Nationale und internationale Kunst - Thomas Mann - E-Book

Nationale und internationale Kunst E-Book

Thomas Mann

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Beschreibung

Vermutlich war von einem Redakteur der ungarischen Zeitung Pester Lloyd der Wunsch gekommen, Thomas Mann möge eine Stellungnahme über nationale und internationale Kunst verfassen. Mann entsprach dem Wunsch mit dieser Antwort, die vom 11. Juni 1922 datiert. Sie wurde erst am 20. August desselben Jahres veröffentlicht, dann allerdings zeitgleich in der Vossischen Zeitung, der Neuen Zürcher Zeitung und eben dem Pester Lloyd. Die drei Fassungen weichen teilweise voneinander ab. Mann, der stets versuchte, eine inhaltlich-stringente Entwicklung in seinen essayistischen Schriften aufzuzeigen, vereint auch hier Gedanken, die er in den Jahren zuvor formuliert hatte. So finden Grundmotive aus der prorepublikanischen Rede ›Von deutscher Republik‹ (1922), aber auch aus den ›Betrachtungen eines Unpolitischen‹ (1918) Eingang in den Text und werden miteinander verknüpft.

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Seitenzahl: 15

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Thomas Mann

[Nationale und internationale Kunst]

Brief an den Redakteur

Essay/s

Fischer e-books

In der Textfassung derGroßen kommentierten Frankfurter Ausgabe(GKFA)Mit Daten zu Leben und Werk

{505}[Nationale und internationale Kunst]

[BRIEF AN DEN REDAKTEUR]

Sehr geehrter Herr! Sie fordern mich auf, Ihnen meine Gedanken über nationale und internationale Kunst mitzuteilen. Ich gestehe, daß ich mich widerstrebend anschicke, Ihrem Wunsche nachzukommen, denn was Sie von mir erwarten, ist zweifellos eine charaktervolle und programmatische Stellungnahme für das eine oder das andere, das Hochhalten einer Fahne, eine redlich patriotische oder hochherzig humanitäre Kundgebung – und damit kann ich nicht dienen. Nicht, daß ich zu »kompliziert« dazu wäre – ich hüte mich vor einer so eitlen Entschuldigung. Aber ich habe einfach immer gefunden, daß im Punkte des Nationalen am Meinen, Reden und Fordern gar nichts, am Sein, am Tun dagegen alles gelegen sei. Daß Goethe sich während der Freiheitskriege im nationalen Sinne mangelhaft benahm, indem er zum Beispiel erklärte, er verdanke den Franzosen einen zu großen Teil seiner Bildung, um sie hassen zu können, fällt gegen seine gewaltige Deutschheit, seine ethnische Göttlichkeit federleicht ins Gewicht. Hat man den Götz, den Faust, den Meister, die Sprüche in Reimen, und »Hermann und Dorothea« geschrieben, ein Gedicht, auf das A. W. Schlegel die heute unliterarische Lobeserhebung »vaterländisch« anwandte, so kann man sich einige kosmopolitische Unzuverlässigkeit am Ende leisten; womit zugleich gesagt sein soll, daß ich es nicht für ratsam halte, Goethes nationale Lauigkeit von 1813 mit dem Betragen gewisser deutscher Literaten zu verwechseln, die ums Jahr 1916 in Zürich saßen und Schmähartikel gegen Deutschland dichteten. Denn ihre ganze Deutschheit bestand eben in ihrem freilich sehr deutschen {506}