Parker demontiert den Modezar - Günter Dönges - E-Book

Parker demontiert den Modezar E-Book

Günter Dönges

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Beschreibung

Exzellent – das ist er im wahrsten Sinne des Wortes: einzigartig, schlagfertig und natürlich auch unangenehm schlagfähig. Wer ihn unterschätzt, hat schon verloren. Sein Regenschirm ist nicht nur sein Markenzeichen, sondern auch die beste Waffe der Welt. Seinem Charisma, Witz und Charme kann keiner widerstehen. Der exzellente Butler Parker ist seinen Gegnern, den übelsten Ganoven, auch geistig meilenweit überlegen. In seiner auffallend unscheinbaren Tarnung löst er jeden Fall. Bravourös, brillant, effektiv – spannendere und zugleich humorvollere Krimis gibt es nicht! »Und jetzt zeigen wir Ihnen die Top-Kreation unseres verehrten Meisters Pierre Lebrun«, kündigte der Conférencier, ein schlanker Mittdreißiger mit messerscharfem Menjou-Bärtchen, an und breitete dazu theatralisch die Arme aus. »Voilà, hier sehen Sie das Modell ›Minouche‹, einen Traum aus Samt und Seide, der auch Sie begeistern wird.« Auf dem Laufsteg erschien ein hochgewachsenes, blondes Modell, das sich immer wieder drehte, um ein in aufdringlichem Rot gehaltenes und mit weit schwingendem Glockenrock im Stil der fünfziger Jahre ausgestattetes Kleid mit engem Oberteil und tiefem Rückenausschnitt zu präsentieren. »So was habe ich als junges Mädchen schon getragen, Mister Parker«, teilte Agatha Simpson Ihrem hinter ihr stehenden Butler mit und schüttelte mißbilligend den Kopf. Sie war der Ansicht, ihren Kommentar geflüstert zu haben und wunderte sich ein wenig, als sie die indignierten Blicke der übrigen Besucherinnen trafen, die ihre Meinung zum Höhepunkt des Abends mitbekommen hatten. Myladys baritonal gefärbte Stimme trug bis in den letzten Winkel. Plötzlich machte eine der anwesenden Ladys auf sich aufmerksam. Sie sprang keuchend auf den Laufsteg, griff wütend nach dem Modell »Minouche« und riß es in kleine Fetzen. Das Mannequin versuchte verzweifelt, sich der flinken Hände der aufgebrachten Frau zu erwehren und die allmählich entstehenden Blößen zu bedecken ... »Ich will doch hoffen, daß Sie nicht genauer hinsehen, Mister Parker«, bemerkte Lady Agatha, die aufstand und an den Ort des Geschehens trat, damit ihr nichts entging. »Die Kleine ist zwar etwas mager, aber der Anblick könnte trotzdem zuviel für Sie sein.« »Meine bescheidene Wenigkeit wird die Augen schamerfüllt abwenden«, versprach der Butler, der das seltsame Geschehen äußerlich ungerührt, aber dennoch sehr aufmerksam verfolgte. Die Überschlanke trug jetzt nur noch die Andeutung von hauchdünner Unterwäsche sowie einige ihr verbliebene Fragmente des ehemaligen Modellkleides, drehte sich schreiend um und flüchtete in die Kulissen. Die angreifende Frau setzte ihr umgehend nach und stieß schrille Schreie aus, die den übrigen Besucherinnen durch Mark und Bein gingen. Schließlich waren beide Damen hinter dem Vorhang verschwunden.

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Leseprobe: Butler Parker Gold Edition

5 unveröffentlichte Titel:

Parker legt die "Römer" rein

Parker handelt mit Zitronen

Parker holt die Reiter aus dem Sattel

Parker lässt die "Blitzer" stolpern

Parker löscht den heißen Abriss

Der exzellente Butler Parker – 24 –

Parker demontiert den Modezar

Günter Dönges

»Und jetzt zeigen wir Ihnen die Top-Kreation unseres verehrten Meisters Pierre Lebrun«, kündigte der Conférencier, ein schlanker Mittdreißiger mit messerscharfem Menjou-Bärtchen, an und breitete dazu theatralisch die Arme aus. »Voilà, hier sehen Sie das Modell ›Minouche‹, einen Traum aus Samt und Seide, der auch Sie begeistern wird.«

Auf dem Laufsteg erschien ein hochgewachsenes, blondes Modell, das sich immer wieder drehte, um ein in aufdringlichem Rot gehaltenes und mit weit schwingendem Glockenrock im Stil der fünfziger Jahre ausgestattetes Kleid mit engem Oberteil und tiefem Rückenausschnitt zu präsentieren.

»So was habe ich als junges Mädchen schon getragen, Mister Parker«, teilte Agatha Simpson Ihrem hinter ihr stehenden Butler mit und schüttelte mißbilligend den Kopf. Sie war der Ansicht, ihren Kommentar geflüstert zu haben und wunderte sich ein wenig, als sie die indignierten Blicke der übrigen Besucherinnen trafen, die ihre Meinung zum Höhepunkt des Abends mitbekommen hatten. Myladys baritonal gefärbte Stimme trug bis in den letzten Winkel.

Plötzlich machte eine der anwesenden Ladys auf sich aufmerksam. Sie sprang keuchend auf den Laufsteg, griff wütend nach dem Modell »Minouche« und riß es in kleine Fetzen. Das Mannequin versuchte verzweifelt, sich der flinken Hände der aufgebrachten Frau zu erwehren und die allmählich entstehenden Blößen zu bedecken ...

»Ich will doch hoffen, daß Sie nicht genauer hinsehen, Mister Parker«, bemerkte Lady Agatha, die aufstand und an den Ort des Geschehens trat, damit ihr nichts entging. »Die Kleine ist zwar etwas mager, aber der Anblick könnte trotzdem zuviel für Sie sein.«

»Meine bescheidene Wenigkeit wird die Augen schamerfüllt abwenden«, versprach der Butler, der das seltsame Geschehen äußerlich ungerührt, aber dennoch sehr aufmerksam verfolgte.

Die Überschlanke trug jetzt nur noch die Andeutung von hauchdünner Unterwäsche sowie einige ihr verbliebene Fragmente des ehemaligen Modellkleides, drehte sich schreiend um und flüchtete in die Kulissen. Die angreifende Frau setzte ihr umgehend nach und stieß schrille Schreie aus, die den übrigen Besucherinnen durch Mark und Bein gingen.

Schließlich waren beide Damen hinter dem Vorhang verschwunden. Eine fast andächtige Stille senkte sich über den Raum. Der Conférencier erschien wieder auf der Bühne und wischte sich mit zitternden Händen über die schweißnasse Stirn. Er bat um eine kleine Unterbrechung, in der das Publikum sich dem Büffet widmen möge, wie er mit fast stotternder Stimme empfahl.

*

»Ich wittere einen interessanten neuen Fall, Mister Parker«, freute sich Lady Agatha. »Mein Instinkt hat mich wieder mal nicht im Stich gelassen, ich wußte, warum ich hierher wollte.«

Die Detektivin stürmte förmlich durch die erregt debattierenden Besucher und genierte sich nicht, herzhafte Rippenstöße auszuteilen.

Sie erreichte über eine schmale Treppe die Bühne und eilte zielstrebig in die dahinterliegenden Räume, aus denen lautstarkes Geschrei ertönte. Mylady pflügte durch einen engen Umkleideraum, in dem sich leicht bekleidete Mannequins drängten und Berge von Kleidern türmten, und steuerte eine als Büro gekennzeichnete Tür an, hinter der die Auseinandersetzung offensichtlich stattfand.

»Mister Parker, lassen Sie sich nicht ablenken«, rief sie, während die Mannequins auseinanderspritzten und der Lady eilig Platz machten.

»Was geht hier vor?« begehrte sie zu wissen und sah sich animiert in dem kleinen Büro um. Parker schloß diskret die Tür und nahm schweigend hinter seiner Herrin Aufstellung.

»Zum Teufel! Wer sind Sie denn?« Ein grauhaariger, hochgewachsener Mann in einem erstklassig sitzenden Smoking drehte sich überrascht um und musterte Agatha Simpson stirnrunzelnd.

»Machen Sie, daß Sie hier rauskommen, Sie haben hier nichts zu suchen!« knurrte die energische, nicht mehr ganz taufrische Dame, die vor wenigen Augenblicken auf der Bühne für Unruhe gesorgt hatte. Sie hob die Hände und spreizte die Finger, als wollte sie mit ihren blutrot gefärbten Fingernägeln auf Lady Agatha losgehen.

»Mäßigen Sie sich, meine Liebe, sonst muß ich Ihnen Manieren beibringen«, empfahl Agatha Simpson lächelnd und blickte die aufgebrachte Frau nahezu wohlwollend an.

»Sie hören wohl schlecht, Sie komische Alte! Raus, habe ich gesagt!«

Die Temperamentvolle mit den langen Fingernägeln war so unvorsichtig, einige Schritte auf die Detektivin zuzugehen und mit den Fingern nach ihr zu schlagen. Lady Agatha nahm diesen Angriff erfreut zur Kenntnis, wich etwas zurück und klopfte mit einem Fächer, den sie ihrem Handbeutel entnommen hatte, auf die vorgestreckten Fingerspitzen.

Dieser an sich recht oberflächliche Kontakt hatte Folgen. Die reizbare Frau mit dem ungezügelten Temperament stöhnte plötzlich verhalten, schwenkte ihre Finger durch die Luft und wurde unter ihrer verschwenderisch aufgetragenen Schminke blaß. Sie wich umgehend zurück, stolperte über einen Sessel, der ihr im Weg stand, und wäre gefallen, wenn sie nicht der Smokingträger im letzten Augenblick aufgefangen und wieder auf die Füße gestellt hätte.

Sie war jetzt nicht mehr streitlustig, massierte ihre Finger und musterte die Detektivin mit scheuen Blicken.

»Sie haben mich verstümmelt, ich bin für den Rest meines Lebens gezeichnet.«

»Übertreiben Sie nicht so schamlos, junge Frau«, grollte die ältere Dame und sah ihre Gegnerin kopfschüttelnd an. »So ein Klaps ist kaum der Rede wert. Haben Sie sich nicht so!«

Lady Simpson öffnete ihren Handbeutel und ließ den Fächer – eine Spezialanfertigung Parkers – wieder verschwinden. Der Butler hatte den zierlichen Fächer mit einigen von außen nicht zu sehenden Bleistreifen verstärkt und ihn zu einer durchaus ernst zu nehmenden Abwehrwaffe gemacht.

»Ich möchte endlich wissen, was hier vorgeht«, grollte Lady Agatha und näherte sich dem Smokingträger, der vorsichtshalber zurückwich und sich hinter einem Schreibtisch in Sicherheit brachte.

»Wer... wer sind Sie überhaupt, ich kenne Sie nicht!« stellte er fest und versuchte, einen energischen Eindruck zu machen.

»Sie lernen mich gleich kennen, wenn Sie mir nicht antworten«, versprach die energische Lady und schwang ihren Pompadour mit dem darin befindlichen sogenannten Glücksbringer, einem Hufeisen, das mal einem stämmigen Brauereipferd gute Dienste geleistet hatte.

Der Handbeutel entglitt versehentlich ihren Händen und landete auf dem zierlichen Schreibtisch. Holzsplitter sirrten durch die Luft und bohrten sich in Möbelstücke und Wand. Einer davon nahm sogar Kontakt zur Hemdbrust des Smokingträgers auf und setzte sich dort fest. Rings um die Einschlagstelle zeigten sich tiefe Risse, die spinnwebartig nach allen Seiten strebten und die auf Hochglanz polierte Schreibtischplatte verunzierten.

Lady Agatha zog ihren Handbeutel zurück und verursachte dabei ein weiteres Malheur. Eine Vase mit einem bunten Strauß stand dem Pompadour im Weg und wurde zur Seite gefegt. Der Blumengruß löste sich und fiel dem wie versteinert stehenden Smokingträger vor die Füße. Das in der Vase befindliche Wasser ergoß sich über seine Hose, was ihm offensichtlich nicht gefiel. Der Mann schrie auf und sprang entsetzt zurück, bis er mit dem Rücken an die Wand stieß und dabei ein Bild zum Absturz brachte.

»Wie kann man nur so ungeschickt sein«, tadelte Lady Agatha und schüttelte den Kopf.

*

»Und wer war nun diese temperamentvolle Dame?« fragte Mike Rander zwei Stunden später. Der Anwalt und Vermögensverwalter Lady Agathas war mit Kathy Porter auf einen Sprung aus der nahen Kanzlei in der Curzon Street herübergekommen und lauschte gespannt dem farbigen Bericht der Hausherrin.

»Eine Boutiquen-Besitzerin, irgendwo aus Schottland«, erklärte die Lady nachdenklich. »Mister Parker wird Ihnen das Nähere dazu sagen.«

»Es handelte sich in der Tat um eine Dame aus Glasgow, die in mehreren schottischen Städten eine Reihe von Boutiquen unterhält«, erläuterte der Butler würdevoll. »Besagte Unternehmerin kam eigens hierher nach London, um sich die neuesten Kreationen anzusehen und sich abzeichnenden Trends nachzuspüren, Sir. Sie fühlte sich dann allerdings ein wenig getäuscht und reagierte darauf außerordentlich temperamentvoll.«

»In welcher Hinsicht fühlte sie sich getäuscht, Mister Parker?« wollte Kathy Porter wissen und sah ihn neugierig an.

Die etwa dreißigjährige junge Dame war groß, schlank und sah gut aus. Sie betätigte sich als Gesellschafterin und Sekretärin der Lady und sollte, wenn es nach deren Wünschen und Vorstellungen ging, eines nicht mehr allzufernen Tages Mike Rander heiraten. Jedenfalls unternahm Mylady alles, um sich diesen Herzenswunsch zu erfüllen.

»Sie hatte eines der Modelle bereits Wochen vorher auf dem Kontinent gesehen und gekauft und ärgerte sich nun darüber, daß es ihr auf dieser Modenschau als das Neueste vom Neuen vorgestellt wurde«, antwortete Agatha Simpson an Parkers Stelle und lächelte versonnen in der Erinnerung an die Szene, die die Vorführung jenes Modells ausgelöst hatte.

»Daraufhin dürfte die Dame etwas die Contenance verloren haben und stürmte den Laufsteg, um das besagte Modell in seine Bestandteile zu zerlegen«, berichtete Parker weiter.

»Was sie anscheinend sehr gründlich tat, nicht wahr, Mylady?« vergewisserte sich Kathy Porter bei der Hausherrin.

»Worauf Sie sich verlassen können, Kindchen.« Agatha Simpson lehnte sich in ihrem Lieblingssofa zurück und schloß die Augen, um das Geschehen in der Erinnerung noch mal Revue passieren zu lassen.

»Ich mußte dann allerdings auf Mister Parker aufpassen, damit er nicht sittlich gefährdet wurde«, fuhr sie fort. »Das Mannequin wurde von der aufgebrachten Boutiquen-Dame bis auf die spärliche Unterwäsche entblößt, und ich ertappte Mister Parker dabei, wie er sich einen verstohlenen Blick leistete.«

»Das darf doch wohl nicht wahr sein, Parker!« rief Mike Rander scheinbar entsetzt aus und sah Kathy Porter grinsend an. Im nächsten Augenblick drehten sich beide schnell um, um ihr aufsteigendes Lachen unter Kontrolle zu bringen.

»Und wie ging es dann weiter?« wollte Mike Rander schließlich wissen, nachdem er den Heiterkeitsausbruch erfolgreich bekämpft hatte.

»Die Unbeherrschte raste in das Büro des Modechefs und las ihm ordentlich die Leviten«, wiederholte Lady Agatha bereitwillig diesen Teil ihres Berichts. »Dabei ging es recht turbulent zu.«

»Als Sie dazukamen, Mylady?« fragte Kathy Porter und erntete dafür einen strengen Blick der Hausherrin.

»Auch vorher schon, Kindchen«, bemerkte sie spitz. »Hinterher allerdings erst recht! Stellen Sie sich vor, diese Furie ging doch auf mich los und wollte mir das Gesicht zerkratzen!«

Lady Agatha war auch in der Erinnerung noch aufrichtig empört und sah sich mit funkelnden Augen um. Josuah Parker, der deutlich sah, wie der Kreislauf seiner Herrin zu streiken drohte, griff schnell ein und reichte ihr ein Glas mit altem französischen Cognac, der von der Detektivin freudig aufgenommen wurde.

»Aber zum Glück konnten Sie diesen Angriff noch rechtzeitig abwehren«, stellte Mike Rander belustigt fest.

»Ich habe dem üblen Subjekt mit meinem Fächer die Krallen gestutzt«, stellte Lady Agatha zufrieden fest. »Danach war die Dame eigentlich recht friedlich.«

»Konnten Sie bereits eine Erklärung für die Vorstellung eines bereits bekannten Modells als neueste Kreation eruieren?« erkundigte sich Kathy Porter interessiert.

»Nun ja, ich habe mich anschließend noch mit diesem Modemenschen, diesem Pete Lebron, unterhalten«, erklärte die Hausherrin. »Auch er zeigte sich zu Beginn unseres Gesprächs ein wenig störrisch, muß ich sagen.«

»Monsieur Pierre Lebrun, Mylady«, korrigierte Parker den Namen des Modemachers gemessen und deutete eine leichte Verbeugung an.

»Stürzen Sie sich doch nicht immer auf solche Kleinigkeiten, Mister Parker«, ärgerte sich Agatha Simpson umgehend und sah ihn kopfschüttelnd an. »Erzählen Sie den Kindern lieber, was dieser aufgeblasene Modegockel als Erklärung anbot.«

»Monsieur Lebrun sprach von sogenannten Kopisten, die sich auf kriminellem Weg Zeichnungen und Fotografien und die erforderlichen Angaben über Material und Schnitt beschaffen. Diese Modelle dürften dann in sogenannten Billiglohnländern bereits vor der offiziellen Vorstellung imitiert und vertrieben werden.«

»Lohnt sich das denn?« wunderte sich Kathy Porter und schüttelte überrascht den Kopf.

»Man kopiert nur die Modelle der führenden Designer und Anbieter, Miß Porter«, antwortete Parker gemessen. »Es handelt sich hierbei um einen Markt, der Millionengewinne abwerfen dürfte, wobei der Zeitfaktor eine sehr wichtige Rolle spielt. Um ein gängiges Sprichwort zu zitieren: Wer zuerst kommt, mahlt zuerst, wie es so treffend heißt«

»Aber jetzt bin ich im Spiel, und ich pflege grundsätzlich zuerst zu kommen und zu mahlen«, stellte die energische Lady fest und blickte zufrieden um sich. »Ich werde den Kopisten zeigen, daß es sich nicht lohnt, sich mit einer Lady Simpson anzulegen«, deutete sie das Kopieren neuer Modekreationen großzügig als Angriff auf sich selbst.

»Ich war noch nie auf einer Modenschau. So was würde ich mir auch mal gern ansehen«, äußerte Kathy Porter träumerisch.

»Das lohnt sich nicht, Kindchen, glauben Sie mir!« lenkte die Hausherrin ab. »Was da als neueste Modelle angepriesen wurden, habe ich schon als junges Mädchen getragen. Es ist unverschämt, was sich diese Modeexperten erlauben... Und dann die Preise, die sind wirklich der Gipfel!« Bei der Erinnerung an die Preise schüttelte es Mylady, daß Parker sich genötigt sah, noch mal mit einem Kreislaufbeschleuniger einzugreifen.

*

»Guter Gott, Mister Parker, wo haben Sie mich bloß hingeführt?« sagte Lady Agatha am Abend desselben Tages und sah sich in dem Etablissement »Le Point« um, das Parkers Recherchen zufolge der Ort war, an dem sich Englands Modezaren ein Stelldichein zu geben pflegten.

Die ältere Dame blickte blinzelnd in einen durch grelle Neonlichter hell erleuchteten Raum, Eine lange Theke, die dicht umlagert war, glänzte in schwarzen und rosa Kacheln und war durchaus geeignet, zartbesaiteten Naturen gewisse Beklemmungen zu verursachen.

Die Damen hinter der Theke präsentierten sich in schrillem Outfit und waren Bewohnern fremder Sterne ähnlicher als Angehörigen der Erdbevölkerung. Sie hatten die Haare zu sogenannten Brikettfrisuren verstümmelt, wie sie zur Zeit von einer prominenten Sängerin getragen wurde, und ihre weißgepuderten Gesichter mit schwarzer Schminke »verschönert«.

Ihre Kleidung bestand aus diversen Schichten seltsam geformter, pinkfarbener Plastikteile, die wie die Schuppen von Insekten übereinandergestaffelt waren. Der dazu passende Schmuck bestand aus riesigen Plastiktotenköpfen oder Kunststoff-Früchten, die an langen, dünnen Kettchen an ihren Ohren baumelten. Ein paar von ihnen hatten sich außerdem große Plastikringe in die Nasenflügel gehängt oder diese mit falschen Brillanten verziert.

»Es ist wirklich schön scheußlich hier«, stellte Lady Agatha lächelnd fest, während sie sich auf einem sehr futuristisch anmutenden Sofa niederließ. »Ich denke, ich werde mich hier gut amüsieren, Mister Parker.« Sie nickte dem Butler wohlwollend zu und musterte neugierig das merkwürdige Lokal mit den noch merkwürdiger anmutenden Gästen. Man gab sich samt und sonders sehr extrovertiert, laut und ungezwungen und schien unbedingt den Eindruck vermitteln zu wollen, die Crème de la crème der Menschheit darzustellen.

»Über Geschmack läßt sich angeblich nicht streiten«, fuhr die Lady lautstark fort. »Aber was ich hier sehe, ist wirklich unter aller Kanone.«

»Mylady haben Bedenken hinsichtlich gewisser Darstellungsformen, die sich hier präsentieren?« erkundigte sich der Butler höflich.

»Bedenken ist etwas untertrieben, Mister Parker«, stellte die Detektivin mit ihrer baritonal gefärbten Stimme richtig. »Dies hier ist ein Ausbund an Geschmacklosigkeit und Scheußlichkeit.«

Der junge Kellner näherte sich Lady Agathas Tisch und baute sich stirnrunzelnd vor ihr auf. Er trug einen bonbonfarbenen Smoking mit einer überdimensionalen Fliege, kurze, grellgetönte Haare und ein Medaillon aus einem Kranz bunter Steine, die das Licht der Neonlampen reflektierten.

»Paßt Ihnen etwas nicht?« wollte er wissen und musterte sie grinsend von oben bis unten. »In dem Fall sollten Sie nämlich besser gehen, wissen Sie. Auf langweilige Gäste legen wir hier keinen Wert. Überhaupt, wie sind Sie hereingekommen, wer hat Sie eingelassen?«

»Mylady war in der erfreulichen Lage, den Herrn Portier davon überzeugen zu können, den heutigen Abend hier zu verbringen«, antwortete Parker anstelle seiner Herrin und deutete eine Verbeugung an.

»Wie war das?« Der Kellner wandte sich zu Parker um, rieb sich die Stirn und dachte angestrengt über den Sinn dieser Äußerung nach.

»Mylady machte Ihrem Kollegen am Eingang klar, daß sie Ihr Lokal unbedingt besuchen muß«, übersetzte Parker seinen Satz in allgemeinverständliches Englisch. »Auch Sie sollten sich der Einsicht Ihres Kollegen anschließen und Mylady mit einem Getränk versorgen, wenn man Sie auf Ihre Pflichten aufmerksam machen darf.«

»He, Mann, du hast ja ’ne echt starke Aussprache«, stellte der Kellner anerkennend fest und grinste. »So was wie dich und deine Mutter hatten wir hier noch nicht!«

»War das eben eine Beleidigung, Mister Parker?« erkundigte sich Agatha Simpson, die erfreut aufhorchte und den jungen Mann freundlich musterte.

»Möglicherweise handelte es sich lediglich um eine anerkennende Äußerung, die allerdings in einem etwas befremdlichen Jargon geäußert wurde«, schwächte Parker gemessen ab. »Man schien feststellen zu wollen, daß es sich bei Mylady um eine beeindruckende Persönlichkeit handelt, die absolut ihresgleichen sucht.«

»Genauso hab ich das gemeint, alter Knabe, aber so wie du hätte ich das nie sagen können.« Der Kellner geriet immer mehr in Begeisterung und stand kurz davor, Parker freundschaftlich auf die Schulter zu klopfen.

»Hier kann man durchaus verdursten«, beklagte sich Lady Agatha und blickte Parker an. »Bestellen Sie etwas, Mister Parker, mein Kreislauf ist sehr angegriffen.«

»Man wird Mylady sofort helfen«, versprach Parker und verhandelte mit dem Kellner, der sich daraufhin eilig entfernte und einen Augenblick später mit einem hohen Glas zurückkehrte, in dem eine schillernde Flüssigkeit undefinierbarer Farbe schwappte.

»Was soll das denn sein?« fragte die Detektivin argwöhnisch und musterte das seltsame Getränk stirnrunzelnd. »Erwarten Sie etwa, daß ich das trinke, Mister Parker?«

»Möglicherweise trügt auch hier der äußere Schein, wie so oft im Leben«, zitierte der Butler eine alte Volksweisheit leicht abgewandelt. »Mylady haben noch nie gezögert, einer neuen Herausforderung zu begegnen und sich ihr zu stellen.«

»Das ist wohl wahr, Mister Parker«, gab die ältere Dame geschmeichelt zu und ergriff mutig das Glas mit der perlenden Flüssigkeit. »Ich denke nicht daran, mich von einem abschreckenden Äußeren einschüchtern zu lassen.«

*

»Was treibt ihr beiden denn so?« erkundigte sich der Kellner neugierig, während Lady Agatha ihren seltsam anmutenden Cocktail einem ersten Geschmackstest unterzog.