Operation Weihnachtsglück - Hannah-Marlène Korn - E-Book

Operation Weihnachtsglück E-Book

Hannah-Marlène Korn

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Beschreibung

Miriam ist schüchtern und träumt von der einen Frage, die sie mit »Ja« beantworten wird. Ahnungslos gleitet Miriam in die Spiele ihrer besten Freundin und entdeckt eine Welt des Lustschmerzes. Experimentell findet sie ihre Rolle und nebenbei ihren Traummann. Vor Wochen war für Miriam kuscheln ausreichend, heute hängt sie hier und fiebert dem Stock entgegen, liefert freiwillig Körper und Seele ihrer Freundin aus.

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Operation Weihnachtsglück

Verheiratet

Miris Tagebücher

Mädelsabend

Geheimnisse

Erste Spiele

Auweia

Beginn der Wandlung

Pizza

Initiation

Wochenendspiele

Freitag

Samstag

Miris Erwachen

Schmetterlinge

Sie treffen sich

Mädelsabend

Großer Bahnhof

Kette

Daheim

Vorbei

Verzockt

Lachen

Kokon

Geständnis

Pizzen

Nora

Erwacht

Entdeckungen

Vereinigung

Autsch

Antrag

Verheiratet

»Auf das Brautpaar! Ihr habt drei Jahrzehnte gebraucht, einander zu finden, entdeckt habt ihr euch schon im Kindergarten. Einer war für den anderen da, ohne den Grund zu erkennen. In der Schule Seite an Seite, Florian hat ihr beigestanden, Miriam seine Hausaufgaben geschrieben. Ihr habt Weihnachten und Ostern nie ausgelassen, eure ihre Abschlussbälle besucht, zusammen, nicht gemeinsam. Ihr hattet Augen füreinander und es nicht bemerkt, Miriam war zu schüchtern, Florian zu dumm zum Erkennen. Sorry Flo, so war es doch, oder? Erst Jonas und mein Schubs haben euch vereint. Ich spare mir die pikanten Details, sonst werde ich heute nicht fertig und Oma rot. Ein seidener Faden hat gehalten und dafür gesorgt, dass wir hier sitzen und das Hochzeitspaar feiern. Florian hätte es fast vergeigt… Wie konntest du nur an das Allerheiligste gehen, das eine Frau zu bieten hat? Das Tagebuch. Sei froh, dass meine Miri ein großes Herz für Taugenichtse hat und ich auf sie aufpasse. In Zukunft noch mehr, glaube mir. Ich werde bissig, wenn du meiner, Entschuldigung, deiner Miriam nur ein Haar krümmst, das sie nicht gekrümmt haben will. Frage mal Jonas, der singt dir ein Lied davon. Danke, dass ich eure Trauzeugin sein darf. Ich bin die zweitglücklichste Frau dieser Feier. Ich werde die gemeinsamen Spielabende vermissen, in die Pokerrunde lässt mich mein Göttergatte ja nicht mehr, trotzdem ist das der beste Tausch meines Lebens, unser Vergnügen mir dir gegen euer Glück. Du hast einen neuen Lieblingsfilm und die Trauung wird dein persönlicher Blockbuster.«

»Danke, Laura, ohne dich wäre ich ne trockene Schachtel geblieben und hätte drei Katzen daheim. Du hast mich in diesen heißen Feger verwandelt, der in der Lage war, meinen Traumprinzen anzusprechen und zu dem tollsten »Ja« zu überreden. Danke an Jonas, ohne dessen speziellen Wunsch ich einsam geblieben wäre. Danke an eure bedingungslose Offenheit zueinander. Ich hoffe, diesen Gedankenaustausch mit Florian genauso zu erreichen. Danke mein Ehemann, dass du mich geduldig ertragen hast, mir die Chance gegeben hast, dir zu erklären, wie verletzt ich war. Zugegeben, du hattest keine Wahl. Danke Nora, du hast es geschafft, mir zu zeigen, dass mehr als Schwarz und Weiß existiert. Mit dir war es in der Grauzone eine tolle Zeit.«

»Da bin ich rechtzeitig in dein Leben getreten, Schwesterchen. Ihr hättet eine zweite Hochzeit feiern müssen, wenn ich diese verpasst hätte. Du erinnerst dich an den Extrakuss? Den löse ich heute ein und schenke ihn Florian. Los, Flo, ran an die Braut und wehe der wird nicht sensationell.«

Florian steht mit einer auffordernden Geste auf, nimmt mich in die Arme und wir küssen uns unter dem Beifall der Gäste.

»Ich verstehe nicht alle Danksagungen und den Extrakuss, Miri wird mich nachher aufklären. Danke Laura, du hast mir gründlich den Kopf gewaschen und einen zweiten Versuch bei der einzigen Frau in meinem Leben verschafft. Du hast Recht, ich war zu dumm das Juwel in Miriam zu sehen, das ich nur um einen Hauch verspielt hätte. Ich bin bereit sie, ab jetzt und für alle Zeiten glücklich zu machen.«

Flo und ich himmeln einander an. Ich bekomme von den weiteren Reden nicht mal die Hälfte mit und werde mich mit den Videoaufnahmen später auf Stand bringen.

»Du Flo, ich habe tolle Neuigkeiten«, flüstere ich ihm ins Ohr.

»Was hast du mein Schatz? Habe ich dir heute schon gesagt, wie zauberhaft du aussiehst?«

»Nicht so heiß wie du. Nicht ablenken, in sechs Monaten sind wir Eltern.«

»Du bist schwanger?«

Er schaut mich an, als wäre ich ein Alien. Wenn er nicht gleich was sagt, fange ich an zu flennen. Jetzt habe ich alles vermasselt, keine Stunde verheiratet und er wird mich sitzen lassen.

»Seit wann? Echt? Baby, da drin?« Er stupst mir auf den Bauch. »Ich dachte, du kannst keine Kinder bekommen? Bist du sicher? Seit wann weißt du es?« Wieder ein Stupser.

»Ja, seit gestern. Mein Arzt hat es bestätigt, vierzehnte Woche. Du wirst Vater.«

»Ein knappes halbes Jahr, sagst du? Das wird ne enge Kiste. Junge oder Mädchen? Egal, hast du eine Ahnung, was bis dahin alles ansteht? Ein Mädchen nennen wir Phoebe, einen Jungen Ole, einverstanden. Welches Zimmer wird das Kinderzimmer?«

Immer wieder pikst er mir in den Bauch.

»Sachte mein Schatz, sie bekommt sonst Dellen. Phoebe gefällt mir, als zweiten Namen nehmen wir Anna, wie Oma. Mach langsam, planen werden wir ab morgen, heute feiern wir uns. Sagst du es den Gästen?«

»Dafür bin ich zu nervös und zu glücklich. Weißt du, wie oft ich davon geträumt habe, du und ich mit Kind im Urlaub am Strand?«

»Warte, lassen wir Laura unser Glück verkünden.«

»Was tuschelt ihr beiden da so?« Laura hat Gedanken gelesen, just in dem Augenblick setzt sie sich wieder zu uns.

»Teilst du unseren Gästen etwas mit, wir sind zu nervös.«

»Mysteriös. Bist du in anderen Umständen?«

Sie liest mich, wie ein offenes Buch.

»Stimmt.«

»Du bist schwanger?«, ruft sie ungläubig, schlagartig ist Ruhe im Saal, alle Augen richten sich auf mich. Jonas rettet sie Situation und klatscht. Schnell steigen unsere Gäste mit ein.

Kaum ausgesprochen, werden mir, nein uns, Hände gereicht.

»Wann ist es so weit?« und »Junge oder Mädchen?« sind die häufigsten Fragen.

Ein paar Freunde bieten uns die Babysachen ihrer Sprösslinge an. Ein Bach aus Glückstränen ruiniert mir das Make-up, ich war nie so geborgen und glücklich wie hier und heute.

»Da haben wir ja Glück, dass es bei Jonas nicht geklappt hat«, flüstert mir Laura zu.

»Keine Sorge, Jonas’ Schwimmer hätten dafür einen Weg von den Mandeln nach unten finden müssen.«

»Was meinst du damit?«, unterbricht mich Flo.

»Das bedeutet nichts. Wir hatten, – vor Dir – mal einen Dreier. Ich glaube, morgen gebe ich dir die letzten Teile der Tagebücher. Bussi.«

»Hoch mit euch, euer Eröffnungstanz wartet.« Jonas hat das Mikrofon übernommen. »Ich habe einen romantischen Wiener Walzer ausgesucht. Na ja, ich hatte Hilfe von jemandem, der sich auskennt.«

Die anderen Gäste stimmen in den Chor mit ein. »Tanzen, Tanzen, Tanzen« begleitet uns auf die kleine Bühne.

Miris Tagebücher

Ich bin ein Glückskind, Everybodys Darling. Der Job fordert mich, ich gehe gerne arbeiten. Ich bin immer gut drauf, habe ein offenes Ohr für die Probleme der Kollegen und meiner Freunde; selbst mein Chef fragt um Rat, wenn er zu Hause Streit hat. Zuhören und im richtigen Augenblick zustimmend Nicken, das sind meine Superkräfte. Die Dialoge meiner Lieblingsschnulze halten regelmäßig die perfekten Antworten für die Sorgen der anderen bereit. Eine Wohnung mit Stadtblick als Rückzugsort, morgens einen Cappuccino, zweimal die Woche Yoga zum Entspannen und einen Mädelsabend im Monat – ich habe alles zum Glücklichsein. Und Weihnachten bleibt keine Stelle meines kleinen Refugiums verschont: Engel, Schneemänner, Girlanden, Lichterketten, Schwibbogen, am Weihnachtsbaum ist vor Deko kaum Grün zu sehen, es duftet nach Zimt und Orangen. Am liebsten mummle ich mich mit selbstgebackenen Zimtschnecken und Glühwein zu Aschenputtel auf der Couch ein.

Da haben wir mein Problem, ich kuschle mich aufs Sofa, allein mit mir. Jeder hat einen Partner oder Ehegatten, jemanden zum Anschmiegen. Nur ich bin leer ausgegangen. Ich liebe Weihnachten und hasse mich dafür, die schönste Zeit des Jahres einsam zu verbringen. Dabei hat es die Natur gut gemeint. Ich bin nicht zu dürr, habe die perfekte Größe zum Schmusen und eine sexy Stupsnase.

In meiner Nussschale bin ich glücklich, in Gedanken schaffe ich alles. Erfolgreich daten, mit Männern reden, sogar turteln. Versuche ich, einen Mann in freier Flirtbahn anzusprechen, bekomme ich nicht mal ein »Hallo« über die Lippen. Kurz: Ich bin verklemmt, sozial unterentwickelt. Einem Mann in die Augen zu schauen, wenn er mich anspricht, ist eine große Herausforderung.

Die öffentliche Miriam spielt eine offene und selbstbewusste Rolle, die innere kapselt sich ein und träumt ihr Leben. Ich bin ein Pechvogel.

Mädelsabend

Ausgelassen bin ich nur bei meinen Mädels, die Jerusalemrose blüht auf. Heute sind wir nach einem Kabarett in einer Cocktailbar gelandet.

»Mädels, wenn ich allein hier wäre, würde ich den Barkeeper heute Nacht mitnehmen. Habt ihr gesehen, der trägt keinen Ring.« Laura und ich schauen ungläubig auf Sarah.

Ich versuche es mit einer Antwort. »Nicht dein Ernst.« Sarah ist das genaue Gegenteil von mir. Neidisch schaue ich zu, wie sie mit ihm flirtet.

»Nicht eifersüchtig werden Miri, es ist sein Beruf und das Trinkgeld lässt ihn nett zu den Gästen sein«, holt mich Laura aus den Gedanken, »nehmen wir Sarah nicht diese Illusion.«

»Warum traue ich mich nicht, ihn anzusprechen? Das Leben ist unfair. Sarah schleppt ständig wen ab und ich bekomme nicht mal die Reste vom Buffet.«

»Wirst du, der Richtige wartet schon auf dich.«

Ich schaue den nächsten Sunrise Sarah beim Baggern zu und begreife nicht, wie sie das macht, die passenden Antworten zu finden. Als der Bartender ihr eine Serviette zusteckt, werde ich melancholisch und zum Spielverderber.

»Ich will nach Hause!« Das bockige Kleinkind spricht aus mir.

»Och Miri, was ist los?«, fragt Sarah.

»Ich habe ihn zuerst gesehen und du bekommst ihn.«

»Glaubst du… Schau mal, was er mir aufgeschrieben hat.«

Sarah zeigt mir die Serviette. »Sorry, du bist nicht auf meiner Uferseite.«

»Schwul? Wo er doch so süß ist.«

»Keine Klischees bedienen, Miri«, wendet Laura ein.

»Ich will nach Hause.«

»Ist ja schon Mitternacht durch, ziehen wir zu Miri um und feiern dort zu Ende«, antwortet Sarah.

Eine lustige Ewigkeit später landen wir bei mir und quetschen uns zu dritt auf die Couch.

Sarah schäkert mit mir, Laura erholt ihre Augen.

»Bei dir ist es immer so gemütlich, Miri.«

»Das ist der Vorteil, wenn man Single ist. Keine rumliegenden Socken und die Klobrille ist unten.«

»Stimmt, bei mir ist es ordentlicher, seit ich meinen Freund vor die Tür gesetzt habe.«

»Besser als bei mir, Sarah. Bei dir hat sich wenigstens ein Mann getraut. Das Glück hatte ich nicht. Seit ich hier wohne, hatte ich hier keinen Mann im Bett.«

»Du bist vor drei Jahren hier eingezogen, du machst was falsch.«

»Gar nicht. Der Mann, der bei mir übernachtet, wird mein Traumprinz sein.«

»Der schnell zum Albtraum wird, wenn du erfährst, dass er eine Kollegin flachlegt.«

»Das würde mein Prinz nie, der hat nur Augen für mich.«

»Ach was, vergiss die Augen, solange die restlichen Körperteile nur an dir Interesse haben, reicht es. Sex sells, Kindchen.«

»Du denkst immer nur an das Eine.«

»Nur heute, da mir das Schnuckelchen an der Bar durch die Finger geglitten ist. Ein Flirt wird um vieles leichter, wenn du an Sex denkst.«

Das Thema ist mir peinlich und so versuche ich, den Gesprächsfaden umzulenken, wende mich an Laura.

»Laura, wie hältst du das mit Jonas aus? Du hast ihn sogar geheiratet? Wichtiger: Wo findet man solche Männer?«

»Das ist das Geheimnis verheirateter Frauen und darf mit einem Single nicht geteilt werden. Sorry, Mädels.« Sie macht eine Reißverschlussgeste über ihre Lippen.

»Ich hol uns meine letzte Flasche Pinot Noir und dann quetschen wir Laura aus.«

Sie wiederholt die Geste mit einem verschmitzten Lächeln.

Zurück mit dem Wein quengel ich »Menno, Miri will einen Ehemann.«

»Miri, kauf dir mehr Batterien, die sind pflegeleichter.«

»Hey, woher weißt… äh… ich meine… päh.«

»Erwischt! Hast du deinem einen Namen gegeben?«

»Leon…«, ich stocke und meine Ohren werden warm, »ich habe keinen Freudenspender.« Zweimal ins selbe Fettnäpfchen, der Alkohol wirkt mehr als gewollt.

Sarah schenkt uns ein »Prost, Ladys, auf die Erfindung des Silikons.«

Die Flasche überlebt nicht lange und Sarah nickt immer wieder weg.

»Ab in die Heia, mit dir ist heute nichts mehr anzufangen«, sage ich.

»Was anfangen? Mache ich…«, sagt sie und schläft ein.

»Ruf ihr ein Taxi, Miri, ich kümmere mich um sie. Mit dem Bus kommt sie heute nicht zu Hause an.«

Zwanzig Minuten später bin ich mit Laura alleine.

»Dieser Abend gefällt mir, so feiern wir das ab jetzt öfters. Was gibt deine Bar her? Zaubere mir einen Cocktail, am liebsten einen Swimmingpool, und dann schocke ich dich mit dem neusten Wunsch von Jonas.«

»Es sind Glühwein vom letzten Weihnachtsmarkt und eine Flasche meines Lieblingssektes da.«

»Anfang September Glühwein? Ne, hole den Sekt. Weißt du, ohne dich wären unsere Abende öde, du bist lustig, hab dich lieb.«

Wir sind überangeheitert, lümmeln auf der Couch und kuscheln. Ich lehne mich an Laura und entdecke, wie weich sie ist. »Gibt es das Wort ›überangeheitert‹«, grübel ich vor mich hin.

»Einen Schluck Sekt, dann heißt es ab nach Hause mit dir, ins Bettchen.«

»Nö. Laura will nicht. Bei dir ist es schöner«, antwortet sie.

»Warte mal, du hast von Jonas gesprochen? Was hat er angestellt?«

»Das glaubst du mir nie und es dir zu erzählen, traue ich mich erst recht nicht.«

»Du bist fies, wir sagen uns sonst alles. Überlege dir einen Anfang, bin gleich wieder da.«

Um ihr etwas Zeit zu geben, verschwinde ich im Bad. Laura und Jonas sind füreinander geschaffen. Sie hat mir oft deren Spiele geschildert, jedes Mal habe ich gespannt mit Gänsehaut an ihren Lippen gehangen, es fühlte sich an, als wäre ich dabei gewesen.

»Bin da, hast du mich vermisst?«

»Habe ich und wie, komm her«, sie klopft auf den Platz neben sich. »Sage mal, du hattest keinen Mann hier, in echt? Ich meine für Sex?«

Ich blaffe sie an. »Ja, null Sex für Miri. Nur einen One-Night-Stand, ich war bei ihm und wie ich es geschafft habe, mit ihm zu reden, weiß ich bis heute nicht. Zufrieden?«

»Nicht sauer sein, Liebes. Das wird schon.«

Ich werfe mich in ihre Arme und schluchze. »Wird es nicht, ich sterbe einsam.«

Laura hält mich wortlos und lässt mich weinen.

Ich weine und sie nippt an der Sektflasche. Wir beide geben ein Bild ab, die verklemmte Kleine, die sich nicht traut einen Mann anzusprechen und Laura, die tröstet und versucht, sich Mut anzutrinken. So kenne ich sie gar nicht, sonst hält sie mich über ihren Gatten auf dem Laufenden.

»Nicht ablenken, was ist mit Jonas?«

»Das kann ich dir nicht erzählen, das glaubst du mir nie. Sei am Samstag bei uns und du erlebst es.«

»Hat er bisher nichts angestellt und du willst ihn erst bei erwischen?«

»Erwischen ist das richtige Wort dafür. Ich kenne ihn, er wird nichts gegen eine Zuschauerin haben. Nur wir werden es ihm nicht mitteilen.«

Die Flasche wechselt zwischen uns beiden hin und her, ich bettele, Laura druckst rum. Am Ende der Flasche ist sie eingeschlafen. Ich löse mich vorsichtig aus ihren Armen und wickle eine Kuscheldecke um sie.

»Träume schön, kleiner Schluckspecht. Beim nächsten Mädelsabend passe ich besser auf dich auf, weniger Cocktails für meine Maus.«

Eine Viertelstunde später liege ich im Bett, der Sandmann hat mich vergessen und denke zurück. Laura und ich sind seit der Ausbildung unzertrennlich. Ihre Hochzeit mit Jonas war romantisch und ich Trauzeugin. Sie wird meine, wenn ein Prinz den Schlüssel zu meinem Herzen entdeckt. Bisher habe ich nicht mal einen verwunschenen Frosch zum Küssen gefunden. Der persönliche Held meiner Vorstellung ist stattlich, galant und edel, hat nur Augen für mich und ist – am wichtigsten – kuschelig. So einen Mann wünsche ich mir. Beim Schwärmen über bessere Zeiten hat der Schlaf mich doch erwischt.

Der Wecker ist gnadenlos pünktlich, immer randaliert er, wenn es im Traum am schönsten ist. In zwei Sekunden hätte mein Prinz »Ja, ich will« gesagt.

»Mach das blöde Teil aus, Jonas« ruft es von nebenan, »ich muss heute nicht arbeiten.«

Laura habe ich glatt vergessen. Im Halbschlaf vermutet sie sich im eigenen Bett. Ich kuschel mich wieder ein und denke an meinen Traum zurück, wenigsten da habe ich einen Mann fürs Leben gefunden.

Nach zehn Minuten ist dieser Wecker schon wieder am Bimmeln.

»Jonas, mach den Wecker aus, sonst setzt es was!« Sie ist immer noch nicht wach.

Es heißt aufstehen und den Schwung suchen. Kaffee und eine Dusche werden es hoffentlich richten, mich für den letzten Arbeitstag der Woche zu motivieren. Zuerst ich schaue nach meiner Freundin und werde sie umbetten, damit sie ausschläft, Jonas schicke ich eine Nachricht, dass Laura sich bei mir erholt.

»Hoch mit dir und rüber ins Schlafzimmer, mein Bettchen ist bequemer«, begrüße ich sie.

»Auja, schlepp mich ab.«

»Umbetten, Liebes, nur umbetten. Ich gehe zur Arbeit.«

»Kuschelst du mich ein und gibst mir einen Abschiedskuss?«

»Sicher doch und jetzt hoch.« Ich schiebe sie, sie sieht genauso müde aus, wie ich mich fühle. Kaum ist sie im Bett, döst sie friedlich weg.

Unter der Dusche überlege ich mir, was sie sich gestern Abend nicht getraut hat rauszurücken. Der anschließende Morgenkaffee bringt keine Erleuchtung, es hat sicher mit ihren Spielchen zu tun.

Dann eben erst mal zur Arbeit. Ich frage sie später per Chat, an was sie sich erinnert.

Geheimnisse

Der Tag zieht sich wie Gummi, ich grüble, was Laura mir zeigen wird. Am besten frage ich sie, an Arbeit ist eh nicht zu denken.

»Na schon aufgestanden?« Übertragen, aber nicht gelesen.

Nach fünf Minuten lege ich das Handy zur Seite und starte einen neuen Konzentrationsanlauf. Erfolgreich! Ich bekomme Lauras Antworten nicht mit, erst zur Kaffeepause checke ich meine Nachrichten, da sind etliche.

»Bin wach, warum bin ich in deinem Bett und nicht auf der Couch?«

»Hast du was dagegen, wenn ich liegen bleibe? Es ist kuschelig hier.«

»Viel zu tun?«

»Es gibt Neuigkeiten – über Jonas.«

Rückt sie nicht bald mit dem Geheimnis raus, platze ich vor Neugier.

»Du bleibst bis zum Feierabend. Nach Hause zu kommen, ist schöner, wenn jemand auf mich wartet.«

»Gebongt, war duschen. Ich ziehe mir was Frisches von dir an.«

»Bediene dich, Freizeitklamotten im linken Schrank. Das meiste passt dir eh nicht, in dem Schubfach sind ein paar lange T-Shirts.«

»Schon gefunden, bin mit Einhornshirt auf der Couch.«

»Erzählst du mir jetzt das von Jonas?«

»Er hat mir einen neuen Wunsch anvertraut.«

»Jaja, hast du gestern erwähnt. Welchen? Ich gehe vor Ungewissheit ein wie ne Primel.«

»Habe ich in echt?«

»Du hast versprochen, es mir morgen zu zeigen.«

»Stimmt, habe mich nicht getraut zu erzählen. Trau mich weiterhin nicht.«

»Das ist fies, wie soll ich mich hier konzentrieren.«

»Geduld, wir werden morgen eine Grenze überschreiten. Mehr schreibe ich nicht.«

Tolle Rumba, jetzt bin ich doppelt hibbelig. Wir chatten etwas weiter und ich versuche, die restlichen Stunden meine Produktivität zu steigern. Das ist nicht leicht, die Gedanken springen zwischen dem Traumprinzen von heute Nacht und den Vermutungen zu Jonas’ Geheimnis hin und her. Ich brauche einen Kaffee. Seit sie den schnuckeligen Mann aus dem Einkauf im Büro gegenüber einquartiert haben, fällt es mir schwer, mein Genussmittel zu holen. Ein paar Mal ist er mir begegnet und hat sogar gegrüßt, die maximale Herausforderung. Krampfhaft den Boden anstarrend bin ich in mein Büro geschlüpft. Der hält mich jetzt für taubstumm oder Schlimmeres. Ich bräuchte Sarah als Souffleuse, Knopf im Ohr und womöglich käme mir dann ein freundliches »Hallo« über die Lippen. Zum Feierabend werde ich rechtzeitig fertig, ich habe den Klönschnack mit den Kolleginnen in der Kaffeeküche ausgelassen.

Zu Hause begrüßt mich Laura mit einer Umarmung. Daran kann man sich gewöhnen, obwohl mir ein Mann lieber wäre. Den Rest des Abends habe ich versucht, weitere Informationen aus ihr herauszuquetschen. Sie hat mir nur geschildert, wie sie mich zuschauen lassen wird, ohne dass ihr Mann es merkt. Geschickt hat sie alle Klippen umfahren, ich weiß immer noch nicht, was mich erwartet.

Am liebsten hätte ich sie bei mir behalten, leider hat Jonas sich gemeldet und gefragt, wann mit seiner Frau zu rechnen ist. So sitze ich alleine vor der Flimmerkiste und frage mich, warum am Freitag immer nur Unsinn kommt. Dann streame ich meine Lieblingsschnulze und spreche mit.

Kurzfassung: Einsame Singlelady trifft Geschäftsmann, der ein Abenteuer sucht, verliebt sich, widrige Umstände verhindern gemeinsame Liebe, zum Schluss finden sie doch zueinander.

Das Ende lässt mich immer von meinen Mann träumen und hoffen, dass ich diesen am nächsten Tag treffen werde. Ich bin vor dem Happyend auf der Couch eingeschlummert, der Film hat geholfen, im Traum werde ich von einem Edelmann erobert. Wie immer wache ich auf, bevor er mir die Frage stellt, die eine, die nur mit »Ja« zu beantworten ist.

Die Sonne weckt mich, ein langes Wochenende ist was Feines. Aufstehen, Schrippe mit Gelee und ein Cappuccino, der Tag gehört eindeutig mir. Eine weitere Tasse später habe ich Energie, um Bäume zu entwurzeln. Den Tatendrang lasse ich am Kleiderschrank aus, mal sehen, welches Outfit zu der Abendvorstellung passt.

Knapp? Klar. Nicht zu kurz, angedeutet reicht. Der Rock aus Tüll gefällt mir, verdeckt kaum die Knie, dazu eine leichte Bluse mit Spitzen. Frech mit einem Hauch sexy, heute Abend traue ich mich, ein wenig Haut zu zeigen, und zwinge mich, den BH im Schrank zu lassen.

Erste Spiele

Was so ein Outfit ausmacht – ich fühle mich wie ausgewechselt. Warum habe ich nie den Mut, so auszugehen? Immer überlege ich es mir im letzten Augenblick anders und werde zur Couch-Potato. Heute nicht, ich sitze im Auto vor Lauras Haus und starre das einzig beleuchtete Fenster an. Kein Zurück mehr. Ich habe ihr getextet, dass ich warte, bin stolz auf meine Courage und fühle mich wie beim ersten Date: ein Kribbeln in der Magengegend, die Kehle zugeschnürt und der Puls auf mindestens auf hundertachtzig.

Das Handy piept – »Rein mit dir, Jonas liegt bereit«.

Ich laufe durch den Garten, Laura öffnet mir.

»Hallo, meine Kleine, du siehst umwerfend aus. Es freut mich, dass ich deine Nussschale knacken konnte.«

Ich werde rot, wieder das Pochen in den Ohren. »Danke. Extra für dich. Ist das ein Minirock, den du da anhast oder ein zu breiter Gürtel? Das würde ich mich nie trauen.«

Laura reicht mir ein Glas Sekt und fragt mit einem Lächeln: »Bist du dir sicher?«

Okay, jetzt bin ich dunkelrot.

»Jonas ist vorbereitet.« Wie bei einem kleinen Kind nimmt Laura meine Hand und führt mich in einen Raum, den ich bisher nie in ihrem Haus bemerkt habe.

Mein Blick streift umher. Es ist dunkel, nur wenige Kerzen erhellen die Szene. Als Erstes zieht mich eine Peitschenwand in ihren Bann. Ich hatte keine Ahnung, was es alles gibt. Ein paar Instrumente kenne ich aus Filmen, nicht einer handelte von Sex. Verschiedene Reitgerten, Stöcke, Lederriemen hängen da und warten. Ob sie davon welche benutzten wird? Die Dinger aus Holz sehen gefährlich aus, das sind Überbleibsel der Inquisition. Ich entdecke eine Vitrine, in der eine beachtliche Sammlung an Dildos ausgestellt ist. Eine beeindruckende Auswahl, von klein und dick, über Normalos bis zu ein paar aus der Monsterecke. Ich glaube, selbst in einer Stunde des Umherschleichens hätte ich nicht alles entdeckt. Ein Thron, nein der Thron überragt diesem Raum. Er schreit förmlich nach einer Göttin, die auf ihm Platz nimmt.

Laura holt mich aus dem Staunen in die Realität zurück. »Gefällt dir, was du siehst?«

»Wow, das Zimmer habt ihr vor mir verheimlicht. Ich bin beeindruckt.«

»Wir haben uns nie getraut, jemanden so nah rankommen zu lassen.«

»Ich entjungfere euch hier?« Nur mühsam schaffen wir es, unser Lachen zu beenden.

Es vergeht einige Zeit, bis ich mich traue, den uns hilflos ausgelieferten Jonas zu betrachten. Er liegt auf einem Andreaskreuz, Lederriemen halten seinen Körper bereit, die Beine weit geöffnet und die Hoden sind stramm gebunden. Eine Maske und ein Kopfhörer rauben ihm die Chance, uns wahrzunehmen.

Wir waren oft zu dritt in der Sauna, jetzt ist seine Nacktheit erstmals erotisch. Laura legt ihm einen Knebel an, er versucht, sich zusammenzuziehen.

»Widerworte gelten heute nicht. Ist er nicht süß, er überlegt es sich im letzten Augenblick anders? Er will es und wieder nicht. Warte ab, Miri. Es erregt mich, wenn er sich bedingungslos hingibt, hoffentlich springt ein kleiner Funken auf dich über.«

Ich höre ihr am Rande zu, bin nur auf Jonas fixiert. Da liegt ein nackter Mann und ich brauche kein Wort mit ihm zu wechseln. Ohne verklemmtes Gestammel, nur simples Vergnügen.

Vor Staunen bekomme ich nicht mit, wie Laura mich in den Arm nimmt. »Genieße die Show, Süße. Bitte greife nicht ein, es wird heftig. Es sieht nicht so aus, er liegt da freiwillig, es war seine Idee.«

Irgendetwas Neues in mir lässt mich mit einem Kuss antworten. Sie öffnet ihren Mund, mein erster Zungenkuss mit einer Frau. Das macht sie besser als Männer, sie fordert nicht, sie bietet an.

»Du küsst gut, später mehr, jetzt ist Jonas unser Mittelpunkt.«

Widerwillig lasse ich sie sich von mir lösen, sie hat recht.

»Komm, der Thron ist für dich reserviert«, sie geleitet mich wie eine Prinzessin.

Von hier aus überblicke ich alles. Jonas liegt vor mir. Warum habe ich keinen Mann zum Kuscheln, Spielen und Kennenlernen, ohne die Versuche, mit ihm zu reden? Ich bemerke eine Änderung, mir wird warm und ich gestehe mir ein, ich werde geil. Lauras Kuss, Jonas’ Hilflosigkeit und der freie Blick auf seine Männlichkeit verwandeln das Mauerblümchen, es blüht auf, ohne alltägliche Scheu. Alles ist neu, anders und besser. Die Vorstellung hat nicht begonnen und nimmt mich schon in Beschlag. Ich höre meinen Herzschlag, weiß nicht, wie ich sitzen soll. Ziehe ich mich auf die Empore zurück oder rücke vor in die erste Reihe? Traue ich mir zu, mich zu öffnen? Mein mickriges Sexleben spielte sich im Dunkeln ab, jetzt liegt ein Männerkörper griffbereit vor mir. Ich lasse seinen Körper wirken und brauche mit ihm nicht zu sprechen, klasse.

Laura holt mich mit einem Räuspern in die Realität zurück. Sie steht bei den Peitschen, nimmt sich ein Holzpaddel, ähnlich einem Kochlöffel und schlägt zur Probe in ihre Handfläche. Die Holzschläger sind heute nicht nur Deko, armer Jonas.

»Leuchten wir unser Spielzeug etwas aus, oder?« Ein paar klitzekleine Leuchtpunkte hüllen ihn in eine Lichtwolke und zeigen ihn in ganzer Pracht.