Parker und der König der Reeperbahn - Günter Dönges - E-Book

Parker und der König der Reeperbahn E-Book

Günter Dönges

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Beschreibung

Butler Parker ist ein Detektiv mit Witz, Charme und Stil. Er wird von Verbrechern gerne unterschätzt und das hat meist unangenehme Folgen. Der Regenschirm ist sein Markenzeichen, mit dem auch seine Gegner öfters mal Bekanntschaft machen. Diese Krimis haben eine besondere Art ihre Leser zu unterhalten. Butler Parker ist seinen Gegnern, den übelsten Ganoven, auch geistig meilenweit überlegen. In seiner auffallend unscheinbaren Tarnung löst er jeden Fall. Bravourös, brillant, effektiv – spannendere und zugleich humorvollere Krimis gibt es nicht! Josuah Parker wirkte ein wenig gehemmt und schüchtern. Vielleicht lag es an der Umgebung, in der er sich befand. Die Kneipe in der Nähe der West India Docks sah bedrückend schmutzig und verkommen aus. Es roch nach saurem, verschüttetem Bier, nach schlechtem Tabak und nach scharfem Schweiß. Die Dockarbeiter an der Theke waren laut. Sie bewegten sich mit einer hemdsärmeligen Rauheit, die auf den Butler schon peinlich wirkte, achteten kaum auf den korrekt gekleideten Mann, der sich beeilte, in einer halbdunklen Nische zu verschwinden. Parker legte seinen Universal-Regenschirm ab, verstaute seine schwarze steife Melone und zog sich die schwarzen Zwirnhandschuhe aus. Seine Hände spielten nervös mit einer kleinen Ledertasche. Unnötig zu sagen, daß sie von schwarzer Farbe war. Es dauerte lange Minuten, bis sich der Barkeeper dazu herabließ, vor Parker zu erscheinen. Brummig erkundigte er sich nach seinen Wünschen. »Wenn es recht ist, hätte ich gern ein Glas Ale«, antwortete Josuah Parker höflich. »Kostet hier am Tisch aber Bedienung«, meinte der Barkeeper. Er trocknete sich seine nassen Hände an der schmuddeligen Schürze ab. »Natürlich, natürlich«, gab Parker höflich zurück. »Würden Sie mir übrigens über die Bedienung hinaus mit einem Rat zur Verfügung stehen? Selbstverständlich gegen Bezahlung.«

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Leseprobe: Butler Parker Gold Edition

5 unveröffentlichte Titel:

Parker legt die "Römer" rein

Parker handelt mit Zitronen

Parker holt die Reiter aus dem Sattel

Parker lässt die "Blitzer" stolpern

Parker löscht den heißen Abriss

Butler Parker – 177 –

Parker und der König der Reeperbahn

Günter Dönges

Josuah Parker wirkte ein wenig gehemmt und schüchtern.

Vielleicht lag es an der Umgebung, in der er sich befand. Die Kneipe in der Nähe der West India Docks sah bedrückend schmutzig und verkommen aus. Es roch nach saurem, verschüttetem Bier, nach schlechtem Tabak und nach scharfem Schweiß. Die Dockarbeiter an der Theke waren laut. Sie bewegten sich mit einer hemdsärmeligen Rauheit, die auf den Butler schon peinlich wirkte, achteten kaum auf den korrekt gekleideten Mann, der sich beeilte, in einer halbdunklen Nische zu verschwinden.

Parker legte seinen Universal-Regenschirm ab, verstaute seine schwarze steife Melone und zog sich die schwarzen Zwirnhandschuhe aus. Seine Hände spielten nervös mit einer kleinen Ledertasche. Unnötig zu sagen, daß sie von schwarzer Farbe war.

Es dauerte lange Minuten, bis sich der Barkeeper dazu herabließ, vor Parker zu erscheinen. Brummig erkundigte er sich nach seinen Wünschen.

»Wenn es recht ist, hätte ich gern ein Glas Ale«, antwortete Josuah Parker höflich.

»Kostet hier am Tisch aber Bedienung«, meinte der Barkeeper. Er trocknete sich seine nassen Hände an der schmuddeligen Schürze ab.

»Natürlich, natürlich«, gab Parker höflich zurück. »Würden Sie mir übrigens über die Bedienung hinaus mit einem Rat zur Verfügung stehen? Selbstverständlich gegen Bezahlung.«

»Sie wissen, worauf es ankommt.« Der Barkeeper grinste. »Was haben Sie denn auf dem Herzen?«

»Ich weiß nicht recht, wie ich beginnen soll.« Parker seufzte elegisch auf und sah verschämt zu Boden. Der Barkeeper glaubte verstanden zu haben. Sein Grinsen wurde anzüglich.

»Wollen Sie ’ne Dame kennenlernen?« fragte er rundheraus.

»Aber nein, ganz gewiß nicht.« Parker schüttelte fast entrüstet den Kopf. »Ich fürchte, ich bin gründlich mißverstanden worden. Nein, es handelt sich um gewisse Geschäftsbedingungen. Mit anderen Worten, ich besitze eine Ware, die ich allein wohl kaum zu Geld machen kann.«

»Ach so, Sie wollen was verscheuern.« Der Barkeeper hatte endlich richtig verstanden. Er sah den Butler abschätzend und interessiert an. Dann glitten seine Augen auf die schwarze Ledermappe. »Was wollen Sie denn an den Mann bringen?«

»Darf ich offen zu Ihnen reden?«

»Versuchen Sie’s doch.«

»Es geht um Dinge, die vom Gesetz nicht zugelassen sind.«

»Machen Sie’s nicht so spannend.« Der Barkeeper grinste amüsiert. »Hier bei uns brauchen Sie nichts zu befürchten. Wir können den Mund halten.«

»Gestatten Sie, daß ich etwas aushole«, begann Parker. »Ich bin Butler, was meinen Beruf angeht. Bis vor zwei Tagen arbeitete ich für einen Chemiker. Wegen einiger Mißverständnisse mußte ich meinen Dienst quittieren.«

»Hat man Sie beim Klauen erwischt?« Der Barkeeper war für klare Feststellungen. Von vornehmen Umschreibungen hielt er nichts.

»Ich bin natürlich zu Unrecht verdächtigt worden«, meinte der Butler entrüstet. »Eine Durchsuchung meines Gepäcks verlief ergebnislos.«

»Dann waren Sie eben gerissen. Rücken Sie endlich mit der Sprache heraus, Mann. Was wollen Sie loswerden?«

»Ich deutete schon an, daß ich bei einem Chemiker arbeitete«, erklärte Josuah Parker würdevoll. »Da man mir den mir zustehenden Jahreslohn vorenthielt, sah ich mich gezwungen, mich anderweitig schadlos zu halten.«

»Mann, Sie gehen mir auf die Nerven. Sagen Sie schon, was Sie verscheuern wollen.«

»Methylester des Benzoinekgonins.«

»Wie bitte? Was is’ denn das?«

»Sie würden Kokain dazu sagen.«

»Koks?«

»So lautet tatsächlich der Vulgärausdruck.« Parker nickte und zog die schwarze Ledertasche unwillkürlich an sich. »Kennen Sie eine Adresse, die sich für meine, sagen wir Ware, interessieren könnte?«

»Mein lieber Mann!« Der Barkeeper grinste nicht mehr. Ja, er sah sich sogar unwillkürlich zur Theke um, als befürchte er, belauscht zu werden. »Warum handeln Sie nicht gleich mit ’ner Wasserstoffbombe?«

»Die war leider nicht zu bekommen«, erwiderte Parker ernsthaft. »Zudem befaßte sich mein Dienstherr nicht damit. Ich deutete wohl schon an, daß er Chemiker ist.«

»Wieso kommen Sie mit dem Koks ausgerechnet hierher?« Der Barkeeper war und blieb mißtrauisch. Er hatte seine Stimme zu einem Flüstern gedämpft.

»Das hier ist das vierte Lokal seiner Art, das ich besuche. Und zum ersten Mal begegne ich endlich einem Menschen, der mit dem Begriff Kokain etwas anzufangen weiß.«

»Sie sind mit dem Zeug hausieren gegangen?«

»Ich möchte es, unkompliziert ausgedrückt, zu Geld machen. Ich befinde mich in einer gewissen momentanen Verlegenheit.«

»Sie glauben, ich könnte Ihnen helfen?«

»Ich hoffe es. Sollten Sie einen Verkauf der Ware ermöglichen, werde ich mich selbstverständlich erkenntlich zeigen.«

»Was Sie da anbieten, ist verdammt heiß.« Der Barkeeper blieb vorsichtig. »Sagen Sie mal, welche Kneipen haben Sie denn bisher besucht?«

»Oh, ich verstehe.« Parker gestattete sich ein diskretes Schmunzeln. »Sie wollen nachforschen, ob ich die von mir genannten Lokale auch tatsächlich aufgesucht habe, nicht wahr?«

»Klar, ich lasse mich nicht gern aufs Glatteis führen.«

Parker hatte vollstes Verständnis für diese Vorsicht. Er nannte die Namen der vier betreffenden Lokale. Der Barkeeper schien sie alle zu kennen. Und er wollte den Dingen auf den Grund gehen.

»Ich werd’ Ihnen jetzt erst mal das Ale bringen«, sagte er. »Kann sein, daß ich einen Kunden für Sie herbeischaffen kann. Kann sein, ist aber noch längst nich sicher.«

»Nehmen Sie sich nur Zeit«, meinte Parker freundlich. »Ich deutete ja schon an, daß ich zur Zeit beschäftigungslos bin. Daher kann ich über meine Freizeit verfügen.«

»Noch etwas.« Der Barkeeper schien sich für dieses Geschäft inzwischen erwärmt zu haben. »Bei welchem Mann waren Sie beschäftigt? Und wie heißen Sie eigentlich?«

»Mein Name ist Parker, Josuah Parker. Und mein Dienstherr ist ein gewisser Dr. Basil Snyder.«

»Schön, und wann kommt er dahinter, daß Sie ihm das Kokain weggenommen haben?«

»Meiner Schätzung nach erst in vierzehn Tagen. Dr. Snyder ist zur Zeit in Frankreich. Er besucht dort einen wichtigen Kongreß.«

»Na schön, warten wir’s ab.« Der Barkeeper verließ die Nische und ging zurück zur Theke. Er beeilte sich, einige Biergläser zu füllen, servierte Parkers Ale und verschwand dann hinter einer Schiebetür.

Parker richtete sich auf eine längere Wartezeit ein. Er wußte nur zu gut, wie vorsichtig Rauschgiftgangster waren. Bevor sie sich mit ihm in Verbindung setzen würden, prüften sie bestimmt alle Angaben.

Der Butler gratulierte sich nachträglich zu seinen intensiven Vorbereitungen. Seine Angaben stimmten bis aufs Haar. Sie hielten allen Nachprüfungen stand. Nun kam es darauf an, daß er interessant genug erschien …

*

»Anruf für Sie.«

Der Barkeeper winkte den Butler zur Theke und deutete auf den Wandapparat. Er schien das Geschäft also schon eingefädelt zu haben. Josuah Parker erhob sich. Würdevoll schritt er durch die Kneipe und langte nach dem Telefonhörer. Er meldete sich mit seinem Namen.

»Sie haben Ware?« fragte eine kalte, unpersönliche Stimme.

»Mit wem habe ich die Ehre zu sprechen?«

»Lassen Sie die Mätzchen, Parker. Haben Sie Ware oder nicht?«

»Ich bin ganz gewiß nicht zu meinem Vergnügen hier.«

»Hoffentlich versuchen Sie keine faulen Tricks, Parker.«

»Sie werden beleidigend.«

»Na gut, ich bin an dem Zeug interessiert. Haben Sie eine Probe bei sich?«

»Eine Probe? Ich nahm mir die Freiheit, die gesamte Ware gleich mitzubringen. Ich möchte nicht in Raten verhandeln und verkaufen.«

»Wieviel Gramm?«

»Genau 580,6 Gramm. Aber nun möchte ich wissen, mit wem ich spreche.«

»Sagten Sie gerade 580 Gramm?«

»Nein, 580,6 Gramm.«

»Spalten Sie keine Haare, Parker. Ich werde das Zeug aufkaufen. Über den Preis werden wir uns schon einigen.«

»Ich will es sehr hoffen. Ich brauche Geld, um den Staub dieser Insel von meinen Schuhen schütteln zu können. Ich brauche das Geld umgehend.«

»In Ordnung, wir werden uns treffen. Sagen wir, in einer Stunde.«

»Und wo, wenn ich fragen darf?«

»Lassen Sie sich vom Barkeeper erklären, wo Sie das Lokal ›The Coin‹ finden können. Erwarten Sie mich dort!«

»Wie werde ich Sie erkennen?«

»Ich werde mich zu Ihnen an den Tisch setzen, Parker.«

»Wissen Sie denn, wie ich aussehe?«

»Natürlich. Ein Mann wie Sie fällt auf! Machen Sie sich sofort auf den Weg! Wir wollen keine Zeit verlieren, «

»Ich hoffe, Sie stellen mir keine Falle.«

»Dieses Risiko müssen Sie eingehen.«

»Sie auch, das ist nur zu natürlich.« Parker verzichtete auf ein weiteres Gespräch und legte auf. Er winkte den Barkeeper zu sich heran und ließ sich den Weg beschreiben.

»Das ist ’ne finster aussehende Gegend«, schloß der Barkeeper seinen eingehenden Vortrag. »Stören Sie sich nur nicht daran. Ihnen wird nichts passieren.«

»Ich will es sehr hoffen«, erwiderte Parker. »Sie ahnen nicht, wie nervös ich werde, falls man mir Unannehmlichkeiten bereitet.«

»Sie sehen ganz danach aus«, spottete der Barkeeper und lachte wie über einen guten Witz. Er hielt den Butler für einen ausgemachten Trottel und wußte, daß er übers Ohr gehauen werden sollte …

*

Der Butler hielt sich genau an die Beschreibung, die der Barkeeper ihm gegeben hatte. Er wußte längst, daß er sich in einer bösen und finsteren Gegend befand. Sein Weg führte ihn durch schmale Gassen, vorbei an schmutzigen Lagerschuppen und an einsamen Dockanlagen, wo es nach verfaultem Fisch, nach Salz und nach Brackwasser roch.

Parker hatte keine Angst. Er war sich seiner Fähigkeiten durchaus bewußt. Er hielt sich selbstverständlich nicht für einen Übermenschen. Dazu war seine Selbstkritik viel zu sehr ausgebildet. Er wußte aber, daß seine Trickkiste gut gefüllt war. Zu oft schon hatte er sich in der Vergangenheit mit ausgekochten und gerissenen Gangstern herumgeschlagen. Er kannte ihr Denken und Handeln. Er konnte sich auf ihre Methoden einstellen.

Ihm war klar, daß er ausgenommen werden sollte. Man hielt ihn für einen Gimpel, glaubte gewiß, leichtes Spiel mit ihm zu haben. Nun, Parker war gewillt, es auf einen Versuch ankommen zu lassen.

Nach knapp zehn Minuten war es soweit.

Er befand sich in einer schmalen Gasse, die von nackten Ziegelmauern einer Fabrik und eines Lager-Schuppens flankiert wurde. Die Straßenbeleuchtung war hier mehr als spärlich. Seine Schritte hallten wider. Es herrschte eine unheimliche und unheilschwangere Atmosphäre, wie sie in Kriminalfilmen bevorzugt wird. Gewalt und Verbrechen lagen in der Luft. Nebelschwaden, die von der Themse her kamen, unterstrichen diesen Eindruck …

Parker hatte die Hälfte der Gasse bereits hinter sich gebracht, als er Kontakt mit den Gangstern bekam.

Zwei stark angetrunkene Seeleute kamen ihm entgegen. Sie sangen schlecht und laut. Sie torkelten auf ihn zu, schienen ihn überhaupt nicht zu bemerken und blieben plötzlich stehen, um sich Zigaretten anzuzünden.

Parker sah sich als guterzogener Mensch gezwungen, ihnen sein Feuerzeug anzubieten. Er ging ihnen direkt entgegen. Höflich lüftete er seine steife schwarze Melone,

»Bedienen Sie sich«, sagte er freundlich. »Ich sehe, daß Sie mit den Streichhölzern nicht zurechtkommen.«

Einer der Seeleute beging den Fehler, nach dem Feuerzeug zu greifen. Er weitete seinen Fehler noch aus, indem er das Feuerzeug in Tätigkeit setzte und zur Zigarette hochhob.

Der Verschluß sprang auf. Der Funke zündete. Und er brachte im gleichen Augenblick damit ein kleines Gasgemisch zur Explosion. Es gab einen bösen Knall. Eine mittelprächtige Stichflamme schoß hoch und veranlaßte den Gangster, einen Schrei des Entsetzens auszustoßen.

Der zweite Seemann handelte augenblicklich. Er versuchte zu retten, was noch zu retten war. Er holte zu einem mächtigen Hieb aus. Er schlug auch gekonnt zu, doch sein Schwinger verpuffte in der Luft. Parker hatte es aus taktischen Gründen vorgezogen, zur Seite zu weichen.

Bevor der Schläger sich fassen und neu aufbauen konnte, verspürte er einen unangenehmen, harten Griff am Knöchel. Ein kurzer Ruck, dann verlor der Mann sein Gleichgewicht. Er stürzte zu Boden und blieb überrascht und leicht groggy auf dem nebelnassen Pflaster liegen.

Parker hakte den Griff seines Universal-Regenschirms vom Knöchel des Mannes los. Damit hatte er den Schläger nämlich aus dem Gleichgewicht gebracht. Dann warf der Butler ein kleines Glasfläschchen auf das Pflaster und war im gleichen Moment verschwunden.

Nun, er hatte sich nicht in der Luft aufgelöst. Das brachte auch ein Josuah Parker nicht fertig. Doch er verschwand in einer dichten Nebelwolke, die aus dem zertrümmerten Glasfläschchen hochstieg. Diese Nebelwolke verbreitete sich mit größter Schnelligkeit. Innerhalb nur weniger Sekunden waren selbst die nackten Ziegelmauern nicht mehr zu sehen.

Hustend, spuckend, nach Luft ringend, ergriffen die beiden angeblich betrunkenen Seeleute die Flucht. Sie torkelten plötzlich nicht mehr herum. Sie konnten sehr schnell laufen und machten einen durchaus sportlichen und durchtrainierten Eindruck.

Sie waren derart durcheinander, daß sie den Butler vollkommen vergaßen. Sie kümmerten sich nicht mehr um ihn. Sie hatten nur den einen Wunsch, so schnell wie möglich zurück zu ihrem wartenden Wagen zu gelangen.

Es handelte sich um einen Morris Oxford. Der Wagen stand in einer Seitenstraße. Die beiden Gangster sprangen in ihn hinein und wollten sofort losfahren.

Dann aber merkten sie, daß die Luft in den Hinterreifen fehlte. Sie waren mit Recht böse und peinlich berührt. Mit dieser Verzögerung hatten sie nicht gerechnet.

Der Beifahrer sprang aus dem Wagen. Er wollte sich den Schaden ganz aus der Nähe ansehen. Als er um das Wagenheck herumkam, blieb er wie angewurzelt stehen. Er kam nicht mehr dazu, nach seiner Schußwaffe zu greifen.

Sein Kinn rammte nämlich einen harten Gegenstand. Der angebliche Seemann stieß einen gurgelnden Laut aus. Dann machte er sich gehorsam auf die Reise hinunter zum Pflaster. Er blieb regungslos neben dem platten Reifen liegen.

»Was ist?« rief der Fahrer des Morris Oxford. Er wartete auf einen Lagebericht. Als er keine Antwort erhielt, stieg er auch aus. Er wollte seinem Begleiter helfen.

Er kam nicht weit. Ein Finger tippte auf seine Schulter.

Der Mann drehte sich erstaunt um. Im Rücken hätte er seinen Partner nicht vermutet.

Es war nicht sein Partner, es war der Butler.

»Ich bedaure diese Kraftakte und verurteile sie im Grunde meines friedlichen Wesens«, entschuldigte sich Parker. Dann schlug er noch mal zu. Sein Schlag kam kurz und trocken. Ein Profi hätte nicht präziser zulangen können.

Der zweite Seemann verdrehte die Augen. Er produzierte einen wehmütigen Seufzer und suchte dann das Pflaster auf. Er schien sich darauf sehr wohl zu fühlen, denn er blieb liegen und hielt innigen Kontakt mit den groben Steinen. Er stand nicht mehr auf.

Josuah Parker hatte nun Zeit, sich den Morris Oxford etwas genauer anzusehen. Vorn auf dem Beifahrersitz entdeckte er ein kleines Funksprechgerät, ein Walkie-Talkie, wie es bei der Armee verwendet wird. Die beiden angeblichen Seeleute hatten sich also sehr modern ausgerüstet. Ob sie sich als reine Funkamateure auf solch eine kostspielige Sache eingelassen hatten, bezweifelte der Butler. Er vermutete realere Hintergründe.

Um den Dingen auf den Grund zu gehen, holte Parker das Funksprechgerät aus dem Wagen, zog die Teleskopantenne heraus und drückte den Sendeknopf. Mit etwas verstellter Stimme sagte er einige Male »Hallo« in das eingebaute Mikrofon hinein. Er war gespannt, ob die Gegenstelle sich meldete.

Sie meldete sich.

Eine kühle, unpersönliche Stimme fragte zurück. Sie wollte wissen, ob alles glatt verlaufen war.

»Habt ihr die Ware bekommen?« wollte die Stimme schließlich wissen.

»Ich muß Sie enttäuschen«, antwortete Josuah Parker in seiner höflichen Art. »Hier spricht Josuah Parker. Ich muß in aller Form gegen Ihre unfairen Methoden protestieren. Ich wollte die Ware verkaufen, nicht aber verschenken!«

»Parker, Sie?« Ein nervöses Hüsteln folgte.

»Ich bin so frei«, gab Parker zurück. »Ich möchte Sie darauf hinweisen, daß zwei angebliche Seeleute dringend der Hilfe und Behandlung bedürfen. Sie haben das erlitten, was Sie wahrscheinlich in Ihrer Branche einen Betriebsunfall nennen werden.«

»Hören Sie, Parker, ein Mißverständnis.« Die kalte, unpersönliche Stimme war deutlich und ohne Verzerrung zu hören. Das Funksprechgerät arbeitete erstklassig. Die Gegenstelle mußte sich irgendwo in der Nähe der Docks befinden, sonst wäre wegen der hohen Bauten eine solch gute Verständigung gar nicht möglich gewesen.

»Ob Mißverständnis oder nicht, ich werde mir die Freiheit nehmen, die Ware anderweitig anzubieten.«

»Sie werden keinen Kunden finden. Vergessen Sie den Zwischenfall. Wir werden uns noch einigen.«

»Besser nicht«, meinte der Butler. »Ich bin sicher, daß es hier in London auch noch ehrliche Geschäftsfreunde geben wird. Ich empfehle mich.«

Parker ließ die Sende- und Empfangstaste los. Der Funksprechverkehr war damit beendet. Der Butler klemmte sich das Gerät unter den Arm und verschwand in der Dunkelheit. Vorher vergaß er allerdings nicht, die beiden Hinterreifen des Morris Oxford anzubohren. Er war nicht daran interessiert, daß die beiden angeblichen Seeleute allzu schnell wegfuhren. Er brauchte sie noch.

*