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Die große Liebe fängt bei uns selber an… Kurt Tepperwein weist seinen Lesern in diesem Ratgeber auf seine unverwechselbar einfühlsame Art den Weg zu einer erfüllten Partnerschaft. Nur wer mit sich selbst im Reinen ist und seine eigenen Bedürfnisse kennt, kann sich ganz auf eine Liebesbeziehung einlassen und glücklich werden.
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Seitenzahl: 329
Veröffentlichungsjahr: 2008
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Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie.Detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
ISBN 978-3-636-06370-0 | Print-Ausgabe
ISBN 978-3-86882-051-5 | E-Book-Ausgabe (PDF)
Redaktionelle Mitarbeit: Klaus Jürgen Becker
E-Book-Ausgabe (PDF):© 2009 bei mvgVerlag, FinanzBuch Verlag GmbH, München.www.mvg-verlag.de
Print-Ausgabe: © 2008 bei mvgVerlag, FinanzBuch Verlag GmbH, München.www.mvg-verlag.de
Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme gespeichert, verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.
Umschlaggestaltung: Vierthaler & Braun Grafikdesign, MünchenUmschlagabbildung: Gettyimages, München (© gettyimages / Monika Nesslauer) Redaktion: Dr. Gabriele Schweickhardt, Frankfurt am MainSatz: Jürgen Echter, Landsberg am LechDruck: Holzhausen, WienPrinted in Austria
Liebe hat keinen anderen Wunsch, als sich zu erfüllen!(Khalil Gibran, 1883-1931)
Das Geheimnis einer erfüllten Liebe liegt darin, sich der Liebe zu öffnen. Viele Menschen haben Angst davor, wie eine Knospe, die sich nicht traut, ihre Verhärtung loszulassen. Sie wissen nichts von der Schönheit, die in ihnen liegt. Sie wissen nicht, dass auch sie eine Blüte in sich tragen. Dieses Wissen entsteht erst mit dem Tun. Und so möchte dieses Buch Ihnen Begleiter und Helfer dabei sein, sich zu öffnen. Es bietet Ihnen Unterstützung und Ermutigung an. Es verlockt Sie und ermuntert Sie, die Schönheit Ihrer inneren Blüte zu offenbaren. Zugleich zeigt es Ihnen, wie Sie Ihrem Partner helfen können, damit auch er sich öffnen und lieben kann.
Wir sollten es unserem Partner und uns selbst wert sein, uns zu öffnen, weil wir nur dann erblühen können. Das Leben ist einfach zu kurz und zu wertvoll, um es in einer verschlossenen Knospe, das heißt in einer unbefriedigenden Beziehung zu verbringen. Ob jung, ob alt: In jeder Lebensphase haben wir die Chance, uns dem Leben zu öffnen.
Ein Sprichwort sagt: »Wenn die Jugend wüsste – wenn das Alter könnte…« – zum Liebenlernen ist es nie zu früh und niemals zu spät. Beginnen wir also damit, uns unserer Liebe zu öffnen…
Viel Freude dabei wünscht Ihnen
Ihr
Kurt Tepperwein
Die Belohnung für das Lieben ist die Liebe.(Kurt Tepperwein)
Wir alle sehnen uns nach ihr. Keiner kann sich ihr entziehen. Manchem macht sie sogar Angst. Mancher hat Angst, in der Liebe sich selbst zu verlieren. Dabei ist die Liebe der schnellste Weg, sich selbst zu finden.
Die Einheit und Glückseligkeit, die wir beim anderen zu finden hoffen, haben wir in Wirklichkeit nie verloren. Wir haben sie nur vergessen. Und so kann in einer glücklichen Liebesbeziehung der andere zum Tor werden auf dem Weg zu uns selbst, einem Weg, auf dem wir uns gegenseitig an uns selbst erinnern.
Das starke Gefühl, das uns in der Liebe oft bewegt, ist ihre Auswirkung, nicht aber die Liebe selbst, auch wenn wir es dafür halten. Die Liebe ist in Wirklichkeit ein Weg, auf den man sich miteinander macht, um letztlich bei sich selbst anzukommen.
Die Liebe selbst ist der Lohn der Liebe, denn ich werde selbst zur Liebe. Unabhängig davon, ob der andere sich für meine Liebe bedankt, ich bin also allein schon dadurch beschenkt, dass ich immer liebender werde. Aber dort ankommen kann man nur, wenn man sich auf den Weg macht. Gehen wir daher miteinander auf die Reise durch die verschiedenen Stationen der Liebe.
In seinem Buch »Sei wie ein Fluss, der still die Nacht durchströmt« (Diogenes 2006) erzählt Paulo Coelho eine Geschichte, die ihm ein Leser geschickt hat:
»Eine Rose träumte Tag und Nacht davon, dass Bienen ihr Gesellschaft leisteten, aber keine einzige ließ sich auf ihren Blütenblättern nieder. Die Blume aber träumte weiter: In ihren langen Nächten stellte sie sich einen Himmel voller Bienen vor, die zu ihr kamen und sie zärtlich küssten. So konnte sie es bis zum nächsten Tag aushalten, bis sie sich im Sonnenlicht wieder öffnete. Eines Nachts fragte der Mond, der von der Einsamkeit der Rose wusste: ›Bist du es nicht müde, immer weiter zu warten?‹ - ›Vielleicht. Aber ich muss weiterkämpfen.‹ - ›Warum?‹ - ›Weil ich verwelke, wenn ich mich nicht öffne.‹ In den Augenblicken, in denen die Einsamkeit alle Schönheit zu erdrücken scheint, ist die einzige Möglichkeit standzuhalten, weiter offen zu sein.«
Beginnen wir mit einer Bestandsaufnahme, um dann weiter zu untersuchen, wie wir uns der Liebe noch mehr öffnen können.
Wir sind nicht auf der Welt, um geliebt zu werden, sondern um Liebende zu werden.(Kurt Tepperwein)
Vieles hat sich in den letzten Jahren verändert! Mann und Frau lebten noch nie zeitlich, körperlich und seelisch so intensiv zusammen wie heute. Sie lebten bisher in ganz verschiedenen Welten und die Begegnung war auf eine kurze Zeitspanne begrenzt. Noch vor hundert Jahren wurde eine Ehe zudem nach durchschnittlich 15 Jahren durch den Tod eines Partners beendet. Außerdem hatte der Arbeitstag damals zwölf Stunden, und die Hausarbeit, Kochen, Waschen, Holzhacken waren wesentlich aufwändiger als heute. Es blieb daher kaum Zeit füreinander. Man hatte auch nicht die Freiheit, die eigenen Wünsche miteinander auszuleben. Das ließen Erziehung und Gesellschaft gar nicht zu. Die Ehe war im Wesentlichen eine Lebensgemeinschaft, die beide versorgte: die Frau mit Sicherheit, den Mann mit Sexualität und beide mit Nahrung.
Liebe als Grundlage einer Ehe oder Lebensgemeinschaft ist in der Geschichte der Menschheit recht neu, zumal die Frau selten gleichberechtigt war. Auch eine Lebensgemeinschaft ohne Ehe war zu den meisten Zeiten undenkbar. Ja, es war nicht einmal allen Erwachsenen erlaubt, zu heiraten. Und natürlich war es noch zu keiner Zeit möglich und selbstverständlich, Sexualität und Zeugung voneinander zu trennen.
Alle diese Veränderungen geschahen erst in den letzten Jahrzehnten. Und wir hatten zu wenig Zeit, uns darauf einzustellen und zu lernen, damit umzugehen. Hinzu kommt, dass wir heute einer Partnerschaft gegenüber sehr viel anspruchsvoller sind als vor einigen Jahrzehnten und noch keine Gelegenheit gehabt haben, das Lieben zu lernen. Viele Menschen haben noch nicht einmal erkannt, dass es da etwas zu lernen gibt. Aber Liebe stellt sich nicht einfach ein, die Fähigkeit und Bereitschaft zur Liebe muss erlernt, zumindest geweckt werden.
In alten Hochkulturen galt das Lieben als Kunst. So schuf im alten Indien Vatsyayana das Kamasutra. In China kennt man seit Jahrtausenden das »Tao der Liebe«. Und auch bei den alten Griechen wurde die Liebe als eine der hohen Künste gepriesen. Die heutige Zeit der Postmoderne erfordert, dass wir uns der Kunst des Liebens wieder erinnern, mehr noch, dass wir über all das hinausgehen, was uns die alten Liebeskünste zu berichten haben. Denn: Die wahre Liebe, nach der wir in unserer heutigen reizüberfluteten, technisierten und computerisierten Zeit dürsten, ist nicht nur eine Liebe der Sinne – es ist die Liebe zu unserem wahren Wesen. Es ist die Liebe von unserem wahren Wesen, das durch uns wirkt. Unsere Kultur lernt entweder das Lieben – auf allen Ebenen – oder sie wird nicht mehr sein.
Die Liebe ist wie eine einsame Berghütte, Du findest nur vor, was du selbst mitgebracht hast!(Kurt Tepperwein)
Erst die heutige Generation wagt es, ihre Träume auch zu verwirklichen, wobei ein glücklicher Ausgang natürlich nicht garantiert werden kann. Aber der Versuch lohnt sich, selbst wenn ihr Verhalten von außen betrachtet oft recht chaotisch wirkt und ihre Vorgehensweise ungewöhnlich ist. Erst unsere Generation versucht, einen Weg zu finden, der der Einmaligkeit einer Beziehung wirklich entspricht. Aber es bleibt ein spannender Weg, zwei von Natur aus so grundverschiedene Menschen wie Mann und Frau zu einer Beziehung zu führen, die weniger Einschränkungen und Behinderungen in der beiderseitigen Entfaltung mit sich bringt als gegenseitige Hilfe und gemeinsame Freude.
Da wir heutzutage nicht mehr um unser Überleben kämpfen müssen und sich unser Wissen über das, was in einer Partnerschaft alles möglich ist, täglich erweitert, haben wir in unseren Beziehungen mehr Raum dafür, uns mit unseren Gefühlen auseinanderzusetzen. Dies bringt jedoch auch Konfliktpotenzial in Bewegung.
Größte Schwierigkeiten in einer Liebesbeziehung entstehen dadurch, dass wir dabei unseren dunkelsten Schatten begegnen. Unverarbeitete Familiensituationen, karmische Belastungen aus »vergangenen Leben«, ungeheilte Wunden aus der Vergangenheit zeigen sich. Wenn sie aber heilen sollen, müssen sie aufgedeckt und gereinigt werden. Hinzu kommt: Je festgefahrener die Partner in ihrer Persönlichkeit sind, desto schwieriger wird es, jedem einzeln gerecht zu werden. Es gibt nun einmal keine wirkliche Hingabe an einen anderen Menschen, ohne dass man gleichzeitig etwas von der Starre und Eigenbrötelei des Egos opfert und sich wirklich auf das wahre Selbst einlässt. Und so führt der Weg einer wahren Beziehung immer gleichzeitig in zwei Richtungen, zum anderen und zu sich selbst.
Tief im Innersten sehnen wir uns nach der Einheit, aus der wir gekommen sind und die wir in Wirklichkeit nie verloren haben, die wir gar nicht verlieren, sondern nur vergessen können. Diese Sehnsucht veranlasst uns, den anderen zu suchen. Dabei spüren wir zugleich, dass wir die Verbindung zum Ganzen, die wir suchen, nicht bei einem anderen Teil finden können.
Irgendwann erkenne ich: Wenn ich mit mir im Einklang bin und mich wirklich mag, mit mir einverstanden bin, dann kann ich auch mit meinem Partner glücklich sein.
Frage: »Warum lernen wir immer wieder denselben Typ Partner kennen?« Antwort: »Warum bekommen wir immer wieder die gleichen Jobs?«
Irgendwie »überlebt« man natürlich auch ohne das Wissen um die Gesetze der Liebe. Tagtäglich finden Menschen zueinander und bewältigen heikle Situationen. Doch viele finden bedauerlicherweise auch keinen Weg und die Beziehung zerbricht. Blicken Menschen auf eine Kette gescheiterter Partnerschaften zurück, fragen sie sich, was sie da wohl falsch gemacht haben könnten, weil das sehr häufig das gleiche war. Nachfolgend einige Stimmen von Klienten:
Manche Menschen leiden immer wieder. Nach dem Motto: »Beim nächsten Mann/der nächsten Frau bleibt alles gleich.« Es gibt Männer, die sich immer wieder unglücklich in denselben Frauentyp verlieben. Immer wieder in solche, die dominant, kühl, verletzend oder notorisch untreu sind.
Bei manchen Menschen wird sogar die unerfüllte Liebe zum Ideal erhoben: Je schlechter sie vom Partner behandelt werden, um so heftiger glüht ihre Leidenschaft. Freunde schütteln den Kopf und fragen den Leidgeprüften spätestens nach seiner dritten tragischen Beziehung, warum er sich nicht mal in einen herzensoffenen Menschen verliebt. Die lakonische Antwort: »Die interessieren mich leider überhaupt nicht!« – Auf Deutsch: Das Muster passt nicht. Unbewusst sucht sich nämlich jeder Mensch genau den Partner aus, der seinem »Strickmuster« entspricht, fühlt sich von ihm magnetisch angezogen, ohne zu wissen, warum.
Es gibt Frauen, die sich immer wieder in Männer verlieben, die einfach nicht zu haben sind. Die verheiratet sind oder schwul, die im Ausland leben oder prinzipiell als Single. Eine Klientin sagte einmal: »Männer sind wie Toiletten, entweder besetzt oder besch…«. Eine andere meinte bissig: »Man kann so viele Männer an die Wand klatschen wie man will, es wird doch kein Prinz daraus!« Immer wieder leiden sie darunter, dass ihre Liebe keine Chance hat, zur glücklichen Verbindung zu wachsen. Dennoch wiederholen sie bei jedem neuen Mann das alte Schema.
Vielleicht hat man unbewusst zu viel Angst vor großer Nähe und sucht sich deshalb intuitiv immer wieder Liebespartner, die freiwillig auf Distanz bleiben? Vielleicht möchte man eigentlich allein sein und hat nur die Vorstellung, man könne das nicht ertragen? Vielleicht lebt man weiterhin ein früheres Eltern-Kind-Beziehungsmuster aus und hat sich nur noch nicht bewusst gemacht, dass man inzwischen erwachsen und die alte Beziehungsform überholt ist? Für viele erscheint es auch unbewusst als gute Lösung, wenn der Partner nicht perfekt ist – dann hat man wenigstens einen Grund, sich nicht voll einbringen zu müssen. Viele Menschen wollen die Dinge, die sie am vollkommenen Lieben hindern wie Gier, Ablehnung, Angst, Frustration, Groll nicht anschauen – und suchen sich deshalb lieber einen »Kompromiss« als Partner. Dies erlaubt einem dann, die bisherigen unbewussten Glaubenssätze (z. B. Männer/Frauen/Beziehungen sind schlecht/anstrengend/frustrierend) aufrechtzuerhalten, sich zurückzuhalten und insgeheim von dem Idealpartner zu träumen, der aber nie kommt. Nur wenige sehen das eigene Muster. Dies hieße ja auch, sich blitzschnell um die eigene Achse zu drehen und von hinten dabei zuzuschauen – wer kann das schon? Doch dieses Buch möchte auch aufrütteln. Es gibt Ihnen die Macht, aber auch die Verantwortung für Ihre Beziehung und das Beziehungsmuster, das Sie leben, zurück, indem es Ihnen hilft, sich anzuschauen, Mustern auf die Spur zu kommen, und Ihnen ein völlig neues Verständnis vom Sinn von Beziehungen schenkt.
Worin liegen die Fehler vieler?
Hinzu kommt: Wir wissen weder, dass man das Führen einer glücklichen Beziehung üben kann und muss, noch, dass nicht jede Beziehung für die Ewigkeit gedacht ist. Wir wissen nicht, wie und woran man erkennt, wann sich eine Beziehung erfüllt hat, noch wie man sie liebevoll loslässt. Kein Wunder, dass unsere Partnerschaften unter diesen Voraussetzungen meist schwierig verlaufen und oft unglücklich enden.
Die meisten Probleme in einer Partnerschaft resultieren nicht aus Unverträglichkeit oder Unfähigkeit, sondern aus der Tatsache, dass die Liebenden die notwendigen Grundbedingungen nicht geschaffen, das Zusammenleben nicht gelernt haben. Sie glauben, sie bräuchten in Wirklichkeit nur den richtigen Partner zur rechten Zeit zu finden und dann kann fast nichts mehr schief gehen.
Das Märchen von der oder dem Richtigen verhindert unzählige gute und dauerhafte Beziehungen, denn es führt Sie in die Sackgasse, auf den glücklichen Zufall warten zu müssen, ohne selbst etwas beitragen zu können. Und so legen Sie vielleicht die Hände in den Schoß und hoffen, dass es bald geschieht, während das Glück darauf wartet, von Ihnen in die Hand genommen zu werden und eine echte Chance zu erhalten.
Wenn Sie es wirklich ernst meinen, müssen Sie sich zuerst einmal von Ihren Idealen befreien, damit Sie die Möglichkeit haben, der Wirklichkeit zu begegnen. Sie sollten aufhören, in irgendwelchen Idealvorstellungen nach Glück, Liebe und Erfüllung zu suchen.
Wir haben eine bestimmte Vorstellung von dem oder der Richtigen und gleichen bei jeder Begegnung den anderen mit ihr ab; wenn er damit nicht übereinstimmt, kann es ja nicht der oder die Richtige sein. Und so geben wir mancher Beziehung gar nicht erst eine Chance, weil wir einem Phantom nachlaufen. Treffen wir aber wirklich einmal jemanden, der unserem Bild entspricht, muss das noch lange nicht heißen, dass er auch tatsächlich der Richtige ist!
Ganz gleich, wen Sie gewählt haben, auch und gerade in einer erfüllenden Partnerschaft werden Sie viel Aufmerksamkeit, Kraft, Hingabe, Geduld und Liebe einsetzen müssen, bevor sie dauerhaft werden kann. Denn eine dauerhafte Beziehung entsteht nicht durch eine wunderbare Verzauberung, die alle Probleme und Aufgaben bewältigt. Manchmal zerbricht eine Partnerschaft gerade an dem Glauben, dass alles von selbst kommt, wenn nur erst mal der oder die Richtige da ist, und man sich gar nicht mehr um die Liebe bemühen muss.
Viele haben ein so hohes Ideal, dass ihm ohnehin keiner gerecht werden kann, und so ist die Enttäuschung vorprogrammiert. Ein bisschen erinnert mich das an den Witz von der Tochter, die zu ihrem Vater sagte: »Für mich kommt nur ein Mann in Frage, der groß, blond, blauäugig ist, der ritterlich, verständnisvoll und gütig ist, der großzügig, nachgiebig und erfolgreich ist, der genau weiß, was er will, aber tut, was ich sage, und auf dem Standpunkt bleibe ich stehen.« - »Nein«, sagte der Vater, »auf dem Standpunkt bleibst du sitzen!«
Doch Beziehungen zerbrechen nicht zufällig, sondern immer wieder an bestimmten, unbewältigten Aufgaben, die weitgehend gelöst sein müssen, bevor man gemeinsam den nächsten Schritt tun kann.
Da ist es nur natürlich, dass Sie sich irgendwann fragen, ob sich so viel Mühe überhaupt lohnt. Sie lohnt sich auf jeden Fall, denn es gibt keinen anderen Weg zur Erfüllung, keine bisher nur noch nicht entdeckte Abkürzung. Sokrates antwortete einem Schüler auf die Frage, ob er heiraten solle: »Auf jeden Fall. Entweder deine Partnerin lobt und ehrt dich, wo immer sie kann, dann wirst du ein großer Kaiser. Oder sie kritisiert und bemäkelt dich, dann wirst du ein großer Philosoph, entweder du wirst glücklich oder du wirst weise, aber heirate auf jeden Fall!«
Eine der Hauptschwierigkeiten ist, dass wir sehr tief verwurzelte Idealvorstellungen haben, wie eine wirkliche Beziehung auszusehen hat und welche Grundbedingungen gegeben sein müssen, damit sie Bestand haben kann. Dabei ist die entscheidende Voraussetzung die Bereitschaft, die notwendigen Schritte zu tun, um eben diese Bedingungen zu schaffen.
Was Sie am meisten daran hindert, die in einer Partnerschaft verborgenen Potenziale zu erkennen, ist die Annahme, es gebe sie gar nicht. Die Liebe findet Sie nicht, wenn Sie ihr nicht ein gutes Stück entgegengehen und ihr beide Hände hinhalten. Die Liebe ist kein Ereignis, das einfach geschieht, sondern ein Weg, den Sie gehen müssen, wollen Sie ans Ziel kommen.
Ich weiß, man mag es schon nicht mehr hören, dass alles Arbeit erfordert, aber es ist nun einmal die Realität. Arbeit im Sinne von unablässigem Einsatz für ein erstrebenswertes Ziel. Nun kann man mit Arbeit zwar nicht alles im Leben erreichen. Sie werden dadurch keine blauen Augen bekommen, wenn Sie sie nicht schon haben. Sie können ohne die entsprechenden Voraussetzungen durch Arbeit kein Genie werden und durch Arbeit allein bekommen Sie auch keinen Nobelpreis oder werden berühmt. Aber wenn Sie in der Liebe eine dauerhafte und erfüllende Partnerschaft anstreben, dann ist durch ein ständiges Bemühen einiges zu erreichen. Mag Ihnen die Liebe in den Schoß fallen, halten können Sie sie nur durch Ihren beständigen Einsatz.
Was immer Sie im Leben erreicht haben, haben Sie erreicht, weil Sie sich dafür eingesetzt, weil Sie nicht aufgegeben haben, bevor Sie am Ziel waren, auch wenn der Weg schwierig wurde. Nur bei der Liebe geben sich viele Menschen einer illusionären Vorstellung hin. Sie finden alles, was Sie sich von Ihrer Beziehung erhoffen, indem Sie es in sich finden und es bedingungslos in Ihre Partnerschaft hineintragen. Das Ziel ist eine erfüllende, liebevolle Partnerschaft, in der man sich miteinander und aneinander erfreut und in der beide sich als wahre Liebende erleben können, in der beide die Freiheit haben, auf ihrem individuellen Weg zu wachsen und jeder dem anderen liebevoll dabei hilft. Und dafür lohnt es sich, etwas zu tun, beispielsweise auch das eigene Beziehungsmuster aufzudecken und die Identifikation mit ihm zu lösen.
Was immer hinter einem solchen Muster steckt: Wer es erkennt, kann sich davon befreien. Wer eigene beziehungsfeindliche Verhaltensweisen aufspürt, hat mit diesem Buch die Chance, sich auf die Suche nach dem eigentlichen Grund zu machen. Sobald dieser gelöst ist, sind weitaus erfülltere Beziehungen möglich.
Drei Dinge kennzeichnen jede (noch unerfüllte) Beziehung:
Beispiel: Ein Klient ist mit einer Partnerin zusammen, die beruflich die gleiche Ausrichtung hat wie er selbst. Er ist Seminarleiter, sie Seminarveranstalterin. Das ist für beide sehr anziehend. Beide haben jedoch völlig andere Formen, ihre Liebe auszudrücken. Sie kocht ihm ein gutes Essen, um ihm ihre Liebe zu zeigen, dabei bräuchte er viel dringender Massage und Berührung. er bringt ihr Pralinen mit, dabei wären ihr Blumen sehr viel lieber. So etwas kann man lernen.
Beide erleben Romantik völlig unterschiedlich: Er liebt die traute Zweisamkeit im eigenen Heim mit brennenden Kerzen und schöner Musik; sie erlebt Romantik in Verbindung mit Reisen und Abenteuer. Dieser Gegensatz erscheint so groß, dass es scheinbar nicht mehr weitergeht.
Übung: Gehen Sie einmal in Gedanken Ihre bisherigen Beziehungen (und gegebenenfalls die gegenwärtige) durch. Finden Sie einen gemeinsamen Nenner bezüglich der oben genannten drei Punkte. Wenn Sie möchten, können Sie sie allerdings auch für jede Ihrer (Ex-)Beziehungen notieren. Worauf möchte dieser Nenner Sie hinweisen?
Männer haben alles (Leben) außen.Das heißt Männer erleben das Leben sehr stark auf das Außen bezogen, Projekte, Erfolge usw. Frauen haben alles (Leben) innen.Das bedeutet, für das Weibliche ist das Innenleben ungeheuer wertvoll.Das ist der wesentliche Unterschied.
Die Eltern spielen in der Liebesbeziehung eine meist unbewusste, aber nicht unwesentliche Rolle, denn sie waren unsere ersten Liebhaber, wenn wir den Begriff „Liebhaber“ wörtlich nehmen, wie sich schlicht und einfach in der Aussage zeigt: Sie hatten uns lieb. Und so suchen wir in einer Beziehung unbewusst die Geborgenheit und Sicherheit, aber eben auch die bedingungslose Liebe, die uns im Idealfall die Eltern gegeben haben. Auch das Gegenteil ist der Fall, dass man in der Partnerschaft das sucht, was man von den Eltern nicht bekommen hat. Auf jeden Fall prägen unsere Eltern das, wonach wir bei einem Partner suchen.
Übung: Notieren Sie einmal, wie Sie Ihren Vater/Ihre Mutter oder einen in Ihrer Kindheit wichtigen Erwachsenen sehen. Und nun beschreiben Sie Ihren derzeitigen (bzw. einen früheren) Partner: Fällt Ihnen dabei etwas auf?
Mädchen/Junge erlebt Vater/Mutter als ersten Partner. Damit machen sie ganz unterschiedliche Erfahrungen. Die Mutter ist für den Jungen die erste Bezugsperson und er muss sich erst von ihr abnabeln, um eines Tages einer anderen Frau als reifer und selbstständiger Mann gegenüberzutreten. Für das Mädchen ist die Mutter oftmals Konkurrentin in der Liebe zum Vater. Sie muss aufhören, die Männer mit ihm zu vergleichen, um als selbstständige Frau frei von Vorurteilen und präsent angesichts ihres Partners zu sein.
Als Säugling sind wir sehr intuitiv. Von Geburt an spüren wir das Leid und die emotionale Bedürftigkeit unserer Eltern. Wir beginnen uns allmählich so zu verhalten, dass wir ihnen gefallen und ihre Bedürfnisse erfüllen, damit sie weiterhin für uns sorgen.
Später laufen unsere Beziehungen nach demselben Schema ab. Wir haben eine Art telepathische Übereinkunft mit unseren Partnern: »Ich versuche so zu sein, wie du mich haben willst, und das zu tun, was du von mir verlangst, wenn du für mich da bist, mir das gibst, was ich brauche, und mich nicht verlässt.«
Aber dieses System funktioniert nicht richtig. Andere Menschen sind nur selten dazu in der Lage, ständig unsere Bedürfnisse zu erfüllen. Deshalb sind wir frustriert und trachten entweder danach, den anderen so zu ändern, dass er unseren Erwartungen besser entspricht (was nie klappt!), oder wir schrauben unsere Bedürfnisse zurück und geben uns mit weniger zufrieden, als wir in Wirklichkeit möchten. Darüber hinaus tun wir fast immer Dinge, die wir gar nicht wollen, wenn wir versuchen, die Erwartungen anderer zu erfüllen. Das endet schließlich damit, dass wir sie bewusst oder unbewusst ablehnen.
Die meisten Menschen glauben, dass Opfer und Kompromisse für die Erhaltung einer Beziehung notwendig sind. Dies entspringt einem Missverständnis der wahren Natur des Kosmos. Wir fürchten, dass nicht genug Liebe für uns da ist und dass die Wahrheit immer weh tut. Wahrheit ist immer positiv, wenn wir sie erkennen können. Unsere begrenzte Wahrnehmung und unsere Ängste sind schuld daran, dass sie uns negativ erscheint. »Kompromiss« ist eigentlich ein Schimpfwort. Er bedeutet lediglich, dass die beiderseitige Erfüllung noch nicht gefunden wurde!
Übung: Beantworten Sie die Fragen allein, ausführlich, detailliert und so ehrlich wie möglich:
Liebe ist ein Geschenk, das verdirbt, wenn man es behält.(Unbekannt)
Der Partner ist uns eine notwendige Ergänzung, eine Hilfe. Das stärkste Motiv für die Liebe ist nicht die Hingabe, das Daseinwollen, das Opfer, der Egoismus der persönlichen Erfüllung, sondern das göttliche Naturgesetz der Ganzheit. Jeder Liebende kann davon erzählen: Zeiten der Liebe sind erfüllte Zeiten, Zeiten, in denen man lebt. Jeder wird es so erfahren, wo immer er auf einen anderen trifft, der ihm zur Ergänzung bestimmt ist. Hier ist eine Fügung am Werk, die man weder geplant noch beeinflusst hat, für die man nur dankbar sein kann.
Durch das Fehlen der Liebe, durch den Hohlraum der Sehnsucht, entstehen Depressionen. Sie werden durch das hauptsächlich abends auftretende Bewusstwerden der Einsamkeit verstärkt. Erst jetzt merken wir, dass wir einander notwendig sind. Erst in und durch die Liebe wird es uns möglich, geheime Wünsche und Sehnsüchte in Worte zu fassen und mit dem Partner auszuleben. Nur durch die Liebe zu einem Menschen sind wir imstande, uns als Person zu formen, indem wir beginnen, an die eigene Bedeutung überhaupt erst zu glauben. Man verliert sich in der Liebe nicht an den anderen, man gewinnt sich vielmehr darin. Wenn wir uns der Liebe öffnen und uns geborgen und sicher fühlen, können wir ins Leben treten und verstehen in Harmonie zu leben.
Biochemiker berichten, dass Stimmungen und Emotionen eng mit bestimmten chemischen Substanzen zusammenhängen. Erstaunlicherweise kann das, was wir zum Beispiel »Liebe« nennen, als Phenylethylamin oder PEA in unserem System nachgewiesen werden. Mäuse, denen PEA injiziert wurde, springen auf und geben Laute von sich; während Rhesusaffen ein »Kussverhalten« zeigen.
Beantworten Sie doch einmal die folgenden Fragen. Dabei sollten Sie nicht aus der Erinnerung antworten, sondern bewusst aus der Tiefe Ihrer Wahrnehmung im Hier und Jetzt:
Natürlich sollten Sie sich auch fragen, ob Ihnen das, was Sie an dem Tier so wunderbar finden, etwa selbst fehlt. Und warum? Jede Vorliebe für etwas ist ebenso wie jede Abneigung gegen etwas immer ein Hinweis auf ein Thema in uns, ein (unentdecktes) Potenzial oder ein ungelöstes Thema:
Übung: Machen Sie sich auch einmal bewusst, was Ihnen an Ihrem jetzigen Partner oder an früheren nicht gefällt, was Sie auf keinen Fall bei einem Partner haben wollen: Was können Sie überhaupt nicht vertragen? Genau da liegen Ihre Lektionen und Ihr größtes Wachstumspotenzial.
Ein Lächeln kostet nichts, aber es gibt viel.
Ein Lächeln macht reich, der es bekommt, ohne den, der es gibt, ärmer zu machen.
Es dauert nur einen Augenblick, aber die Erinnerung bleibt für immer.
Niemand ist so reich, dass er ohne es auskommen könnte.
Und niemand ist so arm, dass er nicht durch ein Lächeln reicher gemacht werden könnte.
Lächeln und Freundlichkeiten bringen Glück ins Haus, fördern den guten Willen im Geschäft und sind ein Zeichen für Freundschaft.
Lächeln gibt dem Erschöpften Ruhe, dem Mutlosen Hoffnung, dem Traurigen Sonnenschein und es ist der Natur bestes Mittel gegen Ärger.
Lächeln kann man nicht kaufen, lächeln kann man nicht erbetteln, leihen oder stehlen, denn lächeln ist so lange wertlos, bis es wirklich gegeben wird.
Manche Leute sind zu müde, dir ein Lächeln zu geben – dann schenk Ihnen deins, denn niemand braucht ein Lächeln nötiger als jener, der keins mehr zu geben hat!
(Unbekannt)
Die Liebe ist die einzige Leidenschaft, die mit einer Münze bezahlt wird, die sie selber prägt.(Stendhal, 1783-1842)
Hinter dem Bedürfnis, sich lautstark zu profilieren (sog. Profilneurose), stecken meistens Selbstunsicherheit und Minderwertigkeitsgefühle. Hinter vielen scheinbar großen Taten und Leistungen der Weltgeschichte stehen Menschen, die von ihrem inneren Kleinheitsgefühl zur äußeren Größe getrieben wurden. Sie wollten durch ihr Tun der Welt etwas beweisen, oft obwohl in Wirklichkeit niemand (mehr) da war, der solche Beweise forderte oder auf sie wartete – ausgenommen der Betreffende selbst. Ein Beispiel dafür war Alexander der Große, dessen Größenanspruch sehr stark durch seine Vaterbeziehung geprägt wurde und der erst auf dem Sterbebett erkannte, dass ihm in der Stunde des Todes all sein Ruhm und Reichtum nichts nützte. Sein Leibarzt war nicht in der Lage, sein Leben auch nur um eine Stunde zu verlängern, obwohl Alexander ihm sein halbes Königreich dafür angeboten hatte.
Der Profilneurotiker will immer nur sich etwas beweisen, doch die Frage ist: Was? Wer auf seine vielen Pöstchen stolz ist, sollte sich möglichst früh fragen, warum er das alles tut, damit einmal die Enttäuschung nicht zu hart wird. Wer zu sich ehrlich ist, wird als Antwort häufig finden: um anerkannt, um geliebt zu werden.
Besonders deutlich wird dieser Zusammenhang bei den vielen Männern, die mit ihren beruflichen Erfolgen und ihrem finanziellen Wohlstand prahlen, wenn sie eine Frau kennenlernen wollen. Das Extrembeispiel stellt der Geschäftsmann dar, der sich in Bangkok ein »leichtes Mädchen« mit aufs Zimmer nimmt und ihr die ganze Nacht von seinen beruflichen Erfolgen berichtet. Sicherlich sind Erfolg und Ansehen ein Anreiz für viele Frauen, die einen Versorger und »Wohltäter« suchen, doch wahre Liebe gewinnt man so nicht.
Zwar ist die Suche nach Liebe eine bekannte Motivation für Leistung. Doch dieser Versuch endet immer unbefriedigend, denn das Ziel ist über diesen Weg niemals zu erreichen. Liebe selbst ist zweckfrei, Liebe kann man sich nicht verdienen, man kann nur der Liebe dienen – und dies ist der einzige Weg, auch im Außen »wahre Liebe« zu erfahren. Der Mensch, der sich selbst gefunden hat, muss nicht mehr »angeben« und seine Orden auch nicht mehr auf der Brust tragen. Er ist.
Jeder Mensch sehnt sich – bewusst oder unbewusst – nach dieser bedingungslosen, reinen Liebe, die dem wahren Selbst des Menschen gilt und von keinen Äußerlichkeiten, von keinen Leistungen abhängig ist. Fragen Sie sich doch einmal:
Selbstliebe ist der Beginn einer lebenslangen Leidenschaft.(Oscar Wilde, 1854-1900)
Oft suchen wir nur deshalb die Liebe in einer Partnerbeziehung, weil wir unfähig sind, uns selbst zu lieben. Wenn ich aber nicht einmal mich selbst lieben kann, kann ich erst recht keinen anderen lieben oder besser: Ich kann einen anderen nur so weit lieben, wie ich mich selbst lieben kann. Der Seminarleiter Ra Uru Hu drückt es in seinen Kursen lakonisch wie folgt aus: »Man muss sich selbst lieben, um korrekt ›in der Welt‹ zu sein.«
Wer sich selbst nicht mag, lässt auch nicht zu, dass jemand anderes es tut. Wer sich selbst nicht gut tut, lässt auch keinen anderen an sich ran. Wenn Sie sich selbst nicht lieben, können Sie an die Liebe eines anderen einfach nicht glauben. Selbstliebe ist also die wichtigste Voraussetzung für Nächstenliebe. Unsere wichtigste und unsere wahre Beziehung ist die zu uns selbst! Alles andere ist nur ein Spiegel dafür. Aber wie kann ich eine liebevolle Beziehung zu mir selbst aufbauen? Reicht es aus, zu mir zu sagen: »Ich liebe mich?«
Zur Selbstliebe gehört es, meine Gefühle und Bedürfnisse wahrzunehmen, sie anzuerkennen und sie soweit wie möglich anzusprechen. Oft haben wir davor Angst, weil wir nicht »bedürftig« erscheinen wollen. Doch sind es gerade die versteckten Bedürfnisse, die uns den Anschein der Bedürftigkeit geben. Wenn wir sie nicht offen zum Ausdruck bringen, übermitteln wir sie indirekt oder telepathisch. Unsere Mitmenschen spüren das und wenden sich von uns ab, weil sie intuitiv wissen, dass sie uns nicht helfen können, solange wir noch nicht einmal unser Bedürfnis nach Hilfe akzeptieren!
Paradoxerweise werden wir in Wirklichkeit immer stärker, wenn wir unsere Gefühle und Bedürfnisse anerkennen und offen um Hilfe bitten. Wenn unser Partner (noch) damit überfordert ist, brauchen wir Hilfe von dritter Seite, etwa durch einen guten Berater oder Freund, der uns beisteht. Es ist unser männliches Inneres, das unser weibliches Inneres unterstützt. Je mehr wir zu uns selbst stehen, um so leichter fällt es unseren Mitmenschen, mit unseren Bedürfnisse umzugehen. Und wir erleben immer öfter, dass sie uns gern etwas geben. Wir fühlen uns immer mehr als ein »Ganzes«. Gefühle und Bedürfnisse zu unterdrücken (z. B. weil wir glauben, damit beim eigenen Partner nicht landen zu können) ist falsch verstandener Heroismus. Wir werden dafür weder eines Tages heilig gesprochen noch als Märtyrer verehrt. Wenn Gefühlen und Bedürfnissen in unserer Beziehung nicht Rechnung getragen wird, sollten wir uns dies zumindest eingestehen und einen Weg finden, damit umzugehen, bevor unser Körper das Ganze ausbaden muss, etwa indem er Krankheiten produziert.1
Um mit einem anderen in Kontakt zu kommen, brauche ich den Kontakt zu mir selbst. Je intensiver er ist, desto reicher kann die Beziehung zu einem anderen sein oder werden.
Wenn ich mich selbst nicht liebe und mir nicht vertraue, dann kann ich auch nicht erwarten, dass es mein Partner für mich tut. Doch in dem Maße, in dem ich mich selbst bedingungslos zu lieben lerne, erhalte ich automatisch die Liebe und Anerkennung von anderen, nach der ich mich sehne. Wenn ich auf mich und meine Wahrheit vertraue, ziehe ich andere Menschen an, die dasselbe Vertrauen haben. Meine Bereitschaft, mich tief auf meine eigenen Gefühle einzulassen, schafft die Bedingung für die Intimität mit anderen. Wenn ich mich in Gesellschaft mit mir selbst wohl fühle, weil ich meine Bedürfnisse und Gefühle kenne und wertschätze, kann ich mit jedem anderen Spaß haben, mit dem ich gerade zusammen bin.
Mit den eigenen Gefühlen und Bedürfnissen liebevoll umzugehen (statt sie zu verdrängen) ist ein wesentlicher Schritt zur Selbstliebe, doch noch nicht die Selbstliebe selbst.
Übung: Fragen Sie sich einmal:
Selbstliebe ist die Bereitschaft, die »Liebe zum Selbst« in die Welt zu tragen. Dies bedeutet, unsere Beziehung zu uns selbst in der physischen Welt durch das Zusammenwirken mit anderen Menschen aufzubauen und zu festigen unter Einbeziehung unserer Liebe zu uns selbst. Es ist daher wichtig, diesen Schritt auf den Partner zu nicht aus einer Haltung von Abhängigkeit heraus zu tun. Deshalb gehört zur Selbstliebe auch die Kunst, mit sich selbst allein sein zu können.
Im Schweigen liebt man am glühendsten.(Charles de Foucauld, 1858 -1916)
Viele Menschen haben Angst vor der Einsamkeit, dabei ist sie nur falsch verstandenes All-eins-Sein. Sie fühlen sich ohne Partner nicht lebensfähig, sind unfähig, allein glücklich zu sein, und hoffen, dass ihre Einsamkeit und die damit verbundene Missstimmung verschwindet, wenn sie mit einem anderen zusammen sind. Dieser Versuch ist etwa so Erfolg versprechend, als erhofften zwei Nichtschwimmer, dem Ertrinken zu entkommen, indem sie sich auf offenem Meer aneinander festhalten.
Ganz konkret: Zwei unglückliche Menschen werden nicht dadurch glücklich, dass sie zusammen sind, zumal dann die Angst dazukommt, den anderen wieder zu verlieren. Angst ist keine Grundlage für wirkliche Liebe. Rudolf Dreikurs schreibt in dem Zusammenhang: »Alles, was auf der Grundlage von Angst getan wird, vermehrt Leid und Elend.«
Die meisten Kompromisse schließt man, wenn man sich einsam fühlt. Und Letzteres liegt daran, dass man Mauern baut statt Brücken – dies gilt sowohl für die Beziehung zu anderen Menschen als auch für die Beziehung zur universellen Energie, zur Natur, zum Tierreich usw.
Ein Klient berichtete, dass er nach einer Trennung verzweifelt vor Einsamkeit eines Nachts – dem Delirium nahe – durch die Felder irrte, als ihm eine Eiche auffiel und sein Bewusstsein der Einsamkeit urplötzlich von ihm abfiel. Ihm schien, als sei diese Eiche ein Lebewesen so wie er. Erschüttert kniete er vor ihr nieder und umarmte sie. Er erkannte, dass er nicht einsam war, weil ja diese Eiche vor ihm stand. In dem Moment erlebte er die Allverbundenheit der Natur und sich selbst als Bestandteil von ihr. Seine Mauer zur Außenwelt war zu einer Tür geworden.
Immer mehr Menschen gehen ganz bewusst in Exerzitien, um ihr All-eins-Sein zu erfahren. Allein, ohne Ablenkung begegnen sie sich selbst und damit zuerst einmal ihren unbekannten und oft verdrängten Seiten. Verschüttete Ängste kommen möglicherweise an die Oberfläche und ungelöste Konflikte, die auf sich aufmerksam machen. Indem die Konflikte durchlebt werden, ist Einheitserfahrung möglich, so wie bei unserem Klienten.
Manche Menschen tun sich hingegen zusammen, nicht um das Lieben zu lernen, sondern um sich gemeinsam von sich selbst abzulenken. Wenn sie aber zusammen sind, weil sie nicht allein sein können, ist die Grundlage nicht ein »Ja zum Miteinander«, sondern nur ein »Nein zum Alleinsein«. Alleinsein aber ist eine existenzielle Aufgabe, die jeder während eines Lebens bewältigen muss. Erst im »All-eins-Sein«-Können liegt das Geheimnis wahrer Größe und Stärke von Freiheit und Erfüllung.