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Der Sophienlust Bestseller darf als ein Höhepunkt dieser Erfolgsserie angesehen werden. Denise von Schoenecker ist eine Heldinnenfigur, die in diesen schönen Romanen so richtig zum Leben erwacht. Das Kinderheim Sophienlust erfreut sich einer großen Beliebtheit und weist in den verschiedenen Ausgaben der Serie auf einen langen Erfolgsweg zurück. Denise von Schoenecker verwaltet das Erbe ihres Sohnes Nick, dem später einmal, mit Erreichen seiner Volljährigkeit, das Kinderheim Sophienlust gehören wird. Es war der letzte Tag, den Henrik und Nick in Sophienlust verbrachten. »Morgen früh geht's los«, erzählte Henrik. »Habt ihr's schön«, sagte Pünktchen zu den beiden Brüdern. »Ich möchte auch gern eine Woche am Meer verbringen.« »Vielleicht beneidest du uns umsonst«, erwiderte Nick. »Wenn das Wetter nicht schön ist, kann ein Aufenthalt am Meer sehr trostlos sein.« »Wie lange bleibt ihr eigentlich?«, fragte Vicky. »Leider nur acht Tage.« Henrik schürzte unwillig die Lippen. »Mutti und Vati haben nicht länger Zeit.« »Besser als gar nichts«, meinte Irmela. »Ich war mal dort. Hohe Dünen und weißer Sandstrand und bestimmt jede Menge interessante Leute.« »Die Leute interessieren mich nicht«, sagte Nick.
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Seitenzahl: 133
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Es war der letzte Tag, den Henrik und Nick in Sophienlust verbrachten. »Morgen früh geht’s los«, erzählte Henrik.
»Habt ihr’s schön«, sagte Pünktchen zu den beiden Brüdern. »Ich möchte auch gern eine Woche am Meer verbringen.«
»Vielleicht beneidest du uns umsonst«, erwiderte Nick. »Wenn das Wetter nicht schön ist, kann ein Aufenthalt am Meer sehr trostlos sein.«
»Wie lange bleibt ihr eigentlich?«, fragte Vicky.
»Leider nur acht Tage.« Henrik schürzte unwillig die Lippen. »Mutti und Vati haben nicht länger Zeit.«
»Besser als gar nichts«, meinte Irmela. »Ich war mal dort. Hohe Dünen und weißer Sandstrand und bestimmt jede Menge interessante Leute.«
»Die Leute interessieren mich nicht«, sagte Nick.
Darüber war Pünktchen sehr beruhigt.
»Was interessiert dich dann?«, wollte Irmela wissen.
»In erster Linie das Meer natürlich. Das Hinterland weniger. Aber die Gezeiten.«
»Ebbe und Flut«, sagte Henrik schnell. Er wollte zeigen, dass er darüber Bescheid wusste. »Man muss bei Ebbe vorsichtig sein, um nicht von der Flut überrascht zu werden.«
»Was du nicht alles weißt«, frotzelte Nick und erntete dafür einen zornigen Blick von Henrik.
»Vergesst nicht, uns eine Karte zu schreiben«, mahnte Pünktchen. »Wahrscheinlich wird es ohne euch hier recht langweilig werden.«
»Ach, Unsinn«, versuchte Nick sie zu trösten. »Die acht Tage vergehen wie im Flug.«
»Für euch vielleicht. Aber bestimmt nicht für uns. Zum Glück bleibt ihr bloß acht Tage weg.«
Die Kinder verabschiedeten sich schon an diesem Abend von Nick und Henrik, obwohl die beiden erst am nächsten Tag abreisen würden.
»Wenn ihr morgen frühstückt, sind wir schon unterwegs«, sagte Nick. »Also, macht’s gut!«
»Viel Spaß! Und schönes Wetter! Und holt euch keinen Sonnenbrand.« Sie winkten den beiden nach, die auf ihren Fahrrädern nach Gut Schoeneich zurückradelten.
*
Die Familie von Schoenecker erreichte Duhnen an der Nordsee am späten Nachmittag. Das Hotel war klein, aber sehr gepflegt und komfortabel. Henrik und Nick schliefen gemeinsam in einem Zimmer.
»Von hier aus kann man sogar das Meer sehen.« Staunend blickte Henrik zum Fenster hinaus. »Und wie ruhig es ist. Ich dachte immer, das Meer muss wild sein.«
»Wild ist es nur bei Sturm.« Nick war hinter seinen Bruder getreten. »Ein schöner Sonnenuntergang. Also kriegen wir morgen auch wieder schönes Wetter.«
»Hoffentlich.« Henrik lehnte sich weit über das Fensterbrett hinaus. So weit, dass Denise und Alexander, die im Nebenzimmer am Fenster standen, ihn sehen konnten.
»Willst du das wohl sofort lassen!«, rief Alexander von Schoenecker.
Henrik schnellte zurück. Direkt auf Nicks Zehenspitzen.
Der sprang vor Schmerz in die Luft.
»Aua! Mensch, du bist vielleicht ein Trampel.«
Beleidigt schluckte Henrik die Entschuldigung, die ihm schon auf den Lippen gelegen hatte, wieder hinunter.
»Und entschuldigen kannst du dich auch nicht.« Nick blickte seinen jüngeren Halbbruder drohend an. Die rechte Zehenspitze tat ihm verdammt weh.
»Hab’s ja nicht mit Absicht getan«, nuschelte Henrik.
»Auch ’ne Art von Entschuldigung«, knurrte Nick und rieb sich die Zehe.
»Soll ich dir ein Pflaster holen?«, erkundigte sich Henrik kleinlaut.
Nick tippte sich an die Stirn. »Was hat denn ein Pflaster auf einer Prellung zu suchen? Das ist doch nur für offene Wunden. Aber du kannst mir essigsaure Tonerde besorgen, wenn du unbedingt etwas tun willst.«
Henriks Blick wurde ratlos. »Wo soll ich denn jetzt am Abend diese Essiggurkenerde herkriegen? Dann will ich lieber nichts tun.«
»Typisch«, knurrte Nick.
In diesem Moment traten Denise und Alexander ein. »Zeit fürs Abendessen«, verkündete Denise fröhlich.
»Aber wir wollten doch vorher noch einen Spaziergang machen, Mutti.« Henrik schaute sehnsüchtig aus dem Fenster. »Ich wollte vorher noch das Meer sehen.«
»Du siehst es doch«, bemerkte Nick trocken.
Erst da wurde Alexander darauf aufmerksam, dass Nick dauernd seine Fußspitze rieb. »Hast du dir wehgetan?«
»Ja.«
»Wie ist denn das passiert?«, fragte Denise.
Henrik schaute ununterbrochen zum Fenster hinaus. Jetzt wird Nick petzen, und dann kriege ich eine Strafe, dachte er. Die Ferien fangen ja gut an.
»Ich habe mich angestoßen«, sagte Nick. Er fing dafür einen so erleichterten Blick von Henrik auf, dass er unwillkürlich lächeln musste.
»Das scheint ja ganz blau zu werden«, sagte Alexander. »Wie kann man sich denn so anstoßen?« Er ging hinüber in sein Zimmer und kam mit einer Salbe zurück. »Hier. Die ist für Prellungen, Verstauchungen und Blutergüsse. Trag alle zwei Stunden eine dicke Schicht auf. Dann bist du die Sache bald wieder los.«
»Danke, Vati.« Nick begann sofort seine lädierte Zehe zu behandeln.
»Ihr könnt ja nachkommen«, sagte Denise und folgte Alexander, der das Zimmer schon wieder verlassen hatte. »Wo der Speisesaal ist, wisst ihr ja. Aber lasst uns nicht zu lange warten.«
»Soll ich dir helfen?«, erkundigte sich Henrik eifrig. Es tat ihm nun doch leid, dass er Nick so wehgetan hatte. »Ich wollte das wirklich nicht.«
»Weiß ich doch.« Nick schraubte den Verschluss wieder auf die Tube. »Ist ja auch halb so schlimm. Für ein oder zwei Tage werde ich eben ein bisschen humpeln und allen Leuten erzählen, dass mein kleiner Bruder wie ein Elefant auf meinen Zehen herumgetrampelt ist.«
Misstrauisch beäugte Henrik seinen Bruder. »Das traue ich dir glatt zu.«
Nick musste lachen. »Lass dich doch von mir nicht auf den Arm nehmen. Schließlich habe ich ja auch bei Mutti und Vati nicht gepetzt, oder?«
Das stimmte. »Rechne ich dir auch hoch an. Sag mal, können wir vor dem Essen nicht doch noch schnell zum Meer hinablaufen? Ich möchte so gern einmal die Hand ins Wasser halten.«
Nick schüttelte den Kopf. »Du weißt genau, dass das nicht geht. Dann kommen wir so spät zum Abendessen, dass es gleich am ersten Tag ein Donnerwetter gibt. Lieber nicht. Du siehst das Wasser morgen noch früh genug. Oder halt mal! Ich weiß etwas Besseres. Wir machen einfach nach dem Essen noch einen Spaziergang an den Strand.«
»Mensch, Nick, du bist ein Hund!« In heller Begeisterung klatschte Henrik dem Älteren beide Hände auf die Schultern. »Ich wusste ja, dass man mit dir etwas anfangen kann.«
»Besten Dank für das Kompliment. Aber jetzt gehen wir wohl besser. Ich habe nämlich Hunger.«
Die beiden verließen das Zimmer. Sie schlossen ab und gingen die Treppe hinab.
»Weißt du, was blöd ist?«, sagte Henrik vertraulich. »Dass unser Zimmer direkt neben dem von Mutti und Vati liegt. Die hören doch jedes laute Wort von uns.«
»Dann dürfen wir eben nicht laut sein.«
Henrik zog einen Flunsch.
Die beiden hatten jetzt das Erdgeschoss erreicht und folgten dem Gang, der zum Speisesaal führt. »Schau, alles mit Teppich ausgelegt.« Staunend drehte sich Henrik um. »Ich glaube, hier wohnen lauter reiche Leute.«
»Quatsch.« Nick hatte die Tür zum Speisesaal entdeckt. Sie stand offen. Denise und Alexander saßen an einem Fenstertisch. Gott sei Dank allein, stellte Nick erleichtert fest. Die Vorstellung, beim Abendessen mit fremden Leuten reden zu müssen, erschreckte ihn ein wenig. Beim Essen hatte er gern seine Ruhe.
Auch der Speisesaal war mit Teppichen ausgelegt. Und an der Stirnseite hing ein riesengroßer Gobelin. Er bedeckte die ganze Wand. Henrik bestaunte ihn so intensiv, dass er über ein Teppichende stolperte.
»Pass doch auf!«, zischte Nick und griff nach Henriks Hand.
Zwei hübsche und wohlerzogene Kinder, dachten die anderen Gäste, als sie Nick und Henrik Hand in Hand durch den Speisesaal gehen sahen.
»Es ist aber richtig schick hier«, sagte Henrik leise, als er neben seinem Vater am Tisch saß. »Hoffentlich gibt’s auch etwas Ordentliches zu essen.« Er schielte zum Nebentisch hinüber. Dort hatte der Ober bereits die Suppe serviert. »Der ist aber viel älter als seine Frau«, sagte er leise zu Nick.
Der blickte unauffällig zum Nebentisch hinüber. »Na, so viel älter auch wieder nicht. Zehn Jahre, schätze ich.«
Das Essen war so reichlich und so gut, dass es sogar Henrik zufriedenstellte. Vom Dessert musste er sogar die Hälfte stehen lassen.
»Ich kann nicht mehr«, antwortete er auf Denises fragenden Blick. »Wenn ich noch mehr esse, dann platze ich.«
Alexander blickte seinen Jüngsten tadelnd an. »Ich glaube, für euch beide wird es Zeit, ins Bett zu gehen.«
»Mit dem vollen Bauch?«, fragte Henrik entrüstet. »Da kriege ich ja Albträume.«
Nick musste lachen, weil er genau wusste, worauf Henrik hinauswollte.
»Du könntest ja auch einmal etwas sagen«, presste Henrik zwischen den Zähnen hervor.
»Henrik möchte noch einen kleinen Verdauungsspaziergang machen«, sagte Nick.
Denise war sofort dafür. »Das könnte uns allen guttun. Gehen wir doch noch ein paar Schritte zum Meer hinab.«
Dafür hätte Henrik seine Mutter am liebsten umarmt. Aber in dem vornehmen Speisesaal war das schlecht möglich. Deshalb begnügte er sich mit einem strahlenden Lächeln.
Denise lächelte zurück. »Aber lauft hinauf und zieht euch einen Pullover über«, bat sie. »Die Nachtluft ist kühl.«
»Und du?«, fragte Alexander.
Denise deutete auf die Stola, die hinter ihr auf der Stuhllehne hing.
»So kalt ist es doch gar nicht, Mutti«, sagte Henrik, als sie alle aus dem Hotel traten. Es wehte ein sanfter Wind vom Meer her, aber er war mild.
»Das stimmt«, bestätigte Alexander verwundert. »Normalerweise sind die Nächte am Meer kühler. Aber vielleicht haben wir Glück mit dem Wetter, und es bleibt acht Tage lang schön.«
Trotz der späten Stunde begegneten sie noch vielen Spaziergängern. »Für so einen kleinen Ort sind noch ziemlich viele Leute unterwegs«, meinte Nick.
»Duhnen ist ein Badeort«, erinnerte ihn Alexander. »Hier ist in den Sommermonaten immer viel los. Umso einsamer ist es im Winter hier.«
»Da möchte ich aber wirklich nicht hier sein«, erklärte Henrik, »wenn es regnet und das Meer vielleicht tobt. Pfui Deibel.« Er zog die Schultern hoch. Doch plötzlich blieb er wie angewurzelt stehen.
Die Familie hatte inzwischen die Strandpromenade erreicht. Spiegelglatt lag das Meer vor allen. Das Licht des vollen Mondes hatte es in eine silberne Fläche verwandelt. Da wurde sogar der schnoddrige Henrik ganz andächtig.
Alexander tastete nach Denises Hand. »Erinnert das nicht an ein Märchen aus tausendundeiner Nacht?«
Denise nickte und blickte fasziniert auf die unendliche Wasserfläche hinaus.
Auch andere nächtliche Spaziergänger waren von diesem Naturschauspiel hingerissen. Überall sah man schweigende Bewunderer stehen. Ein paar Begeisterte saßen sogar am Strand nahe dem Wasser.
»Komm, wir gehen auch hinab«, sagte Henrik zu seinem Bruder. »Dürfen wir, Vati?«
»Ja. Aber bitte nicht ins Wasser.«
»Aber ich darf doch einmal die Hand hineinhalten?«, bettelte Henrik.
»Also gut«, gestattete Denise lächelnd. Dann ging sie mit Alexander langsam weiter, während Nick und Henrik zum Strand hinabliefen.
»Ich ziehe meine Schuhe aus«, rief Henrik und nestelte schon an den Schnallen seiner Sandalen.
Als er fertig war, trug Nick seine Tennisschuhe bereits in der Hand. »Der Sand ist noch ganz warm. Mann, haben wir ein Glück mit dem Wetter. Stell dir vor, es würde jetzt regnen.
»Hör bloß auf«, rief Henrik. »So was will ich mir nicht einmal vorstellen. Er lief dorthin, wo die Wellen auf den Strand trafen. Sie nässten seine Füße. »Gar nicht kalt. Am liebsten würde ich jetzt noch baden.«
»Ich auch. Aber dann wäre uns das erste Donnerwetter sicher.« Nick schaute zur Strandpromenade hinauf, wo seine Eltern langsam weitergingen. »Wir haben morgen noch Zeit genug zum Baden.« Er ließ den feinen weißen Sand durch seine Finger rieseln.
»Weißt du was?«, rief Henrik begeistert. »Wir bauen morgen eine Sandburg.«
Doch dieser Gedanke begeisterte Nick nicht so sehr. »Mal sehen«, meinte er.
»Du bist langweilig«, schimpfte Henrik.
Doch Nick ließ sich seine gute Laune nicht verderben. »Vielleicht können wir Vati überreden, einmal ein Segelboot zu mieten und mit uns hinauszusegeln.«
Dafür begeisterte sich Henrik sofort. »Das wäre einfach toll.«
»Ich glaube, wir müssen jetzt zurück«, sagte Nick. »Sieh mal, Mutti winkt uns.«
Schnell zogen die beiden Jungen ihre Schuhe wieder an und liefen zurück zur Promenade.
»Na, wie ist das Wasser?«, fragte Denise.
»Warm und ganz zahm.« Henriks Stimme überschlug sich vor Begeisterung.
»Du meinst ganz ruhig«, korrigierte Alexander. »Hoffentlich bleibt es so ruhig. Bei hohen Wellen wird das Baden gefährlich. Und vor allem dürft ihr die Flut nicht unterschätzen. Also, nicht zu weit hinausgehen bei Ebbe.«
Sie schlenderten zurück zum Hotel. »Wollen wir in der Bar noch einen Schluck trinken?«, fragte Alexander seine Frau.
Doch Denise lehnte ab. »Ich bin zu müde. Verschieben wir es auf morgen. Die Fahrt war doch recht anstrengend.« Sie ging mit ihrem Mann hinauf in ihr Zimmer.
Henrik lag schon im Bett, während sich Nick im Bad noch die Zähne putzte.
»Wie ist das eigentlich mit Ebbe und Flut?«, wollte Henrik wissen. »Kann man wirklich über das Meer laufen, wenn Ebbe ist?«
Nick gurgelte einen unverständlichen Laut aus seinem zahncremegefüllten Mund. Nachdem er mit Mundwasser nachgespült hatte, erklärte er: »Zehn Kilometer von hier entfernt liegt eine Insel im Meer. Sie heißt Neuwerk. Wenn man schnell geht, kann man sie bei Ebbe zu Fuß erreichen. Aber das ist gefährlich.«
»Wieso?«
»Weil man dabei von der Flut überrascht werden kann, wenn man die Zeit nicht genau einhält und ein bisschen zu langsam ist. Ratsamer ist es, mit einem Pferdefuhrwerk hinüberzufahren. Das kostet nicht viel, und die Kutscher kennen sich genau aus. Sie wissen, wie viel Zeit sie haben, bevor die Flut kommt.«
Von Henrik kam keine Reaktion mehr. Deshalb drehte Nick sich um. Er sah, dass sein Bruder bereits eingeschlafen war.
Nick löschte das Licht und trat zu dem geöffneten Fenster. Schade, dass Pünktchen das nicht sehen kann, dachte er. Es würde ihr bestimmt gefallen. Dann wurde auch er müde und legte sich ins Bett.
*
Am nächsten Morgen, noch lange vor der Zeit, da Badegäste aufzustehen pflegen, kroch Henrik schon aus dem Bett. Auf Zehenspitzen schlich er zum Fenster und erlebte das grandiose Schauspiel eines Sonnenaufgangs am Meer. »Mann, o Mann, o Mann!«, entfuhr es ihm.
Dieser Ausruf weckte Nick.
»Kann man denn nicht einmal in den Ferien ausschlafen?«, schimpfte er und drehte sich auf die andere Seite.
Doch auf diesen Wunsch nahm Henrik keine Rücksicht. Er kam zum Bett, packte Nick bei den Schultern und versuchte ihn zu schütteln. Das musst du sehen, Nick. Das Meer sieht aus wie flüssiges Gold. Komm, steh auf und sieh es dir an.«
Nick ließ sich überreden und kroch schlaftrunken aus seinem Bett. Der Sonnenaufgang, den er sah, war dieses Opfer wert. Schweigend beobachtete er zusammen mit seinem Halbbruder, wie die Sonne seitlich aus dem Meer aufstieg.
»Ist dort Osten?«, fragte Henrik.
»Was sonst?« Oder glaubst du vielleicht, die Sonne geht im Westen auf? Du hast doch so einen schönen Spruch gelernt: Im Osten geht die Sonne auf, im Westen geht sie unter. Im Süden hält sie Mittagspause, im Norden ist sie nie zu Hause.«
Schweigend hatte Henrik zugehört. »Können wir nicht jetzt schon aufstehen und noch vor dem Frühstück zum Strand hinabgehen?«
»Du spinnst.« Nick stapfte zurück zu seinem Bett. »Ich schlafe jetzt noch mindestens zwei Stunden.«
»Mit dir ist auch nichts anzufangen«, schimpfte Henrik und legte sich ebenfalls wieder ins Bett. Zehn Minuten später war auch er wieder eingeschlafen.
*
Der Strand war schon um neun Uhr ziemlich bevölkert. Denise und Alexander mieteten sich einen Strandkorb an einer etwas ruhigeren Stelle. Henrik und Nick wollten erst einmal den Strand erkunden. Und vor allem auch die Dünen.
»Seid nicht leichtsinnig«, mahnte Alexander. Das galt vor allem für Nick, der der Ältere war. »Spätestens um zwölf möchte ich euch zum Mittagessen im Hotel sehen. Ist das klar?«
»Alles klar, Vati.«
Lächelnd schaute Denise ihren beiden Söhnen nach, die über den Strand davonliefen. »Ich glaube, sie werden sich hier wohlfühlen. Das ist doch einmal etwas anderes für sie.«
»Und wir werden uns erholen«, sagte Alexander. »Deshalb sind wir schließlich hergekommen.« Er setzte sich vor Denise in den Sand und begann seinen Körper mit Sonnenöl einzureiben. »Kaum zu glauben, dass wir jetzt einen ganzen Tag zum Faulenzen vor uns haben.«
»Nicht nur einen«, sagte Denise lächelnd. »Eine ganze Woche. Das ist herrlich.« Sie räkelte sich in ihrem Strandkorb.
Sie hat immer noch die Figur eines jungen Mädchens, dachte ihr Mann bewundernd. »Manchmal glaube ich, dass du überhaupt nicht alt wirst«, erklärte er.
Denise öffnete überrascht die geschlossenen Lider.
»Das ist seit Monaten das erste Kompliment.«
Alexander schüttelte entrüstet den Kopf. »Ein so nachlässiger Ehemann bin ich nun wirklich nicht. Ich mache dir fast täglich Komplimente.«
Denise lachte hellauf.