New Food Marketing - Andreas Peters - E-Book

New Food Marketing E-Book

Andreas Peters

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Beschreibung

Die goldene Währung im Food Marketing ist das Vertrauen der Menschen in Qualität, Geschmack und Sicherheit der angebotenen Produkte – doch wie kann dieses Vertrauen in der heutigen Gesellschaft aufgebaut und aufrechterhalten werden? Andreas Peters, langjähriger Marketing Manager für einige der erfolgreichsten Food Brands Europas, weiß aus Erfahrung, dass es in erster Linie um das erfolgreiche Management des Heute und um die richtige Einschätzung und Planung des Morgen geht. Über viele Jahre hat er die Branche intensiv gescreent und liefert fundierte Antworten auf spannende Fragen wie: Was sind die Food-Trends von morgen? Welche Spuren wird die Corona-Pandemie beim Einkaufs- und Essverhalten hinterlassen? Wie sieht der (Ernährungs-)Alltag im Jahre 2030 aus? Auf welche veränderten Zielgruppen können sich Food Marketer einstellen – und wie können sie erreicht werden?

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Andreas Peters

NEW FOODMARKETING

Trends & Chancen bis 2030

Bibliografische Informationen der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.de abrufbar.

ISBN 978-3-86641-344-3

eISBN 978-3-86641-514-0

© 2021 Deutscher Fachverlag GmbH, Frankfurt am Main

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt.

Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar.

Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

Projektleitung: Birga Andel

Produktion: Thomas Mattner, X-production, Aschaffenburg

Satz: Publikations Atelier, Dreieich

Umschlag: Grafische Gestaltung Guido Klütsch, Köln

Inhalt

Vorwort

TEIL IDie neue Realität „nach Corona“

1 Modernes Kochen „at Home“

2 Home Delivery

3 Self Care & Sicherheit

4 Verantwortungsvoll & fair

5 Digital wird normal

6 Regionalität

7 Gesund alt werden

TEIL II2030 – Der Blick nach vorne

1 Gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Ausblick

2 Beschaffung von Lebensmitteln

3 Cooking at Home und Küchentechnik

4 Out of Home Consumption

5 Essen und Trinken

6 Kommunikation

7 Packaging

8 Ernährungswissen und -verhalten

9 Am Ende zählt der Preis

TEIL IIIVerbraucherverhalten im Laufe der Zeit

1 Wechselnde Vermarktungsprioritäten im Marketing

2 Lynn, Tom & Co: Ein Blick auf den Alltag im Jahr 2030

TEIL IVWeitblick

1 Werbung und Kommunikation 2030Bernd Lange

2 Die Ernährung der ZukunftRebecca Dörner

3 Mediennutzung 2030Birgit Mueller

TEIL VNew Food Marketing : 12 Leuchtfeuer für erfolgreiches Food Marketing im kommenden Jahrzehnt

1 Haltung und Purpose

2 Das Jahrzehnt der Wahrheit

3 Wachstumschancen

4 Personalisierte Angebote

5 Keep it simple!

6 Multi-Channel-Service

7 Win with Packs

8 Jede Kalorie zählt

9 Kompetenz als Teamleistung

10 Die Marke als Partner und Influencer

11 Nach der Krise ist vor der Krise

12 Gut essen, glücklich leben!

Danke!

Über den Autor

Quellen

Bildnachweis

Vorwort

Während meiner beruflichen Laufbahn in Marketing und Verkauf gab es zwei wesentliche inhaltliche Schwerpunkte und Herausforderungen: erstens das Management des JETZT und zweitens die Einschätzung und Planung des MORGEN. Das JETZT bezog sich auf das erfolgreiche Management des laufenden und kommenden Jahres, das MORGEN auf die Betrachtung und Vorbereitung der Marken und des Unternehmens auf die Chancen und Herausforderungen der Zukunft. Als ich mich dem Ende meiner beruflichen Aktivitäten näherte, konnte ich auf mehr als 30 Jahre Erfahrung in Marketing und Verkauf zurückblicken. Unter anderem habe ich mich über einen langjährigen Zeitraum um Marken wie Maggi, Thomy oder Buitoni gekümmert und das JETZT und das MORGEN verantwortet. Das hat alles viel Spaß gemacht und ich habe viel dabei gelernt. Einiges davon wollte ich gerne für interessierte Marketers festhalten, weshalb mein erstes Buch entstand: GOOD FOOD MARKETING. Es beschäftigt sich im Wesentlichen mit dem JETZT, beinhaltet einige Best-Practice-Erfahrungen und gibt Hinweise auf die Dos and Don’ts im Food Marketing. Nachdem ich dann aus dem aktiven täglichen Marketing-Management ausgestiegen war und deutlich mehr Zeit für meine persönlichen Interessen hatte, konnte ich mich ausführlicher mit dem MORGEN beschäftigen. Insbesondere die Trends im Food Business haben mich weiterhin fasziniert, und deshalb habe ich dazu alles gesucht und gelesen, was ich fand. Auch mit Geschäftspartnern und ehemaligen Kollegen habe ich mich über das MORGEN in der Lebensmittelbranche intensiv ausgetauscht. Wohl wissend, dass sich der Mensch bezüglich seines Essverhaltens nur langsam grundsätzlich ändert (einige Gerichte und den Geschmack aus dem Elternhaus liebt man oft ein Leben lang), so gibt es doch immer wieder Adaptionen des Bekannten und Lust auf Neues. Schneller ändert sich allerdings unser Verständnis von Ernährung, unser Informations- und Beschaffungsverhalten von Lebensmitteln.

Spannend ist außerdem, dass Food Trends von morgen schon heute ansatzweise zu erkennen sind. Sie sind untereinander vernetzt, verstärken oder schwächen sich gegenseitig. Vor allem in Krisensituationen kommen diese Netzwerke in Bewegung und entwickeln eine oft schwer vorhersagbare Dynamik. Parallel laufende soziale und kulturelle gesellschaftliche Veränderungen und technische Entwicklungen beeinflussen unsere Ernährung immer weiter.

Dies zu beobachten, zu deuten und mit anderen Fachleuten zu diskutieren ist faszinierend und inspirierend. Und so ist über die Zeit das Bedürfnis entstanden, einige dieser Gedanken ebenfalls „aufs Papier zu bringen“. Das vorliegende Buch ist deshalb kein wissenschaftlich geprüftes Dokument, sondern eine persönliche Einschätzung der Herausforderungen und Chancen für das Food Marketing der kommenden Jahre auf Basis meiner Erfahrung und meines Wissens. Um die Tür des Blickes in die Zukunft weiter zu öffnen, habe ich drei ausgesprochen fachkundige Menschen gefragt, ob sie sich zu wichtigen Themen des Food Marketings an einen Weitblick wagen. Mit Begeisterung und großem Engagement haben sie zugestimmt. Diese Gastbeiträge bereichern die Auseinandersetzung mit den zukünftigen Rahmenbedingungen zweifelsohne sehr, und schon an dieser Stelle gilt mein Dank „meinen“ Gastautoren.

Zur Veranschaulichung des Lebens in Bezug auf Ernährung und der Anschaffung und Verwendung von Lebensmitteln im Jahr 2030 wollte ich einen Einblick in den Alltag derer schaffen, die dann die wichtigsten Zielgruppen des Food Marketings sein werden. Exemplarisch dazu habe ich gemeinsam mit der Agentur markenzeichen Kurzgeschichten verfasst, die auf unterhaltsame Weise die Einstellung und das Verhalten zukünftiger Konsumenten von Lebensmitteln beschreiben. Auch für diese Unterstützung schon vorab ein herzliches Dankeschön.

In diesem Buch wird an verschiedenen Stellen von Verbrauchern beziehungsweise Konsumenten, von Zielgruppen oder Kunden die Rede sein. Dazu möchte ich generell festhalten, dass dies nur Begriffe aus dem traditionellen Marketing-Vokabular sind und sie auch durchaus ihre Berechtigung haben. Die Interpretation dieser Marketing-Zielgruppen geht aber zukünftig deutlich weiter als in der Vergangenheit. Erfolgreiches zukünftiges Marketing muss die gemeinten Menschen ganzheitlicher verstehen und ansprechen. Neben gut messbaren Faktoren wie beispielsweise Haushaltsgröße, Einkommen, Mediennutzung oder Klickverhalten spielen zunehmend schwieriger messbare Faktoren wie Einstellung, Haltung oder moralisch-ethische Beweggründe eine Rolle beim Einkauf von Lebensmitteln. Algorithmen und KI werden helfen, das Verhalten der Menschen besser zu verstehen und vorherzusagen. Aber letztendlich müssen diese Daten interpretiert und verantwortungsvoll in Marketingaktivitäten umgesetzt werden. Diese menschliche und kreative Handlung wird auch in Zukunft Erfolgsfaktor bleiben. Es geht also bei der Verwendung der oben genannten Marketing-Zielgruppen und -Begriffe immer um den Menschen als Ganzes und nicht alleine darum, wann und wo oder ob überhaupt er oder sie ein Produkt oder einen Service eines Unternehmens in Anspruch genommen hat.

Die wichtigsten Einflussfaktoren (Game Changer) auf das Food Business in den letzten Jahrzehnten waren die Veränderung der Wahrnehmung der idealtypischen Familie (von Ernährer-Hausfrau-Kinder hin zu zwei gleichberechtigten und berufstätigen Partnern mit Kind), was zu einem neuen Ernährungsverhalten (Zeitknappheit für Einkauf und Kochen bedeutet wachsenden Convenience-Bedarf) geführt hat, sowie die Ergänzung des Haupttreibers „Genuss“ um die Dimension „Gesundheit“. In den kommenden Jahren werden Digitalisierung und Nachhaltigkeit zu weiteren Game Changern in der Lebensmittelbranche. Auch die Bedürfnisse der älter werdenden Bevölkerung nehmen erheblichen Einfluss auf unsere Gesellschaft und eine altersgerechte Ernährung – vom Wissen über die Wirkung und den Einkauf bis hin zur Zubereitung von Lebensmitteln. Hierauf muss das Food Marketing rechtzeitig die richtigen Antworten liefern.

Dieses Buch sollte eigentlich im Sommer letzten Jahres erscheinen – doch dann kam die Corona-Pandemie. Ein solches Jahrhundertereignis (ich hoffe, das bleibt es) verändert natürlich nicht alles im Hinblick auf 2030, aber es nimmt doch erheblichen Einfluss. Manche Trends werden durch große Krisen gestoppt, verzögert oder aber auch beschleunigt. Da ich erwarte, dass zumindest die nächsten drei Jahre noch deutlich von den Nachwirkungen der Pandemie geprägt werden, habe ich ein Kapitel an den Anfang des Buches gestellt, das sich mit der Neuen Realität im Food Business „nach Corona“ beschäftigt. Damit bekommen die Aussagen dieses Buches sowohl eine mittelfristige wie auch eine langfristige Perspektive.

Das „nach Corona“ bezieht sich auf die Zeit nach den erneuten Spitzen der Pandemie im Winter und Frühjahr 2020/21. Sicher werden wir auch in den kommenden zwei bis drei Jahren noch einige Hotspots und lokale Eindämmungsmaßnahmen erleben, und ich erwarte, dass es – bedingt durch die für ein solches Virus üblichen Mutationen – nötig sein wird, den Impfstoff immer wieder anzupassen. Wir werden lernen, das Virus zu kontrollieren und mit ihm zu leben. Ähnlich wie beim Grippevirus werden wir sehr wahrscheinlich zu jährlichen Impfungen vor dem Winteranfang kommen. Und auch die Maske wird sicher in den nächsten Jahren insbesondere bei den vulnerablen Bevölkerungsgruppen zur Winterbekleidung beziehungsweise zum Aufenthalt mit vielen Menschen auf engem Raum gehören.

Ich erwarte, dass wir in Deutschland bis Ende 2021 zumindest kontrolliert nahe an unsere alte „Normalität“ herankommen und dass das Leben und die Wirtschaft wieder ins Laufen kommen. Erste Euphorie und Konsumlust sind wie erwartet eingetreten. Die wahren wirtschaftlichen Nachwirkungen der Krise und damit auch die Auswirkungen auf das Food Business werden allerdings erst in den Jahren 2022 und 2023 sichtbar werden.

Mit diesem Buch möchte ich einen Beitrag zum Verständnis zukünftiger Herausforderungen und Chancen im Food Marketing anbieten und ich hoffe, dass es selbst dann, wenn es für den fundierten Leser keine sensationellen (dieses Buch ist kein Science-Fiction-Roman, sondern orientiert sich aufgrund langjähriger Erfahrung an realistischen Einschätzungen) Erkenntnisse bringt, den Geist beflügelt und die Sinne für das MORGEN schärft. Wenn es dann auch noch Spaß und Inspiration beim Lesen erzeugt, so wie bei mir beim Schreiben, wäre das eine schöne Win-win-Situation!

Andreas Peters

Im Juli 2021

TEIL I

DIE NEUE REALITÄT „NACH CORONA“

Die neue Realität im Food Business „nach Corona“

© Andreas Peters, Gestaltung Agentur markenzeichen

Kurzfristig oder länger andauernd?

Auswirkungen der Krise

Zunächst einige Ausführungen zur neuen Realität „nach Corona“. Diese beziehen sich auf die nächsten zwei bis drei Jahre. Dieser Zeitraum wird nötig sein, um die Auswirkungen der Krise zu verarbeiten und dann in hoffentlich wieder ruhigeres Fahrwasser zu kommen. Einiges wird kürzer, anderes länger nachwirken. Laut einer im März 2021 durchgeführten Umfrage des Forschungsinstituts Kantar im Auftrag der Tagesschau (online), in der Menschen in Deutschland nach ihren Vorstellungen von der Zeit „nach der Pandemie“ befragt wurden, antworteten sie beispielsweise: „Sie wollen weniger auswärts essen und häufiger selbst kochen“ (31 %), „Sie wollen in Zukunft häufiger von zu Hause aus arbeiten“ (23 %) oder „Sie wollen in Geschäften und öffentlichen Verkehrsmitteln weiterhin Mund-Nasen-Schutz tragen“ (35 %). Zwischen den Erwartungen und dem effektiven Verhalten wird es natürlich Abweichungen geben, aber die durch die Corona-Krise veränderte Stimmung wird noch länger anhalten.

Vorsicht, Selbstschutz und „My home is my castle“ werden auch das Ernährungsverhalten beeinflussen.

Einflüsse auf Ernährungsverhalten

Schon vor der Corona-Krise gab es einige starke Einflüsse, die die aktuellen Einstellungen und das Verhalten der Menschen bezüglich ihrer Ernährung beeinflusst haben. Um die wichtigsten zu nennen: das zunehmende Verständnis, dass Ernährung und Gesundheit in direktem Zusammenhang stehen (Stichworte Clean Label, Self Care), die Erkenntnis, dass die Herstellung und Verwendung von Lebensmitteln einen erheblichen Anteil an unseren Umweltproblemen hat (Stichworte Fleischkonsum, Verpackungen), die weiterhin zunehmende Bereitschaft, Convenience-Produkte in den eigenen Ernährungsplan einzubauen (Stichworte Quality Time, Flexibilität) oder auch die zunehmende Bedeutung der Digitalisierung (Stichworte Online-Bestellung, Kochrezepte, bargeldloses Bezahlen). Auf einige dieser Aspekte bin ich ja auch schon ausführlicher in meinem ersten Buch GOOD FOOD MARKETING eingegangen.

Die Corona-Krise hat nun manche dieser Einflussfaktoren in ihrer Bedeutung verändert. Es gab einige Entwicklungen, die man auch als „Gewinner“ der Krise bezeichnen könnte. Auf die aus meiner Sicht wichtigsten möchte ich im Folgenden eingehen, da sie für das Marketing von Lebensmitteln in den kommenden Jahren Relevanz haben. Auf längerfristige Trends und Chancen für das Food Marketing bis zum Jahr 2030 fokussiere ich mich dann im nächsten Teil des Buches.

EXKURS

ÜBER WEN REDEN WIR? DIE ZIELGRUPPEN

1. Traditionalisten (geb. 1935–1949)

Ereignisse: Zweiter Weltkrieg, Wiederaufbau

Merkmale: Konformität, traditionelles Wertebewusstsein

2. Babyboomer (geb. 1950–1965)

Ereignisse: Wirtschaftswunder, steigende Geburtenrate

Merkmale: Workaholics, Rebellion gegen Establishment

3. Generation X (geb. 1966–1980)

Ereignisse: Wirtschaftskrise, hohe Scheidungsrate

Merkmale: Misstrauen, Sehnsucht nach Individualität

4. Generation Y (geb. 1981–1994)

Ereignisse: Internet, Globalisierung, Terrorismus

Merkmale: Work-Life-Blending, Feedback als Orientierungshilfe

5. Generation Z (geb. 1995–2010)

Ereignisse: Digitalisierung des Alltags, Social Media, „Fridays for Future“, Corona-Krise

Merkmale: Retraditionalisierung, Umweltschutz, Sicherheitswunsch

(Basis: Focus 35/2019 – Ergänzung durch den Autor)

Die Menschen, die heute und morgen Lebensmittel als einen Beitrag zu Genuss und besserer Lebensqualität nachfragen, sind ausgesprochen heterogen in ihren Erwartungen. Unterschiedlichste Voraussetzungen führen zu komplexen Antworten in Form von Produkten und kommunikativer Auseinandersetzung.

Schaut man auf die Zielgruppen 2030, dann spielen neben den demografischen Fakten und den allgemeinen Einstellungen und Werten der jeweiligen Alters-Cluster auch die spezifischen Einstellungen der Menschen zur Ernährung eine wichtige Rolle. Als Basis für das Verständnis diverser Ernährungstypen kann man die Studien von TNS-Infratest heranziehen, die im Auftrag von Nestlé im Jahr 2015 erstellt und in dem Buch „Wie is(s)t Deutschland 2030“ veröffentlicht wurden (Deutscher Fachverlag). Dort geht man von sieben Ernährungstypen aus, die von den „Leidenschaftslosen“ bis zu den „Multi-Optionalen“ ein unterschiedliches Einkaufs-, Zubereitungs- und Informationsverhalten bezüglich ihrer Nahrungsaufnahme aufweisen.

Die Lektüre ist spannend und erwähnt schon einige Aspekte, die auch in diesem Buch eine wichtige Rolle spielen. Interessant sind meines Erachtens zwei Erkenntnisse, die sich aus der Analyse und Prognose 2015 für 2030 ergeben. Erstens wird insbesondere die Bedeutung der Ernährungstypen zunehmen, die sehr an einem gesunden Lebensstil interessiert sind, die fit alt werden möchten oder eben aus altersbedingten gesundheitlichen Gründen (Diabetes, Bluthochdruck etc.) besonders auf ihre Ernährung achten müssen („Die Gesundheitsidealisten“, „Die Problembewussten“). Zweitens wird deutlich, dass der Zusammenhang zwischen Ernährung und Umweltschutz 2015 nur eine untergeordnete Rolle für das Ernährungsverhalten gespielt hat. Themen wie Klimaschutz oder Food Waste standen 2015 noch nicht im Fokus der Öffentlichkeit, wobei wir heute sehen, dass diese unser Ernährungsverhalten bis 2030 deutlich beeinflussen werden.

1Modernes Kochen „at Home“

Die weltweite Corona-Krise hat das Einkaufs-, Koch- und Essverhalten der Menschen heftig durcheinander gerüttelt, in Deutschland genauso wie andernorts. Die gewohnte mittägliche Verpflegung der arbeitenden Bevölkerung am Arbeitsort – in Kantinen oder Restaurants, an Snack Points oder in Coffee Shops – fiel für alle ins Homeoffice gezwungenen Menschen monatelang weg. Dasselbe galt für Restaurantbesuche in den Abendstunden. Was also tun, wenn Lieferdienste & Co (siehe nächstes Kapitel) auf Dauer keine Option sind?

Eine Möglichkeit für die zu Hause Arbeitenden: mal wieder (oder auch zum ersten Mal) selbst kochen. Schließlich hatten alle jetzt mehr Zeit, da Aktivitäten wie Fitness-Studio, Kino oder Treffen mit Freunden ersatzlos gestrichen waren. Außerdem ist das selbst gekochte Menü in der Regel frischer und wird als gesünder erlebt. Und der Koch kann stolz auf seine Leistung sein (in den meisten Fällen jedenfalls)!

Hochwertige Convenience-Produkte

Nur: Kochen will gelernt sein. Aber da hilft ja die Lebensmittelindustrie, und in der Tat haben gerade die Warengruppen, die das Kochen zu Hause erleichtern, insbesondere während der Lockdowns sehr gute Umsätze gemacht. Convenience-Produkte nach neuesten Standards (unabhängig von der Haltbarmachung) sind die Gewinner der Krise. Überzeugende Qualität, frei von künstlichen Zusatzstoffen, leicht zu verwenden und preislich akzeptabel wurde diese neue Generation an Convenience-Produkten zum Liebling der unerfahrenen, aber willigen Hobbyköche.

Kochboxen

Eine interessante Zwischenlösung bieten auch Food Services wie die sogenannten Kochboxen. Alles, was man für ein frisch zubereitetes Menü braucht, wird in einer Box geliefert, und dann bereitet man es nach Fahrplan (Rezept) selbst zu. Ein wenig Aufwand, ein bisschen Geschick und man fühlt sich nach diesem Assembling wie ein guter Koch. Die erbrachte Convenience-Leistung inklusive Lieferung kann und will sich zwar nicht jeder leisten, aber gerade während der Krise wurde dieses Angebot mehr und mehr geschätzt. Der Wettbewerb in dieser Angebotsform nimmt zu (HelloFresh, Marley Spoon, Dinnerly, tischline, Viani, um nur einige zu nennen) und wird Liefergeschwindigkeiten, Preise und Qualität weiter in Bewegung halten.

Da sich dieses Konzept inklusive Belieferung aber nur für größere Haushalte (mindestens zwei, eher drei bis vier Personen) rechnet, blieb den vielen Single-Haushalten weiterhin nur die Wahl zwischen industriellen Fertiggerichten oder Lieferando & Co. Natürlich gibt es auch Single-Haushalte, die frisch kochen und dann mehrere Portionen einfrieren (Meal Prepping). Das ist jedoch nur eine kleinere Gruppe, da in Single-Haushalten grundsätzlich seltener gekocht wird und ihre Kühlschränke oft nur ein geringes Gefriervolumen haben.

Neue Lust am Backen

Neben dem Kochen wurde auch das Backen revitalisiert. Ob Brot oder Kuchen – homemade schmeckt’s noch mal so gut. Vor allem das Brotbacken in der eigenen Küche wurde zum Trend quer durch alle Haushaltsgrößen. Auch für die Anbieter der dazu notwendigen Lebensmittel hat die neue Lust am Backen einen Aufschwung gebracht, der bestehen bleiben dürfte, sollten die Arbeitnehmer wie zu erwarten auch zukünftig häufiger von zu Hause aus arbeiten. Koch- und Backhilfsmittel sowie die begleitenden Getränke (Kaffee und Tee) für zu Hause gehen also definitiv als Gewinner aus der Corona-Krise hervor und werden auch weiterhin eine wichtigere Rolle in der Nachfrage spielen als zuvor.

Viele dieser neuen Zugänge zum „Kochen at Home“ werden sicherlich auch in den nächsten Jahren bleiben.

Homeoffice wird bleiben

Corona hat gezeigt, dass in einigen Unternehmen und Branchen viele Arbeitsplätze auch ganz oder zeitweilig im Homeoffice funktionieren – und diese Entwicklung wird man nicht zurückdrehen. Nach meinen Informationen planen viele Groß- und Mittelstandsunternehmen, in den nächsten Jahren 20 bis 30 Prozent der bisherigen Büroarbeitsplätze abzubauen und durch Homeoffice-Arbeitsplätze zu ersetzen. In den Unternehmen wird es dann eine Anzahl an Shared Working Stations geben, sodass sich mehrere Arbeitnehmer einen Platz im Office teilen. Das bedeutet, man arbeitet überwiegend von zu Hause aus, kommt aber auch regelmäßig zu Meetings oder fürs Teamwork ins klassische Büro. Dort nutzt man dann den Arbeitsplatz eines Kollegen, der zu dieser Zeit im Homeoffice ist.

Diese Lösung ist sowohl für den Arbeitgeber interessant (Einsparung von hohen Fixkosten für Miete und Arbeitsplatzgestaltung) als auch für Arbeitnehmer, die gerne von zu Hause aus arbeiten (lockere Arbeitsatmosphäre, Fahrtzeiten entfallen), und letztlich entlastet sie auch die Umwelt!

Eine Umfrage des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (Deutschland, wie es isst – der BMEL Ernährungsreport 2021) hat gezeigt, dass in Deutschland 2021 deutlich mehr gekocht wurde als im Vorjahr. 52 Prozent der Befragten kochten zuletzt täglich (2020: 39 %). 77 Prozent gaben an, dass sie gerne kochen und das unabhängig von Alter und Geschlecht. Dabei ist auffällig, dass es bei den Jüngeren einen deutlichen Anstieg von 14 Prozent im Vergleich zum Vorjahr gab.

2Home Delivery

Grundsätzlich hat der E-Commerce von der Krise profitiert. Da die Einzelhandelsgeschäfte monatelang geschlossen waren, sind Online-Shops, die bereits vor dem Shutdown erfolgreich im Web agiert haben – wie die Anbieter von Musik, Büchern, Textilien, Bankdienstleistungen oder auch Streaming und Gaming – nochmals gepusht worden.

In den Big Cities gibt es schon seit vielen Jahren ein gut ausgebautes Netz an Home-Delivery-Spezialisten (Lieferando & Co). Also war dies in vielen Fällen die erste Option. Aber es gibt gewaltige Unterschiede zwischen der Verpflegung per Lieferdienst in normalen Zeiten und der Situation in der Krise: Zeit und Anspruch!

Gestiegene Ansprüche

Während so mancher früher nach einem langen Arbeitstag froh war, ohne großen Aufwand schnell etwas Essbares an die Tür geliefert zu bekommen, war jetzt im Homeoffice der Anspruch an Qualität und Frische höher. Eine Chance für die Lieblingsrestaurants der zu Hause Arbeitenden. Wer konnte und wollte, hatte seine Restaurantküche für die Abhol- oder auch Bringofferte geöffnet. Aus dieser Notlösung ergeben sich auch zukünftig interessante Business-Optionen für Restaurants, die neben dem klassischen Restaurantbetrieb Angebote für den Außer-Restaurant-Verzehr machen oder angesichts hoher laufender Kosten für den Betrieb vielleicht sogar ganz auf Delivery umsteigen könnten. Die Abhol-Menüs der Restaurants haben sich auf jeden Fall als ernstzunehmende Wettbewerber für die klassischen Home-Delivery-Services erwiesen.

Vorstellbar sind auch interessante Kooperationen aus beiden Ansätzen: Die Restaurants verfügen über hohe Koch- und Frischekompetenz, die Lieferdienste über die Zustellstruktur. Wer also in den Big Cities nicht ständig nur zwischen Pizza, Asia Food oder Massen-Burger hin und her wechseln will, könnte durch die Restaurantangebote mehr Abwechslung und Qualität auf den Speiseplan bekommen. Mit dem neuen kulinarischen Angebot wären neue Zielgruppen und Preissegmente erreichbar. So gesehen hat die Corona-Krise Deutschland einen bundesweiten Testmarkt für das Home Delivery im Food Business beschert.

Strahlende Gewinner der Krise