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Es ist eine dieser schwülen Nächte von New Orleans. Eigentlich scheint alles wie immer in der Late-Night-Radio-Show von Rain Summers. Bis es die ganze Stadt live und on air hört: "Ich bringe dich nicht um - es sei denn, du zwingst mich dazu." Die Psychologin weiß sofort, dieser Anrufer meint es ernst - todernst. Davon ist auch der attraktive FBI-Ermittler Trevor Rivette überzeugt. Er glaubt, dass der nächtliche Anrufer ein von ihm gesuchter Serienmörder ist. Bloß warum hat er es auf Rain abgesehen? Trevor ermittelt fieberhaft. Kann er den Killer aufhalten? Als Rain in die Sümpfe der Bayous entführt wird, beginnt ein erbarmungsloser Wettlauf gegen die Zeit...
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Seitenzahl: 580
Alle Rechte, einschließlich das der vollständigen oder auszugsweisen Vervielfältigung, des Ab- oder Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten und bedürfen in jedem Fall der Zustimmung des Verlages.
Der Preis dieses Bandes versteht sich einschließlich der
Die Handlung und Figuren dieses Romans sind frei erfunden.
Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind nicht beabsichtigt und wären rein zufällig.
Leslie Tentler
Nachtruf
Roman
Aus dem Amerikanischen von
Katrin Hahn
MIRA® TASCHENBÜCHER
erscheinen in der Harlequin Enterprises GmbH,
Valentinskamp 24, 20354 Hamburg
Geschäftsführer: Thomas Beckmann
Copyright © 2012 by MIRA Taschenbuch
in der Harlequin Enterprises GmbH
Titel der nordamerikanischen Originalausgabe:
Midnight Caller
Copyright © 2011 by Leslie Tentler
erschienen bei: MIRA Books, Toronto
Published by arrangement with
HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.
Konzeption/Reihengestaltung: fredebold&partner gmbh, Köln
Umschlaggestaltung: pecher und soiron, Köln
Redaktion: Thorben Buttke
Titelabbildung: Mauritius Images
Autorenfoto: © by Harlequin Enterprises S.A., Schweiz
Satz: GGP Media GmbH, Pößneck
EPUB-ISBN 978-3-86278-551-3
www.mira-taschenbuch.de
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eBook-Herstellung und Auslieferung: readbox publishing, Dortmundwww.readbox.net
In Erinnerung an meine Mutter.
Sie zeigte mir, wie aufregend ein gutes Buch an einem verregneten Tag sein kann.
Trevor Rivette wartete in Obduktionssaal drei im Keller des All Saints Hospital. In dem Gespräch, das gerade im Flur geführt wurde, ging es um ihn. Die Tür stand einen Spaltbreit offen. Er lauschte aufmerksam, während er den Blick durch den fensterlosen Raum schweifen ließ, in dem der scharfe Geruch eines Antiseptikums hing.
„Der FBI-Mann ist bei der Leiche. Er meint, er wäre gerade angekommen.“
Der schwere Akzent gehörte zu Douglas Semer, Gerichtsmediziner im Orleans Parish, den Trevor kurz zuvor kennengelernt hatte. Semer war ein blasser, älterer Mann mit dicken Brillengläsern, durch die er etwas eulenhaft wirkte. Er hatte Trevor bei dessen Ankunft mit leichtem Misstrauen begrüßt.
„Wie lange wartet er schon?“, fragte der andere Mann.
„Eine halbe Stunde vielleicht.“
Ein Dritter meldete sich zu Wort. Seine Stimme klang heiser, als hätte er sein ganzes Leben lang Zigaretten geraucht. „Hat er gesagt, warum sich die Leute vom FBI für unsere Leiche interessieren?“
„Nein. Ich habe ihm erklärt, ich müsse warten, bis das NOPD da wäre. Erst dann könne ich ihm meinen abschließenden Untersuchungsbericht geben.“ Semers Antwort hatte einen Unterton, als wollte er sagen: Wir Jungs hier im Ort halten zusammen.
Trevor blickte wieder auf den Obduktionstisch aus Edelstahl, auf dem der nackte Körper des Opfers lag. Die Lippen des Mädchens waren blau angelaufen und leicht geöffnet, das rötlich blonde Haar umrahmte das Gesicht. Eine Stütze aus Gummi war unter den Kopf geschoben worden, um den Leichnam für die Autopsie in die richtige Position zu bringen. Der Y-Schnitt, der an den Schultern des Mädchens ansetzte und dann ab dem Brustbein in einer Linie bis hinunter zum Schambein verlief, zeigte, dass Semer seine Arbeit beendet hatte.
Das Mädchen war höchstens sechzehn gewesen und damit wesentlich jünger als die anderen Opfer. Noch ein halbes Kind, weshalb dieser Tod erst recht sinnlos und brutal wirkte. Trevor stieß einen Seufzer aus und starrte auf den Schriftzug an der Wand des Obduktionssaals. Es war Latein, doch er übersetzte die Worte spielend.
Dies ist der Ort, an dem der Tod mit Freude lehrt.
Na ja. Wenn es um tote Frauen auf einem Stahltisch ging, hatte er das Gefühl, schon so viel gelernt zu haben, dass es für mehr als ein Leben reichte.
Die Tür zum Obduktionssaal schwang auf, und Semer trat ein. Ihm folgten die beiden Männer, mit denen er sich gerade im Flur unterhalten hatte.
„Detectives McGrath und Thibodeaux, das ist Agent Rivette vom FBI.“ Nachdem Semer sie einander vorgestellt hatte, machte Trevor einen Schritt nach vorn, um den Detectives die Hand zu reichen. Der erste, McGrath, war mittleren Alters und stämmig, mit beginnender Glatze und Schnurrbart. Sein Partner Thibodeaux war ein schlaksiger Afroamerikaner, dessen Haar an den Schläfen allmählich grau wurde. Wie Trevor trugen die beiden ihre Waffen in einem Holster am Gürtel.
McGrath warf einen vielsagenden Blick auf den Besucherausweis, der an Trevors Revers befestigt war. „Also, Special Agent Rivette, Semer sagt, Sie sind aus dem Norden. Heißt das, Sie kommen von der Außendienststelle in Mobile?“
Bei McGraths Scherz deutete Trevor ein Lächeln an. „Etwas nördlicher als Mobile, Alabama. Aus D. C., um genau zu sein. Ich bin von der Violent Crimes Unit, der Abteilung für Gewaltverbrechen.“
„VCU, hm? Nicht schlecht.“ McGraths Miene nach zu urteilen, beeindruckte ihn das allerdings nicht sonderlich.
Trevor fuhr fort: „Ich war auf dem Weg zu Ihrer Dienststelle, um einen Blick auf die Fotos vom Tatort zu werfen, aber ich wollte zuerst hier vorbeikommen und sehen, ob der Obduktionsbericht schon fertig ist.“
„Nur ein vorläufiger“, erklärte Semer. „Ich habe noch nichts schriftlich festgehalten, und die Ergebnisse der toxikologischen Untersuchung werden nicht vor morgen da sein …“
„Rivette. Der Name klingt, als wären Sie aus der Gegend“, mischte sich Detective Thibodeaux ein. Er lehnte an der Front der in die Wand eingebauten Leichenkühlfächer und sah Trevor voller Interesse an. „Genealogie ist ein Hobby von mir. Wenn ich mich nicht irre, ist Ihr Nachname französisch, stimmt’s?“
Trevor nickte leicht. „Ich habe Familie hier.“
Als er nicht weiter darauf einging, wandte Thibodeaux seine Aufmerksamkeit dem Leichnam zu. „Ist dieses Mädchen was Besonderes, Agent? Sie haben dafür einen weiten Weg zurückgelegt.“
„Es geht nicht so sehr um das Opfer, als vielmehr um die Art und Weise, wie die Kleine ermordet worden ist.“ Über dem Obduktionstisch hing ein Mikrofon, in das der Gerichtsmediziner seine Untersuchungsergebnisse diktierte. Trevor schob es beiseite, damit er sich über die Leiche beugen konnte, und zeigte auf die Wunde unter dem Unterkiefer des Mädchens. „Die Drosselvene und die Halsschlagader wurden mit einem einzigen Schnitt durchtrennt. Dieses Muster passt zu einer Mordserie, die in den letzten achtzehn Monaten in mehreren Städten des Landes verübt worden ist. Allen Opfern wurden die Hände mit einem Rosenkranz gefesselt. Laut ViCAP-Datenbank, in der wir alle Mordfälle erfassen, passt Ihr Opfer in dieses Raster.“
McGrath tippte mit einem Kugelschreiber auf den Notizblock in seiner Hand. „Sie meinen also, wir haben einen Serienkiller in New Orleans?“
„Ich bezweifle, dass die Übereinstimmungen zufällig sind. Die Vorgehensweise ist viel zu ähnlich. Darum bin ich hierhergeflogen.“
„Um unseren Fall zu übernehmen.“
Trevor starrte auf einen offenen Schrank, in dem die Obduktionsinstrumente lagen – darunter ein Rippenspreizer und eine Knochensäge. Er war auf Widerstand vorbereitet. „Hören Sie, ich weiß, dass die hiesige Polizei und das FBI dafür bekannt sind, nicht gut miteinander auszukommen …“
„Wie Atheisten im Vatikan“, murmelte Thibodeaux.
„Doch das muss nicht für diesen Fall hier gelten“, betonte Trevor. „Mir ist es egal, wer für was die Lorbeeren einheimst – ich will diesen Kerl schnappen. Wir können diesen Mord gemeinsam bearbeiten und Informationen austauschen, oder wir arbeiten getrennt. Aber das hier ist New Orleans, und wenn ich einen Blick in die Kriminalitätsstatistik werfe, haben Sie einige Fälle, die noch aufgeklärt werden müssen.“
Thibodeaux kniff argwöhnisch die Augen zusammen. „Also schwebt Ihnen ein Deal vor – nach dem Motto: Eine Hand wäscht die andere?“
„So in der Art.“
McGrath rieb sich das Kinn und fragte: „Wie viele Opfer gibt es schon?“
„Fünf, dieses Mädchen mit eingerechnet.“
„Wo?“
„In D. C., Atlanta, Memphis und Raleigh. Und jetzt hier. Die gute Nachricht für Sie ist: Der Täter verfolgt offenbar eine Strategie, nach der es pro Stadt nur ein Opfer gibt. Vielleicht ist er schon längst weitergezogen, was bedeutet, dass auch ich bald wieder verschwinden werde.“
„Und wenn nicht?“, fragte Thibodeaux.
„Dann haben wir ein größeres Problem als nur eine Leiche.“
McGrath kratzte sich mit dem Kugelschreiber hinter dem Ohr. „Haben die Medien dem Scheißkerl schon einen Namen verpasst?“
Trevor verschränkte die Arme vor der Brust. „Die Presse hat die Morde bislang noch nicht miteinander in Zusammenhang gebracht. Wahrscheinlich wegen der weit auseinanderliegenden Tatorte. Bestimmte Details haben wir bewusst geheim gehalten. Wir nennen ihn den Vampir – wegen seiner Tötungsmethode und weil einige der Opfer auch Verbindungen zur Gothic-Szene ihres Wohnortes hatten.“
„Unser Opfer hier wurde in einem verlassenen Haus auf der Tchoupitoulas gefunden, weit entfernt von jeglichem Nachtleben“, sagte Thibodeaux. „Die bläulichen Hautverfärbungen deuten allerdings darauf hin, dass das Mädchen einige Stunden nach seinem Tod bewegt wurde. Außerdem passt die Blutmenge am Tatort nicht zu den schweren Verletzungen, die der Typ der Kleinen zugefügt hat.“
McGrath wandte sich dem Gerichtsmediziner zu. „Da wir gerade davon sprechen: Ist die Identität der Toten schon bekannt?“
„Nein, bislang noch nicht“, entgegnete Semer, der den Wink sofort verstand. Er ging zum Obduktionstisch, schaltete die Lampe ein und nahm sich ein Paar Latexhandschuhe. „Bereit für das volle Programm?“
Im harten Licht wirkte die aschfahle Haut des toten Mädchens beinahe durchsichtig. Um die Y-förmige Narbe herum war der Körper eingesunken, nachdem die inneren Organe entfernt worden waren.
McGrath wurde blass. „Gott, Semer. Was Sie mit dem Zeug machen, das Sie aus den Leichen rausholen, will ich gar nicht wissen.“
„Dann werde ich es Ihnen auch nicht sagen.“ Semer richtete seinen Blick auf Trevor. „Aber Agent Rivette hat recht – der Schnitt am Hals war die Todesursache. Sie ist im Grunde verblutet. Ungefähr vierzig Prozent Blutverlust.“ Mit seiner behandschuhten Rechten zeigte er auf die anderen Wunden am Körper der Toten. „All diese Schnitte, von denen die meisten oberflächlich sind, wurden der Kleinen vor dem Tod zugefügt.“ Er schob seine Brille ein Stück die Nase hinauf. „Wenn Sie meine Meinung hören wollen: Der Scheißkerl hatte seinen Spaß mit der Kleinen, bevor sie starb.“
Der Faubourg Marigny District war früher eine Arbeitergegend gewesen. Im Laufe der Jahre hatte sich einiges zum Besseren gewendet, doch die Häuser in dieser Ecke von New Orleans wirkten auf Trevor Rivette noch immer vertraut. Natürlich hatten die neuen Bewohner Veränderungen vorgenommen. Die Häuser passten nun besser zu den BMWs und Volvos, die entlang der von Bäumen gesäumten Straße parkten. Die Wagen gehörten den Familien der aufstrebenden Mittelschicht, die inzwischen diese Gegend bewohnten und den Wert der Anwesen nach oben trieben. Wie die Nachbarhäuser war auch das alte Cottage im Kolonialstil nicht länger in biederem Weiß gehalten. Es leuchtete in einem kräftigen Himbeerrot, die geschnitzten Zierleisten waren gepflegt und setzten einen Farbakzent in Pink. Ein schmiedeeiserner Zaun umgrenzte den Garten, und auf der überdachten vorderen Veranda standen Schaukelstühle aus Rattan neben Tontöpfen mit grünen Farnen. Von seinem Aussichtspunkt auf dem Bürgersteig aus hörte Trevor Kinderlachen, das von irgendwo die Straße herunter zu ihm drang. Ein Windspiel auf der Veranda klimperte in der milden Luft des frühen Abends.
Man hätte meinen können, dies wäre ein wunderbarer Ort, um aufzuwachsen. Aber er wusste es besser.
Trevor öffnete das Gartentor und spazierte den kurzen Weg zur Veranda hoch. Als er auf den weiß getünchten Holzdielen stand, zog er seine Hand aus der Tasche seiner Jeans und rieb sich kurz die Stirn. Dies war jetzt Annabelles Haus. Die Geister, die hier lebten, würden ihn nur dann verfolgen, wenn er es ihnen erlaubte.
Sie hatte anscheinend auf ihn gewartet, denn die Tür wurde geöffnet, bevor er klopfte. Annabelle Rivette lächelte und zog ihren Bruder in die Arme. Als sie ihn schließlich wieder freigab, blickte Trevor in ihr Gesicht. Annabelle hatte sich kaum verändert. Ihr welliges braunes Haar und die himmelblauen Augen waren ganz genau so, wie er sie in Erinnerung hatte.
„Es ist lange her, Trevor“, sagte sie.
„Viel zu lange“, gab er zu. Wie viel Zeit hatte er verstreichen lassen. Vor drei Jahren war er zum letzten Mal in New Orleans gewesen. Damals war ihre Mutter beerdigt worden. Er war kurz vor dem Gottesdienst eingetroffen und bald danach wieder abgereist. Er war nach Richmond beordert worden, wo es einen Doppelmord gegeben hatte. Doch sowohl er als auch Annabelle wussten, dass es ihm auch ohne seine beruflichen Verpflichtungen beim FBI schwergefallen wäre, zu bleiben.
Eine Kinderstimme drang leise aus dem Inneren des Hauses, und Annabelle ließ Trevor von der Veranda ins Wohnzimmer. Hier hatte sich so gut wie alles verändert. Der Raum mit den hohen Wänden war in Blau und Beige gestrichen, und ein großer Teppich bedeckte den Holzboden. Jalousien hatten die schweren Vorhänge vor den Fenstern ersetzt. Das steif wirkende alte Mobiliar war ebenso verschwunden, verbannt zugunsten einer dick gepolsterten Couch und eines dazu passenden Sessels mit Hocker. Selbst der Kaminsims, der noch aus der Entstehungszeit des Hauses stammte und aus Zypressenholz geschnitzt war, hatte seine dunkle Farbe verloren. Er war in Weiß übermalt und der uralte Spiegel, der früher über dem Sims hing, war durch ein heiteres Bild vom French Quarter ersetzt worden.
„Da bist du ja“, sagte Annabelle, als ein kleines Mädchen ins Zimmer kam. „Haley, das ist dein Onkel Trevor.“
Haley starrte ihn kindlich offen an. Ein Plüschtier – eine lilafarbene Angorakatze, die aussah, als hätte sie schon bessere Tage erlebt – baumelte in ihrer Hand. Ein paar Strähnen ihres lockigen Haars waren aus dem Pferdeschwanz gerutscht. Sie streifte sie leicht ungeduldig aus ihrem Gesicht.
„Ich habe dich nicht mehr gesehen, seit du ein Baby warst“, sagte Trevor.
„Ich bin aber kein Baby mehr. Ich bin fünf Jahre alt.“ Sie spreizte ihre kleine Hand und hielt sie hoch.
Er lächelte, als er sich hinkniete, um auf Augenhöhe mit seiner Nichte zu sein. „Ich meinte nur, dass deine Mom mir zwar Fotos von dir geschickt hat, aber dass ich gar nicht mitbekommen habe, wie groß du inzwischen geworden bist.“
Haley schwang die abgeliebte Katze hin und her und ließ Trevor dabei nicht aus den Augen. „Du siehst aus wie Onkel Brian.“
Ihm zog sich das Herz zusammen, als der Name seines Bruders fiel. Er dachte an Brians dunkles Haar und die blaugrauen Augen, die den seinen so sehr ähnelten. „Ja, ich glaube, das stimmt.“
„Mommy sagt, du hast eine Pistole, genau wie ein Polizist. Hast du sie mitgebracht?“
„Ich habe sie im Hotel gelassen.“ Seine private Zweitpistole, eine .380 Beretta Halbautomatik, erwähnte er nicht. Sie steckte gut verborgen im Holster an seinem Knöchel. „Es ist gefährlich so eine Waffe bei sich zu haben, weißt du?“
„Und warum hast du dann eine?“
Trevor blickte zu Annabelle. Das Grinsen auf ihrem Gesicht schien zu sagen: „Tja, so ist sie …“
„Das Abendessen ist bald fertig, mein Schatz“, sagte sie zu Haley. „Warum gehst du nicht eine Weile spielen? Onkel Trevor und ich wollen noch über Erwachsenenzeug reden.“
„Kann ich Zeichentrick schauen?“
„Tu, was du nicht lassen kannst“, antwortete Annabelle seufzend, und Haley verschwand im Flur. „Ich danke Gott für die Erfindung des Fernsehens.“ Sie sah zu Trevor, der schweigend neben ihr gestanden hatte und jetzt den Blick durchs Zimmer schweifen ließ. „Möchtest du etwas trinken?“
„Nur ein Mineralwasser, wenn du hast.“
Er folgte ihr in die kleine Küche. Trendige mexikanische Fliesen hatten das abgenutzte Linoleum ersetzt, und die neuen Küchenfronten erstrahlten in gedecktem Weiß. Ein Topf stand auf dem Herd, und der Duft von Tomaten und pikanten Peperoni erfüllte den Raum. Auf der Küchentheke stand anstelle der altertümlichen Kaffeemaschine, die Trevor noch aus Kindertagen kannte, eine neue moderne Maschine. Wie im Wohnzimmer war auch hier alles frisch und neu. So als hätte Annabelle geglaubt, das Karma des Hauses verändern zu können, wenn sie die Einbauten und Bodenbeläge herausriss und die Wände mit einer Schicht Farbe bedeckte. Das Bild eines grobschlächtigen Mannes, der mit erhobener Faust auf ihn zustürmte, ergriff ihn und raubte ihm den Atem, bevor es so rasch wieder verschwand, wie es gekommen war. Trevor berührte die Narbe an seinem Kinn.
Sein Beweis, dass die Vergangenheit wirklich existierte.
„Geht es dir gut?“
„Ja.“ Er nickte. Trotz der langen Trennung hatte seine Schwester immer noch die Fähigkeit, in seinem Gesicht zu lesen.
Annabelle hatte sich ebenfalls ein Mineralwasser aus dem Kühlschrank geholt und setzte sich nun zusammen mit Trevor an den Tisch. Er nahm einen Schluck aus der Dose, von der das Kondenswasser tropfte, und starrte aus dem Fenster in den kleinen, von einer alten Ziegelmauer umgebenen Hinterhof. Die Blätter einer massiven, mit Moos behangenen Virginia-Eiche überdachten fast den gesamten Hof. Auch eine Kinderschaukel, die etwas weiter entfernt stand, lag im Schatten des mächtigen Baumes. Durch die Äste hindurch konnte er den Himmel erkennen und bemerkte, wie das Licht des Tages allmählich der Dämmerung wich.
„Sawyer Compton lässt dich grüßen“, sagte Annabelle. Sawyer war ein alter Freund, der ein paar Straßen weiter aufgewachsen war. Er hatte an der Louisiana State University Football gespielt und danach Jura studiert. Trevor wusste, dass er mittlerweile als stellvertretender Bezirksstaatsanwalt für die Stadt New Orleans arbeitete.
„Wie geht es ihm?“
Sie lächelte, während sie die Dose Mineralwasser an ihre Lippen hob. „Vielleicht solltest du dableiben und es selbst herausfinden. In ein paar Wochen veranstaltet er sein jährliches Flusskrebskochen – die Party des Jahres.“
„Du weißt, warum ich hier bin, Anna.“
Ihre Miene wurde ernst. „Dein Job. Das ist das Einzige, das dich dazu bringen kann, nach Hause zu kommen – abgesehen von einer Familienkrise. Wie lange bleibst du?“
„Ich weiß es noch nicht.“
„Aber nicht länger als unbedingt nötig?“ Als er nicht antwortete, wurde Annabelle weicher. „Du siehst müde aus, Trevor …“
Ihre Stimme erstarb, als er sich vorbeugte und ihre Hand ergriff. Der Ärmel ihrer Baumwollbluse rutschte hoch, und sein Blick fiel auf ihr Handgelenk. Annabelle flüsterte seinen Namen, doch er hielt sie fest. Mit den Fingern strich er behutsam über die Narbe. Er wusste, dass es am anderen Handgelenk, das sie unter dem Tisch vor seinen Augen verbarg, eine weitere gab. Trevor runzelte die Stirn.
„Triffst du ihn manchmal, Anna?“
„Dad?“ Sie schüttelte den Kopf. „Nein.“
„Trifft Brian sich mit ihm?“
„Das bezweifle ich.“
Trevor nickte, sagte jedoch kein Wort. Annabelle zog langsam ihre Hand zurück, ging zum Herd und rührte das Essen mit einem Holzlöffel um. Sie öffnete die Ofenklappe, warf einen prüfenden Blick auf das Brot und stellte den Grill an, damit die Kruste braun wurde.
„Pass auf, dass ich nicht vergesse, es rechtzeitig rauszuholen.“ Sie schloss die Ofentür, drehte sich um und holte Teller aus einem Wandschrank. In diesem Moment erinnerte sie Trevor an ihre Mutter. Wehmütig dachte er an die besseren Zeiten, als ihre Mom noch nicht getrunken hatte.
Annabelle lehnte sich an die Küchentheke, als sie wieder sprach. „Du bist überrascht, dass ich immer noch hier wohne, nicht wahr?“
„Ja, ich glaube schon.“
„Es gibt hier auch ein paar schöne Erinnerungen. Es hat mich viel Zeit gekostet, mir das klarzumachen. Aber du, Brian und ich sind schließlich immer noch eine Familie.“ Annabelle ging mit den Tellern und einem Stapel Papierservietten zum Tisch. Trevor stand auf, nahm ihr die Teller ab und deckte ein, während sie das Besteck aus einer Schublade neben der Spüle holte. Als sie zurückkam, sagte sie: „Als Scott und ich uns trennten, gab es, um ehrlich zu sein, keinen anderen Ort, wo ich hätte hingehen können. Haley und ich brauchten ein Zuhause, und Mom hat dieses Haus uns allen vererbt.“
„Du hast ein richtiges Schmuckstück daraus gemacht.“
„Brian und Alex waren mir eine große Hilfe. Sie haben das Haus gestrichen, den neuen Küchenboden verlegt und die Veranda repariert.“
„Anna, das Brot.“
Mit einem Geschirrtuch als Topflappenersatz nahm sie das Brot aus dem Ofen und legte es auf die Herdplatte. „Ein Drittel des Hauses gehört dir, das weißt du. Bei den Preisen, die sie heutzutage hier in Marigny erzielen …“
„Ich möchte nichts. Es reicht mir, wenn du und Haley hier glücklich seid. Ich werde dir meinen Anteil am Haus überschreiben, wenn du willst.“
„Brian hat dasselbe gesagt, doch ich finde es schöner, wenn wir alle weiterhin ein Stück vom Haus besitzen.“ Sie schwieg und fuhr mit den Händen über ihre Jeans. „Du musst mir übrigens keine Schecks mehr schicken, Trevor. Ich stehe wieder auf eigenen Füßen und arbeite jetzt vier Tage die Woche in Alex’ Galerie. Ich mache die Buchführung. Sobald ich kann, zahle ich dir das Geld zurück.“
Er zuckte mit den Schultern. Es waren bloß ein paar Hundert Dollar im Monat gewesen, aber er dachte, seine Schwester könnte das Geld für Haley gebrauchen. Die Unterhaltszahlungen von Scott kamen eher unregelmäßig. „Du musst mir das Geld nicht zurückgeben. Zahl es einfach in Haleys Ausbildungsfonds, okay?“
Annabelle sah Trevor tief bewegt an. Dann ging sie zu ihm und umarmte ihn.
„Es ist schön, dass du da bist“, flüsterte sie. Für einen Moment hielt er seine Schwester in den Armen. Als sie sich voneinander lösten, bemühte sie sich, die Tränen zu verbergen, die in ihren Augen schimmerten. „Das Essen ist fertig. Ich hole Haley. Sie wäscht sich nicht die Hände, wenn man nicht neben ihr steht.“
Trevor betrachtete den Tisch. Ihm war schon aufgefallen, dass nur für drei gedeckt worden war.
„Brian fliegt mit Alex’ Cessna runter nach Naples“, erklärte sie. „Irgendein nerviger Kunde ändert ständig seine Meinung über die Kunstwerke für sein Strandhaus, und darum konnte Alex nicht selbst fliegen. Ich soll dir ausrichten, es täte ihm leid und er würde dich morgen anrufen.“
„Hoffentlich führen sie heutzutage auch bei Privatpiloten Drogentests durch.“
Annabelle sah ihn an. „Er ist seit fast zwei Jahren clean. Und er möchte dich wirklich gern wiedersehen.“
Trevor nickte stumm und blickte seiner Schwester hinterher, als sie die Küche verließ. Er dachte an das letzte Treffen mit Brian und die schmerzlichen Dinge, die sie einander an den Kopf geworfen hatten. Trevor hatte nicht ein Wort davon ernst gemeint, doch er war unglaublich enttäuscht und wütend gewesen. Außerdem hatte er gefürchtet, der Grund für Brians Probleme zu sein.
Er ist seit fast zwei Jahren clean.
In diesem Augenblick wurde Trevor klar, dass er sich nichts mehr wünschte, als dass Annabelles Worte wahr wären.
Trotz Annabelles Drängen blieb Trevor nicht. Er wollte an einem Ort schlafen, an dem seine Vergangenheit ihn nicht verfolgte. Auf der Esplanade Avenue, an der Ecke, wo das Marigny-Viertel ins French Quarter überging, gab es ein Hotel. Dort nahm er sich ein Zimmer.
Annabelle hat recht, gestand er sich ein, als er seine Sachen aus der Reisetasche packte. Wenn er nicht wegen seines Jobs hätte heimreisen müssen, wäre er nicht hier. Trevor dachte an das Haus, in dem seine Schwester wohnte. Wie schaffte sie es bloß, anscheinend ganz problemlos mit den Geistern der Vergangenheit umzugehen? Nur die Narben an ihren Handgelenken bewiesen, dass seiner Schwester das offenbar nicht immer so mühelos gelungen war.
Er sah sich im Hotelzimmer um. Es war sauber und auch preisgünstig genug, um auf der vom FBI genehmigten Liste für Reiseaufwendungen zu stehen. Der dunkle Teppich war verschlissen, auf der Kommode gegenüber vom Doppelbett stand ein Fernseher. Eine Glastür führte auf einen Balkon, von dem aus man den Innenhof des Hotels und den Swimmingpool überblicken konnte. Trevor trat hinaus, lehnte sich an die Brüstung und starrte auf das sacht plätschernde Wasser im Pool.
Fünf Frauen, gefesselt und gefoltert, die Kehle mit gezieltem Schnitt durchtrennt. Er rieb sich mit den Händen übers Gesicht. Seine Unfähigkeit, diesen Psychopathen zu fangen, hatte zu einem weiteren Todesfall geführt. Sein Chef bei der Violent Crimes Unit, Special Agent in Charge Johnston, hatte Trevor die Untersuchung der sogenannten Vampir-Morde, die sich seit einiger Zeit in verschiedenen Bundesstaaten ereigneten, als Sonderauftrag übergeben. Der Ablauf war beinahe zur Routine geworden: Manchmal mit, manchmal ohne Partner reiste Trevor in die Stadt, in der ein Mord, der ins Schema passte, stattgefunden hatte. Er sammelte Informationen und bearbeitete den Fall. Sobald sich die Spuren verloren, reichte er das Material an die örtliche Außendienststelle des FBI weiter.
Und bisher war das so ziemlich alles, was er hatte – kalte Spuren. Es gab keine Zeugen, keine DNA-Übereinstimmungen in der ViCAP-Datenbank und die weit auseinanderliegenden Tatorte führten dazu, dass die Behörden vor Ort die Morde als Einzelfälle behandelten. Nur die Abteilung für Gewaltverbrechen, die VCU, hatte Übereinstimmungen festgestellt, was der Grund dafür war, dass sich die Abteilung in die Aufklärung der Mordfälle eingeschaltet hatte.
Während Trevor noch immer nichts über den Gesuchten in Erfahrung gebracht hatte, war der Täter in der Zwischenzeit aktiv geworden und hatte Trevor seinerseits unter die Lupe genommen. Der Unbekannte hatte den Kontakt gesucht – handgeschriebene Nachrichten, Souvenirs von seinen Taten, die er mit der Post zustellen ließ –, doch bislang war das alles nicht zurückzuverfolgen. Es sollte offenbar nur beweisen, dass der Vampir seinem Jäger haushoch überlegen war.
Unfähig, seinen Frust abzuschütteln, ging Trevor zurück in sein Zimmer und zog sich seine Laufshorts, ein graues T-Shirt und Tennisschuhe an. Sein iPod hatte den Geist aufgegeben, also hatte er ein kleines Transistorradio mit Ohrstöpseln mitgenommen, das ihn auf seinem üblichen Acht-Kilometer-Lauf begleiten sollte. Trevor nahm es von der Kommode. Er hoffte, dass er mit der Musik die Stimme in seinem Kopf zum Schweigen bringen konnte, die ihm unentwegt Zweifel und Selbstbeschuldigungen einflüsterte. Nachdem er die Zimmertür hinter sich geschlossen hatte, ging er die Treppe hinunter. Im schwachen Schimmer des Pools machte er einige Dehnübungen und lief dann in Richtung French Quarter. Trotz der hohen Luftfeuchtigkeit, die auch lange nach Einbruch der Dunkelheit noch in den Straßen hing, achtete er darauf, in einem gleichmäßigen Tempo zu joggen. Das Radio hatte er an seinem Oberarm befestigt. Die Musik war das einzige Geräusch, das er hörte.
Im French Quarter wurden die Touristenströme, die während des Tages durch die Straßen drängten, langsam weniger. Aber noch immer bevölkerten Leute die engen Gassen. Viele von ihnen hatten Pappbecher in der Hand und schlenderten an den Bars und Stripclubs in den heruntergekommenen Häusern vorbei. Als er von der Chartres auf die Dumaine bog, schaltete Trevor auf einen anderen Sender, ohne das Tempo zu verlangsamen. Der Empfang des Classic-Rock-Senders, den er im Hotel eingestellt hatte, wurde schlechter. Immer wieder wurde Sympathy for the Devil von den Rolling Stones von Rauschen unterbrochen. Während er weiterjoggte, suchte er einen anderen Sender. Doch auch der Jazz-, der Blues- oder der Cajun-Zydeco-Sender waren nicht besser zu hören. Plötzlich drang die Stimme eines jungen Mädchens über den Äther.
„Wer ist er, dass er glaubt, mir vorschreiben zu können, was ich mit meinem Körper machen darf und was nicht? Er ist ja nicht mal mein richtiger Dad.“
„Wie alt bist du, Shayla?“
„Ich bin vierzehn, fast fünfzehn.“
„Ich verstehe.“ Die andere Stimme gehörte einer Frau. Sie hatte einen weichen Südstaatenakzent. „An was für eine Art Tattoo hast du denn gedacht?“
„Ich möchte ein Anch-Kreuz – nicht zu groß, auf die Schulter.“ Trevor kannte dieses Zeichen. Es war eine ovale Schlaufe auf einem Kreuz, ein ägyptisches Symbol für das ewige Leben, das innerhalb der Gothic-Szene äußerst beliebt war.
„Tja, das klingt doch ziemlich bescheiden. Was hält deine Mutter davon?“
„Ihr ist es egal, was mit mir ist oder was ich tue.“
Es herrschte ein kurzes Schweigen, als ob die Frau gerade tatsächlich die Lage der Anruferin überdenken würde. Selbstverständlich ist sie viel zu jung, um sich ein Tattoo stechen zu lassen, fand Trevor und ignorierte den Schweiß, der ihm in den Augen brannte. Warum erklärt die Frau ihr das nicht einfach? Die Leute auf der Straße waren für ihn nur noch verschwommen wahrzunehmen, als er an ihnen vorbeirannte.
„Hör zu. Es gibt verschiedene Möglichkeiten. Du könntest dir trotzdem eines stechen lassen – ohne die Erlaubnis deines Stiefvaters.“
Super Idee. Trevor schüttelte den Kopf und sprintete vor einer Pferdekutsche entlang, in der eine Gruppe von Nachtschwärmern johlend miteinander anstieß.
„Aber wenn du das machst“, setzte die Frau hinzu, „bekommst du richtig viel Ärger, wenn er es herausfindet.“
„Wem sagen Sie das.“ Er konnte beinahe hören, wie der Teenager die Augen verdrehte.
„Eines möchte ich dir noch sagen. Du meintest, deine Mom würde sich nicht um dich kümmern. Ich kann natürlich nicht beurteilen, ob es so ist. Aber vielleicht verbietet dein Stiefvater dir das Tattoo, weil er nicht will, dass du etwas tust, was du später im Leben bereust. Tattoos sind von Dauer, und er möchte sicher sein, dass du diese Entscheidung bewusst triffst. Unangebracht oder nicht – es klingt, als würde er sich um dich sorgen.“
Das Mädchen war einen Moment lang still. „Vielleicht.“
„Hör auf meinen Rat, Shayla. Nimm das Geld, das du für das Tattoo ausgeben wolltest, und kauf dir davon einen richtig tollen Anch-Anhänger. Betrachte ihn als Investition in dein Outfit. Trage ihn, und wenn du achtzehn bist und immer noch ein Tattoo willst, dann los.“
Die Anruferin legte auf, und die Frau sagte: „Sie hören Midnight Confessions mit Dr. Rain Sommers auf WNOR, dem alternativen Radio von New Orleans.“
Der Sender wechselte zu einer Werbung für kalorienarmes Bier. Mit einem Schlag wurde Trevor klar, wohin sein Unterbewusstsein ihn geführt hatte. Dauphine Street. Das Mallory’s war ganz in der Nähe. Sein Vater stand wahrscheinlich hinter der Bar und schenkte Alkoholisches aus. Oder er hockte auf der anderen Seite der Theke und versoff seinen Gehaltsscheck. Trevor blieb stehen, beugte sich vor und stützte sich mit den Händen auf den Oberschenkeln ab, um Luft zu holen. Dann schloss er die Augen. Seine Unentschlossenheit nervte ihn, doch die magnetische Anziehungskraft der Bar gewann schließlich die Oberhand.
Ich werde auf keinen Fall hineingehen, schwor er sich. Ihm reichte ein Blick durchs Fenster auf den Mistkerl – die Bestätigung für sich selbst, dass Gott es in all seiner Ungerechtigkeit nicht für angebracht gehalten hatte, den Mann für seine Taten zu bestrafen. Die Radiomoderatorin kehrte ans Mikrofon zurück, während Trevor sich das Gesicht mit einem Zipfel des T-Shirts abwischte und sich wieder in Bewegung setzte.
„Unser nächster Anrufer ist Daniel aus dem French Quarter. Über was möchten Sie heute Abend sprechen, Daniel?“
„Ich möchte über dich sprechen, Rain. Über dein Erbe.“
Für einen Augenblick herrschte Totenstille. „Es tut mir leid. Wir sprechen nicht über mich, das ist eine der Regeln. Haben Sie irgendein Problem, bei dem ich Ihnen heute Abend helfen kann?“
„Du bist mein Problem, Rain. Ich muss einfach ständig an dich denken.“
„Das klingt nach einem ziemlich billigen Anmachspruch.“
Während die Stimme der Frau sinnlich klang, war die des Anrufers tief, beinahe hypnotisch. Trevor zwang sich, schneller zu laufen. Die Luft flirrte über der Straße, es war stickig und schwül, und es ging keine Brise.
„Es ist wahr, Rain. Ich mag dich. Sehr sogar.“
„Mein Marktwert scheint offenbar zu steigen. Ich habe meinen ersten echten Stalker.“ Ihr Ton war scharf und voller Sarkasmus. „Hören Sie, Daniel. Wir sind hier alle ziemlich beschäftigt, also verschonen Sie uns bitte mit Ihren Schwärmereien. Haben Sie etwas zu erzählen oder nicht?“ Als der Anrufer bloß lachte, fügte sie hinzu: „Wie alt sind Sie, Dan? Sie klingen ein wenig reifer als unsere normalen Anrufer.“
„Man könnte durchaus sagen, dass ich etwas älter bin.“
„Und wie alt?“
„Älter, als du es dir wahrscheinlich vorstellen kannst.“
Trevor war so vertieft in das Gespräch, dass er gar nicht bemerkte, wie schnell er rannte. Die Bar, in der James Rivette arbeitete, lag auf der anderen Seite der Straße. Es war eine schäbige Absteige. Ein Werbeschild für Budweiser blinkte in einem der abgedunkelten Fenster.
„Und, Rain? Mein Name ist nicht Daniel. Ich heiße Dante.“
Trevor lief auf die Straße, als der viel zu schnelle Cadillac gerade um die Ecke bog und die rote Ampel einfach überfuhr. Die Bremsen kreischten, als der Fahrer versuchte, den Wagen zu halten. Trevor wurde vom Kotflügel erfasst, drehte sich einmal und schlug auf der Motorhaube auf. Mit einem dumpfen Aufprall fiel er auf die ölverschmierte Straße. Schmerz schoss durch seinen Schädel, dann schloss sich Dunkelheit um ihn.
„Warum, verdammt noch mal, hast du aufgelegt?“
Rain blickte kurz auf, als David D’Albas Stimme durch die Gegensprechanlage schnarrte. Sie konnte ihn durch das Fenster sehen, das den Produktionsraum vom Studio trennte, in dem sie saß. Er starrte zu ihr herüber. Die Kopfhörer hingen um seinen Nacken, die Hände hatte er auf die schmalen Hüften gelegt. Als sie nicht antwortete, warf er die Kopfhörer auf das Bedienungspult und kam mit großen Schritten zu ihr herüber.
„Der Typ war zum Gruseln, David.“
„Und genau darum hättest du ihn in der Leitung halten müssen.“ Er ging zum Monitor, um nachzusehen, wie lange der Song, den sie in den Pausen abspielten, noch lief. Dann schob er ihr Mikrofon beiseite und ließ sich auf der Tischkante nieder. Seine langen Beine streckte er zu beiden Seiten ihres Stuhls aus.
„Seine Fragen sind vielleicht etwas aus dem Rahmen gefallen“, bemerkte er. „Aber es war genau das Richtige für eine gute Show.“
„Er hat mich nach Desiree gefragt.“
David zuckte mit den Schultern. „Jeder fragt dich nach Desiree.“
„Neben einigen anderen perversen Sachen, die ich lieber nicht wiederhole, wollte er wissen, ob ich harten Sex mag.“
„Was soll ich sagen? Da draußen laufen offenbar ein paar wirklich perverse Leute herum.“
„Ich bin Psychologin, David. Ich bin an jedes erdenkliche Gesprächsthema gewöhnt, doch die Regel lautet, dass wir die Probleme des Anrufers diskutieren. Ich spreche in der Sendung nicht über mein Privatleben und schon gar nicht über mein Sexleben.“
„Vielleicht solltest du das aber.“ Er streckte die Hand aus, um mit einer ihrer rotgoldenen Locken zu spielen. „Es würde unsere Einschaltquoten in die Höhe treiben.“
Rain rückte vom Tisch ab, stand auf und lief in dem kleinen Studio auf und ab. „Es war nicht so sehr, was der Typ gesagt hat. Es war …“
„… wie er es gesagt hat?“
Sie ignorierte das breite Grinsen auf Davids hübschem Gesicht.
„Okay, der Typ war ein Idiot. Halten wir das mal so fest.“ Er wurde ernst. Dann verlagerte er sein Gewicht und verschränkte die Arme vor der Brust.
Rain blieb stehen und lehnte sich an die schalldichte Wand. Im Produktionsraum war Davids Assistentin Ella LaRue gerade dabei, aufzuräumen. Sie trug ein enges, bauchfreies T-Shirt mit dem Logo von D’Alba Enterprises und dazu fast noch engere Jeansshorts. Als sie Rains Blick bemerkte, lächelte sie zuckersüß, doch ihre dunkelbraunen Augen blieben kalt. Sie beugte sich vor, wobei ihr rabenschwarzes Haar über eine Schulter fiel, und drückte den Knopf der Sprechanlage.
Ellas honigsüße Stimme erfüllte den Raum. „Noch dreißig Sekunden, David. Die Uhr läuft.“
„Schieb eine Werbung ein. Wir sind hier noch nicht fertig.“ Er blickte Rain an.
„Meine Hörer sind vornehmlich Teenager und junge Erwachsene“, sagte Rain. „Und ja, manchmal sagen sie Dinge nur so, für den Schock-Effekt. Aber dieser Mann klang viel älter.“
„Bist du jetzt etwa seniorenfeindlich geworden?“
„Das meine ich nicht, und das weißt du auch.“ Sie schüttelte den Kopf, unsicher, wie sie die Gefühle, die der Anrufer ausgelöst hatte, beschreiben sollte. Für gewöhnlich war sie in der Lage, die Freaks, die gelegentlich in der Leitung waren, zu verscheuchen. Doch dieser Daniel oder Dante oder wie auch immer er sich nannte, hatte sie aus dem Konzept gebracht. „Er hatte etwas Heimtückisches an sich“, sagte sie leise.
„Ich habe von dir immer noch keinen Grund gehört, warum du mitten in einer Livesendung einen Anrufer weggedrückt hast.“ David rieb mit einer Hand über die Stoppeln an seinem Kinn. Das war ein Anzeichen für seine wachsende Ungeduld.
„Du hast mich mit einer Funkstille hängen gelassen. Das ist inakzeptabel.“
„Dann musst du dir mehr Mühe bei der Auswahl der Anrufer geben.“
„Warte mal kurz.“ David erhob sich vom Tisch und trat zu Rain. „Ich bin der Producer, und du bist das Talent, verstanden? Wer zu dir durchgestellt wird, bestimme ich.“
Rain wählte ihre Worte sorgfältig. „Diese Sendung soll Ratschläge geben und sich in Sachen Geschmack nicht dem kleinsten gemeinsamen Nenner fügen. Ich habe mir das alles anders vorgestellt, David. Vor neun Monaten hast du mich damit überredet, dass ich mit dieser Sendung viel mehr Jugendliche erreichen kann als mit Therapiesitzungen. Und ich habe dir geglaubt.“
Sie schloss die Augen. Und ich habe es für dich getan.
Sie wollte hinzufügen, dass sie der Sendung auch deshalb zugestimmt hatte, um die Karriere des Mannes zu unterstützen, den zu lieben sie geglaubt hatte. Bevor sie Midnight Confessions begonnen hatte, hatte Rain ihr Leben in relativer Anonymität verbracht. Sie hatte nie das Scheinwerferlicht gesucht, in das sie als Tochter der berühmten Desiree Sommers praktisch hineingeboren worden war. Aber sie konnte niemandem außer sich selbst die Schuld geben. Sie hatte ihre Prinzipien verleugnet, weil sie zu vernarrt in David gewesen war, um ihn abzuweisen. Sie hatte über das, was er von ihr wollte, nicht mit klarem Verstand nachgedacht.
„Du erreichst sie doch, Rain.“ David legte einen Finger unter ihr Kinn und zwang sie dazu, ihn anzusehen. „Sie hören dir zu.“
Bevor sie etwas antworten konnte, strich er mit dem Daumen über ihre Unterlippe. David neigte den Kopf. Seine Absicht war klar. Rain versteifte sich und legte ihre Hand auf seine Brust.
„Nicht“, flüsterte sie. Aus den Augenwinkeln sah sie Ella, die aus dem Produktionsraum stürmte. David trat einen Schritt zurück und erwiderte ihre Abfuhr mit einem knappen Nicken.
„Ich weiß, ich habe das mit uns vermasselt“, gab er zu. „Aber ich werde nicht zulassen, dass du dieser Sendung schadest.“
„Was heißt das?“
„Das heißt, du solltest dich nicht so anstellen und mal wieder auf den Teppich kommen, Dr. Sommers. Okay, dieser Typ war keiner von diesen verwöhnten Teenagern, die einem was vorheulen, weil Mommy sie nicht lieb genug hat, um ihnen einen Sportwagen zu kaufen. Das ist gut. Es bedeutet, dass wir unsere Zielgruppe erweitern. Und wenn ein bisschen Talk über ungewöhnliche Sexpraktiken nötig ist, um die Hörer anzulocken, dann ist es so.“ David fuhr sich mit einer Hand durchs Haar, das in dem gedämpften Licht des Studios fast blauschwarz schimmerte. „War dieser Kerl verrückt? Absolut. Doch bei dieser Sendung geht es um Einschaltquoten, und es ist dein Job, Typen wie diesen in der Leitung zu halten. Für mich hängt eine Menge davon ab, Rain.“ Er blickte auf, als das On-Air-Zeichen über ihnen zu blinken begann. „In dreißig Sekunden sind wir wieder drauf.“
„David …“
In der Tür drehte er sich noch einmal um. „Da ist ein weiterer Anruf in der Leitung. Eine süße Fünfzehnjährige. Ihr Freund will ungeschützten Sex mit ihr haben.“ Noch immer flackerte Wut in seinen dunklen Augen. „Sieh zu, dass du diesen Anruf erledigst, ohne einen Nervenzusammenbruch zu bekommen.“
Sobald die Sendung vorbei war, fuhr David Rain nach Hause. Sein Jaguar hielt vor dem Haus im Lower Garden District. Es war eine prunkvolle Villa im Greek-Revival-Stil. Der starke Motor lief im Leerlauf, während Rain auf dem Boden nach ihrer Handtasche suchte.
„Ich kann auf einen Sprung mit reinkommen“, schlug er vor. Der Rest der Sendung war reibungslos abgelaufen, und Davids schlechte Laune war seinem üblichen Charme gewichen. „Um zu reden?“
Rain schüttelte den Kopf und streckte die Hand nach dem Türgriff aus. „Es ist schon spät, und ich habe morgen in aller Frühe einen Patienten.“
„Es tut mir leid wegen heute Abend. Der Typ hat dir einen Schrecken eingejagt. Ich hätte verständnisvoller sein sollen.“ Er starrte durch die Windschutzscheibe, bevor er weitersprach. „Ich stand in letzter Zeit unter enormem Druck.“
„Schon okay.“ Sie schenkte ihm ein schwaches Lächeln. „Gute Nacht, David.“
Er legte die Hand wieder auf das mit Leder bespannte Steuer. „Ich will dich zurück, Rain. Ich gebe nicht auf.“
Ihre Blicke trafen sich, ehe sie die Wagentür hinter sich schloss und das kurze Stück vom Bürgersteig zur Veranda zurücklegte. David wartete vor dem Haus in seinem Wagen, bis sie hineingegangen war. Von der Diele aus beobachtete sie, wie er den Jaguar auf der Straße scharf wendete und die Scheinwerfer des Autos dabei kurz das Baugerüst an einem Nachbarhaus beleuchteten, das gerade renoviert wurde.
Während David davonfuhr, fragte sich Rain, ob er sein Apartment im French Quarter ansteuern oder erst nach weiblicher Begleitung Ausschau halten würde. David war sexuell unersättlich, das war ihr schon immer klar gewesen. Das machte ihn auch so anziehend. Trotzdem hätte sie nicht damit gerechnet, dass er sie betrügen würde.
Sie waren damals erst seit ein paar Monaten zusammen gewesen. Eines Abends war Rain zu einer Zeit, zu der sie eigentlich gar nicht im Sender hätte sein sollen, in Davids Büro gekommen. Er hatte reuevoll ausgesehen, als er sich hastig seine Kleidung übergestreift hatte. Ella hingegen hatte es überhaupt nicht eilig gehabt, sich wieder anzuziehen. Sie war lang ausgestreckt auf Davids Tisch liegen geblieben, den Rock bis zu den Hüften hochgeschoben, die Bluse achtlos zu Boden geworfen.
Er hatte es einen Ausrutscher genannt. Einen Moment der Schwäche, der ihm nicht wieder unterlaufen würde. Trotz Davids Flehen hatte Rain die Beziehung beendet. Nur ihre vertraglichen Verpflichtungen bei Midnight Confessions hatte sie aufrechterhalten. Seitdem war einige Zeit verstrichen, und sie hatten es geschafft, um der Sendung willen eine lockere Freundschaft beizubehalten. Seine Versöhnungsbemühungen wehrte sie jedoch weiterhin ab.
Als sie ihre Handtasche auf den antiken Tisch legte, der gleich neben der Eingangstür stand, wurde ihr klar, dass es für sie wirklich vorbei war. Ich liebe David nicht mehr. Vielleicht habe ich ihn auch nie richtig geliebt.
Vor David hatte es eine ganze Zeit lang niemanden in Rains Leben gegeben. Sie war damit beschäftigt gewesen, an der Tulane University ihren Doktor in Psychologie zu machen. Später dann hatte sie ihre Privatpraxis aufgebaut. Währenddessen hatte sie ihre geliebte, aber kränkliche Tante Celeste gepflegt. David hatte die Lücke in ihrem Leben gefüllt, die nach Celestes Tod nur noch größer geworden war. Er hatte sie überredet, bei Midnight Confessions mitzumachen, und hatte dabei nicht zuletzt auf ihr öffentliches Image als Desiree Sommers’ Tochter gesetzt.
Die Radioshow war ein Fehler gewesen. Sobald ihr Vertrag in drei Monaten auslief, würde sie ihn nicht verlängern. Rain hatte es vor sich hergeschoben, David ihren Entschluss mitzuteilen, doch nach dem heutigen Abend war ihr klar, dass sie es bald würde tun müssen.
Sie ging weiter ins Haus hinein. Die Villa auf der Prytania Street hatte eine Bedeutung für sie, die weit über den Umstand hinausreichte, dass sie im Register der Historischen Gesellschaft von New Orleans verzeichnet war. Rain hatte ihr ganzes Leben in diesem Haus verbracht – die ersten zwei Jahre mit ihrer Mutter und anschließend mit Celeste. Sie lächelte leicht. Die dunkle Geschichte dieses Hauses war kaum dazu geeignet, sie für das unheimliche Erbe ihrer Familie zu entschädigen. Aber dies war nun mal der Ort, wo sie hingehörte. Rain ging vom Wohnzimmer in die umgestaltete Küche und schenkte sich ein Glas Rotwein ein. Sie fühlte sich hier wohl. Der Treuhandfonds, der sich aus dem Vermögen ihrer Mutter speiste, stellte außerdem sicher, dass sie das Anwesen instand halten konnte.
Rain trank einen Schluck und überlegte, ob sie so hungrig war, um sich etwas zu essen zu machen. Eine schwarze Katze sprang unversehens auf die Küchentheke. Rain zuckte zusammen, als sie die rasche Bewegung des Tieres aus dem Augenwinkel wahrnahm, und verschüttete den Wein über ihre Seidenbluse.
„Dahlia“, schimpfte sie und tupfte den empfindlichen Stoff mit einer Serviette ab. Dahlia war eine Streunerin gewesen und Rain eines Tages zugelaufen. Schnurrend tappte sie nun über die Theke und hielt ihrem Frauchen den Kopf zum Streicheln hin. Während Rain Dahlias Wunsch nachkam, prallte eine Motte gegen das Küchenfenster. Das Licht im Haus hatte sie angezogen.
Es ist wahr, Rain. Ich mag dich. Sehr sogar.
Ihre Gedanken wanderten zu dem Anrufer in der Sendung und zu den zudringlichen Fragen, die er gestellt hatte. Obwohl sie nur am Telefon mit ihm gesprochen hatte, hatte er ihr Angst gemacht.
Sie stellte einen Teller mit Katzenfutter für Dahlia auf den Boden und strich der Katze ein letztes Mal über den Kopf. Dann nahm sie ihr Glas Wein, schaltete die Alarmanlage ein und ging nach oben.
Als sie am Schalter drehte, erfüllte sanftes Licht das Schlafzimmer. Wie der Rest des Hauses hatte der Raum eine hohe Decke und einen Parkettboden. Ein Kamin aus Marmor schmückte die Wand am Fußende des Himmelbettes. Über dem Kaminsims hing ein Bild von Desiree. Darauf trug ihre Mutter ein schwarzes Kleid mit tiefem Ausschnitt, der den Blick auf ihre zarte, weiße Haut freigab. Desirees mandelförmige, haselnussbraune Augen, die Rains so sehr glichen, blickten von der Leinwand auf sie hinunter.
Dante hatte wissen wollen, wie es sich anfühlte, dass durch ihre Adern dasselbe Blut wie das von Desiree Sommers strömte. Obwohl Rain daran gewöhnt war, nach ihrer berühmten Mutter gefragt zu werden, erschien ihr seine Wortwahl doch sonderbar und irgendwie beängstigend.
Sie ging ins Bad, um sich fürs Bett fertig zu machen, und kehrte kurz darauf in einer Pyjamahose und einem Top zurück.
In der Aufsatzkommode verbarg sich der Fernseher. Sie stellte ihn an und zog die gesteppte Tagesdecke vom Bett. Rote Laken kamen zum Vorschein. Rain kuschelte sich in die dicken Kissen, die sich am Kopfende auftürmten. Ein Bein zog sie unter sich. Als sie einen weiteren Schluck Wein trank, fiel ihr Blick auf ein Foto in einem Silberrahmen auf dem Nachttisch. Sie setzte das Glas ab und nahm das Foto zur Hand. Mit dem Finger zeichnete sie behutsam die Konturen nach.
Desiree und Gavin Firth wirkten glücklich. Der Schnappschuss war vor dreißig Jahren aufgenommen worden – 1981, in demselben Jahr, als die beiden gestorben waren. Gavin lächelte breit und hielt die zierliche rothaarige Frau, die neben ihm stand, fest umschlungen. Rain geriet ins Grübeln.
Sie war gerade mal zwei Jahre alt gewesen, als die beiden ums Leben gekommen waren. Alles, was sie über ihre Eltern wusste, stammte aus den Erinnerungen ihrer Tante Celeste, Desirees älterer Schwester, und aus den Zeitungsberichten über die leidenschaftliche, aber tragische Liebe ihrer Eltern. Ihr Blick blieb an Gavin hängen, ihrem Vater, der ihr das genommen hatte, was für ein Kind das Wichtigste auf der Welt war.
Er hatte ihre Mutter kaltblütig ermordet und sich anschließend selbst getötet.
Allmählich fielen Rain die Augen zu. Sie dachte an ihre Mutter und wünschte sich, sie hätte etwas mehr Zeit mit ihr verbringen dürfen, um sie kennenzulernen. Ein paar Stunden später riss das Klingeln des Telefons sie aus dem Schlaf. Doch als sie sich schlaftrunken meldete, war niemand am anderen Ende der Leitung …
„Dr. Patel, er wacht auf.“
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