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Balzac veröffentlichte 1832 die Erzählung Le Comte Chabert. Der Oberst wird auf einem Feldzug Napoleons schwer verwundet, kann aber trotz einiger Widrigkeiten später – wenn auch bereits für tot erklärt -nach Paris zurückkehren. Die Geschichte des Oberst Chabert wir aus der Sicht des Anwaltes Derville ezählt.
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Seitenzahl: 128
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Honoré de Balzac
Oberst Chabert
Le Colonel Chabert
»Seht nur! Da kommt wieder einmal unser alter Militärfilz!«
Dieser Ruf entschlüpft dem Munde eines Schreibers, der zur Art derer gehörte, die man in den Anwaltsstuben Hans Dampf in allen Gassen nennt, und der im Augenblick damit beschäftigt war, mit mächtigem Appetit in ein Stück Brot hineinzubeißen. Nun brach er ein Stückchen Krume ab, rollte es zu einem Kügelchen, das er in heiterster Laune durch das Fenster schleuderte, auf dessen Rahmen er sich stützte. Wohl gezielt, schnellte das Kügelchen wieder zur Höhe des Fensters empor, nicht ohne den Hut eines Unbekannten getroffen zu haben, der gerade über den Hof des Hauses schritt. Es war ein Gebäude in der Rue Vivienne, hier wohnte Derville, der Rechtsanwalt.
»Halt! Simonnin,« sagte der Bureauvorstand und unterbrach die Addition einer Spesenrechnung, »lassen Sie Ihre Albernheiten, oder ich setze Sie vor die Tür. Ein Klient mag arm sein wie eine Kirchenmaus, ein Mensch bleibt er doch, Teufel noch mal!«
Der Hans Dampf in allen Gassen ist im allgemeinen, wie Simonnin im besonderen, ein Junge von dreizehn oder vierzehn Jahren, der in allen Anwaltsstuben dem Bureauvorstand unterstellt ist.
Er hat sich um dessen Besorgungen und Liebesbriefe zu kümmern, die er auf seinen Gängen zu den Gerichtsvollziehern und zum obersten Gerichtshof mit zu erledigen hat. Solch ein Kind weiß fast nie etwas von Mitleid, es ist ungezogen und unerziehbar, dafür aber versteht es Gassenhauer zu erfinden, der Spott bricht ihm aus allen Poren, nicht minder die Gier nach Geld und der Hang zum guten Leben.
Es benimmt sich wie ein Pariser Gassenjunge, denn das ist seine Natur, und die Schikane ist die Bestimmung seines Daseins. Und doch haben alle diese kleinen Laufburschen ein altes Mütterchen, das unter dem Dache haust und mit dem sie alles teilen: ihre dreißig oder vierzig Franken, die sie als Monatsgehalt beziehen. »Wenn es aber ein Mensch ist,« sagte Simonnin, »weshalb nennen Sie ihn einen alten Militärfilz?« Dabei ahmte der Junge die Art eines Schülers nach, der seinen Herrn Lehrer bei einem Fehler ertappt. Nun machte er sich wieder an sein Brot und an seinen Käse, wobei er den Rücken an das Fensterkreuz stützte, denn er hielt sich aufrecht wie ein altersmüder Gaul, ein Bein um das andere gerankt und immer auf der äußersten Kante seines Schuhes.
»Welchen Streich könnten wir nur diesem sonderbaren Kauz spielen?« sagte leise der dritte Bureauangestellte (er nannte sich Godeschal), während er sich mitten in seiner Überlegung unterbrach. Es handelte sich eben um eine Bittschrift, die von dem vierten Schreiber ausgefertigt und von zwei eben aus der Provinz gekommenen Neulingen kopiert wurde. Ohne Pause fuhr er in seinem Texte weiter fort: ». . . aber in seiner hochherzigen und wohlwollenden Weisheit hat seine Majestät, Ludwig der Achtzehnte . . . (alles in Worten auszuschreiben, hören Sie wohl, Desroches, Sie weiser Mann, der Sie die Sache ins reine schreiben sollen) . . . im Augenblicke, da sie die Zügel der Regierung wieder ergriff, verstanden (na, was hat er denn verstanden, der dicke Hanswurst?), hat seine Majestät die hohe Berufung verstanden, zu welcher sie von der göttlichen Vorsehung auserwählt war! . . . . . . (Ein Ausrufungszeichen und noch sechs Punkte dazu. Man ist beim obersten Gerichtshofe so bigott, daß man solches gerne sieht) und ihr erster Gedanke war, wie es das Datum der weiter unten angezogenen Verordnung erweist, alles Unheil wieder gutzumachen, das auf die schrecklichen und fürchterlichen Wirrnisse der Umsturzperiode zurückgeht, indem sie ihren allzeit getreuen und zahlreichen Dienern (zahlreich ist eine feine Schmeichelei, die denen beim obersten Gericht wohlgefallen muß), also seinen Getreuen alle noch nicht verkauften Güter wiedererstattet, sei es, daß sie zu dem ordentlichen oder außerordentlichen Gut der königlichen Krone gehören mögen, sei es endlich, daß sie sich unter den Stiftungen öffentlicher Natur befinden, denn dies ist und bleibt erweislich der Sinn und Geist der berühmten und so loyalen Ordonnanz, erteilt am . . . Halt!« sagte Godeschal zu den drei Angestellten, »diese verdammte Phrase hat meine Seite bis an den Rand angefüllt. Nun seht mal,« fuhr er fort, indem er mit seiner Zunge den Rücken des Schreibheftes anfeuchtete, um besser die dicken Blätter des Stempelpapiers umwenden zu können, »nun seht mal, wenn ihr ihm einen Streich spielen wollt, braucht ihr ihm bloß zu sagen, daß unser Chef für seine Klienten nur zwischen zwei und drei Uhr morgens zu sprechen ist, wir wollen sehen, ob er dann kommt, der alte Schurke.« Und Godeschal setzte die begonnene Phrase fort: »erteilt am . . . Sind Sie so weit?« fragte er.
»Ja«, schrien die drei Kopisten.
Alles ging seinen Gang weiter, die Bittschrift, das Plaudern und die Verschwörung.
»Erteilt am . . . Nun, Vater Boucard, wann ist die Ordonnanz ergangen? Die Punkte auf die i gesetzt! Donnerwetter! Das füllt die Seiten!«
»Donnerwetter«, wiederholte einer der Kopisten, bevor noch Boucard, der erste Angestellte, hatte antworten können.
»Was? Sie haben Donnerwetter hingeschrieben?« fragte Godeschal, indem er einen von den Neulingen anstarrte, mit tödlichem Ernst und lustigem Spott zugleich.
»Freilich hat er,« sagte Desroches, und beugte sich über die Kopie seines Nachbarn, »er hat hingemalt: Die Punkte auf die i gesetzt und Donnerwetter noch dazu mit f.«
Alle Angestellten brachen in ein dröhnendes Lachen aus.
»Aber, lieber Herr Huré, Sie halten Donnerwetter für einen juristischen Ausdruck und dabei geben Sie vor, Sie seien aus Mortagne?« rief Simonnin. »Radieren Sie es aus«, sagte der Bureauvorsteher. »Wenn der Richter, der diese Spesenrechnung prüft, so etwas zu Gesicht bekäme, würde er sagen, daß man sich über ihn lustig macht. Sie würden dem Chef Unannehmlichkeiten bereiten.
Also, keine solchen Dummheiten mehr, Herr Huré. Ein Normanne darf eine Bittschrift nicht schlenderhaft schreiben. Auch bei den Schreibern gilt das Kommando: Schultert das Gewehr!«
»Erteilt am . . .« fragte Godeschal. »Sagen Sie mir doch wann, Boucard!«
»Juni 14«, antwortete der Vorstand, ohne seine Arbeit zu unterbrechen. Ein Pochen an der Tür der Anwaltsstube zerschnitt die Phrase der weitschweifigen Bittschrift. Fünf Angestellte wie ein einziger Mann, mit blitzenden Augen voller Spott, mit gekräuselten Haaren auf den Köpfen, alle blickten nach der Tür, nachdem sie mit Stentorstimme Herein gerufen hatten. Boucard hatte sein Gesicht in einem Aktenheft eingemuffelt und ließ sich nicht darin stören, die Spesenrechnung auszuarbeiten.
Das Bureau war ein großer Raum. Natürlich fehlte der mächtige Ofen nicht, so wie er in allen Vorhöllen der Schikane zu finden ist. Die Röhren liefen schräg durch das Zimmer und trafen sich in einem Marmorkamin, auf dessen Platte man ein paar Stücke Brot, dann dreieckige Schnitten Fromage de Brie und frische Schweinskotteletten sah, neben Gläsern, Flaschen und einer Tasse Schokolade für den Vorstand des Bureaus. Der Duft all dieser Speisen mischte sich wunderbar mit dem Brodem des Ofens, der über alles Maß geheizt wurde, dazu kam noch der eigentümliche Odeur der Schreibstuben und der aufgehäuften Masse Makulatur, alles in allem eine so starke Mischung, daß darin der Gestank eines Fuchses spurlos untergegangen wäre. Der Fußboden war mit Kot bedeckt und mit den Resten Schnees, den die Angestellten mitgebracht hatten. Nahe beim Fenster befand sich das Zylinderbureau des ersten Schreibers, diesem benachbart ein kleiner Tisch für den zweiten. Der zweite »erledigte« im Augenblick den obersten Gerichtshof.
Es war zwischen acht und neun Uhr morgens. Die Schreibstube hatte als einzigen Schmuck große gelbe Zettel, Ankündigungen von Beschlagnahmen, Verkäufen, Versteigerungen, sowohl zwischen Mündigen als zwischen Unmündigen, endgültige oder provisorische Erkenntnisse, die üblichen Ruhmestitel aller Anwaltsbureaus. Hinter dem Bureauvorstand erhob sich ein ungeheurer Aktenschrank, der die Mauer von unten bis oben bedeckte. Jedes Fach war vollgestopft mit Aktenmassen, aus denen Etiketten und rote Heftfäden heraushingen, wie sie den Prozeßakten ihr eigentümliches Aussehen verleihen. In den unteren Fächern des Schrankes häuften sich blaugeränderte Aktendeckel, die durch den Gebrauch vergilbt waren und auf denen man die Namen der »fetten« Klienten lesen konnte, deren saftige Angelegenheiten gerade jetzt im Dunst schmorten. Die schmierigen Fensterscheiben ließen nur wenig Licht herein. Es gibt ja überhaupt wenig Pariser Bureaus, in denen man im Februar vor zehn Uhr ohne künstliche Beleuchtung schreiben kann, denn sie sind alle das Opfer einer, im übrigen verständlichen, Vernachlässigung. Alle Welt kommt hin, keine Menschenseele verweilt in ihnen, kein persönliches Interesse ist einem so banalen Raum verknüpft, weder der Anwalt, noch die Parteien, noch die Angestellten legen Wert auf die Eleganz eines Raumes, der für die einen ein Treffpunkt, für die anderen ein Durchgangsraum, für den Anwalt sein Laboratorium ist. Das schmutzige Mobiliar vererbt sich von einem Anwalt zum anderen mit solcher Gewissenhaftigkeit, daß viele Bureaus noch Fächer und Tischladen mit Aufschriften besitzen, die auf eine längst überholte Art der Rechtsprechung hindeuten. Nun, dieses geräumige, staubbedeckte, düstere Bureau hatte, wie alle seiner Art, irgend etwas, das die Parteien anwiderte, und das ihm den Stempel einer ekelhaften Scheußlichkeit aufdrückte. Wenn freilich die feuchten, dunklen Sakristeien, wo die Gebete wie Pfeffer oder Zucker zugewogen und nach Gewicht bezahlt werden, nicht auf der Welt wären und ebensowenig die Magazine der Trödler, wo Lumpen und Fetzen sich umhertreiben als die Symbole der Erbärmlichkeit alles Lebens im allgemeinen und unserer Illusionen im besonderen – wenn diese zwei Schmutzwinkel der Poesie nicht geschaffen wären, dann bliebe die Schreibstube eines Anwalts das scheußlichste aller Gemächer, wo Menschen zusammenkommen. Aber sind denn die Spielhöllen, die Säle in den Gerichten, die Kabinettlein der öffentlichen Häuser oder die Lotteriebureaus etwas Besseres? Nein, es ist das gleiche. Und warum? Vielleicht deshalb, weil hier das Drama der menschlichen Seele sich in ihrem Innern abspielt. Was kann dann der umgebende Raum viel bedeuten? Ebensowenig, wie er einem großen Denker oder einem Ehrgeizigen von Rang nicht das mindeste bedeuten kann. So erklärt sich die Einfachheit solcher Menschen in äußeren Dingen.
»Wo ist mein Federmesser?«
»Ich bin gerade bei meinem Frühstück.«
»Du kannst dich aufhängen. Was soll ich mit meinem Tintenfleck auf der Bittschrift beginnen?«
»Still, meine Herren!«
Diese Ausrufe brachen im selben Augenblick los, als der alte Klient die Türe schloß. Er tat es so demütig, daß seine Bewegung unnatürlich wurde. So sind die Unglücklichen. Der Unbekannte versuchte ein Lächeln, aber seine Gesichtsmuskeln erschlafften, als er auf den blitzend unverschämten Gesichtern der sechs Angestellten vergeblich auch nur nach einem Schimmer von Freundlichkeit suchte. Er war es offenbar gewohnt, Menschen einzuschätzen, denn er wandte sich sehr höflich an den Hans Dampf in allen Gassen, in der Hoffnung, der Knirps würde ihm höflich antworten.
»Bitte, kann ich den Herrn Chef sprechen?«
Der boshafte Laufbursche antwortete dem armen Mann nicht, sondern tippte nur mit den Fingern der linken Hand gegen sein Ohr, wie um zu sagen: »ich bin taub. Leider.«
»Was wünschen Sie, mein Herr?« fragte Godeschal, nicht ohne einen Bissen Brot hinunterzuschlingen, groß genug, eine Vierpfünderkanone damit zu laden. Dann schwenkte er sein Taschenmesser hin und her, kreuzte die Beine und hob dabei den freien Fuß bis zu Gesichtshöhe empor.
»Mein Herr, ich bin heute zum fünften Male hier,« sagte der arme Kerl, »ich möchte Herrn Derville sprechen.«
»Geschäftlich?«
»Ja. Aber ich kann die Angelegenheit nur dem Chef auseinandersetzen . . .«
»Der Chef schläft. Wenn Sie ihn in einer schwierigen Angelegenheit zu Rate ziehen wollen . . . er arbeitet richtig so erst gegen Mitternacht. Aber wenn Sie uns Ihre Angelegenheit vortragen wollen, können wir ebensogut wie er . . .«
Der Unbekannte stand unbeweglich da. Scheu blickte er um sich wie ein Hund, der sich in eine fremde Küche eingeschlichen hat, und Angst hat, man könnte ihn prügeln.
Es ist eine Wohltat ihres Berufes, daß Anwaltsangestellte nie Angst vor Dieben haben. So ließen sie denn auch den Militärfilz, von jedem Verdacht unbehelligt, die Räumlichkeit studieren, wo er vergebens nach einem Stuhl Umschau hielt.
Aber die Anwälte haben ihr System, das ihnen zu möglichst wenig Stühlen in ihren Bureaus rät. Der gewöhnliche Klient, müde des Wartens, aufrecht auf seinen lahmen Beinen, macht sich davon, zwar unter Schimpfen und Schelten, aber er nimmt wenigstens nicht die Zeit in Anspruch, deren Preis und Wert, nach den Worten eines alten Prokurators, in keiner Kostenrechnung gebührend in Anschlag zu bringen ist.
»Ich hatte bereits die Ehre,« sagte der Unbekannte, »Sie davon in Kenntnis zu setzen, daß ich meine Angelegenheit ausschließlich Herrn Derville vorlegen kann. Ich will daher warten, bis er sich erhebt.«
Boucard hatte endlich seinen Kostenvoranschlag beendet. Der Duft seiner Schokolade stieg ihm in die Nase, nun verließ er seinen Rohrstuhl, kam zum Kamin, maß den alten Mann von Kopf bis zu Fuß, betrachtete seinen schäbigen Reitrock und machte eine Grimasse, die nicht wiederzugeben ist. Offenbar dachte er, wie immer man den Mann ausquetschte, ein Heller würde dabei doch nicht herauszubekommen sein. Er setzte daher ein bündiges, kurzes Wort in die Diskussion, um dem Bureau eine schlechte Kundschaft zu ersparen. »Die Herren haben Ihnen die Wahrheit gesagt.
Der Chef arbeitet nur nachts. Ist Ihre Angelegenheit dringend, dann kann ich nur raten, um ein Uhr morgens wiederzukommen.«
Stumpfsinnig glotzte der Klient den Bureauvorsteher an und blieb stehen wie ein Stock. Die Angestellten kannten die Parteien der Prozesse, alle Wandlungen in ihren Zügen waren ihnen vertraut, auch die eigentümlichen Launen, die auf Unentschlossenheit und Grübelei zurückgehen. Sie ließen sich daher beim Essen nicht stören, und machten beim Kauen nicht weniger Lärm, als die Pferde es an ihrer Krippe tun und kümmerten sich nun nicht im geringsten um den Alten.
»Mein Herr, so werde ich heute abend kommen«, sagte der Alte, der zäh, wie alle Unglücklichen, den Menschen hier ihren Mangel an Menschlichkeit ins Gewissen rufen wollte. Denn die einzige Waffe, die das Elend noch besitzt, ist, die Justiz und die sogenannte Wohltätigkeit zu schreienden, offenkundigen Ungerechtigkeiten zu zwingen. Und haben die Unglücklichen die Gesellschaft der Lüge überführt, dann werfen sie sich nur um so inniger an die Brust Gottes, um sich da zu bergen.
»Hat der Kerl nicht einen Mordschädel?« sagte Simonnin, ohne abzuwarten, daß der Alte die Tür schloß.
»Er sieht aus wie aus dem Grabe gestiegen«, antwortete der Schreiber.
»Es ist irgendein alter Oberst, der den rückständigen Sold zurückfordert«, sagte der Vorstand.
»Nein, es ist ein alter Hausbesorger«, sagte Godeschal.
»Wetten, daß er von Adel ist«, schrie Boucard.
»Ich wette, er war Portier«, antwortete Godeschal. »Die Portiers sind die einzigen Wesen auf der Welt, die über solche verfilzte, ölige, unten ausgefranzte Mäntel verfügen, wie es der Mantel dieses alten Biedermannes ist. Habt ihr nicht seine Stiefel bewundert, die Wasser ziehen, oder seine Halsbinde, die ihm als Hemde dient? Er hat unter den Brücken geschlafen.«
»Er könnte ein Edelmann sein und doch Portiersdienste verrichtet haben«, rief Desroches. »Auch das hat sich schon begeben.«
»Nein,« antwortete Boucard mitten in der Brandung des Gelächters, »ich halte dafür, er war Bierbrauer zur Zeit der Revolution und Oberst unter der Republik.«
»Aber ich setze eine Loge für die ganze Gesellschaft aus, wetten, daß er nie Soldat gewesen?«
»Einverstanden«, antwortete Boucard.
»Mein Herr, mein Herr!« rief der kleine Schreiber, indem er die Fenster öffnete.
»Was tust du, Simonnin?« fragte Boucard.
»Ich rufe ihn und will ihn fragen, ob er Oberst oder Hausmeister ist. Wenn einer es weiß, ist er es.«
Alle Angestellten lachten. Aber der Alte stieg bereits wieder die Treppe empor.
»Was sagen wir ihm?« rief Godeschal.
»Laßt mich nur machen!« antwortete Boucard.
Der arme Alte kam schüchtern mit gesenkten Blicken zurück, vielleicht wollte er nicht seinen Hunger zeigen, wenn er gar zu gierig die Nahrungsmittel auf dem Kamin ansah.
»Mein Herr,« sagte Boucard, »wollen Sie doch die Freundlichkeit haben, uns Ihren Namen zu nennen, damit der Chef weiß, wer . . .« »Chabert.«
»Oberst, gefallen zu Eylau?« fragte Huré, der noch nichts gesagt, und nur darauf gelauert hatte, einen Witz beizutragen.
»Derselbe, mein Herr!« antwortete der Alte mit der Einfachheit eines alten Römers. Und er zog sich zurück.
»SSSsssssttttt!«
»Abgeblasen!«
»Puff!«
»Oh!«
»Ah!«
»Bummmm!«
»Eine gelungene Nummer!«