Perry Rhodan 1802: Stiefkinder der Sonne - Hubert Haensel - E-Book + Hörbuch

Perry Rhodan 1802: Stiefkinder der Sonne E-Book und Hörbuch

Hubert Haensel

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Beschreibung

Die Jagd nach Sensationen - terranische Reporter landen auf Trokan Mit dieser Entwicklung konnte im Solsystem und auf den von Menschen besiedelten Welten innerhalb der Milchstraße niemand rechnen: In direkter Nachbarschaft der Erde ist eine fremde Kultur aufgetaucht - und zwar auf Trokan, dem "zweiten Mars", der in einer spektakulären Aktion gegen den Roten Planeten ausgetauscht worden war. Dabei ist die Situation im Jahr 1288 Neuer Galaktischer Zeitrechnung - das entspricht dem Jahr 4875 alter Zeit - ohnehin schon angespannt genug. In der Menschheitsgalaxis haben die Arkoniden alte imperiale Träume wiederbelebt und das Kristallimperium etabliert. Seit Jahrzehnten beäugen sich die Machtblöcke der Arkoniden, der Liga Freier Terraner und des in sich zerstrittenen Forums Raglund immer misstrauischer. Perry Rhodan ist einer der wenigen, von denen sich Milliarden Intelligenzwesen in der Galaxis einen Ausweg aus der Krise erhoffen. Mit seinen unsterblichen Freunden hat sich der Terraner aus der Politik zurückgezogen und offenbar ein geheimnisvolles Projekt Camelot aufgebaut. Eine neue Zivilisation in direkter Nachbarschaft zur Erde, die sich im Schutze eines Zeitrafferfeldes entwickelte - das konnte selbst der unsterbliche Terraner nicht einkalkulieren. Dennoch erscheint Perry Rhodan mit seinem neuen Schiff, der GILGAMESCH, im Solsystem. Er sucht den Kontakt zu den Herreach - sie sind die STIEFKINDER DER SONNE …

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Zeit:3 Std. 16 min

Sprecher:Martin Zuhr
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Nr. 1802

Stiefkinder der Sonne

Die Jagd nach Sensationen – terranische Reporter landen auf Trokan

von Hubert Haensel

Mit dieser Entwicklung konnte im Solsystem und auf den von Menschen besiedelten Welten innerhalb der Milchstraße niemand rechnen: In direkter Nachbarschaft der Erde ist eine fremde Kultur aufgetaucht – und zwar auf Trokan, dem »zweiten Mars«, der in einer spektakulären Aktion gegen den Roten Planeten ausgetauscht worden war.

Dabei ist die Situation im Jahr 1288 Neuer Galaktischer Zeitrechnung – das entspricht dem Jahr 4875 alter Zeit – ohnehin schon angespannt genug. In der Menschheitsgalaxis haben die Arkoniden alte imperiale Träume wiederbelebt und das Kristallimperium etabliert. Seit Jahrzehnten beäugen sich die Machtblöcke der Arkoniden, der Liga Freier Terraner und des in sich zerstrittenen Forums Raglund immer misstrauischer.

Perry Rhodan ist einer der wenigen, von denen sich Milliarden Intelligenzwesen in der Galaxis einen Ausweg aus der Krise erhoffen. Mit seinen unsterblichen Freunden hat sich der Terraner aus der Politik zurückgezogen und offenbar ein geheimnisvolles Projekt Camelot aufgebaut.

Eine neue Zivilisation in direkter Nachbarschaft zur Erde, die sich im Schutze eines Zeitrafferfeldes entwickelte – das konnte selbst der unsterbliche Terraner nicht einkalkulieren. Dennoch erscheint Perry Rhodan mit seinem neuen Schiff, der GILGAMESCH, im Solsystem. Er sucht den Kontakt zu den Herreach – sie sind die STIEFKINDER DER SONNE …

Die Hauptpersonen des Romans

Gloom Bechner – Ein ehrgeiziger Journalist wittert den Mediencoup des Jahrhunderts.

Cistolo Khan – Der LFT-Kommissar wird mit einer völlig veränderten Situation konfrontiert.

Bruno Drenderbaum – Der Assistent des LFT-Kommissars erhält einen heiklen Auftrag.

Sibyll Norden und Mirco Adasta – Sie begleiten Bechner bei seinem riskanten Einsatz.

Perry Rhodan

1.

»Es ist unglaublich, einfach unbeschreiblich – und zum ersten Mal, seit Terrania News Report zur Spitzengruppe der solaren Nachrichtenkanäle zählt, fehlen mir die Superlative. Was sage ich? TNR ist der Beste – TNR auf Kanal Einhundertdreizehn: aktuell, zuverlässig und immer im Brennpunkt des Geschehens.«

Zwei blaue Augen, so unergründlich tief und geheimnisvoll wie Bergseen, blickten in das Aufnahmefeld. Das Gesicht, zu dem diese Augen gehörten, wirkte sympathisch, nicht mehr jugendlich, aber auch noch nicht vom Alter gezeichnet. Sonnengebräunte Haut mit den Schatten eines kräftigen Bartwuchses, ein schwarzer Oberlippenbart und an den Schläfen schon leicht schütteres Haar – Gloom Bechner stützte sich auf einen Bekanntheitsgrad von 73 Prozent im Solsystem und immerhin noch 47 Prozent im Bereich der Liga Freier Terraner. Diese Popularität verdankte er seinem Riecher für journalistische Leckerbissen, seiner Zähigkeit und der Unverfrorenheit, mit der er bis an die Grenze des Machbaren ging. Das Wort »unmöglich« existierte für Gloom Bechner nicht.

Er lächelte, als das Optikfeld in den Zoombereich schaltete. Hinter ihm, im Panoramaholo der Reportage-Jet PERSIA, zog soeben Luna vorbei.

2,3 Milliarden Zuschauer auf den Planeten, wurde ihm signalisiert. Die Zahl war gut für eine nicht angekündigte Sondersendung, aber immer noch viel zu gering. Gloom Bechner wollte alles.

»Seit jenen verhängnisvollen Tagen, als der Mars kristallisierte, stand das Solsystem nicht mehr im Brennpunkt kosmischer Ereignisse. Der Hamamesch-Basar KOROMBACH war, im Nachhinein betrachtet, doch nur ein besserer Krämerladen. Heute schreiben wir wieder Geschichte, und allen, die nicht hautnah dabei sein können, vermittelt TNR die Wunder, die Fragen und ihre Lösungen frei Haus. Trokan, der Mars-Ersatz, ist endlich begehbar. Aber noch ist kein Terraner gelandet. Wer wird für sich in Anspruch nehmen, den Nachbarplaneten der Erde als erster Mensch zu betreten? Eigentlich ist alles ein Anachronismus. Wir kennen ferne Galaxien, aber über unseren kosmischen Nachbarn besitzen wir nicht mehr als einige Dutzend Holografien. Zweihundertfünfzig Jahrmillionen müssen unter dem Zeitrafferfeld vergangen sein. Das ist eine unvorstellbare Ewigkeit.«

Bechner ließ die Worte genüsslich auf der Zunge zergehen.

»Vor zweihundertfünfzig Millionen Jahren begann auf der Erde das Mesozoikum, und Farne breiteten sich aus. Die ersten Dinosaurier entstanden erst Millionen Jahre später.

Darüber wurde zur Genüge berichtet. Terrania News Report kaut nicht wieder wie andere, sondern bietet das Außergewöhnliche; TNR sehen heißt, den Pulsschlag des Kosmos spüren, bedeutet, mit beiden Beinen im Leben stehen. Mittendrin. Dabei sein.

Was ist auf Trokan entstanden? Wir wissen nichts über die angeblichen Archive der Ayindi und ihre technischen Möglichkeiten. Erinnern wir uns an Moira, an die Rochenschiffe mit ihrer gigantischen Geschwindigkeit …

An der Grenze unseres Sonnensystems steht ein fremdes Raumschiff, das vor vierzig Minuten auf der Höhe der ehemaligen Plutobahn materialisierte. Es trägt den Namen GILGAMESCH. Und als Kommandant fungiert – Perry Rhodan!

Der Unsterbliche, der sich vor achtundvierzig Jahren aus der Öffentlichkeit zurückzog, ist wieder da. Nachdem auf Trokan das Zeitrafferfeld zusammenbrach. Das kann kein Zufall sein.

TNR wird die Antwort auf alle unausgesprochenen Fragen finden. Deshalb genießt die Werbung und fiebert dem Anblick der GILGAMESCH entgegen.

Dies war Gloom Bechner in einer Liveschaltung von Bord der PERSIA.«

*

Sämtliche Ortungen der PAPERMOON und die Scanner waren doppelt besetzt, eine Syntronverbundschaltung koordinierte die Auswertung der hereinkommenden Datenflut und projizierte ein Hologramm des fremden Schiffes. In unterschiedlichen Abständen veränderten sich Details der Wiedergabe.

Ein bislang unbekannter Typ. Mit 2500 Meter Durchmesser gewaltig in den Ausmaßen; imposant und bedrohlich zugleich in der Form.

»Ein Pentagondodekaeder«, murmelte Bruno Drenderbaum, während er aufmerksam jede winzige Abweichung des Hologramms registrierte. Sein Lächeln wirkte eine Spur ernster als für gewöhnlich und zeigte gleichzeitig Zurückhaltung sowie einen Anflug von Furcht. Nur wer den Assistenten des LFT-Kommissars näher kannte, wusste, dass seine Mimik eher Mittel zum Zweck war als ein Ausdruck seiner wirklichen Gefühle.

»Vergrößern!«, befahl Cistolo Khan. »Wiedergabe eins zu tausend!«

Das Hologramm schwoll an. Zweieinhalb Meter Durchmesser, zwölf Außenflächen, jede ein gleichmäßiges Fünfeck mit einer Höhe von 1400 Metern und einer Seitenlänge von 900 Metern. Ein gigantisches Hightech-Gebilde, das im Gegensatz zu anderen Schiffen nicht den Eindruck eines zerklüfteten Irrgartens bot, einer Ansammlung von Wartungsgräben, Aufbauten und Aggregatbändern, sondern dessen Oberfläche weitgehend glatt wirkte und nur von den Aufwölbungen von jeweils fünf Geschützkuppeln im Zentrum eines jeden Fünfecks durchbrochen wurde.

»Weshalb die ungewöhnliche Form?«, seufzte Drenderbaum. »Was ist anders an diesem Schiff?«

Seine tief in den Höhlen liegenden schwarzen Augen fixierten immer noch das Hologramm. Sein Blick schien das fremde Schiff sezieren zu wollen, ihm unnachgiebig jedes Geheimnis zu entreißen.

Nach einer Weile wiegte der Assistent des LFT-Kommissars bedächtig den Kopf. Er hatte die Fragen im Selbstgespräch gestellt und eigentlich keine Antwort erwartet, aber Cistolo Khan kam unvermittelt darauf zurück.

»Anders an dem Vielflächner ist, dass Perry Rhodan als Kommandant fungiert. Und wenn ich recht vermute, sind auch die übrigen Aktivatorträger an Bord – alle, die am 1. August des Jahres 1240 NGZ aus dem Rampenlicht des kosmischen Geschehens abtraten und seither im verborgenen wirkten. Wer weiß«, Cistolo Khan straffte sich, »vielleicht erfahren wir endlich mehr über das geheimnisvolle Camelot-Projekt?«

Drenderbaums Miene drückte Skepsis aus. Camelot war eines der bestgehüteten Geheimnisse der Milchstraße. Gerüchte gingen um von hohen moralischen Zielen, von technischen Neuerungen – aber mehr …?

»Die Restfahrt der GILGAMESCH ist aufgezehrt«, wurde von den Ortungen gemeldet. »Sie steht exakt auf der ehemaligen Pluto-Umlaufbahn.«

»Energetische Aktivitäten?«

»Nur die Lebenserhaltungssysteme und die Ortungen; Rhodan interessiert sich eindeutig für die Vorgänge auf Trokan. Keine Speicherenergie auf den Waffensystemen, keine aktivierten Schirmfelder.«

Missverständliche Handlungen hatte der Kommissar ohnehin nicht befürchtet. Ein Mann vom Format eines Perry Rhodan wusste, wie er sich zu verhalten hatte. Vor allem – und egal, was er unternahm – arbeitete die Zeit für ihn. Trotz all der Jahre, die mit Gerüchten und Mutmaßungen angefüllt gewesen waren, sah Khan in den Unsterblichen integere Persönlichkeiten, denen die Menschheit sehr viel verdankte. Wenn nicht sogar ihre heutige Stellung innerhalb der Lokalen Gruppe.

»Noch immer kein zweiter Funkkontakt?«

»Nichts außer der Identifikation.«

Der auf Luna stationierte 800-Meter-Kugelraumer PAPERMOON, der dem LFT-Kommissar als mobiles Einsatzzentrum diente, hatte nach der lapidaren Meldung zum Überlichtflug beschleunigt. Zwar standen Wacheinheiten in der Nähe, doch der Name Perry Rhodan hatte Cistolo Khan dazu bewogen, die Angelegenheit zur Chefsache zu erklären.

Längst hatten die Optiken den mächtigen Vielflächner erfasst, der weitgehend mit der Schwärze des Weltraums verschmolz. Sol war nur ein Stern unter vielen, die Leuchtkraft reichte nicht aus, mehr als schwache Reflexe auf der Schiffshülle hervorzurufen.

In der angespannten Stille innerhalb der Zentrale explodierte jäh ein vielfältiges Stimmengewirr. Einige Dutzend Personen redeten wild durcheinander, und nicht alle bedienten sich des Interkosmo. Khan identifizierte die kehligen Laute eines Topsiders, ohne jedoch verstehen zu können, was das Echsenwesen in seiner Heimatsprache von sich gab.

»Hinter uns ist die Hölle los«, meldete Estel Marobar aus der Funkzentrale. »Seit wenigen Minuten sind die Relaisstationen überlastet. Hyperkomgespräche über mehr als fünfzig Lichtjahre laufen nur noch nach Voranmeldung mit Wartezeit.«

Khan verzog die Mundwinkel zu einem zynischen Lächeln. »Ich habe nichts anderes erwartet«, sagte er leise, aber betont. »Jeder kleine Berichterstatter, und sei seine Heimatwelt noch so unbedeutend, wittert plötzlich eine Sensation …«

»… und das große Geld«, warf Bruno Drenderbaum ein.

»Auch das. Vermutlich.« Khan, ein fülliger, dennoch nicht dick wirkender Zwei-Meter-Mann, schüttelte mit einer knappen Bewegung sein schulterlanges Haar in den Nacken zurück. »Die Schmierfinken aller Couleur haben sich schon über den Zusammenbruch des Zeitrafferfeldes über Trokan die Mäuler zerrissen, doch Perry Rhodans überraschende Rückkehr treibt ihre Spekulationen in ungeahnte Sphären.«

Offenbar infolge eines Schaltfehlers in der Funkzentrale war das chaotische Stimmengewirr, das Cistolo Khan prompt an die biblische Geschichte von Babel erinnerte, auf die Akustikfelder gelegt worden. Innerhalb von Sekunden verstummte das Durcheinander. Nur die schrill zirpende, syntronisch aufbereitete Stimme eines Blues blieb.

»… Anlass für die schlimmsten Befürchtungen. Dieses Schiff ist eindeutig die Vorhut einer großen Flotte, und was das für die Völker der Milchstraße bedeutet, muss ich nicht betonen. Wir Apasos im Forum Raglund haben bislang leider alle Warnungen des Kristallimperiums überhört, die das Schreckgespenst eines neuen LFT-Imperialismus' aufzeigten. Nun ist der Wurm verdorben, und die Schmerzen nach seinem Genuss werden uns lange zusetzen. Rhodan ist zurückgekehrt – er wird den Führungsanspruch der Terraner erneuern. Er und kein anderer …«

»Abschalten!«, befahl Khan ungewöhnlich scharf.

»Manche Völker im Forum Raglund suchen nur nach einer Rechtfertigung für ihre Agitation, und sei diese noch so fadenscheinig«, sagte Drenderbaum nachdenklich. »Solchen Anfängen müssen wir entgegentreten.«

»Du misst dem Geschwätz des Blues zu große Bedeutung bei«, wehrte Khan ab. »Separatisten hat es immer gegeben und wird es immer geben, das ist der Lauf der Welt, den weder wir noch sonst jemand aufhalten.«

Obwohl das kurze Zwiegespräch nur halblaut geführt worden war, mischte sich Prett Boemer ein. Der kahlköpfige Terraner, Kommandant und Erster Pilot der PAPERMOON, blieb kühl und distanziert wie immer. Sein Bulldoggengesicht zeigte keine Regung.

»Können wir Rhodan wirklich vertrauen?«, fragte er.

Khan legte die Stirn in Falten.

»Ich zweifle nicht daran.« Sein Tonfall ließ keinen Widerspruch aufkommen. Die wichtigste Aufgabe eines Kommissars bestand darin, das LFT-Gebiet gegen Übergriffe von außen abzusichern und Gewalt zu verhindern. Den Namen Rhodan mit einer Gefahr für die Menschheit in Zusammenhang zu bringen, hätte aber bedeutet, das Kind mit dem Bad auszuschütten.

»Es ist nur so ein Gefühl«, erwiderte Boemer frostig. »Wer nach achtundvierzig Jahren überraschend wieder auftaucht und lediglich sagt, hier bin ich, der muss sich sehr wohl den Vorwurf einer Abstaubermentalität gefallen lassen. Rhodan ist wegen Trokan gekommen, das ist eindeutig, er verspricht sich Vorteile davon. Zeig mir den Menschen, der sich nicht von materiellen Gütern leiten, ich meine, verleiten lässt.«

»Du warst sehr jung, Prett, als die Unsterblichen sich zurückzogen.«

»Genau achtzehn.«

»Dann solltest du besser Bescheid wissen.«

Der Kommandant der PAPERMOON zuckte mit den Schultern. Seine Miene blieb so gleichgültig wie zuvor, Khan gewann nicht den Eindruck, dass Boemer sich mit dem Thema identifizierte.

»Ich habe mitbekommen, was man in den Dreißigern über Rhodan, Bull, Atlan und die anderen redete. Und ich weiß, was in geschichtsbezogenen Hypnoschulungen gelehrt wird. Trotzdem ändert das nichts daran, dass ich die Unsterblichen für Fossilien halte, die ihre Zeit überlebt und sich deshalb zurückgezogen haben. Ihre Existenzberechtigung bestand darin, die Menschheit in die Zukunft zu führen – doch heute ist alles anders.«

»Deine Meinung ist falsch, Prett Boemer«, sagte Cistolo Khan im Brustton der Überzeugung. »Mir ist klar, dass ich keine sehr populäre Ansicht vertrete, doch ist stehe dazu: Nicht nur die Menschheit braucht die Unsterblichen. Die Völker der Milchstraße verdanken ihnen mehr, als sie jemals zugeben würden.«

»Die Geschichte wiederholt sich nicht.« Der Kommandant widmete sich wieder den Kontrollen. »Daran kannst du nichts ändern, Cistolo Khan, und auch niemand sonst.«

Schwer legte der LFT-Kommissar seine Hand auf Prett Boemers Schulter.

»Die Geschichte wiederholt sich nicht, das ist richtig. Aber gerade deshalb müssen wir aus den Fehlern der Vergangenheit lernen.«

*

»Eintritt in den Hyperraum in einhundertvierzig Sekunden«, meldete die Syntronstimme. »Der Überlichtfaktor wird zehn Millionen betragen, die Flugdauer 9,36 Standardminuten.«

»Ist alles bereit?« Gloom Bechner ließ seinen Blick durch die Polkuppel der Reportage-Jet schweifen. »Wenn wir TNR endgültig an die Spitze bringen wollen, dürfen wir uns keine Fehler erlauben.«

»Wird schon schiefgehen«, seufzte Sibyll Norden. »Bisher hat alles geklappt, was wir anpackten.«

»Weil Gloom das letzte aus seinen Mitarbeitern herausholt.« Mirco Adasta, Kameramann, Spezialist für syntronische Tricks und zugleich Bechners rechte Hand, ließ sich in seinen Kontursessel fallen. Er aktivierte die energetischen Gurte.

»Noch einhundertundzehn Sekunden«, sagte Sibyll. »Wie nahe gehen wir an die GILGAMESCH heran?«

»Auf Tuchfühlung.« Bechner grinste vielsagend. »Am liebsten würde ich in einen der Hangars einfliegen. Wer weiß«, er schnippte mit den Fingern, »vielleicht schaffen wir es. Ich muss diesen Rhodan vor die Optik kriegen.«

Seine Miene gefror, nervös fuhr er sich mit dem Handrücken über die Lippen.

»Idioten sind das«, stieß er abgehackt hervor, ohne dass jedoch erkennbar wurde, wen er meinte. »Ich möchte wissen, wo die ihr journalistisches Handwerk gelernt haben. Wie es aussieht, in einem meditativen Selbsterfahrungskurs.«

Mit einer ruckartigen Bewegung klappte er den winzigen Projektor zur Seite, den er an einem am Ohr befestigten Gestell vor dem linken Auge getragen hatte. Dieses Gerät projizierte Bildfolgen auf seine Netzhaut und machte ihn so von Monitoren oder Hologrammen unabhängig. Die Tonübertragung erfolgte über einen Sensor aufs Innenohr. Davon abgesehen verbarg sich in dem Gestell ein miniaturisierter Funkempfänger, der zwar nicht für große Distanzen ausgelegt war, innerhalb des Sonnensystems jedoch zufriedenstellend seine Dienste tat.

Mit dem Zurückklappen des Projektors wurde der Empfang auf einen der Monitore umgelegt. Das Signet von FTN, First Terrestrien Networks, füllte ein Drittel der Wiedergabe aus. Den Rest teilten sich Archivaufnahmen und ein verhärmt wirkender Nachrichtensprecher, den Bechner der Konkurrenz gönnte.

»Ein einzelnes Schaf erscheint auf weiter Flur, und schon fallen die Wölfe im Rudel darüber her«, lästerte Gloom amüsiert.

Das Schaf war für ihn Perry Rhodan, als Wölfe bezeichnete er die Kollegen der anderen Infodienste. Die Burschen hatten Blut geleckt, sie würden nicht davor zurückschrecken, die Beute zwischen ihren Klauen zu zerfetzen. Alles niedermachen, was nicht ins gewohnte Schema passt, das war ihr Motto, den eigenen Erfolg auf den Niederlagen anderer aufbauen. Früher hatte Gloom Bechner ebenso gedacht, bis ihm bewusst geworden war, dass sich dahinter nicht Sensationsgier, sondern widerliche Effekthascherei verbarg.

Der Empfang erschien ihm so wichtig, dass er deshalb den Countdown für den Metagrav-Vortex unterbrach.