Moselruh - Moni Reinsch - E-Book

Moselruh E-Book

Moni Reinsch

4,9

Beschreibung

Ein Mord gerät in Vergessenheit Ein Toter im Demenzaltersheim am Moselufer ist an sich nichts Ungewöhnliches. Da es sich aber um den jungen Altenpfleger Daniel handelt, muss das Ermittlerteam rund um die Trierer Hauptkommissarin Vanessa Müller-Laskowski tätig werden. Die Polizei steht vor einem Problem: Alle waren dabei − aber niemand kann sich erinnern. Erschwerend kommt hinzu, dass einer der Bewohner, Alwis Schlöder, seit dem Todesfall unauffindbar ist. Sein Irrweg hat ihn offenbar ins benachbarte Luxemburg geführt, und er bleibt verschwunden. Verschiedene Spuren führen unter anderem zum Ex-Freund des homosexuellen Verstorbenen und zu einem polnischen Boxer, der immer wieder im Heim gesehen wurde. Die Zeit drängt, denn der Mord muss schnell aufgeklärt werden, bevor alle Erinnerungen für ewig gelöscht sind.

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Moni & Simon Reinsch

Moselruh

Moni Reinsch, geb. 1968, lebt mit ihrer Familie in Trier. Sie hat alles mal probiert (Bank, Marketing, Personalwesen, Psychologie), lebt aber eigentlich fürs Schreiben.

Ihr Sohn Simon Reinsch, geb. 1993, studiert zurzeit Medieninformatik in Birkenfeld.

Ihren ersten gemeinsamen Krimi »Tief im Hochwald« veröffentlichten die beiden 2013.

Moni & Simon Reinsch

Moselruh

Originalausgabe

© 2015 KBV Verlags- und Mediengesellschaft mbH, Hillesheim

www.kbv-verlag.de

E-Mail: info@kbv-verlag.de

Telefon: 0 65 93 - 998 96-0

Fax: 0 65 93 - 998 96-20

Umschlaggestaltung: Ralf Kramp

unter Verwendung von:

© Ingo Bartussek – www.fotolia.de

Redaktion: Nicola Härms, Rheinbach

Print-ISBN 978-3-95441-254-9

E-Book-ISBN 978-3-95441-268-6

Für (Oma) Gisela,

ihren Lebensgefährten Edmond

und alle diejenigen,

die einen Partner

zu dessen Lebzeiten an

Alzheimer verloren haben.

Gedankenverloren

Ich sitze im Zug von A nach B

und merke, ein Gedanke tut mir weh.

An A kann ich mich nicht entsinnen,

doch spüre ich, wie ganz tief drinnen

sich etwas Wohliges in mir regt,

während der Zug sich fortbewegt.

Die Vergangenheit war mir vertraut,

während sich drohend vor mir aufbaut,

wohin mich dieser Weg wohl bringt.

Etwas aus meiner Erinnerung dringt

nicht mehr ganz zu mir hervor.

Fühl mich wie vor einem großen Tor

und weiß nicht, wohin ich mich wenden soll.

Um mich herum ist alles so voll.

Fremde Stimmen dringen an mich heran.

Mir gegenüber sitzt ein Mann,

der mit mir spricht, als würd’ er mich kennen.

Es wird Zeit, dass sich unsere Wege trennen.

Er will sich in mein Innerstes schleichen

und ich muss dringend von ihm weichen.

Beim nächsten Halt, da steig’ ich aus!

Der Mann verfolgt mich, ich will hier raus.

Die Türen gehen auf, doch der Mann hält mich fest.

Ich will, dass er mich gehen lässt!

Ich kenne ihn nicht, hab ihn nie gesehen,

doch dieser Mann lässt mich nicht gehn.

»Was fällt Ihnen ein, lassen Sie los!«

Doch seine Augen werden ganz groß.

»Vater«, versucht er gezwungen heiter,

»wir müssen noch drei Stationen weiter!«

Ich weiß nicht, wovon der Fremde spricht,

sehe nur Trauer in seinem Gesicht.

Ich habe Angst, wohin will er mich bringen,

während tausend Gedanken mit mir ringen.

Erinnerungen dröhnen in meinen Ohren.

Da war ein Gedanke – doch ich hab ihn verloren.

Sonntag

Johannes betrachtete das alte Anwesen von der Straße aus. Er war erst gestern mit seinem Vater hier im Altersheim gewesen, um seine Tante Adele zu besuchen. Sie war sehr verwirrt gewesen, vielleicht noch mehr als sonst. Sie hatte sich beklagt, dass ihre Haftcreme aufgebraucht war, dabei war es noch nicht lange her, seit er mit Tante Adele alle wichtigen Hygieneartikel eingekauft hatte. Allerdings kam es immer wieder vor, dass andere Bewohner sich in fremde Zimmer verirrten und mitnahmen, was ihnen in die Finger kam.

Johannes mit seinen fünfunddreißig Jahren stellte sich ein Leben in einem Demenzaltersheim außerordentlich trostlos vor. Vielleicht hatte die alte Frau die Haftcreme auch als Zahnpasta benutzt, statt ihre dritten Zähne damit festzukleben. Oder sie hatte sie einfach weggeworfen, weil sie sich nicht daran erinnern konnte, was sie damit machen sollte.

Johannes’ Vater Hajo, den Adele immer noch erkannte, hatte gestern eine Schale Weintrauben mitgebracht, über die Adele sich sehr gefreut hatte. Die konnte sie auch ohne Zähne am Gaumen zerdrücken. Aber sie hatte kraftlos gewirkt, so, als habe sie schon mehrere Tage kaum etwas gegessen. Die Grippewelle hatte das Heim zudem fest im Griff, viele Bewohner waren krank, genauso wie einige Angestellte, sodass Adele möglicherweise auch dadurch angeschlagen war.

Johannes machte sich Sorgen um seine Lieblingsgroßtante, die einzige seiner Großtanten, die noch am Leben war. Darum war es für ihn selbstverständlich, ihr gleich heute Morgen die Haftcreme zu bringen, bevor er einen Termin zu einer Wohnungsbesichtigung hatte. Er befürchtete, dass die alte Dame sonst wieder nichts essen würde. Adele Kröber war über neunzig und seit einigen Monaten sehr wackelig auf den Beinen, an den meisten Tagen fühlte sie sich im Rollstuhl sicherer. Die Schwester hatte gestern erzählt, dass sie sich in den letzten Wochen sogar manchmal geweigert hatte, aufzustehen und mit den anderen im Gemeinschaftsraum zu essen. Stattdessen wollte sie alleine in ihrem Zimmer essen, was Hajo und Johannes Sorgen bereitete.

Wie alle Bewohner im Haus Moselruh war sie dement und hatte sich zu Hause nicht mehr behelfen können. Die Pflegerinnen sagten immer, es ginge Adele ein paar Tage lang besser, wenn sie Besuch gehabt hatte, darum versuchte Johannes, die Zeit irgendwie in seinen Alltag einzubauen, auch wenn es manchmal schwerfiel. Aber er genoss es zugleich, bei diesen Besuchen Zeit mit seinem Vater zu verbringen. Johannes war vor einigen Monaten nach der Trennung von seiner Frau Lenny zu seinem Vater nach Hellersberg in den Hochwald gezogen, aber wegen seiner Arbeitszeiten in einer Luxemburger Bank und der langen Fahrt dorthin sahen sie sich fast nur am Wochenende. Hajo war auf Johannes als Fahrer angewiesen, denn er fuhr kein Auto mehr, seit seine Frau, Johannes’ Mutter, vom Scheunenboden auf das Dach seines alten Opel Kapitän gefallen war und sich dabei tödlich verletzt hatte. Er hatte das als Zeichen gesehen, das demolierte Auto an einen Liebhaber verkauft und fuhr seitdem höchstens noch mit dem Traktor durchs Dorf.

Den Besichtigungstermin hatte Johannes erst um zehn Uhr, bis dahin wäre er auf jeden Fall von Mehring aus rechtzeitig in Trier. Er hatte sich in den letzten Wochen schon einige Wohnungen angesehen, weil er endlich wieder in einer eigenen Wohnung leben wollte, bevor sein siebzehnjähriger Sohn Jonas in zwei Monaten von seinem Schüleraufenthalt in Amerika zurückkäme. Aber es war nicht leicht, eine Bleibe für sich und seinen Sohn zu finden, die verkehrsgünstig sowohl nach Luxemburg als auch zur Schule gelegen und zugleich bezahlbar war. Viele Vermieter wollten nur an Paare vermieten, manche wollten keine Kinder, schon gar nicht, wenn sie sie nicht zuvor gesehen hatten. Erst gestern hatte Johannes eine Diskussion mit einer Vermieterin, die ihn jetzt noch ärgerte, wenn er daran dachte.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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