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One Night Stand mit Folgen ... Einmal etwas völlig Verrücktes tun ... und dann das! Penny Delfino ist eigentlich die Vernunft in Person. Doch nachdem ihr Exfreund Mark just an dem Tag, als sie ihren Job verliert, sie verlässt, weil er ein Baby mit einer anderen erwartet, flüchtet sie sich in einen One Night Stand mit einem Fremden, dem sie schon zwei Tage später wieder gegenübersteht - als seine neue Assistentin! Der Millionär Jack Crawford fällt aus allen Wolken, als seine neue Assistentin ausgerechnet die junge Frau ist, die er vor zwei Tagen völlig kopflos - und um sich von seiner aktuell laufenden Scheidung abzulenken - abgeschleppt hat. Sie jemals wiedezusehen war nicht sein Plan, also versucht er alles, um sie schnellstmöglich wieder loszuwerden. Als er jedoch herausfindet, dass seine Noch-Ehefrau Nancy unsagbar eifersüchtig auf Penny reagiert, schmiedet er einen Plan, um sie zurückzugewinnen. Doch schon bald wird Jack klar, dass das Spiel mit Gefühlen auch immer ein Spiel mit dem Feuer ist, bei dem man sich nur zu leicht die eigenen Finger verbrennt.
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One Night only
© 2021 by Daniela Felbermayr
Cover: Daniela Felbermayr unter der Verwendung von Shutterstock und Canva
Korrektorat: 2021 durch S.W. Korrekturen e.U.
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Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit schriftlicher Genehmigung der Autorin. Personen und Handlungen aus diesem Roman sind frei erfunden, Ähnlichkeiten mit oder Bezüge zu real existieren Personen sind rein zufällig und nicht beabsichtigt. Markennamen und Warenzeichen, die in diesem Buch vorkommen, sind Eigentum ihrer rechtmäßigen Besitzer.
Erstellt mit Vellum
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Epilog
Danksagung
Und wo liegt jetzt der Unterschied zwischen einer normalen Assistentin und einer persönlichen Assistentin?“ Claire sah ihre beste Freundin Penny an und nippte an ihrem Cocktail.
„Na ja, am Ende des Tages ist da kein so großer Unterschied. Nur mache ich wohl auch ein paar seiner privaten Termine, besorge Geschenke für seine Eltern zum Hochzeitstag und buche seine Urlaubsreisen. Ich denke nicht, dass das sonderlich aufwendig wird.“
„Du machst also all den Kram, den seine Ehefrau für ihn gemacht hat, die ihm abgehauen ist, ohne dass du mit ihm ins Bett musst.“ Claire kicherte und prostete ihrer besten Freundin zu.
„So ungefähr“, stimmte Penny mit ein. Sie war heilfroh und erleichtert, dass sie an diesem Tag – sehr spontan – die Zusage für einen neuen Job bekommen hatte. Sie hatte ja geahnt, dass es kein Zuckerschlecken werden würde, etwas Neues zu finden. Aber dass es sich als so schwierig gestalten würde, damit hatte sie nicht gerechnet. Die letzten Wochen hatte sie unglaublich unter Druck gestanden und hatte sich die schlimmsten Horrorszenarien ausgemalt. Was, wenn sie nie wieder eine Stelle fand? Wenn sie arbeits- und mittellos endete und nur noch vor sich hinvegetierte? Und das mit Anfang dreißig?
„Hast du deinen Boss denn schon kennengelernt?“, wollte Claire wissen.
„Nein. Ich muss ungefähr eine Million Verschwiegenheitserklärungen unterzeichnen, bevor ich überhaupt irgendetwas erfahre“, erklärte Penny.
„Wie? Du weißt überhaupt noch nicht, für welches Unternehmen und für welche Person du zukünftig arbeitest?“
„Nein. Aber das ist heutzutage ja gar nicht so unüblich. Wozu engagiert man Headhunter denn, wenn gleich Name, Telefonnummer und die Adresse des Lieblingsfriseurs des neuen Vorgesetzten in der Stellenanzeige stehen.“
„Das heißt aber auch, du könntest bei einem absoluten Tyrannen landen, der dir das Leben zur Hölle macht. Umsonst ist seine Exfrau bestimmt nicht abgehauen“, mutmaßte Claire.
Penny seufzte. „Für mich ist erst einmal nur wichtig, dass ich einen Job habe und sogar eine Dienstwohnung. Diese Sache ist ein absoluter Jackpot. Nach diesem ganzen Schlamassel mit …“ Sie verzog das Gesicht, ehe sie den Namen ihres Ex aussprach. „… Mark.“
Noch vor zwei Monaten war für Penny alles prima gelaufen. Sie hatte einen Job als Assistentin des Kreativdirektors in einer Werbeagentur gehabt und obendrein einen tollen, gut aussehenden, liebevollen Freund, mit dem sie ein Appartement in Brooklyn bewohnte. Ihr Leben verlief exakt so, wie sie es sich vorgestellt hatte. Ein toller Job, ein großartiger Kerl. Die Zukunft sah rosig aus, zumal es sich bestimmt nur noch um ein paar Wochen handeln konnte, ehe Mark ihr endlich einen Antrag machte. Doch dann … kam dieser eine verhängnisvolle Donnerstag, an dem Penny ins Personalbüro ihres Arbeitgebers zitiert wurde, wo der CEO des Unternehmens, flankiert von der Personalleiterin und – völlig unwichtig – einem Securitymitarbeiter auf sie wartete und ihr erklärte, dass ihre Stelle gecancelt würde, weil man sie weiter ausbauen wolle und dafür ein Uni-Abschluss notwendig sei. Penny hatte geglaubt, aus allen Wolken zu fallen, und kurz überlegt, ob das hier ein ziemlich übler und nicht witziger Scherz war, doch das, was Miles Newman ihr zu sagen hatte, war kein Scherz. Obwohl Penny seit über sieben Jahren in der Agentur arbeitete, in all diesen sieben Jahren nur zweimal krank war, immer zur Stelle war, wenn sie gebraucht wurde, wurde sie mir nichts, dir nichts gefeuert. Völlig unabhängig davon, dass sie in den letzten sieben Jahren ihren Job zur vollsten Zufriedenheit aller erledigt hatte. Und dafür nie ein Uni-Abschluss notwendig gewesen war. Sie war wütend und enttäuscht und verletzt, jetzt einfach so ausgetauscht zu werden. Wie oft hatten ihr ihre Vorgesetzten erklärt, wie zufrieden sie nicht mit ihrer Arbeit und ihrem Engagement wären. Noch vor ein paar Monaten hatte man ihr einen Bonus ausbezahlt, weil sie so großartige Arbeit leistete. Und jetzt auf einmal war sie nicht mehr für ihren Job geeignet, weil sie nach dem College begonnen hatte zu arbeiten, anstatt ein völlig überbewertetes Wirtschaftsstudium zu absolvieren. Und weil ihr absolut verkommener Ex-Chef glaubte, sie würde austicken, geschah all das auch noch im Beisein eines Typen von der Security.
Mit einer großen Schokoladenbrezel, die mit Bananencreme gefüllt war, war Penny an diesem Nachmittag zurück nach Hause gekommen. Sie wollte nur noch von Mark in den Arm genommen werden, ihre Brezel futtern und ihre Wunden lecken. Es sagte sich immer so leicht, dass man jedes Ende auch als neuen Anfang sehen konnte. Und ihre Kollegin Milly hatte ihr beim Abschied noch erklärt, dass sie ja sooooo neidisch auf Penny war, weil die jetzt noch einmal die Chance hatte, von vorn anzufangen, und sich einen Job suchen konnte, der genau zu ihr passte. Der all das vereinte, was sie sich immer schon gewünscht hatte. Der sie von Grund auf erfüllte. Doch jetzt, wo sie selbst in der Situation steckte, vor dem beruflichen Nichts zu stehen, waren all diese Aufmunterungsversuche leere Floskeln. Sie war heilfroh, dass wenigstens die wichtigste Säule in ihrem Leben – Mark – noch da war. Sie wusste, dass sie sich auf ihn verlassen konnte, egal, was kam. Doch gerade als sie die Tür ihres Appartements aufschloss, platzte sie in eine Szene, die sie lieber nicht miterlebt hätte. Eine zierliche blonde Frau, die Penny noch nie zuvor in ihrem Leben gesehen hatte, stand mitten in ihrem Wohnzimmer und hielt Mark, der kreidebleich war, ein Plastikstäbchen vors Gesicht, das aussah wie ein Fiebermesser. Penny wusste sofort, dass es sich dabei um einen Schwangerschaftstest handelte, nur konnte sie die Situation in diesem Moment einfach nicht fassen. Sie war nicht in der Lage, zu begreifen, wovon sie in diesem Moment gerade Zeuge wurde. Und auch nicht, dass ihr Leben sich in nur wenigen Stunden von Grund auf verändert hatte.
Penny wusste nicht mehr viel über das, was zwischen dem Moment passiert war, nachdem sie in diese unleidliche Szene mit dem Schwangerschaftstest geplatzt war, und der letzten Woche, als sie langsam wieder begonnen hatte, sie selbst zu sein. Sie hatte unter Schock gestanden. Ihr Leben … hatte doch auf so festen Grundpfeilern gestanden. Ihr Job war sicher. Ihre Chefs immer zufrieden mit ihr. Niemals hätte sie sich träumen lassen, dass sie von einer Sekunde auf die nächste ihren Job verlor, weil sie keinen Bachelortitel vorweisen konnte. Das … war doch lächerlich. Und dann die Sache mit Mark. Sie hatte ihn geliebt. Und er sie auch. Sie hatten gerade erst einen gemeinsamen Urlaub in die Karibik geplant, und doch hatte er sie mit diesem klapperdürren Flittchen betrogen, das jetzt an ihrer Stelle mit Mark in dem Appartement lebte und gerade dabei war, ihr Gästezimmer in ein Kinderzimmer umzuwandeln. Penny wurde immer noch schlecht, wenn sie daran dachte, und vermied es daher, Mark, diese Frau und all das Unheil, das sie über sie gebracht hatte, in ihre Gedanken zu lassen.
Nach diesem schrecklichen Donnerstag war Penny ganze zwei Wochen in ein Loch gefallen, aus dem sie nur sehr schwer und langsam wieder herauskam. Sie war zurück zu ihren Eltern in ihr altes Zimmer gezogen und hatte sich von ihrer Mutter bemuttern lassen. Zwei volle Wochen wollte sie niemanden sehen und niemanden hören, und dann hatte sie es doch geschafft, sich wieder aufzuraffen. Auch wenn sie sich nicht vorstellen konnte, einem Mann jemals wieder zu vertrauen, so musste sie zumindest zusehen, dass sie wieder an einen Job und eine Wohnung kam. Sie konnte nicht auf Dauer in ihrem alten Zimmer wohnen und sich von ihren Eltern durchfüttern lassen, obwohl die heilfroh waren, wenigstens eines ihrer drei Kinder wieder unter dem Dach zu haben. Penny hatte italienische Wurzeln und Familie wurde – gerade bei den Delfinos – ganz großgeschrieben. Es war von vornherein klar, dass Penny wieder bei ihren Eltern lebte – und auch so lange bleiben konnte, wie sie wollte. Dennoch war es an der Zeit, wieder auf eigenen Beinen zu stehen. Dass es so schnell ging, darüber war sie tatsächlich überrascht. Wenn sie ehrlich mit sich gewesen war, hatte sie nicht damit gerechnet, so schnell etwas Neues zu finden. Auf ihre ersten paar Bewerbungen hatte es Absagen am laufenden Band gehagelt. Man hatte sie noch nicht einmal zu einem Bewerbungsgespräch eingeladen, schon war sie auf der Abschussliste gelandet. Einmal hatte sie eine Bewerbung abgesendet und keine zwanzig Minuten später bereits eine Absage erhalten. Es war frustrierend. Egal, auf welche Jobs sie sich bewarb, man wollte sie nicht. Weder für hochrangige Assistenzpositionen, in denen sie ihre bisherige Erfahrung hätte einbringen können („Tut uns sehr leid, Miss Delfino, aber wir wünschen uns jemanden mit einem Uni-Abschluss.“), noch für Jobs, für die sie eigentlich überqualifizert war („Wir bedauern das wirklich sehr, Miss Delfino, aber wir denken, dass Sie nicht in unser Unternehmen passen.“). Im Jahr 2021 einen Job in New York zu bekommen war offenbar so schwer, wie die Nadel im Heuhaufen zu finden. Dann hatte vor zwei Tagen ihr Handy geklingelt und eine Frau namens Mariah Zinman hatte ihr erklärt, dass sie auf der Suche nach einer spontanen, gut organisierten Assistentin für einen hochrangigen CEO war, der aufgrund von persönlichen Umständen nicht nur Hilfe im Büro, sondern auch bei seinen privaten Agenden brauchte. Es wurde Flexibilität und Spontanität gefordert, denn der Job sollte schon am kommenden Montag beginnen. Das Gehalt war fürstlich, und obendrein gab es noch eine Dienstwohnung, weil es feste Arbeitszeiten in dem Sinn nicht gab, da der angesprochene CEO hin und wieder auch nach Dienstschluss auf die Dienste seiner Assistentin zurückgreifen wollte. Penny hatte nicht lange überlegt. Sie war in einer Situation, in der sie vermutlich auch die Dreizacke für den Teufel in der Hölle verteilt hätte. Und dass sie obendrein zu einem gut bezahlten Job auch noch eine Wohnung bekam, die sie kostenlos nutzen konnte, machte das Jobangebot zu einem Jackpot, egal, was von ihr erwartet wurde.
„Findest du das nicht etwas merkwürdig?“, fragte Claire. „Ich meine, der Typ könnte ein schwer gestörter Soziopath sein. Umsonst hat ihn seine Ex bestimmt nicht sitzen gelassen.“
„Nicht alle Ehen gehen zu Bruch, weil der Mann ein gestörter Soziopath ist“, sagte Penny. „Deine Eltern sind doch auch geschieden und dein Dad ist kein Soziopath. Außerdem ist es ohnehin egal, das ist die einzige Stelle, die ich bekommen habe. Entweder die … oder nichts. Glaub mir, ich werde diesen Job am Montag antreten, komme, was wolle.“
„O Mann“, sagte Claire im nächsten Moment.
„Was ist?“
„Dreh dich jetzt nicht um, aber … da drüben stehen zwei Typen und einer der beiden sieht immer wieder zu mir herüber.“ Sie richtete sich auf, streckte ihre Brust heraus, soweit es ging, und warf ihr blondes Haar nach hinten, während sie dem Typen, den Penny nicht ansehen durfte, verhalten zuwinkte. Mit Claire war es immer das Gleiche, sie lernte Männer am laufenden Band kennen. Als Penny noch mit Mark zusammen war, konnte sie sich immer aus der Affäre ziehen, indem sie gleich zu Anfang erklärte, dass sie seit Jahren glücklich vergeben war, doch diese Ausrede galt jetzt nicht mehr. Selbst wenn der Typ ja gar nicht wusste, dass Mark inzwischen mit einer anderen Vorhänge fürs Babyzimmer aussuchte, würde sie es nicht über die Lippen bringen, zu behaupten, vergeben zu sein. Andererseits konnte sie es ja auch mit einer sauertöpfischen Miene versuchen. Es dauerte tatsächlich nur wenige Minuten, bis die zwei Typen an den Tisch von Penny und Claire kamen und sich als Jack und Ben vorstellten. Ab dem Augenblick, als Ben sich neben Claire setzte, hatte die nur noch Augen für ihn. Er erklärte – mehr Claire als allen anderen –, dass er geschäftlich hier war und eigentlich in London lebte, woraufhin Claire in Begeisterungsstürmen ausbrach und meinte, dass sie Großbritannien liebte und ein riesiger Fan der Queen sei. Der andere Typ, Jack, war zwar unglaublich gut aussehend, aber vermutlich ebenso wenig an Konversation interessiert wie Penny. Die ganze Zeit über daddelte er auf seinem Smartphone herum und wischte von einer App in die nächste. Idiot. Nur etwa eine halbe Stunde später verabschiedeten sich Claire und Ben unter dem Vorwand, bei Claire „Kingsmen“ anzusehen.
„Das ging ja mal schnell“, sagte Jack, als die beiden wild knutschend und Arm in Arm die Bar verließen.
„Du sagst es.“ Penny hatte keine Lust, mit einem wildfremden – wenn auch unendlich gut aussehenden – Typen in einer Bar herumzusitzen. Sie hatte den Abend mit ihrer besten Freundin verbringen wollen. Mädelszeit haben. Sich auf ihren Job freuen und darauf anstoßen, dass es bei ihr endlich wieder bergauf zu gehen schien. Aber wenn Claire lieber mit Mr. Großbritannien die Laken inspizierte, sollte es ihr recht sein, wenn sie jetzt nach Hause fuhr. Sie schnappte sich ihre Handtasche und wollte gehen.
„Hey, du lässt mich hier doch nicht allein zurück, oder?“, fragte Jack. Er sah sie an. War unglaublich attraktiv, groß, markantes Gesicht, blondes, gestyltes, kurzes Haar. Und dieses Selbstbewusstsein, das er ausstrahlte, war zweifellos anziehend, aber … nein. Penny hatte keine Lust mehr auf Männerbekanntschaften, weil sie ohnehin immer in einem Desaster endeten – siehe Mark.
„Eigentlich … ich fange Montag einen neuen Job an, der bestimmt sehr anstrengend wird. Da möchte ich mich etwas darauf vorbereiten“, sagte sie.
„Das ist dann noch ein Grund mehr, warum du bleiben solltest. Wir stoßen auf deinen neuen Job an. Und … auf mein neues Leben. Ich habe mich nämlich ebenfalls erst vor Kurzem verändert“, sagte er kryptisch und sah sie an.
„Jack, das ist ja alles ganz nett, aber glaub mir, ich …“
„Bitte, Penny. Nur ein Drink? Außerdem müssen wir uns an Ben und deiner Freundin rächen dafür, dass sie uns hier allein zurückgelassen haben. Ich hatte nämlich auch vor, mit Ben einen Kerleabend zu verbringen.“
Penny sah Jack fragend an. Er war ein unglaublich gut aussehender Mann. Tiefblaue Augen. Perfekt geschwungene Lippen, Grübchen, die ihn irgendwie spitzbübisch, aber dennoch unglaublich maskulin wirken ließen. Herrgott, war dieser Mann schön. Und was meinte er mit „sie würden sich rächen müssen“. Er glaubte doch hoffentlich nicht, dass Penny einfach so mit ihm ins Bett ging.
„Nein, nicht, was du meinst“, sagte er, als habe er ihre Gedanken gelesen. Dann wedelte er mit einer Kreditkarte vor Pennys Nase herum. „Die hier hat Ben mir vorhin zugesteckt, weil er sein Portemonnaie vergessen und sein Sakko keine Einstecktasche hatte. Also würde ich es mir an deiner Stelle noch einmal überlegen, ob ich jetzt schon nach Hause gehe – oder ob wir auf Bens Kosten die Stadt unsicher machen.“ Er zwinkerte ihr zu.
Am nächsten Morgen erwachte Penny mit einem Brummschädel, einem üblen Geschmack im Mund und … in einem fremden Bett. Sie brauchte eine Weile, um zu begreifen, was in der vergangenen Nacht passiert war, doch als die Erinnerung ihre Gedanken überflutete, wollte sie sich am liebsten unter der Decke verkriechen und nie mehr wieder auftauchen. Erst waren die Erinnerungen ganz vage zurückgekommen. Sie hatte sich von diesem Typen, Jack, überreden lassen, noch eine Flasche Champagner zu bestellen, die auf Bens Kreditkarte ging. Die teuerste Magnumflasche, die die Bar zu bieten hatte. Penny wurde ganz schwummrig, als Jack sie mir nichts, dir nichts, öffnete und ihnen einschenkte. Sie und Jack hatten sich ziemlich gut verstanden, sodass sie eine Platte mit Häppchen bestellten und anschließend in eine kubanische Bar zum Tanzen gingen. Jack war ein wunderbarer Tänzer und auch wenn Penny es tunlichst vermeiden wollte, genoss sie es, ihm näherzukommen. Er war ein Traummann, so viel war klar. Hatte Stil, Niveau und Klasse und war gleichzeitig selbstbewusst und so … männlich. An diesem Abend hatte sie unsagbar viel Spaß. Sie tanzte, lachte und flirtete mit diesem wunderschönen, unbekannten Mann und kostete das schöne Gefühl völlig aus. Es war weit nach Mitternacht, als sie die Tanzbar verließen und noch einen Abstecher zu Burger King machten, weil ihnen beiden der Magen knurrte.
„Lass uns den Abend hier nicht beenden“, sagte Jack schließlich, als sie vor dem Eingang des Fast-Food-Restaurants standen und Penny sich ein Taxi heranwinken wollte. Sie hatte in dieser Nacht deutlich einen über den Durst getrunken. Es war nicht nur Champagner geflossen, sondern in der Tanzbar auch etliche Cocktails. Und vielleicht waren ihre Gedanken etwas durcheinander, als sie jetzt tatsächlich überlegte, mit Jack mitzugehen. Ihr war völlig bewusst, worauf es hinauslaufen würde, würde sie jetzt mit ihm kommen. Es wäre Sex. Nicht mehr und nicht weniger und vermutlich würde sie sich am nächsten Morgen gar nicht daran erinnern. Sie durfte sich auch keine Hoffnungen machen, diesen Mann jemals wiederzusehen. Aber … verdammt, sie war dreiunddreißig Jahre alt und ihr Ex hatte sie für eine klapperdürre Blondine sitzen lassen, die er zu allem Überfluss auch noch geschwängert hatte. Penny hatte immer ein anständiges Leben geführt. Nie etwas getan, was im Nachhinein als verpönt hätte angesehen werden können. Soweit es ging, hatte sie Fehler vermieden. Und sie hatte noch nie einen One-Night-Stand gehabt. In all ihren dreiunddreißig Jahren nicht. Und was hatte ihr all das gebracht? Gar nichts. Jetzt stand sie arbeitslos und betrogen hier betrunken auf der Straße vor einem Schönling, der ihr gerade ein eindeutiges Angebot gemacht hatte. Unter anderen Umständen hätte sie sich auf dem Absatz umgedreht und Jack eine gute Nacht gewünscht. Jetzt … dachte sie anders. Ihr Leben lang hatte sie versucht, alles richtig zu machen. Und war dabei mit voller Wucht auf die Nase gefallen. Vielleicht war es nun an der Zeit, einen Fehler zu machen. Sie sah Jack an. Verlor sich in seinen wasserblauen Augen und verspürte ein Kribbeln in ihrer Magengegend. „Okay“, sagte sie, „ich bin dabei.“
Jetzt wagte sie nicht, sich umzudrehen, geschweige denn, sich überhaupt zu bewegen. O Gott. Sie hatte einen Fehler gemacht. Was würde Jack nun von ihr denken? Sie selbst hatte ihre ganz eigene Meinung über Frauen, die beim ersten Date mit dem Typen ins Bett gingen, und hielt damit auch nie hinterm Berg. Und jetzt … war sie eine von ihnen. Es hatte nicht mehr gebraucht als ein bisschen Alkohol, um sie von ihren Prinzipien abzubringen. Okay. Und eine Erschütterung ihrer Weltfesten, indem sie ihren Job und ihren Freund am exakt selben Tag verlor. Ihr war übel, sie fühlte sich elend, und sie war sich sicher, dass sie genau so aussah. Ein Schauer lief ihr über den Rücken. Einem Mann wie Jack wollte sie keinesfalls übernächtigt, mit Hangover, zerzausten Haaren und verlaufener Schminke am „Morgen danach“ begegnen. Sie musste zusehen, dass sie hier irgendwie herauskam. Sie stutzte. Vielleicht schlief Jack noch und sie hatte Gelegenheit, sich leise davonzumachen? Das, so kam es ihr in den Sinn, wäre die beste Möglichkeit, ihr Gesicht zu wahren. Was für eine Alternative hatte sie denn? So zerzaust wie sie war, mit einem heftigen Kater um ein zweites Date bitten? Jack fragen, ob sie Handynummern austauschen wollten, um sich wiederzusehen? Nein. Sie musste sich zusammennehmen und sehen, dass sie so schnell wie möglich aus diesem Hotelzimmer kam, in das Jack sie beide in der Nacht zuvor eingecheckt hatte. Langsam begann sie, sich von der Seite auf den Rücken zu drehen, was ein Schwindelgefühl in ihr auslöste. Ihr war so übel und sie bereute, am Vorabend überhaupt ausgegangen zu sein. Mein Gott, warum hatte sie sich auch nur so die Kante geben müssen? Und warum gerade mit einem so tollen Mann wie Jack? Sie hoffte inständig, dass er noch tief und fest schlief und dass sie sich so weit unter Kontrolle hatte, um halbwegs unbemerkt aus dem Zimmer zu schleichen. Sie verharrte. Wartete einen Augenblick und rutschte Millimeter für Millimeter weiter, bis sie schließlich auf dem Rücken lag. Sie atmete ein, aber nicht zu tief, um Jack nicht durch ihre lauten Atemgeräusche aufzuwecken. Sie drehte den Kopf zur Seite, die Augen immer noch geschlossen, und hoffte, dass er sie nicht schlaftrunken anblicken würde, wenn sie sie jetzt öffnete. Kniff sie noch einmal zusammen, nahm all ihren Mut zusammen und … öffnete sie. Die Seite neben ihr im Bett war leer.
Zwei Tage später hatte Penny ihre Wunden geleckt und war darüber hinweg, dass Jack sie einfach so hatte im Hotel zurückgelassen. Hatte sie wirklich geglaubt, aus ihr und ihm würde das neue Liebespaar der Nation werden? Sie war froh, dass sie relativ glimpflich davongekommen war und ihm in ihrem Zustand nicht hatte unter die Augen treten müssen. Übel wurde ihr bei dem Gedanken, dass es gut möglich gewesen war, dass Jack vielleicht sogar verheiratet und deswegen völlig überstürzt aus dem Hotel geflohen war. O Gott, schlimmstenfalls war sie jetzt sogar eine Ehebrecherin. Claire hatte angeboten, Ben über Jack auszufragen, doch Penny hatte abgewunken. Sie wollte sich möglichst auf ihren neuen Job konzentrieren und dieses peinliche Erlebnis vom Wochenende, so schnell wie es nur ging, aus ihrem Kopf streichen.
Dieser Morgen schien ein guter Morgen zu sein. Penny sollte um neun Uhr bei der Headhunterin sein, die ihr den neuen Job vermittelt hatte, und sie hatte beschlossen, ab diesem Tag mit ihrer Vergangenheit abzuschließen und nach vorn zu sehen. Wirklich noch einmal neu zu beginnen und alles, was gewesen war, hinter sich zu lassen. Im Büro der Headhunterin sollte sie nähere Infos zu ihrem neuen Job erhalten und dann auch gleich das Appartement besichtigen, das man ihr zur Verfügung stellte. Und: Sie sollte ihren neuen Boss kennenlernen. Das alles war so aufregend und spannend. Das Büro befand sich in Midtown im Crawford-Building direkt gegenüber dem Central Park. Zum ersten Mal seit Wochen fühlte Penny sich gut. Sie hatte ein gut sitzendes Businesskostüm angezogen und dazu schwarze Pumps. Außerdem hatte sie sich dezent geschminkt und ihr Haar zu einer einfachen Hochsteckfrisur zusammengenommen. Sie betrat die Lobby des Crawford-Buildings und fand sich in einer Menschentraube wieder. Von überallher kreuzten geschäftige Menschen wie Ameisen ihren Weg, verschwanden in Liften oder hinter Türen. Penny wusste bereits, wo sie hinmusste. In den 21. Stock zu Miss Farlowe, bei der sie schon ihr erstes Gespräch letzten Donnerstag, vor nicht einmal einer Woche, gehabt hatte. Als der Lift sich in Bewegung setzte, begann Penny zu grübeln. Warum war sie die Einzige, die sich auf diese Stelle bewarb, wo es doch Tausende von Menschen gab, die einen Job suchten und sich einen Arm absägen würden, erst recht für einen wie diesen hier. Und warum war das alles so schnell gegangen? Gerade wenn es um die Stelle einer persönlichen Assistentin ging, so dachte sie, würde doch auch die Chemie zwischen Angestellter und Vorgesetztem eine übergeordnete Rolle spielen. Man konnte in seinem Job noch so gut sein, wenn die Chemie zwischen Kollegen oder Angestellter und Boss nicht passte, dann nutzte das alles nichts. Ihr war natürlich bewusst, dass ein Mann, der eine persönliche Assistentin brauchte, vermutlich einiges um die Ohren hatte und vielleicht nicht die Zeit fand, zu zehn Vorstellungsgesprächen und weiteren Runden zu gehen, ehe er eine Entscheidung traf, aber dass sie ihren zukünftigen Boss so gar nicht kennenlernte, beziehungsweise erst, nachdem sie haufenweise Verschwiegenheitsvereinbarungen unterzeichnet hatte, kam ihr seltsam vor.
Als der Lift mit einem sanften Ruck zum Stehen kam, kam ihr der Gedanke, dass ihr zukünftiger Boss vielleicht ein Promi war. Hatte Brad Pitt sich nicht kürzlich ein Appartement hier in New York gekauft? Sie schüttelte kurz den Kopf. Was für eine blöde Idee. Sie würde bestimmt nicht die Assistentin von Brad Pitt werden.
„Miss Delfino, schön, dass Sie da sind“, sagte die Empfangsdame fast überschwänglich. „Mrs. Farlowe erwartet Sie bereits.“ Sie stand auf und begleitete Penny ins Büro von Mariah Farlowe, die ihr ebenfalls zulächelte und aufstand, als sie eintrat.
„Miss Delfino, schön, dass Sie hier sind“, sagte sie wie zuvor die Empfangsdame. „Es freut mich wirklich sehr, dass alles so reibungslos geklappt hat, und vor allem, dass Sie so spontan sind. Das hat bei Ihrem neuen Boss definitiv bereits einen guten Eindruck hinterlassen. Jetzt stehen uns nur noch ein paar Formalitäten an, dann kann es auch schon losgehen.“ Sie deutete auf den Besprechungstisch neben dem Fenster, auf dem bereits jede Menge Unterlagen aufbereitet worden waren. Da lagen Aktenmappen und Hüllen mit zahlreichen Unterlagen, aus denen haufenweise Markierfähnchen ragten, an denen Penny vermutlich unterschreiben sollte.
„Lassen Sie uns beginnen“, sagte Mariah Farlowe. „Ich habe hier zunächst eine Verschwiegenheitserklärung, in der Sie sich dazu verpflichten, kein Wort aus diesem Gespräch, keine Namen und keine Orte weiterzugeben, sollte es mit der Stelle wider Erwarten nicht klappen.“ Penny schluckte. Sie war davon ausgegangen, dass ihr der Job sicher war. Warum sagte Mariah Farlowe jetzt, dass dem doch nicht so war? Ohne weiter auf ihre Worte einzugehen, hielt sie Penny das Blatt Papier hin, die artig unterschrieb, ohne es groß durchzulesen. Ihr Vater hatte ihr immer wieder gepredigt, bloß nichts zu unterschreiben, ohne es gelesen zu haben, doch Penny war so überwältigt, dass sie in diesem Moment vermutlich auch ihr eigenes Todesurteil unterzeichnet hätte. Mariah Farlowe nahm das Blatt wieder an sich.
„Gut“, sagte sie. „Nachdem dies geklärt wäre, kann ich Ihnen zunächst den Namen Ihres zukünftigen Arbeitgebers nennen. Es handelt sich dabei um Jack Crawford, den Softwaremagnaten und Eigentümer dieses Gebäudes.“ Sie machte eine ausladende Geste mit den Armen. Penny schluckte. Sie wusste, dass es Jack Crawford gab. Natürlich, immerhin war er einer der reichsten Männer der Welt. Aber sie hatte sich noch nie näher mit ihm auseinandergesetzt, wusste noch nicht einmal, wie er aussah. Dass sie jetzt allerdings seine persönliche Assistentin werden sollte, setzte ihr fast ein bisschen zu. War sie so einer Aufgabe denn überhaupt gewachsen? Sie war die Assistentin des Kreativdirektors in einer Zwanzig-Mann-Agentur gewesen. Jetzt sollte sie die persönliche Assistentin des CEO in einem Zweitausend-Mann-Unternehmen sein.
„Mr. Crawford und seine Frau haben sich vor Kurzem getrennt. Grund für Ihre Einstellung, Miss Delfino, ist, dass die bisherige Assistentin in sehr gutem Kontakt mit Mrs. Crawford stand. Wichtig ist in der Zeit der Trennung jedoch, dass keine Informationen, welcher Art auch immer, zu der Exfrau von Mr. Crawford getragen werden, weshalb die Stelle neu besetzt werden soll. Mr. Crawford befürchtet überdies auch, dass seine ehemalige Assistentin möglicherweise … nicht mehr so engagiert ist wie bisher, nachdem sie eine bekanntschaftliche Beziehung zu der Exfrau hat. Wie ich letzte Woche ja bereits erwähnt habe, geht die Stelle über die einer herkömmlichen Assistentin hinaus. Mr. Crawford wird Ihre Unterstützung auch bei einigen privaten Anliegen benötigen, seien es Terminvereinbarungen, Restaurant-Reservierungen und dergleichen. Das alles wird sich bestimmt in Grenzen halten, aber es wird vorkommen, dass Sie am Sonntag für eine halbe Stunde werden arbeiten müssen. Oder hin und wieder auch abends. Aus diesem Grund bietet Mr. Crawford Ihnen eines der Penthouse-Appartements in diesem Gebäude an. Er selbst bewohnt das zweite. Sie haben hier jeden erdenklichen Luxus, den Sie sich vorstellen können, Miss Delfino. Aber dieser Luxus hat eben bis zu einem gewissen Punkt seinen Preis. Mr. Crawford hat ganz gezielt nach ledigen Assistenten ohne Partnerschaft und ohne Kinder gesucht, die jetzt sofort verfügbar sind, weil diese Zeit im Augenblick vielleicht etwas herausfordernder sein könnte. Aber seien Sie sicher, Miss Delfino, wenn Sie die Stelle annehmen, kommen auch eine Menge Annehmlichkeiten auf Sie zu.“
Penny bekam all diese Informationen nur am Rande mit. Das hier … war doch größer, als sie zunächst angenommen hatte. Für einen Augenblick zweifelte sie an sich selbst. Was, wenn sie den Anforderungen ihres neuen Bosses gar nicht gerecht wurde? Immerhin handelte es sich um einen der reichsten Männer des Landes. Das war doch eine völlig andere Welt. Aber … sie hatte keine Wahl. Als sie an diesem Morgen zu ihrem ersten Arbeitstag aufgebrochen war, waren gerade wieder zwei Absagen per E-Mail eingetrudelt, als sie in der U-Bahn gesessen hatte. Diesen Job oder keinen. Für Selbstzweifel war jetzt keine Zeit.
„Ich bin mir sicher, all die Anforderungen, die Mr. Crawford an seine zukünftige Assistentin hat, erfüllen zu können“, sagte Penny und war überrascht, wie selbstbewusst sie dabei klang.
„Das ist schön. Dessen bin ich mir auch sicher“, sagte Mrs. Farlowe. „Nun, dann lassen Sie uns hoch in das Appartement fahren. Wir besichtigen es kurz und treffen dann Mr. Crawford.“ Sie stand auf und nahm die Unterlagen auf, die auf dem Tisch lagen. Vermutlich würde Penny sie nach und nach unterschreiben müssen, je weiter sie in den inneren Kern zu ihrem neuen Boss vordrang.
Für das Penthouse gab es einen eigenen Lift, der mittels Zutrittskarte funktionierte. „Es gibt ein System, das mit Iris-Scan arbeitet. Wenn Sie den Dienstvertrag unterschreiben, werden Ihre Daten in das System eingespeist, sodass Sie praktisch immer Zutritt dazu haben, auch ohne Keycard“, sagte Mariah Farlowe. Dann hielt der Lift im 62. Stockwerk an und öffnete sich. Penny fand sich in einer geräumigen, luxuriösen Lobby wieder, in deren Mitte helle, teuer aussehende Möbel standen. Hier oben war es taghell und eine Fensterfront gewährte einen erstklassigen Blick auf Midtown Manhattan sowie den Central Park.
„Wow“, entfuhr es Penny.
„Ganz schön repräsentativ, nicht wahr?“, fragte Mrs. Farlowe. „Ihr Appartement ist gleich da vorne“, sagte sie, während sie vorausging und mit der Keycard eine weiße Tür öffnete. Sie trat ein, und Penny folgte ihr, nur um im nächsten Moment daran zu zweifeln, ob sie überhaupt wach war. Das Appartement hatte eine voll verglaste Front und verfügte über eine Terrasse mit Infinitiy-Pool. Es war modern, hell und luxuriös eingerichtet und hätte vom Fleck weg in einem Schöner-Wohnen-Magazin vorkommen können. Penny überlegte. Die Wohnung, die sie mit Mark geteilt hatte, hätte allein in den Wohnbereich hier locker dreimal hineingepasst. Es gab eine moderne, offene Küche mit allen möglichen Geräten, die Penny sicherlich nicht bedienen konnte, einen gemütlichen Wohnbereich mit einer großen, einladenden Couch, von der aus man direkt auf den Central Park und Downtown weiter hinten blickte. Der ebenfalls offene Essbereich bot einen großen Tisch für etwa zwölf Personen. Eine Treppe mit gläsernem Geländer führte in den oberen Stock, wo das Schlafzimmer und ein Badezimmer untergebracht waren.
„Das Appartement verfügt übrigens über einen eigenen Wellnessbereich dort hinten, sagte Mariah Farlowe und deutete auf einen weiteren Bereich, der mit einer satinierten Glastür verschlossen war. „Eine Sauna, ein Dampfbad, ein Whirlpool, eine Infrarotkabine und ein Ruheraum stehen Ihnen uneingeschränkt zur Verfügung. Wenn Sie eine Massage wollen, gibt es im Haus eine Therapeutin, die ebenfalls jederzeit abrufbar ist.“ Penny war nicht mehr in der Lage, normal zu denken. Das hier musste ein Traum sein. Selbst wenn ihr Boss von ihr verlangte, an sieben Tagen die Woche für ihn zu arbeiten, war dieses Appartement ein absoluter Jackpot. Allein die Aussicht von hier oben … entschädigte für alles. Penny konnte kaum glauben, dass das hier Wirklichkeit war. Nach allem, was sie hatte durchmachen müssen.
„Wenn das Appartement Ihnen entspricht, können wir die Übernahmevereinbarung unterzeichnen“, sagte Mrs. Farlowe und holte einen Stapel zusammengeheftete Papiere aus einem ihrer Ordner. Sie führte Penny wieder nach unten in ein Büro, das ebenfalls zu ihrem neuen Appartement gehörte und auf dem neuesten Stand der Technik mit Apple-Produkten ausgerüstet war.
„Das hier wird Ihr Arbeitsplatz sein. Als Assistentin von Mr. Crawford haben Sie zwar auch ein Büro im 56. Stockwerk – seine Firma ist hier ab der 22. Etage untergebracht –, aber seine persönlichen Agenden und die Dinge, die außerhalb Ihrer Arbeitszeiten erledigt werden müssen, werden Sie von hier aus machen.“
Penny sah sich um. Modernste Technik von Apple, lackweiße Büroausstattung, ein Konferenzsystem auf dem neuesten Stand der Technik. Und das alles abgerundet durch diesen großartigen Blick hinunter auf den Central Park.
„Es ist … großartig. Atemberaubend. Ich kann im Moment gar nicht sagen, was ich denke … das ist der pure Wahnsinn.“
„Sie bekommen es auch nicht umsonst. Wie gesagt, das Arbeitspensum hat viele Bewerber von vornherein abgeschreckt. Heutzutage geht der Trend eher dahin, weniger zu arbeiten und auch weniger Verdienst in Kauf zu nehmen, dafür aber mehr ‚Qualitytime‘ zur Verfügung zu haben. Das wird in diesem Job oftmals nicht der Fall sein, das kann ich Ihnen schon jetzt sagen. Mr. Crawford wird Sie zu Abendterminen benötigen. Und auf Geschäftsreisen mitnehmen, die manchmal sehr spontan sein können. Es wird passieren, dass Sie morgens in Frankreich aufwachen und abends in Shanghai zu Bett gehen. Das ist nicht jedermanns Sache.“
Penny dachte daran, dass sie die vergangenen Wochen allein in ihrem alten Kinderzimmer vor dem Fernseher verbracht und Pizza gegessen hatte. Sie war in Selbstmitleid versunken und hatte sich gefragt, warum das alles ausgerechnet ihr passieren musste. Kein Job, kein Kerl. Weit hatte sie es gebracht. Sie war wieder genau da, wo sie geglaubt hatte, dass ihr Leben seinen Anfang nahm. Nur, dass sie jetzt dreiunddreißig, arbeitslos und verlassen worden war. Der Gedanke, zu hochrangigen Meetings und auf weltweite Geschäftsreisen zu gehen, war da denkbar angenehm.
„Das ist in Ordnung. Ich bin völlig ungebunden, flexibel … und mir ist natürlich klar, dass eine Position wie diese keinen Nine-to-five-Job mit sich bringt.“
„Umso besser. Dann unterschreiben wir jetzt den Überlassungsvertrag für das Appartement. Und dann wird es Zeit, dass ich Sie mit Ihrem neuen Boss bekannt mache.“
Pennys Herz klopfte, als sie gemeinsam mit Mariah Farlowe in die 61. Etage fuhr. Das Herzstück und das Zentrum von Crawford International. Als die Lifttüren sich öffneten, fand sie sich erneut in einer hellen Lobby wieder, allerdings herrschte hier geschäftiges Treiben. Der Raum war mit leiser Lounge-Musik beschallt und an einem Empfangspult saß eine junge Dame, die sie freundlich anlächelte.
„Mrs. Farlowe und Miss Delfino“, sagte das Mädchen. „Schön, dass Sie hier sind. Mr. Crawford erwartet Sie bereits.“ Das Mädchen nahm den Telefonhörer und kündigte die beiden an. Pennys Herz begann zu rasen. Was, wenn Jack Crawford sie nicht leiden konnte? Was, wenn er sie aus irgendeinem Grund nicht einstellte? Dann würde ihr ordentlich der Boden unter den Füßen weggerissen werden, jetzt, wo sie sich bereits so sehr in das Appartement verliebt hatte, das zu dem Job gehörte.
„Sie können direkt durchgehen“, sagte das Mädchen, nachdem sie aufgelegt hatte.
„Vielen Dank“, sagte Mariah Farlowe und nickte dem Mädchen höflich zu. Dann ging sie durch eine große, betonfarbene Tür. Im nächsten Moment fand Penny sich in einem riesigen, hellen Büro wieder, das ebenfalls rundum mit einer Glasfront ausgestattet war. Hier zu arbeiten würde sie ganz schöne Konzentration kosten. Vermutlich musste sie sich ziemlich zusammennehmen, um nicht ständig hinunter auf die Stadt zu blicken.
„Miss Farlowe, schön, dass Sie hier sind“, sagte eine Männerstimme. Hinter einem großen Schreibtisch stand ein Mann auf, der einen Maßanzug trug und ein gewinnendes Lächeln aufgesetzt hatte.
„Mr. Crawford, es freut mich auch. Ich habe Ihre neue Assistentin Penny Delfino mitgebracht.“
In Pennys Kopf überschlug sich alles. Diese Stimme … war ihr von Anfang an bekannt vorgekommen, nur hatte sie längst verdrängt, wo – und in welchem Zusammenhang sie sie das letzte Mal gehört hatte. Und dann stand er vor ihr. In voller Pracht. Der Maßanzug, das nahezu perfekte Gesicht. Der spitzbübische Ausdruck, der gleichzeitig so männlich wirkte. Diese makellos geschwungenen Lippen. Pennys Knie wurden weich. Nein. Das durfte nicht sein. Nicht nach all dem. Nicht, nachdem alles so gut angefangen hatte. Penny sah ihren neuen Boss fast panisch an und überlegte für einen Moment, ob sie einfach umkehren und weglaufen sollte. Den Mann, mit dem sie vor zwei Tagen eine heiße Liebesnacht verbracht hatte. Den Mann, der einfach so aus ihrem Bett und ihrem Leben verschwunden war, nachdem er bekommen hatte, was er wollte.
Miss Delfino, freut mich sehr“, sagte Jack und reichte Penny geschäftsmäßig die Hand, so, als wäre sie eine x-beliebige Person, der er zufällig irgendwo begegnete. Kein Funken an ihm ließ an die Nacht vom Samstag erinnern, als er ihr so nah gewesen war. Als er ihr einen Orgasmus nach dem anderen beschert hatte und sie mit seinen Lippen, seiner Zunge, seinen Händen und seinem Schwanz in völlige Ekstase gebracht hatte. Perplex ergriff Penny die Hand und schüttelte sie ebenfalls.
„Freut mich auch … Mr. Crawford“, sagte sie und schaffte es nicht, einen klaren Gedanken zu fassen. Die Situation überforderte sie völlig und die verrücktesten Ideen rauschten durch ihren Kopf. War es möglich, dass dieser Mann hier einen Zwillingsbruder hatte, der sich vor zwei Tagen als er ausgegeben hatte? Oder sah er ihrem One-Night-Stand einfach nur irrsinnig ähnlich? Hatte obendrein noch denselben Namen? Oder hatte sie gerade einen Nervenzusammenbruch? Nein. Sie wusste genau, mit wem sie die Nacht vor zwei Tagen verbracht hatte und dass es sich dabei genau um Jack handelte. Und nicht um irgendjemand anderen.
„Ich habe Miss Delfino bereits das Appartement gezeigt und die Übernahmeerklärung wurde unterfertigt. Es fehlt nur noch der Einstellungsvertrag, den wir gleich jetzt unterzeichnen können, dann haben wir alle Formalitäten erledigt und Sie beide können gemeinsam mit Ihrem Arbeitstag starten.“
„Na, das klingt doch gut“, sagte Jack und deutete auf den großen Besprechungstisch aus geöltem Walnussholz, der neben der Glasfront stand. Sie nahmen Platz, und Mariah Farlowe hielt Penny eine ganze Menge Blätter hin, die sie unterschreiben musste. Den Dienstvertrag an sich, jede Menge Übernahmeprotokolle für Schlüssel, Diensthandy und vertrauliche Unterlagen und zahlreiche andere Dokumente, von denen sie mit der Zeit gar nicht mehr mitbekam, wofür sie eigentlich gedacht waren. Ihr kam in den Sinn, wie umfangreich ihr Job wohl sein würde, wenn sie schon jetzt den Überblick verloren hatte. Nach gefühlten tausend Unterschriften verabschiedete Mariah Farlowe sich und ließ Penny mit Jack allein zurück. Sie war auf alles gefasst. Darauf, dass er sie fragte, ob sie noch ganz bei Trost sei, hier einfach aufzutauchen. Was sie sich dabei gedacht hatte, herzukommen nach dem, was vor zwei Tagen passiert war? Dass er ihr vielleicht sogar erklärte, was passiert war, wieso er einfach so sang- und klanglos verschwunden war und sie allein zurückgelassen hatte.