Nacht- und Restlichtfotografie - Meike Fischer - E-Book

Nacht- und Restlichtfotografie E-Book

Meike Fischer

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Beschreibung

Das Fotografieren bei wenig Licht und in der Nacht erfordert extrem lange Belichtungszeiten und kann ein spannungsreiches Feld für fotografische Experimente und gleichzeitig ein kontemplatives Erlebnis sein. Meike Fischer erläutert die erforderliche Ausrüstung, die passenden Aufnahmetechniken und zeigt, wie man zu ansprechenden Ergebnissen gelangt. Alle Lichtsituationen vom Sonnenuntergang über die dunkle Nacht bis zum Sonnenaufgang werden einbezogen. Kapitel zum Lightpainting, zur nächtlichen HDR-Fotografie, Schwarzweißkonvertierung und Bildoptimierung am Computer runden das Buch ab.

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Meike Fischer hat an der HfG Offenbach Visuelle Kommunikation mit dem Schwerpunkt Fotografie studiert und arbeitet seither als Fotodesignerin und Fotojournalistin. Zudem war sie mehrere Jahre als Bildredakteurin für das Frankfurter Rundschau Magazin tätig. Arbeiten von Meike Fischer befinden sich in den Sammlungen des Historischen Museums Frankfurt und des Deutschen Architekturmuseums (Europäischer Architekturfotografiepreis). Ihre Schwerpunkte sind Reportage- und Nachtfotografie. Seit 2010 ist Meike Fischer als Lehrbeauftragte an der FH Frankfurt tätig.

Als Autorin schreibt sie Fachartikel und Fachbücher. Beim dpunkt.verlag ist ihr »Fotokurs Straßenfotografie« (gemeinsam mit Rudolf Krahm) erschienen, beim Kehrer Verlag wurde ihre Fotodokumentation »8 qm. Tisch Bett Stuhl« über ein stillgelegtes Frauengefängnis veröffentlicht.

Nacht- und Restlichtfotografie

Stimmungsvolle Fotos von der Dämmerung bis zum Morgengrauen

Meike Fischer

Meike Fischerwww.meike-fischer.de

Lektorat: Rudolf KrahmCopy-Editing: Friederike DaeneckeLayout und Herstellung: Friederike Diefenbacher-KeitaUmschlaggestaltung: Helmut Kraus, www.exclam.deDruck und Bindung: Himmer AG, Augsburg

Bibliografische Information der Deutschen NationalbibliothekDie Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der DeutschenNationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet überhttp://dnb.d-nb.de abrufbar.

ISBNBuch 978-3-86490-011-2PDF 978-3-86491-353-2ePub 978-3-86491-354-9

1. Auflage 2013Copyright © 2013 dpunkt.verlag GmbHWieblinger Weg 1769123 Heidelberg

Die vorliegende Publikation ist urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte vorbehalten.

Die Verwendung der Texte und Abbildungen, auch auszugsweise, ist ohne die schriftliche Zustimmung des Verlags urheberrechtswidrig und daher strafbar. Dies gilt insbesondere für die Vervielfältigung, Übersetzung oder die Verwendung in elektronischen Systemen.

Alle Angaben und Programme in diesem Buch wurden von den Autoren mit größter Sorgfalt kontrolliert. Weder Autor noch Herausgeber noch Verlag können jedoch für Schäden haftbar gemacht werden, die in Zusammenhang mit der Verwendung dieses Buchs stehen.

In diesem Buch werden eingetragene Warenzeichen, Handelsnamen und Gebrauchsnamen verwendet. Auch wenn diese nicht als solche gekennzeichnet sind, gelten die entsprechenden Schutzbestimmungen.

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Vorwort

Nachtfotografie – viele Menschen stellen sich darunter weitgehend schwarze Aufnahmen vor, gesprenkelt mit mehr oder weniger bunten Lichtern der Stadt.

Natürlich ist Nachtfotografie viel mehr: Sie lässt so unspektakuläre Orte wie die Autobahn zur Bühne für farbenprächtige Lichtspuren werden, die vorbeifahrende Autos in der Nacht ziehen. Wenn die Sonne an klaren Tagen hinter dem Horizont verschwindet, beginnt die Zeit, zu der ein strahlend blauer Himmel mit den Kunstlichtern der Stadt um die Wette leuchtet und Architektur sich der Kamera divengleich im allerschönsten Gewand präsentiert. In dieser Phase sorgt das letzte Quäntchen Tageslicht für dramatische und atmosphärisch dichte Available-Light-Aufnahmen. Und die Dunkelheit am Waldrand kann durch wundersame, mit bunten LED-Lampen erzeugte Lichtfiguren zu mystischem Leben erweckt werden.

Immer noch packen viele Fotografen genau dann ein, wenn es richtig spannend wird. Ein wenig mag das daran liegen, dass sie ein bisschen unbequem ist, die Nachtfotografie. Braucht man doch ein Stativ und einen Fernauslöser, muss sich gegen lästiges Bildrauschen wappnen und benötigt vor allem eine große Portion Geduld. Denn es dauert um ein Vielfaches länger, Nachtfotos zu belichten, als Motive am Tag aufzunehmen.

Die Kameraautomatik versagt fast immer, wenn sich das Tageslicht verabschiedet, und gelungene Nachtfotos sind mit den Automatikmodi der Kamera eher glückliche Zufallstreffer. Wenig erfahrene Fotografen geben dann schnell entnervt auf. Aber auch fortgeschrittene Fotografen, die sonst eher bei Tag auf Motivsuche gehen, müssen regelmäßig feststellen, dass in der Nacht andere (Foto-)Regeln gelten als bei Tage und ihnen nicht immer alle Aufnahmen wunschgemäß gelingen.

Mit diesem Buch möchte ich Ihnen meine Begeisterung für das Fotografieren in der Dunkelheit näherbringen und Sie zugleich mit den technischen Besonderheiten der Nacht- und Restlichtfotografie vertraut machen.

Viele inspirierende Bildbeispiele aus unterschiedlichsten Bereichen mit Aufnahmedaten helfen Ihnen, nicht nur ansprechende Motive zu finden, sondern auch, Ihre Kamera entsprechend einzustellen. Außerdem finden Sie zu allen Lichtsituationen hilfreiche Tipps, wie Sie bestimmte Lichtstimmungen einfangen, welches Zubehör sinnvoll ist und welche Einstellungen an der Kamera zum Ziel führen.

Fotografen und Autoren des dpunkt.verlags, die sich auf bestimmte Lichtsituationen und Aufnahmetechniken, wie die Blaue Stunde, die Schwarzweißfotografie bei Nacht oder die Lichtkunstfotografie, spezialisiert haben, bereichern das Buch mit ihren Gastbeiträgen um weitere wertvolle Sichtweisen und runden das Spektrum ab.

Ich wünsche Ihnen nun viel Freude dabei, sich inspirieren zu lassen und vom Sonnenuntergang bis zum Sonnenaufgang mit Ihrer Kamera auf Bilderjagd zu gehen.

Meike Fischer, im Juni 2013

Inhalt

1 Einleitung

Warum ich die Nachtfotografie liebe

Kameras sind heutzutage kinderleicht zu bedienen, die Fotografie ist ein modernes Massenmedium geworden. Fast jeder Erwachsene in Westeuropa hat Zugriff auf eine Digitalkamera, sei es in Form eines Smartphones, einer Kompaktkamera, Bridgeoder auch Spiegelreflexkamera. Der Siegeszug der Digitalfotografie hat dafür gesorgt, dass so viele Menschen wie nie zuvor das Hobby Fotografie für sich entdeckt haben.

Nach wie vor scheint die Nachtfotografie eines der spannendsten Felder der Fotografie zu sein, kann sie dem Betrachter doch Dinge enthüllen, die er mit bloßem Auge nicht wahrnimmt ...

2 Zubehör

Die Kamera

Objektive

Streulichtblende

Passende Brennweiten

Das Stativ

Fernauslöser

Blitz und Taschenlampen

Weitere nützliche Kleinigkeiten

Schwarzer Karton

Mikrofaser- oder Ledertücher

Lämpchen

Regenschutzhülle

Neutraldichte-, Grauverlauf- und Polarisationsfilter

Wasserwaage

Speicherkarten zum Wechseln, Ersatzakkus

Reflektierendes Band für Stativbeine

Leuchtaccessoires

Kleidung

Gute Freunde

3 Aufnahmetechnik

Blende

Belichtungszeit

Blende-Zeit-Kombinationen errechnen

Ab wann wird ein Stativ benötigt?

Blende-Zeit-Kombination selbst errechnen

Verwackelungen vermeiden

Empfindlichkeit (ISO)

Bildrauschen

Kamerainterne Rauschreduzierung

Belichtungssteuerung

Blenden- und Zeitvorwahl

Manuelle Belichtungssteuerung und Bulb/B

Nachtprogramme der Kamera

Belichtungsmessung

Probleme der Belichtungsmessung in der Nacht

Belichtungszeit selbst errechnen

Hilfsmittel

RAW und JPEG

Vorteile des RAW-Formats

Bildkontrolle

Histogramm und Tonwertverteilung

Displayanzeige und Spitzlichtkontrolle

Nach rechts belichten

Monitorhelligkeit

Belichtungsreihen erstellen

Der Weißabgleich in der Nachtfotografie

Künstliche Lichtquellen

Monochromie bei Nacht

Weißabgleichsvoreinstellungen der Kamera

Manueller Weißabgleich

Richtig fokussieren

Optimale Ausnutzung der Schärfentiefe – die hyperfokale Distanz

Einsatz der Hyperfokalskala

Autofokus

Manuell fokussieren

Live-View

Hyperfokaldistanz

Taschenlampe als Hilfsmittel

Einstellung »unendlich« vermeiden

Schärfentiefe durch Abblenden

Nützliche Apps für Smartphone-Besitzer

4 Lichtsituationen

In der Morgen- und Abenddämmerung

Blaue und Goldene Stunde

Mischlicht in der Dämmerung

Architektur in der Dämmerung

Tipps zur Architekturfotografie in der Dämmerung

Porträts in der Dämmerung

In der Dunkelheit

Klarer Himmel – schwarze Nächte

Bedeckter Himmel – wundersames Farbenspiel

Ziehende Wolken

Lichtspuren von Autos aufzeichnen

Lichter auf dem Rummelplatz

Porträts bei Nacht

Künstliche Nacht im Zoo und im Museum

Aufnahmen bei besonderen Wetterlagen

Regen

Techniken bei Regenwetter

Nebel

Training 1

Mischlicht zur Blauen Stunde

Training 2

Bedeckter Himmel und ziehende Wolken

Training 3

Lichtspuren vorbeifahrender Autos einfangen

Training 4

Dunkel und unheimlich

Training 5

Die Nacht zum Tage machen

Torsten Andreas Hoffmann Nachtfotografie in Schwarzweiß

5 Available Light

Die richtige Tageszeit für die Available-Light-Fotografie

Dämmerung, Dunkelheit mit Kunstlichtern

Trübes Wetter

Dunkle Innenräume

Optimal ausgerüstet

Kameras

Objektive

Techniken und Einstellungen für die Available-Light-Fotografie

Bildkonzepte anpassen

Verwacklungen gezielt als Bildidee einsetzen

Bildrauschen als Bildkonzept (raue Bildsprache)

Düstere Szenerien

Schwarz als Gestaltungselement nutzen

Mögliche Motivgruppen

Corry DeLaan – Lichtstimmung zur Blauen Stunde

6 Lichtmalereien

Die Möglichkeiten der Lichtmalerei

Zubehör für die Lichtmalerei

Vorbereitungen

7 Tipps für gelungene Lichtmalereien

Motivgruppen

Personen im Bild, Geistererscheinungen

Malereien mit der Taschenlampe

Die Richtung des Lichts

Zeichnungen

Training 1

Bildteile illuminieren, Lichtstärke variieren

Training 2

Geister erscheinen lassen

Training 3

Lichtzeichnungen mit der Taschenlampe – Kreise und Bälle

Die Lichtkunstfotografie des JanLeonardo Wöllert

7 HDRI

Wann wird HDRI eingesetzt?

Probleme bei der HDR-Erzeugung

Wann genügt die Nachbearbeitung in Lightroom?

Zubehör für HDRI

Technik

Belichtungsreihen für HDR-Bilder erstellen

Tipps für HDRI-Belichtungsreihen

HDRI-Software

Photomatix

Apps für iPhone und Android

Ein HDRI-Bild in Photomatix erstellen

Belichtungsreihe mit sieben Aufnahmen

Pseudo-HDR aus einem einzigen Foto erstellen – in Photomatix

Pseudo-HDR aus einem einzigen Foto erstellen – in Photoshop

Pseudo-HDR aus einem einzigen Foto erstellen – in Lightroom

HDR vs. Bildoptimierung in Lightroom

8 Bildbearbeitung

Die RAW-Daten optimieren

Was ein Minimum an Bearbeitung aus einem Foto herausholen kann

RAW-Konverter

Lightroom als Universalwerkzeug

Die Farbtemperatur

Die Belichtungssteuerung

Die Bearbeitungsschritte im Einzelnen

Teilbereiche eines Bildes bearbeiten

Schwarzweiß-Konvertierung und Teiltonung

Mit Gastbeiträgen von

Torsten Andreas Hoffmann

Corry DeLaan

JanLeonardo Wöllert

1 Einleitung

Nachtfotografie überwindet die Grenzen des Sehens. Die lange Belichtungszeit macht mehr sichtbar, als das Auge uns zu dieser Stunde in der Dämmerung zeigen kann. Zum einen wurde der Himmel, der sich bereits dunkelblau präsentierte, stark aufgehellt, zum anderen wurden die Lichtspuren vorbeifahrender Autos auf dem Foto festgehalten und so der Verlauf der Straßen nachgezeichnet. Für die besondere Athmosphäre sorgt der Kalt-warm-Kontrast der Farben (warmes Rot/Orange trifft auf kühles Blau/Grün).

Blende 18 / 20 mm / ISO 200

Einleitung

Es hat sich viel geändert in der Geschichte der (Nacht-) Fotografie seit dem Erscheinen von Brassaïs Buch »Paris de Nuit« im Jahr 1933, das in wunderbaren Fotos das nächtliche Paris einfängt. Fast über Nacht wurde der Fotograf durch dieses Werk weltbekannt. Bis heute hat das Buch nichts von seiner Faszination eingebüßt. Es ist auch im Zeitalter der Digitalfotografie eines der wichtigsten Fotobücher zum Thema Nachtfotografie geblieben.

Kameras sind heutzutage kinderleicht zu bedienen, die Fotografie ist ein modernes Massenmedium geworden. Fast jeder Erwachsene in Westeuropa hat Zugriff auf eine Digitalkamera, sei es in Form eines Smartphones, einer Kompaktkamera, Bridge- oder auch Spiegelreflexkamera. Der Siegeszug der Digitalfotografie hat dafür gesorgt, dass so viele Menschen wie nie zuvor das Hobby Fotografie für sich entdeckt haben. Digitale Fotografien sind sofort zugänglich und immens günstig, da das Warten auf die Filmentwicklung und die relativ hohen Kosten für sie entfallen. Fotos, die nicht gelungen sind, können wir sofort löschen, und wir können die Aufnahme zeitnah in einem neuen Versuch wiederholen.

Nach wie vor scheint die Nachtfotografie eines der spannendsten Felder der Fotografie zu sein, kann sie dem Betrachter doch Dinge enthüllen, die er mit bloßem Auge nicht wahrnimmt. Langzeitbelichtungen ermöglichen es, die Nacht zum Tage zu machen, und die HDRTechnik erlaubt es, den Kontrastumfang so zu steigern, dass sowohl dunkle Nischen als auch helle Bildbereiche optimal belichtet wiedergegeben werden und so in kurzer Zeit hyperreale Szenerien mittels relativ leicht zu erlernender Software zu erzielen sind.

Während Brassaï ausschließlich in Schwarzweiß arbeitete, stehen dem zeitgenössischen Fotografen wesentlich mehr technische und gestalterische Möglichkeiten zur Verfügung: Seit den 1930er-Jahren verbreitete sich die Farbfotografie und überrundete bald die Schwarzweißfotografie. Wir haben heute mithilfe der Bildbearbeitungsprogramme die Möglichkeit, in Sekundenschnelle die Farbtemperatur und Sättigung eines Bildes zu verändern, Aufnahmen in Schwarzweiß umzuwandeln sowie Körnung und Kontraste nach unseren Vorstellungen anzugleichen. Moderne Computertechnik macht es ungleich einfacher, Bildergebnisse wunschgemäß anzupassen.

Ein Klassiker der Nachtfotografie. Solche oder ähnliche Motive stellen sich viele Leute vor, wenn sie an Nachtfotografie denken. Hell erleuchtete Lichter der Großstadt spiegeln sich im Fluss wider und sorgen für eine glamouröse Stimmung im Bild. Ideal für solche Aufnahmen ist eine geschlossene Blende für hohe Schärfentiefe, ein niedriger ISO-Wert und natürlich ein stabiles Stativ mit Fernauslöser.

Blende 6,3 / 30 Sekunden / ISO 200

Dass Brassaïs Werk heute noch zu überzeugen vermag, zeigt einerseits, was für ein herausragender Fotograf er war. Andererseits lernen wir auch, dass nicht das reine Beherrschen von Technik zu überzeugenden Bildergebnissen führt, sondern dass die Haltung des Fotografen ausschlaggebend dafür ist, ob eine Fotografie mehr ist als ein technisch gelungenes Abbild. Geändert hat sich seit Brassaïs Zeit auch das Antlitz der modernen Städte: Im Zeitalter der Globalisierung entstehen in vielen europäischen Metropolen moderne Geschäfts- und Bürokomplexe, deren Glasfassaden Fotografierende magisch anziehen und besonders bei Nacht interessante Motive abgeben. Die Fotografien Peter Bialobrzeskis, der einen herausragenden Buchzyklus über asiatische Megacities geschaffen hat, indem er mit fotografischen Mitteln die Grenzen zwischen Dokumentation und Utopie auslotet, inspirieren Hobby- und Amateurfotografen weltweit. Durch Bialobrzeskis Fotografien wurde es hochmodern, Stadtlandschaften in der Dämmerung und Nacht durch besonders lange Belichtungszeiten wie unwirkliche und verheißungsvolle Science-Fiction-Städte erstrahlen zu lassen.

Zarte Schönheiten der Nacht. Auch das ist Nachtfotografie: Die Schwäne waren kurz vor EInbruch der Dunkelheit noch auf dem Main unterwegs, als ich sie aus der freien Hand aufnahm. Die Bewegungsunschärfe verleiht dem Bild etwas Zartes, Poetisches und lässt die Bewegung fast wie einen Tanz anmuten. Die Belichtungszeit war jedoch kurz genug, dass die Tiere erkennbar sind. Wäre die Bewegung durch ein Blitzlicht eingeforen, verlöre das Bild seinen Reiz, der durch die aufgezeichneten Spuren der Bewegung zustande kommt.

Blende 5,6 / 2 Sekunden / ISO 1000

Sicherlich sind es vorwiegend die Lichter der großen Städte, die Fotografen anlocken, um glamouröse Architekturfotos und Stadtansichten aufzunehmen. Eine gelungene Nachtaufnahme zieht die Betrachterblicke auf sich und ist immer ein Hingucker. Die meisten Menschen dürften beim Thema Nachtfotografie als Erstes an üppig beleuchtete Metropolen im samtigen Blau der vorangeschrittenen Blauen Stunde denken. Aber auch dunkle und verlassene Straßenzüge oder Industriegebiete am Stadtrand laden zu nächtlichen Erkundungen mit der Kamera ein. Ebenso wie nach Geschäftsschluss verlassene und spärlich beleuchtete Wohngebiete und Bürostädte bieten sie einen reizvollen und geheimnisvollen Kontrast zu den auch nachts hell erleuchteten Fußgängerzonen, die kaum etwas vor dem Auge des Betrachters zu verbergen haben.

Nicht zuletzt ist es lohnenswert, nachts einmal mit der Kamera in die Natur zu gehen. Einsame Landschaften und dunkle Wälder, sogar der eigene Garten sind spannende und ergiebige Orte für die fotografische Arbeit mit Restlicht und Dunkelheit.

Düstere Großstadtszene. Ich mag dieses Foto besonders, weil es die trübe Stimmung in Frankfurt an einem regnerischen, kalten Spätnachmittag im Winter bei Einbruch der Dämmerung sehr treffend wiedergibt. Auf dem Weg zu einer Location beschlugen die Scheiben im Auto, und ich fotografierte die Straßenszene freihändig aus dem fahrenden Auto heraus. Bei dieser Aufnahme ist es völlig unerheblich, dass es keinen Schärfepunkt gibt, vielmehr trägt die neblige Anmutung dazu bei, die albtraumähnlich düstere Stimmung zu verstärken. Die ganze Szene erschließt sich trotz fehlender Detaildarstellung.

Blende 1,4 / 1/500 Sekunde / ISO 640

Mit diesem Buch möchte ich Neulinge und fortgeschrittene Fotografen dazu anregen, einen Einstieg in die Nachtfotografie zu finden oder ihre bisherigen Erfahrungen zu intensivieren. Zahlreiche Übungseinheiten helfen dabei, notwendige Techniken zu erlernen und zu vertiefen, um den Zauber der Dämmerung und der Nacht auf vielfältige Weise in Fotografien festzuhalten – sowohl hell und hyperreal als auch dunkel und unheimlich.

Dabei stelle ich Ihnen neben der notwendigen Ausrüstung verschiedene Motivgruppen vor, um Sie zu inspirieren und Ihnen die vielfältigen Möglichkeiten der Nachtfotografie nahezubringen. Viele Bildbeispiele mit Erläuterungen zur Entstehung (Jahreszeit, Uhrzeit, Aufnahmedaten, Aufnahmesituation) sollen Sie zum Nachfotografieren ermuntern. Gastbeiträge erweitern das Buch um den Erfahrungsschatz von Spezialisten zur Restlicht- und Schwarzweißfotografie und zum Thema HDR.

Neben gut verständlichen Erläuterungen zu allen technischen Grundlagen der Nachtfotografie finden Sie als Anfänger Bildbeispiele mit Angaben zu den Einstellungen, um direkt zu ansprechenden Ergebnissen gelangen zu können; für fortgeschrittene Fotografierende gibt es komplexe Übungen, die dazu anregen, eigene Bildwelten zu finden und in Bildserien zu arbeiten. Eine ausführliche Aufstellung unverzichtbaren und sinnvollen Zubehörs hilft bei der Zusammenstellung Ihrer ersten Ausrüstung beziehungsweise bei der Erweiterung des bereits vorhandenen Equipments.

Eine Übersicht über die wichtigsten Bearbeitungsschritte in der digitalen Dunkelkammer zeigt Ihnen anhand vieler Screenshots, wie Sie Ihre Nachtfotografien am Computer optimieren können. Dabei werden verschiedene Techniken Schritt für Schritt mit Vorher-nachher-Bildern in unterschiedlichen Bearbeitungsprogrammen vorgestellt und auch für Einsteiger leicht nachvollziehbar erläutert.

Warum ich die Nachtfotografie liebe

Nachts sieht die Welt einfach anders aus. Wenn es dunkel wird, erstrahlen die Lichter der Stadt. In einer Metropole wie Frankfurt beispielsweise (wo ich bevorzugt fotografiere) beginnt der Main durch die reflektierenden Lichter der Skyline und der Straßenlaternen zu leuchten. Die Spiegelungen können dann besonders schön in Bildkompositionen eingebaut werden.

In klaren Nächten verändert der Himmel seine Farbe über helles, mittleres und dunkles Blau zu Schwarz. Dies sind die Abende, an denen man, mit einem guten Stativ ausgerüstet, herrlich strahlende Fotos aufnehmen kann. Bei Tageslicht leuchten Städte niemals so verheißungsvoll wie in der hereinbrechenden Dämmerung.

Ist der Himmel hingegen bedeckt, kann er auf Nachtfotos in allen erdenklichen Farben erscheinen: rötlich, grau oder sogar grün – je nachdem, welche Kunstlichter die Wolkendecke reflektiert.

Auch in dunklen Ecken und abgelegenen Winkeln findet sich fast immer noch ein Lichtschimmer, der ausreicht, um zu Fotos zu gelangen, die das Besondere der Nacht einfangen.

Es sind nicht nur die wunderbaren Fotos, die man den Stunden der Dämmerung und der Dunkelheit der Nacht entlocken kann, sondern es herrscht auch eine besondere Stimmung, die ich sehr schätze. An vielen Orten ist man in der Nacht vollkommen alleine, sodass man hochkonzentriert und ungestört arbeiten kann. Manchmal wird es freilich auch ein wenig unheimlich, aber auch das gehört dazu.

Durch die langen Belichtungszeiten in der Dunkelheit ist man zudem gezwungen, ganz besonders sorgfältig zu arbeiten, wenn man nicht einen Großteil der Aufnahmen wiederholen möchte. Für mich persönlich ist das Fotografieren bei Nacht ein sehr kontemplativer Vorgang.

In der Nacht können Sie lange Zeiträume (Belichtungszeiten von mehreren Sekunden, Minuten oder gar Stunden) zu einem einzigen Foto verdichten. Vorbeigehende Menschen lassen sich in Geister verwandeln oder auf Wunsch ganz aus dem Foto verbannen; Autos hinterlassen ihre Spuren in Form von roten und weißen Leuchtspuren, sodass Straßenverläufe dynamisch nachgezeichnet werden können. Ziehende Wolken und fließende Gewässer bekommen durch extrem lange Belichtungszeiten einen besonderen Schmelz (bewegtes Wasser kann dann auch an warmen Sommerabenden an winterliche Eisflächen erinnern). Das Zusammenspiel von Bewegung und Statik ergibt spannende Kompositionen.

Selbstverständlich finden Sie in diesem Buch auch »Klassiker« wie die Skyline Frankfurts, aber mich persönlich interessieren dunklere Orte, die nachts völlig verlassen sind und an denen weniger Lichter leuchten als in der City. Ich glaube, dass ich an diesen Orten dem Wesen der Nachtfotografie näher kommen kann – die Grenzen des Sehens auszuloten reizt mich dabei besonders. Ich mag es einerseits, durch stark verlängerte Belichtungszeiten das für das Auge nicht Sichtbare sichtbar zu machen, andererseits liebe ich es, Teile meiner Motive in kompletter Schwärze verschwinden zu lassen, um unheimliche, extrem düstere Stimmungen zu erzeugen – wie man sich in der dunklen Nacht an verlassenen Orten auch manchmal fühlt. Auch hierfür möchte ich Ihr Interesse wecken, und ich lade Sie ein, sich ebenfalls den dunklen Seiten der Nachtfotografie zu widmen.

In der Nacht fotografiere ich in den meisten Fällen mit Stativ und langen Verschlusszeiten, die sich durch geschlossene Blenden ergeben. Wenn das Bildkonzept es erfordert, fotografiere ich auch aus der freien Hand, aber ich schätze die Kontemplation und das Aufzeichnen von »Zeit« in der Nachtfotografie.

Dies führt zu Bewegungsunschärfen, beispielsweise von Pflanzenteilen oder sich bewegenden Menschen, und zu Lichtstreifen, die Flugzeuge, Autos und sogar Sterne hinterlassen – vitale Spuren, die wir unter anderen Umständen nicht wahrnehmen.

2 Zubehör

Vollformatsensor und hoher ISOWert. Mit dem Vollformatsensor erzielt die Nikon D700 sehr gute Ergebnisse auch bei relativ hohen ISO-Werten. Diese Aufnahme im Aquarium in Wilhelmshaven entstand aus freier Hand bei ISO 1600 und Blende 2,8.

Blende 2,8 / 1/125 Sekunde / ISO 1600 / ohne Stativ

Zubehör für die Nacht- und Restlichtfotografie

Mit der Grundausstattung Kamera – Zoom – Stativ können Sie natürlich sofort loslegen. Damit beschränken Sie sich allerdings auf die »bare necessities«. Die Nachtfotografie macht erst richtig Spaß, wenn Sie sich einige nützliche Helferlein zulegen, die sich im Dunkeln als extrem praktisch erwiesen haben. In diesem Kapitel finden Sie daher hilfreiche Tipps, wie Sie Ihre Ausrüstung optimal für das Fotografieren in der Dunkelheit zusammenstellen oder erweitern können. Von der Wahl einer idealen Kamera und besonders geeigneter Objektive über das Stativ bis hin zu diversen kleineren Hilfsmitteln, die Ihnen die Nachtfotografie erleichtern werden, finden Sie nachfolgend eine umfangreiche Übersicht über sinnvolles Zubehör.

Die Kamera

Natürlich können Sie im Prinzip jede Kamera für Aufnahmen in der Dunkelheit verwenden. Es gibt aber Modelle, die eindeutig weniger geeignet sind. Kleine Kompaktkameras werden Ihnen kaum je zufriedenstellende Ergebnisse liefern, da sie lediglich für Aufnahmen mit vorhandenem Restlicht oder in Verbindung mit dem internen Blitz geeignet sind. Diese Kameras haben keinen manuellen Modus, in dem Sie eine beliebig lange Belichtungszeit durchführen können. Aufgrund der sehr kleinen Sensoren ist zudem starkes Bildrauschen vorprogrammiert, das in den wenigsten Fällen erwünscht ist. Viele »größere« Kameras verfügen über ein beleuchtetes oberes Display (hiermit ist nicht der Monitor gemeint), das in der Nacht eine nützliche Angelegenheit darstellt, um die Einstellungen abzulesen. Bei kleineren DSLRs kann man die Einstellungen auf dem Monitor ablesen.

Idealerweise sollte es eine System-Kamera oder eine Spiegelreflexkamera sein, um wirklich überzeugende Nachtaufnahmen anzufertigen. Für das Fotografieren in der Dämmerung und bei Nacht ist es eine essenzielle Notwendigkeit, die Belichtung manuell steuern zu können, um mit beliebig langer Verschlusszeit zu fotografieren. Daher sollte die Kamera über die Programmmodi P, S, A, M verfügen. Bridge-Kameras ermöglichen zwar eine manuelle Belichtungssteuerung, rauschen aber am meisten und erlauben keinen Objektivwechsel. Je größer der Sensor der Kamera ist, umso geringer fällt übrigens in der Nachtfotografie das Bildrauschen aus, allein deswegen empfehle ich als Optimum eine Vollformatkamera. Neben dem besseren Rauschverhalten erlauben Vollformatkameras auch qualitativ gute Aufnahmen mit extrem hohen ISO-Werten, was für alle Liebhaber der Available-Light-Fotografie von Interesse ist (siehe hierzu auch das Kapitel »Available Light« ab Seite 131). Zudem kann eine hohe ISO-Einstellung praktisch sein, um bei schwachem Umgebungslicht die korrekte Belichtung zu ermitteln (siehe Blende-Zeit-Grafik auf Seite 47). Vollformatkameras sind jedoch ziemlich hochpreisig und daher nicht für jedermann erschwinglich. Sollte Ihnen die Anschaffung zu teuer sein, geht es natürlich auch anders, zumal das Rauschverhalten bei Kameras mit kleineren Sensoren immer besser wird. Wenn Sie sich erst noch eine Kamera zulegen möchten, achten Sie darauf, dass das Modell es ermöglicht, das Rauschen bei Langzeitbelichtungen zu vermindern (Rauschreduzierung bei Langzeitbelichtung). Gut ist es, wenn diese Funktion sich nach Bedarf an- und abschalten lässt. Bei den meisten Kameramodellen müssen Sie nämlich nach der Aufnahme warten, bis das sogenannte Dunkelbild erstellt wurde. Weitere Informationen hierzu und zum Thema »Bildrauschen« finden Sie im Kapitel »Aufnahmetechnik« ab Seite 41.

Lichtstark. Zwei Objektive, die sich hervorragend für die Restlichtfotografie aus der freien Hand eignen, da sie eine Blendenöffnung bis zu 1,4 und damit eine immense Lichtausbeute ermöglichen.

Natürlich ist die Abbildungsqualität auch bei geschlossener Blende hervorragend. Wenn Sie, so wie ich, die Available-Light-Fotografie lieben, lohnt sich die Anschaffung von derart lichtstarken Objektiven durchaus, auch wenn sie wie hier schon älteren Datums sind.

Links: AF-Nikkor 50 mm / 1:1,4

Rechts: AF-Nikkor 85 mm / 1:1,4

Selbstverständlich können Sie auch mit allen analogen Kameras, die manuelle Einstellungen wie Blende und Belichtungszeit erlauben, fotografieren. Ich selbst benutze wegen ihres quadratischen Formats und Detailreichtums gerne meine analoge Hasselblad 503 CW. Um mit Filmmaterial zu den besten Ergebnissen zu gelangen, sollten Sie sich für einen niedrigempfindlichen, feinkörnigen Film entscheiden (ISO 100 bis ISO 400). Ein sehr guter Film ist nach meinen Erfahrungen der Kodak Portra 400. Da auch Handbelichtungsmesser in der Nacht oft den Dienst versagen, müssen Sie auf Erfahrungswerte zurückgreifen. Mein Tipp daher: Fertigen Sie bei unterschiedlichen Lichtsituationen eine Belichtungsreihe an und notieren Sie die Einstellungen sorgfältig. Nehmen Sie Kontaktbögen oder kleine Layoutprints als »Spickzettel« mit auf die nächste Fototour. Die Aufnahmewerte der Beispielfotos in diesem Buch können Ihnen für Ihre eigenen Belichtungsreihen als Richtwerte dienen.

Die digitale Fotografie hat allerdings den entscheidenden Vorteil, dass man die Ergebnisse direkt anhand des Histogramms auf dem Monitor beurteilen und ohne Materialverschwendung missratene Aufnahmen löschen kann. Dazu kommt der Zeitvorteil durch die entfallende Filmentwicklung, sodass ich mittlerweile immer häufiger mit der Digitalkamera unterwegs bin. Quadratische Bilder können Sie auch erstellen, indem Sie in der Bildbearbeitung einen entsprechenden Ausschnitt freistellen. Allerdings sollten Sie dies bereits bei der Komposition der Aufnahme berücksichtigen.

Blendenflecke. Lichtquellen, die sich gerade außerhalb des Bildes befinden, können für störende (aber manchmal auch ansprechende) Blendenflecke sorgen. Wenn Sie dies vermeiden wollen, sollten Sie die Streulichtblende Ihres Objektivs verwenden. Wenn das nicht hilft, eignet sich beispielsweise ein Stück schwarzer Karton, mit dem Sie den Streulichteinfall abhalten können.

Blende 11 / 20 Sekunden / ISO 400

Objektive

Die meisten Consumer-DSLR-Kameras werden gemeinsam mit einem einfachen Zoom-Objektiv gekauft, einer Kombination, mit der Sie direkt loslegen können. Auch hier gilt, dass sich prinzipiell jedes Objektiv auch für die Nachtfotografie eignet. Jedoch gibt es besonders lichtstarke Optiken, die Ihnen in der Dunkelheit einerseits das Scharfstellen wesentlich erleichtern und die andererseits bei geöffneter Blende kürzere Verschlusszeiten ermöglichen und sich somit besonders für die Available-Light-Fotografie ohne Stativ eignen.

Bei schwachem Licht hat der Autofokus Probleme, scharfzustellen, da die Phasenerkennung Licht und Kontrast benötigt. Objektive mit manuellem Fokus sind daher wunderbar für die Nachtfotografie geeignet, weil sie einen Entfernungsring besitzen, an dem Sie die Entfernung ablesen und auf den Meter genau einstellen können. Sie erlauben es Ihnen, die Hyperfokaldistanz für eine besonders hohe Schärfentiefe einzustellen (siehe Infokasten im Kapitel »Aufnahmetechnik«, Seite 67). Es gibt auch Objektive mit Autofokus, die über eine Entfernungsskala verfügen. Diese sind ebenso geeignet. Bedenken Sie beim manuellen Setzen des Schärfepunktes, dass Autofokusobjektive nach der Einstellung für »Unendlich« noch einen Hauch weiter verstellt werden können und dann unscharfe Bilder liefern. Drehen Sie das Objektiv also nicht einfach bis zum Anschlag, wenn der Autofokus versagt, sondern stellen Sie die Entfernung möglichst sorgfältig ein.

Lange Brennweite. Mit einer langen Brennweite von 220 mm gelang diese strahlende Aufnahme der Skyline Frankfurts. Durch das Teleobjektiv erscheint der Bildraum gerafft, sodass die Architektur mächtiger wirkt, als dies mit einem weiten Winkel der Fall wäre.

Blende 7,1 / 30 Sekunden / ISO 200 / mit Stativ und Fernauslöser

Tipp. Probieren Sie an einem Abend oder in einer Nacht die ganze Bandbreite der Ihnen zur Verfügung stehenden Brennweiten an unterschiedlichen Motiven aus.

Streulichtblende

Lichtquellen, die sich gerade noch am Bildrand befinden, können zu Streulichteinfall, sogenannten Blendenflecken, auf dem Bild führen. In manchen Situationen kann ein solcher Bildfehler zu sehr stimmungsvollen Bildern führen und als Bildkonzept sogar erwünschtes Gestaltungsmittel sein. In der Regel sollten Sie Blendenflecke jedoch vermeiden. Dabei kann eine Gegenlichtblende auf dem Objektiv hilfreich sein. Achten Sie darauf, immer die zum Objektiv zugehörige Gegenlichtblende (auch Streulichtblende genannt) zu verwenden. Wenn Sie keine haben, können Sie versuchen, das Streulicht zur Not mit einem ausreichend großen Stück schwarzem Karton abzuhalten. Es gibt dafür spezielle Halterungen mit Halteklammern, die man auf den Blitzschuh schieben kann, aber natürlich können Sie den Karton auch in der Hand halten. Bedenken Sie jedoch, dass der Karton kaum das leisten kann, was eine an das Objektiv speziell angepasste Gegenlichtblende vermag, die beispielsweise tulpenförmig ist, um möglichst viel Streulicht abzuhalten, ohne dabei Vignettierungen zu verursachen.

Stabil mit Stativ. Auf einem stabilen Dreibeinstativ hat Ihre Kamera einen sicheren Stand, sodass Ihnen unter Zuhilfenahme eines Fernauslösers auch bei langen Belichtungszeiten verwacklungsfreie Aufnahmen gelingen. Praktisch ist auch ein Winkelsucher, wie hier auf dem Foto zu sehen, vor allem bei Aufnahmen aus niedrigen Standpunkten und natürlich nicht nur für Nachtaufnahmen. Auf dem Foto ist auch die verwendete Streulichtblende auf dem Objektiv zu sehen.

Blende 5,6 / 10 Sekunden / ISO 200 / mit Stativ und Fernauslöser

Passende Brennweiten

Welche Brennweite Sie wählen, hängt von Ihren gestalterischen Vorlieben ab. Im Grunde ist es bei Nacht nicht anders als auch beim Fotografieren bei Tageslicht: Jede Brennweite hat ihre eigenen Vorzüge und sollte je nach Motiv und gewünschtem Ergebnis gezielt eingesetzt werden. Tatsächlich scheinen viele Fotografen in der Nacht besonders gerne mit kurzen Brennweiten zu arbeiten. Möglicherweise liegt das daran, dass mit kurzen Brennweiten auch bei schwächerem Licht aus der freien Hand fotografiert werden kann, während bei einer längeren Brennweite das Bild verwackeln würde. Ich möchte Ihnen jedoch dazu raten, sich auch mit längeren Brennweiten zu befassen, denn der mittels Telebrennweite geraffte Raum kann nachts zu ganz besonderen Hinguckern führen.

Große Lichtausbeute bei schwachem Licht. Lichtstarke Objektive ermöglichen Ihnen auch dann noch freihändiges Fotografieren, wenn Objektive mit geringerer Lichtstärke (und höheren Blendenwerten) bereits Verwacklungen verursachen.

Blende 1,4 / 1/8 Sekunde / ISO 1000

Das Stativ

Nachtfotografie erfordert — nicht nur aufgrund des schwachen Lichts, sondern auch wegen der zu erzielenden hohen Schärfentiefe und der daher geschlossenen Blende — lange Belichtungszeiten. Daher muss die Kamera mehrere Sekunden oder auch Minuten lang vollkommen verwacklungsfrei befestigt werden. Aus diesem Grund sind stabile Dreibeinstative unerlässliche Begleiter in der Dunkelheit. Bei Verwendung des Stativs sollten Sie immer daran denken, den Bildstabilisator auszuschalten. Er leistet Ihnen jedoch bei Available-Light-Aufnahmen aus freier Hand gute Dienste.

Gute Stative müssen kein Vermögen kosten, aber es lohnt sich allemal, ein wenig mehr für wirklich gute Qualität zu investieren. Es gibt sehr billige Stative, die bereits ohne Kamera völlig instabil wirken – von solch vermeintlichen Schnäppchen sollten Sie die Finger lassen. Wirklich ärgerlich ist es, wenn die Fotos verdorben sind, weil das Stativ gewackelt hat oder die Beine oder der Kugelkopf beziehungsweise der Drei-Wege-Neiger nachgegeben haben. Es kann Ihnen durchaus passieren, dass es sich um eine minimale Verwackelung handelt, die Sie nicht vor Ort am Display, sondern erst zu Hause am Computer bemerken. Dann kann die Ausbeute einer ganzen Nacht reif für den Papierkorb sein.

Stabile Stative müssen nicht unbedingt zentnerschwer sein, es gibt erstaunlich leichte Modelle aus Carbon, die bei gleicher Belastbarkeit jedoch ein wenig teurer sind als solche aus Aluminium. Ich selbst habe lange Jahre mit einem Aluminiumstativ gearbeitet; es war stabil und zuverlässig. Da es mir im Laufe der Zeit zu schwer erschien, tauschte ich es irgendwann gegen ein hochpreisigeres Carbonstativ von Gitzo aus und freue mich seitdem immer wieder über das stabile Leichtgewicht. Wenn Sie sehr oft stundenlang mit Stativ unterwegs sind, sollten Sie darüber nachdenken, mehr Geld auszugeben, um weniger schwer tragen zu müssen.