Mörderisches Somerset - Mord im Erdbeerfeld - Dorothea Stiller - E-Book

Mörderisches Somerset - Mord im Erdbeerfeld E-Book

Dorothea Stiller

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Beschreibung

Endlich ist es Sommer in Lower Foxdale. June und Pomona freuen sich auf einen Ausflug zu einem nahe gelegenen Bauernhof, wo sie Erdbeeren pflücken wollen. Doch dort machen sie eine schreckliche Entdeckung: Statt Erdbeeren finden sie eine schwer verletzte Frau auf dem Feld! Trotz aller Bemühungen stirbt sie noch auf dem Weg ins Krankenhaus. Die Polizei verdächtigt einen Landsmann und Kollegen der jungen Frau - doch die beiden Hobby-Ermittlerinnen haben Zweifel an der offiziellen Version und ermitteln auf eigene Faust ...

Über die Serie:

Traumhafte Gärten, eine wunderschöne Landschaft und mystische Orte - dafür steht die Grafschaft Somerset. Als die junge Londonerin June das Cottage und den Buchladen ihrer Tante erbt, beschließt sie, dort neu anzufangen. Doch auch in der südenglischen Idylle gibt es dunkle Schatten und Verbrechen ... Wie gut, dass ihr die quirlige Pomona mit ihrem Hang zu Tarot und Esoterik und der sympathische Antiquar Mr. Whalley bei ihren Ermittlungen zur Seite stehen. Und dann gibt es da den attraktiven Detective Sergeant Sean Darcy, der bei der Verbrecherjagd auch noch ein Wörtchen mitzureden hat ...

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Inhalt

CoverGrußwort des VerlagsMÖRDERISCHES SOMERSET – Die SerieÜber diese FolgeDie ProtagonistenTitelProlog1. Kapitel2. Kapitel3. Kapitel4. Kapitel5. Kapitel6. Kapitel7. Kapitel8. Kapitel9. Kapitel10. Kapitel11. Kapitel12. Kapitel13. Kapitel14. Kapitel15. Kapitel16. Kapitel17. Kapitel18. Kapitel19. Kapitel20. Kapitel21. Kapitel22. KapitelDanksagungenÜber die AutorinImpressumLeseprobe

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MÖRDERISCHES SOMERSET – Die Serie

Traumhafte Gärten, eine wunderschöne Landschaft und mystische Orte – dafür steht die Grafschaft Somerset. Als die junge Londonerin June das Cottage und den Buchladen ihrer Tante erbt, beschließt sie, dort neu anzufangen. Doch auch in der südenglischen Idylle gibt es dunkle Schatten und Verbrechen … Wie gut, dass ihr die quirlige Pomona mit ihrem Hang zu Tarot und Esoterik und der sympathische Antiquar Mr. Whalley bei ihren Ermittlungen zur Seite stehen. Und dann gibt es da den attraktiven Detective Seargeant Sean Darcy, der bei der Verbrecherjagd auch noch ein Wörtchen mitzureden hat …

Über diese Folge

Endlich ist es Sommer in Lower Foxdale. June und Pomona freuen sich auf einen Ausflug zu einem nahe gelegenen Bauernhof, wo sie Erdbeeren pflücken wollen. Doch dort machen sie eine schreckliche Entdeckung: Statt Erdbeeren finden sie eine schwer verletzte Frau auf dem Feld! Trotz aller Bemühungen stirbt sie noch auf dem Weg ins Krankenhaus. Die Polizei verdächtigt einen Landsmann und Kollegen der jungen Frau - doch die beiden Hobby-Ermittlerinnen haben Zweifel an der offiziellen Version und ermitteln auf eigene Faust …

Die Protagonisten

Juniper »June« Morgan (35) zieht aus London in den kleinen Ort Lower Foxdale in der Grafschaft Somerset. Von ihrer verstorbenen Tante Sheila hat sie ein hübsches kleines Cottage und einen Buchladen im nahegelegenem Glastonbury geerbt. Außerdem ein Päckchen Tarotkarten, dass June trotz ihrer Skepsis oft erstaunlich hilfreiche Hinweise zu liefern scheint. In der scheinbar heilen Welt des ländlichen Idylls möchte June die persönliche und berufliche Krise überwinden, in der sie gerade steckt. Doch kurz nach ihrer Ankunft kommt June einem Verbrechen auf die Spur und hat plötzlich ganz andere Probleme …

Pomona »Mona« Quimby (61) war die beste Freundin von Junes verstorbener Tante und ihre Geschäftspartnerin im Buchladen. Sie ist ein lebenslustiger Freigeist, Expertin für Tarot und Esoterik und beherrscht das kreative Chaos. Eine gute Tasse Tee und eine Kuscheleinheit mit ihren Katzen ist für sie ein Allheilmittel.

Rufus Whalley (56) ist der Inhaber des Antiquariats gegenüber dem Buchladen. Natürlich kennt er sich bestens mit Literatur, Geschichte und den Mythen und Legenden rund um Somerset aus. Er ist stets akkurat, sehr belesen, intelligent und heimlich in Pomona verliebt.

Detective Sergeant Sean Darcy (36) heißt nicht nur wie der Protagonist in Jane Austens Stolz und Vorurteil, sondern kann auf den ersten Blick auch ziemlich überheblich und arrogant wirken. Doch der erste Eindruck täuscht, denn eigentlich ist er ganz umgänglich …

Mord im Erdbeerfeld

Prolog

Der Himmel schimmert bereits orangerot, als Lidia das rostige Fahrrad durch das Gatter hinter der Bushaltestelle schiebt. Das taufeuchte Gras kitzelt ihre Knöchel, und die Luft fühlt sich in ihrem Gesicht kühl und frisch an. Leise summt sie ein altes Volkslied, das ihre Mutter früher oft gesungen hat, und kettet das Fahrrad an einen Zaunpfahl am Wegesrand. Das klapprige alte Ding würde sicher niemand stehlen wollen, aber Tau hütet es wie seinen Augapfel, und sie hat ihm versprochen, darauf achtzugeben.

Dann tritt sie auf den Feldweg zurück, legt für einen Augenblick den Kopf in den Nacken, schließt die Augen und füllt ihre Lunge mit der kühlen Morgenluft. Sie genießt den erdigen Geruch der Tautropfen, die auf dem noch immer sonnenwarmen Ackerboden verdampfen, den leichten Blütenhauch von Holunder und Geißblatt aus den Hecken am Feldrand. Hoffnung liegt in der Luft. Alles wird gut.

Eilig läuft sie den Feldweg entlang. Feine Nebelschwaden hängen über dem Reservoir, aus dem sich die Bewässerungsanlage speist. Schon kommen hinter dem Zaun die endlosen Reihen der Folientunnel ins Blickfeld. Noch ist es still, weit und breit keine Menschenseele. Bald werden die Shuttlebusse oben an der Straße die Männer und Frauen ausspucken, die sie an den verschiedenen Unterkünften in der Gegend eingesammelt haben, und die bunte Schar wird, die Rucksäcke und Tragetaschen mit Verpflegung geschultert, über den Feldweg zu ihrer täglichen Arbeitsstätte trotten.

Sie lässt das Erdbeerfeld zu ihrer Linken und klettert über den Tritt des Holzgatters, hinter dem der schmale, grasüberwachsene Feldweg zum kleinen Wäldchen führt, in das sie sich in der Mittagspause manchmal zurückzieht, wenn sie allein sein will oder …

Lidia lächelt und beschleunigt ihre Schritte. Das Gras ist hier und da heruntergetreten. Ob er schon da ist? Vielleicht auch nur ein Spaziergänger mit seinem Hund. Sie bleibt stehen und sieht sich um. Die von Hecken gesäumten Felder und Wiesen, die sich bis zum Horizont erstrecken, und die sanften Hügel dahinter erinnern sie manchmal wenigstens ein bisschen an die grüne, baumlose Weite ihrer Heimat, die sie gleichermaßen liebt wie verabscheut. Sie vermisst die Leute, den zähen, an Sturheit grenzenden Gleichmut und die Gelassenheit, mit der sie Herausforderungen meistern. Und die Herzlichkeit. Dennoch weiß sie, dass sie dort kaum eine Perspektive hat. Kaum Arbeit, und die ist auch noch schlecht bezahlt.

Sie folgt dem Feldweg durch dichter werdende Heckenreihen ins Dämmerlicht des kleinen Wäldchens. Im Unterholz knackt es.

Lidia sieht sich um. »Nicu?«, haucht sie in die feuchtkühle Stille unter dem Blätterdach. »Nicu, dragă? Ești acolo?«

Doch niemand antwortet. Unter der alten Buche bleibt sie stehen. Sie lächelt, als sie das Herz entdeckt, das er neulich in die Rinde geschnitzt hat, und fährt es mit der Fingerspitze nach. Ein Rascheln lässt sie zusammenfahren. Sie wirbelt herum. »Nicu? Ești tu?«

Plötzlich ein Ruck und ein dumpfer Schmerz in ihrem Kopf, ein hässliches Krachen. Lichtblitze vor ihren Augen. Sie taumelt. Abermals kracht es.

Es wird schwarz.

1. Kapitel

Am Tag zuvor

»Ach du Scheiße!« June ging hinter dem Verkaufstresen in Deckung. »Ich bin nicht da«, raunte sie und krabbelte auf allen Vieren auf die geöffnete Tür des Hinterzimmers zu. Ozzy, der stattliche Maine Coone Kater, hockte vor seinem Napf und starrte sie an, offenbar irritiert.

Mit dem Fuß stieß sie die Tür zu, dann rappelte sie sich auf und lehnte sich mit dem Rücken dagegen. Ihr Herz pochte wie wild. Die Glöckchen über der Ladentür bimmelten.

»Hi Pomona!«, hörte sie Darcys tiefe Stimme dumpf durch die Tür. »Wie geht’s? Viel zu tun heute?«

»Oh … äh, geht so. Du möchtest sicher zu June, nicht?«

»Ja. Ich hatte gerade in der Gegend zu tun und dachte, ich schaue mal kurz rein, um Hallo zu sagen.«

»Wie schade. Du hast sie ganz knapp verpasst. Vor ein paar Minuten ist sie geradeerst losgegangen, zu irgendeinem Termin. Sie hat es mir noch gesagt, aber du weißt ja, wie zerstreut ich manchmal bin. Hier rein, da raus.«

Mona, verflixt, jetzt erzähl keine Romane, sonst merkt er doch, dass was faul ist, dachte June.

»Mau?«, machte Ozzy und sah fragend von seinem Napf zu June und wieder zu seinem Napf.

»Gleich«, flüsterte June und lauschte.

»Tja, schade. Da kann man wohl nichts machen«, sagte Sean. »Irgendwie scheinen wir uns in letzter Zeit immer zu verpassen.«

»Soll … soll ich June irgendetwas ausrichten?«, fragte Pomona.

»Nein, schon gut. Ich muss jetzt auch zurück auf die Wache. Grüß sie nur von mir.«

»Mache ich«, hörte sie Pomona sagen.

»Also, tschüs dann. Frohes Schaffen noch.«

»Ebenso.«

Wieder ertönte die Türglocke. June ließ geräuschvoll den Atem entweichen, ging zum Regal und nahm eine Dose Katzenfutter heraus. Eine Hälfte füllte sie in Ozzys Napf, die andere in Macavitys. Tatsächlich dauerte es kaum eine Sekunde, und der schmale rotgetigerte Kater kam durch die Katzenklappe hereingeschossen. Sicher hatte er schon von Weitem gehört, wie sie den Dosendeckel aufgerissen hatte.

June warf die leere Dose in den Müll. Als sie sich umwandte, sah sie Pomona mit hochgezogenen Brauen und in die Hüfte gestützten Händen in der Tür stehen.

»Vielleicht möchtest du mir ja mal erklären, was diese Nummer gerade sollte? Warum genau erwartest du, dass ich für dich einen Polizisten belüge?«

»Nun übertreib nicht. Das klingt, als hätte ich dich gezwungen, eine Falschaussage zu machen«, wehrte sich June.

»Lenk nicht ab«, sagte Pomona streng. »Warum lässt du dich verleugnen, wenn dein Freund nach dir fragt?«

»Also, erstens ist unser Beziehungsstatus offiziell noch überhaupt nicht geklärt und zweitens …« June seufzte. »Ach, du würdest das nicht verstehen.«

»Da solltest du mich besser kennen. Zweitens?«, beharrte Pomona stoisch.

June zuckte mit den Schultern. »Ich verstehe es doch selbst nicht so richtig. Eigentlich ist alles wunderbar. Ich hatte ihm ja gesagt, dass ich Zeit brauche, weil ich mir noch nicht sicher bin, ob ich schon für eine neue Beziehung bereit bin.«

»Und?«, bohrte Pomona weiter.

»Und er hat zugestimmt, dass wir es ganz langsam angehen und uns erst einmal richtig kennenlernen«, sagte June.

Pomona grinste. »Das erklärt aber nicht, warum du hier auf dem Boden herumkrabbelst und dich vor ihm versteckst.«

»Also, am Wochenende waren wir zusammen im Kino und dann noch etwas trinken. Der Abend war fantastisch. Wir haben uns über Gott und die Welt unterhalten und richtig viel Spaß gehabt.«

»Aber …?«

»Nichts aber«, meinte June. »Jedenfalls nicht wirklich. Es war nur … als er mich nach Hause gefahren hat, standen wir bei mir vor der Tür, wir haben uns geküsst und … ich hatte das Gefühl, er erwartet, dass ich ihn hereinbitte und … ich meine, er wird sich nicht ewig hinhalten lassen, oder? Er will doch bestimmt, dass wir … etwas weitergehen. Und ich weiß nicht, ob ich dazu innerlich schon bereit bin.«

»Hast du ihm das gesagt?«, fragte Mona.

»Nicht direkt.« June senkte den Blick. »Ich habe Panik bekommen und … Ich habe behauptet, ich muss ganz nötig aufs Klo … also, mehr oder weniger bin ich geflüchtet.«

Pomona lachte.

»Das ist nicht witzig«, meinte June, musste aber selbst lachen. »O Mann, ich komme mir so blöd vor. Was denkt er denn jetzt von mir?«

»Wahrscheinlich denkt er überhaupt nicht viel, er ist ja ein Mann«, sagte Pomona mit einem breiten Grinsen.

»Ach, haha«, machte June. »Schön, dass du mich ernst nimmst.«

Mona nickte. »Entschuldigung, du hast recht. Ich sollte mich nicht über deine Gefühle lustig machen. Allerdings glaube ich tatsächlich, dass er sich längst nicht so viele Gedanken macht, wie du glaubst. Deine Flucht scheint ihn nicht abgeschreckt zu haben, sonst wäre er ja nicht gerade hier gewesen und hätte nach dir gefragt, oder?«

»Ja, schon«, gab June zu. »Aber das löst mein Problem nicht. Je öfter wir miteinander ausgehen, desto eher wird sich die Frage stellen, wann ich denn endlich bereit bin, den nächsten Schritt zu gehen. Und darüber bin ich mir noch überhaupt nicht im Klaren. Einerseits fühle ich mich natürlich zu ihm hingezogen und finde ihn echt sexy, andererseits bin ich unsicher, weil ich so lange mit Mark zusammen war und vor ihm noch nicht so viele Freunde hatte. Ich habe das Gefühl, ich bin vollkommen eingerostet, was das angeht. Und dass ich mich noch beinahe in einen Mörder verliebt hätte, hat es nicht gerade besser gemacht.«

Mona schüttelte den Kopf. »Du machst es dir so schrecklich kompliziert, Liebes. Manches ergibt sich doch einfach von selbst. Wenn der richtige Moment gekommen ist, wirst du es schon wissen, und ich bin sicher, du wirst einen Weg finden, ihm die entsprechenden Signale zu senden.«

»Aber das ist es ja. Ich habe Angst, dass ich ihm die falschen Signale sende und er mehr erwartet.«

»Dann sprich mit ihm darüber«, sagte Pomona. »Offene und ehrliche Kommunikation auf Augenhöhe ist der Schlüssel zu jeder guten Beziehung. Und Darcy macht auf mich nicht den Eindruck, als wäre er nur auf das Eine aus. Sicherlich hätte er Verständnis.«

»Natürlich, aber wenn ich das Thema direkt anspreche, lenke ich doch noch mehr Aufmerksamkeit darauf. Ich meine, dann stelle ich den Elefanten doch quasi selbst in den Raum. Der steht dann die ganze Zeit zwischen uns und macht alles nur noch verkrampfter. Jedes Mal, wenn wir uns sehen, hinge diese unausgesprochene Frage in der Luft, ob ich denn jetzt endlich so weit bin. Und er traut sich gar nicht mehr, sich anzunähern, weil er darauf wartet, dass ich ihm das entscheidende Signal gebe. Und wenn ich mich dann bereit fühle, ist es überhaupt nicht mehr spontan. Nach dem Motto ›So, jetzt bin ich so weit, jetzt haben wir Sex.‹ und dann kann ich mich nicht fallenlassen und er denkt, ich bin verklemmt oder schlecht im Bett oder …«

»Du denkst zu viel, ist dir das klar?«, unterbrach Pomona sie lachend.

»Ich weiß.« June seufzte. »Aber ich kann es nicht abstellen. So bin ich nun mal. Glaub mir, ich wünschte manchmal, ich könnte einfach überhaupt nichts denken.«

»Vielleicht solltest du es mal mit Meditation versuchen«, schlug Pomona vor.

»Habe ich schon, aber dann denke ich die ganze Zeit krampfhaft darüber nach, dass ich nichts denken soll.«

»Es braucht ein wenig Übung. Du musst nur den für dich richtigen Weg finden, der dir hilft, dich fallenzulassen. Bei mir funktioniert Häkeln.«

Pomona deutete auf ihre quietschbunte Baumwollweste im Boho-Stil. »Da kann ich mich herrlich entspannen und das Gedankenkarussell abstellen. Wichtig ist, dass du zur Ruhe kommst. Apropos Ruhe, was macht eigentlich die Baustelle, ist immer noch so viel Lärm nebenan?«

»Nein, der Anbau mit dem Wintergarten scheint gottlob fertig zu sein.« Abermals bimmelte die Türglocke, und June deutete mit dem Kopf hinter Pomona in Richtung Kasse. »Kundschaft. Wir sollten mal wieder …«

»Hallo Venetia«, grüßte June, als sie in den Verkaufsraum traten. »Kann ich dir helfen?«

»Nein, danke. Ich habe den Bus verpasst und dachte, ich vertreibe mir die Wartezeit mit Stöbern«, verkündete die rundliche Frau, die mittlerweile zu ihren Stammkundinnen zählte. Gemeinsam mit Darcys Schwester Elizabeth leitete sie den Jane-Austen-Lesezirkel, der sich einmal im Monat in Sheila’s Book Nook traf.

»Ich habe letzte Woche mit einem historischen Krimi geliebäugelt, der mir seither die ganze Zeit im Kopf herumspukt und wahrscheinlich heute in meine Tasche wandert, obwohl mein SUB schon wieder mindestens drei Meter hoch ist.«

»SUB?«, fragte Pomona.

»Stapel ungelesener Bücher«, klärte June auf. Was das Internet und damit verbundene Anspielungen, Begriffe und Abkürzungen anging, war Pomona hoffnungslos altmodisch. Das verband sie mit ihrem gemeinsamen Freund Rufus, dem das Antiquariat auf der gegenüberliegenden Straßenseite gehörte. Die beiden standen technischen Neuerungen gleichermaßen skeptisch gegenüber, und es kostete June bisweilen viel Kraft und gute Überredungskünste, Pomona dazu zu bewegen, den Buchladen an moderne Zeiten und Gewohnheiten anzupassen.

»Ach so!« Pomona lachte. »Das ewige Problem aller Bücherwürmer: so viele tolle Bücher und so wenig Zeit, sie alle zu lesen.«

»Ganz genau. Also, ich gehe dann mal stöbern«, verkündete Venetia und verschwand zwischen den Regalen im hinteren Bereich des Ladens.

»Wo waren wir gerade?«, fragte June. »Ach, richtig. Die leidige Baustelle. Ich glaube, der Lärm ist erst einmal ausgestanden.«

»Hast du die neuen Nachbarn denn inzwischen mal zu Gesicht bekommen?«, fragte Pomona und ordnete die Auslage auf dem Aktionstisch.

»Ich habe sie nur kurz durchs Fenster gesehen. Es scheint ein älteres Ehepaar zu sein. Sie wirkten ganz nett«, erzählte June. »Offenbar wollen sie ein Bed and Breakfast betreiben. Vorgestern haben sie an der Straße ein Schild aufgestellt: Rose Cottage B&B, Foxdale.«

»Na, das ist doch prima«, fand Pomona. »Das bringt Leben in den Ort.«

»Ja, das dachte ich auch.« June machte sich daran, einen Stapel Bücher auszupreisen. »Vielleicht gehe ich nach der Arbeit mal rüber, stelle mich vor und bringe ihnen eine Kleinigkeit zur Begrüßung mit. Ich dachte an einen Korb mit Salat, Radieschen und dicken Bohnen aus dem Garten, einer Flasche Cider und etwas von Tante Sheilas fantastischer, selbstgemachter Erdbeermarmelade. Leider stehen nur noch drei Gläser im Vorrat, allerdings habe ich neulich Sheilas Rezept gefunden. Ihre Geheimzutat sind Holunderblüten.«

»Das hört sich köstlich an«, rief Pomona. »Ich hätte auch mal wieder Lust, Marmelade zu kochen. Weißt du was? Es ist doch gerade Saison. Wollen wir zusammen Erdbeeren pflücken gehen? In der Nähe von Draycott, etwas nordwestlich von Wells, gibt es eine große Beerenfarm, wo man selbst pflücken kann. Da war ich schon öfter mal. Von mir aus ist das etwa eine Viertelstunde zu fahren.«

»Klingt nach einem Plan. Ich bin dabei. Ich könnte dich unterwegs in Wells einsammeln.«

»Das wäre prima. Am schlauesten ist es, unter der Woche gleich morgens früh zu gehen, wenn sie aufmachen. Dann ist noch nicht das Beste weggepflückt«, meinte Mona. »Morgen früh ist Janet im Laden, da könnten wir vor der Arbeit gemeinsam hinfahren. Was meinst du? Ich glaube, sie öffnen um neun.«

»Gute Idee. Dann hole ich dich ab.«

2. Kapitel

Am späten Nachmittag machte sich June im bermudablauen Morris Minor ihres Großvaters auf den Weg nach Hause. Unterwegs hielt sie bei der Village Bakery in Foxdale und beim Hofladen der Froglane Farm, um ein frisches Sauerteigbrot und eine Flasche Cider für die neuen Nachbarn zu erstehen. Die Einkäufe stellte sie in der Küche ab und ging direkt hinaus in den Garten, der nun, Mitte Juni, in voller Pracht stand.

Er war ihre kleine Oase der Ruhe, direkt am Ufer des Milley gelegen, wo sie gern auf der von Blauregen überwucherten Terrasse am Flussufer saß, aufs Wasser schaute und ihren Gedanken nachhing. Früher einmal, als ihre Großmutter Ruby hier noch das Zepter geschwungen hatte, war es ein klassischer englischer Garten mit einem gepflegten Rasenviereck, Blumenrabatten, Rosen und einem Obst- und Gemüsegarten gewesen, in dem alles in ordentlichen Reihen in rechteckigen Beeten wuchs. Dann war Granddad krank geworden und schließlich gestorben. Die Gartenpflege war für Nana Ruby langsam zu mühsam geworden, und ihre beginnende Demenz hatte es ihr immer schwerer gemacht, sich zurechtzufinden. Also hatte Tante Sheila das Regiment übernommen und den Garten in ein wildwucherndes Paradies verwandelt, ein Chaos mit Methode, in dem es überall etwas zu entdecken gab. Zum Beispiel kreativ umfunktionierte Flohmarktfunde, die als Pflanzgefäße, Beeteinfassungen, Rankhilfen oder schlicht zur Dekoration dienten.

Der Golfrasen war einer Wildblumenwiese gewichen, durch die sich ein Gartenpfad zwischen Inseln aus Sträuchern, Staudenbeeten und Obstbäumen hindurch bis zum Durchgang in der niedrigen Mauer am hinteren Grundstücksende vorbeischlängelte. Dahinter, am Flussufer, lag die untere Terrasse. Rubys Rosen waren geblieben und säumten den Pfad. Direkt beim Haus gab es noch einen schattigen Sitzplatz, von dem aus man die ganze blühende Pracht überblicken konnte. Linkerhand befand sich ein Gartenschuppen, und dahinter grenzte eine hohe Mauer das Grundstück zur Einfahrt hin ab. Brombeeren und Ramblerrosen kletterten daran empor. Rechts führte ein Pfad in Granddads Gemüsegarten, den Sheila in einen Permakulturgarten mit selbst zusammengezimmerten Hoch- und Frühbeeten und einem Gewächshaus verwandelt hatte. Dahinter lag das Nachbargrundstück, wo über die Ziegelmauer hinweg das Dach des neuen Wintergartens zu sehen war.

Im Sommer war im Garten jede Menge zu ernten: weiße, rote und schwarze Johannisbeeren, Himbeeren, Haferpflaumen und Monatserdbeeren und natürlich eine Menge Gemüse.

June suchte im Gemüsegarten einen dicken Kopfsalat aus, den sie abschnitt und in den Erntekorb legte. Ihm folgten Bohnen und Radieschen. Hier im Garten fühlte sich June ihrer Tante immer besonders nahe. Als Zwillingsschwester ihrer Mutter war Sheila für sie nach deren frühem Tod vor fünf Jahren ein wichtiger Halt gewesen. Auch wenn Rosemary und Sheila vom Charakter nicht unterschiedlicher hätten sein können, hatten die Schwestern sich immer sehr nahe gestanden. Tante Sheila war ähnlich verträumt und chaotisch gewesen wie Pomona. Ein rebellischer Geist und so etwas wie das schwarze Schaf der Familie, während June eher ihrer Mutter Rosemary ähnelte, ebenso ordentlich, pragmatisch und bisweilen geradezu verkopft.

Vielleicht fühlte sie sich gerade deswegen hier draußen so wohl. Manchmal wünschte sie sich, ein bisschen mehr wie dieser Garten zu sein: wild, ungezügelt und spontan. Gern hätte sie mehr dem Zufall oder ihren Launen überlassen, aber sie war dafür zu kontrolliert und brauchte feste Strukturen. Pomona hatte ja recht, wenn sie sagte, dass sie zu viel nachdachte und die Dinge dadurch oft noch verkomplizierte. Zumindest im Zwischenmenschlichen.

Wenn sie daran dachte, dass sie nun schon zum zweiten Mal vor Sean geflüchtet war, kam sie sich albern vor. Ein Seufzer entfuhr ihr. Warum musste sie immer alles im Voraus planen, und warum hatte sie solch eine Angst, die Kontrolle zu verlieren?

Früher oder später würde sie mit Darcy reden müssen, doch nicht mehr heute.

Sie nahm den Erntekorb, pflückte einen bunten Strauß Sommerblumen und ging zurück ins Haus, wo sie die Radieschen wusch und die Blumen zurechtstutzte und zusammenband.

Im Schrank unter der Treppe fand sie einen großen Spankorb, in dem sich vermutlich einmal Pflaumen befunden hatten, und bestückte ihn mit dem Gemüse aus dem Garten, dem Brot und einem Glas Erdbeermarmelade.

Mit Korb, Blumenstrauß und der Flasche Cider bewaffnet trat sie kurz darauf durch die Haustür hinaus und ging hinüber zum Nachbargrundstück.

Auch vor dem Haus hatte sich seit dem tragischen Tod von Professor Leighton, an dessen Aufklärung June, Pomona und Rufus Whalley maßgeblich beteiligt gewesen waren, einiges verändert. Die Ligusterhecke war deutlich gestutzt, und die Einfahrt hatte neuen Kies erhalten. June blieb kurz stehen, um das hübsche Schild im Handlettering-Stil zu betrachten. Es sah aus wie eine Kreidetafel mit hellblauem Rahmen, und oben über der Schrift prangte das Bild einer roten Rose.

Das alte Gartentor hatte einen frischen, weißen Anstrich bekommen und quietschte nicht mehr, wie June beim Hindurchgehen feststellte. Im Vorgarten hatten die Eigentümer neue Beete angelegt und frischen Rasen gesät. Schon jetzt blühte es in den Staudenbeeten: Phlox, Gartensalbei, Pfingstrosen und Löwenmäulchen. Hier war definitiv jemand mit einem grünen Daumen am Werke gewesen.

June ging zur Haustür, und eine Gänsehaut überlief sie, als sie an den Moment zurückdachte, in dem sie und Fiona Blinman den armen William Leighton tot am Fuß der Treppe gefunden hatten. Sie versuchte, die Erinnerung abzuschütteln, und drückte die Klingel unter dem neu angebrachten weißen, mit englischen Rosen bemalten Keramikschild.

Sie hörte Schritte hinter der Tür, und eine blonde Dame in Jeans und einem fliederfarbenen Polohemd öffnete die Tür. Sie mochte Anfang sechzig sein, also ungefähr so alt wie Pomona, und hatte ein freundliches Gesicht mit strahlenden grün-grauen Augen, um die sich zahlreiche Lachfältchen kräuselten.

»Ja, bitte?« Sie sah June fragend an.

»Guten Tag. Ich bin Juniper Morgan, die Nachbarin. Ich wollte mich nur kurz vorstellen und Ihnen eine Kleinigkeit vorbeibringen.«

»Nein, wie nett!«, rief die Dame und fasste sich mit beiden Händen an die Wangen. »Das wäre doch nicht nötig gewesen. Ich bin übrigens Violet, Violet Henderson, aber alle nennen mich Vi. Kommen Sie doch herein, Ms Morgan.«

»June«, sagte sie und reichte Vi die Blumen. »Ein kleiner Gruß aus dem Garten, allerdings ist das anscheinend Eulen nach Athen tragen. Ihr Vorgarten sieht schon jetzt ganz zauberhaft aus.«

»O danke schön, das ist aber nett.« Vi strahlte. »Ja, Dan – also, das ist mein Mann – nennt mich immer seine Gartenfee.« Sie wandte den Kopf über die Schulter. »Dan! Kommst du mal runter? Unsere neue Nachbarin ist da.«

Sie bat June herein und führte sie ins Wohnzimmer, das ebenfalls eine Transformation durchlaufen hatte. Nur die deckenhohen Bücherregale erinnerten noch an den Professor, allerdings waren sie nun weniger vollgestopft, und neben Büchern standen dort hübsche Dekorationsobjekte und Pflanzen. Insgesamt wirkte das alte Haus freundlicher und deutlich heller, was wohl auch daher kam, dass nach hinten hinaus der besagte große Wintergarten angebaut worden war.

In das Erkerfenster hatten Dan und Vi einen Fenstersitz integriert, von wo aus man den Vorgarten überblicken konnte. Dekokissen griffen das Rosenthema auf, und helle Vorhänge mit floralem Muster rahmten den Sitz ein. Davor standen ein rundes Tischchen aus dunklem Holz und zwei passende zierliche Sessel.

Violet bat June, Platz zu nehmen, während sie den Korb in die Küche brachte. In der Zwischenzeit erschien auch Dan. Er mochte ein paar Jahre älter sein als seine Frau und war etwas beleibter. Blaue Augen leuchteten unter buschigen hellen Brauen hervor, und eine etwas stupsige Nase gab ihm trotz des lichten blonden Haars, das an den Schläfen bereits weiß wurde, ein etwas lausbübisches Aussehen.

Er trug ein weißes, kurzärmeliges Hemd mit feinen grauen und blauen Streifen, sodass seine mit Sommersprossen übersäten Unterarme zu sehen waren.

»Bleiben Sie sitzen, bleiben Sie sitzen«, sagte er, als June Anstalten machte, aufzustehen. »Nur keine Formalitäten. Fühlen Sie sich wie zu Hause. Hallo.« Er schüttelte ihr die Hand, und sein Händedruck war fest und warm. »Ich bin Dan.«

»June«, erwiderte sie. »June Morgan, von nebenan. Ich will nicht lang stören und mich nur kurz vorstellen und Ihnen eine Kleinigkeit vorbeibringen.«

»Kleinigkeit, von wegen«, widersprach Vi, die ins Wohnzimmer zurückgekehrt war, wo sie die Blumen, für die sie offenbar eine Vase gefunden hatte, in die Tischmitte stellte. »So schöne Blumen! Schau mal, Dan. Und Brot, Salat, Radieschen und Bohnen aus dem Garten, Cider und eine ganz tolle Marmelade. Ich möchte wetten, die ist selbstgemacht.«

June spürte, wie ihre Wangen warm wurden. Hatte sie übertrieben?

»Vielen, vielen Dank, June. Das ist so nett von Ihnen. Ich finde, wir müssen den Cider öffnen und zusammen anstoßen, nicht, Dan?«

»Unbedingt!« Ihr Mann und ging hinüber zu dem dunklen Sideboard, vermutlich um Gläser zu holen.

»Ich wollte mich aber nicht aufdrängen«, sagte June leise. »Sie haben sicher noch viel zu tun.«

»Nein«, wehrte Violet ab. »Es ist zwar alles noch etwas improvisiert, aber wie Sie sehen, ist es hier schon richtig wohnlich geworden. Wir haben sogar schon die ersten Übernachtungsgäste. Morgen wird ein junger Mann aus London anreisen und am Freitag ein Paar aus Frankreich. Ich bin schon ganz aufgeregt.«

»Unser Schwiegersohn macht irgendetwas mit IT«, erklärte Dan. »Er hat uns so eine Homepage erstellt und ein Inserat bei diesem Airbnb geschaltet oder wie das heißt. Scheint zu funktionieren. Ich bin zwar Elektriker und habe im Betrieb zuletzt auch viel mit Computern gearbeitet, aber unsere Generation tut sich da doch noch etwas schwerer als ihr jungen Hüpfer.«

June fühlte sich an Pomona und Whalley erinnert und musste lachen.

»Meine Tochter und mein Schwiegersohn wohnen in Bristol«, fuhr Violet fort und schenkte Cider in die drei Gläser, die Dan auf den Tisch gestellt hatte. »Deswegen sind wir hergezogen. Ich wollte näher bei meiner Tochter sein. Sie hat zwei kleine Kinder, das dritte ist gerade unterwegs. Da kann man eine Oma in der Nähe gut gebrauchen. Eigentlich stammen wir aus Newcastle.«

Letzteres hätte sie nicht unbedingt sagen müssen, der Geordie-Einschlag und der singende Tonfall waren nur allzu offensichtlich.

»Aber wir reden und reden, und Sie kommen gar nicht zu Wort.« Vi lachte und erhob ihr Glas. »Also dann, auf gute Nachbarschaft, June. Es freut uns sehr, Sie kennenzulernen.«

»Sind Sie hier in Foxdale aufgewachsen?«, fragte Dan, nachdem er einen Schluck Cider getrunken hatte.

»Nein, ich bin größtenteils in London groß geworden, aber meine Großeltern stammen von hier«, erklärte June. »Ihnen gehört das Haus nebenan. Doch mein Großvater ist leider verstorben, und meine Großmutter ist demenzkrank und in einem Pflegeheim untergebracht. Bis vor Kurzem hat meine Tante Sheila sich um alles gekümmert, aber sie ist leider im vergangenen Frühjahr ebenfalls verstorben und hat mir das Haus hinterlassen. Also habe ich beschlossen, London den Rücken zu kehren und hier zu leben. Als Jugendliche habe ich einige Jahre hier bei meinen Großeltern verbracht und bin in Glastonbury zur Schule gegangen, bis ich sechzehn war. Insofern ist Foxdale quasi meine zweite Heimat. Tja, und jetzt betreibe ich gemeinsam mit einer Freundin meiner Tante einen Buchladen in Glastonbury.«

»Dann haben Sie aber schon viele Schicksalsschläge erlebt«, stellte Vi fest. »Sie sind doch noch so jung.«

»Na ja, so jung auch nicht mehr. Ich bin im März fünfunddreißig geworden.«

»Ha! Fünfunddreißig. Da sind Sie doch gerade mal trocken hinter den Ohren.« Dan lachte. »Mit fünfunddreißig bin ich noch durch die Gegend gesprungen wie ein junges Reh. Und jetzt knackt und knirscht es schon überall.«

June lächelte. Sie mochte die beiden und ihre herzliche, offene Art jetzt schon. Mit diesen Nachbarn würde es sicher keinen Streit geben.

Eine halbe Stunde später kam June zurück nach Hause und machte sich daran, das Abendessen zuzubereiten: Frühkartoffeln aus Thomas Graingers Hofladen, dazu frische Ackerbohnen aus dem Garten und ein kleines Lammkotelett.

Sie trug das Tablett hinunter auf die Terrasse am Flussufer, wo sie sich im Schatten des duftenden Blauregens an den Tisch setzte. Während sie aß, vibrierte ihr Handy auf dem Tisch; ein Blick auf das Display zeigte eine Nachricht von Sean. June öffnete sie und las.

Hey! Ich hoffe, dir geht es gut. War heute bei dir im Laden, hab dich aber leider wieder mal verpasst. Ghostest du mich etwa? ;-) xx

Mit schlechtem Gewissen schob June ihr Handy zur Seite und beschloss, Sean nach dem Essen anzurufen.

»Hi«, sagte sie, als er sich meldete. »Ich habe gerade deine Nachricht bekommen.«

»Hat Pomona dir meine Grüße ausgerichtet?«

»Ja, ich bin nur noch nicht dazu gekommen, mich zu melden. Ich war noch bei den neuen Nachbarn drüben.«

»Und? Sind sie nett?«

»Ja, sehr. Sie haben ein Bed and Breakfast eröffnet und bekommen diese Woche sogar schon die ersten Gäste.«

»Spannend, dann ist in deinem verschlafenen Nest ja mal etwas Betrieb.« Sean lachte.

»Verschlafenes Nest. Ts. Und Street ist dann wohl eine pulsierende Metropole.«