Erhalten Sie Zugang zu diesem und mehr als 300000 Büchern ab EUR 5,99 monatlich.
Die (interdisziplinären) Notaufnahmen als Nahtstelle zwischen Präklinik und Klinik stehen vor zunehmenden Herausforderungen der adäquaten Patientenversorgung. Neben den originären medizinischen Kompetenzen sind auch zunehmend Kompetenzen im Bereich Ökonomie und Prozesssteuerung zum reibungslosen Betrieb einer Notaufnahme erforderlich. Ein optimales Schnittstellenmanagement dient der sicheren Patientenversorgung. Die Zusammenarbeit der unterschiedlichen Berufsgruppen erfordert ein hohes Maß an Bereitschaft, im interdisziplinären und interprofessionellen Team in kurzer Zeit die richtigen Entscheidungen zu treffen. Dieses Buch bildet die Versorgung des Patienten in der Notaufnahme bis zur ambulanten Behandlung praxisnah ab.
Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:
Seitenzahl: 383
Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:
Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwendung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechts ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen und für die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.
Pharmakologische Daten verändern sich ständig. Verlag und Autoren tragen dafür Sorge, dass alle gemachten Angaben dem derzeitigen Wissensstand entsprechen. Eine Haftung hierfür kann jedoch nicht übernommen werden. Es empfiehlt sich, die Angaben anhand des Beipackzettels und der entsprechenden Fachinformationen zu überprüfen. Aufgrund der Auswahl häufig angewendeter Arzneimittel besteht kein Anspruch auf Vollständigkeit.
Die Wiedergabe von Warenbezeichnungen, Handelsnamen und sonstigen Kennzeichen berechtigt nicht zu der Annahme, dass diese frei benutzt werden dürfen. Vielmehr kann es sich auch dann um eingetragene Warenzeichen oder sonstige geschützte Kennzeichen handeln, wenn sie nicht eigens als solche gekennzeichnet sind.
Es konnten nicht alle Rechtsinhaber von Abbildungen ermittelt werden. Sollte dem Verlag gegenüber der Nachweis der Rechtsinhaberschaft geführt werden, wird das branchenübliche Honorar nachträglich gezahlt.
Dieses Werk enthält Hinweise/Links zu externen Websites Dritter, auf deren Inhalt der Verlag keinen Einfluss hat und die der Haftung der jeweiligen Seitenanbieter oder -betreiber unterliegen. Zum Zeitpunkt der Verlinkung wurden die externen Websites auf mögliche Rechtsverstöße überprüft und dabei keine Rechtsverletzung festgestellt. Ohne konkrete Hinweise auf eine solche Rechtsverletzung ist eine permanente inhaltliche Kontrolle der verlinkten Seiten nicht zumutbar. Sollten jedoch Rechtsverletzungen bekannt werden, werden die betroffenen externen Links soweit möglich unverzüglich entfernt.
Piktogramme
Hinweis
Merke
Definition
Empfehlung
Fallbeispiel
Gesetz
Weiterführender Link
2., erweiterte und überarbeitete Auflage 2019
Alle Rechte vorbehalten
© W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart
Gesamtherstellung: W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart
Print:
ISBN 978-3-17-036535-3
E-Book-Formate:
pdf: ISBN 978-3-17-036536-0
epub: ISBN 978-3-17-036537-7
mobi: ISBN 978-3-17-036538-4
Die (interdisziplinären) Notaufnahmen als Nahtstellen zwischen Präklinik und Klinik stehen vor zunehmenden Herausforderungen im klinischen Setting und werden zukünftig einen noch wichtigeren Platz in der klinischen Patientensteuerung einnehmen. Hierfür sind in den Notaufnahmen nicht nur medizinische Kompetenzen, sondern auch Kompetenzen und Fachwissen im Bereich Ökonomie und Prozesssteuerung zwingend erforderlich.
Ein optimales Schnittstellenmanagement dient letztlich der sicheren Patientenversorgung und steht damit für eine hohe Versorgungsqualität in der Klinik. Die Zusammenarbeit unterschiedlicher Berufsgruppen, im Interesse der zu versorgenden Patienten, erfordert die Fähigkeit, im multiprofessionellen und interdisziplinären Team die richtigen Entscheidungen zum richtigen Zeitpunkt zu treffen. Sichere Kommunikation und die Fähigkeit, vorhandenes Wissen konsequent anzuwenden, sind die elementaren Bausteine der klinischen und präklinischen Versorgung von akut lebensbedroht erkrankten Patienten.
Insbesondere die Anforderungen an eine Notaufnahme, die notwendigen Strukturen, die Finanzierung der Patientenversorgung und die Besonderheiten dieser Funktionseinheiten nehmen in diesem Werk einen entsprechenden Raum ein. Ergänzt werden diese Punkte durch den medizinisch-pflegerischen Blick auf unterschiedliche Krankheitsbilder, wobei hier bewusst auch auf seltene Ereignisse abgehoben wird, und die entsprechenden Diagnostik- und Therapievorschläge von ausgewiesenen Experten auf diesem Gebiet beschrieben werden.
Einen wichtigen Part nehmen die konkreten Fallbeispiele aus vielen Jahren Praxis in den unterschiedlichen Notaufnahmen ein, die allen Mitarbeitern und Interessierten einen Einblick in die Entscheidungsstrukturen und Therapieoptionen bis hin zur entsprechenden finanziellen Vergütung des »Falls« geben.
Ebenfalls beschrieben werden die juristischen Besonderheiten in diesem hochkomplexen und medizinisch anspruchsvollen Setting.
Der Blick auf die notwendigen ärztlichen und pflegerischen Qualifikationen und damit auf die Versorgungsstrukturen und das Qualitätsmanagement runden das Werk inhaltlich ab.
Dieses Buch will gemeinsam mit Ihnen den möglichen Weg eines virtuellen Patienten vom Eintreffen in der Notaufnahme bis zur stationären Aufnahme oder ambulanten Behandlung unter unterschiedlichen Gesichtspunkten aufzeigen und die Versorgung so praxisnah abbilden, dass sowohl Pflegekräfte als auch Ärzte, Rettungsassistenten, Notfallsanitäter und Medizinische Fachangestellte, die neu in diesem Bereich eingesetzt werden oder schon tätig sind, ein umfassendes und kompetentes Nachschlagewerk für den klinischen Alltag zur Verfügung haben.
Dieses Buch begleitet die neu etablierte Fachweiterbildung Notfallpflege sowohl ärztlich als auch pflegerisch und ist damit auch ein Lehrbuch für eine Qualifizierung im Bereich Notaufnahme.
Die Herausgeber
Rolf Dubb
Arnold Kaltwasser
Friedrich K. Pühringer
Katharina Schmid
Reutlingen, im Februar 2019
Vorwort
1 Anforderung der Geschäftsführung an eine interdisziplinäre Notaufnahme
Jörg Martin & Amelie Meeh-Simon
1.1 Einleitung
1.2 Etablierung einer zentralen Notaufnahme (ZNA) als Mittel zur Prozessoptimierung und zur Verbesserung der Patientenzufriedenheit
1.3 Der ökonomische Aspekt
1.4 Zusammenfassung
Literatur
2 Finanzierung der zentralen Notaufnahme in der Klinik
Gerhard Hinger
2.1 Direkte Erlöse
2.2 Indirekte Erlöse
2.3 Erlöse aus der Aufnahmestation
2.4 Zusammenfassung
Literatur
3 Strukturen in der Notaufnahme
Bernhard Kumle & Ines Darnhofer
3.1 Notaufnahmen in Deutschland
3.2 Organisatorische Struktur
3.3 Prozesse
3.4 Bauliche Struktur
Literatur
4 Hygiene in der Notaufnahme
Johannes Tatzel
4.1 Räumliche Voraussetzungen
4.2 Personelle Hygiene
4.3 Flächendesinfektion
4.4 Screening auf multiresistente Erreger
4.5 Patienten mit Infektionskrankheiten
5 Notaufnahmen-Informationssysteme (NIS) – IT für die Notaufnahme
Tobias Leipold
5.1 Einleitung
5.2 Warum IT notwendig ist
5.3 Anforderungen an das Notaufnahmen-Informationssystem
5.4 Krankenhaus-Informations-System (KIS) oder Spezial-Systeme
5.5 Zusammenarbeit ZNA und IT Abteilung/Datenschutz der Klinik
5.6 Fazit
Literatur
6 Juristische Aspekte der Notaufnahme
Johannes Böer & Hermann Fenger
6.1 Einleitung
6.2 Der Facharztstandard
6.3 Organisationsverschulden
6.4 Schweigepflicht und Datenschutz
6.5 Dokumentation
Literatur
7 Der Rettungsdienst und seine Aufgaben
David Häske & Niklas Heinemann
7.1 Notfallrettung
7.2 Krankentransport
7.3 Zentrales Bindeglied – die Leitstelle
7.4 Fahrzeuge im Rettungsdienst
7.5 Qualifikation des Rettungsfachpersonals
7.6 Der Rettungsdienst im Einsatz
Literatur
8 Triage in der Notaufnahme
Jörg Krey
8.1 Entstehung
8.2 Abgrenzung
8.3 Konzepte der Ersteinschätzung
8.4 Aufbau des Manchester-Triage-Systems (MTS)
8.5 Fallbeispiel
8.6 Technische Durchführung der Ersteinschätzung
8.7 Weitere Ergebnisse der Ersteinschätzung
8.8 Qualitätssicherung der Ersteinschätzung
8.9 Deutsches Netzwerk
Literatur
9 Schockraummanagement
Matthias Helm, Michael Bernhard & Martin Kulla
9.1 Einleitung
9.2 Strukturelle Aspekte des Schockraummanagements
9.3 Aufnahmekriterien
9.4 Schockraumteam
9.5 Allgemeiner Schockraumalgorithmus
9.6 Übergabe des Patienten an das Schockraumteam
9.7 Primary Survey
Literatur
10 Vorbereitung auf besondere Lagen in der Zentralen Notaufnahme
Frank Hörmann
10.1 Risikoassessment
10.2 Risikoidentifizierung
10.3 Generische Lagen in der Zentralen Notaufnahme
10.4 Best Practice für Besondere Lagen in der Notaufnahme
Literatur
11 Schwierige Atemwege
Friedrich Pühringer & Christopher Rex
11.1 Planung – Algorithmen
11.2 Oxygenierung und Präoxygenierung
11.3 Intubation – Videolaryngoskopie (Plan A)
11.4 Supraglottische Atemwegshilfen – Larynxmaske/Larynxtubus
11.5 Weiterführende Techniken
12 Monitoring in der ZINA
Holger Gässler, Marcus Herm & Björn Hossfeld
12.1 Behandlungsplatz in der ZINA
12.2 Nicht-apparatives Monitoring
12.3 Einsatz des Monitorings
12.4 Erweitertes Monitoring
Literatur
13 Schnittstellen
13.1 Labor in der ZNA
Erwin Biecker
Literatur
13.2 Notfallradiologie im Schockraum
Andrea Biecker
Literatur
13.3 Schnittstelle ZNA: Periphere Station, Aufnahmestation und Decision Unit
Oliver Kinder
13.4 OP-Management
Gerhard Kütemann
13.5 Intensivstation
Rolf Dubb & Arnold Kaltwasser
13.6 Chest Pain Unit (CPU) und Herzkatheter
Benjamin Schempf & Karl Konstantin Haase
13.7 Stroke Unit
Frank Andres
13.8 Verlegung und Entlassung von Patienten aus der ZNA
Thorsten Doneith
Literatur
14 Respiratorische Notfälle
Norbert Schwabbauer (†)
14.1 Leitsymptome
14.2 Diagnostik/Überwachung
14.3 Behandlung
Literatur
15 Besondere Anforderungen bei neurologischen Notfällen
Frank Andres
15.1 Kopfschmerzen
15.2 Schwindel
15.3 Bewusstseinsstörungen
15.4 Epileptischer Anfall
15.5 Der verwirrte Patient in der Notaufnahme: Delir oder Demenz?
15.6 Meningitis-Enzephalitis
15.7 Sensomotorische Ausfälle
15.8 Faziale Parese
15.9 Peripher-neurologische Symptome
Literatur
16 Intoxikationen
Stefanie Beck & Karl Konstantin Haase
16.1 Einleitung
16.2 Diagnostik
16.3 Allgemeine Therapie: Sofortmaßnahmen
16.4 Erweiterte Therapie: Giftelimination
16.5 Ausgewählte Intoxikationen
Literatur
17 Fallbeispiele
Katharina Schmid, Oliver Kinder, Thorsten Doneith, Gerhard Hinger, Johannes Tatzel, Frank OpHey, Jörg Krey, Marcus Rall
17.1 Kollabierter Patient
17.2 Unterbauchschmerzen bei 15-jährigem Mädchen
17.3 Sturz einer Pflegeheimbewohnerin
17.4 Einweisung wegen infektiöser Gastroenteritis
17.5 Generalisierter Krampfanfall
17.6 Diagnose Lumboischialgie
17.7 Schnittwunde im Halsbereich
17.8 Linksthorakaler Schmerz
17.9 Verdachtsdiagnose Alkoholintoxikation
17.10 Verdacht auf Perikarderguss
17.11 Ruhedyspnoe bei 2-jährigem Kind
17.12 Verkehrsunfall
17.13 Zunehmende Schmerzen im LWS-Bereich
17.14 Erbrechen und Obstipation bei dementer Patientin
17.15 Schmerzen im Bereich des rechten Unterschenkels
17.16 Atemnot nach Knie-TEP-Implantation
17.17 Krampfanfall
17.18 Verwirrter und schläfriger Patient mit Herpes-Zoster-Infektion
17.19 Schmerzen im Knie nach mehrfacher Punktion aufgrund eines Kniegelenkergusses
17.20 Stolpersturz mit Verletzung der linken Schulter
17.21 45-jährige Patientin mit Thoraxschmerz
17.22 Fraktur des linken Handgelenks
17.23 Verletzung des rechten oberen Sprunggelenks
17.24 Allergische Reaktion nach Bienenstich
17.25 Schmerzen im unteren Rückenbereich
Literatur
18 Die Zukunft der Notfallversorgung
Reimer Riessen
18.1 Telefonische Disposition und Beratung
18.2 Präklinische Notfallversorgung/Rettungsdienst
18.3 Ambulantes Notfallzentrum
18.4 Lokales und regionales Notfallzentrum
18.5 Überregionales Notfallzentrum (Stufe III)
18.6 Personalstruktur
18.7 Weiterbildung und Zusatzweiterbildung
18.8 Finanzierung
18.9 Qualitätssicherung
18.10 Fazit
Literatur
19 Qualitätsmanagement in der Notaufnahme
Stephan Schmidt
19.1 Einführung
19.2 Die Qualitätsdimensionen nach Donabedian
19.3 Der PDCA-Zyklus (Demingkreis)
19.4 Zertifizierungen in der Notaufnahme
19.5 Fazit
Literatur
20 Crew Resource Management
Marcus Rall & Christina Murr
20.1 Einleitung
20.2 Human Factors und das CRM-Molekül
20.3 Die 15 CRM-Leitsätze, das FOR-DEC Entscheidungsmodell und das 10-für-10 Prinzip
20.4 Die 15 Leitsätze kurz erklärt
20.5 Wie kann man die 15 Leitsätze des CRM in der Praxis umsetzen?
20.6 Fazit für die Praxis
Literatur
21 Ärztliche Qualifikation in der Klinischen Notfall- und Akutmedizin
Michael Christ
21.1 Hintergrund
21.2 Ärztliche Kompetenz in Notaufnahmen – Status quo
21.3 Ärztliche Qualifikation »Klinische Notfall- und Akutmedizin« in Deutschland
21.4 Zusammenfassung und Ausblick
Literatur
22 Anforderungen an die Qualifikation von Notaufnahmen-Personal – pflegerisches und nicht-pflegerisches Personal
Klaus Notz
22.1 Ausgangslage
22.2 Entwicklung der Qualifizierung von Pflegepersonal in Deutschland
22.3 Personalmix in der Notaufnahme
22.4 Notwendige Kompetenzen für Pflegepersonal und nicht-pflegerische Berufsgruppen in der Notaufnahme
22.5 Einsatzbereiche für Pflegepersonal und nichtpflegerische Berufsgruppen in der Notaufnahme
22.6 Personalbesetzung für Pflegepersonal und nichtpflegerische Berufsgruppen in der Notaufnahme
Literatur
Autorenverzeichnis
Herausgeber
Autoren
Stichwortverzeichnis
Während interdisziplinäre Notaufnahmen in Deutschland erst in den letzten 10–15 Jahren in Krankenhäusern etabliert wurden, besteht in den angelsächsischen Ländern eine lange Tradition der »Emergency Departements«. Populär wurden diese in den 1990er-Jahren mit der Fernsehserie »Emergency Room«.
§ 75 SGBV
Dass sich interdisziplinäre Notaufnahmen erst seit 2017 etabliert haben, hängt sicherlich mit der sektoralen Aufteilung der Notfallversorgung in Deutschland zusammen. Für die ambulante Notfallversorgung ist gemäß §75 Absatz 1 Satz 2 SGB V (Sozialgesetzbuch) die kassenärztliche Vereinigung (KV) zuständig.
Der Sicherstellungsauftrag verpflichtet die KV, auch während der sprechstundenfreien Zeiten einen Notdienst sicherzustellen, der zu jeder Zeit von Patienten aufgesucht werden kann.
Auch zugelassene Krankenhäuser sind mit wenigen Ausnahmen zum Notdienst verpflichtet – insbesondere müssen sie zu jeder Zeit die stationäre Aufnahme und Behandlung gewährleisten können.
Gerade in Bundesländern, in denen der KV-Notfalldienst dahingehend reformiert wurde, dass in Landkreisen nur noch 1–2 zentrale Notfallpraxen zur Verfügung stehen, die häufig an Kliniken angesiedelt sind, wird die Notaufnahme der Kliniken zum zentralen Anlaufpunkt für die Patienten.
Patientenkontakte
Ob es sich so wie in den USA entwickelt, ist noch nicht klar. Im Jahr 2003 gab es dort 113,9 Mio. Patientenkontakte und damit haben etwa 40 % der Bevölkerung die Emergency Departments aufgesucht (NCHS 2003). Die Erfahrung zeigt, dass nach Gründung einer zentralen Notaufnahme die jährliche Patientenzahl, die dort gesehen und behandelt wird, steigt. Dies wird dadurch verursacht, dass eine zentrale Notaufnahme 24 h an 365 Tagen im Jahr aufsuchbar ist, eine zunehmende Zahl von Migranten hier lebt, die ein sektorales System nicht kennen sowie viele Hilfesuchende keinen klassischen Hausarzt mehr haben. Den zahlenmäßig größten Teil stellen dabei die klassischen ambulanten Patienten dar, die in einer KV-Notfallpraxis behandelt werden könnten (Blum et al. 2010). Die Verteilung der Patienten ist Abbildung 1.1 zu entnehmen (Abb. 1.1).
Abb. 1.1: Im Jahr 2009 sind insgesamt 24,9 Mio. Patienten nach unterschiedlichen Abrechnungsarten als Notfall im Krankenhaus behandelt worden (Niehues 2012, S. 153)
Bis vor wenigen Jahren gab es in Kliniken vorwiegend dezentrale fachbezogene Notaufnahmen. Dies bedeutet, dass ein Patient aufgrund seiner Krankheit oder Verletzung entscheiden musste, ob er beispielsweise die Unfallchirurgische Notaufnahme, die Allgemeinchirurgische Notaufnahme oder die Innere Notaufnahme aufsucht. Häufig war die Notfallversorgung neben der gleichzeitigen Versorgung von Elektivpatienten organisiert. Dies führte insbesondere bei Elektivpatienten häufig zu Beschwerden, da diese aufgrund von Notfällen lange Wartezeiten in Kauf nehmen mussten. Die Entscheidung zur Etablierung einer zentralen Notaufnahme stellt für die Geschäftsführung eine große Chance dar, Prozesse neu zu definieren und somit effizienter gestalten zu können. Gerade die Trennung von Elektivpatienten, die eine Fachambulanz aufsuchen und Notfallpatienten führt per se schon zur Prozessverbesserung. Auch die Entscheidung, ob man eine interdisziplinäre Notaufnahme etabliert oder weiterhin internistische und unfallchirurgische Patienten in getrennten Notaufnahmen behandelt, ist bei der Implementierung der Notaufnahme von entscheidender Bedeutung. Ferner muss frühzeitig entschieden werden, wer diese Notaufnahme leiten soll. Dies hängt auch von der Größe der Notaufnahme ab. Wichtig ist dabei, dass ein »ärztliches Gesicht« der Leiter der Notaufnahme wird. In kleineren Notaufnahmen kann die Leitung durch einen geeigneten Oberarzt erfolgen. Je größer die Notaufnahme ist, umso wichtiger ist es, dass ein Sektionsleiter oder bei sehr großen Notaufnahmen auch ein Chefarzt die Notaufnahme leitet. Sowohl der Sektionsleiter als auch der Chefarzt müssen medizinisch weisungsfrei sein. Zwingend erforderlich ist die direkte Berichterstattung an die Geschäftsführung.
Ob der Notaufnahme eine Aufnahmestation zugeordnet wird, in der die Patienten vor Verlegung auf Station untergebracht werden, hängt von der Struktur des Hauses ab. Bei größeren Notaufnahmen ist dies immer von Vorteil, da insbesondere außerhalb der Regeldienstzeit die Stationen von Aufnahmen entlastet werden. Auf diesen Aufnahmestationen kann dann weitere Diagnostik durchgeführt werden, die maximale Liegedauer sollte 24 h nicht überschreiten. Neben den Patienten, die fußläufig in die Notaufnahmen kommen, muss die Notaufnahme auch in der Lage sein, polytraumatisierte Patienten bzw. Patienten unter Reanimation adäquat zu behandeln. Dies setzt voraus, dass neben dem ärztlichen Personal auch das Pflegepersonal für solche Situationen gut geschult und ausgebildet ist. Ein entscheidender Faktor für die Patientenzufriedenheit ist, dass das gesamte Personal der Notaufnahme sehr kundenorientiert arbeitet. In der Notaufnahme bedarf es, insbesondere mit den noch wartenden Patienten, einer sehr kundenorientierten Kommunikation. Hier ist die Geschäftsführung gefordert, entsprechende Schulungen anzubieten, die für das Personal dann auch verpflichtend sind.
Visitenkarte ZNA
Jede Geschäftsführung muss sich darüber im Klaren sein, dass das Funktionieren einer zentralen Notaufnahme die wesentliche »Visitenkarte« einer Klinik ist. Somit ist eine interdisziplinäre Notaufnahme – nicht eine von vielen Abteilungen in einer Klinik, sondern – die entscheidende Schnittstelle zwischen Klinik, niedergelassenen Ärzten und Bevölkerung. Bei gut funktionierenden Notaufnahmen sind Fallsteigerungsraten zwischen 10 und 20 % pro Jahr nicht ungewöhnlich (Walter & Fleischmann 2007).
Neben dem Aspekt der Prozessoptimierung und der Steigerung der Behandlungsqualität sowie dem Marketingaspekt, sind für die Geschäftsführung die ökonomischen Aspekte entscheidend. Richtig ist, dass circa 40–50 % der Patienten, die eine Notaufnahme aufsuchen, stationär auch aufgenommen werden (Abb. 1.2). Bei diesen Patienten ist die Finanzierung weitestgehend durch die Erlöse der Diagnosis Related Groups (DRG, diagnosebezogene Fallgruppen) gesichert. Anders verhält es sich bei den rein ambulanten Patienten (Niehues & Barbe 2012). Bei diesen Patienten stehen Kosten in Höhe von 120 € Erlösen in Höhe von 30 € gegenüber (Niehues & Fenger 2013). Diese Kostendifferenz ist vorwiegend durch die hohen Vorhaltekosten im Krankenhaus bedingt. In anderen Ländern versucht man hier die Kosten der Notfallversorgung durch das Krankenhaus sachgerechter abzubilden. So erhält beispielsweise in Frankreich jede Klinik die an der Notfallversorgung teilnimmt 500.000 €, ab 5.000 Notfällen gibt es mengenmäßige Zuschläge (Fischer 2009). Ob sich dies durch die neue Gesetzgebung, bei der die Vergütung der ambulanten Behandlung zwischen den Selbstverwaltungsorganen neu verhandelt werden soll, besser darstellt, wird sich zeigen.
Abb. 1.2: Ausgliederung nicht DRG-relevanter Kosten der Notaufnahme (Niehues 2012, S. 182).
Um hier eine Optimierung herzustellen und auch wieder die sektorale Zuordnung der Patienten zu gewährleisten, wäre die Ansiedlung einer allgemeinmedizinischen Praxis oder die Übernahme eines allgemeinmedizinischen Sitzes in ein Krankenhaus als medizinisches Versorgungszentrum (MVZ) sinnvoll. Dann könnten alle Patienten nach durchgeführter Triage dem entsprechenden Strang (Klinik oder Praxis) zugewiesen werden. Gleichzeitig würde die Qualität steigen, da kein Patient mit einer potenziellen Erkrankung, die im Krankenhaus behandelt werden muss, lange Wartezeiten in einer KV-Notfallpraxis hätte. Auf der anderen Seite wäre gewährleistet, dass Patienten, deren Erkrankung nicht durch ein Krankenhaus behandelt werden muss, in einer KV-Ambulanz behandelt werden (Abb. 1.3).
Abb. 1.3: Ablaufplan bei Eintreffen eines Notfallpatienten
Patienten, die einen stationären Aufenthalt benötigen, könnten direkt auf Station oder auf eine entsprechende Aufnahmestation verlegt werden.
Durch eine integrierte Aufnahmestation, die der Notaufnahme zugeordnet ist, lässt sich die allgemeine Verweildauer im Krankenhaus reduzieren und Fehlbelegungen können somit vermieden werden, da die gesamte Diagnostik und die Notwendigkeit der Abklärung einer stationären Behandlung an einem Ort stattfindet (Fischer 2009). Für den ökonomischen und qualitativen Aspekt sind diese Prozesse von wesentlicher Bedeutung. Es sollte gewährleistet sein, dass es sich um eine komplett interdisziplinäre zentrale Notaufnahme handelt. Die Patientenströme der Notfallpatienten müssen konsequent von den Patientenströmen der elektiven Patienten getrennt werden und die Implementierung einer Aufnahmestation, die zum Abschluss der Diagnostik führt, ist sinnvoll.
Eine interdisziplinäre zentrale Notaufnahme ist heute in Krankenhäusern bei entsprechendem Aufkommen von Notfallpatienten notwendig. Sie ist die wesentliche Schnittstelle und damit die »Visitenkarte« nach außen, zu den zuweisenden Ärzten und der Bevölkerung. Aus diesem Grund sollte eine interdisziplinäre Notaufnahme möglichst eine eigene ärztliche und pflegerische Leitung haben. Diese Leitung muss medizinisch weisungsfrei sein und organisatorisch direkt an die Geschäftsführung angebunden sein. Durch die Etablierung einer zentralen Notaufnahme gelingt es, die Patientenströme in Notfallpatienten und elektive Patienten zu unterteilen. Dies führt zu einer Optimierung der Prozesse und steigert die Qualität der Patientenversorgung. Ob eine Aufnahmestation der interdisziplinären Notaufnahme zugeordnet wird, hängt stark von der inneren Organisation und von der Größe der Notaufnahme ab.
In einer Aufnahmestation sollten die Patienten maximal 24 h verbleiben. Bis dahin sollte die wichtigste Diagnostik abgeschlossen sein, welche insbesondere Fehlbelegungen vermeidet.
Es bleibt festzuhalten, dass in der Notaufnahme circa 40–50 % der Patienten stationär verbleiben. Die ambulanten Patienten werden jedoch nicht adäquat vergütet, da die Vorhaltekosten in einer Notaufnahme sehr hoch sind. In diesem Fall wäre es optimal, wenn in räumlicher Nähe eine allgemeinmedizinische Praxis und die KV-Notfallpraxis untergebracht sind, sodass die ambulanten Patienten, die keiner Krankenhausbehandlung bedürfen, direkt in die KV-Praxis überwiesen werden können. Durch eine solche Organisation können die Sektorengrenzen aufgelöst werden. So können die KVs ihren Sicherstellungsauftrag und die Krankenhäuser ihren Versorgungsauftrag erfüllen.
Eine gut geführte interdisziplinäre Notaufnahme ist aus Sicht der Geschäftsführung ein wesentlicher Beitrag zur Außendarstellung des Krankenhauses und zur Prozess- und Qualitätsverbesserung in der Behandlung. Gleichzeitig dient sie der Patientenakquise. Nachteilig ist die unzureichende Finanzierung der ambulanten Patienten, die aufgrund ihrer Erkrankung keine stationäre Krankenhausbehandlung benötigen.
Blum, K./Löffert, S./Offermanns, M./Steffen, P. (2010): Krankenhaus Barometer, Umfrage 2010, Düsseldorf.
Fischer, W. (2009): Notfallvergütung im Krankenhaus. Patientenklassifikationssysteme und Notfallpauschalen bei DRG-basierter Vergütung von stationären Behandlungen, Wolfertswil.
Fleischmann, T./Walter, B. (2007): Interdisziplinäre Notaufnahmen in Deutschland. Aufgaben, Struktur, Zukunft. In: das Krankenhaus 7, S. 657–660.
NCHS – National Center for Health Statistics (Hrsg) (2003): National Hospital Medical Care Survey 2003. http://www.cdc.gov/nchs/fastats/ervisits.htm
Niehues, C. (2012): Notfallversorgung in Deutschland. 1. Aufl., Kohlhammer Verlag, Stuttgart.
Niehues, C./Barbe, W. (2012): Unzureichende Berücksichtigung der Notfallversorgung im DRG-System das Krankenhaus. In: das Krankenhaus 5, S. 470–474.
Niehues C./Fenger, H. (2013): Qualifikationsanforderungen und Haftungsrisiken in der Zentralen Notaufnahme. In: das Krankenhaus 8, S. 822–826.
Direkte Erlöse entstehen unmittelbar durch die Notfallbehandlung in der Zentralen Notaufnahme (ZNA). Sie sind abhängig vom Versicherungsstatus des Patienten und vom Umfang der Behandlung.
Die Sicherstellung der ambulanten Patientenversorgung ist Aufgabe der Vertragsärzte.1 Im Rahmen des gesetzlich verankerten Sicherstellungsauftrags muss eine vertragsärztliche Versorgung jederzeit2 vorhanden sein. Dies bedeutet, dass auch die ambulante Notfallversorgung durch vertragsärztliche Strukturen sichergestellt sein muss. Die ambulante Notfallbehandlung ist daher nicht primär die Aufgabe der Klinik.
§ 76 SGBV
Um eventuelle Versorgungslücken zu schließen, regelt § 76 SGB V: »Andere Ärzte dürfen nur im Notfall in Anspruch genommen werden«. Dieser Passus ermöglicht zwar die ambulante Notfallbehandlung durch Nicht-Vertragsärzte, zeigt gleichzeitig jedoch auch den eng begrenzten Rahmen »nur in Notfällen« auf. Die ambulante Notfallbehandlung im Krankenhaus hat keine eigenständige Rechtsgrundlage, sie leitet sich aus dieser Formulierung in § 76 SGB V ab.
Gängige Rechtsprechung
Die gängige Rechtsprechung3 zu dieser Thematik zeigt auf, dass diese »anderen Ärzte« den gleichen Vergütungsanspruch für die Notfallversorgung haben wie Vertragsärzte. Der Vergütungsanspruch bezieht sich jedoch nur auf die Leistungen, die zur unmittelbaren Abwendung der Notfallsituation erforderlich waren.4 Die Notfallbehandlung hat die Aufgabe eine medizinische Notsituation bis zur Wiederherstellung der vertragsärztlichen Versorgung zu beseitigen. Daraus wird ersichtlich, dass Folgetermine im Rahmen der Notfallversorgung nicht vorgesehen sind. Diese Grundsätze sind auch für die Abrechenbarkeit der erbrachten Leistungen leitend.
Die Abrechnung der im Notfall erbrachten Leistungen richtet sich nach den Regeln des einheitlichen Bewertungsmaßstabs (EBM).
Laut Gutachten zur ambulanten Notfallversorgung im Krankenhaus aus dem Jahr 2015 liegen die durchschnittlichen Erlöse für diese EBM-Fälle bei 32 €. Dem stehen Kosten von durchschnittlich 126 € gegenüber. Dabei handelt es sich um Durchschnittswerte die je nach Altersstruktur der Patienten und Kostenstruktur der jeweiligen Klinik erheblichen Schwankungen unterworfen sind. Durchschnittlich muss jedoch davon ausgegangen werden, dass bei jedem EBM-Fall eine Deckungslücke von ca. 90 € entsteht. Diese Kosten müssen von der Klinik getragen werden.
Bei öffentlich geförderten Krankenhäusern erfolgte ein Abschlag von 10 % auf die Honorarsumme der EBM-Erlöse. Die Rechtsprechung sah diesen Abschlag wegen der öffentlichen Förderung bisher als gerechtfertigt an.
Mit Inkrafttreten des Krankenhausstrukturgesetzes (KHSG) zum 01.01.2016 wurde der Investitionskostenabschlag für Kliniken bei der ambulanten Vergütung aufgehoben.
Im Rahmen des KHSG wurde vom Gesetzgeber in § 87b Abs. 1 SGB V vorgeschrieben, dass bis spätestens 31.12.2016 die Regelungen für die Versorgung im Notfall und im Notdienst im einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen nach dem Schweregrad der Fälle zu differenzieren sind.
Diese gesetzliche Vorgabe ist die Grundlage für die ab 01.04.2017 geltende Neuregelung der Vergütung der ärztlichen Leistungen im ambulanten Notfall- und Notdienst. Die Vergütung erfolgt in drei Stufen. Außerdem wird wie bisher nach Tageszeit und Wochentagen differenziert.
Die niedrigste Vergütung erfolgt für die »Beurteilung der Behandlungsbedürftigkeit«. Mit diesen Vergütungspauschalen werden im EBM erstmals sogenannte Abklärungspauschalen zur Beurteilung der Behandlungsbedürftigkeit etabliert. Die zweite Vergütungsstufe entspricht der bisherigen Vergütung für die Notfallbehandlung, allerdings wurde die Bewertung geringfügig abgesenkt. Für besondere Fälle wurden diagnosebezogene oder patientenbezogene Zuschlagsziffern eingeführt. Diese entsprechen der dritten Vergütungsstufe.
Die Neugestaltung der Vergütung musste nach der Vorgabe der Kostenneutralität erfolgen, weshalb das Ergebnis dieser Reform nicht den Erwartungen der Leistungserbringer entspricht. Noch liegen keine Erfahrungen mit der neuen Vergütungsstruktur vor. Auf jeden Fall wird es zukünftig für die Vergütung der Notfallbehandlung im Krankenhaus essentiell wichtig sein, die Notwendigkeit einer akuten Behandlung durch adäquate Dokumentation nachzuweisen. Der Notfall sollte bereits aus der Diagnose ablesbar sein, denn der Diagnoseschlüssel (ICD) ist Voraussetzung für die Abrechnung und kann somit von Abrechnungsstellen der Kassenärztlichen Vereinigungen (KV) am einfachsten geprüft werden.
Bei gesetzlich versicherten Patienten erfolgt die Abrechnung nach EBM, dementsprechend gelten die EBM-Regeln auch für die Erstattung von Sachkosten.
Abrechnung nach EBM
In Punkt 7 der »Allgemeinen Bestimmung« des EBM werden die Kostenarten definiert.
Punkt 7.1 der Allgemeinen Bestimmung des EBM beschreibt die »enthaltenen Kosten«. Das sind diejenigen Kosten, die in den Gebührenordnungspositionen enthalten sind, z. B. Kosten für Einmalspritzen, Einmalkanülen, Einmaltrachealtuben, Einmalabsaugkatheter, Einmalhandschuhe, Einmalrasierer, Einmalharnblasenkatheter, Einmalskalpelle, Einmalproktoskope, Einmaldarmrohre, Einmalspekula, Einmalküretten, Einmal-Abdecksets usw.
Punkt 7.2 der Allgemeinen Bestimmung des EBM definiert die »nicht berechnungsfähigen Kosten« und
Punkt 7.3 zählt die »nicht enthaltenen Kosten« auf, wie z. B. Kosten für Arzneimittel, Verbandmittel, Materialien, Instrumente, Gegenstände und Stoffe, die nach der Anwendung verbraucht sind oder die der Kranke zur weiteren Verwendung behält und Kosten für Einmalinfusionsbestecke, Einmalinfusionskatheter, Einmalinfusionsnadeln und Einmalbiopsienadeln.
Die Erstattung der »nicht enthaltenen Kosten« wird in den Sprechstundenbedarfsregelungen der einzelnen Kassenärztlichen Vereinigungen (KV) geregelt und unterliegt daher regionalen Unterschieden.
Für die Refinanzierung der »nicht enthaltenen Kosten« ist für die ZNA eine transparente und praktikable Erstattungsregelung mit den zuständigen Kostenträgern, z. B. der Allgemeinen Ortskrankenkasse (AOK) sinnvoll, um eine zusätzliche Finanzierungslücke zu vermeiden. Die Sprechstundenbedarfsregelung gilt nur für Patienten mit gesetzlicher Krankenversicherung (GKV).
Im Rahmen der Notfallversorgung ist bei einigen Patienten eine sofortige Versorgung mit Hilfsmitteln, wie z. B. Orthesen oder Gehstützen, erforderlich. Grundsätzlich sind Hilfsmittel, die in unmittelbarem Zusammenhang mit der Notfallversorgung stehen, auch verordnungsfähig.
Damit die erforderlichen Hilfsmittel an 365 Tagen/24 h unmittelbar zur Notfallversorgung in der Klinik zur Verfügung stehen, ist es erforderlich, die Hilfsmittel vor Ort bereitzustellen. Ein Konsignationslager ist eine effektive und in vielen Kliniken bewährte Methode für die Bereitstellung von Hilfsmitteln für die Notfallversorgung. Die Besonderheit des Konsignationslagers besteht darin, dass die Ware im Eigentum des Herstellers bzw. Lieferanten bleibt, jedoch vor Ort zur direkten Anwendung beim Patienten zur Verfügung steht.
In aller Regel werden derartige Konsignationslager in der ZNA von der Pflege verwaltet. Eine besondere Herausforderung besteht darin, die Entnahmen lückenlos nachweisen zu können. Fehlbestände gehen zu Lasten der Klinik, wodurch wieder die Gefahr der Finanzierungslücke besteht. Um dies zu vermeiden, sollte der Prozess eindeutig definiert werden.
Bei der Verordnung eines Hilfsmittels zu Lasten der GKV muss vom behandelnden Arzt eine Hilfsmittelverordnung ausgestellt werden. Diese Verordnung berechtigt zur Entnahme aus dem Konsignationslager und der Anwendung am Patienten. Der Patient bestätigt mit seiner Unterschrift auf der Rückseite des Rezepts den Erhalt des Hilfsmittels. Abschließend wird das Rezept an den Hersteller/Lieferanten übermittelt. Dieser kann das verordnete Hilfsmittel mit der GKV abrechnen und das Konsignationslager entsprechend wieder auffüllen.
Wie oben ausgeführt, ist der Umfang der ambulanten Notfallbehandlung bei GKV-Patienten streng begrenzt auf die Beseitigung der Notfallsituation. Daraus folgt, dass auch nur diese Leistungen abgerechnet werden können.
Wird nun im Rahmen der Notfallbehandlung weiterführende Diagnostik oder Therapie veranlasst, besteht nur in sehr engen Grenzen die Möglichkeit diese auch abzurechnen. Zum Beispiel besteht keine Abrechnungsmöglichkeit für einen zweiten Arztkontakt bei Hinzuziehung eines Arztes aus einem anderen Fachgebiet innerhalb der Klinik.
Dasselbe gilt für die Veranlassung von weiterführenden Untersuchungen bei einem externen Dienstleister, wie z. B. mikrobiologische Untersuchungen oder Untersuchungen der Pathologie.
Im vertragsärztlichen Bereich werden solche Leistungen mittels Überweisung beauftragt. Der beauftragte Arzt kann seine Leistungen im Rahmen der fachspezifischen Abrechnungsregeln bei der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) zur Abrechnung bringen.
Die Notfallbehandlung im Krankenhaus ist jedoch keine vertragsärztliche Behandlung, demzufolge kann auch keine Überweisung ausgestellt werden. Der beauftragte Leistungserbringer kann seine Leistung nur der beauftragenden Klinik in Rechnung stellen. Die Klinik hat jedoch keine Möglichkeit diese externen Leistungen zur Abrechnung zu bringen.
Bei einer Beauftragung von Fremdleistungen entstehen Kosten für die Klinik, die mit den Kostenträgern nicht abgerechnet werden können.
Die Notfallbehandlung von Patienten mit privater Krankenversicherung (PKV) und Selbstzahlerpatienten unterliegt nicht den oben ausgeführten strengen Regeln für GKV-Patienten. Der Patient erhält für die von ihm gewünschten und von der Klinik erbrachten Leistungen eine Rechnung und entscheidet selbst, ob er diese Rechnung mit seiner PKV abrechnet oder selbst bezahlt.
Kostensicherung
Für die Kostensicherung in der ZNA ist es sinnvoll, dass bei Patienten mit Wohnsitz im Ausland die Rechnung für sämtliche Leistungen (ärztliche Behandlung, verbrauchte Materialien, abgegebene Hilfsmittel wie z. B. Unterarmgehstützen) sofort nach Leistungserbringung erstellt wird und der Rechnungsbetrag vom Patienten vor Verlassen der Klinik eingefordert wird. Ins Ausland nachgesendete Rechnungen werden sehr häufig nicht bezahlt. Meist bleiben auch die Inkasso-Bemühungen erfolglos oder sind sehr kostenaufwendig. Je nach Anzahl solcher Patienten und Umfang der erbrachten Leistungen entsteht eine nicht vernachlässigbare Deckungslücke.
Die Abrechnung der medizinischen Leistungen bei PKV- und Selbstzahlerpatienten erfolgt nach der Gebührenordnung für Ärzte. Die amtliche Gebührenordnung für Ärzte ist eine von der Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrates erlassene Rechtsverordnung. Ärztliche Leistungen die nicht mit der GKV oder einer Berufsgenossenschaft abgerechnet werden, dürfen nur nach der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) abgerechnet werden.
In der GOÄ werden die einzelnen ärztlichen und medizinisch-technischen Leistungen beschrieben und eine Gebühr dafür festgelegt. Je nach Schweregrad der Erkrankung oder Schwierigkeit der erbrachten Leistung kann die Gebühr erhöht werden.
Eine exakte Dokumentation ist nicht nur medizinisch geboten, sondern auch für die Abrechnung nach GOÄ unverzichtbar. Während wir bei der Abrechnung nach EBM Pauschalen finden, sind bei der GOÄ meist einzelne Teile einer Behandlung in verschiedenen Abrechnungsziffern definiert und können abgerechnet werden.
Am Beispiel einer Wundversorgung im Rahmen der Notfallversorgung kann dies verdeutlicht werden. Für die chirurgische Wundversorgung gibt es nach EBM drei unterschiedliche Pauschalen, je nach Leistungsumfang. Die Lokalanästhesie ist in den Leistungspauschalen inbegriffen. Bei einer Abrechnung nach GOÄ kann die Lokalanästhesie separat berechnet werden.
Die Abrechnung der Sachkosten im Rahmen der Behandlung von PKV- und Selbstzahlerpatienten erfolgt ebenfalls nach den Regeln der GOÄ.
In § 10 der GOÄ ist der »Ersatz von Auslagen« definiert, darunter fallen die Kosten für diejenigen Arzneimittel, Verbandmittel und sonstigen Materialien, die der Patient zur weiteren Verwendung behält oder die mit einer einmaligen Anwendung verbraucht sind etc.
§ 10 GOÄ
Aus dieser Regelung ist erkennbar, wie wichtig die exakte Dokumentation der verbrauchten Materialien für die Abrechnung und damit für die Kostendeckung ist.
Die Behandlung von Arbeitsunfällen bleibt den dafür zugelassenen Kliniken vorbehalten. Die Behandlung wird mit der zuständigen Berufsgenossenschaft abgerechnet.
Die Abrechnung der Behandlung bei Arbeitsunfällen erfolgt nach dem Vertrag Ärzte/Unfallversicherungsträger. Die einzelnen Leistungen sind in der Gebührenordnung für Ärzte/Unfallversicherungsträger (UV-GOÄ) definiert. Der Vertrag umfasst die Vergütung der Ärzte, die Abrechnung der ärztlichen Leistungen gegenüber den Unfallversicherungsträgern, die Pflicht der Ärzte zur Dokumentation, zur Mitteilung von Patientendaten und zu sonstigen Auskünften gegenüber den Unfallversicherungsträgern.
Die Abrechnung dieser Leistung kann nur über den von den Unfallversicherungsträgern zugelassenen Arzt erfolgen und obliegt dessen Verantwortung.
Die Abrechnung der Sachkosten erfolgt nach den Regeln der UV-GOÄ. Der Umfang der abrechenbaren Sachkosten ist nicht in jedem Fall identisch mit der GOÄ, das Grundprinzip ist jedoch dasselbe. Insofern gelten die gleichen Hinweise wie bei »Sachkostenabrechnung bei PKV- und Selbstzahlerpatienten«.
Unter dem Begriff »sonstige Kostenträger« sind Institutionen zusammengefasst, die für eine bestimmte Gruppe von Personen die Kosten für medizinische Leistungen übernehmen. Solche Kostenträger sind zum Beispiel die Bundespolizei und die Bundeswehr. Sie gewähren im Rahmen eines Dienstverhältnisses Anspruch auf freie Heilfürsorge. Darüber hinaus gibt es weitere Kostenträger wie die Landespolizei oder Sozialämter auf regionaler Ebene.
Für diese Kostenträger bestehen gesonderte Verträge, die sich durch individuelle Vereinbarungen auszeichnen.
Teilweise werden die Leistungen bei »sonstigen Kostenträger« nach EBM mit der KV abgerechnet. Es bestehen jedoch auch Varianten bei denen Selbstzahlerrechnungen nach GOÄ gestellt werden.
§ 115a SGBV
Nach § 115a Abs. 1 SGB V kann das Krankenhaus bei Verordnung von Krankenhausbehandlung die Versicherten in medizinisch geeigneten Fällen ohne Unterkunft und Verpflegung behandeln, um die Erforderlichkeit einer vollstationären Krankenhausbehandlung zu klären oder die vollstationäre Krankenhausbehandlung vorzubereiten.
§ 39 SGBV
Die vorstationäre Behandlung ist laut § 39 SGB V eine Form der Krankenhausbehandlung. Dementsprechend folgt die Abrechnung den Regeln für Krankenhausbehandlungen und unterscheidet sich dadurch von der Abrechnung der oben dargestellten ambulanten Behandlungsformen.
Bei der Verordnung von Krankenhausbehandlung obliegt dem Krankenhausarzt die Verpflichtung zu prüfen, ob eine stationäre Behandlung erforderlich ist. Um seine Entscheidung zu stützen, können Untersuchungen erforderlich sein. Führt die Untersuchung zu dem Ergebnis, dass der Patient einer stationären Behandlung bedarf, gehören die Untersuchungen zum stationären Fall und sind damit in der DRG inbegriffen.
Führt die Untersuchung zu dem Ergebnis, dass der Patient in die ambulante Behandlung entlassen werden kann, wird die Leistung pauschal vergütet. Die aktuellen Pauschalen für die vorstationäre Behandlung liegen in Abhängigkeit vom Fachgebiet bei ca. 90–150 €.
Bei der klinikinternen betriebswirtschaftlichen Bewertung können die vorstationären Pauschalen direkt der ZNA zugeordnet werden.
Bei der vorstationären Behandlung können Sachkosten nicht separat abgerechnet werden. Alle Leistungen sind in der oben dargestellten Pauschale inbegriffen.
Lediglich der Großgeräteeinsatz, wie z. B. Computertomographie oder Kernspin, wird zusätzlich pauschaliert vergütet.
Leistungen, die den Pauschalbetrag und ggf. die Vergütung für den Einsatz von Großgeräten überschreiten, bleiben ohne Vergütung.
Leistungen, die von externen Leistungsanbietern angefordert werden, z. B. Fremdlabor, gehen zu Lasten der Klinik und müssen aus der Pauschalvergütung finanziert werden. Eine direkte Abrechnung mit den Kostenträgern ist nicht möglich.
Die ZNA erbringt für jeden Patienten, der notfallmäßig stationär aufgenommen wird, die Notfalldiagnostik. Dafür werden keine direkten Erlöse erzielt. Die Vergütung für die Notfallbehandlung ist bei stationären Patienten in die DRG eingepreist.
KHG und KHEntG
Eine Notfallversorgung wird nicht von allen Krankenhäusern angeboten. Nach § 17b Abs. 1 Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) in Verbindung mit § 4 Abs. 6 des Gesetzes über die Entgelte für voll- und teilstationäre Krankenhausleistungen (KHEntgG) wird für die Nichtteilnahme an der Notfallversorgung ein Abschlag von 50 € von der Vergütung für die stationäre Behandlung (DRG) festgelegt.
Das bedeutet, die DRG beinhaltet obligat die Notfallversorgung. Lediglich die Krankenhäuser, die nicht an der Notfallversorgung teilnehmen, müssen einen Abschlag hinnehmen.
Der DRG-Anteil für die Notfallversorgung kann bei der internen Betrachtung der ZNA zugeschlagen werden. Legt man jedoch die Kosten in Höhe von 126 € pro Notfallpatient aus dem Gutachten zur ambulanten Notfallversorgung im Krankenhaus (MCK & DGINA, 2015) zugrunde, so wird deutlich, dass auch dieser DRG-Anteil nicht kostendeckend sein kann.
Eine mögliche Organisationvariante für interdisziplinäre zentrale Notaufnahmen ist die Integration oder Angliederung einer Aufnahmestation. In einer solchen Aufnahmestation können Patienten für mehrere Stunden stationär behandelt werden, bis eine Übernahme in die betreffende Abteilung erfolgt oder der Gesundheitszustand soweit stabilisiert und gesichert ist, dass eine Entlassung aus dem Krankenhaus möglich ist.
Hierbei handelt es sich um DRG-Erlöse für Patienten, die in der ZNA-Aufnahmestation stationär behandelt werden und von dort aus auch wieder entlassen werden.
Wenn bei der Aufnahme eine Indikation für eine stationäre Krankenhausbehandlung bestand, können diese Fälle als DRG-Fall mit entsprechendem Kurzliegerabschlag abgerechnet werden. Die Erlöse für solche Fälle liegen bei ca. 500 € in Abhängigkeit von der zugrundeliegenden DRG.
Die Notfallversorgung im Krankenhaus kann mit den derzeitigen Erlösen nicht kostendeckend erbracht werden.
Die Vielfältigkeit der unterschiedlichen Behandlungsformen und die daraus folgenden Abrechnungsvarianten erfordern erhebliches Spezialwissen, um die spärlichen Erlöse zu sichern. Gleichzeitig ist die Abrechnung der Leistungen mit hohem administrativem Aufwand verbunden.
Die Behandlungsform muss vom ersten Kontakt an richtig festgelegt werden, damit eine korrekte Aufnahme im Krankenhausinformationssystem (KIS) erfolgen kann. Anfängliche Fehler führen zu erhöhtem Korrekturbedarf und ggf. zu Erlöseinbußen.
Der Politik ist diese Problematik bekannt. Im Koalitionsvertrag der Bundesregierung von 2013 für die 18. Legislaturperiode wurde festgestellt:
»Die ambulante Notfallversorgung konzentriert sich außerhalb der allgemeinen Praxissprechzeiten auf die Krankenhäuser. Das macht eine Anpassung der gesetzlichen Rahmenbedingungen und der entsprechenden Vergütung erforderlich.«
Bleibt zu hoffen, dass dieser politischen Einsicht wirkungsvolle Entscheidungen folgen.
Management Consult Kestermann GmbH (MCK) und Deutsche Gesellschaft interdisziplinäre Notfall- und Akutmedizin e. V. (DGINA) (Hrsg) (2015): Gutachten zur ambulanten Notfallversorgung im Krankenhaus, http://www.dkgev.de/media/file/19401.2015-02-17_Gutachten_zur_ambulanten_Notfallversorgung_im_Krankenhaus_2015.pdf, Abruf: 13.06.2016
1 § 75 SGB V Abs. 1
2 § 75 SGB V Abs. 1b
3 BSG, Urteil vom 17.09.2008, AZ B 6 KA 47_07 R
4 BSG, Urteil vom 12.12.2012, AZ B 6 KA 5_12 R
Notaufnahmen in Deutschland haben keine einheitlich entwickelten Strukturen, weder baulich noch organisatorisch. Erst in den letzten 11 Jahren ist das Thema Notaufnahme in der Medizin und auch in den Medien in den Fokus gerückt. Von einem lästigen Beiwerk im Dienst haben sich Notaufnahmen, als zentrale Anlaufstellen, zum Dreh- und Angelpunkt der Kliniken entwickelt. Die Entwicklung ist rasant und es sind jedes Jahr Patientensteigerungen von 5–10 % in den Notaufnahmen zu verzeichnen (Zimmermann 2016). Die Entwicklung wird sich in den nächsten Jahren weiter verstärken, da sich die demografischen Verhältnisse ändern, der Anspruch der Menschen an eine umfassende Versorgung steigt und sich die ärztliche Versorgung besonders im ländlichen Bereich drastisch verändert. Neue Konzepte zur Notfallversorgung sind notwendig und müssen erarbeitet werden (Riessen 2015).
Heterogene Struktur
Die Strukturen von Notaufnahmen sind in Deutschland noch völlig heterogen, da sie von der Größe des Krankenhauses, den abgebildeten Fachgebieten, der räumlichen Struktur, der Organisation des Krankenhauses und der personellen Struktur abhängen. Eigenständige Notfallabteilungen gibt es in wenigen Krankenhäusern, da bis dato keine eigene Weiterbildung für die Notaufnahme vorhanden ist und damit ein wichtiger Anreiz für die Arbeit in der Notaufnahme fehlt. Die Fachgesellschaften haben sich im Jahr 2016 endlich mit der Bundesärztekammer auf eine Zusatzweiterbildung geeinigt, sodass dies für die Zukunft hoffen lässt.
Durch den wirtschaftlichen Druck wird auch in Krankenhäusern die medizinische Behandlung zunehmend in Prozessabläufen dargestellt und danach organisiert. Die Trennung von Notfällen und Elektivpatienten hat sich dabei als Prozess bewährt, da Notfälle die klar umrissenen Abläufe bei Elektivpatienten beeinflussen. Es bietet sich deshalb an, Notfallpatienten an einem Ort zu bündeln, um auch die Prozesse für Notfälle zu optimieren und Ressourcen zu sparen.
Bisher üblich war und ist häufig noch, dass die einzelnen Fachgebiete die Organisation ihrer Notfälle selbst übernehmen. Werden die Notfälle an einem Ort gebündelt, werden sich Interessenskonflikte zwischen den einzelnen Fachgebieten ergeben. Die Grundvoraussetzung für eine zentrale Anlaufstelle für Notfälle ist deshalb eine eigene Leitungsstruktur der Notaufnahme. Mit einer eigenen Leitung ist das Interesse primär auf die Organisation bzw. den Prozess des Notfalls gelegt und von einzelnen Interessen unabhängig. Ziel muss es sein, den Bedürfnissen und Anforderungen der Fachabteilungen in Bezug auf eine effektive Patientenversorgung gerecht zu werden und mit den Fachabteilungen gemeinsam dieses Ziel zu erreichen. Dazu bedarf es ein hohes Maß an interdisziplinärem Denken mit dem Fokus, dass der Patient im Mittelpunkt einer optimalen Versorgung steht.
Der Grundprozess einer Notaufnahme besteht normalerweise aus den folgenden Idealprozessschritten: Triage – Administration – Anamnese – Untersuchung – Diagnostik – Therapie – Entlassung/Aufnahme. Leider sind die Krankenhausinformationssysteme (KIS) häufig nicht in der Lage den Prozess Triage unabhängig von einer administrativen Aufnahme digital möglich zu machen, sodass in vielen Kliniken die administrative Aufnahme vor der Triage stattfinden muss. Dies bedeutet bei zeitkritischen Erkrankungen, wie z. B. beim Thoraxschmerz, dass das Schreiben des EKGs (sollte nach Leitlinie innerhalb von 10 Min. geschrieben sein) alleine dadurch verzögert wird und somit nicht den medizinischen Erfordernissen entspricht. Wichtig ist, dass die Kommunikation zwischen der Administration und der Triage reibungslos funktioniert, um kritische Patienten ohne Verzögerung in den medizinischen Ablauf zu integrieren. Dafür sind auch bei den administrativen Kräften medizinische Grundkenntnisse notwendig oder müssen geschult werden. Im digitalen Zeitalter wäre es wünschenswert, dass die einzelnen Prozessschritte im KIS sichtbar sind, damit kein Informationsverlust auftreten kann und auch andere, im Prozess nachstehende Personen, frühzeitige Informationen erhalten können.
Nach der Administration sollte sich möglichst direkt die Triage/Ersteinschätzung anschließen. Im Deutschen wäre das Wort »Ersteinschätzung« sinnvoll, da die Triage im eigentlichen Sinne aus der Katastrophenmedizin stammt. Das Wort Triage wird hierzulande aber synonym zur Ersteinschätzung verwendet. Die Triage ist ein wesentlicher Bestandteil zur Prozesssteuerung in der Notaufnahme. Sie dient der Einschätzung der Dringlichkeit, mit der ein Patient von einem Arzt gesehen werden sollte. Es haben sich fünfgliedrige Triagesysteme wie das Manchester-Triage-System oder der Emergency-Severity-Index in Deutschland und Europa durchgesetzt (Christ 2010). Durch festgelegte Kriterien wird versucht, die subjektive Wahrnehmung der Einzelperson durch objektivere Parameter zu ersetzen und damit die Einschätzung zu standardisieren und vergleichbar zu machen. Die Triage ist eine sehr anspruchsvolle Aufgabe, da sie entscheidend für die Schnelligkeit des weiteren Workflows ist. Es sind deshalb regelmäßige Schulungen und Evaluierungen vonnöten, um die Qualität der Triage zu halten oder zu verbessern. Sie kann nur von medizinisch geschultem Personal (Pflegekräfte) durchgeführt werden. Zwischenzeitlich stehen bei den meisten KIS-Herstellern digitale Versionen zur Verfügung, die ein schnelles und effektives Arbeiten ermöglichen. Es wird häufig diskutiert, ob bei der Triage nur eine Ersteinschätzung gemacht wird oder andere Maßnahmen (EKG schreiben, Blutabnahme), die den Prozessablauf später beschleunigen können, noch in der Triage durchgeführt werden. Für die Erkennung z. B. eines ST-Hebungsinfarktes ist dies unerlässlich. Sind aber viele Patienten zu triagieren, ist der Zeitaufwand zu hoch und die Triagierung der anderen Patienten verzögert sich dadurch.
Overcrowding
In einer Notaufnahme muss flexibel auf das Patientenaufkommen reagiert werden können, d. h., dass die Triage, z. B. bei einem Overcrowding5, nicht von einer Person oder nur im Triageraum (es sei denn, er hat mehr als 1–2 Plätze) stattfinden darf, sondern alle Pflegekräfte der Notaufnahme in jedem Untersuchungsraum die Triage durchführen können.
Die triagierenden Pflegekräfte müssen in engem Kontakt mit den Ärzten der Notaufnahme stehen. Es hat sich bewährt, dass bei unklaren Symptomen oder bei Patienten, die eigentlich nicht in der Notaufnahme abgeklärt werden müssten, eine Art Teamtriage durch Pflege und Arzt sinnvoll sein kann. Das setzt voraus, dass immer ein Arzt für die Triage als Ansprechpartner zur Verfügung steht.
Standard Operating Procedures (SOPs)
Einige Krankheitsbilder (z. B. Thoraxschmerz, akutes Abdomen etc.) haben klare und standardisierte Abläufe (SOP – Standard Operating Procedure). Dazu gehören das routinemäßige Schreiben von einem EKG, die Bestimmung bestimmter Laborparameter oder andere Untersuchungen. Sind diese Abläufe festgelegt, können sie, nach Absprache mit den Verantwortlichen der Notaufnahme, schon durch Pflegekräfte oder medizinische Fachangestellte im Rahmen der ärztlichen Delegation durchgeführt werden. Damit kann eine erhebliche Beschleunigung des Gesamtprozesses erreicht werden. Besonders in der Situation des Overcrowding muss festgelegt werden, welche Maßnahmen bei welchem Symptom auf alle Fälle durchgeführt werden müssen (z. B. EKG beim Thoraxschmerz), um eine Gefährdung des Patienten auch bei hohem Patientenaufkommen nicht zu übersehen.
Nach der Triage muss entschieden werden, ob der Patient wieder in den Wartebereich zurückkann, einer Überwachung oder einer dringenden Behandlung bedarf. Es wird dabei durch die Triage festgelegt, bis wann ein Arzt den Patienten gesehen haben muss. Wird der Patient nicht in der angegebenen Zeit gesehen, sollte eine Zweittriage stattfinden, um eine etwaige Verschlechterung der Situation rechtzeitig zu erkennen.
Die Aufgabe des Arztes besteht darin, nach Erhebung der Anamnese und der Untersuchung zu erkennen, ob eine dringende Therapie eingeleitet werden muss oder ob weitere Untersuchungen zur Diagnosesicherung notwendig sind. Letztlich muss er darüber entscheiden, ob eine ambulante oder eine stationäre Versorgung angebracht ist. In diesem Punkt unterscheiden sich die Prozesse in vielen Kliniken. In den einen Krankenhäusern entscheidet der Arzt nach der Anamnese und Untersuchung zügig, ob der Patient stationär oder ambulant bleibt und die weiteren Untersuchungen werden auf der nachfolgenden Station abgehandelt. In den anderen Kliniken wird der Patient erst auf eine Station gelegt, wenn die Diagnose gesichert ist. Im ersteren Fall können viele Patienten in kurzer Zeit in der Notaufnahme versorgt werden, die aufwendigen Untersuchungen werden dann den Stationen auferlegt und es besteht die Möglichkeit einer Fehlbelegung in einer Fachabteilung. Im zweiten Fall ist der personelle und räumliche Aufwand in der Notaufnahme hoch, aber der Patient kann mit einer gesicherten Diagnose und einem Therapieplan in die richtige Abteilung verlegt werden. Letzteres hat sich in vielen Krankenhäusern mit einer eigenständigen Notaufnahme durchgesetzt.
Da die Strukturen in deutschen Notaufnahmen sehr heterogen sind, ist die Frage der Qualifikation des nichtärztlichen Personals nicht einfach zu beantworten. Letztlich hängt die Qualifikation von den örtlichen Gegebenheiten der jeweiligen Notaufnahme ab. Die Anforderungen sind in einem Krankenhaus der Grund- und Regelversorgung mit weniger schwerstkrankem und mehr ambulantem Patientengut anders als beim Maximalversorger, der mehrfach täglich vitalbedrohliche Notfälle in der Notaufnahme versorgen muss. Die fachlichen Anforderungen variieren dementsprechend stark und reichen vom Anlegen eines Pflasterverbands bis zur hochkomplexen Versorgung von Notfall- und Intensivpatienten mit Beatmung und Kreislaufunterstützung. In der Ausbildung zur Pflegekraft sind der Notaufnahme und den Ambulanzen zwar Zeiten zugeordnet, der Alltag einer Notaufnahme zeigt aber, dass die hohen, variablen Anforderungen an die Pflegekräfte in den bisherigen Ausbildungsplänen nicht ausreichend abgebildet sind. Ein Personalmix aus Pflegekräften mit und ohne Anästhesie- und Intensivweiterbildung hat sich in großen Notaufnahmen bewährt. Seit Jahren wird von der Deutschen interdisziplinären Gesellschaft für Akut- und Notfallmedizin (DGINA) eine zusätzliche Ausbildung im Bereich »Notfallpflege« gefordert. Sie hat dafür ein eigenes Curriculum entwickelt.
Durch die Vielfältigkeit der Tätigkeiten sind aber auch andere Berufsgruppen für die Arbeit in der Notaufnahme denkbar. So werden in Krankenhäusern mit überwiegend ambulantem Patientengut oder mit Fachrichtungen, die ein hohes Aufkommen an ambulanten Patienten haben, wie z. B. die Unfallchirurgie (80 %), häufig medizinische Fachangestellte eingesetzt. Sie sind meist in den administrativen Bereichen einer Notaufnahme tätig.
Auch Rettungsassistenten oder Notfallsanitäter werden zunehmend häufiger in Notraufnahmen eingesetzt. Ihr Ausbildungsspektrum deckt einen großen Teil der Tätigkeiten in einer Notaufnahme ab und der Einsatz dieser Berufsgruppe hat sich in vielen Kliniken bewährt.
2008 gab es die ersten Absolventen des Studiengangs »Physician assistant« (PA). Dieser Arzt-Assistenzberuf wurde zunächst für ein Modellprojekt von der Ärztekammer anerkannt. Es laufen derzeit Evaluationen über den Nutzen und die Tätigkeiten der PAs. Die PAs können von ihrem Tätigkeitskatalog aus auch in Notaufnahmen eingesetzt werden. Mögliche Aufgabengebiete sind z. B. vorbereitende Anamnese und körperliche Untersuchung, Ersteinschätzung, Ultraschalldiagnostik, Anordnung von diagnostischen Maßnahmen, Wundversorgungen, Qualitätsmanagement in der Zentralen Notaufnahme, Erfassung von Diagnosen und Prozeduren etc. Die Implementierung von PA-Stellen in Notaufnahmen ist in einzelnen Kliniken mit großem Erfolg durchgeführt worden und eröffnet neue Möglichkeiten in den Ablaufprozessen.
Letztlich ist das interdisziplinäre, multiprofessionelle Zusammenspiel aller Berufsgruppen entscheidend für die qualifizierte Versorgung der Patienten. Eine Mischung aus verschiedenen Berufsgruppen ist wünschenswert, da jede Berufsgruppe von der anderen lernen kann und somit eine vielfältigere Teamentwicklung stattfinden kann.
Für die Notaufnahme gibt es bis heute noch keine besondere ärztliche Qualifikation, wie dies in anderen europäischen Ländern schon seit Jahren mit dem Berufsbild des »Emergency Physician« der Fall ist. In vielen Kliniken ist die Versorgung der Notfallpatienten Aufgabe des Dienstarztes und dies sind häufig unerfahrene junge Ärzte. In der Weiterbildung findet die Notaufnahme lediglich in den chirurgischen Fächern überhaupt Erwähnung, dort muss eine Zeit von sechs Monaten in der Notaufnahme abgeleistet werden. Für die Versorgung von Notfallpatienten gibt es seit Jahren eine zusätzliche Weiterbildung für Notärzte, ohne die diese gar keine Patienten versorgen dürfen. In den Kliniken darf jeder Arzt, der eine Approbation besitzt, Notfallpatienten versorgen.
Zusatzweiterbildung »Klinische Akut- und Notfallmedizin«
Seit Jahren kämpft deshalb die DGINA für die Einführung eines eigenen Facharztes für die Notaufnahmen. Von den Fachgesellschaften und von der Bundesärztekammer wurde die Einführung eines eigenen Facharztes vehement abgelehnt. Die Diskussion zu diesem Thema fand aber insofern ein glückliches Ende, als dass sich die DGINA und die Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Notfall- und Intensivmedizin (DIVI), als vertretende Fachgesellschaft aller an der Notfall- und Intensivmedizin beteiligten Fachgesellschaften, mit der Bundesärztekammer auf eine 2-jährige Zusatzweiterbildung »Klinische Akut- und Notfallmedizin« einigen konnten (Gries 2016). Diese soll dazu beitragen, das notwendige Wissen zu Notfällen aller Fachgebiete, die organisatorischen Grundlagen, Grundlagen der Finanzierung etc. zu erlernen. Im Mai 2016 wurde die Bundesärztekammer nun auch vom 118. Deutschen Ärztetag aufgefordert, die Zusatzweiterbildung dringend einzuführen. Mit der Einführung der Zusatzweiterbildung ist ein weiterer Schritt zur Verbesserung der Qualität in Notaufnahmen erreicht.