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Wer hat als Erster den Gipfel des höchsten Bergs der Welt betreten? Sir Edmund Hillary im Jahre 1953 oder doch George Mallory 30 Jahre zuvor? Beim Versuch, den Mount Everest zu bezwingen, kommen die Engländer George Mallory und Andrew Irvine ums Leben. Mehr als 70 Jahre bleibt ihr Verschwinden ein großes Rätsel: Was geschah mit den beiden Bergsteigern? Waren sie auf dem Gipfel? Ein Forscherteam um den deutschen Geologen Jochen Hemmleb begibt sich auf die abenteuerliche Suche, um dem Geheimnis endlich auf die Spur zu kommen. • Mit ausführlicher Chronik zur Besteigungsgeschichte des Mount Everest
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Seitenzahl: 78
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>>> Spurensuche in eisigen Höhen
Fachliche Beratung: Jochen Hemmleb
Die Autorin Maja Nielsen kam durch ihre beiden Söhne zum Schreiben spannender Abenteuergeschichten. Viele davon sind als Bücher und Hörbücher erschienen oder wurden als Hörspiele und Reportagen im Rundfunk gesendet. Für die Bücher der Reihe Abenteuer! stehen ihr Experten der jeweiligen Sachgebiete zur Seite.
Fachliche Beratung dieses Bandes:
Jochen Hemmleb ist seit seinem zehnten Lebensjahr begeisterter Bergsteiger. Nach dem Studium der Geologie ist er heute als freier Autor und Fachberater im Bereich Alpinhistorik tätig.
Der Verlag dankt Jochen Hemmleb für seine Unterstützung dieses Buches und für das Bildmaterial, das er aus seinem Archiv zur Verfügung gestellt hat.
Copyright 2024 Gerstenberg Verlag, Hildesheim
Alle Rechte vorbehalten.
Illustrationen: Magdalene Krumbeck, Wuppertal
Karten: Peter Palm, Berlin
Der Gerstenberg Verlag behält sich die Nutzung seiner Inhalte für Text und Data Mining im Sinne von §44b UrhG ausdrücklich vor.
www.gerstenberg-verlag.de
ISBN E-Book: 978-3-8369-9218-3
>>>Mount Everest
1.Der Fall
2.Fragen und Fakten
3.Der Detektiv
4.Die wichtigste Spur
5.Die Expedition
6.Die Suche
7.Der Fund
8.Was geschah wirklich?
Chronik
Tipps
>>>Mount Everest – eine Festung aus Stein und Eis. Hoch aufragende Grate, jähe Abgründe, unüberwindlich scheinende Felswände. Geröllwüsten, über die Tag und Nacht ein eisiger Wind fegt. Weit oben erscheint dunkel und geheimnisvoll die wuchtige Gipfelpyramide. Majestätisch, unnahbar. So hoch, dass ein Mensch spürt, wie klein er in Wirklichkeit ist. Chomolungma, Göttin, Mutter der Erde – so heißt der höchste Berg der Welt in der Sprache der Tibeter. Nach ihrem Glauben leben in seinen eisigen Höhen Götter und Geister. Und die können sehr zornig werden. Die englischen Vermessungsingenieure, die diesen Berg 1852 „entdeckt“ hatten, interessierten sich nicht für seine Jahrtausende alte, geheimnisvolle Geschichte. Sie benannten Chomolungma nach George Everest, dem Leiter der Landvermessungsexpedition. Als feststand, dass der Gipfel des Mount Everest alle anderen überragt, zogen die besten Bergsteiger der Welt los, um ihn zu „besiegen“. Unter ihnen waren die beiden Engländer George Mallory und Andrew Irvine. Für den Traum, als erste Menschen auf dem Dach der Welt zu stehen, setzten sie ihr Leben ein.
Der Berg war nicht zu bezwingen. Dennoch gaben sie nicht auf. Sie trotzten Sturm, Eis und Kälte und kämpften sich bis in die Todeszone vor, in der es kaum noch Luft zum Atmen gibt. Der Gipfel war jetzt zum Greifen nah.
Aber dann kehrten Mallory und Irvine nicht mehr von da zurück, wo nach altem Glauben die Götter und Geister wohnen. Was geschah mit den beiden Engländern? Viele Jahrzehnte später sollte es einem jungen Geologen endlich gelingen, dem Geheimnis um das rätselhafte Verschwinden von George Mallory und Andrew Irvine auf die Spur zu kommen …
>>>Mount Everest, 8. Juni 1924, am frühen Morgen. Zwei Männer brechen von ihrem Hochlager in 8 140 Metern Höhe auf. Die Engländer George Mallory und Andrew Irvine haben einen großen Traum: Sie wollen als erste Menschen auf dem Dach der Welt stehen – auf dem 8 848 Meter hohen Mount Everest.
Der 38-jährige George Mallory kennt den Berg wie kein anderer. Bereits an zwei Expeditionen hat er teilgenommen – und beide Male musste er sich geschlagen geben. Mallory gilt als einer der besten Bergsteiger seiner Zeit. Er hat eine unbeirrbare Willenskraft. Er weiß, es ist unwiederbringlich seine letzte Chance, den Mount Everest zu bezwingen. Er wird sie nutzen.
Der 22-jährige Andrew Irvine hat dagegen keine großen Erfahrungen als Bergsteiger vorzuweisen. Aber er ist körperlich in Topform. Ein Sportler durch und durch. Selbstbewusst, zäh und zuverlässig. Keiner, der schnell aufgibt. Außerdem ist der Student ein begabter Bastler. Der Anstieg zur Gipfelpyramide soll mithilfe von zusätzlichem Sauerstoff erfolgen. Die klobigen und unzuverlässigen Sauerstoffgeräte hat er im Gegensatz zu dem technisch unbegabten Mallory voll im Griff. Sollten sie auf dem Weg nach oben versagen, wird er sie wieder funktionsfähig machen.
Steckbrief George Mallory
George Leigh Mallory wird am 18. Juni 1886 in Mobberley, Grafschaft Cheshire, England, geboren. Er studiert Literatur an der Universität Cambridge und wird Lehrer. Schon als Kind ist er begeistert vom Klettern und Bergsteigen. Zahlreiche Klettertouren führen ihn nach Wales und in die Alpen. Einige Stationen seines Lebensweges:
1914 Heirat mit Ruth Turner. Das Paar bekommt drei Kinder: Clare, Beridge und John. | 1914 –1918 Mallory kämpft im Ersten Weltkrieg. | 1921 Teilnahme an der ersten britischen Expedition zum Mount Everest. Ziel der Expedition: Erforschung des Berges und Auskundschaften einer möglichen Route zum Gipfel über die tibetische Nordseite. | 1922 Teilnahme an der zweiten britischen Mount-Everest-Expedition. | 1924 Teilnahme an der dritten britischen Mount-Everest-Expedition.
Steckbrief Andrew Irvine
Andrew Comyn Irvine wird am 8. April 1902 in Birkenhead, England, geboren. Er besucht in Shrewsbury eine Privatschule. Schon als Schüler erfindet er technische Geräte und erweist sich als begabter Bastler. Einige Stationen seines Lebensweges:
1922 Studium der Chemie am Merton College in Oxford. Lieber würde er Ingenieurswesen studieren, aber das Fach wird in Oxford nicht gelehrt. | 1922 und 1923 Der exzellente Sportler gewinnt mit seiner Universitätsmannschaft die begehrte Trophäe des Oxford and Cambridge Boat Race. | 1923 Expedition nach Spitzbergen mit Noel Odell. Odell empfiehlt den Studenten für die Teilnahme an der nächsten Everest-Expedition. | 1924 Teilnahme an der dritten britischen Mount-Everest-Expedition zusammen mit Odell und Mallory.
Diese dritte Mount-Everest-Expedition, an der Mallory teilnimmt, stand bisher unter keinem guten Stern. Für diese Jahreszeit war das Wetter außergewöhnlich schlecht, geradezu katastrophal. Temperaturen von minus 30 Grad und orkanartiger Wind. Jetzt steht die Monsunzeit, die viel Schnee bringt, unmittelbar bevor.
Aber zur freudigen Überraschung der beiden Männer sind die Wetterverhältnisse beim Aufbruch zum Gipfel nahezu ideal. Sie könnten es also tatsächlich schaffen.
Die beiden Männer gehören zu einem 13-köpfigen englischen Team, das von zahlreichen einheimischen Trägern, den Sherpas, unterstützt wird. Einer ihrer Freunde im Bergsteigerteam ist der Geologe Noel Odell. Mallory hatte ihn in einer Notiz darum gebeten, ihm einen Kompass ins Lager VI hochzubringen, den er in seiner typischen Vergesslichkeit in Lager V liegengelassen hatte. Odell wird den beiden Männern in einigem Abstand bis zu Lager VI folgen, falls sie seine Unterstützung brauchen.
Als Odell am Morgen des 8. Juni auf 8 000 Meter aufsteigt und dabei nach Fossilien sucht, ist er mit seinen Gedanken bei den bei den Kameraden. Um ihn herum ist dichter Nebel. Deswegen kann er seine Freunde bei ihrem Weg zum Gipfel nicht ausmachen, so angestrengt er auch Ausschau hält. Doch auf einmal lichtet sich der Nebelvorhang. Noel Odell blickt nach oben in Richtung Gipfelpyramide. Da sieht er sie: Mallory und Irvine! Im Aufstieg! Weniger als 300 Meter vom Gipfel entfernt!
Er schaut auf seine Uhr – und ist beunruhigt. Es ist bereits 12 Uhr 50! Odell gefällt nicht, dass die beiden erst jetzt, erst gegen Mittag, an dieser Stelle sind. Bleibt ihnen da für den Rückweg vom Gipfel noch ausreichend Zeit? Sie dürfen auf gar keinen Fall in die Dunkelheit geraten, und um 18 Uhr 30 wird es dunkel. Steile, fast senkrechte Felswände, Geröllabhänge, die leicht ins Rutschen kommen – nachts absteigen wäre der sichere Tod.
Wie mit Mallory besprochen, steigt Odell weiter hoch ins Lager VI auf 8 140 Metern Höhe, von wo die beiden anderen am Morgen aufgebrochen sind. Odell wirft einen Blick in das kleine Zelt. Kleidungsstücke und Teile der Sauerstoffgeräte liegen in einem heillosen Durcheinander. Es sieht danach aus, als ob Irvine kurz vor dem Aufbruch noch Reparaturen an den Sauerstoffgeräten vornehmen musste. Waren sie davon aufgehalten worden? Brachen sie deswegen später auf als geplant? Es fängt heftig an zu schneien. Sehr heftig sogar. Odell bekommt langsam Angst um seine Freunde. „Kehrt um!“, flüstert er beschwörend gegen den eisigen Wind. In seiner Unruhe steigt er Mallory und Irvine entgegen. Er ist besorgt, dass sie in diesem dichten Schneetreiben das Zelt nicht wiederfinden. Um sich bemerkbar zu machen, pfeift und juchzt er, bis er heiser ist. Sollten Mallory und Irvine gezwungen sein, in Lager VI zu übernachten, dürfen sie dort nicht auf Odell stoßen, denn in dem winzigen Zelt ist nur Platz für zwei Personen. Es ist 16 Uhr 30, als sich Odell schweren Herzens an den Abstieg macht. Auf dem Weg nach unten blickt er noch häufig zurück. Doch niemand ist zu sehen.
Himalaja – das Dach der Welt
Der 8 848 Meter hohe Mount Everest gehört zur höchsten Gebirgskette der Welt – dem 2 500 Kilometer langen Himalaja. Politisch gehört der Himalaja zu Indien, Pakistan, Nepal, Bhutan und Tibet (China). Der Himalaja, ein sogenanntes Faltengebirge, entstand durch das Zusammenprallen der Indischen Platte mit dem Eurasischen Kontinent.
Wie muss man sich das vorstellen? Der obere Teil der Erde ist aus etwa 150 Kilometer dicken, festen Platten aufgebaut. Sie „schwimmen“ auf einer dicken Schicht aus geschmolzenem Gestein. Vor etwa 70 Millionen Jahren schob sich die Platte, auf der heute Indien liegt, unter die Eurasische Platte. Mit anderen Worten: Der Nordrand Indiens schob sich unter den Südrand Nordasiens. Dabei wurden mächtige Gesteinsmassen hochgedrückt, übereinandergeschoben und wie ein Teppich in Falten gelegt. Bei der Entstehung des Himalaja wurde der urzeitliche Meeresboden, der ursprünglich zwischen der Indischen und der Eurasischen Platte lag, angehoben. Auf dem Mount Everest kann man daher versteinerte Meerestiere finden.
Zusammen mit einem anderen Teilnehmer der Expedition hält er von einem weiter unten liegenden Lager die ganze Nacht lang nach Mallory und Irvine Ausschau. Noch hat Odell die Hoffnung nicht aufgegeben, dass er seine Freunde lebend wiedersieht.
Sobald der neue Tag anbricht, richten sie ihre Feldstecher wieder auf das Hochlager; immer noch rührt sich nichts. Verdammt. Was ist passiert?