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Studienarbeit aus dem Jahr 1998 im Fachbereich Politik - Geschichte der politischen Systeme, Note: 1, Universität Wien (Politikwissenschaft), Veranstaltung: Seminar aus Vergleichender Politikwissenschaft: Historische Aspekte von Nationalismus, Rechtsextremismus und Sexismus: Nationalsozialismus und Geschlecht, Sprache: Deutsch, Abstract: Gerade der Nationalsozialismus war ein System, das vehement versuchte, alle Lebensbereiche der Menschen zu kontrollieren. Beim Unterfangen, Bevölkerungspolitik im nationalsozialistischen Sinn zu machen, wurde massiv versucht, auf den „Bereich Reproduktion“ und somit auf die Sexualität der (Groß-)Deutschen Einfluß zu nehmen. Was war erwünscht, was verboten und was geduldet? Was waren die Intentionen, die Widersprüche und die Auswirkungen der Maßnahmen im NS? Frauen werden als Opfer und (Mit-)Täterinnen beleuchtet.
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Inhaltsverzeichnis
1. Vorwort
1.1. Warum dieses Thema?
1.2. Frauen als Opfer / Frauen als (Mit-)Täterinnen
2. Nationalsozialismus und Sexualität - Intentionen, Widersprüche und praktische Auswirkungen
2.1. Intentionen
2.2. Antisemitismus
2.3. Widersprüche
2.4. Rechtfertigung des Frauenbildes
3. Erwünscht
3.1. „Pro-natalistische“ Maßnahmen
3.1.1. Aufwertung der Mutter
3.1.2. Finanzielle Anreize
3.1.3. Aufrufe zur Zeugung
3.1.4. Organisationen
3.1.5. Ehe
3.1.6. Ergebnis
3.1.7. Die Rolle der SS bei der NS-Bevölkerungspolitik
3.1.8. Lebensborn
4. Verboten
4.1. Einschränkungen
4.1.1. Bekämpfung von „Sittenverfall“?
4.1.2. Mode
4.1.3. Rauchen (und Trinken)
4.1.4. Tanzen
4.2. Jugend
4.2.1. Erziehungsmaßnahmen
4.2.2. Realität
4.2.3. Kriminalisierung
4.3. Kriminalisierung
4.3.1. „Nicht-Wertvolle“
4.3.2. Homosexualität
4.3.3. Abtreibung
4.4. Vernichtung:
4.4.1. Anti-natalistische Maßnahmen
5. Erlaubt:
5.1. Sonderfall Prostitution
5.2. „Artbewußte Lüsternheit“
6. Im Vergleich
6.1. Vorher
6.2. Anderswo
6.3. Nachher
7. Anhang
7.1. Gesetze
8. Literatur
1.1. Warum dieses Thema?
Diese Arbeit wurde nicht geschrieben, um Sensationsgier zu befriedigen oder um sich an den immer wieder kolportierten „Abartigkeiten“ des Dritten Reiches zu delektieren. Es geht nicht darum, Einzelschicksale auszuschlachten sondern darum, strukturelle Bedingungen zu beleuchten. Die Politik beeinflußt immer auch das Privatleben der Menschen. Nicht umsonst heißt es, das Private ist politisch!
Gerade der Nationalsozialismus war ein System, das vehement versuchte, alle Lebensbereiche der Menschen zu kontrollieren. Beim Unterfangen, Bevölkerungspolitik im nationalsozialistischen Sinn zu machen, wurde massiv versucht, auf den „Bereich Reproduktion“ und somit auf die Sexualität der (Groß-)Deutschen Einfluß zu nehmen. Den thematischen Zusammenhang zum Titel des Seminars (Sexismen und Rassismen) verdeutlicht ein Zitat aus dem Buch „Gender Killer“:
„Daß die alltägliche und generative Reproduktion einer fiktiven Ethnizität untergeordnet ist, die jeder Bevölkerungspolitik immanent ist, markiert (...) eine Schnittstelle, an der sich Sexismus und Rassismus unmittelbar verknüpfen.“[1] Der Nationalsozialismus hat zwar Rassismus und Sexismus nicht erfunden, aber die extremen Ausprägungen, die er hervorgebracht hat, eignen sich besonders gut dazu, die verschiedenen Unterdrückungsformen und deren Verknüpfung aufzuzeigen.
In den letzten Jahren verlagerte sich das Interesse der Geschichtsforschung teilweise von einer Beschreibung der Ereignisse als „Geschichte großer Männer“ hin zu einer Art Alltagsgeschichtsschreibung. Auch in der Frauenforschung gab es einen ähnlichen Paradigmenwechsel. Beiden soll hier Rechnung getragen werden.
1.2. Frauen als Opfer / Frauen als (Mit-)Täterinnen
„Die Frauenforschung konzentrierte ihre Arbeit (...) viele Jahre lang auf die Opfer, die weiblichen Opfer, und klammessssssrte die Auseinandersetzung mit Menschen, die vom NS-Regime profitierten, aus. (..) Eine Debatte über den Begriff der Mittäterschaft setzte ein, in der es um die weibliche Mitverantwortung und Mit-Beteiligung am NS-System ging.“[2]
Ich möchte Frauen, die den Nationalsozialismus erlebt haben weder auf ihre Rolle als Opfer reduzieren, noch ihre (Mit-)Täterinnenschaft überbetonen. Sie waren möglicherweise durchaus beides: Opfer und Täterinnen. „Opfer einer patriarchalen „Rassen-Ideologie“ und gleichzeitig (...) PropagandistInnen eben dieses „Rassen-Ideals“, (...) Nutznießerinnen von Privilegien für „arische“ Frauen und gleichzeitig (...) Objekte eines „Ausleseprozesses“.“[3] Eine differenzierte Sichtweise scheint hier von größter Wichtigkeit, scheint jedoch nur selten gelungen zu sein. Auch Claudia Koonz bemängelt in ihrem Buch „Mütter im Vaterland“ die Darstellungen von Frauen, die sie in diverse Schubladen pressen: „passiv/Opfer, aktiv/Täterin oder unpolitisch/politisch - die Rolle der Frauen wird mit einem polaren, moralischen Kategorienraster zu erklären versucht, das für das Bedürfnis nach einfachen Erklärungen herhalten muß.“[4]
In dieser Arbeit wird also der Versuch unternommen, nicht zu pauschalisieren und nicht zu moralisieren. Männer und Frauen sollen jenseits von Schubladendenken als Individuen betrachtet werden. Dennoch wurde das Thema aus einer feministischen Sichtweise bearbeitet. Ich gehe nicht naiv – „unvoreingenommen“ davon aus, daß es für Frauen und Männer im Nationalsozialismus die gleichen Bedingungen gab, um Opfer oder TäterIn zu werden. Strukturell gilt: „Die Machtergreifung von 1933 ist eine Machtergreifung des Frauenkörpers. (...) Die NS-Politik zielte auf die Verwirklichung des neuen Volkskörpers durch das freiwillige oder erzwungene Opfer des Frauenkörpers.“[5]
2.1. Intentionen
Die vom Rassepolitischen Amt der NSDAP veröffentlichten (für Männer und Frauen geltenden) „10 Leitsätze für die Gattenwahl“ lauteten:
„1. Bedenke, daß Du ein Deutscher bist!
2. Du sollst Geist und Seele reinerhalten!
3. Halte Deinen Körper rein!
4. Du sollst, wenn Du erbgesund bist, nicht ehelos bleiben!
5. Heirate nur aus Liebe!
6. Wähle als Deutscher nur einen Gatten gleichen oder artverwandten Blutes!
7. Bei der Wahl Deines Gatten frage nach seinen Vorfahren!
8. Gesundheit ist Voraussetzung auch für äußere Schönheit!