Perry Rhodan 115: Der Imperator und das Ungeheuer - William Voltz - E-Book

Perry Rhodan 115: Der Imperator und das Ungeheuer E-Book

William Voltz

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Beschreibung

Atlan am Scheideweg: Friede oder Vernichtung - das ist die Frage! Thomas Cardif, der Renegat, hat Perry Rhodans Platz als Administrator des Solaren Imperiums der Menschheit eingenommen, und niemand - weder Perry Rhodans engste Freunde noch die Mutanten - ahnt, daß der falsche Mann am Ruder sitzt. Wenn Cardifs Handlungsweise nicht der Handlungsweise entspricht, die man von einem Perry Rhodan gewohnt ist, so entschuldigt man das seltsame Benehmen des Administrators damit, daß Perry Rhodans geistige Gesundheit durch die Gefangenschaft bei den Antis Schaden erlitten hätte... Thomas Cardif kann also triumphieren, niemand habe ihn durchschaut, und er könne schalten und walten, wie es ihm beliebe - auch wenn sein Wirken die Völker der Milchstraße an den Rand des Abgrunds führen sollte... Einen Faktor jedoch hat der Usurpator nicht in seine Pläne mit einbezogen: das Geistwesen vom Planeten Wanderer, das für seine makabren Scherze bekannt und berüchtigt ist! Einen weiteren Faktor stellt Atlan dar, der Imperator von Arkon - denn als es zu dem Treffen: DER IMPERATOR UND DAS UNGEHEUER kommt, wird die Lage für Perry Rhodans Doppelgänger äußerst kritisch...

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Nr. 115

Der Imperator und das Ungeheuer

Atlan am Scheideweg: Friede oder Vernichtung – das ist die Frage!

von WILLIAM VOLTZ

Thomas Cardif, der Renegat, hat Perry Rhodans Platz als Administrator des Solaren Imperiums der Menschheit eingenommen, und niemand – weder Perry Rhodans engste Freunde noch die Mutanten – ahnt, dass der falsche Mann am Ruder sitzt.

Wenn Cardifs Handlungsweise nicht der Handlungsweise entspricht, die man von einem Perry Rhodan gewohnt ist, so entschuldigt man das seltsame Benehmen des Administrators damit, dass Perry Rhodans geistige Gesundheit durch die Gefangenschaft bei den Antis Schaden erlitten hätte ...

Thomas Cardif kann also triumphieren, niemand habe ihn durchschaut, und er könne schalten und walten, wie es ihm beliebe – auch wenn sein Wirken die Völker der Milchstraße an den Rand des Abgrunds führen sollte ...

Einen Faktor jedoch hat der Usurpator nicht in seine Pläne mit einbezogen: das Geistwesen vom Planeten Wanderer, das für seine makabren Scherze bekannt und berüchtigt ist!

Die Hauptpersonen des Romans

Thomas Cardif – Das Zerrbild eines Perry Rhodan.

Atlan – Der Imperator steht vor einer schweren Entscheidung.

Reginald Bull – Nur das Handeln hinter dem Rücken seines besten Freundes kann die Katastrophe verhindern.

General Alter Toseff – Ein aktiver Arkonide von Saratan.

Brazo Alkher und Stana Nolinow – Leutnants von der IRONDUKE.

Kutlós, Tasnór, Hepna-Kaloót und Hanóor – Diener des Báalol-Kultes.

1.

Major Hunts Krefenbac, der Erste Offizier des Linearschlachtschiffes IRONDUKE, war ein beherrschter Mann. Seine Hände zitterten jedoch leicht, als er zu dem hochgewachsenen Terraner hinüberblickte, den er für Perry Rhodan hielt. Krefenbac fuhr unbewusst mit seiner Hand über die Uniform. Seine Gesichtsmuskeln spannten sich. Er sah, dass Rhodans Halsschlagader stark angeschwollen war – und er sah auch den Grund dafür. Der Kragen des Uniformhemdes war zu eng geworden, obwohl der Patentknopf bereits in der letzten Öse befestigt war.

Krefenbac starrte auf das gerötete Gesicht des Administrators. Es erschien ihm plötzlich breitflächiger als jemals zuvor. Sollte die unheimliche Veränderung immer weiter fortschreiten?

Er hörte, wie sich jemand durchdringend räusperte. Reginald Bull warf ihm einen warnenden Blick zu. Doch es war bereits zu spät. Cardif fuhr herum. Die Heftigkeit seiner Bewegung ließ seinen Kragenknopf abplatzen.

In der Kommandozentrale der IRONDUKE erstarb jedes Geräusch. Cardifs geöffneter Mund brachte keinen Ton hervor. Der Knopf rollte in immer enger werdenden Kreisen über den Boden, bis er schließlich direkt vor Dr. Carl Riebsam, dem Mathematiker, liegenblieb. Wie hypnotisiert beobachteten die Männer den Vorgang.

Cardif griff mit beiden Händen nach seinem Hals. Seine Augen weiteten sich in stummem Entsetzen. Er betastete die aufgerissene Öse.

»Sie wollten doch gerade etwas sagen, Major«, wandte er sich mit krächzender Stimme an Hunts Krefenbac.

In Krefenbacs Blick war Hilflosigkeit zu erkennen, aber auch Mitleid.

»Sir ...«, begann er vorsichtig.

Mit einem Ruck kam Cardif hoch. Die Uniform spannte über seinem Körper. Es war kein Geheimnis bei der Besatzung, dass er innerhalb der letzten drei Tage über drei Zentimeter gewachsen und auch im Umfang breiter geworden war. Es schien fast, als sollte der Vorgang durch die Nähe des Planeten Saós noch beschleunigt werden.

»Reden Sie schon!«, schrie Cardif unbeherrscht.

Aus den Augenwinkeln heraus beobachtete er, wie sich Riebsam nach dem Knopf bückte. Er stieß den Mathematiker zur Seite. Ein hässliches Lächeln erschien auf seinem Gesicht.

»Nein, Doc«, sagte er spöttisch, »nicht Sie.«

In Krefenbacs Gesicht begann sich eine leichte Röte auszubreiten. Reginald Bull stand mit verschränkten Armen hinter Cardif, den er für seinen besten Freund hielt.

Cardif sah Krefenbac lauernd an.

»Nun, Major, wollen Sie Ihrem kranken Vorgesetzten nicht den Knopf aufheben?«

Die Färbung verschwand aus Krefenbacs Gesicht. Er wurde leichenblass. Er wusste, dass Rhodan ihn erniedrigen wollte. Für ihn war diese Handlungsweise des Administrators unbegreiflich. Krefenbac hielt viel von Disziplin. Er war ein ausgezeichneter Soldat und Offizier.

»Sir«, sagte er tonlos. »Sir, bitte befreien Sie mich von diesem Befehl. Ich weide Ihnen einen Ersatzknopf in Ihre Kabine bringen.«

Es war jedem in der Zentrale klar, dass der Major Rhodan auf halbem Wege entgegenkam. Weiter, und auch das wusste jeder, würde Krefenbac nicht gehen. Er war bereit, seinen Stolz zu dämpfen, nicht aber, ihn brechen zu lassen.

In Cardifs Augen erschien ein fanatischer Glanz. So gut wie jeder andere vermochte er Krefenbacs Haltung zu deuten. Der Major besaß Rückgrat. Für den Mann, der unter den Einfluss der tückischen Wirkung des Zellaktivators geraten war, schien jedoch jeder Rückzug unmöglich. Er wollte, dass jeder seiner Befehle befolgt wurde.

»Major«, flüsterte er, »heben Sie den Knopf auf.«

Krefenbac straffte sich. Sein offener Blick kreuzte sich mit dem Cardifs. Bevor der Major ein Wort gesagt hatte, wusste jeder, dass er den Befehl verweigern würde.

In diesem Augenblick kam Bully um Cardif herum. Er blinzelte Krefenbac zu und bückte sich nach dem Knopf. Cardif schwieg. Bully wog den Gegenstand der Auseinandersetzung nachdenklich in seiner Hand.

»So ein winziges Ding«, sagte er nachdenklich. »Hier, Perry.«

Er streckte seine Hand Cardif entgegen.

Abrupt wandte sich der falsche Administrator ab. Bullys Hand sank nach unten. Die Spannung ließ nach. Mit wenigen Schritten hatte Cardif die Zentrale verlassen. Das Eingreifen Bullys hatte ihn überrascht, wenn es ihm auch nicht ungelegen gekommen war. Letzten Endes hätte sich eine solche Kraftprobe mit dem Major nicht gut auf die Stimmung der gesamten Offiziere ausgewirkt. Solche Überlegungen streifte Cardif jedoch nur am Rande.

Es gab für ihn ein primäres Problem: Wie konnte er seine schnell fortschreitende Metamorphose unterbrechen und rückgängig machen?

Der einzige erfolgversprechende Weg, den er einschlagen konnte, erschien ihm eine Invasion von Saós zu sein. Die Priester der Báalol-Sekte hatten ihn dazu verführt, die Zellaktivatoren auf Wanderer zu beschaffen. Sie mussten gewusst haben, wie fürchterlich die Wirkung bei ihm sein würde. Da sie nicht bereit waren, ihm freiwillig zu helfen, musste er sie dazu zwingen. Cardif war nicht mehr in der Lage, logisch zu denken. Die Zellwucherung griff allmählich auf sein Gehirn über und ließ seinen Verstand willkürlich arbeiten.

Er wusste die Macht der Solaren Flotte in seinem Rücken. Sie erschien ihm als geeignetes Druckmittel, um die Priester gefügig zu machen. Auf den Gedanken, dass er verraten werden könnte, kam Cardif nicht.

Er betrat seine Kabine und riegelte sie sorgfältig ab. Eine Weile stand er reglos in dem kleinen Raum. Nur das Heben und Senken seiner Brust verriet, dass noch Leben in ihm war. Dann begann er mit seiner Tätigkeit, die er regelmäßig alle zwölf Stunden wiederholte.

Er ging bis zur Wand. An einem Vorsprung blieb er stehen. Etwa in Kopfhöhe waren verschiedenfarbige Markierungen eingekerbt. Neben jeder Kerbe stand in dünnen Buchstaben ein Datum. Es waren insgesamt fünf. Cardif drehte sich mit dem Rücken zur Wand. Er nahm ein Lineal vom Tisch und hielt es so über seinen Kopf, dass es einen rechten Winkel zu dem Vorsprung bildete. Dann machte er einen Schritt nach vorn, ohne die Messlatte von der Wand zu lösen. Er zog einen Schreiber aus der Tasche und ritzte eine weitere Kerbe ein. Sie war höher als alle anderen. Mit zitternder Hand schrieb Cardif daneben: 2. September 2103.

Er war wieder einen halben Zentimeter gewachsen, seitdem er zum letzten Mal hier gestanden hatte.

Die geballte Faust des Mannes hieb mit voller Wucht gegen die feste Leichtmetallwand. Der Schmerz brachte ihn zur Besinnung. Er holte ein elastisches Messband hervor. Sorgfältig maß er seinen Umfang und trug ihn in eine Tabelle ein. Auch hier hielt die Veränderung an.

Cardif stöhnte leise. Er griff an jene Stelle, wo sich der Aktivator in seine Brust eingebrannt hatte. Die Ärzte hatten ihm gesagt, dass an eine operative Entfernung nicht zu denken sei.

Es war sinnlos, dass er sein Gewicht prüfte. Es hielt mit der Zellspaltung nur in geringem Maße Schritt. Trotzdem besaß Cardif ein weiteres Mittel, seinen Zustand einwandfrei zu prüfen. Es war einfach und hart. Unbestechlich zeigte es ihm den Fortschritt seiner Krankheit an.

Hastig zerrte Rhodans Sohn den Spiegel unter seinem Bett hervor. Er war einen Meter breit und doppelt so lang. Cardif lehnte ihn gerade an die Wand.

Er sah sich, wie er da mit herabhängenden Armen in der Kabine stand, die Haare wirr im Gesicht. Er sah nicht direkt krank aus, aber von der muskulösen Schlankheit eines Perry Rhodan war nichts mehr zu sehen. Die Uniform saß viel zu eng, obwohl es bereits die größte war, die an Bord der IRONDUKE zur Verfügung stand. Mit den Fingern tastete er über seinen Körper. Sein Fleisch war nicht mehr fest, es gab unter dem Druck der Hände nach wie ein Schwamm.

Unbeweglich starrte Cardif auf sein Spiegelbild. Von Gefühlen zerrissen, schien er innerlich zu zerbersten. Sein Hass drohte in Wahnsinn überzugehen.

Er deutete auf diese Figur, die er selbst war und die einen anderen darstellen sollte. Und aus dem Spiegel heraus reckte sich ihm ein Arm entgegen.

»Hallo, Rhodan«, sagte Cardif mit entstellter Stimme.

Lauschend hob er seinen Kopf.

»Wer Rhodan ist und seine Macht fest in den Händen hält, muss nicht unbedingt wie Rhodan aussehen«, erklärte er seinem Spiegelbild. »Verstehst du das, mein Junge?«

Ein höhnisch verzerrtes Gesicht grinste ihm entgegen. Es hatte viel von dem markanten Aussehen Rhodans verloren.

»Mein Spiel geht weiter«, murmelte Cardif. »Ich gebe nicht so einfach auf. Saós wird fallen.«

Cardif machte einen Schritt auf den Spiegel zu. Sein Oberkörper war vorgebeugt. In seinem Unterbewusstsein regte sich etwas, aber es gelangte nicht zum Durchbruch.

»Vielleicht werde ich immer größer und breiter«, kicherte er. »Eines Tages ist die IRONDUKE dann nicht mehr in der Lage, meinen Körper zu fassen.« Diese makabre Vorstellung schien ihn zu erheitern. Eine Menge wirrer Gedanken schoss durch sein Gehirn. Er riss die Uniformjacke auf und pochte gegen seine Brust.

»Da sitzt die Hölle«, lallte er verzweifelt. »Festgekrallt in meinem eigenen Leib. Sie rumort und lässt mir keine Ruhe. Ärzte, Ärzte, warum können sie mir nicht helfen?«

Niemand antwortete ihm. Er war immer einsam gewesen. Irgendwie erweckte dieser Gedanke seinen alten, ursprünglichen Stolz. Er wollte sich aufrichten, aber er musste befürchten, dass die Uniform dem Druck der Muskeln nicht standhalten würde.

Sah so das ewige Leben aus, das er sich von dem Zellaktivator versprochen hatte?

Er ließ sich auf sein Bett fallen und wälzte sich ruhelos herum. Sollte er sich wieder ein Schlafmittel bringen lassen? Ein unsinniger Einfall begann ihn zu beschäftigen. Er stellte sich vor, dass, während er schlief, Krefenbac hereinkommen und ihn erwürgen könnte. Betäubt von der Medizin würde er sich nicht rasch genug wehren können.

Energisch schüttelte er seinen Kopf. Er musste Klarheit behalten. Vor allem durfte er sein großes Ziel nicht vergessen. Ein großer Teil der Solaren Flotte stand jetzt im Saós-System.

Unbewusst fiel sein Blick wieder auf den Spiegel. Er erhob sich und ging darauf zu. Etwas lockte ihn an. Ganz dicht kam er heran, bis sein Atem die glatte Oberfläche anlaufen ließ. Er wischte mit dem Ärmel den Beschlag weg, um besser sehen zu können.

Er blickte in sein eigenes Gesicht. Es war nur Zentimeter von ihm entfernt.

Da sah er es!

Er wollte schreien, oder irgend etwas anderes tun. Doch Panik und Entsetzen lähmten ihn. Langsam griff er hinter sich und zog das Lineal heran. Er hob seinen Arm und schmetterte ihn gegen das Glas. Sein Gesicht zersprang in unzählige Teile, schien nach allen Richtungen katapultiert zu werden. Klirrend landeten die Bruchstücke am Boden. Der Lärm brachte Cardif zur Besinnung. Schwankend kehrte er zu dem Bett zurück und ließ sich niedersinken.

Es waren seine Augen, die ihn so schockiert hatten. Ihr Grau war ihm plötzlich verwaschen vorgekommen. Ein gelblicher Ton überlagerte die ursprüngliche Farbe. Cardif wusste, was für ein Blick das war.

Der Blick eines Raubtieres.

*

Krefenbac atmete tief. Seine dankbaren Worte, die er an Bully gerichtet hatte, waren voller Überzeugung gewesen.

»Sie haben mir in einer sehr unangenehmen Lage geholfen, Sir«, sagte er abschließend.

Reginald Bull blieb ernst. In seinem sommersprossigen Gesicht hatten sich sorgenvolle Falten eingegraben. Es war ihm deutlich anzusehen, dass er auf zwei Schultern trug. Er wollte seinen unglücklichen Freund weiterhin unterstützen und gleichzeitig die Menschen, die Rhodan umgaben, vor seinen unbegreiflichen Launen schützen.

»Die Lage ist für uns alle unangenehm«, sagte er zu dem Major. »Vergessen wir nicht, dass der Chef schwer unter seiner Krankheit leidet. Außerdem machen ihm noch immer die Nachwirkungen seiner Gefangenschaft auf Okúl zu schaffen. Ich habe mich ausführlich mit Dr. Alonzo unterhalten. Er ist ein Spezialist auf dem Gebiet der Zellforschung. Er spricht von einer ›explosiven Zellspaltung‹, die Perry befallen hat.«

»Ich wünschte, dass ich ihm helfen könnte«, meinte Jefe Claudrin mit seiner dröhnenden Stimme. »Wenn ich daran denke, was wir hier vorhaben, dann kann ich mich eines unguten Gefühls nicht erwehren. Leutnant Alkher hat uns berichtet, dass seine Flucht zusammen mit Stana Nolinow von den Antis geschickt vorbereitet wurde. Alkher und Nolinow sollten glauben, dass ihr Entkommen nicht im Sinne der Priester war.«

»Daraus lässt sich folgern, dass die Antis daran interessiert sind, uns hier zu sehen. Sie haben einen besonderen Grund uns anzulocken«, überlegte Bull. »Rein militärisch ist ihr Stützpunkt auf Saós einem massierten Angriff unserer Verbände auf die Dauer nicht gewachsen. Das müssen die Antis wissen.«

»So ein hintergründiges Spiel ist so richtig nach ihrem Geschmack«, erklärte Claudrin grimmig. »Wir sollten dieser Bande tatsächlich eine Lektion erteilen.«

Der Oberst war ein Mann der Tat. Unter seiner Führung war die IRONDUKE zu dem schlagkräftigsten Schiff der Solaren Flotte geworden. Hinzu kam der Linearantrieb des 800 Meter durchmessenden Kugelriesen. In diesem Augenblick standen mehr als 4000 terranische Einheiten, darunter mehrere Superschlachtschiffe im Saós-System. Es war undenkbar, dass diese Barriere aus Stahl und Energie von einem fremden Schiff unbemerkt durchbrochen werden konnte. Kein Raumschiff von Saós konnte starten, und das Vorhaben einer Landung wäre einem Selbstmord gleichgekommen. Die drohende Versammlung der Terra-Schiffe hatte den zweiten Planeten der Sonne 41-B-1847-ArqH vollkommen abgeriegelt. Der kleine, gelbe Stern besaß keinen Eigennamen, nur die Katalogbezeichnung. Zwei Planeten umkreisten ihn, der äußere war Saós. Er unterstand dem Großen Imperium unter Atlan, da er sich nahe des Kugelsternhaufens M 13, 33.218 Lichtjahre von der Erde entfernt, befand.

Vom menschlichen Standpunkt aus war Saós eine unfreundliche Welt. Die Atmosphäre bestand zum größten Teil aus Stickstoff und Kohlensäure, während der lebenswichtige Sauerstoff nur in geringen Mengen vorhanden war. Das größte Problem war jedoch die langsame Rotation des Planeten. Für eine einzige Umdrehung benötigte er 214 Stunden Erdzeit. Daraus resultierten einige unangenehme Begleiterscheinungen, wie sie in der Mehrzahl nur bei Welten ohne Eigenrotation vorkommen. Orkanähnliche Stürme tobten in der Übergangszone zwischen Tages- und Nachthalbkugel. Dieses Gebiet war immer von der Wildheit der aufgepeitschten Natur bedroht. Unter solchen Umständen hatten sich auf Saós keine weiten Vegetationsstreifen ausbreiten können, er war ein Wüstenplanet geblieben.

Oberst Claudrin wusste nicht nur aus den Schilderungen der Leutnants Alkher und Nolinow, welche Verhältnisse er antreffen würde, wenn tatsächlich eine Invasion stattfinden würde. Im stillen hoffte er wie jeder andere an Bord, dass es gelingen könnte, den Antis das Geheimnis von Rhodans Veränderung zu entreißen.

Der Epsalgeborene konnte nicht wissen, dass seine Hoffnung einem Wolf im Schafspelz galt. Niemand in der Flotte wusste von der wahren Identität des Administrators. Noch war jeder gewillt, den Befehlen des falschen Rhodan zu folgen.

Die sichtbaren, körperlichen Veränderungen, die der Administrator erdulden musste, wären von seinen Freunden mit Fassung getragen worden, wenn nicht gleichzeitig damit ein anderer Charakter zum Vorschein gekommen wäre.

Claudrin war ein vernünftiger Denker. So war er der erste, der seinen Satz korrigierte.

»Ich meine natürlich, dass wir auf breiter Basis gegen die Báalol vorgehen sollten«, erklärte er. »Hier auf Saós liegt der Fall ziemlich verworren. Ich halte jeden Angriff für verfrüht, wenn wir nicht die Pläne der Antis kennen.«

»Sie werden sie uns gewiss nicht freiwillig verraten«, vermutete Dr. Riebsam sarkastisch.

Niemand widersprach ihm. Wer von den Antis Informationen haben wollte, musste sie sich auf Saós holen. Doch darauf schienen die Priester nur zu warten. Bull, der in Cardifs Abwesenheit versuchte, die Fehler seines vermeintlichen Freundes abzuschwächen, sah sich in einer unglücklichen Situation. Er musste Rhodan beweisen, dass ein Angriff auf diesen Anti-Planeten sinnlos war. Um diesen Beweis zu erbringen, musste er jedoch auf Saós landen. Der untersetzte Mann begann zu ahnen, dass die Priester eine Falle aufgestellt hatten, in die die Solare Flotte so oder so hineinstolpern würde. Rhodan – dieser Rhodan – war die beste Gewähr dafür.

*

Kutlós' Strategie war einfach und erfolgreich. Sie bestand einfach darin, die Anweisungen des Hohen Báalol in jedem Falle durchzuführen. Auf diese Weise war der Anti zum amtierenden Priester von Saós avanciert. Wenn sich Kutlós überhaupt in eine Diskussion einließ, dann nur mit Untergebenen. Sein Prinzip, dass nur der Macht gewinnt, der unter Mächtigen weilt und mit ihnen umzugehen versteht, hatte sich im Laufe seines Lebens stets bewährt. Anderen Hohepriestern war Kutlós als schweigsamer, unauffälliger Mann bekannt. Eines Tages war er mit einem Walzenschiff auf Saós angekommen und hatte das Amt des Hohepriesters übernommen. Aufrecht und hager war er aus der Schleuse geschritten und hatte einen prüfenden Blick über das Industriegelände geworfen.