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Imprint-Waren auf der Containerwelt - die lange Jagd hat ein Ende Wie ein Heuschreckenschwarm sind Millionen von Galaktikern in der kleinen Galaxis Hirdobaan eingefallen, rund 118 Millionen Lichtjahre von der Milchstraße entfernt. Ihr einziges Ziel: Sie wollen Imprint-Waren kaufen, wollen den "Zauber der Hamamesch" wieder spüren. Die Imprint-Outlaws wurden durch einen bislang undurchschaubaren Plan der fischähnlichen Hamamesch nach Hirdobaan gelockt: Zuerst machten die Händler sie mit mysteriösen Waren süchtig, und dann sagten sie, man könne in ihrer Heimat mehr von diesem Zauber bekommen. Als die BASIS im Sommer 1220 Neuer Galaktischer Zeitrechnung unter dem Kommando von Perry Rhodan vor der kleinen Galaxis eintrifft, werden auch Rhodan und seine Freunde mit dieser ungewohnten Situation konfrontiert. Sie erfahren einige Hintergründe über das Machtsystem der Hamamesch und über ihre Gegner, die Crypers. Bei der BASIS sammeln sich Hunderte von galaktischen Raumschiffen. Kompliziert wird die Situation in Hirdobaan durch kampfstarke Einheiten der Imprint-Outlaws, die auf eigene Faust die Galaxis durchstöbern. Zu diesen Einheiten gehören eine starke Akonen-Flotte sowie DIE OUTLAWS VON UNITH ...
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Seitenzahl: 127
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Nr. 1759
Die Outlaws von Unith
Imprint-Waren auf der Containerwelt – die lange Jagd hat ein Ende
von Hubert Haensel
Wie ein Heuschreckenschwarm sind Millionen von Galaktikern in der kleinen Galaxis Hirdobaan eingefallen, rund 118 Millionen Lichtjahre von der Milchstraße entfernt. Ihr einziges Ziel: Sie wollen Imprint-Waren kaufen, wollen den »Zauber der Hamamesch« wieder spüren. Die Imprint-Outlaws wurden durch einen bislang undurchschaubaren Plan der fischähnlichen Hamamesch nach Hirdobaan gelockt: Zuerst machten die Händler sie mit mysteriösen Waren süchtig, und dann sagten sie, man könne in ihrer Heimat mehr von diesem Zauber bekommen.
Als die BASIS im Sommer 1220 Neuer Galaktischer Zeitrechnung unter dem Kommando von Perry Rhodan vor der kleinen Galaxis eintrifft, werden auch Rhodan und seine Freunde mit dieser ungewohnten Situation konfrontiert. Sie erfahren einige Hintergründe über das Machtsystem der Hamamesch und über ihre Gegner, die Crypers. Bei der BASIS sammeln sich Hunderte von galaktischen Raumschiffen.
Stomal Zystaan – Die akonische »Admiralin« spielt ein gefährliches »Würfelspiel«.
Ko-Yoo-Temm – Ein Ferm-Kommandant zeigt Muskeln.
Lissner – Anführer einer unithischen Flotte.
Tallmurr – Ein gieriger Springer-Patriarch auf der Jagd nach dem Imprint.
Grozzer
Entspannt gab sich der Unither den Vibrationen hin, die seinen Rüssel durchfluteten. Das entstehende Lustgefühl ließ ihn die Hektik der letzten Tage vergessen, in denen er kaum Zeit für die nötigste Körperhygiene gefunden hatte.
Die sanfte Massage brachte sein Blut in Wallung. Lissner schloss die Augen, als der Sitz langsam in die Waagerechte kippte. Sensoren maßen seinen Hautwiderstand, und der Computer gestaltete entsprechend die Intensität des Reinigungsprogramms.
Sphärenklänge erfüllten den Raum, Kompositionen aus der 118 Millionen Lichtjahre entfernten Heimat. Eine Ewigkeit schien vergangen zu sein, seit die KALLASTO von Gomeria gestartet war, um der Einladung der Hamamesch zu folgen, und der Flug nach Hirdobaan hatte sich zu einer Jagd nach Imprint-Waren entwickelt. Momentan sah es so aus, als könnten nur die raffiniertesten und vielleicht auch härtesten Schiffsbesatzungen den Wettlauf für sich entscheiden.
Lissner räkelte sich wohlig, während schwache Fesselfelder den Rüssel in der Schwebe hielten und die Ultraschallreinigung nacheinander alle Muskelringe durchwalkte. Die Behandlung löste Nahrungsreste und angetrocknete Sekrete von der empfindlichen Schleimhaut. Anschließend tauchte die Spülspirale in den Rüssel ein. Aromatisierte Nährflüssigkeit glättete die gereizten Poren und stärkte das Gewebe mit einem Bakterien abweisenden Ferment.
Für kurze Zeit verdrängte der Kommandant der KALLASTO alle Gedanken an Imprint-Waren, an Hamamesch und die Flotte der Akonen. Er genoss den Augenblick. Massagepolster stimulierten den Rüssel, lockerten das Gewebe und entfernten verhornte Hautzellen. Lissner stöhnte wohlig, als das Blut prickelnd durch die Adern schoss und eine angenehme Wärme sich bis zu den Greiflappen ausbreitete.
Der aufheulende Alarm fegte alle Annehmlichkeiten fort. Als hätte er sich an einem kochenden Grats-Drink verbrüht, fuhr der Unither in die Höhe; die Massagepolster wurden zur Seite gewirbelt, aber die immer noch aktive Spülspirale glitt nicht schnell genug zurück. Sie hinterließ eine blutende Schramme am Rüsselende. Lissner stöhnte gequält, er stieß einen Behälter mit Spülflüssigkeit um, der klirrend zerbarst und seinen wohlriechenden Inhalt verspritzte, und schrammte, da das Schott nicht schnell genug aufglitt, hart an der Wand entlang. Der Schmerz trieb ihm zum zweiten Mal das Wasser in die Augen, aber weitaus schlimmer waren die erneut aufbrechenden seelischen Wunden, der unbezähmbare Drang, endlich wieder jene fantastischen Hamamesch-Waren zu besitzen. Die eben noch empfundene Euphorie der Rüsselreinigung wich intensiver als zuvor dem Abgrund unstillbaren Verlangens.
Vier Zentner geballte Muskelkraft pflügten den Korridor entlang, der zur Zentrale führte. Lissner hätte jetzt jedes unverhofft auftauchende Hindernis niedergewalzt. Mit einer wütenden Bewegung aktivierte er den Kommunikator.
»Wer hat den Alarm ausgelöst?«
»Ortung in eineinhalb Lichttagen Distanz!«, meldete Kurlog, sein Stellvertreter. »Zwei große Einheiten, aber nicht Schiffe der Akonen, sondern ...« Lissner stürmte in die Zentrale. Er sah gerade noch das Ortungsbild auf dem Panoramaschirm erlöschen und der optischen Naherfassung weichen.
»Neue Distanz achtzig Lichtsekunden!«, teilte der Bordrechner emotionslos mit.
Zwei Raumschiffe – auf den ersten Blick wie Hamamesch-Frachter wirkend, aber doch schlanker ... Die Außenhülle schimmerte offenbar in den Farben des Regenbogens ... also Einheiten der Fermyyd, der Schutztruppe von Hirdobaan. Sie wussten aus aufgefangenen und ausgewerteten Medienberichten von den Fermyyd, wenngleich nicht viel. Kurlog stieß ein unbehagliches Trompeten aus.
»Beide Schiffe haben Kurs auf unseren Asteroidenschwarm. Anfluggeschwindigkeit zehn Prozent Licht.«
Lissner starrte auf das Holo und weigerte sich zu begreifen, dass die Fermyyd wirklich seine kleine Flotte aufgespürt hatten. Warum jagten sie nicht die Akonen? »Was wollt ihr?«, stieß er keuchend hervor und gleich darauf in beschwörendem Tonfall: »Dreht ab!«
Die Fermyyd taten ihm den Gefallen nicht. Ihre Annäherung bedeutete Ärger. Ausgerechnet zu einem Zeitpunkt, da der Kommandant der KALLASTO fest davon überzeugt war, neuen Imprint-Waren endlich nahe zu sein. Die Akonen würden für ihn die Grats aus dem Feuer holen, danach musste er nur einen günstigen Augenblick abwarten, um ihnen die Beute abzujagen. Dass er es schaffen würde, davon war er überzeugt, denn Stomal Zystaan besaß keineswegs die Qualitäten eines zu allem entschlossenen Unithers. Die Ex-Admiralin war plump, brutal und unbeherrscht ...
Seit dem Ende der Dunklen Jahrhunderte in der Milchstraße hatten die Unither, ein ehemaliges Kolonialvolk der Arkoniden, ein neues Selbstvertrauen entwickelt. Sie hatten verwaiste, zerstörte Sonnensysteme übernommen und ein groß angelegtes Wiederaufbauprogramm begonnen. Mittlerweile zählte ihr Sternenreich 72 weit verstreute Systeme, und ehrgeizige eigene Schiffsentwicklungen folgten den Expansionsbestrebungen. Die KALLASTO war eines dieser neuen »Sternschiffe«.
Eine rote Riesensonne nahezu im geometrischen Mittelpunkt des Grencheck-Oktanten, dazu ein weitläufiger Asteroidenschwarm auf enger Umlaufbahn ... Nach den vorangegangenen »Problemen« hatte der Kommandant der Unither entschieden, dass seine Flotte aus 48 Schiffen hier zunächst Warteposition bezog. Doch die Fermyyd näherten sich zielstrebig.
»Rafferimpuls an alle Einheiten!«, befahl er. »Energieverbrauch auf Minimum einfrieren!«
Bildschirme, Kontrollpulte, sogar die Lebenserhaltungssysteme waren plötzlich ohne Energie. Das stete Wispern der Luftumwälzung wurde vielen erst offenbar, als es verstummte. Nur ein kleines Hologramm zeigte die näher kommenden Fermyyd.
Düster färbten sich die Regenbogenschiffe im Widerschein des roten Riesen.
Warum hat uns in Hirdobaan niemand mit offenen Armen empfangen? Wo sind die von den Hamamesch versprochenen Basare mit Imprint-Waren?
Dolche schienen in seinen Eingeweiden zu wühlen. Jede Faser seines massigen Körpers sehnte sich nach den wundervollen Waren der Hamamesch.
Lissner zitterte, sein Rüssel peitschte haltlos zur Seite.
Ein Schrei voller Verzweiflung hallte durch das Halbdunkel der Zentrale. Stimmen und Geräusche schwollen zum Stakkato an, das den Kommandanten aus der beginnenden Lethargie des Selbstmitleids aufschreckte. Immer öfter kamen die Anfälle, immer länger hielten sie an, und hinterher entsann er sich kaum noch, was vorgefallen war – als hätte sein bewusstes Denken ausgesetzt.
Ein Mann war zusammengebrochen, Roboter transportierten ihn auf die stets überfüllte Krankenstation. Die medizinischen Apparaturen konnten ihn vorübergehend ruhig stellen, ihm aber nicht helfen. Das hatten Wissenschaftler und Mediker auf Aralon und Mimas und anderen Welten schon versucht. Vergeblich.
Die Zeit verstrich unbarmherzig. Bildfüllend stand eines der Regenbogenschiffe im Holo; die eingeblendete Entfernungsangabe zeigte erschreckend geringe Werte.
Stillhalten! Die eigene Panik bezwingen! Es war wie die Grats-Jagd, und Grats spürten die Erregung eines Unithers auf Dutzende Schritte Distanz. Nur wer sich selbst und seine Emotionen beherrschte, hatte überhaupt eine Chance auf Beute in den kochenden Geysiren von Unith.
»Wir müssen angreifen!«, keuchte Kurlog.
»Damit wir in Kürze einer Übermacht der Fermyyd gegenüberstehen?« Lissner wehrte das Ansinnen heftig ab. »Und damit die Akonen herausfinden, was wir vorhaben? Die Admiralin wird uns zu den Imprint-Waren führen ...«
Kurlog stampfte ungehalten auf. »Schirmfelder und Feuerleitstand aktivieren!«, brüllte er mit sich überschlagender Stimme.
»Befehl widerrufen!«, trompetete Lissner. »Noch ist nicht sicher, ob die Fermyyd uns wirklich entdeckt haben.«
»Keiner«, brüllte Kurlog außer sich, »keiner wird Imprint-Waren sehen, wenn wir uns feige verkriechen!« Mit gesenktem Schädel stürmte er auf den Kommandanten los, doch Lissner wich zur Seite und rammte dem Angreifer die Fäuste in den Nacken. Dumpf ächzend brach Kurlog in die Knie, ein zweiter Hieb schickte ihn endgültig zu Boden.
»Ist noch jemand dieser Meinung?«, brüllte der Kommandant in die Runde.
Niemand antwortete. Alle starrten auf die optische Wiedergabe, die zeigte, dass die Regenbogenraumer plötzlich mit hohen Werten beschleunigten.
»Ortungen aktivieren! Sobald die Fermyyd in den Hyperraum gehen, will ich wissen, mit welchem Ziel.«
»Sie fliegen ein havariertes terranisches Schiff an.« Der Funker reichte Lissner einen Ausdruck. »Den Notruf haben wir eben empfangen, der Text ist wirr in Interkosmo abgefasst. Sieht so aus, als wäre die Besatzung nur noch eingeschränkt handlungsfähig.«
Der Kommandant überflog den Text. Die SUPREME schien ein kleineres Schiff zu sein, auf dem unhaltbare Zustände herrschten. Vage spielte er sogar mit dem Gedanken, den Terranern zu Hilfe zu eilen. Aber dann lagen die Eintauchvektoren der Fermyyd vor; es war eindeutig, dass sie den Havaristen anflogen.
Lissner entschied, einen der Überlichttorpedos mit Funk- und Ortungsrelais einzusetzen, die er für die Überwachung der Akonenflotte vorgesehen hatte.
*
»Das Schott verriegeln!«, befahl Karlom. »Bordsprechverbindung desaktivieren – Bildschirm aus!«
Aufgeregt rollte er seinen Rüssel ein und ließ den Blick über die Versuchsanordnung schweifen. Lange würde er der Qual nicht mehr standhalten, die seinen Körper auszehrte – seit die KALLASTO Hirdobaan erreicht hatte, konnte er die Entzugserscheinungen kaum noch beherrschen. Die Sehnsucht nach den besonderen Waren der Hamamesch trieb ihm das Blut in den Rüssel, ein inzwischen nahezu unerträgliches Gefühl.
»Speicherenergie bereitstellen!« Karloms Rippen schmerzten, überhaupt sein ganzer Körper, hatte er doch während der letzten sechs Monate galaktischer Standardzeit beinahe einen halben Zentner Gewicht verloren. Aus seiner stattlichen Erscheinung war ein Zerrbild geworden, die Kleidung hing längst mit unansehnlichem Faltenwurf an ihm herab.
In einer Mischung aus Wehmut und mühsam gezügelter Gier betrachtete er die knapp zwei Handspannen messende Statuette, die bis vor kurzem die läppische Funktion eines Thermometers erfüllt hatte. Zumindest erschien ihm die Wirkungsweise der farbigen Anzeige nun als banal; als er das seltsame Gerät im Tausch gegen einen Schwerkraftregler erworben hatte, war er der glücklichste Unither der Galaxis gewesen und hätte jedem den Rüssel ins Gesicht geschmettert, der es gewagt hätte, die Figur zu berühren.
Inzwischen war die besondere Ausstrahlung erloschen. Und all seine Versuche, dem Geheimnis auf die Spur zu kommen, hatten nichts verändert.
Karlom fror, obwohl im Labor eine durchaus angenehme Temperatur herrschte. Erst spürte er, dass er den Rüssel nicht mehr ruhig halten konnte, danach rüttelten seine Finger an der Versuchsanordnung, als wolle er alles mühsam Konstruierte selbst wieder einreißen.
Er suchte in den Taschen seiner Kombination nach dem Beruhigungsmittel, das er auf der Krankenstation entwendet hatte. Keiner der Ärzte wusste davon, und falls sie das Verschwinden einer Packung des hochwirksamen Medikaments bemerkten, würde der Verdacht gewiss nicht auf ihn fallen. Dafür hatte er gesorgt.
Nur noch zwei Kapseln. Die übrigen zwölf hatte er während der vergangenen fünf Tage geschluckt. Dass er über kurz oder lang mit Nebenwirkungen rechnen musste, interessierte ihn nicht. Die Alternative wäre das weit unangenehmere Gefühl gewesen, sich wie ein Ballon im Vakuum aufzublähen und irgendwann zu zerplatzen.
Karlom war Wissenschaftler, Biologe, um genau zu sein. Noch genauer: Spezialist für pflanzliche Besonderheiten. Er hatte eine steile Karriere hinter sich, und da das Sternenreich der Unither extrem gewachsen war und vor allem Welten umfasste, die von anderen Völkern aufgegeben worden waren und kaum noch brauchbare Lebensbedingungen aufwiesen, waren Biologen mit seiner Ausbildung einer der gefragtesten Berufsstände. Von Anfang an hatten die Unither auf sanftes, die Natur im Gleichgewicht haltendes Planetenforming Wert gelegt.
Karlom tastete über die Gomes, eine unscheinbar blühende Pflanze, die nur in den Wüstenregionen Gomerias wuchs und ihre Existenz vermutlich dem Absturz eines Cantaro-Raumschiffes verdankte. Jedenfalls hatte er nachgewiesen, dass diese Blume das Ergebnis einer durch harte Reaktorstrahlung hervorgerufenen Mutation war.
Auf Gomeria galten die wachsartigen Blätter der Pflanze als Heilmittel, die Regierung hatte deshalb Sammelbeschränkungen erlassen müssen. Außer Karlom ahnte aber niemand, dass die Heilwirkung auf einer Psi-ähnlichen Komponente beruhte.
Der Biologe hatte eine der Pflanzen an Bord der KALLASTO gebracht, und irgendwann während des Fluges nach Hirdobaan war ihm die Gedankenkette Imprint/Psi als unabwendbar erschienen. Deshalb experimentierte er inzwischen mit Hamamesch-Thermometer und Gomes und hatte beide über eine Vielzahl von Messgeräten miteinander verbunden.
Karlom zerbiss eine der Kapseln; die beruhigende Wirkung stellte sich fast umgehend ein. Er lachte hell. Vielleicht war dieser verrückte Treck nach Hirdobaan unnötig. Falls es ihm gelang, mit Hilfe der natürlichen Psi-Strahlung den Imprint zu rekonstruieren, würden die Unither ihn als Helden feiern. Nicht nur sein Volk, die gesamte Milchstraße würde ihm zu Füßen liegen, und wenn er es recht bedachte, auch die Gurrads von Magellan, die Perlians und alle anderen Völker, die in den Basaren der Hamamesch gekauft hatten.
»Beleuchtung langsam reduzieren!«
Erst in nahezu völliger Dunkelheit begannen die Blätter der Gomes zu glimmen, trat ihre feine Aderzeichnung deutlicher hervor. Entlang den Blatträndern wuchs eine hauchzarte Aura, ein zuckender Strahlenkranz, der aber bei höherer Energiezufuhr sofort zu schwinden drohte.
Der Biologe justierte die Einstellung. Sämtliche Messgeräte dokumentierten eine zwar schwache, jedoch eindeutig mehrdimensionale Strahlung, die er als Psi-Komponente interpretierte. Die Aura breitete sich entlang der hauchdünnen Drähte aus – fluoreszierende Kriechströme, die sich mit der Hamamesch-Statuette vereinten, für Karlom ein faszinierender Anblick, der die Richtigkeit seiner Thesen bewies. Angeregt durch das Studium terranischer Geschichte, hatte er eineinhalb Gramm modifiziertes PEW-Metall zu diesem filigranen Gespinst geformt, hoffend, dass es die pflanzliche Psi-Kraft speichern würde.
Es war schwieriger gewesen, in den Besitz der winzigen Menge des Parabio-Emotionalen-Wandelstoffs zu gelangen. Karlom hatte fast zwei Standardjahre dafür benötigt, war auf den Spuren gäanischer Wissenschaftler gewandelt, hatte sich von einer halb gelöschten Speicherdatei in die galaktische Eastside führen lassen und war letzten Endes an einen Springer geraten, der gar nicht wusste, was sein Großvater mütterlicherseits ihm in dem versiegelten Kästchen hinterlassen hatte, das er wie einen Schmuckanhänger um den Hals getragen hatte. Doch dieses Nicht-Wissen hatte den Springer keineswegs daran gehindert, einen horrenden Preis zu fordern. Karlom war seit frühester Kindheit gewohnt, das eigentlich Undenkbare zu denken. In seinen Augen waren die anderen nicht normal, all jene, die es nicht wagten, die festgefahrenen Denkschemata zu verlassen, und das galt beileibe nicht nur für Unither, sondern schlichtweg für alle Völker des Galaktikums. Die Ärzte auf Unith hatten seiner Mutter einen Gendefekt bescheinigt, erzeugt durch Manipulationen der Cantaro an ihrer DNS, sie hatte ihm künstlich eingefügte Informationen vererbt, aber keiner der Mediziner hatte zu sagen vermocht, auf welche Weise die Veränderungen sich bemerkbar machen würden. Vielleicht blieben sie sogar ohne jeden Einfluss.
Karlom wusste es besser. Er war unbequem, ein ewiger Sucher, der nicht davor zurückschreckte, sich selbst und das ganze Universum in Frage zu stellen. Der Kontakt mit den Imprint-Waren hatte ihn darin noch beflügelt, aber seit sie ihre einzigartige Ausstrahlung verloren hatten, balancierte er auf dem schmalen Grat zwischen Genie und Wahnsinn.
Das filigrane Netz glühte auf. Sekundenlang schien das Leuchten sogar die Luftmoleküle in Schwingungen zu versetzen, dann war da nichts mehr.
Der Absturz aus den Höhen eingebildeter Glückseligkeit in die Niederungen körperlicher Schmerzen war vorprogrammiert gewesen, und diesmal fiel der akute Schub heftiger aus als je zuvor. Wie vom Blitz gefällt brach Karlom in die Knie, sein Rüssel zerschmetterte die Versuchsanordnung, aber das nahm er schon nicht mehr wahr. Alles in ihm schrie nach dem Zauber der Hamamesch, er fühlte sich leer, ausgebrannt, verloren – eine taube Kreatur aus zitterndem Fleisch, unfähig, die eigene Existenz zu bewahren. Sein Schädel drohte zu zerspringen ...