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Die global agierende Handelsorganisation GTO plant einen Anschlag auf die NSA, den geheimsten aller US-amerikanischen Geheimdienste. Ziel ist es, den unersättlichen Störenfried der weltweiten Kommunikation in die Knie zu zwingen. Der Einbruch in das russische Nuklearlager Saratow lässt Staatspräsidenten aufhorchen und weckt zugleich Begehrlichkeiten. Ein mörderischer Wettlauf mit der Zeit beginnt. Wie Mosaiksteine fügen sich vermeintlich zufällige Aktionen zur Katastrophe. Dabei spielen Zwillingsschwestern eine entscheidende Rolle. Sie wurden in der Kindheit unter mysteriösen Umständen getrennt. Am Ende finden sie unter martialischen Begleitumständen wieder zusammen.
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Seitenzahl: 206
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Ein Roman ist wie ein Abenteuer, in das man eintaucht, ohne zu wissen, mit welchem Erkenntnishorizont man es wieder verlässt. Gerade diese Ungewissheit erzeugt das Spannungsfeld, das wir von einem Roman erwarten!
Die Macht der Zeit
Nichts ist, wie es war, nichts bleibt, wie es ist!
Manfred Geerligs-Wilm
Operation BABI
© 2021 Manfred Geerligs-Wilm
Umschlag, Illustration: Manfred Geerligs-Wilm
Lektorat, Korrektorat: R. Johanna Wilm
Verlag & Druck:
tredition GmbH
Halenreie 40-44
22359 Hamburg
ISBN
Paperback
978-3-347-24415-3
Hardcover
978-3-347-24416-0
e-Book
978-3-347-24417-7
Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.
Inhaltsverzeichnis
2010- Fort Meade, Maryland, USA - Höchste Sicherheitsstufe
1985- Philadelphia, USA - Familie Smith verreist
2011- Stockholm, Schweden
2021-Latakia, Syrien
1986- Wolchow, UdSSR - Ein Kind verschwindet
2011- Den Haag, Niederlande
2011- Der Horchposten
2020- Saratow, Russland
2011- Frankfurt am Main, Deutschland
1986-Gattschina, UdSSR - Besuch für die Smiths
2020- Zürich, Schweiz
1986-UdSSR – In einem Ausbildungslager
2004-Smiths kehren zurück in die USA
2021- Nahe Saratow - Der Historiker
2020- Moskau, Russland - Der Plan
2020- Eine kryptische Botschaft
2021- Saratow, Russland - Ein Überfall
2021-Die Erfolgsmeldung
2012- Salt Lake City, Bundesstaat Utah, USA – Ein tödlicher Unfall
2021-Saratow - Die Antriebswellen
2021-Saratow - Die Kartuschen
2021-Das Telefonat
2018-Bluffdale, Bundesstaat Utah – USA, Ein Bauantrag
2021-Russland - Der Obdachlose
2021-Russland, Saratow, Hafen
2012- Salt Lake City, Utah - Die Stellenausschreibung
2012- Salt Lake City - Die neuen Klima-Facharbeiter
2021-Russland, nahe Saratow - Ein Landstreicher
2012- Salt Lake City - Beginn konkreter Maßnahmen
2018-Bluffdale, Bundesstaat Utah – USA, Die Baugenehmigung
2018- Der gigantische Moloch
2021-Salt Lake City - Ein dreister Überfall
2019- Bluffdale, Bundesstaat Utah-Richtfest
2021-Salt Lake City - Ein Missgeschick
2021-Moskau – Die Suche
2021-Rom, Palazzo di Malta
2021-Moskau, Kreml - Das Statement
2021-Im Hafen von Saratow
2021-Im Hafen von Wolgograd
2021-Wenn der Wein nicht wäre
2021-Im Hafen von Rostow Na-Donu
2021-Die vermisste Ladung
2021-Im Hafen von Odessa
2021-Ukraine - Zwischenfall in Odessa
2021-Eine brisante Nachricht
2021- Der mysteriöse Fund
2021- Odessa – Die Offenbarung
2021- Transportkiste Nr. 679 fehlt
2021- Zwischenstopp in Istanbul
2021- Vorspiegelung falscher Tatsachen
2021- Malta, Valletta - Die Verfolgungsjagd
2021- Beschaffen, was nötig ist
2021- Valetta, Malta – In einer Hafenbar
2021- Eine außergewöhnliche Fracht
2021- Ankunft der ESPERANCE
2021- Kalkulierte Widrigkeiten
2021- Quito, Ecuador - Kontrolle
2021- Quito – Esmeraldas - Heiße Fährte
2021- Esmeraldas - Unbeschwert in See stechen
2021- Bedrohliches Flugobjekt
2021- Glück im Unglück
2021- Die Hoffnung stirbt zuletzt
Abgesang:
2021- Nächtlicher Schock
2021- Die wundersame Fügung
2021- Zeitungsberichte über PenS
2021- Ein bedauerlicher Unfall
2022- Lourdes - Eine Reliquie geht auf Reisen
2022- Höchste Sicherheitsstufe
2022- Salt Lake City - Ein rätselhafter Einbruch
Am Abend zuvor:
2018-Die Provokation
2021- Der Feind hört mit
2018-Freund oder Feind lässt grüßen
2018-Salt Lake City, in einer Bar
2018-Die Freundin zum Feind
2022- Salt Lake City - Demut und Verwunderung
2022- Eintritt des Unwahrscheinlichen
2022- Freudige Überraschung
2022- Der Coup
2022- Fieberhafte Recherchen
2022- Unterschiedliche Reaktionen
2022- Eine hoffnungsvolle Nachricht
2022- Sukowas Schicksal
2022- Vergangenheitsbewältigung
2022- Das Wiedersehen
2022- Hilfe händeringend gesucht
2022- Hilfe naht
2022- Vorbereitungen
2022- Eine halsbrecherische Aktion
2022- Unfassbar
2022- Die vertrauliche Absprache
2022- Eine außergewöhnliche Fahrt mit Ziel Sotschi
2022- Eine Ansichtskarte aus Sotschi
2022- Weitere Ziele – Ein Ausblick
Handelnde Personen, namensortiert
Erklärung der Namen, Objekte, Begriffe und Orte – namensortiert
Quellenverzeichnis
Der geheimste aller US-amerikanischen Geheimdienste, die NSA, möchte weder genannt werden noch ihr Siegel „missbräuchlich“ abgebildet sehen. Darauf wird in diesem Roman Rücksicht genommen. Ich bitte Leser*innen um Verständnis, wenn im Roman Darstellungen der Siegel vorkommender Institutionen vom Original abweichen.
2010-Fort Meade, Maryland, USA - Höchste Sicherheitsstufe
Planungssitzung zu den Sicherheitsmaßnahmen des Rechenzentrums der NSA/CSS am Standort Camp Williams. DIRNSA Paul C. Hoover leitet persönlich die Sitzung höchster Priorität: „Die Anlage in Camp Williams hat den Anforderungen der höchsten Sicherheitsstufe zu genügen. Dieses Herzstück der US-amerikanischen Überwachung muss besser gehütet sein, als der Augapfel des Präsidenten. Ein Präsident ist ersetzbar, die Bedeutung dieser Anlage überdauert Legislaturperioden von Präsidenten. Deshalb ist der Standort so abgesichert, dass nicht einmal eine Maus in das Gelände eindringen kann, ohne dass unsere Sicherheitssysteme Alarm schlagen. Das Areal besteht aus mehreren Sicherheitszonen, die jeweils mit spezieller Sensorik ausgestattet sind. Alle Überwachungsmaßnahmen unterliegen ausnahmslos den NSA-Regelwerken, nicht nur beim Anlegen, Aufbauen oder der Inbetriebnahme – sondern vor allem während des Betriebs selbst. Erkannte Nachlässigkeiten werden zur Meldung gebracht und streng geahndet!“, so die einleitenden Worte des Direktors der NSA.
Ein, im Verborgenen schlummernder, verwegener Plan, wird ihre akribische Sicherheitsplanung durchkreuzen.
Ereignisse in der Vergangenheit, mögen sie auch unbedeutend erscheinen, nehmen stets Einfluss auf zukünftige Entwicklungen. So bahnt sich eine Katastrophe an, die undenkbar erschien. Seit Urzeiten gilt das eherne Gesetz: Nichts ist, wie es war, nichts bleibt, wie es ist!
1985- Philadelphia, USA - Familie Smith verreist
An einer Wand des Arbeitszimmers von Peter Smith hängt ein zweigeteilter Vorhang. Jeden Morgen ziehen ihn Peter oder Anna Smith zur Seite. Dahinter verbergen sich die Porträts von Wladimir Iljitsch Lenin und Karl Marx. Innerhalb der eigenen vier Wände lernen sie im Selbststudium mit Audio-Kassetten und Lehrbüchern fleißig Russisch. Dabei fragen sie sich gegenseitig ab. Mit Interesse verfolgen sie die Ereignisse in der UdSSR, über die TV-News oder Zeitungen berichten. Inkognito besuchen sie in ihrer Heimatstadt Philadelphia hin und wieder Versammlungen der kommunistischen Partei. Dort erwerben sie Video-Kassetten aus der Sowjetunion mit Sprachkursen und Spielfilmen. Für ihre Ausreise fühlen sie sich gut gewappnet. Durch intensiven Kontakt mit den sowjetischen Behörden können sie bald ihren Wunsch verwirklichen, in die UdSSR einzureisen. Dort wollen sie das kommunistische System unterstützen, um dem Kampf der Arbeiterklasse weltweit zum Sieg zu verhelfen. Seit den antikommunistischen Kampagnen der McCarthy-Ära fühlen sich Peter und Anna Smith ihrer politischen freien Meinungsäußerung beraubt. Kommunistisches Gedankengut wird stets als Bedrohung in der US-amerikanischen Gesellschaft angesehen, weshalb auf dieser Ebene kein freier Gedankenaustausch stattfinden kann.
In der Wohnung stehen gepackte Koffer. Morgen wird die Spedition anrücken, um das Mobiliar samt Inventar der Wohnung für die Zeit ihrer Abwesenheit von den USA in Container einzulagern.
Der Flug nach London ist bereits gebucht. Dort wird ihre Einreise nach Europa in den Reiseunterlagen dokumentiert werden. Ihre Schiffspassage von London nach Sankt Petersburg haben sie bereits per Telegramm angekündigt.
2011-Stockholm, Schweden
Oleg Holm nimmt den Brief aus seinem Postfach. So bald hatte er mit dem angekündigten Schreiben nicht gerechnet. Er steckt ihn in die Innentasche seines Trenchcoats und löst eine Busfahrkarte für den Heimweg. Im Bus schiebt er seine rechte Hand in die Manteltasche und tastet den Brief ab. Deutlich fühlt er die flache Speicherkarte.
Nach dem Eintreten verschließt er die Haustür fest hinter sich. Er legt den Brief auf den Tisch, nimmt ein Messer aus der Schublade, durchtrennt die Lasche des Couverts, zieht das Schriftstück heraus und entfaltet es. Aufmerksam liest er dessen verschlüsselte Anweisungen.
Vorsichtig lässt er die Hand in den Umschlag gleiten und zieht den Speicherchip heraus - eine SD-Karte mit 32 GigaByte Speicherkapazität. Bevor er die Karte mit zittriger Hand in sein Notebook steckt, schaltet er die Funkverbindung zum Internet und den Bluetooth-Sender aus. Per Mausklick öffnet er das Laufwerk. Im Ordner True-Crypt startete Holm das Programm zur Entschlüsselung. Das Passwort hatte ihm die Organisation vor Tagen per Post zugestellt.
Sorgfältig tippt er Zeichen für Zeichen in das Feld für die Kennwort-Abfrage. Wenige Augenblicke später hat er sich Zugang zur verschlüsselten Archiv-Datei verschafft.
Im angemeldeten Laufwerk befindet sich der Ordner Operation BABI. Im Dokument namens Auftrag finde er alles Notwendige, was zur Durchführung der geheimen Aktion erforderlich sei, so das Schreiben. Holm zuckt zusammen, als er den Namen des Zielobjekts der Operation liest. Sein Gesicht zieht bleich ab. Zugleich beginnt sein Puls zu rasen. Wie hatte er sich nur auf einen Auftrag einlassen können, von dem er nicht das Geringste ahnte. Doch er hat seine Zusage gegeben. Es gibt kein Zurück. Die Organisation verzeiht keine Unzuverlässigkeit.
Im aufgerufenen Textprogramm beginnt er, die ihm aufgetragene telefonische Nachricht zu chiffrieren. Es ist eine mündliche Anweisung für eine Kontaktperson, die er anrufen muss. Den Text markiert er mit der Maus und ruft den Konverter für Text in Sprache auf. Augenblicklich wandelt das Programm die geschriebene Botschaft in gesprochene Worte. Nach Prüfung der Verständlichkeit speichert er die Nachricht ab und überträgt sie auf sein Smartphone, das er vorsichtshalber vom Funk- und Telefonnetz trennte. Den Speicherchip steckt er in seine DigiCam und lässt sie in seine Manteltasche gleiten. Eilig verlässt Holm seine Wohnung.
Zu Fuß und per Bus erreicht er den öffentlichen Fernsprecher.
Er wählt die angegebene Nummer. Auf der anderen Seite der Leitung meldet sich eine Stimme mit: „Kronos.“ Holm startet die Aufzeichnung in seinem Smartphone. „Hermes“, tönt es in die Sprechmuschel, „25. September 2011“, sagt eine weibliche Stimme und diktiert langsam und deutlich die chiffrierte Nachricht:
„Vorgaben nachdrücklich verlässlich diskutieren. Absprache stützen. Einflussnahme organisiert. Alternative weitgehend bekanntgeben.
Weitere gegenseitige Zusammentreffen abhalten. Ausrichtung undenkbar. Anstrengungen angemessen abzuwickeln. Abnahme vorbehaltlich. Selbständig zurückgesetzt. Aktion auszuführen. Befugnis abzusichern. Behutsamkeit einschätzen. Nutzen ausbauen. Grundsätzlich Angebotsvarianten einzuplanen. Entlastung kostspielig. Einwand abgewiesen. Restsumme eingegangen. Anteil bereitgestellt. Eigenbedarf.
Überzeugend einwirken. Einladung berufen. Fortschritte beeindruckend. Allen Anstrengungen klug strengste vorgefertigte Besonderheiten bekunden. Sicherheitsmaßnahmen verbessern. Vertiefung gleichmäßig entfernen“
Holm legt auf, löscht die soeben abgespielte Tonaufzeichnung und schaltet sein Smartphone aus.
2021-Latakia, Syrien
Rufe vermummter, Fahnen schwingender Gestalten hallen durch den Raum: „Allahu Akbar!“, „Allahu Akbar!“, „Allahu Akbar!“ Einer tritt vor, steigt vor den Versammelten auf das Podest und ergreift das Mikrofon. Er stellt sich hinter eine Transportkiste mit der Aufschrift 679. Das Licht seiner UV-Lampe fällt auf die Stirnseite der Kiste, worauf das Radioaktiv-Kennzeichen erkennbar wird. Siegesgewiss hebt er die Faust und ruft „Tod den Ungläubigen!“ „Tod den Ungläubigen!“, antworten die Versammelten. Der Sprecher erklärt: „Wir sind im Besitz eines besonderen Materials“, dabei weist er auf die Holzkiste. Jubel erfüllt den Raum. „Wir werden damit einen Gruß Allahs der besonderen Art schicken, der eine Großstadt der westlichen Welt lahmlegen wird!“ Wieder ertönt Jubel unter den Anhängern. „Der Kampf gegen die westliche Zivilisation nimmt seinen Lauf! Sind wir erst reichlich mit diesem Stoff gesegnet, rückt das weltumfassende Kalifat in greifbare Nähe!“ Nach kurzer Pause fährt er fort: „Der Koran, wird er richtig ausgelegt, fordert von Strenggläubigen Pflichten. Märtyrer sind in besonderem Maße willkommen im Reich Allahs und werden herzlich empfangen, zudem vorzüglich belohnt für ihren Kampf. Deshalb ist es eine Ehre, sein Leben für Allah zu geben!“ „Allahu Akbar!“, „Allahu Akbar!“, „Allahu Akbar!“ schallen erneut Rufe der Fahnenschwingenden.
1986-Wolchow, UdSSR - Ein Kind verschwindet
Im sowjetischen Wolchow, 130 km nordöstlich von Sankt Petersburg.
Während eines Picknicks der Familie Iwanow auf einer Wiese am Waldrand sind deren eineiige Zwillingstöchter Petrova und Svetlana mit dem Sammeln von Bucheckern beschäftigt. Die Eltern, Erina und Viktor schauen hin und wieder auf, um die Kontrolle über ihre Töchter zu behalten. Während des Versteckspiels verbirgt sich Svetlana hinter dem dicken Stamm einer mächtigen Buche. Petrova zählt bis zehn und sieht auf, um Svetlana zu suchen. Sie beginnt, hinter den Stämmen der umstehenden Bäume nachzusehen. Plötzlich schreit Petrova auf und rennt vom Baum zur Waldmitte. Die Eltern springen auf und laufen hinter Petrova her, um sie aufzuhalten und um sie zu beruhigen. Dabei verlieren sie den Fluchtpunkt Petrovas aus den Augen. Vom Versteckbaum Svetlanas entfernt sich schwerfällig ein aufgerichteter Bär, der auf dem Weg am Waldrand das Weite sucht. Erst im letzten Moment vor seinem Verschwinden im Unterholz entdecken die Eltern das kapitale Wildtier und sind froh, ihm nicht begegnet zu sein. Nach Svetlana rufend streifen Erina und Viktor mit Petrova an der Hand durch den Wald. In der Abenddämmerung geben sie ihre Suche nach Svetlana entmutigt auf. Sie lassen die Ereignisse des Tages Revue passieren. Dabei kommt ihnen der Bär in den Sinn. Sein Erscheinen erweckt in ihnen den Eindruck, als habe er Svetlana in seine Obhut genommen, aus welchen Beweggründen auch immer. Irgendwie überkommt sie in ihrer Traurigkeit ein gutes Gefühl, gilt doch der Bär als Wächter über die heimische Natur. Schließlich ist er der König dieser Wälder.
Die Suchaktionen des Polizeiaufgebots am folgenden Tag bleiben erfolglos.
2011-Den Haag, Niederlande
Auf dem Tisch vor dem Redner steht das Namensschild Zeus. „Der Termin für die Beschaffung unseres BABIs ist ergebnislos verstrichen. Der Verantwortliche wird zur Rechenschaft gezogen. Wir werden ihm die Koordination des Vorhabens entziehen. Diese Aufgabe soll ab sofort Hermes übernehmen.“ Hinter dem Namensschild Hermes erhebt sich ein junger Mann und spricht mit nordischem Akzent: „Ich erkläre mich dazu bereit, unter der Bedingung, dass alle mir erforderlichen Mittel zur Verfügung gestellt werden – ohne Einschränkung!“
Zeus antwortet: „Hermes hat unsere volle Unterstützung! Einwände?“ Im Sitzungsaal der GTO geben die versammelten Herren, in feinstem Zwirn und Krawatte, Handzeichen ihrer Zustimmung. „Wir müssen uns dieser Krake entledigen!“, konstatiert Zeus und fährt fort, „unsere streng geheime Aktion verlangt absolutes Stillschweigen, darüber sind sich doch alle im Klaren! Wir dulden keine unliebsamen Beobachter. Die verwendeten Codierungen für unsere Transaktionen würden sonst früher oder später aufgedeckt werden. Ein radikaler Schnitt ist erforderlich. Unser wertvolles Know-how darf bestimmten Institutionen nicht in die Hände fallen! Zu diesem Zweck haben wir die Operation BABI ins Leben gerufen. Diese drastische Maßnahme ist notwendig, auch wenn es Kollateralschäden geben wird. Wir werden der Krake keinen freien Lauf lassen, uns in die Karten zu schauen. Sonst können wir unser Vorhaben gleich begraben. Der Plan ist genial. Die geballte Macht stationierter Sicherheitskräfte und ihre ausgeklügelten Sicherungsmaßnahmen nützen ihnen dabei gar nichts. Aber lasst uns Klartext reden. Hinter Operation BABI verbirgt sich folgender Plan …“
2011-Der Horchposten
Am Straßenrand nahe dem Konferenzgebäude der GTO in Den Haag steht ein schwarzer Transporter mit rundum geschlossenem Aufbau. In ihm sitzen Herren mit Kopfhörern vor Empfangsgeräten und Tonaufzeichnungsmaschinen. Aus einem Kopfhörer dringen die Worte: „Der Plan ist genial. Die geballte Macht stationierter Sicherheitskräfte und ihre ausgeklügelten Sicherungsmaßnahmen nützen ihnen dabei gar nichts. Aber lasst uns Klartext reden. Hinter der Operation BABI verbirgt sich folgender Plan … “
Währenddessen taucht aus dem Schatten eines Hauseingangs ein Maskierter ins Licht der Straßenlaternen. Nach wenigen Sprüngen hockt er hinter dem Transporter, wo er geschickt unter den Wagen schlüpft. Dort nimmt der Vermummte etwas aus seiner Tasche. Eine handliche Ultraschall-Bohrmaschine wird sichtbar, mit der er ein kleines Loch in das Bodenblech des Fahrzeugs bohrt. Er zieht eine kleine Flasche hervor und schiebt deren dünnen Schlauch in das Loch. Auf Kommando aus seinem Ohrhörer öffnet er das Ventil der Flasche mit dem geruchlosen Gas.
Wenig später torkelt ein Betrunkener auf dem Gehweg heran. Er klopft gegen die Fahrerscheibe, als wolle er die Insassen des schwarzen Fahrzeugs etwas fragen. Weil er keine Antwort bekommt, schlägt er polternd mit der flachen Hand gegen die Seitenwand. Nichts rührt sich. Drei Männer mit Gasmasken stürmen aus einem geparkten Lieferwagen. Mit einer Fernbedienung entriegeln sie die Türen auf der Rückseite des Transporters und öffnen sie. Eilig räumen sie Geräte aus und verstauen sie in ihrem Lieferwagen. Im Nu verschwinden der Maskierte, der Betrunkene und die Drei mit den Gasmasken im schwarzen Fahrzeug und brausen mit den Betäubten davon.
2020-Saratow, Russland
Russische Soldaten mit qualmenden Papirossy in den Mundwinkeln und Wodkagläsern vor sich, sitzen um einen Tisch und spielen Karten. Hinter ihnen ist das Zeichen Radioaktiv zu erkennen. „Um die Sicherheit des Landes ist es nicht zum Besten bestellt, seit Präsident Putin die Macht übernommen hat“, sagt ein russischer Offizier. „Vor allem die Nuklearlasten in den Lagerhallen sind gefährdet!“, verdeutlicht ein anderer. „Glaubt ihr ernsthaft“, wendet ein Dritter ein, „es verirrt sich jemand an diesen verlassenen jämmerlichen Ort um sich an radioaktivem Material zu schaffen zu machen? Und wenn schon. Was will der mit einer Handvoll radioaktivem Müll anfangen, wo sich in den Lagerhallen Tonnen davon auftürmen? Der würde sich allenfalls die Finger daran verbrennen“.
2011-Frankfurt am Main, Deutschland
Drei Wochen nach dem Auftrag Operation BABI treffen drei Herren und eine Dame im Hotel Hilton am Frankfurt Airport ein. Ihre Kennzeichen sind ein GTO-Aufkleber auf ihrem Koffer und eine FAZ unter dem Arm. Jeder stellt sich mit seinem Decknamen vor. Der Schwede Holm nennt sich Hermes, die Frau Jupiter, die beiden anderen Herren stellten sich mit Mars und Janus vor. Gemeinsam betreten sie das reservierte Hotelzimmer. Holm fragt die Anwesenden: „Sie haben ihre Smartphones, wie vereinbart, zurückgelassen und sich ein Pre-Paid-Handy zugelegt?“ Die Dame und beide Herren bestätigen dies mit Kopfnicken. Holm weiter: „Ich muss Sie bitten, ihre Mobilfunk-Geräte in diesen Metallkoffer zu legen!“ Nachdem alle Geräte abgelegt sind, schließt Holm den Koffer und lässt die Verschlüsse zuschnappen. „Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste“, sagt Holm. Er öffnet sein Notebook, nimmt die Speicherkarte aus seinem Fotoapparat und steckt sie in den SD-Schlitz seines Notebooks. Durch Eingabe des Codewortes entschlüsselt er das Archiv auf dem Datenträger. Mit ruhiger Stimme beginnt er, die Chiffrier-Software und die übrigen Inhalte zu erklären. Anschließend bittet er jeden die eigene Speicherkarte aus dem Fotoapparat zu nehmen, um das verschlüsselte Archiv mit allen Hilfsprogrammen auf die mitgebrachten Datenträger zu kopieren. „Die Kennwörter“, so Hermes, „werden Ihnen per Post zugestellt.“
„Die Vereinbarung der GTO schreibt vor“, so Hermes weiter, „verschlüsselte Botschaften ausschließlich auf einem im Internet weltweit öffentlich zugänglichen Onlinespeicher abzulegen oder in Text-to-Speech als Sprachbotschaft per Telefon zu übermitteln. Der Vorteil des öffentlichen Onlinespeichers ist, dass jeder im World-Wide-Web darauf zugreifen kann. Es kann somit nicht unterschieden werden, ob irgendjemand oder einer von uns auf die Botschaften zugreift. Attraktiv für die männliche globalisierte Welt ist der Online-speicher allemal, denn darin findet der Interessierte eine Vielzahl von aufgeilenden Pin-up-Girls. Sie werden sehen, in Kürze haben wir Zugriffsprobleme, so geschäftig wird es dort zugehen. Wir gehen davon aus, dass unsere Chiffrierung in nächster Zeit nicht geknackt werden wird. Jeder der Anwesenden bekommt ein Zeitfenster für den Speicherzugriff, um Nachrichten dort abzulegen oder um Telefonate zu führen. Daran erkennen wir, ob fingierte Botschaften eingestellt oder unautorisierte Telefonate geführt wurden. In einem solchen Fall würde im Speicher eine verschlüsselte Botschaft erscheinen, deren Kennung einen anderen Chiffriermodus vereinbart. Wir gehen davon aus, dass die Bedeutung dieser Kennung lang genug unentdeckt bleibt. Alle Botschaften werden, entweder als Bild-Datei eingestellt oder als Text-to-Speech-Botschaft mit der Stimme „Karin“ im Telefonnetz übermittelt.“ Holm warnt vor abweichenden Verfahren, etwa Telefonate mit eigener Stimme zu führen. „Der Krake“, so Holm, „besitzt Mittel, Stimmen zu erkennen. Die Folge wäre die Identifikation der Akteure, was auf keinen Fall riskiert werden darf. Die streng geheime Aktion würde in Kürze auffliegen. Alle Aktivitäten zur Verschlüsselung oder Codierung dürfen lediglich auf der SD-Karte mit den Mitteln auf der Speicherkarte erfolgen. Dabei müssen Funk- und Kabel-Netzwerke des Notebooks getrennt sein! Alle notwendigen Werkzeuge für die Abwicklung der Aktivitäten sind Bestandteil der SD-Karte. Nur diese Werkzeuge dürfen für unsere Zwecke eingesetzt werden. Auf der Karte befinden sich außerdem die Listen wichtigster Rufnummern unserer Pseudonyme. Der Papierkorb des Rechners ist nach Abschluss von Änderungen akribisch zu löschen. Erst wenn das verschlüsselte Archiv geschlossen und die SD-Karte abgemeldet und getrennt ist, darf das Netzwerk wieder zugeschaltet werden. Beim Transport muss die SD-Karte im Fotoapparat aufbewahrt werden, damit sie bei Durchsuchungen keinen Verdacht erweckt!“
Hermes setzt sich an die Tastatur seines Notebooks: „Lassen sie uns jetzt einige Übungen durchführen. Dazu packe jeder sein Notebook aus. Wir müssen im alltäglichen Umgang mit den Werkzeugen vertraut sein. Es wird sich zeigen, dass sich bei der Bearbeitung einige Fallstricke ergeben. Glauben Sie mir, Sie werden mir für diese Unterweisungen dankbar sein. Niemand ist unfehlbar. Sollte Ihnen trotz allem Bemühen ein schwerwiegender Fehler unterlaufen, müssen Sie wissen, dass die Organisation keine grobe Schnitzer verzeiht – aus gutem Grund. Unser Widersacher ist mit nahezu allen Wassern gewaschen. Halten Sie sich also an das strenge Reglement. Mit der Zeit wird es Ihnen in Fleisch und Blut übergehen.“
1986-Gattschina, UdSSR - Besuch für die Smiths
Vor dem Haus der Smiths im russischen Gattschina, nahe Sankt Petersburg, fährt ein grauer PKW vor. Ihm entsteigen zwei Männer, treten vor die Haustür und läuten. Peter Smith öffnet und erfragt den Grund ihres Anliegens. Nach kurzem Wortwechsel bittet er die Herren, einzutreten.
Die beiden Männer bieten Peter und Anna Smith die Pflegschaft für ein Mädchen von zwei Jahren an. Im gleichen Atemzug geben sie zu verstehen, dass dieses Mädchen mit Erreichen des sechsten Lebensjahrs wochenweise den staatlichen Unterricht besuchen muss, abgeholt von einem Bus der Schule. Lediglich die Wochenenden dürfen sie ganztäglich miteinander verbringen.
Peter und Anna sind überglücklich. Der Wunsch nach einem Kind bestand bei ihnen schon lange, nur fanden sie bisher keine Möglichkeit, ein Kind zu finanzieren und es in angemessenen räumlichen Verhältnissen aufzuziehen. „Wir nennen sie Patricia, oder kurz Patti“, freut sich Anna Smith, „den Namen mochte ich immer schon gern!“ „Du wählst ihn doch nur, weil du die Sängerin und Songwriterin Patti Smith so verehrst, oder?“, wendet Peter ein. „Diesen Namen können Sie dem Mädchen geben. Er entspräche auch unseren Vorstellungen“, erwidert einer der Herren. „Wie meinen Sie das, er entspräche auch unseren Vorstellungen?“, fragt Peter Smith. „Es ist ein in ihrem Geburtsland gebräuchlicher Name. Er passt trefflich zu ihnen und ihren eigenen Vornamen. Das will ich damit sagen“, flunkert der Herr. „Ja, da haben Sie wohl recht“, antwortet Anna Smith und lacht. „Wenn Sie möchten und dazu bereit sind, können Sie das Pflegekind bereits morgen in Ihre Arme schließen. So kommt die Vollwaise umgehend in geordnete Verhältnisse. Wie ist Ihre Meinung dazu?“, bittet der andere Herr um eine Stellungnahme. „Bereits morgen? Aber wir konnten nichts dafür vorbereiten. Wir besitzen weder ein Kinderbett noch Wäsche für das Mädchen!“, erwidert Anna Smith sichtlich überrascht. „Das werden wir kurzerhand in die Wege leiten. Wir kümmern uns um Bett und Stuhl. Die Wäsche für die Kleine übernehmen wir vom jetzigen Unterbringungsort“, antwortet einer der Herren. „Das Kind muss doch essen! Was isst denn so eine Zweijährige?“, will Peter Smith wissen. „Fürs Erste bringen wir angemessene Verpflegung und Getränke mit. Daran können Sie sich orientieren und entsprechende Nahrung in den Geschäften besorgen“, beruhigt sie einer der Herren. „Gut, dann bringen Sie uns morgen das Kindchen. Wir werden sie schon umsorgen und mit den Herausforderungen klarkommen“, bestärkt Anna Smith die Herren. „Gut, dann bis morgen. Es kann Nachmittag werden, aber morgen bestimmt!“, verspricht einer der Herren.
Nachdem die Männer davongefahren waren, beginnen Peter und Anna aufzuzählen, was noch vorbereitet werden muss und woran weiter zu denken ist.
2020- Zürich, Schweiz
Vor der USB-Bank in Zürich parkt ein Lieferwagen mit dem Firmenlogo PenS. In ihm sitzen zwei Hacker, die das Video-Überwachungssystem der Bank auf einem Bildschirm beobachten. Kurz bevor eine Dame die Bank betritt, schalten sich die Hacker auf das Video-System. Fünf Minuten später schaut ein Wachhabender in der Bank auf seine Armbanduhr und stellt fest, dass sie fünf Minuten vorgeht. Nach weiteren fünf Minuten müsste er seine Uhr bereits zehn Minuten vorstellen. Ihm kommt ein Verdacht. Er wechselt die Video-Kassette im Überwachungssystem und spielt die Herausgenommene ab. Zehn Minuten lang ist das Bild vom Haupteingang zu sehen, über dem die Uhr stehen geblieben zu sein scheint. Der Security-Angestellte schlägt Alarm. Mehrere Uniformierte rennen aus Fluren zum Sammelpunkt in die Haupthalle. Der Alarmierende hat sich vor den Bankschaltern eingefunden und erkundigt sich nach den letzten Bankkunden. Er rennt zum Trupp der versammelten Uniformierten. Nach kurzer Unterweisung stürmen die Männer durch den Haupteingang der Bankfiliale ins Freie. Dort schwärmen sie in verschiedene Richtungen aus, während sie sich nach allen Seiten umsehen. Doch können sie nichts Verdächtiges feststellen und müssen unverrichteter Dinge abziehen. In den Videos wird nach Auffälligkeiten gefahndet. Darin wird unmittelbar vor der Bank ein Lieferwagen entdeckt, von dem das Kennzeichen entziffert werden kann. Es handelt sich um ein französisches Kennzeichen. Doch was können sie als kriminelle Tat vorbringen? Weder wurde die Filiale überfallen, noch hat sich eine Person in der Schalterhalle etwas zuschulden kommen lassen. Lediglich einhunderttausend Dollar wurden regulär von einem Konto abgehoben. Die Identität der Person und deren Unterschrift stimmen mit den Unterlagen überein. Womit also sollen sie einen Verdacht rechtfertigen?
1986- UdSSR – In einem Ausbildungslager
W