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Einen Moment gezögert und dann ist er vorüber – der perfekte Augenblick für eine geniale, schlagfertige Antwort. Doch das ist kein Grund zum Verzweifeln, denn Schlagfertigkeit ist keineswegs nur angeboren, sondern durchaus erlernbar. Erfolgstrainer Matthias Pöhm hat besonders wortgewandte Menschen analysiert und festgestellt, dass vielen schlagfertigen Antworten ein Schema zugrunde liegt. Ähnlich wie die Grammatikregeln der deutschen Sprache, die jeder von uns unbewusst korrekt anwendet, gibt es auch für die Schlagfertigkeit Regeln, die Sprachgenies unbewusst befolgen, um …… sofort eine passende Erwiderung auf verletzende Verbalangriff e zu finden,… sich bei Wortgefechten und Verhandlungen strategisch richtig zu verhalten,… ganz einfach durch Frechheit zu siegen. Die Zeit der Sprachlosigkeit ist vorüber!
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Seitenzahl: 224
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Diogenes war ein griechischer Philosoph der Antike, der in einem Fass lebte. Er hatte einen berühmten Zeitgenossen und Bewunderer: Alexander der Große. Alexander hatte das größte bis dahin existierende Reich erobert, war unumstrittener Herrscher fast über die ganze damals bekannte Welt und hatte Macht über alles im Staat. Obwohl Alexander sich als Nachfahre der Götter sah, hegte er eine große Bewunderung für Diogenes, den Philosophen, der in äußerster Bescheidenheit lebte. Die Bewunderung war allerdings nicht wechselseitig. Eines Tages kam Alexander zu Diogenes und sagte selbstherrlich zu ihm: »Diogenes, nenne mir irgendeinen Wunsch, egal, was es ist, ich werde ihn dir erfüllen.« Darauf sagte Diogenes zu Alexander dem Großen: »Geh mir aus der Sonne.«
Das ist eine Erwiderung, von der wir uns wünschen, sie wäre uns selbst eingefallen. Geistreich, doppeldeutig, mit einem versteckten Hieb. Das ist Schlagfertigkeit in Reinkultur.
Dieses Buch beschäftigt sich mit der Schlagfertigkeit unter dem Aspekt der Nachahmbarkeit. Philosophische Antworten wie die von Diogenes lassen sich nicht schematisieren. Aber ich stelle Ihnen genügend Reaktionsmuster vor, damit Sie nie wieder um eine wirksame Antwort verlegen zu sein brauchen.
Viele Menschen haben das Problem, dass sie in einer Situation, in der sie sich ungerechtfertigt angegriffen fühlen, sprachlos bleiben. Und erst Stunden später fällt ihnen ein, welchen brillanten Satz sie in dieser Situation hätten erwidern können.
Meine Nichte Michaela finanziert ihr Studium mit Nebenjobs. Eines Tages wurde sie engagiert, um bei einer Vernissage zu servieren. Andreas, ein weitläufiger Bekannter von ihr, war ebenfalls von der Veranstalterin engagiert, um Fotos zu machen. Er gehörte zu jener Art von Menschen, die sich zwar gerne zur Schicki-Gesellschaft dazuzählen, aber in Wahrheit immer nur am äußeren Kreis der Society dahindümpeln.
Irgendwann, während die Gäste die Bilder anschauten, ging er auf Michaela zu, musterte sie von oben bis unten und grinste verspannt: »Du siehst professionell aus. Aber ein kleiner Tipp: Du wirst hier bezahlt, um zu lächeln. Hast du mich verstanden?« Dann schlenderte er betont lässig weiter.
Als Michaela bewusst wurde, dass sie spontan etwas hätte erwidern müssen, war er schon außer Hörweite. Wut kam hoch: »Was bildet sich der eigentlich ein? Er ist genauso von der Gastgeberin engagiert wie ich. Der hat mir absolut nichts zu sagen. Und dann noch so von oben herab.«
Sie können sich sicher vorstellen, wie sich Michaela danach das Hirn zermartert hat, was sie am besten hätte erwidern sollen.
Jeder hat solch hilflose Wut schon einmal erlebt. Mit der richtigen Strategie und der richtigen Grundeinstellung gelingt es in solchen Situationen, schnell zu reagieren. Nicht in 100 Prozent aller Fälle, aber wesentlich häufiger, als wenn man ohne Strategie in die Situation geht.
Im Bayerischen Fernsehen gab es eine Talkshow mit Ottfried Fischer, genannt Ottis Schlachthof. Eines Tages war die Kabarettistin Hertha Schwätzig bei ihm zu Gast; Hertha Schwätzig kommt aus der emanzipierten Frauenszene. Nun saß sie inmitten einer Talkrunde von vier Männern. Ottfried Fischer sagte während des Interviews zu Hertha: »Mir ist aufgefallen, dass Frauen, die feministisches Kabarett machen, großen Mut zur Hässlichkeit haben.« Darauf erwiderte Hertha Schwätzig: »Also, wenn du damit sagen willst, dass Emanzen immer hässlich sind, dann säße ich ja mit lauter Emanzen am Tisch!«
Das war eine schlagfertige Antwort. Hertha Schwätzig hat im Gegensatz zu meiner Nichte direkt reagiert. Da wird jemand angegriffen, der lässt sich aber nicht unterkriegen und kontert sofort. Das ist die erste Bedeutung des Wortes Schlagfertigkeit in der deutschen Sprache. Ich nenne sie die »Erwiderungsfertigkeit«.
Schauen wir uns aber die drei nachfolgenden Beispiele an:
•Herr Brunner läuft mit großer Eile auf eine Bürotür zu. Er kann nicht wissen, dass von der anderen Seite ebenfalls jemand im gleichen Tempo auf dieselbe Tür zustürmt. Herr Brunner reißt die Tür auf und steht völlig überrascht dem anderen gegenüber. Der erschreckt: »Oh, mein Gott!« Herr Brunner erwidert: »Sie können auch Brunner zu mir sagen.«•Da sagt ein Mann mit kleiner Körpergröße: »… und das sag ich dem Chef geradewegs ins Gesicht.« Sein Kollege fügt hinzu: »Ich heb dich dann hoch.«•Eine Kandidatin bei Thomas Gottschalks Hausparty sollte gebratene Kakerlaken essen. Die Arme versuchte sich herauszureden: »Ich hab keinen Hunger, ich hab gerade Buletten und Kartoffelsalat gegessen.« Darauf Gottschalk: »Wenn du die wieder sehen willst, dann iss.«Diese drei Beispiele repräsentieren Situationswitze.
Und damit haben Sie die zweite Bedeutung des Wortes Schlagfertigkeit. Schlagfertigkeit ist auch die Fähigkeit, aus einer Gegebenheit heraus spontan einen Witz zu machen. In diesem Buch wird sie »Witzfertigkeit« genannt. Die bekanntesten TV-Exponenten dieser Art der Schlagfertigkeit heißen Harald Schmidt, Stefan Raab, Oliver Pocher und Thomas Gottschalk.
Schlagfertigkeit gibt es also in zwei Varianten. Zum einen: sich gegen eine Verbalattacke geistreich zu verteidigen, und zum anderen: spontan eine witzige Bemerkung aus der Situation heraus zu machen. Zusammenfassend definiere ich Schlagfertigkeit wie folgt:
Schlagfertigkeit ist das schnelle, unerwartete sprachliche Reagieren auf unvorhergesehene Situationen.
Dieses Buch beschäftigt sich mit beiden Aspekten der Schlagfertigkeit: mit der Erwiderungsfertigkeit und der Witzfertigkeit
Wenn wir uns das Wort Schlagfertigkeit in anderen Sprachen anschauen, so sieht es dort ähnlich wie im Deutschen aus. Das am meisten gebräuchliche Wort im Englischen ist »wit«. Es wird meist im Zusammenhang mit einem Adjektiv gebraucht. Clever wit, ready wit oder quick wit. Wie im Deutschen wird es auch im englischen Sprachgebrauch in beiderlei Sinn verwendet. Zum einen versteht man darunter das spontane Reagieren auf einen Angriff und zum anderen die Fähigkeit, in jeder Situation eine witzige Bemerkung zu machen. Der Wortursprung im Englischen legt den Schwerpunkt auf den Aspekt des Witzigen. Das Wort »wit« heißt eigentlich Witz.
Umgekehrt verhält es sich im Französischen. Dort sind zwei Ausdrücke gebräuchlich: »la promptitude de repartie« und »la promptitude de riposte«. Auch hier sind im Sprachgebrauch zwar wieder die beiden bekannten Bedeutungen des Wortes Schlagfertigkeit mit eingeschlossen. Aber der Wortursprung von »la repartie« oder »la riposte« umfasst im Gegensatz zum Englischen das Wortfeld »zurückgeben, entgegnen, erwidern«. Also nicht den Aspekt des Witzes.
Bei den Franzosen gibt es auch noch einen weiteren Ausdruck, der allerdings mehr in der Umgangssprache zu Hause ist: »répondre du tac au tac.« Auch dieser Ausdruck stammt aus der Wortwurzel »entgegnen«. Das Wort »du tac au tac« lässt sich mit »Degenklirren« übersetzen. Es braucht kein Sprachstudium, um zu erkennen, welches Bild dieser Art der Schlagfertigkeit zugrunde liegt.
Beiden Sprachen gemeinsam ist die Verquickung mit »Schnelligkeit«. »La promptitude« und »quick« signalisieren, dass hier schnell reagiert werden muss.
Wenn wir uns schließlich den Begriff »Schlagfertigkeit« vom Wortursprung im Deutschen anschauen, so klingt es brutal. Schlag-Fertigkeit. Hier wird gleich geschlagen. Gemeint ist wohl im Ursprung auch das Zurückschlagen. Die zweite Komponente des Wortes heißt »Fertigkeit«. Fertigkeiten wie Klavierspielen, Schwimmen oder Autofahren kann man lernen, warum sollte das bei der Schlagfertigkeit anders sein?
Natürlich hängt das auch ein wenig vom Talent ab. Wenn Sie Talent mitbringen, werden Sie ein höheres Schlagfertigkeitsniveau erreichen, als wenn Sie kein Talent mitbringen. Das ist wie beim Autofahren. Nicht jeder hat das Zeug zur Formel 1, aber Autofahren kann jeder lernen. Zumindest jeder, der bereit ist, Energie dafür aufzuwenden.
Am Ende eines Abendkurses, den ich über Schlagfertigkeit gegeben hatte, saßen wir noch mit allen Teilnehmern in einer Kneipe. Es gab nur einen einzigen Raucher in der Runde. Der steckte sich am Ende des Kurses natürlich seine verdiente Zigarette an. Plötzlich giftete ihn ein Nichtraucher scherzhaft an: »Ab nächstem Jahr werden alle Raucher erschossen.« Der angegriffene Raucher gab eine kurze, bündige Antwort, worauf alle in schallendes Gelächter ausbrachen. Sie interessiert sicherlich, was er geantwortet hat. Er sagte: »Dann müsst ihr alle höhere Steuern zahlen.« Vielleicht finden Sie diese Antwort gar nicht so genial.
Ich möchte Sie hier auf ein Problem bei schlagfertigen Antworten aufmerksam machen. Eine niedergeschriebene schlagfertige Antwort wirkt nicht immer genauso gut wie diejenige, die in der echten Situation gesprochen wurde. Das habe ich bei der Beschäftigung mit diesem Thema lernen müssen. Selbst erlebte oder im Fernsehen aufgezeichnete Repliken verlieren ihre Brillanz, wenn sie nur auf einem Blatt Papier zu lesen sind. Trotzdem hatten sie in der Situation ihre schlagfertige Wirkung.
Wenn Sie selbst witzige Antworten aufschreiben und dann beim Lesen den Eindruck haben, sie wirken nicht, so soll Ihnen das nicht den Mut nehmen, in der echten Situation genau diese Antworten zu geben. Sie wirken gesprochen fast immer besser.
Dieses Buch beschäftigt sich mit der Schlagfertigkeit in all ihren Facetten. Das schließt auch eine »brave« Schlagfertigkeit mit ein, die im Prinzip niemandem weh tut. Die andere, bissige Schlagfertigkeit existiert aber auch. Und sie ist weit mehr verbreitet als die »nette« Schlagfertigkeit.
Lieb sein genügt nicht immer.
Harry Holzheu, ein bekannter Schweizer Kommunikationstrainer, war Gast beim bissigsten Talkmaster der Schweiz, Roger Schawinsky. Roger Schawinsky ist dafür bekannt, dass er seine Gäste angreift und in bedrohliche Situationen bringt. Harry Holzheu konnte mit seiner Strategie des Lobens, »Herr Schawinsky, Sie sind ein sagenhafter Motivator, ich führe Sie immer als Musterbeispiel auf«, beim Talkmaster leider keine Beißhemmung auslösen. Roger Schawinsky giftete unbeeindruckt und unverdrossen weiter: »Alle Ihre Bücher kann man auf drei Sätze reduzieren, und jetzt schreiben Sie noch das elfte Buch?« Herr Holzheu sah einfach nicht gut aus. Dagegen hilft mehr eine Schlagfertigkeit, die wirklich »schlägt«.
Die Theorie in den Kommunikationsbüchem lautet: Wenn Sie den anderen wertschätzen, so wird er auch Sie wertschätzen. Das ist richtig, das funktioniert oftmals, bis eben auf die Ausnahmen. Und genau für diese Ausnahmen sollen Sie gewappnet sein.
Dieses Buch will den Ist-Zustand beschreiben, die Realität der Schlagfertigkeit, so wie sie uns in Beruf, Privatleben, Politik und Medien begegnet. Sie sollen schlagfertiger werden mit den echten Spielregeln des Lebens und nicht mit den Spielregeln, die innerhalb der heilen Kommunikationstheorie herrschen.
In den nachfolgenden Kapiteln werden Ihnen Techniken zur Schlagfertigkeit vorgestellt. Am Ende jedes Kapitels gibt es immer Übungsbeispiele inklusive der möglichen Antworten. Für diese Übungsbeispiele sollen Sie nur dann selbst Antworten suchen, wenn Ihnen die Technik gefällt. Ansonsten lesen Sie sich nur die Beispiele mit den Antworten durch. Sie sollen prinzipiell nur das lernen, was Ihnen Spaß macht.
Zusätzlich zu den Techniken sind Strategien, Regeln, Tipps und Grundhaltungen beschrieben. Alle Techniken, die sich eins zu eins mit dem Prinzip Verbalangriff – Erwiderung einüben lassen, sind mit einer in Klammem gesetzten Nummer nach der Kapitelüberschrift versehen. Das erleichtert Ihnen das systematische Training.
Bei vielen Techniken sind Standardantworten mit angegeben, die universell einsetzbar sind. Sie sind so gewählt, dass Sie sie fast immer anwenden können und damit bei den meisten Verbalangriffen fürs Erste aus dem Schneider sind.
Denn wenn Sie von einem Angriff getroffen sind, geht Ihr Hirn in den Stresszustand, wo es nur auf Flucht oder Angriff programmiert ist. Da können Sie nicht mehr klar nachdenken. Ihre Gedanken kreisen in einer Art Endlosschleife – »Ich muss jetzt etwas antworten«, und durch diesen Druck fällt Ihnen erst recht nichts ein. Eine Stunde später haben Sie die Antwort. Klar, denn Sie stehen nicht mehr unter Stress. Die Standardantworten verhindern, dass Sie bei Angriffen in diesen Schockzustand geraten, der ein kühles Denken blockiert. Ohne nachzudenken, können Sie eine Erwiderung wie einen Colt aus dem Halfter ziehen.
Um in Zukunft schnell zu reagieren und damit erst einmal handlungsfähig zu bleiben, ist es wichtig, ein überschaubares Repertoire von wenigen Standards im Schlaf zu beherrschen. Aus den angebotenen Standardantworten sollen Sie sich am Ende nur fünf heraussuchen, die Sie auswendig lernen. Übertragen Sie die von Ihnen ausgewählten Antworten in die leeren Zeilen auf Seite 206. Wenn Sie sich mehr als fünf Standards einprägen wollen, besteht die Gefahr, dass Sie zu lange unter den verschiedenen Antwortmöglichkeiten suchen und es dann plötzlich für eine Antwort schon zu spät ist.
Wer schlagfertig werden will, der sollte nicht nur die einzelnen Techniken trainieren. Zur Schlagfertigkeit gehören einige Basisfertigkeiten, die schlagfertigeres Reagieren erst möglich machen. Man braucht einen großen Wortschatz, man muss assoziativ denken können, man muss gewillt sein, frech zu reagieren, und man braucht eine gewisse Schnelligkeit im Denken. Alles das lässt sich, aufbauend auf Ihrem Grundtalent, trainieren.
Winston Churchill wurde während einer Abendgesellschaft von einer Lady Astor angegriffen. Die Dame sagte: »Wenn ich Ihre Frau wäre, würde ich Ihnen Gift geben.« Darauf antwortete Churchill: »Wenn ich Ihr Mann wäre, würde ich es nehmen.« Dies ist ein Musterbeispiel einer schlagfertigen Antwort. Die Geschichte ging aber weiter. Die Dame sagte daraufhin: »Herr Churchill, Sie sind ja total betrunken.« Churchill gab zurück: »Der Unterschied zwischen mir und Ihnen ist: Wenn ich morgen aufwache, bin ich wieder nüchtern, Sie aber immer noch hässlich.«
Die erste Antwort von Churchill war hochgradig schlagfertig, die zweite Antwort eher plump. Warum?
Je größer der gedankliche Bogen, den man noch ergänzen muss, desto schlagfertiger wirkt die Antwort.
Die erste Antwort von Churchill: »Wenn ich Ihr Mann wäre, würde ich das Gift nehmen«, heißt im Klartext: »Bei einer Hexe wie Ihnen bringt man sich besser selbst um.« Hätte Churchill das damals so formuliert, wäre die Antwort nicht so schlagfertig erschienen.
Die Botschaft darf nicht direkt, sondern sollte durch die Blume ausgedrückt werden. »Wenn Sie aufwachen, sind Sie immer noch hässlich.« Da muss der Zuhörer nichts mehr ergänzen. Hätte er gesagt: »Sie müssen sich morgen beim Blick in den Spiegel immer noch trösten, dass innere Werte wichtiger sind«, hätte der Zuhörer einen gedanklichen Bogen ergänzen müssen, um auf dieselbe Aussage zu kommen. Churchill hätte schlagfertiger gewirkt.
Was ist der Unterschied zwischen Marx und Murks? Antwort: Marx ist Theorie, Murks ist die Praxis.
Warum ist dieser Witz nicht so witzig? Der Kreis wird vom Erzähler geschlossen. Es fehlt der Gedanke, der zu Ende gedacht werden muss. Wenn man als Auflösung nur sagt: »Marx ist Theorie …«, und lässt den Zuhörer den Rest selbst ergänzen, wirkt es witziger.
Eine Antwort wirkt desto schlagfertiger, je größer der Bogen ist, den der Zuhörer noch ergänzen muss.
Wenn Ihnen jemand sagt: »Du siehst ganz schön übernächtig aus«, und Sie antworten: »Du siehst selber übernächtigt aus«, so ist das nicht schlagfertig. Wenn Sie aber sagen: »Gott sei Dank hast du keinen Spiegel zu Hause«, dann ist die Botschaft dieselbe, aber der Zuhörer muss die Schlussfolgerung selbst ziehen.
Schlagfertige Antworten zeichnen selten ein reales, vernünftiges Bild. Es ist fast immer übertrieben, verzerrt und unsinnig.
Je absurder das Szenario, desto schlagfertiger wirkt die Erwiderung.
Hier einige Beispiele, die unter anderem deshalb schlagfertig wirken, weil die Antwort absurd genug ist. Diesen Antworten sind noch andere Schlagfertigkeitsmuster überlagert. Sie werden im Laufe des Buches noch angesprochen.
•Ich hab so viel Geld auf der Bank, ich könnte mir drei Häuser am Ku’damm kaufen.Aber ich verkaufe nicht.
•Wie könnten wir den Glauben an Politik und Staat wieder hersteilen?Indem wir alle Beamten mit den Politikern erschlagen.
•Du verbrauchst ganz schön viel Geld.Ich hab ’ne gute Druckmaschine.
•Schreib doch »Herzlichen Glückwunsch« auf die Torte.Gut, hol mir mal die Schreibmaschine.
•Wieso sind Ihre Zähne so gelb?Ich arbeite bei der Post.
Beschreiben Sie also eine unmögliche, unsinnige Situation, in die Sie eine gegebene Bemerkung hineintransferieren. Absurd wird hier im Sinne von »weit hergeholt«, »blödsinnig« verstanden. Sie bringen Welten zusammen, die sonst nichts miteinander zu tun haben.
Hören Sie sich den Beginn von folgendem Witz an: »Der Papst steht in der Warteschlange am Eingang zu einer Techno-Party …« Allein dieses Szenario macht schon neugierig. Zwei völlig gegensätzliche Welten werden sprachlich zusammengefügt. Das ist absurd.
Versuchen Sie einmal, sich zurückzuerinnern. Als Kinder und Jugendliche haben wir uns noch getraut, absurden Blödsinn zu machen und hemmungslos herumzualbern. Wir achteten kaum darauf, was die anderen von uns denken. Der Spaß stand im Vordergrund. Irgendwann haben wir aber begonnen, erwachsen zu spielen, die seriöse, triste Welt der Erwachsenen zu imitieren. Stück für Stück sind uns damit der Mut und die Fähigkeit herumzublödeln abhandengekommen. Trauen Sie sich wieder, Nonsens zu reden. Lassen Sie los! Denken Sie nicht daran, was die anderen davon halten. Ihre Schlagfertigkeit steigert sich wesentlich dadurch.
Sie alle kennen die unangenehmen, persönlichen Fragen, bei denen man meist mit »Darüber möchte ich nicht reden« antwortet. Das ist die übliche brave Verteidigungsantwort. Sie wirkt weder schlagfertig noch originell. Lassen Sie uns an Hand solch »peinlicher« Fragen trainieren, wie man schlagfertige Antworten geben kann, indem man absurden Blödsinn erwidert.
Was ist eigentlich Nonsens? Nonsens ist, wenn Sie wissen, was der Frager meint, aber Sie übertragen es auf einen anderen Bereich. Da fragt Sie jemand: »Welche Charaktereigenschaften finden Sie bei sich am schlimmsten?« Sie wissen, was er damit meint, aber Sie suchen jetzt einen anderen Bereich, einen anderen Denkrahmen, in den Sie die Frage übertragen. Sie antworten ganz was anderes, als er beabsichtigt hatte. Sie könnten antworten: »Ja, meine Achselnässe«.
Nachfolgend einige »unangenehme« Fragen, die Sie bitte zur Übung mit Nonsens beantworten sollen. Bitte decken Sie die Antworten ab, und versuchen Sie, eigene Antworten zu finden.
•Was, wenn man Ihnen kündigen würde?Spaghetti anpflanzen.
•Was denken Sie gerade?Wie viel das Nutella bei Rewe kostet.
•Welches ist Ihre größte Angst?Dass mein Hund das Singen anfängt.
•Was würden Sie tun, wenn der Arzt Ihnen sagt, Sie haben nur noch zwei Monate zu leben?Ich würde sofort den Arzt wechseln.
•Wo liegen Ihre Fehler?In der Schublade.
•Wer in der Gruppe ist Ihnen am unsympathischsten?Der mit dem Holzauge.
•Wie viel verdienen Sie?Eine Ohrfeige.
•Was an Ihnen finden Sie unansehnlich?Meine Leber.
•Welche Nationalitäten mögen Sie nicht?Schwiegermütter.
•Möchten Sie wirklich noch einmal als Mann geboren werden?Nein, als Pinguin.
•Was tun Sie beruflich?Kommt auf die Jahreszeit an.
Es gibt zwei Nonsens-Standardantworten, die Sie sich einprägen können, weil sie auf fast alle unangenehmen Fragen passen.
Das absurde Reagieren eignet sich auch bei Vorwürfen und Angriffen. Es gibt zwei Nonsens-Standardantworten, die fast immer passen, wenn Ihnen ein Vorwurf gemacht wird. Da sagt Ihnen jemand beispielsweise: »Sie gehören doch in die Irrenanstalt.« Sie antworten:
Die in diesem Buch vorgestellten Techniken allein machen Sie noch nicht schlagfertig. Um schlagfertig zu werden, ist unsere Grundeinstellung fast noch wichtiger. Wenn Sie eher eine defensive Person sind, müssen Sie bereit sein, innerlich aufzustehen und Ihre Position zu verteidigen. Sie müssen bereit sein, einem anderen zu sagen: »So weit und nicht weiter – das lass ich mir nicht gefallen!« Es nützt nämlich nichts, wenn Sie verschiedene probate Techniken beherrschen, sich aber im entscheidenden Moment nicht trauen, sie anzuwenden, weil Sie denken: »Aber so was darf man doch nicht sagen!« Und danach leiden Sie wieder.
Rene Egli schreibt in seinem Buch Das Lola-Prinzip: »Wir müssen damit aufhören, nur ›nette‹ Dinge zu sagen und zu tun, damit wir ja niemanden stören oder verletzen. Wir müssen damit beginnen, völlig selbständig zu denken: unabhängig von allem, was uns Eltern, die Schule, die Nachbarn, die Medien etc. vorgedacht haben.«
Schlagfertige Menschen sind Menschen, die Ecken und Kanten zeigen, die auch mal im Mittelpunkt stehen können, die nicht krampfhaft wollen, dass ja niemand schlecht von ihnen reden kann, und die riskieren, dass einer mal nicht applaudiert bei dem, was sie sagen oder tun.
Eigentlich ist es gar nicht so wichtig, was Sie sagen, wichtiger ist, dass Sie überhaupt etwas sagen.
Sie können auch eine körpersprachliche Kurzprogrammierung für Ihr Verhalten vornehmen. Wenn Sie vor einer Situation stehen, in der Sie schlagfertig reagieren wollen, krempeln Sie symbolisch Ihre Ärmel hoch. Das bekräftigt Ihre Einstellung: »Ich behaupte meine Position.« Sie unterstützen körpersprachlich Ihre Kampfbereitschaft. Machen Sie das vor allem vor Situationen, bei denen Sie eine Auseinandersetzung fürchten.
Die Grundeinstellung zu ändern bedeutet, tief in Ihrer Persönlichkeit etwas dauerhaft zu verändern. Ihre echten Gedanken müssen anders werden – nicht nur das Verhalten nach außen.
Das ist das Problem bei vielen Seminaren und Lebenshilfebüchern. Dort wird die Seligkeit billiger verkauft, als sie zu haben ist. Zum Beispiel beim Verkaufstraining. Den Teilnehmern wird eingepaukt, den Kunden als Freund zu betrachten. Die Idee ist gut, aber sie funktioniert nicht.
Sie können nicht den Kunden isoliert als Freund betrachten und gegenüber dem Rest der Welt unverändert bleiben. Das ist eine Maske, eine Oberflächeneinstellung. Ihre Grundeinstellung ändert sich nur, wenn Sie alle Menschen als Freunde betrachten. Auch den Untergebenen, auch Ihren Nachbarn, auch Ihre Schwiegermutter, auch den Obdachlosen, an dem Sie sonst vielleicht achtlos vorübergehen.
Die Grundeinstellung ändern bedeutet mehr, als man den Leuten oft vorgaukelt. Sie müssen bereit sein, sich als Mensch zu ändern, das heißt in allen Bereichen ein anderer zu werden – dauerhaft.
Eine Möglichkeit, Ihre Grundeinstellung dauerhaft zu verändern, wird im Kapitel »Die SimulGAN-Technik« im Abschnitt »Mit Suggestion die Zukunft beeinflussen« beschrieben.
Rupert Lay schreibt in seinem Buch Dialektik für Manager. »Die Lektüre dieses Buches ist für die Vorbereitung auf ein Dialektik-Seminar außerordentlich nützlich, kann es aber nicht ersetzen.« Ähnliches gilt für die Schlagfertigkeit.
Schlagfertigkeit ist immer auch ein Spiel mit Worten. Je größer Ihr aktiver Wortschatz ist, desto schlagfertiger können Sie reagieren.