah dem großen Bären nach, der zur Sägemühle davoneilte und mit zunehmender Entfernung immer kleiner wurde.

Sie wartete. Und nach einer Viertelstunde entdeckte sie ein Boot, das sich von der Sägemühle her langsam Ottos treibender Leiche näherte. Einige Tiere hatten inzwischen bemerkt, dass etwas Ungewöhnliches vor sich ging, und versammelten sich am Ufer.

Als Orville bei der Leiche anlangte, stieß er einen bestürzten Ruf aus, und einen erregenden Moment lang glaubte Vera, Otto atme vielleicht noch. Doch der Bär bewegte sich kein bisschen schneller, was vermuten ließ, dass es keinen Anlass zur Eile gab. Orville befestigte Otto mit einem Seil am Boot und ruderte auf die Uferstelle zu, an der Vera stand.

Ein paar Ruderschläge vor dem Anlegen sprang Orville laut platschend aus dem Boot und zog es auf den Schlamm am Teichrand. Er sah die Menge an Schaulustigen, die sich inzwischen versammelt hatten, und brüllte: «Zurück! Alle zurücktreten! Platz machen. Zeigen Sie ein wenig Respekt!»

Eingeschüchtert vom Anblick des erzürnten Braunbären wichen sie ein Stück zurück … alle mit Ausnahme Veras. Sie hatte begriffen, dass irgendetwas nicht stimmte.

«Soll ich Ihnen helfen, ihn aus dem Boot zu tragen?», fragte sie.

«Nicht nötig.» Orville watete zu dem Toten und hob ihn hoch, als wäre er ein Welpe. Ohne jedes Anzeichen von Unbehagen trug er die Leiche zum Ufer und legte sie behutsam mit dem Gesicht nach unten auf dem kühlen, matschigen Boden ab. Ein Zittern lief durch den riesigen Bären, nicht vor Ekel oder gar Kälte, sondern vor Zorn.

Warum, das erkannte Vera, als sie einen genaueren Blick auf die Leiche werfen konnte: Nicht nur lag Otto völlig reglos da, sie bemerkte auch ein dunkles Blutrinnsal, das den Rücken des Toten hinabrann. Am verstörendsten aber war das Messer, das aus dem Körper des Kröterichs herausragte.

Zutiefst aufgewühlt trat Vera ein Stück zur Seite.

In Shady Hollow gab es fast keine Verbrechen, und soweit sie wusste, hatte es dort noch nie einen Mord gegeben. Otto mochte ein knurriger Kerl gewesen sein, aber er war ein Mitbürger und hatte viele Jahre am Mühlenteich gelebt.

«Wer kann das gewesen sein?», flüsterte sie.

Orville richtete sich zu seiner ganzen Größe auf und schüttelte sich das Wasser aus dem Pelz. «Das weiß ich nicht, aber ich werde es mit Sicherheit herausfinden.»

Falls der Deputy daran dachte, dass nicht er der Chief war, sondern Meade, schien er sich nicht darum zu scheren. Noch bevor der Chief sich auch nur bequemt hätte, die Angelausrüstung gegen seine Polizeimütze zu tauschen, könnte Orville Beweise sammeln, Fotos schießen und das Bestattungsinstitut Frieden in der Yew Street kontaktieren, damit sie Ottos Leiche abholten. Orville mochte seinen Beruf und wusste, dass er seine Sache gut machte. Es störte ihn, immer die Hauptarbeit erledigen zu müssen, während sein Chef dafür die Anerkennung bekam, doch es wäre ihm kleinlich vorgekommen, sich deswegen zu beschweren. Schließlich war es den meisten Tieren vollkommen gleichgültig gewesen, welcher der beiden Bären zum Beispiel den Fall der gestohlenen Eisskulptur gelöst hatte.

Jetzt jedoch empfand er es anders. Kleinkriminalität gehörte zum Leben, doch Mord war eine Beleidigung für jede zivilisierte Gesellschaft. Otto war vielleicht nicht der angenehmste Mitbürger gewesen, doch niemand hatte ein solches Ende verdient. Trotz der betrüblichen Lage verspürte Orville eine fast angenehme Erregung in der Magengrube, denn hatte er sich nicht genau aus diesem Grund für seinen Beruf entschieden? Es war zu spät, um Otto zu beschützen, doch Orville konnte wenigstens dafür sorgen, dass ihm Gerechtigkeit widerfuhr.

Vera ihrerseits wusste ebenfalls, dass diese Entdeckung alles verändern würde. Sie überließ Orville seiner Arbeit und eilte zur Redaktion zurück. Ausnahmsweise einmal hatte sie Gladys mit einem Knüller ausgestochen, auch wenn es sich hierbei um eine Tragödie handelte.

Doch vielleicht könnte die ihr auch eine Chance bieten.

KAPITEL 3

Während Orville die Leiche unter den Augen der entsetzt schweigenden Menge an Land brachte und Gladys sich mit dem Verbreiten ihrer nun schon veralteten Nachricht die Kehle wund redete, verlief das Leben in Joes Kaffeekanne noch immer wunderbar normal.