Parker staubt das Goldkind ab - Günter Dönges - E-Book

Parker staubt das Goldkind ab E-Book

Günter Dönges

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Beschreibung

Butler Parker ist ein Detektiv mit Witz, Charme und Stil. Er wird von Verbrechern gerne unterschätzt und das hat meist unangenehme Folgen. Der Regenschirm ist sein Markenzeichen, mit dem auch seine Gegner öfters mal Bekanntschaft machen. Diese Krimis haben eine besondere Art ihre Leser zu unterhalten. Butler Parker ist seinen Gegnern, den übelsten Ganoven, auch geistig meilenweit überlegen. In seiner auffallend unscheinbaren Tarnung löst er jeden Fall. Bravourös, brillant, effektiv – spannendere und zugleich humorvollere Krimis gibt es nicht! Chief-Superintendent McWarden, erfahrener Kriminalist mit guten Nerven, fuhr wie unter einem elektrischen Schlag zusammen, als er den spitzen Schrei hörte. Der Sherry in seinem Glas schwappte über und ergoß sich über seine Hose. Mit Amtsmiene musterte der Yard-Beamte den Butler, doch Josuah Parker schien nichts gehört zu haben. Er ordnete gemessen und würdevoll das Gedeck auf dem Tisch und merkte, daß der Besucher des Hauses offensichtlich irritiert war. »Was war denn das?« fragte McWarden, der sich inzwischen wieder unter Kontrolle hatte. Doch bevor Parker antworten konnte, ertönte bereits der nächste, ungemein schrille Aufschrei. Prompt versorgte der Chief-Superintendent erneut seine Hose mit Sherry. Myladys Gast stellte deshalb vorsichtig sein Glas ab und deutete nach oben. »Wird da jemand umgebracht?« fragte er dann in Richtung Parker. »Der Mord dürfte bereits geschehen sein, Sir«, lautete Parkers Antwort. »Der Mord dürfte bereits geschehen sein?« Der etwa fünfundfünfzigjährige, untersetzte und mit einem Bauchansatz ausgestattete McWarden erinnerte wegen der Basedowaugen an eine stets gereizte Bulldogge. »Mylady beklagt bereits einen teuren Toten, Sir«, berichtete Parker, ohne sich aus seiner würdevollen Ruhe bringen zu lassen. »Darf man Ihnen noch einen Sherry anbieten, Sir?« »Sie beklagt einen teuren Toten?« Der Chief-Superintendent war aufgesprungen.

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Butler Parker – 184 –

Parker staubt das Goldkind ab

Günter Dönges

Chief-Superintendent McWarden, erfahrener Kriminalist mit guten Nerven, fuhr wie unter einem elektrischen Schlag zusammen, als er den spitzen Schrei hörte. Der Sherry in seinem Glas schwappte über und ergoß sich über seine Hose. Mit Amtsmiene musterte der Yard-Beamte den Butler, doch Josuah Parker schien nichts gehört zu haben. Er ordnete gemessen und würdevoll das Gedeck auf dem Tisch und merkte, daß der Besucher des Hauses offensichtlich irritiert war.

»Was war denn das?« fragte McWarden, der sich inzwischen wieder unter Kontrolle hatte. Doch bevor Parker antworten konnte, ertönte bereits der nächste, ungemein schrille Aufschrei. Prompt versorgte der Chief-Superintendent erneut seine Hose mit Sherry. Myladys Gast stellte deshalb vorsichtig sein Glas ab und deutete nach oben.

»Wird da jemand umgebracht?« fragte er dann in Richtung Parker.

»Der Mord dürfte bereits geschehen sein, Sir«, lautete Parkers Antwort.

»Der Mord dürfte bereits geschehen sein?« Der etwa fünfundfünfzigjährige, untersetzte und mit einem Bauchansatz ausgestattete McWarden erinnerte wegen der Basedowaugen an eine stets gereizte Bulldogge.

»Mylady beklagt bereits einen teuren Toten, Sir«, berichtete Parker, ohne sich aus seiner würdevollen Ruhe bringen zu lassen. »Darf man Ihnen noch einen Sherry anbieten, Sir?«

»Sie beklagt einen teuren Toten?« Der Chief-Superintendent war aufgesprungen.

»Sie haben zur Zeit die Ehre, Sir, Mylady als dramatische Sopranistin bewundern zu dürfen«, lautete Parkers Erklärung. »Mylady hat sich entschlossen, Sängerin zu werden.«

»Sängerin, Mister Parker?« McWarden holte tief Luft. »Das sind doch ... Urschreie.«

»Die an Wirksamkeit kaum zu überbieten sein dürften«, meinte der Butler. »In Myladys Studio mußten in jüngster Vergangenheit bereits sechsmal die Glühbirnen ausgetauscht werden.«

»Wieso denn das?« wunderte sich der Chief-Superintendent umgehend.

»Myladys Koloraturen ließen die Beleuchtungskörper zerspringen, Sir.« In Parkers Gesicht rührte sich kein Muskel.

»Koloratur?« staunte McWarden und schüttelte den Kopf. »Mylady hat doch, sagen wir mal, eine dunkle Altstimme, oder? Schafft sie tatsächlich Koloraturen?«

»Mylady ist fest davon überzeugt, Sir.« Parker hatte seinen Satz gerade beendet, als ein dritter Schrei zu hören war. McWardens Sherryglas auf dem Couchtisch wurde von den Schallwellen getroffen und klirrte leicht. Der Chief-Superintendent verzog schmerzhaft das Gesicht. Seine Trommelfelle vibrierten.

»Wie halten Sie das nur aus, Mister Parker?« fragte McWarden nach einer kleinen Pause.

»Gleichmut gehört zu den Tugenden eines Butlers, Sir«, entgegnete Josuah Parker. McWarden wollte noch etwas sagen, doch in diesem Augenblick erschien Agatha Simpson oben auf der Galerie und blickte in die große Wohnhalle hinunter.

Sie war eine majestätische Erscheinung, groß, füllig und beherrschte die tragischen Gesten einer Heroine. Sie hatte bereits das sechzigste Lebensjahr überschritten, wirkte aber noch ungemein dynamisch.

»Sie, mein lieber McWarden?« Ihre Stimme dröhnte nach unten und füllte die große Wohnhalle des Hauses. Sie lächelte gewinnend und schritt wie eine regierende Monarchin über die Treppe. »Sie haben mich vielleicht zufällig gehört?«

»Es war ... beeindruckend, Mylady«, schwindelte McWarden.

»Nicht wahr?« Sie nickte wohlwollend. »Ich habe mich ein wenig eingesungen. Übrigens, Mister Parker, Sie müssen zwei Glühbirnen auswechseln. Unerklärlicherweise sind sie schon wieder zersprungen.«

»Es dürfte sich um Materialfehler handeln, Mylady.« Parkers Gesicht blieb ausdruckslos wie das eines cleveren Pokerspielers.

»Sie singen neuerdings?« fragte der Chief-Superintendent höflich, als Mylady ihm huldvoll die Hand reichte.

»Ich bin für die Kunst geboren«, gab sie zurück. »Vor einiger Zeit hatte ich zwar vor, Schauspielerin zu werden, mein lieber McWarden, doch nun weiß ich um meine wirkliche Berufung.«

»Sie werden eine Sensation sein, Mylady«, prophezeite der Yard-Beamte.

»Natürlich, natürlich«, pflichtete sie ihm bei. »Ich denke, ich werde neue Maßstäbe setzen.«

»Sie wollen sich nicht mehr mit dem Verbrechen befassen, Mylady?« fragte der Chief-Superintendent. Er war mehr als nur überrascht.

»Nur noch zwischen meinen Verpflichtungen an den Opernhäusern dieser Welt«, gab sie zurück. »Man muß Opfer bringen können.«

»Schade«, bedauerte McWarden. »Ich war eigentlich gekommen, um Sie zu einer interessanten Mitarbeit einzuladen.«

»Mit anderen Worten, mein lieber McWarden, Sie brauchen wieder mal meine, Hilfe?«

»Durchaus«, räumte McWarden ein, doch er blickte jetzt den Butler an, dessen detektivische Fähigkeiten er nicht nur schätzte, sondern sogar bewunderte.

»Und um welche Bagatelle geht es diesmal?« fragte die ältere Dame, die deutliches Interesse zeigte.

»Es geht um Erpressung, Schutzgelder und Drogen«, erwiderte der Chief-Superintendent. »Es machen sich da in der Künstler-Szene Gangster breit, die sich Golden-Boys nennen.«

*

Sie war eingenickt.

Agatha Simpson saß in der ersten Stuhlreihe des kleinen Konzertsaals und träumte wahrscheinlich von ihrer internationalen Anerkennung. Parker, der neben ihr Platz genommen hatte, wahrte die Würde. Er lauschte dem fingerfertigen Klavierspiel des Pianisten, der sich mit einem gewissen Chopin auseinandersetzte.

Dieser Klavierabend war gut besucht.

Der Pianist, ein weltweit bekannter Künstler, ließ die Läufe perlen und zeichnete sich durch große Musikalität aus. Das Publikum war hingerissen, denn es gab so gut wie keinen der üblichen Hustenanfälle. Auch wurde nicht mit Papier geraschelt. Der Abend konnte nur zu einem großen Triumph für den Künstler werden.

Mylady und Parker waren nicht absichtslos gekommen.

Chief-Superintendent McWarden hatte durch einen V-Mann erfahren, daß dieser Solisten-Abend empfindlich gestört werden sollte. Genaue Einzelheiten kannte er allerdings nicht. Der Solist war ahnungslos und wurde von einigen Leuten McWardens überwacht und abgeschirmt. Diese Beamten saßen verteilt im Saal und warteten auf die angekündigte Störung.

Als Mylady allerdings einen ersten, wenn auch noch diskreten Schnarchlaut produzierte, fühlte Parker sich gefordert, einzugreifen. Er stieß seine Herrin mit größter Vorsicht an. Sie fuhr mit einem zweiten Schnarchlaut hoch und reagierte auf ihre spezielle Weise. Sie blickte ihren linken Nebenmann empört an.

»Wie können Sie es wagen, zu dieser göttlichen Musik zu schnarchen«, herrschte sie den entgeisterten Musikliebhaber an. »Schämen Sie sich!«

Bevor der Mann reagieren konnte, kam es zu der eigentlichen Störung, die man McWarden zugetragen hatte.

Zwei noch recht junge Zuhörer männlichen Geschlechts, die dunkle, korrekte Anzüge trugen, gingen einfach auf das Podest, wo der Flügel stand. Der Virtuose blickte irritiert auf, spielte aber weiter.

Die jungen Männer erreichten den Flügel und blieben vorn rechts stehen. Dann klappte einer von ihnen hart und nachdrücklich den Deckel über die Klaviatur. Der Solist konnte im letzten Moment gerade noch die Hände zurückziehen, bevor sie empfindlich gestaucht oder gar lädiert wurden.

Unruhe kam im Saal auf.

Josuah Parker blieb sitzen, während einige Zuschauer bereits aufsprangen und sich beschwerten. Die jungen Männer beugten sich zu dem Solisten hinunter und flüsterten ihm etwas zu.

»Der Pianist war aufgesprungen und wich ängstlich zurück. Die beiden Männer folgten.

McWardens Mitarbeiter liefen bereits zur Bühne. Es kam zu einem allgemeinen Durcheinander.

Butler Parker entschuldigte sich kurz bei Lady Agatha und verschwand in der Menge, bevor die ältere Dame antworten oder gar protestieren konnte. Parker kannte genau seinen Weg. Sein Ziel war die Tür zum Künstlerzimmer seitlich der Bühne, von wo der Solist beim Auftritt gekommen war.

Es dauerte nicht lange, bis die beiden Männer hier erschienen. Sie gaben sich gelassen und schienen keine Eile zu haben. Sie setzten auf das allgemeine Durcheinander im Saal und auf der kleinen Bühne, blickten nur kurz auf den Butler, übersahen ihn dann und passierten ihn. Dabei grinsten sie wie zwei Verschwörer, denen ein besonders guter Coup gelungen war.

Danach aber grinste einer von ihnen nicht mehr ...

Josuah Parker hatte den bleigefütterten Bambusgriff seines Universal-Regenschirmes gezielt eingesetzt und veranlaßte den Mann, sich über die Lehne eines Sessels zu hängen. Der andere Konzertbesucher bekam diesen Vorgang mit einiger Verspätung mit und wollte reagieren, überlegte es sich dann aber anders und wischte durch die nächste Tür aus dem Künstlerzimmer.

Noch war Josuah Parker mit dem jungen Mann allein, doch dies mußte sich bald ändern. Der Butler liftete den jungen Mann an und schleifte ihn über den Teppichboden zu einem Wandschrank, in dem Teppiche und Läuferrollen untergebracht waren.

Innerhalb weniger Augenblicke hatte Parker den Mann verstaut, die Tür wieder geschlossen und den Schlüssel abgezogen. Schon erschienen die ersten McWarden-Mitarbeiter und machten Jagd auf die beiden Störenfriede.

»Haben Sie zwei junge Leute gesehen, die hier durchgekommen sein müssen?« fragte einer der Yard-Beamten.

»In der Tat«, erwiderte Josuah Parker, der sich möglichst immer an die Wahrheit hielt. Er deutete zur nächsten Tür und enthielt sich jeden Kommentars. Er wollte seine Auskunftspflicht nicht unnötig übertreiben.

*

»Sie wechseln das Fach, Mylady?« fragte Mike Rander überrascht und musterte das riesige, schwarze Futteral, das die Form eines Kontrabasses hatte. Rander – vom Äußeren her gesehen – war fast so etwas wie die Kopie eines bekannten James-Bond-Darstellers. Er war rund vierzig, hatte früher mal jahrelang mit Parker zusammengearbeitet und verwaltete jetzt das immense Vermögen der Lady Agatha Simpson.

Mike Rander dachte voller Schrecken an die nahe Zukunft. Er hörte bereits die mit Sicherheit kratzenden Töne des Kontrabasses. Er fürchtete um Trommelfell und Nerven.

»Welches Fach soll ich gewechselt haben, mein Junge?« Agatha Simpson sah ihn erstaunt an.

»Sie wollen den Bogen streichen und nicht mehr singen, Mylady?«

»Ach, Unsinn.« Sie lächelte überlegen. »Ich kann mir natürlich gut vorstellen, daß ich auf diesem Instrument nicht ohne Erfolg bleiben würde.«

»Man benutzte das Futteral als eine Art Transportbehälter, Sir«, schaltete der Butler sich ein. »Der Kontrabaß wurde im Konzertsaal zurückgelassen.«

Parker setzte sich in Bewegung und rollte das riesige Futteral in den großen Wohnraum des altehrwürdigen Hauses Simpson. An der Unterseite des Musikbehälters waren kleine Transportrollen angebracht, die die Handhabung erleichterten.

Kathy Porter, die aus der Bibliothek kam, blieb wie versteinert stehen, als sie die Szene beobachtete. Dann schluckte sie und ging zu Mike Rander hinüber, den sie fragend musterte.

»Nur keine Panik«, sagte er leise und amüsiert. »Es bleibt beim Gesang.«

»Mir fallen einige Steine vom Herzen«, entgegnete sie erleichtert. Kathy Porter mochte achtundzwanzig bis dreißig sein, war groß, schlank und eine durchaus attraktive Erscheinung. Die ein wenig mandelförmig geschnittenen Augen und die betonten Wangenknochen verliehen ihr einen exotischen Anstrich.

Sie hatte dunkelbraunes Haar, leicht rotgetönt, wirkte sehr zurückhaltend und konnte doch innerhalb weniger Sekunden zur wilden Pantherkatze werden, wenn man sie angriff.

Die junge Dame war die Sekretärin und Gesellschafterin der Lady Simpson und wurde von ihr wie eine Tochter behandelt. Die ältere Dame tat alles, um die beiden Kinder, wie sie Rander und Kathy nannte, möglichst bald unter die Haube zu bringen.

»Mylady bekamen einen ersten Kontakt zu den bereits erwähnten Golden-Boys«, erklärte der Butler, der das Futteral am mächtigen Kamin in der Wohnhalle abstellte.

»Man wollte dem Pianisten die Finger zertrümmern«, sagte Lady Agatha. »Ich habe das natürlich verhindert, nicht wahr, Mister Parker?«

»So könnte man in der Tat sagen, Mylady«, gab Parker zurück. Sein Gesicht blieb glatt und ausdruckslos. Er kannte die Phantasie der Hausherrin.

»Und was ist nun mit dem Kontrabaß?« lautete Kathy Porters Frage.

»Mister Parker erriet meine Gedanken und schaffte einen der beiden Gangster hierher«, schwindelte Agatha Simpson wie selbstverständlich.

»Eine prächtige Idee«, lobte Mike Rander und zwinkerte dem Butler zu.

»Ich weiß, mein Junge.« Sie nahm das Lob für sich in Anspruch. »Man muß eben Einfälle haben.«

Josuah Parker löste die Verschlüsse und klappte den Deckel des Futterals auf. In dem Behälter stand der junge Mann, der den Pianisten empfindlich gestört hatte. Er schien bedrückt und blickte scheu auf die ältere Dame, die sich vor ihm aufgebaut hatte.

»Sie haben was gegen Pianisten?« fragte Rander.

»Aus mir holen Sie nichts raus«, erklärte der junge Mann und trat vorsichtig aus dem Futteral. Er litt noch deutlich unter Gleichgewichtsstörungen, die mit dem Transport in Parkers Wagen zusammenhängen mußten.

»Sie sollten tunlichst antworten«, schaltete Josuah Parker sich ein. »Mylady ist selbstverständlich bereits bekannt, daß Sie für die sogenannten Golden-Boys tätig geworden sind.«

»Ich sage kein Wort«, wiederholte der junge Mann und hielt sich an der Lehne eines Sessels fest, »und wenn Sie mich durch den Wolf drehen.«

»Eine Lady Agatha hat feinere Methoden«, gab die passionierte Detektivin grimmig zurück. »Ich setze auf die Überzeugungskraft, junger Mann.«

Danach verabreichte sie ihm eine Ohrfeige, die ihn in das Futteral zurückwarf. Durch die Wucht fiel der Transportbehälter zu, und der Deckel schloß sich über dem kreischenden Gangster, der wohl annahm, er würde bei lebendigem Leib eingesargt.

*

Norman Wilcox war etwa fünfundvierzig und beherrschte seine weiblichen Mitarbeiter hinter dem Tresen. Er betrieb einen Nachtclub in Soho, in dem sich Angehörige der kriminellen Szene mit Vorliebe ein Stelldichein gaben. Wilcox war mittelgroß, muskulös und sich seines Wertes wohl bewußt.

Als er Butler Parker sah, der den Club gerade betreten hatte, schaltete er sofort, kam um den Tresen herum und bemühte sich um ein mehr oder weniger freundliches Lächeln.

»Man hat sich lange nicht gesehen, Mister Parker«, grüßte er den Butler, »aber man hört ’ne Menge über Sie und die Lady.«

Er kannte das Duo aus Shepherd’s Market recht gut und hatte in der Vergangenheit schon einige Male mit dem Butler zu tun gehabt. Sein Respekt vor Josuah Parker war groß. Bisher hatte Wilcox stets Niederlagen eingesteckt.

»Meine Wenigkeit erlaubt sich, Grüße zu überbringen, Mister Wilcox«, sagte Parker gemessen und überaus höflich. »Ein gewisser Cliff Mallers bat um diesen Gefallen.«

»Cliff Mallers?« Der Betreiber des Clubs schien den Namen noch nie in seinem Leben gehört zu haben.

»Ein junger Mann, der Pianisten zu hassen scheint«, erläuterte Josuah Parker. »Zusammen mit einem Begleiter versuchte er, die kostbaren Finger eines Flügel-Solisten zu zertrümmern.«

»Ich will keinen Stunk mit Ihnen haben, Parker«, sage Norman Wilcox und deutete auf eine Nische am rechten Längsende des Tresens. »Ich kenne keinen Malfers.«

»Mallers, Cliff Mallers«, korrigierte Josuah Parker höflich. »Er behauptete, von Ihnen in das Konzert geschickt worden zu sein.«

»Der Mann lügt nach Strich und Faden«, meinte der Bar-Betreiber. »Hier will man mir doch was am Zeug flicken, Parker. Merken Sie das nicht? Ich soll mal wieder den Sündenbock spielen.«

»Eine Rolle, der Sie mit Sicherheit gerecht werden, Mister Wilcox«, urteilte der Butler.

»Okay, ich bin kein Heiliger«, räumte der Mann ein und lächelte breit. »Aber mit Pianisten habe ich nichts am Hut. Warum sollte ich auch?«

»Vielleicht ist der Kontakt zu den Golden-Boys dafür um so enger«, tippte Parker an. Willcox blickte den Butler starr an und bemühte sich verzweifelt, ahnungslos zu erscheinen.

»Diese erwähnten Golden-Boys, Mister Willcox, interessieren sich für die Londoner-Kunstszene«, erklärte Parker geduldig. »In übertragenem Sinn haben sie die Absicht, Schutz- und Betreuungsgelder abzuschöpfen.«

»Ich verstehe wirklich kein Wort.« Norman Wilcox zuckte die Achseln.

»Im Grund handelt es sich um eine altbekannte und leider auch bewährte Methode«, erklärte der Butler. »Mylady und meine Wenigkeit hatten in der Vergangenheit schon mehrfach mit diesem Phänomen zu tun, wie man Ihnen versichern darf. Man verlangt Zahlungen in gewisser Höhe, aber man stört Veranstaltungen aller Art, falls diesen Zahlungen nicht nachgekommen wird.«

»Und ich soll damit zu tun haben?« Wilcox staunte.

»Sie waren mal einschlägig tätig«, erinnerte der Butler. »Seinerzeit mußten Mylady und meine Wenigkeit Sie nachdrücklich zur Ordnung rufen.«

»Das ist längst vorbei«, meinte der Bar-Unternehmer. »Rühren Sie nicht in alten Geschichten herum!«

»Sie könnten eine Art Filial-Unternehmen etabliert haben, Mister Wilcox.«

»Wie heißen die Typen, die da kassieren wollen?«

»Sie nennen sich die Golden-Boys, Mister Wilcox. Sollten sie rein zufällig Ihren Weg kreuzen, so teilen Sie diesen Spezialisten freundlicherweise mit, daß Mylady und meine Wenigkeit sich ihrer annehmen werden.«

»Die kreuzen ganz sicher nicht meinen Weg, Parker«, wollte Wilcox bereits im vorhinein wissen.« Ich habe mit der Szene nichts mehr am Hut, glauben Sie mir. Mein Bedarf ist gedeckt. Mir reicht mein Club hier voll und ganz.«

»Man erlaubt sich, noch eine angenehme und friedvolle Nacht zu wünschen, Mister Wilcox. Sie sollten meine Wenigkeit übrigens zu einem Ihrer Notausgänge begleiten. Meiner bescheidenen Ansicht nach wird man bereits verfolgt.«

»Das ist doch prächtig« freute sich der Bar-Betreiber. »Wir fangen die Verfolger ab und wissen dann, wohin der Hase läuft. Wie sehen die Typen aus?«

»Es handelt sich um zwei Motorradfahrer in dunkler Lederkleidung, die meinem Privatwagen folgten und jetzt auf Ihrem Parkplatz in Stellung gegangen sein dürften,«

»Kein Problem«, sagte Wilcox und winkte zu einem der gut besetzten Tische hinüber. »Dafür hab’ ich ein paar erstklassige Leute. Die erledigen das mit der linken Hand.«

»Und möglichst ohne jede Anwendung von Gewalt«, bat Josuah Parker. »Meine Wenigkeit wird hier warten, bis Ihre freundliche Aktion beendet ist.«