Narrentanz - Anni Bürkl - E-Book

Narrentanz E-Book

Anni Bürkl

4,4

Beschreibung

Das Ausseerland im Salzkammergut. Zu Weihnachten nimmt sich Berenike Roither endlich zwei Tage Auszeit von ihrem Teesalon. Auf der Weihnachtsfeier ihrer Familie trifft sie die Journalistin Ariane Meixner, deren Katze verschwunden ist. Sie fürchtet, dass das Tier einem Jäger zum Opfer gefallen ist. Zurück im beruflichen Stress vergisst Berenike das Gespräch beinahe wieder, bis ein Jäger tot aufgefunden wird. Berenike will der Sache auf den Grund gehen und dann wird ein weiterer Mann ermordet …

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Anni Bürkl

Narrentanz

Berenike Roithers dritter Fall

Personen und Handlung sind frei erfunden.

Ähnlichkeiten mit lebenden oder toten Personen

sind rein zufällig und nicht beabsichtigt.

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www.gmeiner-verlag.de

© 2012 – Gmeiner-Verlag GmbH

Im Ehnried 5, 88605 Meßkirch

Telefon 0 75 75/20 95-0

[email protected]

Alle Rechte vorbehalten

1. Auflage 2012

Lektorat: Claudia Senghaas, Kirchardt

Herstellung: Christoph Neubert

Umschlaggestaltung: U.O.R.G. Lutz Eberle, Stuttgart

unter Verwendung eines Fotos von: © Miss X / photocase.com

Wer nach Altaussee kommt, will nirgendshin

als nach Altaussee

und wollte er’s, so könnt’ er’s nicht.

Prolog

»Du bist ausgestoßen. Du bist der Wärme nicht würdig, die unsere Gemeinschaft zusammenschweißt.«

Nach diesem Satz seines Gegenübers weiß der Mann, dass er sterben wird. Dass er sterben muss. Spätestens jetzt, da er friert wie nie zuvor in seinem Leben, weil man ihn zwingt, seine Kleidung abzulegen, da ahnt er, was kommen wird. Er hat es seit jener schattenhaften Begegnung gespürt, in einem Moment, als er Hilfe nahe geglaubt hat.

1.

Jagatee mit Schuss

Weihnachten wie immer. Nein. Alles, nur das nicht! Berenike schloss an diesem Heiligen Abend ihren ›Salon für Tee und Literatur‹ in Altaussee etwas früher als sonst, nachdem ein paar letzte Gäste allerletzte Buch- und Teegeschenke erstanden hatten. Also Weihnachten einmal anders. Statt der Geburt Christi ein Julfest zu feiern, erinnerte jedoch zu sehr an Nazi-Ideologien, auch wenn sie die Vorstellung eines Lichterfests entzückte. Immerhin hatte sie die Wintersonnenwende besinnlich für sich allein begangen und bei einem Spaziergang am See entlang auf das vergangene Jahr zurückgeblickt. Diese dunkelste Zeit des Jahreskreislaufs hatte etwas Magisches. Sie liebte die Rauhnächte zwischen Weihnachten und dem Dreikönigstag, in denen die Arbeit ruhen sollte, während alten Sagen gemäß die Wilde Jagd über die verschneiten Berge und Täler mit ihren dichten Wäldern und den klaren, zugefrorenen Seen brauste und die Einhaltung dieser Ruhephase überwachte. Aber sie liebte ja sowieso den Jahreskreislauf, wusste, dass alles zyklisch war, nicht linear.

Berenike brach mit einem Taxi zum Bahnhof nach Bad Aussee auf, um den weiblichen Teil ihrer Familie abzuholen, der aus ihrer früheren Heimat Wien anreisen wollte. Sie würde das Weihnachtsfest dieses Jahr mit ihrer Mutter, ihrer Schwester Selene und deren zwei Töchtern Amélie und Jenny in einem Berggasthof begehen, der auch über die Feiertage ›Business as usual‹ zelebrierte. Die Dirndl Alm bot sogar ein spezielles Menü für Festtagsflüchtlinge. Ganz ignorieren wollte Berenike Weihnachten trotz allem nicht. Der Vater hatte sich gegen die Fahrt entschieden, er mochte Reisen nicht, im Winter schon gar nicht, außerdem fühlte er sich wie Berenike dem Atheismus nahe. Ihre Eltern, Rose Roither und Fred Stein, lebten schon lange getrennt. Und sie selbst? Berenike war sich bis zuletzt nicht sicher, was sie wollte. Eine Auszeit würde ihr auf jeden Fall gut tun nach all den Jahren, in denen sie für den Aufbau ihres Salons geschuftet hatte. Ihr Lokal lief einigermaßen erfolgreich, dafür war Berenike dankbar, war das doch beileibe nicht immer so gewesen.

In den letzten Wochen war es bitterkalt geworden im Ausseerland. Der Schnee türmte sich an den Straßenrändern und auf Hausdächern, als sie, mit schwarzer Lederhose, dickem Pulli und einer warmen Jacke bekleidet loszog. Während sie im Vorbeifahren den Weihnachtsschmuck und die Lichter in den Fenstern betrachtete, stellte sich etwas wie Ferienstimmung ein. Und morgen würde Jonas kommen! Jonas Lichtenegger – den ehrgeizigen Mordermittler vom Landeskriminalamt Steiermark hatte Berenike kennengelernt, nachdem vor mehr als zwei Jahren ein Toter in ihrem Teesalon gesessen war – ausgerechnet während der gut besuchten Lesung eines prominenten Autors. Seither waren sie und der Polizist so was wie ein Paar, auch wenn alles nicht so leicht war zwischen ihnen. Durch ihre familiären Geschichten ergaben sich Berührungspunkte, beide stammten aus zum Teil jüdischen Familien. Bei aller Nähe hatte es sie in ihrem zweiten Mordfall von ihm weg getrieben. Damals hatte sie ihm nicht glauben können, dass er und seine Kollegen die Ermittlungen wirklich mit aller Macht vorantrieben, wie er betont hatte. Jonas und sie waren wie Magneten, die einander anzogen und abstießen. Momentan war alles gut. Gut, dass es Jonas gab, gut, dass er war, wie er eben war. Er wohnte nach wie vor in Graz, verbrachte aber jede Menge Zeit im Ausseerland bei Berenike, so es sein Dienst erlaubte. Und dass das nun wirklich über Weihnachten klappen sollte – ein Lächeln schlich sich auf ihre Lippen. Die Vorfreude fühlte sich tatsächlich wie in den guten Momenten ihrer Kindheit an.

Im Radio kamen Nachrichten. Wieder einmal war von einem Missbrauchsskandal in der katholischen Kirche die Rede. »Wie schrecklich«, entfuhr es Berenike. Der Blick der Taxifahrerin im Rückspiegel glitt schweigend über sie. Der Papst würde seinen Segen spenden, fuhr die Nachrichtensprecherin fort, und für die Opfer beten. Weiter ging es mit anderen Ereignissen des Tages. In Bethlehem war man angespannt wie jedes Jahr zu Weihnachten, und bei Linz war ein Geisterfahrer auf der Autobahn verunglückt. Außerdem machte der Klimawandel wieder von sich reden. Noch bevor die Nachrichten zu Ende waren, kamen sie vor dem Bahnhof an.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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