Parker schließt die Killerschule - Günter Dönges - E-Book

Parker schließt die Killerschule E-Book

Günter Dönges

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Beschreibung

Butler Parker ist ein Detektiv mit Witz, Charme und Stil. Er wird von Verbrechern gerne unterschätzt und das hat meist unangenehme Folgen. Der Regenschirm ist sein Markenzeichen, mit dem auch seine Gegner öfters mal Bekanntschaft machen. Diese Krimis haben eine besondere Art ihre Leser zu unterhalten. Butler Parker ist seinen Gegnern, den übelsten Ganoven, auch geistig meilenweit überlegen. In seiner auffallend unscheinbaren Tarnung löst er jeden Fall. Bravourös, brillant, effektiv – spannendere und zugleich humorvollere Krimis gibt es nicht! »Wirklich recht hübsch, mein Lieber, das sieht ja sehr ordentlich aus.« Agatha Simpson nickte dem beleibten Wirt huldvoll zu und musterte wohlwollend die diversen Teller und Platten. Der Gastronom fächelte beglückt und entfernte sich unter zahlreichen Verbeugungen. Er wußte schließlich, mit wem er es zu tun hatte. Die Lady besaß in der Nähe einen stattlichen Besitz und kam ab und zu aus London herüber, um nach dem Rechten zu sehen. Dabei pflegte sie in der Regel seinem Haus die Ehre ihres Besuches zu geben. Josuah Parker, wie stets korrekt gekleidet und hinter dem Stuhl seiner Herrin wartend, trat vor und beugte sich über den Tisch, um Mylady zu servieren. In diesem Augenblick öffnete sich die Tür. Vier junge Männer traten ein. Sie steuerten einen Tisch im Hintergrund an und kümmerten sich nicht um den Wirt, der ihren Weg kreuzte, um Agatha Simpson mit Getränken zu bedienen. Es kam, wie es kommen mußte. Der letzte Mann der Gruppe rempelte den Wirt an, der ein Ausweichen nicht mehr schaffte ... Butler Parker, der die Szene beobachtete, gewann sogar den Eindruck, als wäre das Rempeln absichtlich erfolgt. Jedenfalls stürzte der Gastronom und schlug zu Boden. Das Tablett wurde in den Raum geschleudert, die beiden Gläser landeten splitternd an der Fußstange, die rings um den Tresen verlief. Die jungen Kerle blieben stehen und sahen lachend auf den Wirt, der sich gerade wieder aufraffte. Ein Bursche tat so, als wollte er ihm helfen, ergriff seinen Arm und zerrte daran, um dann plötzlich loszulassen. Der dicke Mann fiel zurück. Im Lokal, in dem Stimmengewirr und Gelächter zu hören waren, wurde es still. Die meisten Gäste beeilten sich mit dem Essen oder riefen nach der Bedienung, um zu zahlen.

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Butler Parker – 229 –

Parker schließt die Killerschule

Günter Dönges

»Wirklich recht hübsch, mein Lieber, das sieht ja sehr ordentlich aus.« Agatha Simpson nickte dem beleibten Wirt huldvoll zu und musterte wohlwollend die diversen Teller und Platten.

Der Gastronom fächelte beglückt und entfernte sich unter zahlreichen Verbeugungen. Er wußte schließlich, mit wem er es zu tun hatte. Die Lady besaß in der Nähe einen stattlichen Besitz und kam ab und zu aus London herüber, um nach dem Rechten zu sehen. Dabei pflegte sie in der Regel seinem Haus die Ehre ihres Besuches zu geben.

Josuah Parker, wie stets korrekt gekleidet und hinter dem Stuhl seiner Herrin wartend, trat vor und beugte sich über den Tisch, um Mylady zu servieren.

In diesem Augenblick öffnete sich die Tür. Vier junge Männer traten ein. Sie steuerten einen Tisch im Hintergrund an und kümmerten sich nicht um den Wirt, der ihren Weg kreuzte, um Agatha Simpson mit Getränken zu bedienen. Es kam, wie es kommen mußte. Der letzte Mann der Gruppe rempelte den Wirt an, der ein Ausweichen nicht mehr schaffte ...

Butler Parker, der die Szene beobachtete, gewann sogar den Eindruck, als wäre das Rempeln absichtlich erfolgt. Jedenfalls stürzte der Gastronom und schlug zu Boden. Das Tablett wurde in den Raum geschleudert, die beiden Gläser landeten splitternd an der Fußstange, die rings um den Tresen verlief.

Die jungen Kerle blieben stehen und sahen lachend auf den Wirt, der sich gerade wieder aufraffte. Ein Bursche tat so, als wollte er ihm helfen, ergriff seinen Arm und zerrte daran, um dann plötzlich loszulassen. Der dicke Mann fiel zurück.

Im Lokal, in dem Stimmengewirr und Gelächter zu hören waren, wurde es still. Die meisten Gäste beeilten sich mit dem Essen oder riefen nach der Bedienung, um zu zahlen. Nur Lady Agatha ließ sich von all dem nicht beeindrucken. Unbeirrt aß sie weiter. Dann jedoch legte sie das Besteck aus der Hand und wandte sich an ihren Butler.

»Bat ich Sie nicht, frisches Bier zu bestellen, Mister Parker?« wollte sie wissen. Die passionierte Detektivin verfügte über eine baritonal gefärbte Stimme und hielt sich grundsätzlich nicht zurück. Ihre Frage war im ganzen Lokal zu hören.

Josuah Parker war keine Gefühlsregung anzusehen. »Gewiß, Mylady. Es scheint allerdings zu einem kleinen Unglück gekommen zu sein, dem Myladys Bestellung zum Opfer fiel. Meine bescheidene Wenigkeit wird sich um Abhilfe bemühen.«

Parker machte sich auf den Weg in Richtung Theke. Die zuletzt angekommenen Gäste sahen ihm erwartungsvoll entgegen. Sie witterten eine Abwechslung, zumal sie einen Menschen wie den Butler bislang nur in einschlägigen Filmen, noch nie aber im Original gesehen hatten.

Parker zuckte mit keiner Wimper, als er ihnen entgegenging. Er sah vier in uniformähnlicher Kleidung steckende Männer um die Dreißig, die samt und sonders einen trainierten und sportlichen Eindruck machten. Der Butler registrierte durchaus die Bedrohung, die von ihnen ausging.

*

Parker hatte die kleine Gruppe erreicht und wollte vorbei zur Theke. Er wußte natürlich, daß man ihn daran hindern würde und stellte sich innerlich darauf ein. Einer der Rowdys streckte einen Fuß vor und wollte den Butler stolpern lassen. Parker wich etwas unsicher aus und stützte sich mit dem Schirm.

Zufällig befand sich an jener Stelle der vorgestreckte Fuß des Mannes. Die nicht eben stumpfe Schirmspitze nahm innigen Kontakt auf und bohrte sich durch das dünne Leder in die Zehen des Besitzers, der ausgesprochen munter wurde.

Der Getroffene stieß einen Schrei aus, zog den verletzten Fuß an und begann in unregelmäßigen, graziösen Sprüngen durch das Lokal zu tanzen. Vor der Theke stoppte er, drehte sich um und hopste in den Gastraum zurück. Anschließend variierte er seine Einlage und zeigte einige gekonnte Pirouetten. Dazu ließ er spitze Schreie und helle Juchzer hören, die seinen Tanz eindrucksvoll untermalten.

Sein Kollege sah ihm ungläubig mit aufgerissenen Augen zu. Er hatte nicht mitbekommen, was passiert war. Dann besann er sich seiner Stärke und beschloß, dem Butler seinerseits auf den Leib zu rücken. Er holte weit aus und wollte einen gewaltigen Schwinger landen.

Der Butler lüftete höflich seine Melone in Richtung des Schlägers. Dabei unterlief ihm ein kleines Mißgeschick. Die Melone rutschte ihm fast aus der Hand und auf die heranschießende Faust zu. Es dröhnte dumpf, als Melone und Hand sich trafen. Der Schläger stöhnte und hatte das unangenehme Gefühl, gegen eine solide Mauer geschlagen zu haben. Er ahnte nicht, daß Parkers Melone mit Stahlblech gefüttert war und über enorme Festigkeit verfügte.

Auch diesen Rowdy überkam das Bedürfnis, eine kleine Tanzeinlage zu zeigen. Er wedelte mit der schmerzenden Hand in der Luft herum und vollführte dazu ruckartige Bocksprünge, denen aber jegliche Eleganz fehlte.

Sein Partner hatte inzwischen den Schmerz überwunden und wollte wieder zum Angriff übergehen. Er zerrte ein nicht eben kleines Messer aus dem Gürtel und wollte auf den Butler los.

Damit war Parker jedoch nicht einverstanden. Er richtete seinen Schirm wie einen Degen auf den Angreifer und fintete damit. Bevor der verwirrte Gangster wußte, wie ihm geschah, traf ihn die Schirmspitze ein zweites Mal.

Das Messer klirrte zu Boden, und der Mann verbeugte sich tief vor dem Butler, der seinen Schirm hob und dabei zärtlich die Kinnspitze des Messerstechers streifte. Daraufhin hatte der Mann das unangenehme Gefühl, von einem auskeilenden Pferd getreten worden zu sein. Er beschloß, nicht mehr mitzuspielen und legte sich seufzend auf den staubigen Dielenboden.

Im Lokal brandete Beifall auf. Die wenigen noch anwesenden Gäste, Wirt und Personal applaudierten begeistert. Parker lüftete seine Melone und deutete höflich eine leichte Verbeugung nach allen Seiten an. Gemessen nahm er zwei neue Gläser vom Wirt in Empfang und schritt damit würdevoll zum Tisch seiner Herrin zurück.

*

Inzwischen war Lady Agatha in Aktion. Freudig erregt hatte sie den beiden Gangstern entgegengesehen, die sich ihrem Tisch näherten. Sie freute sich im voraus auf die Abwechslung, die ihr offensichtlich bevorstand.

»Na, altes Haus, was haben wir denn da Schönes?« fragte einer der Männer und beugte sich über den Tisch, um nach Myladys Teller zu greifen.

Agatha Simpson lächelte fast freundlich. »Zum Beispiel köstliche Preiselbeeren«, erklärte sie, füllte eine Gabel damit und schnippelte die Füllung schwungvoll ins Gesicht des Gangsters, wo sich die roten Früchte dekorativ festsetzten. Die resolute Dame sah sich prüfend um und ergriff eine Schüssel mit herrlich knackigem Salat. Sie entleerte besagte Schüssel auf dem Kopf des Mannes vor ihr und sah zufrieden zu, wie sich Salat und Dressing über sein Gesicht verteilten.

»Sehr nett«, stellte sie fest, während sie zufrieden ihr Werk betrachtete.

Der zweite Mann starrte ungläubig auf diese Szene, er konnte nicht glauben, was er sah. Aber dann ging ihm auf, daß sie drauf und dran waren, sich zu blamieren. Er wollte unbedingt ihr ramponiertes Ansehen wiederherstellen und griff nun seinerseits ein.

Er schob sich näher heran und hatte eindeutig die Absicht, nach Lady Agatha zu greifen. Auf diesen Augenblick hatte sie nur gewartet. Genüßlich hob sie die Gabel und stach zu. Der Gangster schrie entsetzt auf und schielte wehleidig nach der Gabel, die auf seiner Hand wippte.

»Stellen Sie sich nicht so an, junger Mann, das ist noch gar nichts.« Mit diesen Worten zog Lady Agatha die Gabel aus der Hand zurück.

Der Mann brüllte erneut und zog sich wimmernd zurück. Jetzt konnte Lady Agatha eine andere Waffe einsetzen.

Sie griff nach ihrem Pompadour, in dem sie das nur flüchtig mit Schaumgummi umwickelte Hufeisen eines ehemaligen Brauereipferdes verwahrte. Sie holte Schwung, indem sie den Handbeutel mehrere Male an den langen Schnüren herumwirbelte, dann ließ sie los.

Der Pompadour sauste durch die Luft und fand gleich darauf sein Ziel. Der eben von der Gabel befreite Gangster spürte einen Schlag am Schlüsselbein. Er wurde zurückgeworfen und prallte mit seinem Kollegen zusammen, der gerade einen zweiten Angriff starten wollte. Daraufhin gingen die beiden Schläger erst mal zu Boden, wo sie sich ineinander verknäuelten.

Wild um sich schlagend und strampelnd verhedderten sie sich immer mehr. Aber die ältere Dame wußte Abhilfe, erhob sich und ging zum nahen Kamin, in dem wärmendes Feuer brannte. Sie ergriff eine Zange und näherte sich den beiden Gangstern, nahm Maß und drückte das Stück herzhaft gegen die ihr entgegengereckten Kehrseiten.

Wie von der Tarantel gestochen sprangen die Kerle fast gleichzeitig auf. Unisono schrien sie und griffen nach ihren Hinterteilen. Dann legten sie einen temperamentvollen Step auf die Dielen.

Butler Parker näherte sich würdevoll und verneigte sich leicht.

»Mylady haben sich gut amüsiert?« fragte er, während er die Gangster im Auge behielt.

»Ich bin nicht unzufrieden, Mister Parker. Aber schaffen Sie mir jetzt diese Subjekte aus den Augen und bestellen Sie mir etwas Neues zu essen. Ich habe mich total verausgabt. Und denken Sie an meinen Kreislauf.«

»Wie Mylady zu wünschen geruhen.« Parker winkte dem Wirt und gab ihm einige kurze Instruktionen, worauf er davoneilte, um die Bestellungen auszuführen.

Parker selbst verließ den Raum und begab sich in den Hof, wo er seiner Meinung nach ein geeignetes Gefährt zum Abtransport der Gangster vorfinden mußte. Er erinnerte sich an den letzten Besuch, wobei er dort etwas sehr Passendes gesehen hatte.

Minuten später öffnete sich die Lokaltür, und Parker kehrte zurück. Vor sich her schob er einen jener altmodischen, einrädrigen Handkarren, wie sie früher zum Abtransport von Mist gedient hatten. Nach des Butlers Ansicht war der Karren ideal geeignet.

Parker stellte ihn neben den ersten beiden Gangstern ab und lud sie schwungvoll auf. Würdevoll schob er das seltsame Gefährt weiter, um das von Lady Agatha außer Gefecht gesetzt e Duo aufzunehmen. Die ältere Dame beobachtete ihn wohlwollend und nickte ihm huldvoll zu. »Überaus passend, Mister Parker, ich bin sehr zufrieden.« Parker verneigte sich höflich und lüftete die Melone. Er wußte schließlich, was sich gehörte.

Dann fuhr er nach draußen und hielt neben einem hochaufragenden Misthaufen. Schwungvoll kippte er die Karre um und beförderte seine Last in die duftende Umgebung.

*

Lady Agatha und Butler Parker erreichten den idyllisch gelegenen Landsitz in Alderney. Sie betraten die Halle, wo die Lady ihren Nachmittagstee einnahm. Vor ihr stand ihr Verwalter, der verlegen die Mütze zwischen den Händen drehte.

»Nun, Mister Chatter, was können Sie mir über die seltsamen Leute berichten?« erkundigte sich Agatha Simpson leutselig.

»Nicht viel, Mylady, niemand hier weiß Genaues. Vor etwa einem halben Jahr tauchten sie auf und übernahmen einen leerstehenden Hof in drei Meilen Entfernung. Man munkelt, daß es sich um eine neue Spezialeinheit der Regierung handelt.«

»Wie kommt man auf diese Vermutung?« erkundigte sich Parker, der seitlich hinter dem Stuhl seiner Herrin stand.

»Na ja, die Leute tragen Uniform, Sie wissen schon, diese Tarnanzüge. Und dann halten sie eben auch militärische Übungen ab, mit Schießen und so weiter. Und ihr Hof ist abgeriegelt, da kommt niemand drauf. Die haben ’ne Wache aufgestellt.«

»Sehr interessant, mein Lieber.« Die Lady nickte ihrem Verwalter huldvoll zu. »Können Sie uns noch mehr zu diesem Thema sagen?«

»Tja, also, der Chef ist ein gewisser Major Dempsey. Ich weiß es von einem Postangehörigen, wo er mal ein Ferngespräch nach London geführt hat.«

»Was sage ich dazu, Mister Parker?« erkundigte sich die Detektivin bei ihrem Butler. »Ich bin gespannt, ob Sie meine Meinung erraten.«

»Mylady erlauben sich, gewisse Zweifel zu hegen«, erwiderte Parker gemessen. »Das Auftreten der Herren im Lokal läßt nicht eben auf Angehörige einer staatlichen Institution schließen.«

»Sehr schön, Mister Parker, Sie machen sich. Mit der Zeit könnte aus Ihnen durchaus noch etwas werden.«

»Mylady sind zu gütig. Meine bescheidene Wenigkeit ist stets bemüht, Mylady nachzueifern, auch wenn Mylady nie erreicht werden können.« Parker verzog keine Miene und verbeugte sich leicht.

»Nun, übertreiben Sie nicht gleich, Mister Parker, aber im Grund haben Sie natürlich recht. Auf meine Art bin ich unerreichbar.« Sie nickte zufrieden und glaubte durchaus, was sie sagte. Falsche Bescheidenheit war ihr fremd.

Dann aber schienen ihr gewisse Zweifel an Parkers Aussage zu kommen. »Meinen Sie nicht, Mister Parker, daß auch Soldaten mal über die Stränge schlagen, um sich zu entspannen? Man weiß doch, daß das keine Wickelkinder sind. Haben Sie das bedacht?« Sie sah ihren Butler streng an und wartete auf Antwort, da sie selbst wie immer keine eigene Theorie hatte.

»Das haben Mylady selbstverständlich bedacht, denn Mylady pflegen stets alle Aspekte und Möglichkeiten zu berücksichtigen. Dennoch sind Mylady zu dem Schluß gekommen, daß das gezeigte Verhalten nicht Staatsdienern angemessen wäre. Außerdem glauben Mylady, daß sich gerade Angehörige einer sogenannten Sondereinheit um Zurückhaltung in der Öffentlichkeit bemühen würden.«

»Genau das meine ich, Mister Parker. Allmählich lernen Sie ja, logisch zu denken und die Dinge richtig zu erfassen. Sie haben meine Ansicht erstaunlich gut wiedergegeben«, erklärte Lady Agatha unverfroren, während sie sich einen neuen Cognac servieren ließ.

Parker, der seine Herrin genau kannte, wunderte sich nicht. Er wußte, daß sie allein niemals in der Lage war, gewisse Dinge richtig einzuordnen und zu beurteilen. Das tat ihrem Selbstvertrauen allerdings keinen Abbruch. Die Lady hielt sich schlicht für die beste Kriminalistin weit und breit.

Bevor das Gespräch fortgesetzt werden konnte, klingelte das Telefon, und Parker begab sich würdevoll zur Anrichte hinüber, um abzuheben.

»Ein gewisser Major Dempsey äußert den Wunsch, Mylady sprechen zu dürfen«, verkündete er würdevoll, während er seiner Herrin das Telefon auf einem silbernen Tablett servierte.

Agatha Simpson ergriff den Hörer und legte in ihrer ungenierten Art sofort los. »Sie also sind der Chef dieser Lümmel, die mich beim Essen gestört haben«, röhrte sie, während sie sich genüßlich über ihr ausgeprägtes Kinn strich.

Parker hatte die Mithöreinrichtung eingeschaltet, so daß er das Gespräch ebenfalls verfolgen konnte. Einen Augenblick herrschte auf der Gegenseite Schweigen, dafür waren deutlich tiefe Atemzüge zu hören. Dann kam wieder die Stimme des Majors, die jetzt nicht mehr so schneidig klang.

»Na also, hören Sie mal, Lady ... ich meine ... was ich Ihnen sagen wollte, ist also dies.« Der Major holte tief Luft, und seine Stimme wurde wieder kräftiger. »Meine Leute haben vermutlich über die Stränge geschlagen, und sie werden dafür bestraft. Ich hoffe, Sie sind nicht nachtragend und entschuldigen diesen kleinen Fauxpas.«

»Nun ja, ich bin nicht empfindlich«, grollte die resolute Dame. »Allerdings lasse ich mich wirklich ungern belästigen. Außerdem haben sie den Wirt angegriffen. Auch das schätze ich nicht sonderlich.«

»Aber ich bitte Sie, Mylady, ein Wirt ist so etwas doch gewöhnt.« Der Major lachte dröhnend. »Das sollte man nicht überbewerten. Aber auch bei ihm habe ich bereits angerufen.«

»Was treiben Sie eigentlich dort draußen?« wollte Agatha Simpson wissen. »Ich hoffe, Sie klären mich auf, ich weiß gern, was um mich herum geschieht.«

»Tut mir außerordentlich leid, Mylady, aber haben Sie Verständnis dafür, daß ich Ihnen keine Auskunft geben kann. Nur soviel: Unsere Arbeit unterliegt strengster Geheimhaltung.«

»Was soll die alberne Geheimnistuerei?« ärgerte sich Lady Agatha. »Ich finde es ja doch heraus.« Sie nickte Parker zu und legte einfach auf.

»Was sagen Sie dazu, Mister Parker?« monierte sie. »Will mich dieser Lümmel doch mit Geheimhaltungsfloskeln abspeisen, mich, eine Lady Simpson!«

»Ganz und gar unverzeihlich, der Mann wußte sicher nicht, wen er vor sich hatte«, vermutete Parker.

»Aber bald wird er es wissen, Mister Parker, so lasse ich mir nicht kommen. Auf eine klare Frage kann man schließlich eine klare Antwort erwarten, oder?« Agatha Simpson war sichtlich verärgert.

»Mylady werden den Schleier des Geheimnisses zu lüften wissen«, wußte Parker im vorhinein. Er schenkte seiner Herrin einen neuen Cognac ein, damit sie wegen des Telefongespräches ihren Kreislauf wieder stabilisieren konnte.